Baden ohne Benchmark - Hochschule Luzern
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<strong>Baden</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Benchmark</strong><br />
In der professionellen Immobilienwelt ist das <strong>Benchmark</strong>ing für die Betriebskosten -<br />
optimierung längst Standard. Die kostenintensiven öffentlichen Hallenbäder dagegen tun<br />
sich damit noch schwer, obwohl sich damit viel Geld sparen liesse. Von Raffael Husa*<br />
Taucher in die roten<br />
Zahlen: Hallenbäder<br />
decken ihre Betriebskosten<br />
in der Regel<br />
nicht. Umso wichtiger<br />
ist es, diese so tief<br />
wie möglich zu halten.<br />
Bild: Stefanie B./Fotolia<br />
Professionelle Immobilieneigentümer und<br />
-verwalter in der Schweiz setzen seit Jahren<br />
auf das <strong>Benchmark</strong>ing, die vergleichende<br />
Analyse von Ergebnissen und Prozessen,<br />
um die Betriebskosten zu optimieren. Das<br />
Vergleichen der einzelnen Liegenschaften im<br />
eigenen Portfolio oder mit externen <strong>Benchmark</strong>s<br />
kann aufzeigen, wie die Liegenschaft im Vergleich<br />
zu den anderen dasteht. Für die rund<br />
270 öffentlichen Hallenbäder in der Schweiz<br />
dagegen existiert kein flächendeckender <strong>Benchmark</strong>.<br />
Die Gründe dafür sind unter anderem bei<br />
der Professionalisierungsstufe des Hallenbadbetriebes<br />
zu suchen. Die kleineren und mittleren<br />
öffentlichen Hallenbäder werden zu einem grossen<br />
Teil von den Bademeistern geführt. Ein Bademeister<br />
erledigt neben seiner Hauptaufgabe,<br />
der Aufsicht, zusätzliche Arbeiten, etwa das Reinigen<br />
des Bades oder das Entstören der technischen<br />
Anlagen bei Fehlfunktionen. Aufgrund<br />
seines umfangreichen Aufgabengebietes fehlt<br />
ihm die Zeit, die für ein <strong>Benchmark</strong>ing notwendigen<br />
Daten zu sammeln und aufzubereiten.<br />
Betriebsdaten sagen wenig aus<br />
Bei den grossen Hallenbädern ist es Standard,<br />
dass sämtliche Betriebsdaten wie Wasser- und<br />
Energieverbrauch erhoben und den jeweiligen<br />
Verbrauchern wie Becken- und Duschwasser<br />
oder der Heizenergie und Beckenwassererwär-<br />
18 l kommunalmagazin.ch<br />
Nr. 2 April/Mai 2013
Betriebsoptimierung von Hallenbädern l Technik und Sicherheit<br />
mung zugeordnet werden können. Bei den<br />
mittleren und kleineren Hallenbädern ist in den<br />
meisten Fällen nur ein Hauptwasser und Energiezähler<br />
vorhanden. Dazu kommt, dass einige<br />
Hallenbäder in einen Schulhauskomplex integriert<br />
oder mit einem Freibad kombiniert sind,<br />
für welche es nur gemeinsame Zähler gibt. Zur<br />
Zeit der Erstellung dieser Bäder war es nicht<br />
Stand der Technik, zu jedem Verbraucher einen<br />
Zähler zu installieren. Die Verteilung der Betriebskosten<br />
auf die einzelnen Verursacher erfolgt in<br />
solchen Fällen über einen Kosten schlüssel.<br />
Defizitäre Hallenbäder<br />
Die öffentlichen Hallenbäder können mit den<br />
bezahlten Eintritten zwischen 40 und 60 Prozent<br />
der Betriebskosten für Heizöl, Strom, Wasser<br />
und Chemie sowie für den Bademeister decken.<br />
Das Defizit trägt die Gemeinde. Deshalb<br />
liegt es im Interesse der Kommunen, die Betriebskosten<br />
zu senken. Dazu bedarf es zu allererst<br />
einer verlässlichen Datengrundlage. Grundsätzlich<br />
können schon mit relativ einfachen Mitteln<br />
aussagekräftige Daten erhoben werden. Diese<br />
erlauben es, Abweichungen etwa im Wasserverbrauch<br />
frühzeitig festzustellen. Da der Wasserund<br />
Energieverbrauch (Wärme und Strom) bis<br />
zu 70 Prozent der gesamten Betriebskosten eines<br />
Hallenbades ausmachen können, sind diese<br />
Verbräuche der grösste Hebel, um die Kosten zu<br />
optimieren und das Defizit zu verringern.<br />
Für einen effizienten und kostenoptimalen<br />
Betrieb ist es von Vorteil, den verschiedenen<br />
Verbrauchern einen Wasser- oder Energiezähler<br />
vorzuschalten. Die Basis für verlässliche und<br />
aussagekräftige Daten ist ein regelmässiges<br />
und systematisches Ablesen und Aufzeichnen<br />
der Verbräuche beziehungsweise der Zählerstände.<br />
Damit ist das <strong>Benchmark</strong>ing jedoch<br />
noch nicht vollzogen. Es ist von Vorteil, die Daten<br />
grafisch aufzubereiten, um die Aussagekraft<br />
zu verstärken. Es gibt Betriebe, welche die Zählerstände<br />
zwar systematisch erfassen, jedoch<br />
nicht auswerten, was natürlich wenig bringt.<br />
Um dies zu vermeiden, bietet die heutige Technik<br />
verschiedene Lösungen.<br />
Leckagen früh erkennen<br />
Von komplexen Gebäudeleitsystemen, welche<br />
sämtliche Datenpunkte erfassen (beispielsweise<br />
von Heizungs- und Lüftungsanlagen), bis zu einfachsten<br />
Verbrauchserfassungssystemen ist auf<br />
dem Markt alles erhältlich. In der Praxis sind die<br />
komplexen Gebäudeleitsysteme für die öffentlichen<br />
Hallenbäder weniger geeignet, weil diese<br />
in der Handhabung aufwändig sind. Da dem<br />
Bademeister dafür die Zeit fehlt, empfiehlt sich<br />
eher ein einfaches Verbrauchssystem. Ein solches<br />
zeichnet in regelmässigen Abständen die<br />
Zählerstände auf und erstellt aus diesen Daten<br />
in vorgegebenen Zeitabständen eine Grafik. In<br />
Zusammenarbeit mit dem Bademeister werden<br />
Soll-Zustände sowie die maximalen Abweichungen<br />
definiert. Verändert sich der Verbrauch stärker<br />
als definiert, wird durch das System ein Reporting<br />
mit einem Ampelsystem erstellt.<br />
Anhand dieses Reportings kann der Bademeister<br />
der Ursache der Abweichung nachgehen<br />
oder einen Spezialisten aufbieten. Mit<br />
diesem einfachen System können etwa Wasserverluste<br />
schon früh entdeckt und die Leckage<br />
gefunden werden. Ein solches Tool erlaubt es<br />
dem Hallenbadbetreiber, seine bestehende Anlage<br />
zu optimieren. Die Visualisierung ist ein<br />
gutes Mittel, um den maximalen Informationsgehalt<br />
aus den Daten zu extrahieren. Werden<br />
zum Beispiel einzelne Parameter der Lüftungsanlage<br />
verändert, können diese Veränderungen<br />
mit einer Visualisierung verfolgt und deren Erfolg<br />
gemessen werden.<br />
Kaltwasserverbrauch in m3<br />
Monat Ist Soll<br />
Januar 800 1600<br />
20'000<br />
Februar 2000 2800<br />
März 18'000 2800 3800<br />
April 16'000 3800 5200<br />
Mai 5800 Defekt Wasserventil 6500<br />
14'000<br />
Juni 8000<br />
=> 18 Liter/Minute<br />
8000<br />
Juli 12'000 9500 => 9460 m 3 9000 /a = 34'000 CHF/a<br />
August 11200 10100<br />
10'000<br />
September 13000 11300<br />
Oktober8'000<br />
15000 12100<br />
November 6'000 17000 13500<br />
Dezember<br />
4'000<br />
18800 14050<br />
Kaltwasserverbrauch aufsummiert [m 3 ]<br />
2'000<br />
0<br />
Januar<br />
Februar<br />
März<br />
April<br />
Zuleitung Kaltwasser<br />
Mai<br />
Juni<br />
Juli<br />
Wichtige Kennzahlen<br />
eines Hallenbads<br />
■■Frischwasserverbrauch pro Badegast<br />
(in Litern pro Person)<br />
■■Täglicher Beckenwasseraustausch<br />
in Prozent<br />
■■Besucherbelastung pro Stunde<br />
■■Wärmebedarf pro Quadratmeter<br />
Wasserfläche<br />
■■Strombedarf pro Quadratmeter<br />
Wasserfläche<br />
Sanierungen zur Aufrüstung nutzen<br />
Im Zuge einer Hallenbadsanierung ist die Installation<br />
von Betriebsdatenerfassern, beispielsweise<br />
Verbrauchszählern für die wichtigsten<br />
Kennzahlen (siehe Box) sinnvoll. Bereits heute<br />
gibt es Grundlagen, um die Daten des eigenen<br />
Bades mit anderen zu vergleichen. So hat etwa<br />
die Planungsunternehmung Hunziker Betatech<br />
AG aus Winterthur in einer eigenen Datenbank<br />
die Werte diverser Hallenbäder erfasst. Anhand<br />
der wichtigsten Kennzahlen kann ein Hallenbadbetreiber<br />
auf einen Blick sehen, wo sein Bad<br />
im Vergleich zu der Konkurrenz steht und wo er<br />
in der Optimierung ansetzen kann. Der Frischwasserverbrauch<br />
pro Badegast beispielsweise<br />
sagt etwas über die Wasserqualität beziehungsweise<br />
über die Badewasseraufbereitungsanlage<br />
aus. Ist der Frischwasserverbrauch hoch, kann<br />
dies darauf hinweisen, dass die Badewasseraufbereitungsanlage<br />
zu klein dimensioniert ist respektive<br />
nicht wirtschaftlich betrieben wird. Ein<br />
hoher Wärmebedarf kann wie folgt erklärt werden:<br />
Entweder ist die Gebäudehülle in einem<br />
energetisch schlechten Zustand oder das Hallenbad<br />
besitzt keine funktionierende Wärmerückgewinnungsanlage.<br />
Um Ressourcen und die Gemeindekasse zu<br />
schonen, ist es sinnvoll, den Hallenbadbetrieb<br />
mittels <strong>Benchmark</strong>ing zu professionalisieren.<br />
Mit einfachen Auswertungen kann ein Beitrag<br />
zum Umweltschutz wie aber auch zum effizienten<br />
Umgang mit dem öffentlichen Haushalt geleistet<br />
werden. n<br />
* Raffael Husa ist Projektleiter bei der Hunziker Betatech AG,<br />
Winterthur, und studiert Immobilienmanagement an der<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>Luzern</strong>.<br />
August<br />
September<br />
Oktober<br />
November<br />
Beispiel einer <strong>Benchmark</strong>ing-Auswertung: Nimmt der Wasserverbrauch deutlich zu, kann dies an<br />
einem defekten Wasserventil liegen.<br />
Dezember<br />
Ist<br />
Soll<br />
Nr. 2 April/Mai 2013 kommunalmagazin.ch l 19