Wolfgang Garofalo.Hans Putzer

Herz und Mund
und Tat
und Leben
Muss von
Christo
Zeugnis geben.
BWV 147
Herz und Mund und Tat und Leben
Kantate zum Fest Mariä Heimsuchung
Golgotha reimt sich auf Hum-Ta-Ta. Wer diesen
Satz als blasphemische Provokation sieht, sollte
das nächste Mal Widerstand leisten, wenn im
Gottesdienst der Vier-Akkorde-Klassiker „Sing mit mir
ein Halleluja“ angestimmt wird. Da wird doch in der dritten
Strophe im launige Glückseligkeit verströmenden
Rhythmus „Für das Wunder, das geschah, dort am
Kreuz auf Golgotha, als er starb, damit ich leben kann“
gesungen. Der Text, der den Kern durchaus zur Sprache
bringt, wird von einem musikalischen Holladaro in
die unterste Schublade geselliger Scheinbetroffenheit
gezwängt. Martin Mosebach hat im größeren Zusammenhang
die Formulierung von der „Häresie der Formlosigkeit“
geprägt.
Das Heilige ist in allen Kulturen immer mit dem Bereich
des Schönen eng verbunden. Glaubensfeier verlangt
nach ästhetischem Ebenbild. Der Glanz Gottes,
von dem die heiligen Schriften aller Kulturen immer
wieder erzählen, verlangt nach unserer besten Musik,
nach Kirchenräumen, die der Zeit ebenso gerecht
werden wie der Zeitlosigkeit der Heilsgeschichte, und
nach einer Sprache, die immer wieder von neuem das
in ihr vorhandene gestalterische Potenzial ausschöpft.
„Von Christo Zeugnis geben“, wie es in der Kantate
heißt, darf ruhig – oder besser: unruhig – anspruchsvoll
sein. Der historisch wichtigste Kulturträger des Abendlandes,
die Kirche, hat nicht nur ein großes Erbe zu
verwalten. Wenn ihr die Zukunft gehören will, muss sie
auch den Mut haben, mit den Kreativen im spannungsvollen
Dialog vorauszugehen.
KREUZWEG Jesus wird vom Kreuz abgenommen Station XIII