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Vere<strong>in</strong>te<br />

Dienstleistungs-<br />

Gewerkschaft<br />

Resssort 1<br />

Initiative <strong>der</strong> DGB-Gewerkschaften mit <strong>der</strong> BDA zur gesetzlichen<br />

Verankerung <strong>der</strong> Tarife<strong>in</strong>heit auf <strong>der</strong> Basis des Mehrheitspr<strong>in</strong>zips<br />

Warum „Tarife<strong>in</strong>heit“?<br />

Beschäftigte, <strong>di</strong>e ihre Interessen nicht <strong>in</strong><strong>di</strong>viduell gegen Arbeitgeber durchsetzen<br />

können, bekommen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Koalition – also zusammengeschlossen <strong>in</strong> ihrer Gewerkschaft<br />

– <strong>di</strong>e nötige Stärke, um dem Arbeitgeber auf Augenhöhe gegenüber treten zu<br />

können. Die Koalitionsfreiheit ist also e<strong>in</strong> soziales Schutzrecht. Arbeitnehmer müssen<br />

ihre <strong>in</strong><strong>di</strong>viduelle Konkurrenz aufheben, um <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaft ihre Interessen auf<br />

Augenhöhe gegen <strong>di</strong>e Arbeitgeber durchsetzen zu können. Die Tarife<strong>in</strong>heit ist <strong>in</strong><br />

<strong>di</strong>esem Kontext e<strong>in</strong> sozialer Wert, <strong>der</strong> Solidarität im Betrieb stärken und e<strong>in</strong>er<br />

Entsolidarisierung von Belegschaften entgegen <strong>wir</strong>ken kann. Gewerkschaftliche<br />

Gegenmacht steht und fällt, so formuliert es Detlef Hensche, mit <strong>der</strong> Breite und<br />

Verallgeme<strong>in</strong>erungsfähigkeit des Aufbegehrens und mit dem E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> Starken<br />

nicht nur für sich selbst, son<strong>der</strong>n ebenso für <strong>di</strong>e Schwachen. Die Tarife<strong>in</strong>heit sichert<br />

<strong>di</strong>e Solidarität zwischen den unterschiedlichen Beschäftigten e<strong>in</strong>es Unternehmens<br />

und <strong>ver</strong>h<strong>in</strong><strong>der</strong>t, dass e<strong>in</strong>zelne Beschäftigtengruppen gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ausgespielt<br />

werden.<br />

Das haben auch <strong>di</strong>e Arbeitsgerichte und das Bundesarbeitsgericht (<strong>BA</strong>G) so gesehen<br />

und <strong>in</strong> ihrer Rechtsprechung deshalb den Grundsatz <strong>der</strong> Tarife<strong>in</strong>heit entwickelt,<br />

obwohl er sich im Tarif<strong>ver</strong>tragsgesetz nirgendwo f<strong>in</strong>det. Und weil das Tarif<strong>ver</strong>tragsgesetz<br />

le<strong>di</strong>glich auf <strong>di</strong>e Entlohnungs- und Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen im „Betrieb“<br />

abhebt, also Flächen- und Verbandstarif<strong>ver</strong>träge nicht kennt, untermauerte das<br />

Bundesarbeitsgericht den Grundsatz <strong>der</strong> Tarife<strong>in</strong>heit mit dem Spezialitätspr<strong>in</strong>zip.<br />

Dah<strong>in</strong>ter steckt <strong>di</strong>e Idee, dass <strong>der</strong> Tarif<strong>ver</strong>trag gelten soll, <strong>der</strong> besser (weil spezieller)<br />

auf <strong>di</strong>e Belange <strong>der</strong> Beschäftigten e<strong>in</strong>es Betriebes e<strong>in</strong>geht. Gleichzeitig <strong>ver</strong>suchten<br />

Arbeitgeber und Unternehmens<strong>ver</strong>bände über Jahrzehnte, e<strong>in</strong>en branchen<strong>in</strong>ternen<br />

Wettbewerb über Arbeitskosten und Löhne auszuschließen und schlossen deshalb<br />

zunehmend mit Gewerkschaften Flächen- und Verbandstarif<strong>ver</strong>träge ab. Dies war<br />

auch aus Sicht <strong>der</strong> Gewerkschaften s<strong>in</strong>nvoll, weil Betriebe e<strong>in</strong>er Branche nicht bei<br />

den Löhnen, son<strong>der</strong>n beispielsweise über Innovationen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> konkurrieren<br />

sollten. Erst als <strong>di</strong>e Arbeitgeber im Interesse von Lohnsenkungen und Kostenm<strong>in</strong>imierung<br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> den branchen<strong>in</strong>ternen Wettbewerb um niedrigere Löhne<br />

e<strong>in</strong>stiegen, missbrauchten sie das Spezialitätspr<strong>in</strong>zip als Mittel <strong>der</strong> Entsolidarisierung.<br />

Dies forcierten sie e<strong>in</strong>erseits, <strong>in</strong>dem ihre Verbände den Unternehmen Mitgliedschaften<br />

ohne Tarifb<strong>in</strong>dung anboten und damit Flächen- und Verbandstarif<strong>ver</strong>träge<br />

aushöhlten. Und an<strong>der</strong>erseits, <strong>in</strong>dem Arbeitgeber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge mit Sche<strong>in</strong>gewerkschaften<br />

ohne echte Mitglie<strong>der</strong> (zum Beispiel den sogenannten „christlichen Gewerkschaften“)<br />

Dump<strong>in</strong>g-Tarif<strong>ver</strong>träge abgeschlossen haben, <strong>di</strong>e qua Rechtsprechung<br />

(Haustarif<strong>ver</strong>trag ist spezieller als Flächentarif<strong>ver</strong>trag) legitimiert wurden.


Wegen <strong>der</strong> langjährigen Tendenz zur Entsolidarisierung än<strong>der</strong>t sich durch <strong>di</strong>e <strong>BA</strong>G-<br />

Entscheidung an <strong>der</strong> geltenden Situation de facto erst e<strong>in</strong>mal nichts. Denn schon<br />

bisher war <strong>in</strong> Unternehmen Tarifvielfalt möglich, wie das Beispiel <strong>der</strong> Lufthansa mit<br />

unterschiedlichen Tarif<strong>ver</strong>trägen für Piloten, Kab<strong>in</strong>enbeschäftigte und Bodenpersonal<br />

zeigt. Aller<strong>di</strong>ngs birgt <strong>di</strong>e Entscheidung des <strong>BA</strong>G <strong>di</strong>e Gefahr, dass es zu e<strong>in</strong>er noch<br />

stärkeren Zersplitterung von Belegschaften kommt. Denn <strong>di</strong>e <strong>BA</strong>G-Entscheidung lädt<br />

im Pr<strong>in</strong>zip jegliche Interessen<strong>ver</strong>bände dazu e<strong>in</strong>, sich als Gewerkschaft zu betätigen<br />

und Tarif<strong>ver</strong>träge abzuschließen. Auf den ersten Blick – und vor allem im Vergleich<br />

mit Län<strong>der</strong>n, <strong>in</strong> denen Gewerkschaftsarbeit staatlicherseits durch Gesetze und<br />

Repression beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t o<strong>der</strong> gar bekämpft <strong>wir</strong>d, - mag <strong>di</strong>ese Aussicht (jede Gruppe<br />

kann für sich e<strong>in</strong>e Gewerkschaft etablieren) für den e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>ver</strong>lockend<br />

kl<strong>in</strong>gen.<br />

Doch <strong>di</strong>e Praxis dürfte <strong>ver</strong>gleichsweise schnell das Gegenteil be<strong>wir</strong>ken. Denn<br />

während <strong>di</strong>e e<strong>in</strong>en sich mit ihrem Tarif<strong>ver</strong>trag noch über Lohnerhöhungen freuen,<br />

<strong>ver</strong>handeln <strong>di</strong>e Kollegen aus dem Stockwerk drüber schon über neue Regelungen –<br />

ohne länger Rücksicht auf an<strong>der</strong>e nehmen zu müssen, immer mit dem Ziel, das<br />

Optimale für <strong>di</strong>e eigene Gruppe herauszuholen. Anfangs mag <strong>di</strong>es sogar erfolgreich<br />

se<strong>in</strong>. Doch je mehr <strong>di</strong>es Schule macht, desto mehr <strong>wir</strong>d <strong>di</strong>e gewerkschaftliche<br />

Tarifkonkurrenz zum W<strong>in</strong>dhundrennen, führt zur Zersplitterung, zum Gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

von Belegschaften, zur Überfor<strong>der</strong>ung und zu Versuchen <strong>der</strong> Arbeitgeber, sich<br />

<strong>di</strong>esem Mechanismus durch Befreiungsschläge zu entziehen.<br />

Dem soll <strong>di</strong>e geme<strong>in</strong>same Initiative <strong>der</strong> DGB-Gewerkschaften mit <strong>der</strong> Bundes<strong>ver</strong>e<strong>in</strong>igung<br />

<strong>der</strong> Deutschen Arbeitgeber<strong>ver</strong>bände zur gesetzlichen Verankerung <strong>der</strong><br />

Tarife<strong>in</strong>heit auf <strong>der</strong> Basis des Mehrheitspr<strong>in</strong>zips entgegen <strong>wir</strong>ken.<br />

Daran gibt es Kritik von <strong>ver</strong>schiedenen Seiten. Worum geht es im E<strong>in</strong>zelnen?<br />

Kritik: Es ist falsch, mit Arbeitgebern geme<strong>in</strong>same Sache zu machen, weil<br />

<strong>di</strong>ese eigene Interessen haben, <strong>di</strong>e ke<strong>in</strong>esfalls deckungsgleich mit den<br />

Interessen <strong>der</strong> Gewerkschaft se<strong>in</strong> können.<br />

Aller<strong>di</strong>ngs ist es Alltag für Gewerkschaften, mit Arbeitgebern e<strong>in</strong>en Interessenausgleich<br />

zu suchen. Dies ist <strong>der</strong> Kern je<strong>der</strong> Tarif<strong>ver</strong>handlung. In <strong>di</strong>esem Fall ist das<br />

geme<strong>in</strong>same Interesse – wenn auch sicherlich aus ganz unterschiedlicher<br />

Perspektive –, das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Tarife<strong>in</strong>heit zu sichern. Vor zwei Jahren gab es dazu<br />

erste Gespräche, damals war ke<strong>in</strong>e Verstän<strong>di</strong>gung, geschweige denn e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung<br />

möglich, weil <strong>di</strong>e Arbeitgeber das Spezialitätspr<strong>in</strong>zip als Kriterium für <strong>di</strong>e Tarife<strong>in</strong>heit<br />

festschreiben wollten. Die Gewerkschaften haben <strong>di</strong>eses durchsichtige Manö<strong>ver</strong><br />

umgehend abgelehnt, es gab ke<strong>in</strong>e weiteren Gespräche.<br />

Erst Anfang <strong>di</strong>eses Jahres gab es e<strong>in</strong>en neuen Anlauf für <strong>di</strong>e Gespräche, nachdem<br />

<strong>di</strong>e Arbeitgeber überraschend auf <strong>di</strong>e Gewerkschaftl<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>schwenkten und sich<br />

bereit erklärten, zur Begründung <strong>der</strong> Tarife<strong>in</strong>heit auf das Mehrheitspr<strong>in</strong>zip zu setzen.<br />

Aller<strong>di</strong>ngs <strong>ver</strong>banden sie <strong>di</strong>es mit dem Ziel e<strong>in</strong>er begrenzten Friedenspflicht, wonach<br />

bei zwei o<strong>der</strong> mehreren konkurrierenden Tarif<strong>ver</strong>trägen über <strong>di</strong>eselben Regelungstatbestände<br />

für <strong>di</strong>eselbe Beschäftigtengruppe <strong>der</strong>jenige Tarif<strong>ver</strong>trag gilt, <strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />

Gewerkschaft mit <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> im Betrieb abgeschlossen wurde.<br />

Aller<strong>di</strong>ngs gilt <strong>di</strong>ese begrenzte Friedenspflicht eben nur für <strong>di</strong>e <strong>in</strong> <strong>di</strong>esem Tarif<strong>ver</strong>trag<br />

geregelten Tatbestände, nur für <strong>di</strong>e Laufzeit und nur, so lange nicht e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

Gewerkschaft mehr Mitglie<strong>der</strong> im Betrieb organisiert. Im Grundsatz gilt: Es zählen <strong>di</strong>e<br />

Stimmen <strong>der</strong> Vielen und nicht das Votum <strong>der</strong> Wenigen.<br />

2


Kritik: Große Gewerkschaften machen <strong>di</strong>e Kle<strong>in</strong>en platt, <strong>di</strong>e DGB-<br />

Gewerkschaften wollen bloß erfolgreiche Konkurrenzgewerkschaften<br />

<strong>ver</strong>drängen.<br />

Das ist nicht nur falsch, son<strong>der</strong>n wenn <strong>di</strong>es ernsthafte Absicht wäre, wäre es auch<br />

höchst naiv. Denn <strong>di</strong>e erfolgreichen <strong>der</strong> <strong>ver</strong>me<strong>in</strong>tlich „kle<strong>in</strong>en“ Gewerkschaften s<strong>in</strong>d<br />

allesamt unter den Be<strong>di</strong>ngungen <strong>der</strong> Tarife<strong>in</strong>heit entstanden, unter an<strong>der</strong>em deshalb,<br />

weil <strong>di</strong>e angeblich Großen nicht ausreichend auf Bedürfnisse und Erwartungen<br />

bestimmter Beschäftigtengruppen e<strong>in</strong>gegangen s<strong>in</strong>d. Gewerkschaften brauchen e<strong>in</strong>e<br />

starke Mitglie<strong>der</strong>basis, um <strong>di</strong>e Interessen <strong>der</strong> Beschäftigten durchzusetzen, sonst<br />

laufen sie Gefahr, zu Handlangern <strong>der</strong> Arbeitgeber zu werden. Niemand sollte daher<br />

glauben, dass etablierte Gewerkschaften wie Cockpit, UFO, GDL o<strong>der</strong> Marburger<br />

Bund durch e<strong>in</strong>e Gesetzesän<strong>der</strong>ung <strong>ver</strong>drängt werden könnten. Außerdem sollten<br />

<strong>wir</strong> uns nichts vormachen: In manchen Bereichen s<strong>in</strong>d <strong>wir</strong> <strong>di</strong>e Kle<strong>in</strong>en und werden<br />

nicht e<strong>in</strong>fach das Feld räumen, son<strong>der</strong>n wollen und müssen durch gezielte<br />

Interessen<strong>ver</strong>tretung, kreative Proteste und Arbeitskampfmaßnahmen, maßgeschnei<strong>der</strong>te<br />

Tarifpolitik und Präsenz <strong>in</strong> Betrieben und Verwaltungen neue Mitglie<strong>der</strong><br />

gew<strong>in</strong>nen und sie konsequent auch an Entscheidungen beteiligen. Klar ist auch, dass<br />

<strong>wir</strong> <strong>in</strong> <strong>di</strong>esen Fällen an <strong>di</strong>e Friedenspflicht des jeweils geltenden Mehrheitstarif<strong>ver</strong>trags<br />

gebunden wären und unser Arbeitskampf zeitlich mit dem <strong>der</strong><br />

konkurrierenden Gewerkschaften stattf<strong>in</strong>den würde. Diese zeitliche Kopplung muss<br />

aber für <strong>di</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitsgewerkschaften ke<strong>in</strong> Nachteil se<strong>in</strong>, denn durch konzertierte<br />

Aktionen <strong>wir</strong>d <strong>di</strong>e Durchsetzungskraft eher erhöht als geschwächt, da Mitarbeiter <strong>in</strong><br />

den Betrieben <strong>in</strong> <strong>di</strong>eser Situation ohne sensibilisierter und offener für Ansprache und<br />

aktive Beteiligung se<strong>in</strong> werden.<br />

Im Übrigen: Kluge Tarifpolitik setzt nicht zuerst auf Konkurrenz <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />

untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n darauf, Interessen und Kampfkraft zu bündeln. Das praktiziert<br />

<strong>ver</strong>.<strong>di</strong> etwa im öffentlichen Dienst, wo mit GdP, GEW und <strong>der</strong> dbb-tarifunion im<br />

Deutschen Beamtenbund e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Tarifpolitik gestaltet <strong>wir</strong>d. Ähnliche<br />

Kooperationen gibt es zum Beispiel im Me<strong>di</strong>enbereich zwischen DJV und dju <strong>in</strong> <strong>ver</strong>.<strong>di</strong><br />

sowie <strong>in</strong> etlichen an<strong>der</strong>en Bereichen.<br />

Kritik: E<strong>in</strong>e gesetzliche Verankerung <strong>der</strong> Tarife<strong>in</strong>heit schränkt den Wettbewerb<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaften e<strong>in</strong>.<br />

Auch <strong>di</strong>eser Vorwurf geht <strong>in</strong>s Leere. Denn das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit bleibt<br />

une<strong>in</strong>geschränkt erhalten. Es bleibt, wie bisher, beim Wettbewerb um Mitglie<strong>der</strong> und<br />

den Geltungsbereich von Tarif<strong>ver</strong>trägen. Und <strong>di</strong>eser Wettbewerb <strong>wir</strong>d fair entschieden,<br />

weil immer <strong>der</strong> Tarif<strong>ver</strong>trag <strong>der</strong> Gewerkschaft gilt, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Mehrheit <strong>der</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong> im Betrieb organisiert. Wichtig ist auch: Bestehende Tarif<strong>ver</strong>träge <strong>wir</strong>ken<br />

nach. Außerdem bleibt es beim Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> unterschiedlicher Tarif<strong>ver</strong>träge.<br />

Schon jetzt gilt <strong>di</strong>ese Form <strong>der</strong> Tarifvielfalt etwa bei <strong>der</strong> Lufthansa, wo es gültige<br />

Tarif<strong>ver</strong>träge für unterschiedliche Beschäftigtengruppen gibt. Und auch <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wand,<br />

große Gewerkschaften wie <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> könnten Berufsgewerkschaften wie Cockpit e<strong>in</strong>fach<br />

<strong>ver</strong>drängen, <strong>in</strong>dem sie den Geltungsbereich ihrer Mehrheitstarif<strong>ver</strong>träge e<strong>in</strong>fach auf<br />

<strong>di</strong>e bisher an<strong>der</strong>s organisierte Beschäftigtengruppe ausdehnen, geht <strong>in</strong>s Leere. Wie<br />

glaubwür<strong>di</strong>g wäre e<strong>in</strong>e Gewerkschaft, <strong>di</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Beschäftigtengruppe<br />

sehr wenig Mitglie<strong>der</strong> hat, wenn sie durch e<strong>in</strong>en Verfahrenstrick <strong>di</strong>e Konkurrenzgewerkschaft<br />

<strong>ver</strong>drängt, <strong>di</strong>e das Gros <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>di</strong>eser Gruppe<br />

organisiert? Sie würde sofort jegliche Legitimation <strong>ver</strong>lieren und sich selbst auf e<strong>in</strong>e<br />

Stufe stellen mit Lohndrücker-Organisationen wie den sogenannten „christlichen<br />

Gewerkschaften“.<br />

3


Kritik: Die DGB/BDA-Initiative greift <strong>in</strong> das Grundrecht <strong>der</strong> Koalitionsfreiheit e<strong>in</strong><br />

und legt Hand an das Streikrecht.<br />

Das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit und damit auf <strong>di</strong>e Bildung von Koalitionen <strong>wir</strong>d<br />

durch <strong>di</strong>e geme<strong>in</strong>same Initiative nicht angetastet. Es ist aller<strong>di</strong>ngs bemerkenswert,<br />

dass <strong>der</strong>zeit ausgerechnet <strong>di</strong>ejenigen, <strong>di</strong>e etwa bei Lokführer- o<strong>der</strong> Pilotenstreiks am<br />

lautesten aufgeschrien und e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung des Streikrechts gefor<strong>der</strong>t haben,<br />

jetzt das Hohe Lied <strong>der</strong> Tarifvielfalt s<strong>in</strong>gen. Die Neuregelung zur Friedenspflicht<br />

konzentriert das Streikrecht ohneh<strong>in</strong> nur <strong>in</strong> zeitlicher H<strong>in</strong>sicht. Dies hat zudem den<br />

Vorteil, dass e<strong>in</strong>e Unterstützung seitens <strong>der</strong> Öffentlichkeit erleichtert <strong>wir</strong>d, welche für<br />

erfolgreiche Arbeitskämpfe immer wichtiger <strong>wir</strong>d. Zwischen DGB und BDA ist im<br />

Übrigen völlig klar: Nur das soll zur Verankerung <strong>der</strong> Tarife<strong>in</strong>heit Gesetzeskraft<br />

erhalten, was geme<strong>in</strong>sam und e<strong>in</strong><strong>ver</strong>nehmlich von Gewerkschaften und Arbeitgeber<strong>ver</strong>bänden<br />

gewollt <strong>wir</strong>d und was <strong>di</strong>e Chance hat, parteiübergreifend von<br />

Regierung und Opposition aufgenommen zu werden. Die beabsichtigte gesetzliche<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>wir</strong>d gerade deshalb auf e<strong>in</strong> absolutes M<strong>in</strong>imum begrenzt, um <strong>di</strong>esen<br />

übergreifenden Konsens zu erreichen. Alles, was über <strong>di</strong>ese übergreifende und<br />

zwischen DGB-Gewerkschaften und BDA e<strong>in</strong><strong>ver</strong>nehmliche Än<strong>der</strong>ung h<strong>in</strong>aus geht,<br />

entzieht <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung <strong>di</strong>e Geschäftsgrundlage und trifft auf den erbitterten<br />

Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Gewerkschaften.<br />

Unser Fazit: E<strong>in</strong>e gesetzlich <strong>ver</strong>ankerte Tarife<strong>in</strong>heit auf <strong>der</strong> Basis des Mehrheitspr<strong>in</strong>zips<br />

stärkt <strong>di</strong>e Solidarität im Betrieb, aber es bleibt <strong>di</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung für e<strong>in</strong>e<br />

Gewerkschaft wie <strong>ver</strong>.<strong>di</strong>, weiter um Mitglie<strong>der</strong> zu werben, durch ihre Arbeit zu<br />

überzeugen und sich unter Be<strong>di</strong>ngungen gewerkschaftlicher Konkurrenz zu<br />

behaupten und stärker zu werden.<br />

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