festivalzeitung nr. 07 / 26.06.2009 - 17. Internationale Schillertage
festivalzeitung nr. 07 / 26.06.2009 - 17. Internationale Schillertage
festivalzeitung nr. 07 / 26.06.2009 - 17. Internationale Schillertage
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FESTIVALZEITUNG<br />
NR. <strong>07</strong> / <strong>26.06.2009</strong><br />
Informationen zu Programm, Aktionen und Vorverkauf unter www.schillertage.de<br />
Mit freundlicher Unterstützung von
HERZLICHEN ästhetische Erziehung DANK! FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
DER MENSCH IST NUR DA GANZ MENSCH, WO ER SPIELT.<br />
IMPRESSUM<br />
Festivalzeitung der 15. <strong>Internationale</strong>n <strong>Schillertage</strong><br />
Ein Projekt des Nationaltheater Mannheim zur Förderung des<br />
kulturjournalistischen Nachwuchses<br />
Herausgeber Nationaltheater Mannheim<br />
Generalintendantin Regula Gerber<br />
REDAKTIONSLEITUNG Eva Behrendt, Jürgen Berger<br />
REDAKTIONSASSISTENZ Jan Dammel<br />
Redaktion Ulrike Barwanietz, Barbara Behrendt, Florian Fischer, Jan Fischer,<br />
Nantke Garrelts, Anna Hahn, Judith Kärn, Jule D. Körber, Ida Luise Krenzlin,<br />
Constanze Probst<br />
ORGANISATION Michaela Nothelfer, Jan Dammel<br />
SPONSORING Morticia Zschiesche<br />
GESTALTUNG fathalischoen, Frankfurt LAYOUT Imke Krüger, Gerhard Fontagnier<br />
Druck & ANZEIGEN Mannheimer Morgen Großdruckerei GmbH<br />
FOTONACHWEIS TITEL Schwarzmarkt Nr. 10, Wien / Foto: Stefan Beer<br />
Die Zeitung erscheint als Beilage im Mannheimer Morgen und wird unterstützt von John Deere<br />
und der Dr. Haas GmbH<br />
➽ Inhaltsverzeichnis<br />
Nachts wach Editorial<br />
Gut 1 + Gut 2 = Gut 3 Pollesch, Hegemann, Schiller<br />
Unbemerkt verstorben „Harry L. – eine Auflösung“ / Spieltrieb<br />
Einsam an der Spitze Stephan Kimmigs „Maria Stuart“<br />
Träumchen wechsel Dich Bonaparte rockt / Pension Schiller<br />
Kille, Kille, Killerspiel Plädoyer gegen virtuelle Gewalt<br />
Seminarcheck II<br />
Suche nach Brüchen und Rissen Ines Geipel, Schauspieldozentin<br />
Spätzle vs Postmoderne SWR on air / Mein erstes Mal / Strippenzieher<br />
Lass uns drüber reden Phänomenologie der Publikumsgespräche<br />
Spielplan<br />
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SERVICE<br />
➽ Kartenvorverkauf<br />
Theaterkasse am Goetheplatz<br />
Mo & Sa 11.00 –13.00 Uhr<br />
Di bis Fr 11.00 –18.00 Uhr<br />
an allen Vorstellungstagen<br />
außerdem von 18.00 –20.00 Uhr<br />
Per E-Mail<br />
nationaltheater.kasse@mannheim.de<br />
HERZLICHEN DANK<br />
Kartentelefon<br />
Tel 0621 / 1680 150<br />
Fax 0621 / 1680 258<br />
Mo & Sa 9.00 –15.00 Uhr<br />
Di bis Fr 9.00 –20.00 Uhr<br />
Die 15. <strong>Internationale</strong>n <strong>Schillertage</strong> wurden gefördert durch:<br />
Wir bedanken uns für die großzügige Unterstützung bei unseren<br />
Hauptsponsoren:<br />
Co-Sponsoren:<br />
Medienpartner:<br />
Partner:<br />
Festivalhotels:<br />
➽ Nachts wach<br />
Vor ein paar Tagen kam es am<br />
Rande des Schillerspielplatzes zu<br />
einem Gespräch zwischen dem Puppenspieler<br />
Florian Loycke und unserer<br />
Redakteurin, die die Kritik über<br />
Die Helmi- „Räuber“ geschrieben<br />
hat. So eine Möglichkeit gibt es selten,<br />
und man erhofft sich auf beiden<br />
Seiten, etwas klären zu können. Oft<br />
bleibt es aber bei Fronten wie „Darin<br />
steckt jahrelange Arbeit und das seht<br />
ihr einfach nicht.“ – „Ich kann doch<br />
als Kritikerin nur die Aufführung,<br />
also das Produkt der künstlerischen<br />
Arbeit, beurteilen, genauso wie der<br />
Zuschauer.“ Und: „Euch fehlt der<br />
Respekt vor der künstlerischen Intention,<br />
man muss sich erstmal darauf<br />
einlassen können.“ – „Wenn sie sich<br />
mir nicht erschließt, dann kann ich<br />
das auch nicht ändern.“<br />
Die Argumente auf der Seite des<br />
Kritikers scheinen stärker, aber das<br />
stimmt nicht. Nur seine Position ist<br />
die eindeutig stärkere. Er schreibt<br />
Bedeutungen fest, ordnet den Künstler<br />
in Kategorien, die ihm eventuell<br />
gar nicht entsprechen. Bieito: der<br />
Skandalregisseur. Helmi: das Studententheater.<br />
Oper: Nur noch Nackte.<br />
Und dann sind die Texte des Kritikers<br />
auch nicht so flüchtig wie Theater,<br />
selbst wenn sie nur im Rahmen einer<br />
Tageszeitung erscheinen. Kritiken<br />
bleiben im Netz, in Archiven, im<br />
Gespräch. Sie werden zur Grundlage<br />
der Recherche für weitere Kritiken,<br />
können eine Marschrichtung vorgegeben,<br />
der andere folgen.<br />
Und dann ist da auch noch die heimliche<br />
Sehnsucht des Kritikers, immer<br />
wieder etwas Besonderes schaffen zu<br />
wollen, mit seiner Sprache zu beeindrucken.<br />
Will man als Kritiker gerne<br />
manchmal selbst der Künstler sein?<br />
Klar, jeder träumt vom unvergesslichen<br />
Text. Dagegen steht, dass die<br />
Kunst des Schreibens nicht auf Kosten<br />
der Künstler gehen sollte.<br />
Ein Kritiker sollte frei urteilen können.<br />
Und sicher natürlich auch. Und<br />
so viel Wissen wie möglich sollte er<br />
auf jeden Fall haben. Und immer offen<br />
bleiben. Objektiv. Respektvoll.<br />
Mutig. So vielen Forderungen zu genügen,<br />
kann schnell in Überforderung<br />
und Unsicherheit münden. Das<br />
Dümmste, was in so einer Situation<br />
passieren kann, ist, dass der Kritiker,<br />
der eigenen Unsicherheit folgend,<br />
eine zynische Haltung einnimmt.<br />
Das Resultat kann ein machtvoller,<br />
aber nicht fundierter Verriss sein, der<br />
nur durch seine Emotionalität trägt.<br />
Und dann gibt noch diese sonderbare<br />
Haltung, die über unseren Köpfen<br />
zu schweben scheint. Sie besagt:<br />
Kritisiert man nicht, ist man nicht<br />
glaubwürdig. Umso schwerer scheint<br />
es, Aufführungen zu loben.<br />
Ich selbst studiere künstlerische Fotografie<br />
und fühle mich unter den<br />
anderen Redaktionsmitgliedern, sobald<br />
es um die Diskussion über das<br />
Verhältnis von Künstler und Kritik<br />
geht, wie ein Spion. Eine interessante<br />
Zwischenposition. Ich hätte es<br />
nicht für möglich gehalten, welche<br />
Verantwortung und Zerrissenheit in<br />
redaktioneller Arbeit steckt. Was es<br />
bedeutet, eine Nacht lang wach zu<br />
liegen, weil da scheinbar kein Weg<br />
ist, einer Inszenierung mit meiner<br />
Kritik gerecht zu werden. Das mit der<br />
durchwachten Nacht kann übrigens<br />
allen hier passieren.<br />
✒ Ulrike Barwanietz
HERZLICHEN 15. INTERNATIONALE DANK! SCHILLERTAGE / NATIONALTHEATER MANNHEIM ästhetische Erziehung FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
➽ Gut 1 + Gut 2 = Gut 3<br />
René Pollesch und Carl Hegemann spielen in Mannheim Pollesch und Hegemann, suchen den Triebquotienten, haben<br />
in Berlin aber die Würfel vergessen<br />
Hegemanns Tafelbild zu Schillers „Drittem fröhlichen Reich“ / Foto: Christian Kleiner<br />
Mal sehen, ob man Pollesch mit<br />
Schiller einfangen kann“, fragte<br />
Pollesch-Dramaturg Carl Hegemann<br />
noch während der viertägigen Proben.<br />
Pollesch fängt aber ganz in Polleschmanier<br />
Schiller ein und benutzt<br />
ihn als Verwertungsmaschine, um alte<br />
Sachen auf die Bühne zu bringen.<br />
Vor allem ein bereits im Stern-Foyer<br />
der Berliner Volksbühne aufgeführtes<br />
Gesellschaftsspiel, „Du hast meine<br />
Pfanne versaut, Du Spiegelei des Terrors“<br />
und einen fertigen Text zu Kapitalismuskritik,<br />
ZDF-Verfilmungen<br />
und Antisemitismus. In Mannheim<br />
haben Pollesch und Hegemann alles<br />
noch einmal gemischt. Sie wollten<br />
sehen, was passiert, wenn man nicht<br />
spielt, sondern singt. Polleschs These<br />
gibt dem Stück auch seinen Titel:<br />
„Der Mensch ist nur da ganz Mensch,<br />
wo er singt“.<br />
Aber dann singt nur eine, nämlich<br />
die Sopranistin Friederike Harmsen.<br />
Sie sitzt zusammen mit Hegemann,<br />
Pollesch, den Mannheimer Ensemblespielern<br />
Silja von Kriegstein, Meridian<br />
Winterberg, Tim Egloff und drei<br />
Besucherinnen am Tisch, auf dem<br />
sich Texte und Bücher stapeln – eine<br />
Probensituation im Studio Werkhaus.<br />
Hegemann ist für den theoretischen<br />
Diskurs zuständig, Pollesch bleibt<br />
der Spielleiter, die Berliner Sopranistin<br />
singt, Arno Waschk begleitet<br />
sie am Klavier.<br />
Natürlich kommt auch Video zum<br />
Einsatz. Quasi als abschreckendes<br />
Beispiel zeigen Pollesch und Hegemann<br />
„Der Hexer von Niedernhall“;<br />
eine Dokumentation über einen Regisseur,<br />
der an einer Stelle erklärt:<br />
„Theater ist Diktatur.“ Davon kann<br />
am kommunitaristischen Probentisch<br />
natürlich keine Rede sein. Hier erklärt<br />
erstmal der Chefintellektuelle<br />
Hegemann sehr unterhaltsam Schillers<br />
ästhetische Theorie auf einem<br />
Tafelbild: Links steht der dionysische<br />
Stofftrieb, „Gut 1“ genannt, rechts<br />
der apollinische Formtrieb, „Gut<br />
2“. Im künstlerischen Spiel treffen<br />
sich beide zu „Gut 3“. Mit einem<br />
Halbsatz über Nietzsche („hat die<br />
Lebendigkeit im Genie gefunden“)<br />
landet Hegemann in der philosophischen<br />
Gegenwart und hält triumphierend<br />
Christoph Menkes Essay über<br />
„Kraft“ hoch. Sind die Nationaltheater-Schauspieler<br />
jetzt voll auf dem<br />
„Stofftripp“, wenn sie ohne Sinn<br />
und Verstand durch ihre Textschnipsel<br />
hetzen? Versprecher („sodomistisch“)<br />
korrigiert der Regisseur dann<br />
aber doch.<br />
Strahlend lebendig sind die Kunstliedvorträge<br />
von Friederike Harmsen.<br />
Einmal tritt Pollesch mit ihr in einen<br />
Dialog. Sie soll die Pollesch-These ja<br />
eigentlich belegen und singen, „um<br />
ganz Mensch zu sein“. Doch Pollesch,<br />
der olle Zweifler, zweifelt auch<br />
an seiner eigenen These. „Du singst<br />
zwar von Seele, aber die Seele steht<br />
nur auf Deinen Stimmbändern“.<br />
Wieder eine voll auf dem Formtrip,<br />
Hegemann versucht zu vermitteln,<br />
die Sängerin findet sowieso: „Ich bin<br />
doch Gut 3“.<br />
Eine knappe Stunde dauert der<br />
Abend, der schwer auf einen Nenner<br />
zu bringen ist. Zeigen die beiden hier<br />
einen Original-Probenausschnitt, ein<br />
Experiment, einen Schillercrashkurs,<br />
oder doch nur die schnell zusammen<br />
gehauene Notlösung viel beschäftigter<br />
Theatermacher? Auch das interaktive<br />
Gesellschaftsspiel, das Pollesch<br />
als „Passionsspiel oder Perversionsspiel“<br />
vorstellt, verläppert sich. Pollesch<br />
erklärt die Spielregeln, verteilt<br />
Täter-, Opfer- und Objektkarten. Doch<br />
gespielt wird nicht. Pollesch hat die<br />
Würfel in Berlin vergessen.<br />
✒ Ida Luise Krenzlin<br />
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10.06.2009 3:25:51 CL
HERZLICHEN ästhetische Erziehung DANK! FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
DER MENSCH IST NUR DA GANZ MENSCH, WO ER SPIELT.<br />
➽ Unbemerkt verstorben<br />
René Arnold hat in Berlin Mülleimer durchforstet und bringt mit Zeitraumexit eine Lebensgeschichte auf die Bühne:<br />
„Harry L. – eine Auflösung“<br />
Harry L.? Wer ist Harry L.? Harry<br />
Potter jedenfalls nicht. Denn in<br />
seinem Leben kommen keine bösen<br />
Voldemorts, keine großen Heldentaten<br />
und erst recht keine Magie vor.<br />
Denn Harry L. führte ein völlig abenteuerfreies,<br />
alltägliches Leben als<br />
Eisenbah<strong>nr</strong>omantiker. Gefunden hat<br />
René Arnold dieses Leben im Mülleimer<br />
vor seinem Berliner Haus als<br />
Nachlass des unbemerkt verstorbenen<br />
Harry L., der für keinen sonst<br />
mehr etwas bedeutete.<br />
Ein Kinderballett in Tütüs, das hinter<br />
bunten Luftballons herjagt, vor<br />
einer idyllischen Familienbildwölkchenprojektion.<br />
Dann stellt sich eine<br />
Erzählerin (Susanne Plassmann) im<br />
typischen Dienstleistungs-Look in die<br />
Mitte der Bühne und erzählt von Harry<br />
L.s Leben. Harry L. wiederum taucht<br />
im ganzen Stück nicht als agierende<br />
Person auf. Nur in den Worten der Erzählerin<br />
und in den Nachlass-Bildern,<br />
die immer im Dreierpack an die Wand<br />
geworfen werden, lebt er. Dort sieht<br />
man seine Spielzeugeisenbahnwelt<br />
Kinder tanzen durch Harry L.s Leben / Foto: Peter Empl<br />
und Gartenzwergsammlung, Harry<br />
selbst im Jogginganzug mit nacktem<br />
Bierbauch. Durchbrochen wird diese<br />
Diavorstellung immer wieder von der<br />
bunten tanzenden Kindertruppe und<br />
von Piano-Intermezzi (Andrea Marie<br />
Baiocchi). René Arnolds Stück lebt<br />
von diesem Kontrast. Kinder als Metapher<br />
für Entwicklung und offene<br />
Zukunft auf der einen, Hundedressureinlage<br />
und abgerichtete Kindertänzer<br />
auf der anderen Seite. Harry L.s<br />
dokumentiertes Leben: zwanghafte<br />
rührende Eintönigkeit.<br />
Nur eine Schallplatte befindet sich<br />
in Harry L.s Nachlass. Jürgen von der<br />
Lippes „Gute Morgen Liebe Sorgen“.<br />
Die freundliche Erzählerin baut sich<br />
vor einem Overheadprojektor auf und<br />
vergleicht den Songtext mit Bachs<br />
Goldbergvariationen. Ergebnis: In Lip -<br />
pes Text steht die Sorge im Vordergrund,<br />
bei Bach ist durch die Variation<br />
Hoffnung gegeben. Eine (schul)<br />
meisterliche Veranschaulichung der<br />
Eintönigkeit von Harry Ls Leben, die<br />
auf mehreren Ebenen Fragen aufwirft:<br />
Was wäre, wenn Harrys Leben<br />
anders verlaufen wäre? Hat René Arnold<br />
das Leben von Harry L. wirklich<br />
erfasst, oder spielt er buchstäblich<br />
damit? Dient Harrys langweiliges<br />
Dasein nur als „Kontrapunkt zu<br />
Schillers Spieltheorie“, wie das Programmheft<br />
behauptet? Tatsächlich<br />
erzählt Arnold mit sparsamen Mitteln<br />
eine bewegende Geschichte. In ihr<br />
rückt der reale Harry L. zunehmend<br />
in den Hintergrund und macht einer<br />
grundsätzlichen und bewegenden<br />
Frage Platz: Wie wollen wir leben?<br />
✒ Judith Kärn<br />
➽ Spieltrieb<br />
Arthur und Benjamin Brux sind Experten für Sport- und Actionspiele auf der X-Box 360<br />
Benjamin und Arthur Brux / Foto: Karola Prutek<br />
Was spielt Ihr genau?<br />
Arthur: Auf der X-Box 360, einer<br />
Spielkonsole, spielen wir hauptsächlich<br />
Tony Hawk (ein Skaterspiel),<br />
FIFA Football und Kung Fu<br />
Panda, ein Animé-Zeichentrick-<br />
Spiel. Wir haben hauptsächlich<br />
Spiele ausgewählt, die man auch<br />
zu zweit spielen kann, hocken aber<br />
nicht den ganzen Tag vor dem Computer.<br />
Mein Bruder ist im Fußballverein,<br />
und ich bin im Tennisverein.<br />
Außerdem fahre ich Skateboard.<br />
Das würde ich aber nicht mehr als<br />
spielen bezeichnen, das ist dann<br />
mehr ein richtiges Hobby.<br />
Mögt Ihr elektronische Spiele lieber?<br />
AB: Nein, lieber in der Realität, also<br />
Sport.<br />
Was sind Eure Lieblingsspiele auf<br />
der X-Box?<br />
BB: Meins ist FIFA, also das Fußballspiel.<br />
AB: Meins ist GTA oder Tony Hawk.<br />
Ist das manchmal frustrierend,<br />
wenn ihr beim Spielen ein Ziel nicht<br />
schafft?<br />
AB: Bei der Konsole ist es nicht so.<br />
Ich raste da nicht aus, wenn ich etwas<br />
nicht schaffe. Ja, beim Skaten<br />
ist es ab und zu so, beim Fußball,<br />
denke ich, auch.<br />
BB: Ja, beim Fußball ist es eigentlich<br />
dasselbe wie beim Skaten.<br />
Macht Euch das Spielen zu besseren<br />
Menschen oder lasst Ihr eher Euren<br />
Frust ab?<br />
AB: Für mich ist Spielen nur Unterhaltung.<br />
BB: Ja, Unterhaltung und ab und zu<br />
vielleicht auch ein bisschen Frust.<br />
Und was haltet Ihr vom Spielen im<br />
Theater?<br />
AB: Ich bin im Schnawwl in einem<br />
Jugendkurs, und meine Eltern arbeiten<br />
auch im Theater, insofern<br />
interessiert es mich schon.<br />
BB: Ich gehe schon ab und zu in<br />
ein paar Stücke, aber selber spiele<br />
ich nicht.<br />
✒ Fragen: Nantke Garrelts
HERZLICHEN 15. INTERNATIONALE DANK! SCHILLERTAGE / NATIONALTHEATER MANNHEIM ästhetische Erziehung FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
➽ Einsam an der Spitze<br />
Stephan Kimmig verlegt „Maria Stuart“ in die moderne, machtbesessene Chefetage und erschafft damit einen brisanten<br />
Politthriller<br />
Wir foltern nicht. Hier wird nicht<br />
gefoltert.“ Nein, das ist nicht<br />
Schiller, das ist Kimmig. Dem kaltschnäuzigen<br />
Bürokraten Burleigh legt<br />
der Regisseur die Worte in den Mund.<br />
Der presst sie, mit gefrorener Miene,<br />
in Maria Stuarts Gefängniszelle heraus.<br />
Dann springt er der Stuart an<br />
den Hals. Mit Kabelbindern gefesselt<br />
sitzt sie auf einer Art elektrischem<br />
Stuhl, Burleigh völlig ausgeliefert.<br />
Anfang 20<strong>07</strong> feierte Stephan Kimmigs<br />
politisch brisante Inszenierung<br />
von Schillers Historiendrama am<br />
Hamburger Thalia Theater Premiere.<br />
Das war nicht lange, nachdem Innenminister<br />
Wolfgang Schäuble verkündet<br />
hatte, im Kampf gegen den Terror<br />
sei Folter tolerierbar. Kimmig inszeniert<br />
ein Machtgefüge, das zunehmend<br />
außer Kontrolle gerät – wie die<br />
Zellen unterm Mikroskop, die man<br />
noch vor dem ersten Akt als Videoclip<br />
vorgeführt bekommt: Sie teilen<br />
und vermehren sich immer schneller,<br />
am Ende werden sie über den<br />
Bildrand gewuchert sein. Ein Tumor?<br />
Die Entstehung einer Epidemie? Oder<br />
die Verlegung der Geschichte in eine<br />
sezierbare Laborsituation? Jedenfalls<br />
eine Vision, die einen in jene Paranoia<br />
versetzen soll, die den Theaterabend<br />
durchzieht.<br />
Doch in Mannheim geht diese Rechnung<br />
seltsamerweise nicht auf. Während<br />
sich die Zellen auf dem Vorhang<br />
des Opernhauses separieren, wird bei<br />
Teilen des Publikums eine Stimmung<br />
spürbar, die bei dieser Inszenierung<br />
kaum nachvollziehbar ist. Husten,<br />
Lachen, U<strong>nr</strong>uhe übertönen schon hier<br />
fast das musikalisch unterlegte Klacken,<br />
das die Aufführung durchzieht,<br />
Unwohlsein und Nervosität erzeugt.<br />
Die Unkonzentriertheit der Zuschauer<br />
scheint sich auf die Schauspieler zu<br />
übertragen. Fehlerhafte Einsätze und<br />
Textunsicherheiten machen das Spiel<br />
an diesem Abend unpräzise und wenig<br />
inspiriert. Hinzu kommt die Umbesetzung<br />
der Elisabeth: Wegen der<br />
Erkrankung von Paula Dombrowski<br />
musste Victoria Trauttmansdorff in<br />
die Bresche springen.<br />
Der Stuttgarter Regisseur, der ab<br />
kommender Spielzeit Intendant Ulrich<br />
Khuon nach Berlin ans Deutsche<br />
Susanne Wolff (Maria Stuart) / Foto: Arno Declair<br />
Theater folgt, hat den Schiller-Klassiker<br />
in die Welt der Spitzenpolitiker,<br />
auf die Führungsetage verlegt. Die<br />
Drehbühne gibt nacheinander kühle<br />
Büroräume mit grellem Neonlicht<br />
preis, Elisabeths Schlafkabine ist<br />
fast so karg wie Marias Gefängniszelle,<br />
in der Metall-Waschbecken,<br />
Folter-Stuhl und Kabelbinder an<br />
Bilder erinnern, die man aus dem<br />
amerikanischen Gefangenenlager in<br />
Guantánamo kennt. Für das Mannheimer<br />
Opernhaus ist Katja Haß’ vielseitige<br />
Herrschaftszentrale leider viel<br />
zu klein; die Schauspieler müssen<br />
in großem Abstand zum Publikum<br />
agieren.<br />
Mit dem Temperament einer Raubkatze<br />
spielt Susanne Wolff die schottische<br />
Königin. Immer an der Grenze<br />
zwischen Zynismus, Verzweiflung und<br />
aufbrausender Leidenschaft reagiert<br />
sie auf Männerriege, die direkt aus der<br />
Chefetage eines Großkonzerns oder<br />
den Sitzungssälen des Kanzleramts<br />
zu kommen scheint. Auch Elisabeth<br />
trägt Hosenanzug. Im Ränkespiel der<br />
Macht ist sie ihren korrupten Beratern<br />
fast genau so ausgeliefert wie<br />
Maria. Die Originalbesetzung Paula<br />
Dombrowski macht aus ihr eine bis<br />
zum Anschlag gespannte Person, mit<br />
den panisch aufgerissenen Augen<br />
eines ängstlichen Rehs und einem<br />
Mund, so verkniffen, als bisse sie<br />
konstant auf eine Zitrone. Bei Victoria<br />
Trauttmansdorff wirkt Elisabeth<br />
koketter, weicher, mit ausladender<br />
Gestik und mehr weiblichem Charme.<br />
Die körperliche Angst-Starre, ausgelöst<br />
vom omnipotenten Machtgefüge,<br />
geht ihr damit verloren.<br />
Eine kühle, nüchterne Inszenierung<br />
nennen Kritiker Kimmigs Maria Stuart<br />
oft. Das trifft es insofern, als der<br />
Blick des Regisseurs dem eines Forschers<br />
auf die Partikel unter seinem<br />
Mikroskop gleicht. Kimmig macht<br />
eine Versuchsanordnung: Er untersucht<br />
ein korruptes, hierarchisches<br />
Machtgefüge, das eine Positionierung<br />
zwischen zwei Chefinnen verlangt.<br />
Ganz funktional wird hier über die<br />
Zukunft von Menschen entschieden:<br />
Zwei Bosse an der Spitze? Das<br />
kann nicht funktionieren, einer muss<br />
weg, der Kopf muss ab – so einfach<br />
ist das. Zumindest Peter Jordans<br />
Burleigh sieht das so und ist damit<br />
Elisabeths einziger Berater, der die<br />
Sicherheit und Ordnung des Staats<br />
im Blick behält.<br />
Man kann ihn fast riechen, den kalten<br />
Angstschweiß, der auf der Stirn des<br />
vor Panik psychopathisch wirkenden<br />
Daniel Hoevels in seiner Rolle des<br />
Mortimer glitzert. Werner Wölbern<br />
hingegen lässt seinen feigen Leicester<br />
auf die Größe eines Wurms schrumpfen,<br />
während Christoph Banzer seinen<br />
Paulet zu einem loyalen Diener<br />
macht, der wie ein Relikt aus fernen<br />
Zeiten wirkt, als ein Wort wie Loyalität<br />
noch Bedeutung hatte. Verbündete<br />
gibt es hier keine, Vertrauen wird zur<br />
bloßen Floskel, Liebe eine leere Worthülse.<br />
Die Herzensdinge der beiden<br />
Könniginnen, der Kampf ihrer unterschiedlichen<br />
Temperamente interessieren<br />
Kimmig wenig. Unter seinem<br />
Mikroskop kann es nicht um einzelne<br />
Charakterstudien gehen, sondern<br />
nur um die Entwicklung des Ganzen.<br />
Der Mensch hat sich darin so wenig<br />
unter Kontrolle wie das System, das<br />
er versucht, zu beherrschen. Am Ende<br />
steht Elisabeth von ihrem Beraterstab<br />
verlassen, einsam und stocksteif vor<br />
ihrem Kanzleramt. Die Luft an der<br />
Spitze, sie ist verdammt dünn. Ob<br />
das in Mannheim ankam?<br />
✒ Barbara Behrendt
HERZLICHEN ästhetische Erziehung DANK! FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
DER MENSCH IST NUR DA GANZ MENSCH, WO ER SPIELT.<br />
➽ Träumchen wechsel dich<br />
Bonaparte formulieren einen Essay zum Postrock, wichtig ist aber etwas Anderes<br />
Du hast nie gelebt, wenn du nicht<br />
einmal Stagediver warst.<br />
Nein, anders: Wir tanzten den einen<br />
Sommer am Strand, irgendwann zwischen<br />
1995 und 20<strong>07</strong>, vielleicht<br />
war es in jedem Sommer, vielleicht<br />
tanzten wir auch zwölf Jahre lang<br />
ununterbrochen am Strand. Nein,<br />
anders: Diese Kritik wurde geschrieben<br />
mit dem Rücken an die Bassbox<br />
gelehnt.<br />
Nein, so. Kurz zusammengefasst:<br />
erstes Lied. Alle sind kostümiert als<br />
wären sie einem Manga entsprungen.<br />
Schwerer Bass, brettharte Gitarre,<br />
Rage against the machine abgeschaut.<br />
Zweites Lied: Gitarre filigran<br />
verzerrt, Gesang wie aus Londons Suburbia<br />
und nicht Berlin, wo sie ja nun<br />
eigentlich herkommen, das Schlagzeug<br />
hält den Laden zusammen: Nun<br />
ist es New New Wave mit ein paar<br />
Anteilen Red Hot Chilli Peppers.<br />
Drittes Lied: Ein Rabe in SM-Leder<br />
betritt die Bühne. Die restlichen Lieder:<br />
Die Band wechselt quer durch<br />
die Rock-Ge<strong>nr</strong>es und zieht sich um,<br />
und weil sie die anderen Klamotten<br />
Fast wie fliegen / Foto: Christian Kleiner<br />
darunter trägt, zieht sie sich bis auf<br />
die Unterwäsche aus. Einer, der kein<br />
Instrument spielt, sondern nur tanzt,<br />
trägt einen String und außerdem eine<br />
Discokugel auf dem Kopf.<br />
Gegen Ende kommt noch ein David-<br />
Lynch-Hase vorbei und wird bei der<br />
Zugabe selbst zum Stagediver. Das<br />
Publikum dankt: Zuerst mit Herumstehen<br />
und Gucken, was die da vorne<br />
für eine eigenartige Aufführung abliefern.<br />
Dann schwappt, ausgehend vom<br />
Bühne<strong>nr</strong>and, die Tanzwelle durch<br />
den Raum, und irgendwann bewegt<br />
sich jeder zumindest ein bisschen.<br />
Ab dem vierten Lied wird gestagedivt.<br />
Es ist ja auch für jeden etwas<br />
dabei: Bonaparte spielen reinen Zitatrock.<br />
Mal sind sie in einem Ge<strong>nr</strong>e,<br />
mal im anderen, ständig zieht sich<br />
jemand aus oder um: Die Bühne ist<br />
eine Umkleidekabine für Musik und<br />
Musiker.<br />
Es ist ein einziges großes Anzitieren<br />
von Musik und Figuren, und beides<br />
bewegt sich nur ganz kurz vor der<br />
Identifikationsgrenze, ganz kurz vor:<br />
Ah, der Waldgeist da ist also aus<br />
„Prinzessin Mononoke“, und der<br />
Gesang ganz eindeutig Babyshambles.<br />
So definitiv wird es nie. Trotzdem<br />
ist jeder Kostümwechsel ein Kommentar,<br />
jeder Musikge<strong>nr</strong>ewechsel<br />
ein Zitat. Das ist keine Musik mehr,<br />
sondern ein Essay zur Geschichte<br />
des Postrock. Aber eigentlich sind<br />
Bonaparte viel mehr als das, mehr,<br />
als jemals in die knappe Länge dieser<br />
Kritik passen würde. So viel mehr,<br />
dass Menschen zu Stagedivern werden<br />
und Romantiker an durchtanzte<br />
Nächte am Strand denken.<br />
✒ Jan Fischer<br />
➽ Hall und Rauch<br />
In Folge 5 füttert Nina Ender die Spaßbad-Pension mit „Der Autor ist tot, es lebe der Autor“<br />
„Practice makes perfect so be careful<br />
what you practice“ erklärt eines<br />
der Schilder an der Wand. Auf der<br />
Seite gegenüber steht „Don´t be so<br />
open minded your brain falls out“.<br />
Bei beidem muss die „Pension<br />
Schiller“ sich in Folge 5 „Der Autor<br />
ist tot, es lebe der Autor“ keine<br />
Sorge machen. Mit Nina Ender, der<br />
Gewinnerin des Stückewettbewerbs<br />
der Schaubühne 2008, hat man<br />
sich eine Autorin geholt, die handwerklich<br />
beeindruckend ihre eigene<br />
Stimme schlüssig ins Format einordnet.<br />
Die Inszenierung lässt anfangs<br />
alle bisherigen Serien-Figuren<br />
mit viel Rauch verschwinden – und<br />
zwar im Kopf des Produzenten, wie<br />
eine Stimme aus dem Off erklärt.<br />
Dort nimmt Ender die gelegten<br />
Handlungsstränge auf und zieht<br />
sie ins Arztserien-Tatort-Ge<strong>nr</strong>e.<br />
Luise (Angelika Krautzberger) liegt<br />
schwer verletzt röchelnd unter Goldfolie.<br />
Sie wurde, wie es der Produzent<br />
in der von Kai Ivo Baulitz geschriebenen<br />
vierten Folge gefordert<br />
hatte, versehentlich von Ferdinand<br />
(Nika Wanderer) angefahren. Unter<br />
Goldfolie liegt auch Ferdinand, der<br />
nun ein Pathologie-Praktikant ist<br />
und gleichzeitig der „ungeklärte<br />
Lebensfall“ Schiller, den Docky<br />
(Hans Fleischmann) und Choco<br />
(Markus Heinicke) als paranoide<br />
Cops zu klären versuchen. Warum<br />
Schiller so lange überlebt hat, weiß<br />
auch Wurm (Kristina Brons) nicht,<br />
hier Professor für Pathologie.<br />
Auch Luise, die wieder erwacht,<br />
wehrt sich gegen die angebliche<br />
Zeitlosigkeit Schillers und die ihr<br />
vorgeschriebene Rolle. Dass die<br />
Texte von den inzwischen sehr mitgenommenen<br />
Schauspielern größtenteils<br />
abgelesen werden und das<br />
Gros des Textes hallend aus dem<br />
Off kommt, ist ein Gewinn, ansonsten<br />
wäre Nina Enders einprägsamer<br />
Sprachbeat wohl verloren gegangen.<br />
Und ein Schiller-like pathetisches<br />
Ende kann Enders auch,<br />
wenn sie Luise sagen lässt: „Hier<br />
Wurm. Alle Organe kannste haben.<br />
Nur den Willen, das Organ der Freiheit<br />
nicht.“<br />
✒ Jule D. Körber / Fotos: J. Fischer
HERZLICHEN 15. INTERNATIONALE DANK! SCHILLERTAGE / NATIONALTHEATER MANNHEIM ästhetische Erziehung FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
➽ Kille, Kille, Killerspiel<br />
Der Mensch ist nicht immer ganz Mensch, wo er spielt: Ein Plädoyer gegen virtuelles Gewalttraining<br />
Wenn pubertierende Jungs sich<br />
allein in ihren Jugendzimmern<br />
verbarrikadieren, tun sie das aus drei<br />
Gründen: Musik hören, wichsen oder<br />
Leute totschießen am Computer. Die<br />
beiden ersten Dinge gehen die Welt<br />
nichts an. Das dritte schon. Killerspiele<br />
sind ein Problem, weil die virtuell<br />
gelernte Gewalt immer öfter in<br />
der realen Welt ausgelebt wird.<br />
Man möchte vieles nicht sein, aber<br />
ein pubertierender Junge ist so<br />
ziemlich das Hinterletzte. Schüchtern<br />
und linkisch drücken sie sich in<br />
den Schulgängen herum. Einen Kopf<br />
kleiner als ihre Klassenkameradinnen<br />
werden sie von eben jenen durch<br />
Missachtung gestraft. Ihre Versuche,<br />
Aufmerksamkeit zu erregen, kann<br />
man bestenfalls putzig finden. Ihre<br />
ungelenken Versuche zu gefallen,<br />
lösen eher Fremdscham aus. Kaum<br />
verwunderlich also, dass pubertierende<br />
Jungs sich stundenlang hinter<br />
dem Computer verschanzen, um sich<br />
auf dem elektronischen statt auf dem<br />
zwischenmenschlichen Schlachtfeld<br />
zu beweisen. Wie viel einfacher ist<br />
das, als Sarah aus der Parallelklasse<br />
zu beeindrucken?<br />
In der Pubertät lernt man das andere<br />
Geschlecht kennen. Man lernt zu<br />
kommunizieren. Wie soll das klappen,<br />
wenn man ab zwölf in virtuelle<br />
Welten abtaucht? Killerspiele sind<br />
purer Eskapismus. Der Unterschied<br />
zu Realitätsflüchtlingen, die es ins<br />
Fußballstadion, auf Konzerte oder<br />
auf Goa-Parties treibt, ist, dass dort<br />
soziales Verhalten eingeübt wird. Bei<br />
Killerspieladepten dagegen liegt die<br />
Kommunikation brach. Wer sich im<br />
Kinderzimmer hinter seinem PC verbarrikadiert,<br />
will mit seiner Umwelt<br />
nichts zu tun haben. Das Argument,<br />
mit zahlreichen anderen Spielern per<br />
Internet vernetzt zu sein, zählt nicht.<br />
Virtuelle Kommunikation bleibt virtuell<br />
und ersetzt nie und nimmer die<br />
reale.<br />
Konsolenspieler sind selten Kommunikationskanonen.<br />
Weder auf dem<br />
Schulhof noch in der Familie. Warum<br />
gibt es keine Mädchen, die gefallen<br />
daran finden, Stunde um Stunde<br />
Doom, Soldier of Fortune oder Resident<br />
Evil zu spielen? Seit Urzeiten<br />
sind Jungs darauf programmiert ihre<br />
Counterstrike-Perspektiven / Fotos: flickr/Akoaraisin und flickr/woallance3<br />
Probleme mit der Keule in der Hand<br />
zu lösen. Die moderne Keule heißt<br />
Joystick. Mangels realer Feinde werden<br />
virtuelle Kampfgestalten ausgemacht,<br />
anvisiert und erschossen. Je<br />
effektiver, strategischer und schneller<br />
desto besser. Gern auch in Gruppen.<br />
Auch das ist ein Urprogramm. Schon<br />
immer spielten Jungs Killerspiele. In<br />
Horden jagten sie Feinde, den geschicktesten<br />
Jäger wählten sie zum<br />
Anführer. Vielleicht liegt es daran,<br />
dass Mädchen heute mehr dürfen<br />
und können, während Jungs auf der<br />
Strecke bleiben. Jungs sollen keine<br />
aggressiven Dumpfbacken sein, aber<br />
bitte auch keine Weicheier. Ja bitte,<br />
was denn dann? Die virtuellen Welten<br />
setzen auf Testosteron pur: Hardcore-<br />
Pornos im Netz, Rambotypen auf der<br />
Mattscheibe, Counter-Strike auf dem<br />
PC. Die Wirklichkeit sieht aber anders<br />
aus.<br />
Dopamin für Level 10<br />
Warum sind Killerspiele so attraktiv<br />
für pubertierende Jungs mit zigtausend<br />
Fragen im Kopf? Weil Killerspiele<br />
keine Fragen stellen und auch<br />
keine Antworten verlangen. Was passiert<br />
mit den pubertätsimmanenten<br />
Gefühlen wie Scham, Unsicherheit,<br />
Unbeholfenheit und Körperblödheit?<br />
Das muss ja alles irgendwie ausgestanden<br />
und bewältigt werden.<br />
Pickel, Abfuhren, endlich einmal<br />
Knutschen. Engtanzrunden mögen<br />
verzichtbar sein – aber auf welcher<br />
Tanzfläche probieren Computerjungs<br />
sich heute aus? Vor dem PC sicher<br />
nicht. Der Frust ob der Unerreichbarkeit<br />
der Mädchen wird immer größer.<br />
Feigheit macht wütend, aggressiv<br />
und ohnmächtig. Mit dem Joystick<br />
in der Hand hast du Macht, bist aber<br />
der gleiche Hanswurst, der du immer<br />
schon nicht sein wolltest, sobald<br />
Parallelklassen-Sarah auf dem Gang<br />
an dir vorbeiläuft.<br />
Es sind nicht nur Jungen, die Killerspiele<br />
spielen, es sind auch meist<br />
Männer, die sich über Killerspiele<br />
äußern. Heraus kommen Sätze wie<br />
die des Medienwissenschaftlers Norbert<br />
Bolz: „Das Killerspiel ist für die<br />
männliche Aggressivität, was Pornografie<br />
für die männliche Sexualität<br />
ist“. Ein Ventil, eine vermeintlich<br />
harmlose Kompensation also. Aggressionsforscher<br />
wie Craig Anderson<br />
halten dagegen, dass sich nach<br />
hundertfach wiederholtem Abknallen<br />
sehr wohl die kognitiven Strukturen<br />
eines Gehirns veränderten. Denn jedwede<br />
Erfahrung hinterlässt Spuren,<br />
ob wir wollen oder nicht. Im Fall von<br />
langfristigem Gewaltkonsum wird die<br />
Umwelt feindseliger wahrgenommen,<br />
alles und jeder wird zum Feind. Empathie<br />
geht baden. Glückshormone<br />
werden nur noch beim Erreichen<br />
des nächsten Levels ausgeschüttet.<br />
Viele Armeen, darunter Israel und<br />
die USA, trainieren ihre Soldaten<br />
mit Ego-Shooter-Spielen. Einerseits<br />
werden sie zum Rekrutieren genutzt,<br />
um Jugendliche da abzuholen, wo<br />
sie sich befinden. Die Spiele trainieren<br />
aber auch die Treffsicherheit<br />
und werden gezielt dazu eingesetzt,<br />
Hemmschwellen abzubauen.<br />
US-Army-Jungs zogen mit dem Slogan<br />
„This is my rifle. And this is my<br />
gun. One is for killing and one is<br />
for fun” in den Vietnamkrieg. Wenn<br />
Männer ihre Sexualität so wahrnehmen,<br />
ist und bleibt das zum Kotzen.<br />
Und auch wenn für ein paar ganz<br />
ausgebuffte Kerle Killerspiele nur<br />
ein harmloser Thrill sind, die allermeisten<br />
kleinen Jungs werden in den<br />
endlos vorm Bildschirm verdaddelten<br />
Stunden auch den Rest an Respekt<br />
vor sich und der Welt verlieren.<br />
✒ Ida Luise Krenzlin
HERZLICHEN ästhetische Erziehung DANK! FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
DER MENSCH IST NUR DA GANZ MENSCH, WO ER SPIELT.<br />
➽ Seminarcheck II<br />
Nächste Runde: Ein weiteres Mal sind unsere Qualitätsprüferinnen ausgeschwärmt und überprüfen<br />
Seminareinheiten auf Hirn und Herz<br />
Foto: Judith Kärn<br />
➽ Seminartitel: Einführung ins<br />
Puppenspiel im Helmi-Style oder<br />
praktischer Unterricht in Theaterpiraterie,<br />
Leitung: Florian Loycke,<br />
Gründer des Puppentheaters „Das<br />
Helmi“<br />
➽ Spannungsfaktor: Cutter, Schere,<br />
Heißklebestift ist für Seminaristen<br />
nicht?!? Sehr auf praktisches<br />
Arbeiten ausgerichtetes Seminar,<br />
das Konzentration und eine ruhige<br />
Hand verlangt. Wenn die Teilnehmer<br />
zum Werkzeug greifen,<br />
ist das Verletzungspotenzial eindeutig<br />
höher als in Diskussionen<br />
über Schillers Spielbegriff. Lustige<br />
Ratschläge à la „Säge + Finger =<br />
ungut“ mahnen zur Vorsicht.<br />
➽ Spaßfaktor: Die Arbeitsatmosphäre<br />
im kreativen Chaos zwischen<br />
Schaumstoff, Federfusel<br />
und Knopfauge macht sofort gute<br />
Laune. Es wird viel gelacht, ausprobiert<br />
und an witzigen Ideen gefeilt.<br />
Der Seminarleiter entertaint<br />
mit Anekdoten vom alten Rasta-<br />
Mann, den er beim Puppenspiel-<br />
Workshop in Brasilien getroffen<br />
hat.<br />
Lernfaktor: Hier müssen keine<br />
schweren Theorien verdaut werden.<br />
Loycke plaudert aus dem<br />
Nähkästchen und gibt die Grundlagen<br />
seines Handwerks verständlich<br />
weiter. Schnipp-schnapp, zwei<br />
Augen oben drauf und fertig ist der<br />
Schaumstoffhase.<br />
Zielgruppe: Passionierte Bastler,<br />
die selbst vor der Verwurstung von<br />
Omas alter Federboa nicht Halt<br />
machen.<br />
➽ Was hätte Schiller dazu gesagt?<br />
„O der Einfall war kindisch, aber<br />
göttlich schön.“<br />
✒ AH<br />
➽ Seminartitel: Das Ungeheure im<br />
Spiel – zu Schillers Spielbegriff, Leitung:<br />
Felix Ensslin, Dramaturg am<br />
Nationaltheater Weimar<br />
➽ Lernfaktor: Schon die Literaturliste<br />
lässt ahnen: Hier steht eine Tour de<br />
Force durch Philosophie und Psychoanalyse<br />
bevor. Wer sich tatsächlich<br />
durch Freud und Lacan geackert hat<br />
und den Diskussionen über Schiller,<br />
Kant und Hegel folgen kann, ist auf<br />
dem Gebiet Spieltheorie auf jeden<br />
Fall sattelfest. Auch auf verwirrte Gesichter<br />
geht Ensslin mit Nachfragen<br />
und Erklärungen ein.<br />
➽ Spaßfaktor: Humoristischer Höhepunkt<br />
ist Ensslins Seitenhieb auf das<br />
gescheiterte Rollenspiel des „Don<br />
Carlos“: „Das Ende sagt ja auch<br />
einiges über die Umsetzbarkeit der<br />
Spieltheorie aus.“ Die nachfolgende<br />
Diskussion über das Allgemeine bei<br />
Foto: Jan Fischer<br />
Kant am Beispiel Iran war dann weniger<br />
zum Lachen.<br />
➽ Spannungsfaktor: Wurf- und Fangübungen<br />
mit Schillers „Briefen“<br />
versprechen zu Anfang etwas mehr<br />
Action, als im Verlauf des Seminars<br />
tatsächlich aufkommt. Aus der etwas<br />
zähflüssigen Diskussion entwickelt<br />
sich aber ein durchaus angeregtes<br />
Gespräch, bei dem die Seminaristen<br />
vor spontanen Einwürfen nicht zurückschrecken.<br />
Ensslin schafft es,<br />
auch im Monolog zu fesseln.<br />
➽ Zielgruppe: Intellektuelle, die<br />
gerne auf der Psychocouch über das<br />
Allgemeine und das Ungeheure philosophieren.<br />
➽ Was hätte Schiller gesagt? „Welch<br />
Freude, dass man den Kant, den ich<br />
so leidenschaftlich verschlungen,<br />
nicht vergessen hat!“<br />
✒ NG<br />
➽ Seminartitel: Spieler und Spielräume.<br />
Bühne als realer Raum und<br />
die situative Gemeinschaft von<br />
Spielern und Publikum, Leitung:<br />
Foto: Judith Kärn<br />
Florian Parbs, Bühnen- und Kostümbildner<br />
➽ Spannungsfaktor: Florian Parbs<br />
wirft Projektionen seiner Bühnenarbeiten<br />
an verschiedenen Bühnen<br />
und quer durch die Theaterge<strong>nr</strong>es<br />
per Beamer an die Wand. Die Teilnehmer<br />
werden mit visuellen Appetitmachern<br />
gefüttert. Viel Input, der<br />
sich aber noch nicht in eigenen praktischen<br />
Versuchen entladen darf.<br />
➽ Spaßfaktor: So lustig kann Sterben<br />
auf der Bühne sein. Im Kurzvideo<br />
zur Inszenierung von Peter<br />
Turrinis „Der tollste Tag“ fließt das<br />
Theaterblut in Strömen. Parbs verrät,<br />
dass der Requisiteur mit Pumpe<br />
unter dem Bett versteckt ist.<br />
➽ Lernfaktor: Parbs kann auf langjährige<br />
Erfahrungen zurückblicken,<br />
die er in ruhiger Vortragsweise vermittelt.<br />
Wie setzt man eine Bühne<br />
unter Wasser? Wie lässt sich eine<br />
meterhohe Kistenwand in Sekundenschnelle<br />
von der Spielfläche<br />
räumen? Außerdem gibt er einen<br />
Einblick in den Entstehungsprozess<br />
eines Bühnenbildes vom Grundriss<br />
über die Bauprobe bis zur technischen<br />
Ei<strong>nr</strong>ichtung.<br />
➽ Zielgruppe: Kreative Architekten,<br />
die nicht nur Fantasie für die bildhafte<br />
Übertragung eines Regiekonzeptes,<br />
sondern auch das nötige<br />
physikalische Grundverständnis mit -<br />
bringen. Wer künftig Kulissen entwerfen<br />
will, sollte auch für knallharte<br />
Budgetverhandlungen gewappnet<br />
sein.<br />
➽ Was hätte Schiller dazu gesagt?<br />
„Der kluge Mann baut vor.“<br />
✒ AH<br />
➽ Seminartitel: About the scaffolding<br />
of one’s thinking, Leitung: Jan<br />
Ritsema, Regisseur<br />
➽ Lernfaktor: Was kann man lernen,<br />
wenn man sich Ausschnitte aus<br />
Lieblingsfilmen der Seminaristen<br />
anguckt? Eine ganze Menge über<br />
sich selbst und seine Mitmenschen.<br />
Denn durch die kritischen Fragen<br />
Ritsemas ist man gezwungen, den<br />
eigenen Geschmack zu erforschen.<br />
Was mag man an einem Film und<br />
warum? Spiegelt man sich selbst<br />
darin? Schöner Nebeneffekt: Man<br />
lernt neue, meist recht unbekannte<br />
Filme kennen.<br />
➽ Spaßfaktor: Eine ordentliche<br />
Portion Selbstironie ist nötig, um<br />
Ritsemas Provokationen standzuhalten:<br />
„I think you just like the film<br />
because of its sentimentality.“ Oder:<br />
„Wenn ihr Glück habt, seid ihr ein<br />
paar Jahre mit Eurem Partner zusammen,<br />
und dann war´s das“, so<br />
sein schonungsloser Kommentar zu<br />
einem Film über Speed-Dating.<br />
➽ Spannungsfaktor: Durch die Herausforderung,<br />
den Geschmack<br />
eines anderen kritisieren bzw. seinen<br />
eigenen verteidigen zu müssen,<br />
bleibt die Diskussion lebhaft.<br />
Da die gezeigten Filmausschnitte<br />
sehr unterschiedlich sind, lässt die<br />
Konzentration kaum nach. Auch der<br />
Foto: Jan Fischer<br />
furiose Wechsel zwischen Deutsch<br />
und Englisch (teilweise auch französisch)<br />
hält die Zuhörer auf Trab.<br />
➽ Zielgruppe: Diskussionsfreudige<br />
Cineasten, offen für Selbstanalyse<br />
➽ Was hätte Schiller gesagt? „Einfach<br />
großartig! Erforscht euren Geschmack,<br />
dass Ihr dessen Beweggründe<br />
erkennt und ihn so bilden<br />
könnt.“<br />
✒ NG
HERZLICHEN 15. INTERNATIONALE DANK! SCHILLERTAGE / NATIONALTHEATER MANNHEIM ästhetische Erziehung FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
➽ Suche nach Brüchen und Rissen<br />
Die Schauspieldozentin, Autorin und Ex-Weltrekordlerin Ines Geipel über vergessene DDR-Literatur, Stasi-Sprache<br />
und ihre Arbeit mit Schauspielschülern<br />
Gedanken ganz klar zum Publikum transportieren. Mich interessiert, wo sind<br />
die Studenten, was interessiert die, was brauchen die, wann brauchen sie<br />
Ruhe, wo muss man noch mal nachfragen? Natürlich hat das auch sehr viel<br />
mit dem Körper zu tun, so dass das mit meiner Sport-Vergangenheit auch<br />
gar nicht so schlecht ist.<br />
Wie gehen Sie in Ihrem Verssprache-Seminar vor?<br />
➽ Ich gebe den Studenten das Gefühl, dass der Vers, die gebundene, rhythmisierte<br />
Sprache, sie trägt. Warum das so ist, was sie damit machen können,<br />
wie viel Raum ihnen der Vers gibt. Das ist etwas, das du nur über die Arbeit<br />
entdecken kannst, wenn der Vers durch deinen Körper geht und Sprache<br />
sich im Körper ablagert.<br />
Wie haben Sie in den szenischen Lesungen die „vergessene Literatur“ und die<br />
Texte aus den Stasi-Akten verschränkt?<br />
➽ Anfangs dachte ich, das sei total schwer. Aber es kam anders. Interessanterweise<br />
haben die Schauspielschüler mit Stasi-Texten am meisten<br />
gespielt. Sie hatten die Stasi-Sprache am Wickel, weil die so was Kaltes,<br />
Hyper-Sachliches hat. Im Grunde wird von Schauspielern immer Gefühl<br />
verlangt, und ich glaube, dass sie sich gerade deshalb an so einer Sprache<br />
festhalten.<br />
Ines Geipel / Foto: Bernd Lammel<br />
Sie ist Viele. Zum Beispiel die ehemalige Marathonläuferin, die neben der<br />
Professorin für Deutsche Verssprache an der Berliner Ernst-Busch-Schauspielschule<br />
steht. Die Mit-Initiatorin des „Archivs unterdrückter Literatur<br />
in der DDR“, die von der Herausgeberin der „Verschwiegenen Bibliothek“<br />
flankiert wird. Und die Schriftstellerin, die Bücher über Biografien, Doping,<br />
den Amoklauf von Erfurt und Zensur in der DDR schreibt: keine reinen Sachbücher,<br />
sondern immer auch Literatur. In ihrem neuesten Buch „Zensiert,<br />
verschwiegen, vergessen. Autorinnen in Ostdeutschland 1945-1989“ spricht<br />
sie im Vorwort von einer Initialzündung, die zur Arbeit am Archiv geführt hat:<br />
„Mit den spröden Gedichten von Inge Müller fing es an, mit der Frage, wie<br />
sie das gemacht hatte, das Atemknappe, die seltsame Spannung in ihren<br />
Versen.“ Mittwochabend, Mitte Juni, liest Ines Geipel im Literaturhaus Berlin-<br />
Charlottenburg aus ihrem neuen Buch aus dem Kapitel über die „Gruppe 47<br />
Ost“. Einen Tag später im Café Einstein, Berlin-Mitte:<br />
Sie haben bei der Lesung gestern bewusst das Gespräch gesucht. Warum?<br />
➽ Ines Geipel: Ich selbst leide immer ein wenig in Lesungen und mag dieses<br />
Gekünstelte nicht, dieses „Ich lese jetzt mal ’ne halbe Stunde, beantworte<br />
aber keine Fragen“. Da denke ich immer: Na, danke! Ich dagegen will von<br />
den Leuten hören, wer sie sind und was sie interessiert.<br />
Sie erarbeiten jedes Jahr mit Ihren Schauspielstudenten szenische Lesungen,<br />
dieses Jahr mit unveröffentlichten Texten aus der DDR, die Sie herausgeben.<br />
Warum machen Sie das?<br />
➽ Ich verstehe das als essentiellen Teil meiner Arbeit. Natürlich brauchen<br />
die Studenten diesen Ort „Hochschule“, sie sollen aber auch raus. Daher<br />
die szenischen Lesungen. Dann sagen sie plötzlich: Bei uns hat’s Klick gemacht.<br />
Wir wissen nun, was wir mit unserem Beruf können und sollen: Einen<br />
Welche Rolle spielen Sie dabei?<br />
➽ Es ist ja eine Collage mit Texten von zwölf Autoren, also geht es darum, für<br />
jede Stimme einen eigenen Charakter zu finden: Für die Stasi-Sprache, für<br />
das Suffstück, für die Texte aus der Psychiatrie. Ich verlange den Schülern<br />
ab, die Stimme nach Charakter, Stoff und Versform konkret zu machen. Und<br />
ich höre, ob der Gedanke im Moment des Sprechens entsteht.<br />
Was reizt Sie an der Arbeit mit Schauspielschülern?<br />
➽ Wenn ich sie so ansehe, denke ich: Die sind so heil und ungebrochen,<br />
weil die noch so jung sind. Wenn man dann näher hinschaut, sieht man,<br />
dass sie doch nicht mehr so unversehrt sind. Dann sind sie mir gar nicht<br />
mehr so fremd. Ich finde es interessant, wenn unsere biografischen Brüche<br />
und Risse aufeinander treffen.<br />
Was für ein Gesellschaftsbild haben Sie, wenn Sie sagen, derzeit gäbe es „kein<br />
Klima für Aufklärung, für Hinschauen, für Geschichte“?<br />
➽ Das Gestell der Gesellschaft hatte in den letzten Jahren eine bestimmte<br />
Taktung des Wirtschaftswachstums, und es ist klar, dass das ausgedient hat.<br />
Dieses Modell wird es in dieser Weise nicht mehr geben. Im Moment stellt<br />
sich die spannende Frage, ob wir es wirklich wagen, Dinge neu zu denken.<br />
Und ob das nicht im Theater geschehen könnte, dem Ort des Innehaltens<br />
und Fragenstellens.<br />
Auf dem Festivalpodium werden Sie wohl wieder als Sportlerin gefragt sein.<br />
➽ Ja klar, man bleibt die ewige Sportlerin. Leute, die sonst nie zu Lesungen<br />
oder Podiumsdiskussionen gehen, kommen dann sicher, um dieser Tante die<br />
Sportfrage zu stellen.<br />
Sie haben 2006 als einzige der vier Marathon-Weltrekordlerinnen ihren Rekord<br />
streichen lassen. Ist Ihnen jemand gefolgt?<br />
➽ Nein. Psychologisch verstehe ich das auch. Man war mal Weltrekordler,<br />
und meistens passiert danach nicht mehr so viel. Also möchte man gerne<br />
daran festhalten. Ich kann das nachvollziehen, billigen kann ich es nicht.<br />
✒ Fragen: Jan Dammel
HERZLICHEN ästhetische Erziehung DANK! FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
DER MENSCH IST NUR DA GANZ MENSCH, WO ER SPIELT.<br />
Mein erstes Mal<br />
➽ Fahnenflucht<br />
Foto: Jan Dammel<br />
➽ Hinterbühne: Strippenzieher<br />
Foto: Karola Prutek<br />
Wie genau sieht ihre Arbeit im Theater<br />
aus?<br />
Wir planen die technischen und<br />
zeitlichen Abläufe des Festivals. Im<br />
Vorfeld der <strong>Schillertage</strong> haben wir<br />
überlegt, wann eine wie große Podestfläche<br />
von wem aufgebaut werden<br />
muss, damit sie zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt einem Künstler für ein<br />
Projekt zur Verfügung steht und ob<br />
das Ganze auch noch einen Scheinwerfer<br />
oder Lautsprecher braucht. Im<br />
Spielhaus, wo es mehrere Bühnen<br />
nebeneinander gibt wie Schauspielhaus,<br />
Opernhaus, Unteres, Oberes<br />
Für einen Feiertag haben wir im<br />
Kindergarten kleine Landesfahnen<br />
aus Papier gebastelt. Die Kindergärtnerin<br />
zeigte uns die richtige Reihenfolge<br />
der Farben. Die fertigen Blätter<br />
sollten wir an eine Schnur kleben, um<br />
sie später an Häuserwände zu hängen.<br />
Ich nahm einen Pinsel und malte mit<br />
Wasserfarben Schwarz, Rot und Gelb<br />
untereinander auf viele Blätter Papier,<br />
ließ sie trocknen und klebte sie<br />
aneinander, so dass man von beiden<br />
Seiten sehen konnte, was darauf war.<br />
Ich fädelte sie auf eine lange Schnur.<br />
Ich kontrollierte jede Fahne einzeln,<br />
ob ich die richtige Farbreihenfolge<br />
beachtet und keinen Fehler gemacht<br />
hatte. Ich war die Erste und hatte<br />
sogar eine besonders lange Kette gebastelt.<br />
Im Kindergarten bin ich immer<br />
die Beste im Basteln gewesen.<br />
Stolz ging ich damit zur Kindergärtnerin,<br />
um sie ihr zu zeigen. Sie versuchte<br />
mir zu erklären, was auf der<br />
Fahne noch fehlte: Hammer, Zirkel<br />
und Kranz. Das waren mir zu viele<br />
Feinheiten, die ich gar nicht malen<br />
wollte. Im Fernsehen hatte ich schon<br />
Fahnen von anderen Ländern gesehen.<br />
Die bestanden auch nur aus Farbstreifen.<br />
Ich erklärte, dass die drei<br />
Farben schon reichen würden, man<br />
könnte doch erkennen, dass es sich<br />
um Deutschland handelt.<br />
Ich war überzeugt davon. Statt gelobt<br />
zu werden wurde ich früher nach<br />
Hause geschickt. Meine Eltern bekamen<br />
an diesem Tag keinen Riesenärger,<br />
was mich im Nachhinein wundert.<br />
Vielleicht hat ihnen geholfen, dass<br />
ich noch so klein war.<br />
✒ Ulrike Barwanietz<br />
28, lebt in Karlsruhe und ist Redakteurin<br />
dieser Zeitung<br />
Foyer und das Theatercafé muss man<br />
die Abläufe auch noch so aufeinander<br />
abstimmen, dass sich die einzelnen<br />
Projekte nicht gegenseitig belästigen.<br />
Sonst müssten wir uns nämlich auch<br />
noch mit aufgebrachten Künstlern<br />
und Bands auseinander setzen, wozu<br />
uns das pädagogische Feingefühl<br />
fehlt. Deshalb versuchen wir das zu<br />
verhindern.<br />
Was bewirkt ihre Arbeit?<br />
Künstler und Bands verbringen hier<br />
eine gute Zeit, sind glücklich, haben<br />
sich furchtbar lieb und können<br />
abends entspannt miteinander feiern.<br />
Was kann Theater bewirken?<br />
Luise Weidner & Holger Beckschebe<br />
➽ Spätzle vs Postmoderne<br />
„Schiller on Air“ diskutiert Lösungen für Wirtschafts- und<br />
Identitätskrisen. Eine Konferenzschaltung<br />
Ralf Caspary, Barbara Vinken, Jochen Hörisch / Foto: Karola Prutek<br />
Wie sieht Ihr Konzept für Spaß<br />
in der Dusche aus?“ fragt Moderator<br />
Eggert Blum während des<br />
Podiums „Arbeit, Spaß und Spiel –<br />
Wie Unternehmen Kreativität organisieren“<br />
den Vorstandsvorsitzenden<br />
Siegfried Gänßlen. Wir sind in der<br />
Diskussion der Wirschaftsexperten.<br />
Hansgrohe produziert unter anderem<br />
Duschköpfe, also liefert Gänßlen Anekdoten<br />
über Spätzle im Abwasser<br />
des Tübinger Studentenwohnheims<br />
und Internettests, mit denen jeder<br />
seinen „Duschtyp“ ermitteln kann.<br />
Männer, so Gänßlen, seien Powerduscher,<br />
Frauen dagegen Aqua-Genießer,<br />
die gerne lange im Regen der<br />
Tropendusche stehen.<br />
Dass es Unterschiede zwischen den<br />
Geschlechtern gibt, wird auch beim<br />
dritten SWR-Forum der Geisterwissenschaftler<br />
über „Die vielen Möglichkeiten,<br />
Ich zu sein“ klar. Die<br />
Romanistin Barbara Vinken etwa bezeichnet<br />
sich selbst als „Verfechterin<br />
des passiven Erleidens“. Aus ihrer<br />
Sicht definiert jedes „Ich“ sich nur<br />
in Bezug auf einen Anderen, der dem<br />
„Ich“ etwas zufügt. Da ist der Neurobiologe<br />
Werner Siefer ganz d´accord<br />
und ergänzt, das „Ich“ sei lediglich<br />
eine willkürliche Verknüpfung von<br />
Hirnströmen, die auf Umwelteinflüsse<br />
reagieren. Der Literatur- und Medienwissenschaftler<br />
Jochen Hörisch hält<br />
dagegen, der Mensch reagiere nicht<br />
nur, sondern wähle bewusst Rollen.<br />
Schließlich wisse heute jedes achtjährige<br />
Kind, wie man in verschiedene<br />
Rollen schlüpft.<br />
Bei den Wirtschaftsexperten sucht<br />
man derweil nach den Ursachen<br />
mangelnder Kreativität. Während die<br />
Kreativitätstrainerin Daniela Puzzovio<br />
ziemlich abstrakt bleibt, „Das Ganze<br />
ist der kreative Prozess“, fordert<br />
der Betriebswirtschaftler Karl-Heinz<br />
Brodbeck Durchhaltevermögen. „Mozart<br />
ging ja auch nicht in den Wald,<br />
hörte die Vöglein zwitschern und<br />
fertig war die Sinfonie!“, stichelt<br />
er in die Richtung der „Kreativen“.<br />
Schulen und Universitäten seien „institutionalisierte<br />
Kreativitätskiller“,<br />
so der Professor. Da müssten die<br />
Unternehmen in Sachen Kreativität<br />
selbst „viel nachbessern“, stimmt<br />
auch Gänßlen ein.<br />
Mit dem Nachbessern haderte auch<br />
Hörisch bei den Geisteswissenschaflern:<br />
„Wir sind nicht mehr Leser,<br />
sondern Autoren des Buchs der<br />
Schöpfung“, bringt er das Problem<br />
auf den Punkt. Vinken hält dagegen,<br />
die Zwänge seien keineswegs weniger<br />
geworden: „Sie lesen ja keine Frauenzeitschriften!“<br />
Moderator Ralf Caspary<br />
überlässt Hörisch die Schlussthese:<br />
nicht nur Schönheits-OPs,<br />
auch Medientechnologie, aktuell das<br />
Web 2.0, ermögliche eine zunehmende<br />
Ich-Pluralität. Wir sind also keine<br />
Kirsche mit hartem Kern, sondern<br />
vielmehr eine Zwiebel, die immer<br />
wieder gehäutet werden kann.<br />
Erstaunliche Erkenntnis: Während<br />
die Betriebswirtschaftler den gemeinen<br />
Manager auf die Spielwiese schicken<br />
wollen, sind die Vertreter der<br />
geisteswissenschaftlichen Fraktion<br />
so gar nicht verspielt und sehnen sich<br />
nach einem eindeutigen, wahren Ich.<br />
✒ Nantke Garrelts
HERZLICHEN 15. INTERNATIONALE DANK! SCHILLERTAGE / NATIONALTHEATER MANNHEIM ästhetische Erziehung FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
➽ Lass uns drüber reden<br />
Publikumsgespräche sind ein seltsames Ge<strong>nr</strong>e: Der Regisseur sitzt auf dem Podium und erklärt seine Inszenierung.<br />
Muss das sein? Manchmal allerdings findet Theater im PuG seinen Höhepunkt<br />
So spannend kann’s sein: Beim Publikumsgespräch zu Ulf Amindes „Softskill“ diskutieren sich der Künstler, die Mitwirkenden und die Zuschauer die Köpfe heiß / Fotos: B. Behrendt<br />
Das typische Publikumsgespräch<br />
geht leider so: Die Künstler sitzen<br />
auf dem Podium, ein Moderator<br />
stellt brave Fragen, das Publikum<br />
schweigt oder will höchstens wissen,<br />
warum sich der Ferdinand-Darsteller<br />
nackt ausziehen musste. So ähnlich<br />
verläuft auch das „PuG“ mit der<br />
dänischen Regisseurin Katrine Wiedemann,<br />
deren „Maria Stuart“ das<br />
Publikum, nun ja, polarisiert hat: Auf<br />
den Bänken sitzen nur Zuschauer,<br />
die alles „ganz faszinierend“ fanden.<br />
Kritische Stimmen sind gar nicht<br />
erst im Ballettsaal aufgetaucht – sie<br />
stehen draußen bei einem Bier und<br />
sind fassungslos angesichts dieser<br />
biederen Inszenierung.<br />
Natürlich stellt Moderatorin Stefanie<br />
Gottfried, Dramaturgin am koproduzierenden<br />
Nationaltheater, keine kritischen<br />
Fragen, auch wenn Wiedemann<br />
selbst Zweifel an ihrer Arbeit ei<strong>nr</strong>äumt.<br />
Was aber bringen Publikumsgespräche,<br />
wenn sie nur als Beweihräucherungsplattform<br />
genutzt werden? Sind<br />
sie der verlängerte Arm der PR-Abteilung?<br />
Bedienen sie den Zoo-Effekt,<br />
wenn sie die Künstler noch mal privat<br />
und unverkleidet – sozusagen zum<br />
Anfassen vorführen? Oder dürfen die<br />
Regisseure hier endlich erklären, was<br />
sie vorhatten – und was dann leider<br />
auf der Bühne nicht rüberkam?<br />
Naturgemäß spielt beim „PuG“ das<br />
Publikum eine wichtige Rolle. Gegenüber<br />
der Figurentheatergruppe „Das<br />
Helmi“ etwa zeigen die Mannheimer<br />
sich von ihrer herrlich konfrontativen<br />
Seite und brauchen die Moderation<br />
von Dramaturg Jan-Philipp Possmann<br />
nur für die Begrüßung. Mit ihrer Konzeptlosigkeit<br />
kokettierend sitzt die<br />
ganze Helmi-Truppe auf der Studio-<br />
Bühne und provoziert das Publikum<br />
bis zur Ratlosigkeit. Aber die Mannheimer<br />
wollen es wissen: „Sie wirken<br />
noch so frisch und unverbraucht –<br />
machen Sie das überhaupt professionell?“<br />
Ob die Helmis eine Ausbildung<br />
haben, fragen sie misstrauisch und<br />
vor allem: Was soll dieses Stück?<br />
Kann man es ernst nehmen, ist es<br />
eine Art Medienkritik?<br />
Hier klingt an, was ein Publikumsgespräch<br />
im Idealfall leisten kann: Den<br />
Raum des Theaters für einen kritischen,<br />
manchmal sozial-politischen,<br />
manchmal ästhetischen Austausch<br />
zu öffnen – und zwar aufgrund einer<br />
gemeinsamen (Seh-)Erfahrung.<br />
Wäre das nicht auch nach dem gemeinsamen<br />
Besuch einer Kunstgalerie<br />
möglich? Nein, denn Theater ist<br />
ein flüchtiges, von Menschen produziertes<br />
und performtes Gebilde:<br />
Es ist verletzlich, verändert seinen<br />
Ausdruck, variiert jeden Abend um<br />
Nuancen und reagiert ganz direkt<br />
auf die interessierte oder ignorante,<br />
wohlwollende oder feindselige Stimmung<br />
des Publikums.<br />
Das Publikumsgespräch nach Ulf<br />
Amindes Jobcenter-Performance mit<br />
Erwerbslosen ist ein beeindruckendes<br />
Beispiel dafür, wie extrem eine<br />
theatrale Erfahrung sein kann und<br />
wie sehr ein Gespräch im Anschluss<br />
Räume für Diskussionen auf allen<br />
Ebenen öffnen kann. Die Wellen<br />
schlugen beim Gespräch so hoch,<br />
dass noch nach einer Stunde diskutiert<br />
wurde und der Moderator (auch<br />
hier Jan-Philipp Possmann) abbrechen<br />
musste, um den Raum für die<br />
nächste Besprechung frei zu machen.<br />
Die meisten der etwa 30 Menschen<br />
im Raum waren am Projekt beteiligt;<br />
entweder als Mitwirkende oder als Organisatoren.<br />
Man geht nicht gerade zimperlich<br />
miteinander um. Dass die Hartz-<br />
IV-Empfänger für die vierwöchige<br />
Mitarbeit kein Geld bekommen haben,<br />
spaltet die Zuhörer. „Sie üben<br />
Kritik am Staat – aber im Grunde<br />
genommen machen Sie doch genau<br />
das Gleiche!“ wird dem Künstler<br />
vorgeworfen. Und: „Es ist doch<br />
nur gerecht, die Beteiligten für die<br />
Arbeit, die sie geleistet haben, zu<br />
bezahlen. Geld ist auch eine Form<br />
der Anerkennung.“ Die mitwirkenden<br />
Erwerbslosen („Arbeitslose“ ist ein<br />
diskriminierender Begriff, lernt man<br />
im Publikumsgespräch) sehen das<br />
ganz anders: „Das hat sich gelohnt.<br />
Wir haben das gern gemacht.“<br />
Auf die wütende Wortmeldung eines<br />
Organisators vom Jobcenter,<br />
der Künstler habe die Erwerbslosen<br />
nicht gut behandelt, erhebt sich heftiger<br />
Protest. Eine junge Frau hält<br />
ein flammendes Plädoyer: „Die Arbeit<br />
mit Ulf war ein Geschenk für<br />
uns! Das ist nicht wie bei Aldi an<br />
der Kasse zu sitzen. Er hat uns unsere<br />
Würde zurückgegeben.“ Andere<br />
Mitwirkende klatschen, bevor sich<br />
auch ein junger Mann von seinem<br />
Platz erhebt. „Danke, Ulf, für das,<br />
was du uns gegeben hast. Bei dir<br />
hatten wir das Gefühl, seit langem<br />
einmal ernst genommen zu werden.“<br />
Doch der Künstler wird weiter in die<br />
Mangel genommen: Ob es nicht eine<br />
Ausrede sei, zu argumentieren, man<br />
zitiere die bedenklichen Mittel des<br />
Staats, um sie sichtbar zu machen?<br />
Ulf Aminde kontert, man sei sich in<br />
seinem Projekt immerhin begegnet<br />
– das wäre doch schon mal besser<br />
als ein unbezahltes Praktikum oder<br />
einen unbefriedigender 1-Euro-Job.<br />
Wieder hagelt es Proteste.<br />
Hier stößt eine theatrale Produktion<br />
innere Prozesse an, die in der anschließenden<br />
Diskussion zwischen<br />
Produzenten, Mitwirkenden und Zuschauern<br />
ihren Höhepunkt findet.<br />
Und das Schönste: Nach dem offiziellen<br />
Gespräch reden die Menschen<br />
weiter miteinander, nachdem sie sich<br />
im Ballettsaal fast die Köpfe eingeschlagen<br />
hätten. Kann Theater etwas<br />
Besseres leisten?<br />
✒ Barbara Behrendt
HERZLICHEN ästhetische Erziehung DANK! FESTIVALZEITUNG <strong>26.06.2009</strong><br />
DER MENSCH IST NUR DA GANZ MENSCH, WO ER SPIELT.<br />
SPIELPLAN FreiTAG 26.06.09<br />
AB <strong>17.</strong>00 AB 18.00 AB 19.00<br />
AB 22.00<br />
AB 22.30<br />
17:00 OBERES FOYER<br />
Schiller On Air, SWR2<br />
Forum<br />
e 5,-/2,50 / frei in Verbindung<br />
mit Vorstellungsbesuch<br />
und für SWR2 Club-<br />
Mitglieder<br />
SPIELSTÄTTEN …<br />
Ab 18:00 unteres foyer<br />
Schwarzmarkt für<br />
nützliches Wissen und<br />
Nicht-Wissen<br />
Check-In / Buchen Sie Ihr<br />
Expertengespräch<br />
OPERNHAUS/SCHAUSPIELHAUS/OBERES & UNTERES FOYER/<br />
THEATERCAFE Am Goetheplatz, Ma<br />
STUDIO WERKHAUS Mozartstr. 9, Ma<br />
PROBENZENTRUM NECKARAU Eisenbahnstr. 2, Ma<br />
PENSION SCHILLER Kurpfalztherme im Collini-Center, Ma<br />
JOBCENTER Ifflandstr. 2-6, Ma<br />
CINEMA QUADRAT Collini-Center, Collinistr. 5, Ma<br />
ALTE FEUERWACHE Am Alten Messplatz, Brückenstr. 2, Ma<br />
ENGELHORN Haupteingang O5, Ma<br />
SCHILLERPLATZ B3, Ma<br />
ZEITRAUMEXIT Hafenstr. 68-72, Ma/Jungbusch<br />
THEATERHAUS TIG7 G7, 4b, Ma<br />
THEATER OLIV Alter Messplatz 7, Ma<br />
THEATER FELINA-AREAL Holzbauerstr. 6-8,<br />
Ma/Neckarstadt Ost<br />
HERZ-JESU-KIRCHE Pestalozzistr. 19,<br />
Ma/Neckarstadt West<br />
19:00-23:00 Schauspielhaus<br />
Schwarzmarkt für<br />
nützliches Wissen und<br />
Nicht-Wissen<br />
Eintritt frei / Expertengespräch<br />
e 1,-<br />
19:00 Probenzentrum<br />
Neckarau<br />
Johannen (UA)<br />
Doris Uhlich<br />
e 13,-/8,-<br />
19:00 ZEITRAUMEXIT<br />
Schwindelfrei<br />
Harry L. – Eine Auflösung<br />
René Arnold &<br />
Zeitraumexit<br />
e 13,-/8,-<br />
21:00 Theater feilinaareal<br />
Schwindelfrei (Premiere)<br />
Schillers Rausch &<br />
Nachtmahr<br />
Sascha Koal<br />
e 13,-/8,-<br />
22:00 KURPFALZTHERME IM<br />
COLLINI-CENTER Folge 7<br />
Pension Schiller II (UA)<br />
Drama Köln<br />
e 13,-/8,-<br />
22:00 collini-center<br />
Schwindelfrei<br />
Was Sie schon immer<br />
über SPD-Landtagsabgeordnete<br />
Helen Heberer<br />
wissen wollten…<br />
Theater Oliv<br />
e 13,-/8,-<br />
22:45 UNTERES FOYER /<br />
THEATERCAFé<br />
Schill-Out<br />
mit Ray Collins’ Hot Club<br />
und DJ SPY<br />
Eintritt frei!<br />
DJ SPY<br />
Doris Uhlichs Johannen-Ensemble / Foto: Karola Prutek