Beit Emmaus Wege 21 - Deutscher Verein vom Heiligen Lande
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Demenz indet sie sich<br />
immer weniger zurecht<br />
und kann sich manchmal<br />
nicht einmal daran<br />
erinnern, dass sie<br />
gerade am Essen ist. In<br />
ihrer Verwirrung hätte<br />
sie wohl manchmal<br />
gerne eine Begrenzung<br />
ihrer Freiheit oder gar<br />
schon Verlorenheit. So<br />
mag sie es, wenn man<br />
sie wie ein Kind in die<br />
Decke einwickelt.<br />
Ebenso laut ruft Amna,<br />
eine zerbrechlich erscheinende,<br />
liebenswerte<br />
Großmutter, wie<br />
man sie sich nur wünschen kann,<br />
nach ihren verstorbenen Verwandten.<br />
Sie sollen sie mitnehmen in eine<br />
andere Welt, in die sie im Moment<br />
aus einem bestimmten Grund noch<br />
nicht gehen kann. Sie erzählt oft<br />
von Erlebnissen und Menschen aus<br />
ihrem Leben, die sie nicht loslassen<br />
kann. Es wirkt so, als wäre sie durch<br />
ihre eigene Vergangenheit unfrei.<br />
Etwas später, gegen sechs Uhr,<br />
kommt Tamani, die einem wortlos<br />
mitteilt, dass man ihr helfen soll<br />
ihre Sandalen anzuziehen – und<br />
zwar gleich! Sie sticht mit ihrem<br />
Strahlen aus der Truppe der gerade<br />
erwachenden habibtis heraus. Sie<br />
ist geistig und körperlich behindert<br />
und nimmt die meisten Situationen<br />
ihres Lebens mit einem Lächeln.<br />
Tamanis Lächeln wirkt befreit und befreiend. Ist sie freier als wir?<br />
Dadurch erscheint sie uns freier, als<br />
wir es vielleicht selbst sind.<br />
So hat jede unserer Bewohnerinnen<br />
ihre eigene Geschichte und, damit<br />
verbunden, wohl auch ihre eigene<br />
Deinition von Freiheit. Die eine hat<br />
Schlimmes erlebt, die andere musste<br />
feststellen, dass sie einfach nicht<br />
mehr so kann wie früher. Doch so<br />
unterschiedlich ihre Leben bisher<br />
auch verlaufen sind: Hier in <strong>Emmaus</strong><br />
bekommen sie nicht nur Plege<br />
und Aufmerksamkeit geschenkt,<br />
sondern auch ein Leben mit so<br />
viel(e) Freiheit(en) wie möglich.<br />
– Angelika Rüb (Karlstadt/Bayern),<br />
Sandra Hauser (Eisingen/Baden-<br />
Württemberg) und Hanan Natour<br />
(Roetgen/Nordrhein-Westfalen)<br />
Volontärinnen in <strong>Beit</strong> <strong>Emmaus</strong><br />
<strong>Emmaus</strong>-<strong>Wege</strong> <strong>21</strong> (Herbst 2012)<br />
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