Frühjahr 2010(PDF, 2.9MB) - Milena Verlag
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Zeitgeschichte<br />
Zeitgeschichte<br />
Aus den Kindertagen einer »geborenen« Kommunistin hin zu<br />
glücklichen Zeiten in Moskau und der Rückkehr in ein fremdes<br />
Nachkriegs-Österreich.<br />
Elisabeth Markstein gelingt es eindringlich, ihre beeindruckenden Weggefährten<br />
auferstehen und uns an ihrem politisch wie literarisch aufregenden Leben<br />
teilhaben zu lassen.<br />
Elisabeth Markstein, die Tochter von Hilde und Johann Koplenig, gehört in den Jahren des<br />
Moskauer Exils zu den berühmten Hotel-Lux-Kindern. Als Kind politisch aktiver Eltern muss sie<br />
in verschiedensten Ecken Europas ein Zuhause finden. Ihre Eltern sieht sie in den ersten Jahren<br />
kaum.<br />
Die Exiljahre sind trotz oder gerade wegen des Kriegs von großer Solidarität und Freundschaft geprägt.<br />
Sie lernt in der Emigration Moskau lieben und muss sich nach 1945, als Tochter des ersten Vizekanzlers<br />
der provisorischen Bundesregierung Österreichs in einem fremden Wien zurechtfinden.<br />
Elisabeth Markstein erzählt auf eindringliche Weise nicht nur von den Kindertagen einer geborenen<br />
Kommunistin, sondern auch von Schicksalen jenseits familiärer Bande. Sie erinnert an die Zeiten des<br />
Prager Frühlings, an politische Hoffnungen im Osten wie im Westen. Sie erzählt von Begegnungen mit<br />
Chruschtschow und Molotow, Josif Brodski oder Constantin Costa-Gravas, von innigen Freundschaften<br />
wie jener zu Heinrich Böll und schwierigen Arbeitsverhältnissen wie mit Alexander Solschenizyn.<br />
Elisabeth Markstein<br />
Moskau ist viel<br />
schöner als Paris<br />
Leben zwischen zwei Welten<br />
ca. 200 Seiten//Hardcover<br />
Mit zahlreichen Abbildungen<br />
EUR 17,90//SFr 32,20<br />
ISBN 978 3 85286 191 3<br />
März <strong>2010</strong><br />
Elisabeth Markstein, geboren 1929 in Wien. Mittelschule in Moskau, Studium<br />
der Slawistik an den Universitäten Wien und Moskau, Doktoratsstudium am<br />
Dolmetschinstitut Wien. Ab 1966 Lehrtätigkeit an den Dolmetschinstituten und<br />
Instituten für Slawistik Wien, Innsbruck und Graz. 1975/76 Gastlektorin an der<br />
University of Texas in Austin. Themen: neuere russische Literatur, Kulturkunde,<br />
Übersetzungspraxis und literarisches Übersetzen am Dolmetschinstitut Wien.<br />
Staatspreis für Übersetzung 1989. Auszeichnungen für Übersetzungen russischer<br />
Autoren wie Wassilij Grossman (»Leben und Schicksal«) und Alexander<br />
Solschenizyn (»Archipel Gulag«).<br />
Diesen Mai habe ich miterlebt. Nicht den<br />
˝<br />
Victory Day des Westens, den 8. Mai, als bei<br />
Kämpfen um Prag noch sowjetische Soldaten<br />
starben, sondern den 9. Mai, den Siegestag<br />
der Roten Armee, die endgültige Kapitulation Deutschlands.<br />
Beinahe wäre es ein gemeinsamer Siegestag geworden,<br />
wäre da nicht die Zeitverschiebung.<br />
Wir waren in der Schule, als wir es erfuhren, seit Tagen<br />
wartete alles darauf. Ohne uns abzusprechen, ohne um<br />
Erlaubnis zu fragen, stürmten wir ins Freie. Wohin? Zum<br />
Roten Platz. Irgendwie sitzt in meiner Erinnerung das –<br />
unmögliche – Bild, dass auf den Straßen überhaupt keine<br />
Autos waren. Nur Menschen, die über die Fahrbahn<br />
zogen, ohne Fahnen, ohne Plakate, ohne Parolen, keine<br />
geordnete Demonstration, bloß singend; nur Menschen,<br />
viele Frauen, wenige Männer, alte, junge, die sich die<br />
Hand reichten, sich beieinander einhakten, einander<br />
umarmten, ohne einander zu kennen. Männer in Uniform<br />
wurden hochgeworfen, Invaliden wurde Spalier<br />
gemacht, auch sie waren dabei mit ihren jämmerlichen,<br />
selbstgebastelten Wägelchen und Krücken. Freude und<br />
Trauer vermischten sich zu dem einen gemeinsamen<br />
Fühlen: Es ist vorbei! Ich habe nie wieder so etwas erlebt,<br />
eine derart offene, aufgewühlte und solidarische Menge.<br />
Jetzt kommen andere Zeiten.<br />
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