Newsletter - Institut für Angewandte Trainingswissenschaft Leipzig
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Nr. 12 / Oktober 2009<br />
Seite <br />
„Spitzenplatz in Vancouver ist das Ziel!“ (Fortsetzung des Interviews mit T. Pfüller von S. 1)<br />
Herr Pfüller, im Hochleistungssport<br />
zeichnet sich der Trend ab, dass die<br />
führenden Sportländer sowohl im Training<br />
als auch im Wettkampf zunehmend<br />
auf interdisziplinär zusammenwirkende<br />
Teams setzen. Was hat sich<br />
diesbezüglich im DSV entwickelt?<br />
Auch in unserem Verband gibt es diese<br />
interdisziplinären Teams mit Trainern,<br />
<strong>Trainingswissenschaft</strong>lern, Sportmedizinern<br />
und Skitechnikern. Dabei nimmt<br />
der Trainer die zentrale Funktion ein. Für<br />
diese Aufgabe haben wir aktuell eine Mischung<br />
von sehr erfahrenen, langjährig<br />
erfolgreichen Trainern, an deren Seite<br />
ehemalige Spitzensportler stehen, die<br />
eine Trainerausbildung absolviert haben<br />
und jetzt erste Verantwortung übernehmen<br />
– so beispielsweise im Biathlon mit<br />
Mark Kirchner oder im Skilanglauf mit<br />
Janko Neuber. Längerfristig rechnen wir<br />
hier auch mit Axel Teichmann, den wir<br />
nach dem Ende seiner sportlichen Laufbahn<br />
gerne in unser Trainerteam integrieren<br />
würden.<br />
Zur Unterstützung stehen an der Seite<br />
der Trainer Experten aus anderen<br />
Disziplinen, zu denen auch das <strong>Institut</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Angewandte</strong> <strong>Trainingswissenschaft</strong><br />
zählt, das uns bereits über viele Jahre<br />
IAT-Wissenschaftler Dr. Jürgen Wick<br />
(Mi.) mit Bundestrainer Frank Ullrich (l.)<br />
und Mark Kirchner bei einem Lehrgang<br />
der Biathlon-Nationalmannschaft<br />
Talentworkshop in Kopenhagen<br />
Vom 31. August bis 3. September fand<br />
in Kopenhagen der internationale Workshop<br />
„Psychological Aspects of Talent<br />
Development“ statt. Mit J. Côté, A. K.<br />
Ericsson, N. Stambulova, A.-M. Elbe,<br />
M. Krogh Kristensen und J. Beckmann<br />
nahmen führende Experten der Talentforschung<br />
teil. Auch Vertreter der Fachgruppe<br />
Nachwuchsleistungssport des<br />
IAT waren vor Ort. Neben den Vorträgen<br />
und Trainingshospitationen bot sich eine<br />
hervorragende Möglichkeit zur intensiven<br />
Diskussion der Projekte und zum<br />
Erfahrungsaustausch. Die Teilnehmer<br />
wollen zukünftig enger zusammenarbeiten<br />
und eine gemeinsame Themengruppe<br />
gründen.<br />
zuverlässig im Biathlon, Skilanglauf und<br />
Skisprung unterstützt. Ohne diese Partner<br />
sind heute internationale Spitzenleistungen<br />
nicht mehr vorstellbar.<br />
Welche Rolle spielen IAT und dessen<br />
Berliner Schwesterinstitut, das FES,<br />
im Deutschen Skiverband?<br />
IAT und FES sind ein Glücksfall <strong>für</strong> den<br />
deutschen Sport. In ihnen ist in geballter<br />
Form jahrelange Erfahrung und Wissen<br />
vereint. Die Wissenschaftler und Ingenieure<br />
der beiden <strong>Institut</strong>e kennen die<br />
Probleme der Trainingspraxis, da sie<br />
seit Jahrzehnten eng mit uns zusammenarbeiten.<br />
Gleichzeitig stellen sie die<br />
Verbindung zu Experten aus anderen<br />
wissenschaftlichen Einrichtungen her.<br />
Die Rückmeldungen aus der Sportpraxis<br />
bestätigen die gute Zusammenarbeit<br />
zwischen IAT-Wissenschaftlern und unseren<br />
Trainern.<br />
Wichtig sind uns stabile, langjährige Formen<br />
der Zusammenarbeit, da diese die<br />
Grundlage da<strong>für</strong> bilden, dass die richtigen<br />
Themen zum richtigen Zeitpunkt bearbeitet<br />
werden, dass Probleme im Training<br />
rechtzeitig erkannt werden und gemeinsam<br />
nach Lösungen gesucht wird.<br />
Letztlich bedarf es dieser Kontinuität<br />
auch, um Vertrauen zwischen den<br />
Partnern aufzubauen und, was <strong>für</strong><br />
uns sehr wichtig ist, um neue Erkenntnisse<br />
schnell und in einer <strong>für</strong><br />
die Praxis verständlichen Sprache<br />
in den Trainings- und Wettkampfprozess<br />
überführen zu können.<br />
Wo sehen Sie zukünftig weitere<br />
Entwicklungsmöglichkeiten in<br />
dieser Kooperation?<br />
Wir freuen uns, dass IAT und FES<br />
dank der angehobenen Förderung<br />
des Bundesministeriums des<br />
Innern (BMI) nicht nur in der Lage sind, ihren<br />
Mitarbeiterstab zu erweitern, sondern<br />
auch die technologische Forschungsbasis<br />
auszubauen. Natürlich hätten wir<br />
als Wintersportverband, der ein halbes<br />
Jahr vor seinen olympischen Wettbewerben<br />
steht, noch mehr vom IAT profitieren<br />
können, wenn diese Entscheidungen bereits<br />
zwei oder drei Jahre früher getroffen<br />
worden wären.<br />
Aber auch so sind uns in den letzten Jahren<br />
gemeinsame Entwicklungen auf internationalem<br />
Spitzenniveau gelungen, wie zum<br />
Beispiel die moderne Skisprunganlage in<br />
Klingenthal, die mit modernster Mess- und<br />
Analysetechnik ausgestattet wurde. Diese<br />
sind nun wie auch die neue Skihalle in<br />
Oberhof sinnvoll in den Trainingsprozess<br />
zu integrieren, um mittel- und langfristig<br />
positiv auf die sportliche Leistungsentwicklung<br />
wirken – sowohl im Hochleistungs- als<br />
auch im Nachwuchssport.<br />
Ein Blick nach vorn in Richtung Vancouver:<br />
Wen sehen Sie als Hauptkonkurrenten<br />
der deutschen Athleten?<br />
Norwegen hat sicher eine sehr erfolgreiche<br />
vor-olympische Saison hingelegt.<br />
Zudem rechnen wir mit den Österreichern<br />
und den USA, die bei Olympischen Winterspielen<br />
auf dem amerikanischen Kontinent<br />
zuletzt immer wieder zusätzlich<br />
Potenziale mobilisieren konnten. Insofern<br />
sind es mindestens vier Länder, die uns<br />
den Spitzenplatz streitig machen wollen.<br />
Hinzu kommen Medaillenanwärter aus<br />
Russland, Schweden, Polen, Kanada,<br />
der Schweiz und Finnland, um nur eine<br />
Auswahl zu nennen. Wie in den Sommersportarten<br />
wird auch im Wintersport die<br />
Zahl der potenziellen Medaillenkandidaten<br />
größer und die Zahl der Länder, aus<br />
denen sie kommen, ebenso. Nichtsdestotrotz<br />
ist es unser Ziel, in den von unserem<br />
Verband repräsentierten Sportarten in der<br />
Medaillenwertung einen Spitzenplatz zu<br />
erringen.<br />
Herr Pfüller, vielen Dank <strong>für</strong> das Gespräch<br />
und alles Gute <strong>für</strong> Vancouver.<br />
Es lässt sich festhalten, dass die Befundlage<br />
zur Karriereentwicklung von<br />
Topathleten nicht einheitlich ist. Ob eine<br />
frühe Spezialisierung und internationale<br />
Wettkampferfolge im Juniorenbereich<br />
notwendige Voraussetzungen <strong>für</strong> Spitzenleistungen<br />
darstellen, wurde kontrovers<br />
diskutiert. In den Referaten wurde<br />
deutlich, dass zuverlässige Prognosen<br />
der Leistungsentwicklung anhand einmaliger<br />
Leistungsüberprüfungen im Jugendalter<br />
nicht möglich sind. Retrospektive<br />
Studien der Veränderungen einzelner<br />
Leistungskriterien zeigen vielversprechende<br />
Ansätze zur Verbesserung der<br />
Talentidentifikation. Dies bestätigt das<br />
Vorhaben der Fachgruppe Nachwuchsleistungssport<br />
des IAT, anhand der Analyse<br />
längsschnittlich vorliegender Daten<br />
aus leistungsdiagnostischen Untersuchungen<br />
altersabhängige Talentkriterien<br />
herauszuarbeiten.<br />
Es wurde einhellig betont, dass den Trainern<br />
im Prozess der Talentidentifikation<br />
und -förderung die entscheidende Rolle<br />
zukommt, <strong>für</strong> welche sie jedoch häufig<br />
nicht ausreichend qualifiziert sind. Aus<br />
diesem Grund liegt ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt<br />
der IAT-Fachgruppe<br />
in der Erarbeitung eines Manuals zur<br />
Talentdiagnostik als Handreichung und<br />
Orientierungshilfe <strong>für</strong> Trainer.<br />
Antje Hoffmann