Die RUAG setzt auf strategische Planung - Immobilien - Hochschule ...
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Sanierung+Renovation<br />
Unterhaltsstau bei industriellen <strong>Immobilien</strong>portfolios<br />
Daniel Hofmeister*<br />
<strong>Die</strong> <strong>RUAG</strong> <strong>setzt</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>strategische</strong> <strong>Planung</strong><br />
Der bauliche Unterhalt von <strong>Immobilien</strong> wird oft vernachlässigt. Insbesondere<br />
bei industriellen <strong>Immobilien</strong>portfolios ist die Reduktion des baulichen Unterhaltes<br />
einer der Haupthebel, wenn betriebliche Ziele nicht erreicht werden<br />
und die Budgets trotzdem eingehalten werden müssen. Dadurch erfolgt ein<br />
schleichender Wertzerfall der <strong>Immobilien</strong>, der später nur mit grossen Anstrengungen<br />
korrigiert werden kann.<br />
«Unterhalt gleich Werterhalt» ist eine<br />
landläufige Aussage, die nach wie<br />
vor Gültigkeit hat. Trotzdem wird der<br />
Unterhalt von <strong>Immobilien</strong>objekten bei<br />
privaten Eigentümern, bei Industriebetrieben<br />
und auch bei der öffentlichen<br />
Hand oft vernachlässigt. In der Schweiz<br />
existieren <strong>Immobilien</strong>werte von zirka<br />
2500 Milliarden Franken. Wenn die<br />
theo retisch geforderten 1 bis 1,5 %<br />
des Gebäudewertes jährlich in den<br />
Unterhalt investiert würden, müssten<br />
pro Jahr 25 bis 40 Milliarden Franken<br />
alleine für die Instandhaltung und Instandsetzung<br />
einge<strong>setzt</strong> oder zurückgestellt<br />
werden. Tatsächlich Begriffe und wird Abkürzungen aber<br />
nur ein Bruchteil dieses Betrages einge<strong>setzt</strong>.<br />
Damit ist der langsame Zerfall<br />
der <strong>Immobilien</strong> programmiert und die<br />
Probleme werden in die Zukunft verlagert.<br />
Der Unterhaltsstau ist auch Thema<br />
beim Technologiekonzerns <strong>RUAG</strong>.<br />
Mit <strong>strategische</strong>n Überlegungen und<br />
der geeigneten Organisationsform<br />
Sparszenarien<br />
werden die verfügbaren finanziellen<br />
Ressourcen gezielt einge<strong>setzt</strong>, um den<br />
1<br />
Ein verbreitetes Investitionsverhalten,<br />
welches sich durch die Verzögerung von<br />
Instandsetzungsmassnahmen und die<br />
Reduktion der Aufwendungen für die<br />
Instandhaltung auszeichnet, wird häufig<br />
mit Spardruck begründet. Eine nähere<br />
Betrachtung solcher Sparszenarien zeigt<br />
Werterhalt der <strong>RUAG</strong> <strong>Immobilien</strong> sicherzustellen.<br />
aber, dass diese längerfristig nicht nur<br />
zu Mehrkosten, sondern auch zu einem<br />
nachhaltigen Minderwert eines Gebäudes<br />
führen. Sparszenarien, die sich an<br />
kurzfristigen Minderausgaben orientieren,<br />
sind deshalb leider kontraproduktiv.<br />
Instandsetzungszeitpunkt<br />
Der Zeitpunkt einer Instandsetzung ist dafür<br />
massgebend, welche Kosten dadurch<br />
entstehen. Werden Instandsetzungen zu<br />
früh oder zu spät vorgenommen, entstehen<br />
dadurch unnötige Mehrkosten. Ideal<br />
ist der Zeitpunkt dann, wenn das beste<br />
Verhältnis zwischen Instandsetzungskosten<br />
und Nutzungsdauer erreicht wird.<br />
2<br />
2.0<br />
1.0<br />
Zustandswert / Kosten<br />
is<br />
isq<br />
0 0.1 0.5 0.7 1.0<br />
ti<br />
Unterschiedliche Definitionen<br />
<strong>Die</strong> Definitionen des Unterhaltes der<br />
Schweizer SIA Norm und der Deutschen<br />
DIN Norm sind unterschiedlich<br />
und führen oft zu Diskussionen, weil<br />
gleiche Begriffe unterschiedliche Bedeutungen<br />
<strong>auf</strong>weisen.<br />
Wirtschaftlich<br />
<strong>Die</strong> SIA<br />
idealer<br />
469<br />
definiert den Unterhalt als «Bewahren<br />
oder Wiederherstellen eines Bauwerkes<br />
ohne wesentliche Änderung der<br />
Anforderungen». <strong>Die</strong> DIN 31051 definiert<br />
die Instandhaltung als «Kombination<br />
aller technischen und administrativen<br />
Massnahmen sowie Massnahmen<br />
des Managements während des Lebenszyklus<br />
einer Betrachtungseinheit<br />
zur Erhaltung des funktionsfähigen Zustandes<br />
oder der Rückführung in diesen,<br />
so dass sie die geforderte Funktion<br />
erfüllen kann».<br />
In der Optimierung des Instandsetzungszeitpunktes<br />
liegt die Herausforderung,<br />
weil jede Immobilie aus verschiedenen<br />
einzelnen Bauteilen besteht,<br />
die einer unterschiedlichen Alterung<br />
unterliegen. Wenn Bauteile zu früh<br />
oder zu spät er<strong>setzt</strong> werden, entstehen<br />
Zusatzkosten. Der ideale Zeitpunkt ist<br />
dann, wenn das beste Verhältnis zwischen<br />
Instandsetzungskosten und Nutzungsdauer<br />
erreicht wird. Neben den<br />
Bauteilen der Gebäude müssen auch die<br />
Bauteile der Infrastrukturen (Strassen,<br />
Plätze, Wasser, Abwasser- und Energieversorgung)<br />
berücksichtigt werden.<br />
1 Gegenüberstellung DIN 31051 und SIA 469.<br />
(Bild: Daniel Hofmeister)<br />
2 Wirtschaftlich idealer Instandsetzungszeitpunkt.<br />
(Bild: Rohrer Engineering AG, Zürich)<br />
ti<br />
idealer Instandsetzungszeitpunkt<br />
relative Instandsetzungskosten<br />
im Verhältnis zur Zeit<br />
relative Instandsetzungskosten<br />
Alterungskurve, Zustandsentwicklung<br />
Alterung / t<br />
<strong>Die</strong>ser Zeitpunkt lässt s<br />
bzw. mathematisch he<br />
nen. Im idealen Instand<br />
nimmt die rote Kurve m<br />
Annuität<br />
Instandsetzungskosten<br />
nen bestimmten Betrac<br />
anfallen, können im Ra<br />
dynamischen Investitio<br />
als Annuität, ein regelm<br />
Zahlungsstrom, ausgew<br />
Dabei wird das Kapital<br />
2<br />
Schweizer BauJournal – SBJ 3/2013
Renovation+Sanierung<br />
3 4<br />
3 <strong>Die</strong> ehemalige Waffenfabrik Bern ist heute<br />
Konzernsitz der <strong>RUAG</strong>.<br />
4 <strong>Die</strong> Zündkapselfabrik in Thun wurde zu einem<br />
Betriebsrestaurant umgebaut, das sich direkt<br />
an der Aare befindet.<br />
Zahlreiche Sonderbauten<br />
Das <strong>Immobilien</strong>portfolio des <strong>RUAG</strong><br />
Konzerns umfasst heute in der Schweiz<br />
über 400 vorwiegend industrielle <strong>Immobilien</strong>objekte<br />
an gegen 20 Standorten.<br />
Das durchschnittliche Alter der Objekte<br />
liegt bei über 50 Jahren. Der Gebäudeversicherungswert<br />
liegt bei über<br />
1 Milliarde Franken. Viele der Objekte<br />
sind Sonderbauten, da sie für eine ganz<br />
bestimmte Nutzung erstellt wurden.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Immobilien</strong> des <strong>RUAG</strong> Konzerns<br />
waren bis Ende 1998 im Bundesbesitz.<br />
Im Rahmen der Rechtsformänderung<br />
in eine Aktiengesellschaft per 1.1.1999<br />
wurden die <strong>Immobilien</strong> mittels Sacheinlage<br />
in das Eigentum der verschiedenen<br />
Industriebetriebe übertragen. Während<br />
10 Jahren wurden die <strong>Immobilien</strong> dezentral<br />
durch die jeweiligen Konzerngesellschaften<br />
bewirtschaftet. In dieser<br />
Zeit waren die finanziellen Ressourcen<br />
für den baulichen Unterhalt direkt von<br />
den wirtschaftlichen Möglichkeiten der<br />
jeweiligen Konzerngesellschaft abhängig.<br />
Mit dem Rückgang der Aktivitäten<br />
im militärischen Bereich wurden grosse<br />
Flächen abgegeben und Dritten zur<br />
Verfügung gestellt. Insbesondere in<br />
Bern, Thun und Altdorf entstanden so<br />
Industrieparks von regionaler Bedeutung.<br />
Während in Bern ein grosser Teil<br />
der Bausubstanz mit der Umnutzung<br />
und der Entwicklung des Business Park<br />
erneuert wurde, konnten andere Bereiche<br />
nur begrenzt Mittel für den baulichen<br />
Unterhalt zur Verfügung stellen.<br />
Prozesse harmonisiert<br />
<strong>Die</strong> <strong>RUAG</strong> Real Estate AG als Kompetenzzentrum<br />
für die <strong>Immobilien</strong> des<br />
<strong>RUAG</strong> Konzerns wurde per 1.1.2009<br />
gegründet. In dieser Gesellschaft wurden<br />
alle <strong>Immobilien</strong> des Konzerns in der<br />
Schweiz zusammengefasst. Zielsetzung<br />
ist der optimale Support der operativen<br />
Divisionen im Bereich der Infrastruktur<br />
und die nachhaltige Entwicklung des<br />
<strong>Immobilien</strong>bestandes. Durch die Zusammenfassung<br />
konnten die Prozesse<br />
Schritt für Schritt professionalisiert und<br />
harmonisiert werden. Transparenz bildete<br />
auch die Basis, um das Problem des<br />
Unterhaltsstaus konkret anzupacken.<br />
Dazu wurde eine Zustandserhebung<br />
aller <strong>Immobilien</strong>objekte durch einen<br />
externen Spezialisten erstellt. Vor 2010<br />
bildete auch die Organisationsform eine<br />
gewisse Hürde bei der Zuteilung der<br />
Mittel. Während zu Beginn noch eine regionale<br />
Organisationsstruktur bestand,<br />
wurde eine Reorganisation in zwei<br />
Schritten durchgeführt. Mit der heutigen<br />
Trennung der Eigentümer- und der<br />
Betreiberfunkton sowie der Ansiedlung<br />
eines zentralen Baumanagements existiert<br />
eine solide organisatorische Basis,<br />
um die verfügbaren Mittel gezielt einzusetzen.<br />
«Best owner in Industrial Real<br />
Estate» als Vision bildet das langfristige<br />
Ziel für die <strong>RUAG</strong> Real Estate AG. Nach<br />
der Gründung der <strong>RUAG</strong> Real Estate<br />
AG wurde in Zusammenarbeit mit dem<br />
Konzern die <strong>Immobilien</strong>strategie ausgearbeitet.<br />
Dar<strong>auf</strong> wurden die Vision,<br />
das Leitbild und die <strong>strategische</strong>n Ziele<br />
erarbeitet. Auf dieser Basis wurden für<br />
die grossen Areale Masterpläne erstellt.<br />
<strong>Die</strong>se wiederum bilden die langfristigen<br />
Leitplanken für die Entwicklung der Industrieareale.<br />
Bald wurde klar, dass mit<br />
den erzielbaren Mieterträgen nicht alle<br />
Objekte erhalten werden können. Mit<br />
den Masterplänen und den längerfristigen<br />
Belegungsplänen der Mieter wurde<br />
pro Objekt eine Gebäudestrategie definiert.<br />
<strong>Die</strong>se Strategie definiert, ob die<br />
Gebäude längerfristig entwickelt, gehalten,<br />
devestiert oder liquidiert werden.<br />
<strong>Die</strong> Unterhaltsstrategie der <strong>RUAG</strong><br />
Real Estate AG wurde durch das zentrale<br />
Baumanagement, das als Bauherrenvertretung<br />
zugleich das B<strong>auf</strong>achorgan<br />
des Konzerns bildet, ausgearbeitet. Neben<br />
der Unterhaltsstrategie wurde der<br />
Prozess definiert und das Rollenmodell<br />
etabliert. Auf der Basis der <strong>Immobilien</strong>strategie<br />
wurde 2012 zum ersten Mal<br />
das Instandsetzungsbudget für sämtliche<br />
Standorte zentral erstellt und für<br />
das Jahr 2013 verabschiedet. Dabei wurden<br />
auch pro Objekt und Bauteil Risikoüberlegungen<br />
angestellt. Mit dieser<br />
Beurteilung wird sichergestellt, dass die<br />
Mittel nach sachlichen, risikoorientierten<br />
Kriterien zugeteilt werden.<br />
Gezielte Erneuerung<br />
Auch in Zukunft werden die finanziellen<br />
Ressourcen, die im industriellen Bereich<br />
für den baulichen Unterhalt für<br />
die Infrastruktur bereitgestellt werden<br />
können, am unteren Ende der theoretisch<br />
geforderten Kennwerte liegen.<br />
Damit müssen in gewissen Bereichen<br />
Abstriche am Zustandswert- zu Neuwert-Verhältnis<br />
Z/N gemacht werden.<br />
Lösungsansätze können in der Konzentration<br />
der Mittel <strong>auf</strong> wichtigen Objekten<br />
liegen, die langfristig <strong>auf</strong> der Halteoder<br />
Entwicklungsstrategie stehen. Ein<br />
weiterer Lösungsansatz ist die gezielte<br />
Investition in Ersatzbauten. Anstelle der<br />
<strong>auf</strong>wändigen Instandsetzung von Bauten<br />
muss das Portfolio gezielt erneuert<br />
werden. Bei dieser Gelegenheit können<br />
mehrere kleine, alte Objekte mit unwirtschaftlichen<br />
Flächenverhältnissen<br />
und schlechter Ausnutzungsziffer durch<br />
einen Neubau er<strong>setzt</strong> werden, der den<br />
neusten energetischen Anforderungen<br />
entspricht und somit auch im Bereich<br />
der Betriebskosten effizienter ist. Eine<br />
weitere Möglichkeit ergibt sich im Rahmen<br />
von Umnutzungen. Von solchen<br />
Projekten, die gemeinsam mit den Mietern<br />
realisiert und finanziert werden,<br />
profitiert in aller Regel die Gebäudesubstanz.<br />
Dabei gilt es, die Bedürfnisse<br />
des Eigentümers mit den Bedürfnissen<br />
des Mieters optimal abzustimmen und<br />
zu koordinieren. Durch eine Koordination<br />
aller Massnahmen und die Sensibilisierung<br />
der Unternehmensleitung<br />
sollte der Werterhalt der <strong>Immobilien</strong><br />
auch im industriellen Bereich langfristig<br />
gehalten werden können. n<br />
*Daniel Hofmeister, dipl. Ing. FH/NDSU ist Leiter<br />
Baumanagement der <strong>RUAG</strong> Real Estate AG; der<br />
Artikel entstand im Rahmen des MAS <strong>Immobilien</strong>management<br />
an der <strong>Hochschule</strong> Luzern.<br />
SBJ 3/2013 – Schweizer BauJournal 3