Christustag 2013 „Mein Leben hat Zukunft - durch Jesus“ Textlesung ...
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<strong>Christustag</strong> <strong>2013</strong> <strong>„Mein</strong> <strong>Leben</strong> <strong>hat</strong> <strong>Zukunft</strong> - <strong>durch</strong> <strong>Jesus“</strong><br />
<strong>Textlesung</strong> 1.Kor 7.29-31<br />
Auf den ersten Blick scheinen die markanten Sätze des Paulus unserem <strong>Christustag</strong> -Thema zu<br />
widersprechen.<br />
Wir sprechen hier von <strong>Zukunft</strong>. Paulus hält hart fest: „Die Zeit ist kurz“. und „Die Gestalt dieser<br />
Welt vergeht.“<br />
Viele von Ihnen werden das bejahen können. Gerne könnte jeder Tag 28 Stunden habe. Zeit ist<br />
immer zu wenig da. Besonders die Zeit, mal auszuruhen, mal nachzudenken, mal still zu<br />
werden.<br />
Manche unter ihnen werden sagen: „Ja, das ist mein Satz!“, denn ich bin 70 plus. Meine Zeit auf<br />
Erden ist nicht mehr so lang. Sie ist kurz. Meine Gestalt vergeht auch (hab heute morgen schon<br />
wieder eine neue Falte entdeckt...:))<br />
Und etliche hier werden sagen: „Ja, die Zeit ist kurz, es ist fünf vor Zwölf, um endlich unsere<br />
Energiefragen zu lösen und nicht weiterhin auf Kosten unserer Kinder Raubbau mit unseren<br />
Resourcen und Verschmutzung der Natur zu betreiben.“ Alles ist am Vergehen.<br />
Der Titel von heute soll jedoch Mut machen. Mein <strong>Leben</strong> <strong>hat</strong> <strong>Zukunft</strong>!<br />
Daher lohnt es sich, genau hinzuschauen. Genau <strong>hat</strong> Paulus gesagt: „Die Zeit ist<br />
zusammengedrängt.“ Also es ging ihm nicht um zu wenig Zeit. Er sprach nicht von den paar<br />
Jahren, die einem Senior noch bleiben. Er zielte nicht ab auf den Handlungsbedarf bezüglich der<br />
Energiewende.<br />
Sondern Paulus spürte etwas ganz nah. Da wußte er sich kurz davor. Da drängte es ihn hin dazu.<br />
Paulus wartete gespannt darauf, dass Jesus Christus wiederkommt.<br />
Das gab seinem ganzen <strong>Leben</strong> die Orientierung.<br />
Orientierung - Ausrichtung ist wichtig.<br />
Sie haben es hier in Oberschwaben leicht. Wo Norden und Süden ist, kann man von jedem<br />
Aussichtspunkt erblicken. Die Berge liegen im Süden.<br />
Wir Unterländer haben es da ein wenig schwerer. Aber zum Glück gibt es ja seit über 60 Jahren<br />
den Stuttgarter Fernsehturm, den man auch von der Schwäbischen Alb noch als<br />
Orientierungshilfe erspähen kann.<br />
Was Christen weltweit dazu im Glaubensbekenntnis sprechen: „Ich glaube an Jesus Christus, ...<br />
gestorben und begraben, ...aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes,... von dort<br />
wird er kommen zu richten die <strong>Leben</strong>den und die Toten....“<br />
das war für Paulus die Orientierung seines <strong>Leben</strong>s. Das war sein Geistlich - Nord!<br />
Sein <strong>Leben</strong>skompass war darauf ausgerichtet. Von da aus erhielt sein <strong>Leben</strong> Spannkraft.<br />
„Die Zeit ist kurz!“ sagt er. Er beginnt damit nicht das große Jammern. Sondern er zeigt, wie die<br />
Zeit, die <strong>Zukunft</strong> gestaltet werden soll.<br />
«Die, die Frauen haben, sollen schon so leben,<br />
als hätten sie keine,<br />
die weinen, sollen sein, als weinten sie nicht,
die sich freuen, als freuten sie sich nicht,<br />
die etwas kaufen, als behielten sie es nicht,<br />
die die Welt gebrauchen, als gebrauchten sie sie schon<br />
nicht mehr.»<br />
Jetzt Paulus, lass uns doch mal Faktencheck machen: Wie kann das gehen?<br />
Zu haben, als hätte man nicht.<br />
Man kann doch nicht heiraten, und dann so tun, als hätte man keine Frau.<br />
Man kann doch nicht etwas kaufen und dann so tun, als würde man es nicht besitzen.<br />
Wenn man weint, dann weint man doch...<br />
Und wenn man glücklich ist, dann strahlt man doch über das ganze Gesicht.<br />
Wir merken schnell, so kann das nicht gemeint sein.<br />
Und außerdem, die Bibelkenner unter uns wissen ja. Es gibt auch ein Wort des Paulus, worin er<br />
schreibt: „Freut euch mit den Fröhlichen und trauert mit den Traurigen!“ (Römer 12,15)<br />
Bibelkenner wissen, dass Paulus sehr wohl auch Gelder einsammelte oder für seinen eigenen<br />
Unterhalt arbeitete. Paulus empfiehlt auch zu heiraten und den Ehepaaren schreibt er ins<br />
Stammbuch, dass sie sich einander nicht vorenthalten sollen. 1<br />
Manche Hindernisse liegen auf dem Weg des richtigen Verständnisses.<br />
Also Faktencheck... lassen Sie uns zur Sache kommen. Darf ich einmal ganz offen reden:<br />
Z.B.:<br />
Wieviel Not gibt es in christlichen Ehen! Wie häufig hört das Glück bald nach der Hochzeit<br />
auf? Woran liegt das? Darf ich ganz persönlich werden? Wie oft kommt die Not daher, dass die<br />
Ehepartner sich gegenseitig nicht „die eheliche Pflicht“ leisten (wie Luther übersetzt)!<br />
Keinesfalls kann man oder frau sich hier auf Paulus berufen, wenn sie sich dem Ehepartner<br />
sexuell entziehen. Wer heiratet, kann nicht so tun, als sei er nicht verheiratet. Das meint Paulus<br />
auch nicht. Sondern viel eher gilt es, seine Beziehung zu pflegen. Ein Paar zu sein, ist etwas<br />
Kostbares und Zerbrechliches. Der Ring am Finger macht den anderen nicht zu etwas, was man<br />
jetzt <strong>hat</strong>. Und gerade die sexuelle Gemeinschaft schmiedet Ehepaare zusammen. Das gilt es zu<br />
pflegen, dieses Feuer muss man hüten.<br />
Nebenbemerkung:<br />
Es gab zwar christliche Strömungen, die haben die sogenannte Josefsehe gelebt. Allerdings ist<br />
diese Form von Ehe, die aus religiösen Gründen auf Geschlechtsverkehr verzichtet, auch in der<br />
katholischen Kirche auf Dauer nicht möglich und gültig.<br />
Haben als hätte man nicht... Faktencheck... lassen Sie uns weiter zu Sache kommen, ganz offen<br />
sein.<br />
Ein weiteres Hindernis gilt es aus dem Weg zu räumen.<br />
Dabei muss ich den Häuslebauern unter uns evt. etwas zu nahe treten? Darf ich?<br />
Wie kann das Pauluswort in Bezug auf Besitz gelten?<br />
Haben, als hätte man nicht.<br />
Bibelkenner wissen um die gegensätzlichen Worte des Paulus (Röm 12,15; 2.Kor 8; 2.Kor 11,9; Phil 4,11) Paulus empfiehlt auch<br />
1<br />
zu heiraten und den Ehepaaren schreibt er ins Stammbuch, dass sie sich einander nicht vorenthalten sollen. (1.Kor 7,3ff)
Paulus selbst besaß ja kein Eigenheim. Er war viel unterwegs; ist stolz darauf, dass er für seinen<br />
eigenen <strong>Leben</strong>sunterhalt sorgte und nicht allein von Spenden lebte. Er sagt von sich, dass er in<br />
guten Verhältnissen und in ärmlichen Verhältnissen leben kann. Mit seinem <strong>Leben</strong> <strong>hat</strong> er seinen<br />
Worten Taten folgen lassen.<br />
Die schwäbische Bescheidenheit ist ja weltbekannt. Ob in Studienführern oder<br />
Börsenmagazinen... Dass selbst Nobelvillen von vorne bescheiden aussehen, dass<br />
Wirtschaftsgrößen mit bescheidenen Anzügen auftreten, dass die Großstadt Stuttgart den<br />
Charme einer Winzergemeinde noch nicht verloren <strong>hat</strong>, das alles zählt zu schwäbischen<br />
Charakterzügen, die sympathisch sind.<br />
Doch auf der anderen Seite stehen Schwaben auch in einer Gefahr. Sie alle kennen das Lied:<br />
”Schaffe, schaffe Häusle baue und net nach de Mädle schaue”.<br />
Das Volkslied weist auf diese Gefahr hin.<br />
Wenn es darum geht, das eigene Haus zu bauen, dann kann das zum Wichtigsten im <strong>Leben</strong><br />
werden. Wie oft hört man solche Entschuldigungen:<br />
„Der Soundso kann bei dem Projekt nicht mitmachen, an der Sitzung nicht teilnehmen, muss in<br />
den halben Jahr geschont werden, denn der oder die baut gerade sein Haus!“<br />
Hören Sie was? Und im Volkslied ist das Haus sogar noch wichtiger als die Partnersuche!<br />
Es geht die Saga, dass es im Schwäbischen nicht nur drei Glaubensartikel (Also vom Vater,<br />
vom Sohne und vom Heiligen Geist) gäbe, sondern vier. Der vierte Glaubensartikel, den die<br />
Schwaben haben, heißt „vom Sach“.<br />
Faktencheck, ernst gesprochen, ans Eingemachte gegangen. Es ist so: Das „vom Sach“... kann<br />
zur Nordung unseres <strong>Leben</strong>s werden. Das eigene Haus, der Besitz kann zur Macht werden, der<br />
unseren <strong>Leben</strong>skompass ausrichtet.<br />
Da wird dann des Paulus Wort zur Mahnung: „Die etwas kaufen, sollen sein, als behielten sie<br />
es nicht.“ Haben als hätte man nicht...<br />
Wie kann das im Umgang mit unserem Besitz, unserer Altersabsicherung, unserem Eigenheim<br />
gehen?<br />
Die Väter und Mütter, die uns vorangegangen sind, haben die Orientierung auf den<br />
wiederkommenden Herrn, einzigartig, ganz handfest in ihr <strong>Leben</strong> eingebaut.<br />
Gerade neulich <strong>hat</strong> mir ein Kollege erzählt, dass er es als Vikar auf der schwäbischen Alb selbst<br />
noch erlebt <strong>hat</strong>, dass die Landwirte ihre Jacken am Ostrand des Feldes abgelegt haben. Die<br />
Großväter und Großmütter haben es im festen Glauben getan, dass sie schneller dem Herrn<br />
entgegengehen könnten, wenn er wiederkommt. So frisch, so real hofften sie auf die<br />
Wiederkunft Jesu. Die Enkel nun legen ihre Jacken immer noch gen Osten ab. Aber viele wissen<br />
nicht mehr, warum sie es tun.<br />
In Wilhelmsdorf können Sie es auf dem Dach des Betsaals noch heute sehen: Vier<br />
Posaunenengel künden in die vier Himmelsrichtungen die Wiederkunft Jesu an.<br />
Ganz stark war im 19. Jahrhundert die Erwartung: Jesus kommt bald wieder. Jesus ist nahe.<br />
Darum bauten sie ihre Häuser nicht mehr für die Ewigkeit, sondern aus einfachen Materialien.<br />
Und sie handelten. Sie verstanden Paulus richtig.<br />
„Das Wesen dieser Welt vergeht.“ schreibt Paulus.
Die Reaktion der Siedler in Wilhelmsdorf war beeindruckend:<br />
Sie haben nicht gejammert oder lamentiert, sondern angepackt.<br />
Sie haben die Gestalt ihrer jeweiligen Welt gesehen und reagiert.<br />
Unter König Wilhelm II durften die pietistischen Siedler einen Sumpf urbar machen, ein Dorf<br />
errichten, den Betsaal in der Mitte des Ortes. Vier Straßen führen als Kreuz auf den Betsaal zu.<br />
Die Leute waren bitterarm; aber sie gründeten gleichzeitig ein Heim für Waisenkinder. Schon<br />
1830 wurde die Kinderrettungsanstalt in Wilhelmsdorf gegründet. Nur sechs Jahre nach den<br />
ersten Spatenstichen.<br />
Solche zupackenden Menschen gab es aber nicht nur im Oberland. Im Unterland feiern wir<br />
gerade den 300.en Geburtstag von Johann Friedrich Flattich. Er trat unkonventionell und<br />
schlagfertig gerade gegenüber seinem Landesherrn auf, sorgte sich in aufopferungsvoller Weise<br />
um die Armen. Neben den eigenen 14 Kindern, die er mit der Pfarrerstochter Christiane<br />
Margarete Goß <strong>hat</strong>te, nahm er im Laufe seines <strong>Leben</strong> fast 300 Schüler auf und unterrichtete sie.<br />
Seine Hausregeln sind gedruckt weit verbreitet worden.<br />
Er sagte: “Das Hausen (also haushalten) machte mir lange Zeit viel zu schaffen, bis ich endlich<br />
auf die dürre Regel kam: nicht viel brauchen, so darf man nicht viel erwerben. Denn das<br />
Erwerben macht einem so viel Sorgen, und das viele Sorgen konnte ich nie leiden. Um nun von<br />
den vielen Sorgen los zu werden, musste ich daruaf bedacht sein, in meiner Haushaltung wenig<br />
zu brauchen, damit ich nicht viel erwerben dürfe. Ich habe mich deswegen nur auf die Liebe<br />
gelegt und nicht auf die Ehre; denn bei der Liebe verdirbt man nicht.” 2<br />
Bei diesen Zeilen spürt man, wie sehr Flattich von den biblischen Worten geprägt war. Er <strong>hat</strong>te<br />
viel von seinem theologischen Lehrer Johann Albrecht Bengel gelernt.<br />
“Haben als hätte man nicht” ... dieses innere Unabhängigsein von äußeren Dingen kann zu einer<br />
großen Freiheit führen. Es nimmt die Angst, zu kurz zu kommen, wenn ein Mensch sich so in<br />
der Fürsorge Gottes geborgen weiß.<br />
Immer wieder trifft man in den Biographien des Pietismus auch darauf, dass die eingegangenen<br />
Partnerschaften, die geschlossenen Ehen, dem Dienst untergeordnet wurden. Bekannt ist der<br />
Kontrakt (Vertrag) der Streiterehe der Erdmuth Dorothea und Johann Ludwig von Zinzendorf.<br />
Auch bei den ersten Siedlern in Wilhelmsdorf folgten die Familien erst später nach.<br />
Bekannt ist zum Beispiel auch Gustav Werner: Er heiratete, damit seine bei ihm<br />
aufgenommenen Waisenkinder eine Mutter und Amme <strong>hat</strong>ten. Eigene Kinder <strong>hat</strong>te er nicht.<br />
Wie viele Frauen stellten ihre <strong>Leben</strong>swünsche hinten an und ließen sich als Missionsbräute in<br />
die Ferne schicken, um dort einer für sie noch fremden Welt, einer ganz anderen Kultur zu<br />
dienen.<br />
“Retterliebe” war diesen Menschen gemeinsam. Keiner sollte verloren gehen. Dass der<br />
lebendige Herr nahe geglaubt und erlebt wurde, dämpfte die Aktivität und Einsatzfreude hier auf<br />
Erden nicht. Im Gegenteil!<br />
Mit wie wenig „Eigenem“ wirkten die Missionare im 19. Jahrhundert. Das wenige, das man<br />
besaß, teilt man gerne. Besitz wurde als “von Gott gegeben” verstanden. Das „Haben, als hätte<br />
2<br />
Wenig Brod für arme Leuth, Korntal-Münchingen, 3. Aufl. <strong>2013</strong>, Ewald Gaukel und<br />
Eugen Völlm, S.159.
man nicht“ führte z.B. in Wilhelmsdorf ja auch zu einer Gemeinschaftskasse. Keiner sollte mehr<br />
haben als der andere.<br />
So wurden etliche arme Leute <strong>durch</strong>getragen.<br />
Heute im Rückblick sehen wir auch die Schwächen von manchen dieser Versuche, das Wesen<br />
der zukünftigen Welt schon hier auf Erden abzubilden. Zu den gerade angeführten Beispielen<br />
ließe sich manche Sc<strong>hat</strong>tenseite und manches Scheitern benennen.<br />
Aber auch dieser Satz „Die Gestalt dieser Welt vergeht“ ist Koordinate für unser <strong>Leben</strong> gedacht.<br />
Er ist heutzutage hochaktuell:<br />
„Die Gestalt dieser Welt vergeht.“<br />
Lassen Sie uns die Fakten dieser Welt, unserer Gesellschaft genau in den Blick nehmen:<br />
Der technische Fortschritt ist gewaltig und schnell.<br />
Wie schnell verändert sich die Gesellschaft. Noch vor 30 Jahren waren Menschen, die sich mit<br />
Computer gut auskannten, selten. Noch vor 15 Jahren <strong>hat</strong>te kaum jemand in Deutschland ein<br />
Handy, geschweige denn ein Smartphone. Internetzugänge befinden sich inzwischen in 75 %<br />
aller deutschen Haushalte.<br />
Die Gestalt dieser Welt vergeht, ändert sich, <strong>hat</strong> keinen Bestand.<br />
Was in einer Gesellschaft der Trend ist, kann unserem <strong>Leben</strong> nicht die Orientierung geben.<br />
Denn das <strong>Leben</strong>, was Leute tun und lassen, das ändert sich.<br />
Ebenso sind Beziehungen heutzutage schnelllebiger. Jede dritte Ehe, in der Stadt sogar bald jede<br />
zweite Ehe, wird geschieden. 26 % aller Haushalte in Stuttgart sind Singlehaushalte. Menschen<br />
müssen beruflich flexibler sein. Umzüge sind häufiger. In unserem Land finden viele Menschen<br />
aus anderen Ländern eine neue Heimat. Deutschland verändert sich.<br />
Die Gestalt dieser unserer Welt verändert sich dauernd.<br />
Aber wir haben zwei Koordinaten, in die sich zielgerichtetes <strong>Leben</strong> einordnen kann: Die Gestalt<br />
dieser Welt vergeht- und - Jesus kommt wieder.<br />
Und dieser Jesus Christus bleibt. Er ist der Anfang und das Ende. Er kann Nationen vereinigen.<br />
Er kann Ruhe geben. Er kann Versöhnung schenken.<br />
Unsere gegenwärtige Welt braucht die Botschaft des Trostes <strong>durch</strong> Jesus: im <strong>Leben</strong> und im<br />
Sterben. Hoffnung auf <strong>Zukunft</strong> nimmt in ihm Gestalt an.<br />
Faktencheck... sehen wir den Tatsachen ins Auge:<br />
Unsere Gemeinden sollen nicht die Hände in den Schoß legen und abwarten."Haben, als hätte<br />
man nicht!" Heißt nicht: „Lasst uns unsere Gemeindehäuser renovieren und schauen, dass alles<br />
so bleibt, wie es schon immer war."<br />
Sondern Paulus will unseren Blick über unseren Habenstand hinaus heben.<br />
Wenn wir Jesus als den wiederkommenden Herrn gemeinsam erwarten, was entsteht da<strong>durch</strong>!<br />
Ein gemeinsamer Aufblick! Christen aus allen Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften beten<br />
ihn gemeinsam an. Frauen und Männer aus vielen Nationen, die Jesus nachfolgen, leben im<br />
gemeinsamen Raum des Glaubens. Neue Heimat kann entstehen. Ruhe und Zuflucht kann<br />
gefunden werden.
Das kann praktische Folgen haben: Lasst uns die Kirchen als Ort der Christusbegegnung täglich<br />
öffnen. Wie viele evangelische Kirchen haben es hier im Oberland schon wie die katholischen<br />
Glaubensgeschwister gemacht?<br />
In der Untersuchung: „Wie kommen Erwachsene zum Glauben? wurde deutlich: Menschen<br />
brauchen Gelegenheiten beten zu können, ohne dass ihnen jemand dabei zusieht. Geöffnete<br />
Kirchen bieten solche Gebetsräume. In der Kirche begegnet der Mensch der Ruhe, atmet den<br />
Geist der Gemeinschaft der Heiligen. Hier wurde schon gebetet; hier kannst auch du beten. Hier<br />
kannst du deinen zarten Anfang mit Gott machen.<br />
Christen aus anderen Nationen sollen in unseren Kirchengemeinden und Gemeinschaften<br />
Heimat finden. Welche Räume stellen wir ihnen zur Verfügung? Wie können sie sich an den<br />
Gottesdiensten beteiligen?<br />
Zielgerichtetes <strong>Leben</strong> spannt sich auf in die zwei Koordinaten: Jesus kommt wieder - die Gestalt<br />
dieser Welt vergeht.<br />
Wir sollen nicht weltförmig oder weltflüchtig sollen wir sein, sondern in diesem Spannungsfeld<br />
leben. Aber nicht als Test für meine Kraft, sondern damit ich seine Kraft erfahre.<br />
Lassen Sie uns himmelwärts ausgerichtet sein. Was Jesus uns auf Erden gestiftet <strong>hat</strong>, das hebt<br />
uns empor. Das trägt uns.<br />
Es gilt: Durch Jesus bist du losgekauft und reingewaschen. Du gehörst Gott. Du bist sein Kind.<br />
Das wurde dir in der Taufe zugesprochen. Das wird dir im Abendmahl gegenwärtig. In Brot und<br />
Wein ist Christus da und erfüllt dich mit Kraft. Sein Wort für deine <strong>Zukunft</strong> gilt: „Niemand<br />
kann dich aus meiner Hand reißen.“ ( nach Johannes 10,28)<br />
Du bist bei Gott aufgehoben. Durch Jesus. Da ist <strong>Zukunft</strong>. Da ist Zuversicht. Alles Habenwollen<br />
und Habenkönnen kann dir diese Sicherheit nicht geben. Der gesamte Habenstand ist<br />
aufgehoben <strong>durch</strong> den neuen Stand, den Christus schenkt.<br />
Aufgehoben, ausgebraucht, fix und fertig ist die Last der allgemein üblichen Leistungsschau, die<br />
einem immer wieder einflüstern will: „Du bist, was du hast!“<br />
Aufgehoben, nicht mehr gültig, außer Kraft gesetzt ist die Last des gesellschaftlichen Drucks der<br />
Partnersuche, die auf allen Werbeschienen grinst: „Du bist nur wer, wenn du einen Partner<br />
hast.“<br />
Aufgehoben, Schluss gemacht, zu Ende der Zwang des Happy-go-lightly, als ob nur der<br />
Strahlemann und die Hochglanzfrau in unserer Zeit oben auf wäre.<br />
Die äußere Gestalt dieser Welt vergeht, aber Gottes Reich bricht an. Du kannst dich auf ihn<br />
verlassen, dich fallen lassen, dich anvertrauen. Gott schenkt dir in Christus Wert. Du bist Gottes<br />
Kind. Ja, du bist sein Erbe.<br />
Gott ist mit dir. Er umgibt dich mit seiner Kraft. Er steht dir zur Seite. Der starke Trost, der<br />
Heilige Geist, der Gott mit uns ist da.<br />
Gott versteht dich. auch ohne Worte. Er sieht auf deine Tränen. Er hört deine, auch stumme<br />
Klage. Er kann dein Stammeln übersetzen.<br />
Aufgehoben ist <strong>durch</strong> Christus der Zwang der richtigen Worte, der wortreichen Gebete. Der<br />
Geist hilft unserer Schwachheit auf.
Haben schenkt Christus, aller Habenstand dieser Welt vergeht.<br />
An zwei Beispielen möchte ich das jetzt noch erläutern.<br />
Das ist zum einen Jesu Umgang mit dem Sabbat.<br />
Jesus <strong>hat</strong> den wahren Sinn des Sabbats wieder freigelegt. Zu seiner Zeit war der Sabbat mit<br />
allerlei Gesetzen festgelegt und ausgestaltet. Was man alles am Sabbat nicht durfte, das war<br />
bekannt. Jesus ruft die Freiheit des Sabbats aus. Er ist Herr darüber.<br />
Durch seine Auferstehung feiern wir Christen nun den Sonntag als diesen Ruhetag und Feiertag.<br />
Aller Zwang ist da <strong>durch</strong>brochen.<br />
Gott schickt uns sonntags in das „Haben als hätte man nicht“. Sonntags kann uns dieses<br />
Aufgehobensein in Gott besonders nahe kommen.<br />
Lass Dich sonntags von den sonstigen Tätigkeiten unterbrechen. Lass dir sonntags Zeit<br />
schenken. Genieße die Gegenwart Gottes: denke an deine Taufe, vergegenwärtige Jesu<br />
Gegenwart im Abendmahl, lass dich erfrischen <strong>durch</strong> Gottes Wort und die Gemeinschaft der<br />
Gerechtfertigten, der Herausgerufenen, nämlich der Gemeinde. Lass dich fallen in die Arme<br />
Gottes.<br />
Zum anderen möchte ich daran erinnern, was die Nähe des wiederkommenden Herrn bei Paulus<br />
auch auslöste. Er sagte; „Freuet euch, und abermals sage ich euch: 'Freuet euch!' Der Herr ist<br />
nahe!“<br />
Was auch immer wir an Bedrohlichem in dieser Welt erleben, es gilt: “Der Herr ist nahe!”<br />
Das darf uns gelassen machen. Ja, wir brauchen wir Gelassenheit inmitten der umtreibenden<br />
Veränderungen.<br />
Philipp Spitta dichtete in seinem Pfingstlied “Geist des Glaubens, Geist der Stärke”: In dem<br />
rasenden Getümmel schenk uns Glaubensheiterkeit. (EG 137,8)<br />
Fröhlichkeit, Freude, Lachen darf Teil unseres <strong>Leben</strong>s sein. Ja, Lächeln und ein getroster Sinn<br />
sind Kennzeichen dafür, dass ich Jesus nahe weiß.<br />
Martin Luther sagte:<br />
„Wir können an der fehlenden Freude den Mangel unseres Glaubens erkennen. Denn wie<br />
stark wir glauben, so stark müssen wir uns auch notwendig freuen.“ 3<br />
Dabei hilft es, wenn wir uns im Humor einüben. Das ist für viele Christen gar nicht so<br />
einfach. So wird von Pfarrer Wilhelm Busch aus Essen erzählt. Er macht einmal wieder einen<br />
Hausbesuch bei einem Gemeindeglied, das einfach ein trauriger Mensch war. Deswegen<br />
nahm er sich vor, ihn mit einem Witz aufzuheitern. Als die Pointe vorüber war, wartete<br />
Busch auf die Reaktion. Der Mann prustete ein wenig und sagte dann: “Pfarrer Busch, wenn<br />
ich nicht wüßte, dass es von Ihnen kommt und dass Sie mir das Wort Gottes bringen wollen,<br />
hätte ich kräftig lachen müssen.”<br />
3<br />
Kurt Aland (Hg), Luther Deutsch, Band III Lutherlexikon, S. 106 (dort<br />
auch Stellenangabe in WA)
Humor und Christsein <strong>hat</strong> besonders bei uns im Süddeutschen noch keine starke Tradition.<br />
Der Ernst des Christenlebens ist uns mehr eingeprägt. “Sich freuen, als freute man sich<br />
nicht!” das ist vielen in Fleisch und Blut übergegegangen.<br />
Doch Paulus sagt an anderer Stelle: “Freut euch mit den Fröhlichen!” und gerade, wenn es<br />
um den wiederkommenden Herrn geht: “Freuet euch, der Herr ist nahe!”<br />
Zielgerichtetes <strong>Leben</strong> spannt sich auf in die zwei Koordinaten: Jesus kommt wieder - die<br />
Gestalt dieser Welt vergeht. Das ist ein spannendes <strong>Leben</strong>. Ein <strong>Leben</strong> mit <strong>Zukunft</strong>.<br />
Verfasserin:<br />
Franziska Stocker-Schwarz<br />
Stitzenburgstraße 13<br />
70182 Stuttgart