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WUNDER AUS ZSCHOPAU - Motorrad online

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1 0 0 J A H R E E P O C H A L E B I K E S<br />

WEGW<br />

<strong>WUNDER</strong> <strong>AUS</strong><br />

<strong>ZSCHOPAU</strong><br />

Erscheinungsjahr 1939, DKW RT 125, 123 cm 3 ,<br />

4,75 PS bei 5000/min, Gewicht 80 kg. Einfach gut, stets zuverlässig<br />

In jedem halbwegs sortierten Museum<br />

steht eine – und wird durchweg weniger<br />

beachtet als selbst die gängigste BMW.<br />

Dabei weiß jeder, dass so manche BMW<br />

krankte und dieses kleine Wunder eben<br />

nie. DKW RT 125, die größte Erfolgsstory<br />

des deutschen <strong>Motorrad</strong>baus. Ende der<br />

goldenen 20er war DKW, gut zehn Jahre<br />

zuvor vom Dänen Jörgen Skafte Rasmussen<br />

gegründet, die größte <strong>Motorrad</strong>fabrik<br />

der Welt. Den Hauptgewinn erzielte man<br />

in Zschopau mit dem Bau zuverlässiger<br />

Kleinmotorräder mit 100 bis 200, das<br />

größte Renommee mit den Rennerfolgen<br />

der Ladepumpen-Zweitakter mit 250 und<br />

350 Kubikzentimetern.<br />

Die 1939 vorgestellte RT 125 bündelte<br />

alle Geheimnisse des Firmenerfolgs,<br />

war langlebig, zweckmäßig, zuverlässig,<br />

leicht, einfach – und ihr Motor vertraute<br />

auf die Umkehrspülung des Ingenieurs<br />

138 17/2003<br />

MOTORRAD


EISER<br />

Auf dem Weg zum Mythos genügt manchmal, von allem üppig aufzutragen. Glamour,<br />

Größe, Genie. Zum epochalen <strong>Motorrad</strong> dagegen wird nur, was zu seiner Zeit am Markt<br />

punktet und die <strong>Motorrad</strong>entwicklung bis in alle Zeiten beeinflusst.<br />

Von Fred Siemer; Fotos: MOTORRAD, Dorling Kindersley<br />

ERSTMALS IN SERIE<br />

Erscheinungsjahr 1894, Hildebrand & Wolfmüller, 1490 cm 3 ,<br />

2,5 PS bei 240/min, Gewicht 60 kg. Heikel in der Bedienung<br />

Schnürle. Als 1940 der millionste DKW-<br />

Motor vom Band lief, handelte es sich<br />

selbstredend um den 125er des neuen<br />

Verkaufsschlagers. Und wurde wohl ebenso<br />

umgehend in den Kriegsdienst geschickt.<br />

Höchst beeindruckt von DKW-<br />

Heldentaten schlachteten die Alliierten<br />

nach 1945 das Zschopauer Erbe aus, um<br />

daheim RT-Produktionen aufzuziehen:<br />

Harley-Davidson Hummer, BSA Bantam,<br />

Moska 125 hießen des kleinen Wunders<br />

Klone. Später kam – unter anderen –<br />

noch einer mit Namen YA-1 hinzu, damit<br />

begann Yamahas <strong>Motorrad</strong>produktion.<br />

Die Deutschen bauten ihre Nachkriegs-RT<br />

einmal in Ingolstadt und einmal<br />

in Zschopau. Hier als DKW, dort als Ifa,<br />

später MZ. Gesamtdeutsch brachte die<br />

RT es auf über 450 000 Exemplare, zuletzt<br />

käuflich als MZ RT 125/4 im Jahr<br />

1965. Weltweit dürften es mehr als fünf<br />

www.motorrad<strong>online</strong>.de 139<br />

MOTORRAD


1 0 0 J A H R E E P O C H A L E B I K E S<br />

DAS ORIGINALREZEPT<br />

Erscheinungsjahr 1923, BMW R 32, 494 cm 3 ,<br />

8,5 PS bei 3200/min, Gewicht 120 kg. Auffallend schnörkellos<br />

Die epochalsten Motorräder<br />

Millionen gewesen sein. Epochal, klar,<br />

aber noch nicht das Ende der RT-Geschichte,<br />

denn dieser kleine Motor bildete<br />

in den 50er Jahren die Grundlage für<br />

bahnbrechende MZ-Versuche, Resonanzschwingungen<br />

des Auslasstrakts für die<br />

Zylinderfüllung zu nutzen. Irre schnelle<br />

Renngeräte entstanden, und Suzuki<br />

wusste sich nicht anders zu helfen, als<br />

den Rennfahrer Ernst Degner abzuwerben,<br />

um das Geheimnis dieser Leistung<br />

zu lüften. So geriet die RT am Ende unter<br />

den Sportadel. Zufall zwar, dass ausgerechnet<br />

sie Versuchsträger spielen<br />

durfte, jedoch verdient.<br />

Epochal ist auch zu nennen, was die<br />

Herren Heinrich Hildebrand und Alois Wolfmüller<br />

vier Jahrzehnte vor der RT-Geburt<br />

in München leisteten. Die erste Serienproduktion<br />

eines <strong>Motorrad</strong>s nämlich. 1894<br />

wagten sie’s, unter beträchtlichem Aufwand<br />

und Beschäftigung Dutzender Zulieferer<br />

sowie ungeachtet einiger technischer<br />

Kabinettstückchen, die heute höchstens<br />

als Lachnummern taugen. Hinterrad<br />

als Kurbelwelle ausgebildet und direkt<br />

von den Pleueln angetrieben. Dagegen<br />

steht Weitblickendes wie Ölvorrat im Rahmen,<br />

Wasserkühlung, mit Luft befüllte<br />

statt Vollgummireifen. Die Bedienung des<br />

Geräts geriet allerdings zu kompliziert,<br />

erst klagten die Kunden, dann blieben sie<br />

aus. Trotzdem: ein donnerndes „Epochal“<br />

nach München.<br />

Deutlich bescheidener fing jener Hersteller<br />

an, der heute den deutschen<br />

<strong>Motorrad</strong>bau dominiert. BMW hatte im<br />

Ersten Weltkrieg mit Flugmotoren reüssiert,<br />

durfte die aber nach der gloriosen<br />

Niederlage nicht mehr bauen. Junge<br />

<strong>Motorrad</strong>begeisterte forcierten die kühne<br />

Idee, was Sportives fürs Alpenglühen zu<br />

entwickeln. Bis dato waren Boxer-Kurbel-<br />

140 MOTORRAD<br />

17/2003


1 0 0 J A H R E E P O C H A L E B I K E S<br />

BRIT-BIKE<br />

IN REINKULTUR<br />

Erscheinungsjahr 1937, Triumph Speed Twin, 498 cm 3 ,<br />

23 PS bei 6000/min, Gewicht 148 kg. Sportiv und preiswert<br />

Die epochalsten Motorräder<br />

wellen stets quer zur Fahrtrichtung eingebaut.<br />

Erst der Querdenker Max Friz ordnete<br />

sie längs an. Und schon war DAS<br />

Markenzeichen erfunden. Epochal, weil<br />

der Zweizylinder-Boxer einige grundsätzliche<br />

Tugenden besitzt. Prima Massenausgleich<br />

etwa, niedriger Schwerpunkt<br />

und – 1923 echt wichtig – hohe Wartungsfreundlichkeit.<br />

Bei der längsliegenden Kurbelwelle<br />

bot sich der Hinterradantrieb via<br />

Kardanwelle an, und genau so erschien<br />

sie, die auffallend schnörkellose R 32.<br />

Epochal auch deshalb, weil das Haus<br />

noch immer und in erster Linie vom 80<br />

Jahre alten Prinzip zehrt. Dessen Eigenständigkeit<br />

spricht an und führt zum Erfolg.<br />

Dass auf diesem Weg mancher<br />

grandios scheitert, wusste Edward Turner<br />

längst, als er 1937 den Speed-Twin-Motor<br />

zur Welt brachte. Bis hin zu im Quadrat<br />

angeordneten vier Zylindern trieben es<br />

die Briten, Triumph aber wollte unbedingt<br />

den Beinamen trusty, verlässlich, verteidigen.<br />

Außerdem verstand Turner etwas<br />

von Produktionskosten, und so düpierte<br />

er alle Welt mit einem potenten 500er-<br />

Twin, der zum selben Preis angeboten<br />

werden konnte wie die meisten Singles.<br />

Der äußerst kompakt ausfiel, sich samt<br />

angeblocktem Getriebe in ein kurzes, hand-<br />

liches Fahrwerk integrieren ließ. Epochal<br />

schon bei Erscheinen, aber erst recht,<br />

wenn man bedenkt, was das <strong>Motorrad</strong><br />

als solches in den Nachkriegsjahren am<br />

Leben hielt. Genau, Brit-Twins mit viel<br />

Power und Faszination, die alle Turners<br />

Strickmuster folgten, als Triumph Bonneville<br />

oder Thunderbird im Kern sogar denselben<br />

Motor besaßen.<br />

Andere dürfen ihren Ruhm nicht so<br />

linear verfolgen. Den Verantwortlichen<br />

von Adler haftet heute der Ruf an, eine<br />

aussichtsreiche Firma in die Pleite gelotst<br />

zu haben. Mag sein. Unvergesslich jedoch<br />

der Mut, mit dem die Frankfurter<br />

1952 dem Zweizylinder-Zweitakter Beine<br />

142 17/2003<br />

MOTORRAD


DER<br />

MOTOR<br />

BRINGT’ S<br />

Erscheinungsjahr 1952, Adler<br />

M 250 S, 249 cm 3 , 16 PS bei<br />

5000/min, Gewicht 154 kg.<br />

Vorbild japanischer Zweitakter<br />

HONDAS<br />

RENNER<br />

Erscheinungsjahr 1960, Honda<br />

CB 72, 250 cm 3 , 25 PS bei<br />

8500/min, Gewicht 152 kg.<br />

Traumbike für Sportler<br />

machten. M 250 hieß die vollgefederte<br />

Maschine, echte Konkurrentin der damals<br />

tonangebenden Einzylinder-Viertakt-NSU<br />

namens Max. Und die ist nicht epochal,<br />

weil kein Mensch einen Nockenwellenantrieb<br />

mittels Schubstangen braucht.<br />

Schnelle Zweitakt-Twins dagegen brauchte<br />

die Welt noch lange, was vor allem Japaner<br />

erkannten. Sie kopierten die Adler<br />

ungeniert. Das Triebwerk von Yamahas<br />

YD-1 glich dem deutschen Original bis in<br />

Details, Kawasakis und Suzukis Zweitakt-<br />

Twins ließen später ebenfalls enge Verwandtschaft<br />

erkennen und trugen letztlich<br />

ganz entscheidend zum <strong>Motorrad</strong>-Boom<br />

der 60er Jahre bei. Bravo, Hessen.<br />

Um gegen die Frankfurter Schule anzukommen,<br />

musste Soichiro Honda echt<br />

rotieren – und brachte mit der CB 72 einen<br />

Viertakt-Twin, der Schwindel erregend<br />

drehen konnte. 8500 Mal pro Minute für<br />

echte 25 bis 26 PS. Zu Zeiten, als Literleistungen<br />

von 100 PS jenseits der Rennstrecke<br />

als Teufelswerk galten. In denen<br />

der Rennsport jedoch die wenigen noch<br />

aktiven <strong>Motorrad</strong>fahrer wie verrückt faszinierte.<br />

Honda hatte das erkannt, stand<br />

1959 wie Kai aus der Kiste mit 125er-<br />

Twins auf der TT, sackte zwei Jahre<br />

darauf den Sieg ein und bereits zwei WM-<br />

Titel. Vier Ventile pro Zylinder, zwei obenliegende<br />

Nockenwellen, per Zahnradsatz<br />

angetrieben – die Fans auf dem alten<br />

Kontinent glaubten, dieser Japaner könne<br />

zaubern.<br />

Und dann stellte er ihnen 1960 einen<br />

Zweizylinder hin, der mit 2750 Mark just<br />

300 mehr kostete als die biedere Einzylinder-R<br />

27 von BMW. An dem schon alles<br />

dran war, was die Jungs sonst erst<br />

dengeln, biegen oder besorgen mussten:<br />

zierliches Frontschutzblech, schlanke Sitzbank,<br />

Duplexbremse vorn, eng anliegende<br />

Schalldämpfer. Der Motor erst: ohc, zwei<br />

Vergaser, filigran verrippt – eine Zierde,<br />

aufgehängt in einem unten offenen Rohrrahmen,<br />

das Ganze gute 150 Kilo schwer.<br />

Epochal, und jeder, der das heute nicht<br />

www.motorrad<strong>online</strong>.de 143<br />

MOTORRAD


1 0 0 J A H R E E P O C H A L E B I K E S<br />

HONDAS<br />

ÜBERHAMMER<br />

Erscheinungsjahr 1969, Honda CB 750, 736 cm 3 ,<br />

67 PS bei 8000/min, Gewicht 247 kg. Revolutionär und traumhaft<br />

Die epochalsten Motorräder<br />

fassen kann, weil es 15 Jahre später von<br />

ohc-Viertakt-Twins wimmelte, der frage<br />

einen Zeitzeugen. Diese 250er war der<br />

Hammer.<br />

Honda hatte Freude daran gefunden,<br />

<strong>Motorrad</strong>ler zu überraschen. Seine CB<br />

750 darf diesbezüglich als größter Coup<br />

überhaupt gelten. Gerüchte gab es seit<br />

1967. Aber keiner glaubte wirklich daran,<br />

dass die quer eingebauten Vierzylinder<br />

jemals ihr Dasein zwischen Start und Ziel<br />

aufgeben könnten. Gilera, MV, Benelli und<br />

andere hatten die Drehwürmer bereits zur<br />

Lorbeer-Suche bemüht. Aber Otto Normalfahrer<br />

auf dem Weg zum Badesee?<br />

Als 1969 bei Honda Deutschland die<br />

erste CB 750 ihre Transportkiste verließ,<br />

entstand ein beinahe rührendes Foto: Mit<br />

sorgenträchtiger Miene blicken typisch<br />

deutsche Bedenkenträger auf ein <strong>Motorrad</strong>,<br />

das wir heute als unschuldig bezeichnen<br />

würden. Das aber mit seinen<br />

67 PS mitten in die Diskussion platzte, ob<br />

Leistungen von mehr als 50 PS überhaupt<br />

beherrschbar seien. Fabeln gediehen,<br />

200-km/h-Stories ohne Ende.<br />

Fakt ist: Diese Honda überführte das<br />

<strong>Motorrad</strong> endgültig aus den Niederungen<br />

der Vernunft ins Reich der Freude und<br />

blieb dabei derart berechenbar, dass<br />

eigentlich alle mitreisen durften. Fakt<br />

auch: Die CB 750 machte technischen<br />

Aufwand zum Muss. Vier Vergaser, ohc,<br />

Trockensumpfschmierung, Nenndrehzahl<br />

8000/min. Ein Gedicht. Obendrein zuverlässiger<br />

als viele Bauernmotorräder. Epochal<br />

– in diesem Fall sogar mythisch.<br />

Die anderen Japaner brauchten einige<br />

Jahre, um sich von diesem Schock zu<br />

erholen, produzierten dann aber munter –<br />

Kawasaki mit der Z1 vorneweg – Vierer<br />

en gros. Wie ein Glaubensbekenntnis,<br />

oberhalb von 500 Kubikzentimetern tauge<br />

144 17/2003<br />

MOTORRAD


1 0 0 J A H R E E P O C H A L E B I K E S<br />

FABIOS ANTWORT<br />

Erscheinungsjahr 1973, Ducati 750 SS, 748 cm 3 ,<br />

72 PS bei 8500/min, Gewicht 215 kg. Für technische Ästheten<br />

Die epochalsten Motorräder<br />

nichts besser. Heute wissen wir, dass ihr<br />

fester Glaube anderen Platz zum Überleben<br />

ließ. So toll die seidenweichen, potenten<br />

und fast durchweg zuverlässigen<br />

Triebwerke der Big Four auch liefen, die<br />

Nonkonformisten hofften auf Alternativen.<br />

Fabio Taglioni gebührt das Verdienst,<br />

sie erhört zu haben. Sein in L-Form konfigurierter<br />

750er-Twin mit querliegender<br />

Kurbelwelle bürgte für schmale Stirnfläche<br />

und gute Kühlung des hinteren<br />

Zylinders. Die per Königswellen angetriebenen,<br />

obenliegenden Nockenwellen für<br />

ausreichende Drehzahlreserven. Alles<br />

zusammen war wie die Neuerfindung des<br />

Rades: So einen Motor hatte die Welt bis<br />

1970 noch nicht gesehen. Als Paul Smart<br />

1972 auf einer solchen, mit Desmodromik<br />

versehenen Ducati die gesamte <strong>Motorrad</strong>elite<br />

düpierte und die 200 Meilen von<br />

Imola gewann, kannte die Begeisterung<br />

keine Grenzen. Das eigens aufgelegte,<br />

mit Halbschale ausgestattete Sondermodell<br />

war blitzschnell verkauft. Und alle,<br />

die heute eine dieser 750 SS besitzen,<br />

seufzen wohlig: epochal. Weil die Super<br />

Sport zeigt, dass optischer wie technischer<br />

Feinschliff sogar eine geniale<br />

Konstruktion noch erhöhen kann und nur<br />

Vollendung als Maß der Dinge taugt.<br />

Das Absolute im Visier. So ging rund<br />

13 Jahre später auch Suzuki-Chefentwickler<br />

Tadaomi Shigenoya daran, einen<br />

echten Sportler für die Straße zu bauen.<br />

Den Vierzylinder wieder dramatisieren,<br />

aus seiner Brot-und-Butter-Ecke zerren.<br />

Das Rezept konnte nur Leichtbau heißen,<br />

denn steifere Fahrwerke, bequemere<br />

Ausstattung und dergleichen hatten im<br />

Lauf der Zeit für Speckrollen gesorgt. Ein<br />

Fall für Aluminium, und das zunächst<br />

etwas labile Rahmengeflecht der Suzuki<br />

GSX-R 750 machte diesen Werkstoff<br />

denn auch bei Nippons Superbikes salonfähig.<br />

Dazu ein wunderschöner Feinripp-<br />

Four, der insbesondere mit geringen Ab-<br />

146 17/2003<br />

MOTORRAD


VIERER<br />

LEICHT<br />

GEMACHT<br />

Erscheinungsjahr 1984, Suzuki<br />

GSX-R 750, 749 cm 3 , 100 PS<br />

bei 11000/min, Gewicht 200 kg.<br />

Rennsport fürs Volk<br />

DICKES<br />

SCHIFF<br />

Erscheinungsjahr 1958, Harley-<br />

Davidson FL Duo Glide, 1207 cm 3 ,<br />

60 PS bei 3800/min, Gewicht<br />

345 kg. The american way<br />

messungen beeindruckte. Wie es dazu<br />

kam? Suzuki verzichtete auf Wasserkühlung,<br />

vergrößerte stattdessen den Ölvorrat<br />

und erhöhte die Förderleistung vor<br />

allem in Richtung Vierventil-Zylinderkopf<br />

beträchtlich. Epochal ist diese Suzi aber<br />

deshalb, weil sie mit den radikalen Supersportlern<br />

ein <strong>Motorrad</strong>segment kreierte,<br />

das wie kein anderes technische Kompetenz<br />

bündelt. Und weil sie den Schlüssel<br />

zu diesem Segment offenbarte: Gewicht<br />

sparen mit unerbittlicher Konsequenz.<br />

Fünf Prozent bei den Pleueln, drei beim<br />

Rahmen, zwei bei den Ventilen. Jawohl,<br />

zwei Prozent bei den Ventilen, sonst wird<br />

das alles nichts.<br />

Oder es wird irgendwann eine epochale<br />

Harley, denn die eine oder andere<br />

Reihe dieses 100-jährigen Jubilars hat<br />

wahrhaft Weltniveau. Die Sportster etwa,<br />

wenngleich nur als Reaktion auf den<br />

unglaublichen US-Erfolg britischer Nachkriegsbikes<br />

erschienen. Noch mehr verdient<br />

die Duo Glide das Attribut. 1958 aus<br />

der Hydra Glide hervorgegangen, aber mit<br />

Hinterradfederung versehen, ermöglichte<br />

sie dem bereits vorhandenen Konzept<br />

vom bärigen Tourer den Durchbruch<br />

zur vollkommenen Menschenfreundlichkeit.<br />

Außerdem beweist die Duo Glide mit<br />

ihrem schnörkellosen Panhead-Motor, wie<br />

simpel Masse auftreten, wie unmittelbar<br />

das Design den Verwendungszweck ausdrücken<br />

kann. Meilen fressen, Duo Glide<br />

fahren. Heute eben E-Glide, denn auf ihrem<br />

Weg zur Unsterblichkeit kam die Duo<br />

Glide nicht um einen E-Starter herum.<br />

Hurra Milwaukee, und das mit der abgekupferten<br />

DKW RT 125 relativiert sich<br />

aufs Angenehmste: Legionen von Langstrecklern<br />

sehen heute nach Harley aus.<br />

Von der RT bis zur Duo Glide. Mancher<br />

mag eine andere Auswahl treffen, doch<br />

unterm Strich bleibt, dass nur Mut,<br />

Konsequenz und Standvermögen zum<br />

epochalen <strong>Motorrad</strong> führen. Die aktuelle<br />

Kandidatenliste ist lang. Wer es schafft?<br />

Die Zeit wird’s zeigen.<br />

www.motorrad<strong>online</strong>.de 147<br />

MOTORRAD

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