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<strong>aktuell</strong><br />
WeihnAchtsgeschichte<br />
Weihnachten vor 100 jahren<br />
Was hätte meine Großmutter anderes tun sollen<br />
als zu versuchen, ihre 10 Kinder bei Verwandten<br />
und Bekannten unterzubringen? Das Jüngste,<br />
der heute 106 jährige Albin Pichler 1906 geboren,<br />
als zweitjüngste meine Mutter 1905 geboren.<br />
Der Mann meiner Großmutter hatte die<br />
gemeinsame Lebensgrundlage – eine kleine<br />
Landwirtschaft am Berg verwirtschaftet und<br />
starb bereits 48 jährig im Jahr 1909. So wurde<br />
auch meine Mutter damals im Alter von 5 Jahren<br />
bei einem Bauern aufgenommen. Da es sich um<br />
einen größeren Talbetrieb handelte, befanden<br />
sich neben den Bauersleuten auch mehrere<br />
Knechte und Mägde am Hof. Das raue Klima<br />
des obersten Mölltales hat sich nicht nur auf das<br />
Miteinander der Hofbewohner ausgewirkt – es<br />
fand wohl auch in der rauen Kost seinen Niederschlag.<br />
Die Knödel, die es mittags an jedem<br />
Wochentag gab, waren aus Gerstenmehl zubereitet<br />
und das Innenleben derselben äußerst<br />
dürftig. Die wenigen fleischlichen Bestandteile<br />
aus geselchtem Schaffleisch hatten Mühe in<br />
jedem Knödel vertreten zu sein. Anders verhielt<br />
es sich bei den drei Knödeln, die eigens für die<br />
alte Mutter gekocht wurden. Sie waren zwar viel<br />
kleiner, dafür aber aus Weizenmehl und mit entsprechender<br />
Speckeinlage zubereitet. Kein<br />
Wunder, dass das schmächtige Mädchen sich<br />
zur Mittagszeit nichts sehnlicher wünschte, als<br />
das der Hunger der Mutter genau auf zweineinhalb<br />
Knödel abgestimmt wäre. Hatte die alte<br />
Frau nämlich nur Hunger für zwei Knödel wurde<br />
der dritte für deren Abendessen aufbewahrt.<br />
Hatte sie Hunger für drei Knödel ging das Kind<br />
ebenfalls leer aus. Nur der Hunger für zweieinhalb<br />
Knödel bescherte dem Mädchen den<br />
ersehnten halben Knödel der Sonderklasse.<br />
Eine freudige Überraschung gab es zur Weihnachtszeit<br />
als eine Nachbarin etwas vorbei<br />
brachte. Es handelte sich um ein Gebäck dessen<br />
Oberseite reichlich mit Zucker bestreut war.<br />
„Eppes für´s Dirndle“ sagte sie bei der Überreichung<br />
der Kostbarkeit. Nach der ersten Verkostung<br />
des „Darübergestreuten“ sollte die Kostbarkeit<br />
gleich an einem sicheren Ort verwahrt werden.<br />
Das sogenannte Ofenloch, ein schmaler<br />
Schlitz, zwischen dem gemauerten Stubenofen<br />
und der Holzwand schien sich dafür am Besten<br />
zu eignen. Am Abend sollte das bescheidene<br />
Essen eine heimliche Fortsetzung durch das<br />
unerwartete Geschenk erfahren. Zum Entsetzen<br />
des Mädchens befand sich im Ofenloch statt der<br />
Köstlichkeit nur mehr ein Lederpatschen eines<br />
Knechtes. Alles Nachfragen und alle damit verbundenen<br />
Tränen brachten keine Aufklärung<br />
über den Verbleib des Geschenkes. Nur einer<br />
der Knechte äußerte eine Vermutung indem er<br />
sagte: „Werd holt´s Chrischtkindl sein hungrig<br />
g´wesn.“<br />
Sepp Messner<br />
So reich wia heut wår ma noch nia,<br />
åba jeda möchte noch mehr håbn!<br />
So eng banånd wia heut wår ma noch nia,<br />
trotzdem håts uns noch nie so weit auseinandergetrågn.<br />
So viel Gwand wia heut håmma noch nia ghåb,<br />
åba seltn samma so nåckat gwesn,<br />
mir håmma noch nia so viel ghört va da Welt,<br />
und noch nia so oft – auf åndre vagessn!<br />
Ma håt noch nia mehr gred va an Mitanånd,<br />
und wår ma seltn so isoliert,<br />
so viel Zeit wia heit håmma noch nia ghåbt,<br />
åba koani zan Vaschenkn, dåss es a Åndere<br />
gspürt!<br />
So viel gsehgn wia heut håmma noch nia,<br />
åba so blind samma a noch nia gwesn,<br />
so viel Liachta wia heut håmma noch nia ghåb,<br />
und noch nia so oft in da Finstanis gsessn!<br />
Edith Kienzl<br />
18 Weihnachtsausgabe – Dezember 2012