03.11.2013 Aufrufe

Leseprobe I (PDF) - Michael Müller Verlag

Leseprobe I (PDF) - Michael Müller Verlag

Leseprobe I (PDF) - Michael Müller Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Civitella del Tronto 103<br />

Sanfte Hügel mit Blick in die Marken<br />

Im nördlichen Landesinneren<br />

Wenn man von der Küste aus den Weg durch das breite und wenig spektakuläre Val<br />

Vibrata einschlägt, steuert man schnell auf das Highlight der Gegend zu: Civitella<br />

del Tronto, das traumhaft gelegene Städtchen am Hang mit seiner mächtigen Festung<br />

und gigantischen Ausblicken. Die Orte nördlich des Val Vibrata lohnen allenfalls<br />

für Weinliebhaber einen Stopp. Reizvoller ist dagegen das zwischen Civitella<br />

del Tronto und Teramo auf halber Strecke gelegene Campli: Der Ort mit dem schönen<br />

Centro storico aus der Renaissance ist vor allem auch für seine Scala Santa, die<br />

„Heilige Treppe“ berühmt.<br />

Der Norden der Abruzzen<br />

Karte S. 90/91<br />

Val Vibrata<br />

Das breite Tal mit den sanft ansteigenden Bergrücken rundum hat selbst<br />

nicht viel Interessantes zu bieten, obwohl es schon in prähistorischer Zeit<br />

besiedelt war.<br />

Weinbau und Kleinindustrie bzw. Handwerksbetriebe prägen das Vibrata-Tal.<br />

Wirtschaftliche Zentren sind Sant’Egidio alla Vibrata, ein nicht zwingend sehenswertes<br />

10.000-Einwohner-Städtchen am gleichnamigen Fluss (hier Bekleidungsund<br />

Lederfertigung) ebenso wie Nereto (ca. 5000 Einwohner), das sich vor allem als<br />

ein Zentrum der Bekleidungsindustrie einen Namen gemacht hat.<br />

Das Tal zählt zu den ältesten Siedlungsgebieten der Abruzzen. Frühgeschichtliche<br />

Funde weisen darauf hin, dass hier schon in der Jungsteinzeit Handel betrieben<br />

wurde. Spektakulärster Fund der Gegend ist die prähistorische Siedlung von Ripoli<br />

mit ihren in den Boden gegrabenen Hütten, die aus der Zeit um 4500 v. Chr. Stammen.<br />

Nur wenige Kilometer von Ripoli entfernt liegt der Ort Corropoli mit der ansehnlichen<br />

Piazza Piè di Corte und der Abbazia di Santa Maria di Mejulano. Das<br />

Benediktinerkloster geht auf das Jahr 1018 zurück und entstand vermutlich am Ort<br />

eines alten heidnischen Tempels.<br />

Oberhalb des Tales thront zunächst auf dem nördlich verlaufenden Hügelrücken<br />

der nur sechs Kilometer von der Küste entfernte Ort Colonella (ca. 3500 Einwohner)<br />

mit herrlichem Panorama. Ein Stück weiter westlich erreicht man Contro-<br />

Civitella<br />

del Tronto


104 Der Norden der Abruzzen<br />

guerra (ca. 2500 Einwohner) in ähnlich exponierter Lage, das seine Bekanntheit vor<br />

allem dem gleichnamigen Weinbaugebiet verdankt. Einige der besten Abruzzenwiene<br />

kommen aus den hiesigen Weinbergen.<br />

Auf panoramareicher Straße geht es von Controguerra weiter Richtung Sant’Egidio<br />

alla Vibrata und durch das Tal in südwestlicher Richtung hinauf nach Civitella del<br />

Tronto.<br />

Übernachten/Essen Agriturismo Villa<br />

Fiore, sehr schöner Hof mit altem, restauriertem<br />

Bauernhaus, in dem fünf DZ und<br />

zwei Appartements untergebracht sind. Außerdem<br />

Restaurant mit Terrasse und schöner<br />

Garten mit fantastischem Pool und<br />

herrlichem Blick, das Ganze umgeben von<br />

17 Hektar Olivenanbau. Geschmackvoll hergerichtete<br />

Zimmer mit modernem Komfort,<br />

gefrühstückt wird auf der Terrasse. EZ nur<br />

in der Nebensaison (Mitte September bis<br />

Anfang Juni) für 38 €, DZ 60–90 €, jeweils<br />

inkl. Frühstück, Appartement für 2–4 Pers.<br />

90–150 €, (ohne Frühstück, das kostet 5 €<br />

pro Pers. Und Tag). Halbpension 15 € Aufpreis<br />

für Hausgäste. Keine Hunde. Ganzjährig<br />

geöffnet. Anfahrt: von Controguerra kommend<br />

Richtung Ancarona, dann links ab, beschildert,<br />

der Agriturismo befindet sich in<br />

Pretella, einem Ortsteil von Torano Nuovo.<br />

Civitella del Tronto<br />

Contrada Petrella 20, 64010 Torano Nuovo<br />

(TE), ¢/§ 0861/82103, www.villafiore.eu.<br />

Wein In dem kleinen DOC-Gebiet um<br />

Controguerra werden neben dem heimischen<br />

Montepulciano d’Abruzzo auch zahlreiche<br />

andere Rebsorten angebaut, u. a.<br />

Merlot, Cabernet, Chardonnay und Malvasia.<br />

Zwei der bekanntesten Produzenten sind:<br />

Azienda Agricola Dino Illuminati „Fattoria<br />

Nicò“, Contrada S. Biagio 18, 64010 Controguerra<br />

(TE), ¢ 0861/808008, § 0861/810004.<br />

Azienda Agricola Camillo Montori, Via Piane<br />

Tronto, 64010 Controguerra (TE),<br />

¢ 0861/809900, § 0861/809912, www.montori<br />

vini.it.<br />

Vor einem Besuch und Degustation/Einkauf<br />

sollte man sich immer telefonisch anmelden!<br />

(ca. 5500 Einwohner)<br />

Die markante Fortezza Spagnola thront auf dem Gipfel eines felsigen Berges<br />

und ist schon von weitem zu sehen. Sie zählt zu den bedeutendsten –<br />

und am härtesten umkämpften – Festungen Mittelitaliens. Am Hang unterhalb<br />

erstreckt sich der einladende Ort mit seiner herrlichen Panoramapiazza.<br />

Ein Spaziergang durch das beschauliche Dorf beginnt an der Porta Napoli (13. Jh.),<br />

durch die man in das nahezu autofreie Centro storico gelangt. Vorbei an der Kirche<br />

San Lorenzo aus dem 16. Jh. Auf der linken Seite betritt man den „Balkon“ von Civitella:<br />

die Piazza Filippi Pepe, allgemeiner Treffpunkt mit fantastischem Blick bis<br />

hin zum mächtigen Gebirgsstock des Gran Sasso im Süden. Hier beginnt der Corso<br />

Mazzini, die schmale Hauptachse des Dorfes mit einigen sehenswerten Renaissancegebäuden.<br />

Gleich beim Palazzo Comunale befindet sich die romanische<br />

Chiesa di San Francesco mit hölzernem Chor aus der Zeit um 1400. Wem mehr<br />

nach weltlichen Sehenswürdigkeiten ist: Civitella rühmt sich der schmalsten Gasse<br />

Italiens, einfach von der zentralen Piazza Pepe der Beschilderung „la Ruetta, la via<br />

più stretta d’Italia“ folgen. In der Tat ist die vermeintlich schmalste Gasse des Landes<br />

nicht mal einen Meter breit, doch finden sich noch diverse weitere Anwärter<br />

auf diesen Titel, in den Abruzzen z. B. in Santo Stefano Sessonia (→ S. 166). Durch<br />

malerische Gassen geht es steil hinauf zur Festung, in der sich heute ein sehenswertes<br />

Museum befindet (→ unten).<br />

Der Ort Civitella entstand etwa im 10. Jh. Bald darauf wurde auch erstmals von einer<br />

Burg auf dem Travertinfelsen oberhalb berichtet: eine mit fünf Wachtürmen


Civitella del Tronto 105<br />

Der Norden der Abruzzen<br />

Karte S. 90/91<br />

Fotoshooting auf dem „Balkon“ von Civitella del Tronto<br />

versehene Befestigung, die aber Ende des 15. Jh. zerstört wurde. Einige Zeit später<br />

wurde sie wieder aufgebaut und im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut<br />

bzw. erweitert: Die Verteidigungsanlage war im Laufe der Zeit immer wieder heiß<br />

umkämpft, u. a. im Jahr 1557, als französische Truppen unter Heinrich II. sich auf<br />

den Weg machten, um Neapel zu erobern. Über Monate trotzten die tapferen Bewohner<br />

des Ortes der französischen Übermacht und konnten ihr Bollwerk schließlich<br />

halten. Gleich zweimal wurde die Festung von napoleonischen Truppen (1798<br />

und 1805) besetzt und zuletzt wehrten sich hier im Jahr 1861 die Bourbonen heftig<br />

gegen die piemontesischen Truppen und deren Feldzug für ein geeintes Italien.<br />

Von besonderer strategischer Bedeutung war die Festung von Civitella wegen ihrer<br />

unmittelbaren Nähe zur Grenze zwischen Kirchenstaat und dem bourbonischen<br />

Königreich beider Sizilien, die kaum einen Kilometer nördlich von hier durch den<br />

Fluss Salinello verlief.<br />

In den 1970er und 1980er Jahren wurde die Festung aufwändig restauriert und<br />

beherbergt heute ein Waffenmuseum. Im Sommer finden auf dem weitläufigen<br />

Areal Konzerte und Theateraufführungen statt.<br />

Information Info-Prospekte gibt es auf<br />

Anfrage beim Souvenirshop an der Piazza<br />

Pepe und am Eingang zur Fortezza.<br />

Verbindungen/Parken 6-mal tägl. Busse<br />

von und nach Teramo (mit Umsteigen in<br />

Rocche di Civitella del Tronto), 8-mal tägl.<br />

Von/nach Sant’Egidio alla Vibrata. Ausreichend<br />

kostenlose Parkplätze unterhalb des<br />

Centro storico.<br />

Feste Alla Corte de lo Governatore, großes<br />

Mittelalterfest in der Fortezza, immer in<br />

der Woche um Ferragosto.<br />

Übernachten **** Hotel Zunica, erstes<br />

Haus am (zentralen) Platz, eindrucksvolles<br />

und einladendes fünfstöckiges Gebäude,<br />

relativ günstig. Komfortable Zimmer mit<br />

Bad, Balkon (herrlicher Blick), TV und Kühlschrank,<br />

mit empfehlenswertem Ristorante<br />

(→ unten). DZ mit Frühstück 85 €, EZ ca.<br />

50 €. Piazza Filippi Pepe 14, 64010 Civitella<br />

del Tronto (TE), ¢ 0861/91319, § 0861/918150,<br />

www.hotelzunica.it.<br />

** Hotel Fortezza, in der zentralen Gasse<br />

Corso Mazzini, 24 eher schlichte Zimmer<br />

mit Bad und z. T. Balkon, teilweise toller


106 Der Norden der Abruzzen<br />

Wuchtige Mauern umgaben einst<br />

die Festung von Civitella<br />

Blick, Bar im Erdgeschoss, auch Ristorante<br />

(→ unten). Die Zimmer wurden zuletzt<br />

Stück für Stück modernisiert. Günstig. EZ<br />

40 €, DZ 50 €, Dreibett-Zimmer 60 €,<br />

Vierbett-Zimmer 68 €, jeweils inkl. kleinem<br />

Frühstück, auch Halbpension: EZ 45 €, DZ<br />

80 €, Dreibett-Zimmer 105 €, Vierbett-Zimmer<br />

120 €. Corso Mazzini 26, 64010 Civitella<br />

del Tronto (TE), ¢ 0861/91321, § 0861/918221,<br />

www.hotelfortezza.it.<br />

Essen & Trinken Das Ristorante Zunica<br />

im gleichnamigen Hotel bietet gehobene<br />

Küche in feinem Ambiente, es stehen mehrere<br />

Menüs zur Auswahl – z. B. das Menu<br />

Tradizione für 35 € oder das Gourmetmenü<br />

für 50 €, das kleinere Mittagsmenü kommt<br />

auf 23 €. Mittags und abends geöffnet, Mo<br />

Ruhetag.<br />

Ristorante Fortezza, im Hotel Fortezza,<br />

sehr günstig, Menü mit Hauswein ca. 15 €<br />

pro Pers., ansonsten Primi 5–6 €, Secondi<br />

5–9 €. Mittags und abends geöffnet.<br />

Enoteca Fortezza, gegenüber des gleichnamigen<br />

Hotels (zu dem die Enoteca gehört)<br />

am schmalen Corso Mazzini, kühles<br />

Gemäuer, zur Auswahl stehen hauptsächlich<br />

abruzzesische Gewächse (Montepulciano<br />

d’Abruzzo), aber auch einige<br />

andere italienische Weine und Spumanti.<br />

Auch Mittagstisch.<br />

Fortezza Spagnola<br />

Wie ein gigantischer steinerner Riegel schiebt sich die Festung über den lang gestreckten<br />

Felskamm. Mit einer Länge von fast einem halben Kilometer und einer<br />

Gesamtfläche von rund 25.000 Quadratmetern steht die Trutzburg schützend im<br />

Rücken des alten Ortes. Der beeindruckende Verteidigungsbau wird von dicken<br />

Mauern umgeben, die sich zum Teil hart über den steil abfallenden Felswänden erheben,<br />

massiv wie der Fels, auf dem sie stehen und daher vor allem eines: uneinnehmbar.<br />

Es wundert nicht, dass Civitella del Tronto die letzte Festung der Bourbonen<br />

war, die im Zuge der italienischen Einigung Widerstand leistete. Sie wurde<br />

schließlich keineswegs eingenommen, sondern ihre Bewohner kapitulierten am 20.<br />

März 1861 nach siebenmonatiger Belagerung durch piemontesische Truppen. Errichtet<br />

wurde das Bollwerk in der zweiten Hälfte des 16. Jh. über den Ruinen einer<br />

älteren Burg. Die Spanier, die damaligen Herrscher, schufen hier, nahe der Grenze<br />

zum ehemaligen Kirchenstaat, eines der bedeutendsten Beispiele militärischer Architektur<br />

in Italien.<br />

Man betritt die Fortezza an der Südwestseite. Durch mehrere Verteidigungsanlagen<br />

gelangt man zu drei Plätzen, die sich nicht nur durch ihre beträchtlichen Ausmaße,<br />

sondern vor allem durch ihre (für Exerzierplätze ungewöhnlich) grandiose<br />

Aussicht auszeichnen. Darunter befinden sich heute noch die Zisternen, dank derer<br />

die Besatzung im Belagerungsfall mit Wasser versorgt werden konnte und die<br />

seit jüngster Restaurierung auch besichtigt werden können. Dahinter liegen, teils in


Civitella del Tronto 107<br />

Ruinen, teils restauriert, all die Gebäude,<br />

über die eine funktionstüchtige Festung<br />

verfügen muss: Kirche und Gouverneurspalast,<br />

Ställe und Mannschaftsquartiere,<br />

Waffenkammer, Speisesaal usw.<br />

In den noch erhaltenen Räumlichkeiten<br />

finden wechselnde Ausstellungen statt<br />

(z. B. in der Kirche S. Giacomo). In einem<br />

weiteren Gebäudetrakt ist heute das<br />

Museo Storico delle Armi e delle Mappe<br />

Antiche untergebracht, das sich in<br />

weiten Teilen dem Risorgimento widmet.<br />

Zu sehen sind Dokumente, Waffen,<br />

alte Lage- und Angriffspläne. Auch die<br />

strategischen Planungen der napoleonischen<br />

Armee zur Erstürmung der Fortezza<br />

sind ausgestellt; unnötig zu erwähnen,<br />

dass sie nicht eingenommen, sondern<br />

nach langer Belagerung und nachfolgender<br />

Verhandlung den Franzosen<br />

übergeben wurde. Am Westende der<br />

Anlage erreicht man die Vista Panoramica<br />

am höchsten Punkt der Festung<br />

mit fantastischem Blick über die Landschaft<br />

zwischen Apennin und Adria.<br />

Im April, Mai und Sept. 9–19 Uhr, Juni bis<br />

Aug. 10–20 Uhr, Okt. und März 10–18 Uhr<br />

und Nov. bis Febr. 10.30–16 Uhr, jeweils täglich<br />

geöffnet. Eintritt 4 € (inkl. Museum),<br />

Kinder 5–10 Jahre 1 €. Im Souvenirshop gegenüber<br />

vom Museum werden gekühlte<br />

Getränke verkauft. Zuletzt führte tagsüber<br />

(10–20 Uhr) eine Rolltreppe hinauf zur Festung<br />

(rechts neben dem Stadttor), ansonsten<br />

steiler Aufstieg durch die schmalen<br />

Gassen. Für die Besichtigung sollte man<br />

mindestens zwei Stunden einplanen! Etwa<br />

stündlich werden auch Führungen angeboten<br />

(in italienischer Sprache, im Eintrittspreis<br />

inbegriffen). ¢ 320/842450, www.<br />

fortezzacivitella.it.<br />

Der Norden der Abruzzen<br />

Karte S. 90/91<br />

Wandertipp: Auf einem Hügel westlich von Civitella del Tronto, beim Dörfchen<br />

Ripe, beginnt eine lohnenswerte Wanderung in die weithin sichtbare<br />

Salinello-Schlucht. Ausgangspunkt ist der Parkplatz bei der Kirche im oberen<br />

Ortsteil von Ripe, aus der Asphaltstraße (Beschilderung zunächst Grotta<br />

S. Angelo) wird bald darauf ein Schotterweg, dann kommen eine Schranke<br />

und ein Picknickplatz, weiter geht es auf ungesichertem Pfad – und an einem<br />

Wasserfall vorbei – hinunter in die Schlucht. Unten angekommen führt<br />

der Weg in der spektakulär schönen Schlucht zwischen hohen Felswänden<br />

entlang, bevor sich selbige abrupt öffnet. Gleicher Weg zurück.<br />

Anfahrt: Von Civitella del Tronto ins Tal hinunter Richtung Teramo, an der Abzweigung<br />

auf die SS 81 nach rechts und bald darauf links nach Ripe (beschildert).<br />

Keine Busse.


108 Der Norden der Abruzzen<br />

Campli<br />

(ca. 7500 Einwohner)<br />

Ein Stück südlich von Civitella del Tronto, etwa auf halben Weg nach Teramo,<br />

zweigt ostwärts die Straße nach Campli ab. Zunächst geht es etwa zwei Kilometer<br />

schnurstracks geradeaus, bevor die Strecke kurvig wird und hinauf auf den<br />

Höhenrücken führt, auf dem der alte Ort thront. Im Centro storico wurde ein<br />

schönes Ensemble von Bauten aus der Renaissance erhalten. Sehenswert ist vor allem<br />

die zentrale Piazza Vittorio Emanuele II: Hier befindet sich der aus dem 14. Jh.<br />

stammende Palazzo Farnese mit seinen weiten Arkaden. Er wird heute auch Palazzo<br />

del Parlamento genannt und dient als Rathaus. Gegenüber liegt die Kirche<br />

Santa Maria in Platea ebenfalls aus dem<br />

späten 14. Jh. Von der Piazza etwas versetzt<br />

(halbrechts hinter dem Farnese-<br />

Palast) beherbergt die Kirche San Paolo<br />

die berühmte Scala Santa, die Heilige<br />

Treppe, deren Wände und Decke mit<br />

großformatigen Motiven der Passion<br />

Christi bedeckt sind. 1776 eröffnet, war<br />

ihr schon bald von Papst Clemens XIV.<br />

die Ehre zuteil geworden, jedem die<br />

Sünden zu vergeben, der die 28 Stufen<br />

aus Olivenholz auf Knien überwindet.<br />

Der Hauptachse des Centro storico folgend<br />

gelangt man zur Kirche San Francesco<br />

(ebenfalls 14. Jh.) mit einem hellen,<br />

hübsch verzierten Portal und herrlichen<br />

Freskenresten von Giacomo di<br />

Campli im Inneren. Nicht weit davon<br />

entfernt liegt das Archäologische Museum<br />

von Campli an der Piazza San<br />

Francesco. Hier sind bemerkenswerte<br />

Funde aus der nahe gelegenen Nekropole<br />

von Campovalano ausgestellt. Die<br />

Scala Santa, die Heilige Treppe Grabbeigaben stammen aus vorrömischer<br />

Zeit. Ihr Reichtum legt den<br />

Schluss nahe, dass sich in den Hügeln zwischen den Monti della Laga und der Adria<br />

ein bevölkerungsstarkes Zentrum der italischen Kultur befunden hat. Zu sehen<br />

sind Wagenradbeschläge und (natürlich) diverse Waffen, feiner Schmuck und Gürtelverzierungen,<br />

großformatige Teller und Kessel usw. Schautafeln, leider bislang<br />

nur in italienischer Sprache (englische Übersetzungen sind geplant), erläutern die<br />

Ausstellungsstücke und bringen sie dank Fotos und Skizzen in Zusammenhang mit<br />

ihrem Fundort Campovalano. Dieser liegt an der Straße zwischen Civitella und Teramo,<br />

kann aber derzeit leider (noch) nicht besichtigt werden.<br />

Museum: Di–Fr 9–20 Uhr, Sa/So 9–19 Uhr, Mo geschlossen, Eintritt 2 €, erm. 1 €, unter 18<br />

und über 65 Jahre frei. Piazza S. Francesco 1, 64012 Campli (TE), ¢ 0861/569158, www.<br />

archeoabruzzo.beniculturali.it.<br />

Übernachten/Essen in der Umgebung<br />

Unser Tipp: La Locanda del Pompa,<br />

urgemütliches, mehrfach ausgezeichnetes<br />

Lokal in einem hübschen, roten, allein stehenden<br />

Landhaus mit überdachter Terrasse,<br />

an der Verbindungsstraße zwischen Civitella<br />

del Tronto und Teramo gelegen (von<br />

der Abzweigung nach Campli etwa 600 m<br />

Rundtour<br />

durch die<br />

Monti<br />

della Laga


Rundtour durch die Monti della Laga 109<br />

Richtung Teramo, dann links 200 m auf<br />

Schotter, spärlich beschildert). Hervorragende<br />

Küche in stilvollem Ambiente, für<br />

das Gebotene günstig: Antipasti/Primi 8–<br />

10 €, Secondi 14–24 €. Zur Saison mittags<br />

und abends geöffnet, außerhalb der Saison<br />

eingeschränkt, Mi Ruhetag. Im ersten Stock<br />

stehen auch sechs schlichte, aber einladende<br />

Zimmer zur Verfügung. Reservierung ratsam,<br />

EZ 40–50 €, DZ 50–60 €, jeweils mit<br />

Frühstück und kostenlosem WLAN. Loc. Bivio<br />

Campli, 64012 Campli (TE), ¢ 0861/569011,<br />

§ 0861/250881, www.lalocandadelpompa.<br />

com. Sollte niemand zu erreichen sein: die<br />

Besitzer betreiben auch das Ristorante Antico<br />

Cantinone in Teramo, → S. 114.<br />

Rundtour durch die Monti della Laga<br />

Grüne Bergrücken und viel Wald – die bis zu 2500 Meter hohen Monti della<br />

Laga sind bei weitem nicht so spektakulär wie das südlich anschließende<br />

Gran-Sasso-Massiv. Eine dünn besiedelte Gegend mit nur wenig Tourismus.<br />

Der Parco Nazionale Gran Sasso e Monti della Laga umfasst rund 149.000 Hektar<br />

Fläche, wovon der größte Teil zur Region Abruzzen gehört. Dabei steht der nördliche<br />

Teil deutlich im Schatten des alles überragenden Gran Sasso, der ein Stück weiter<br />

südlich weite Landstriche dominiert. Spektakuläre Felsmassive oder beeindruckende<br />

Hochebenen fehlen den Monti della Laga. Man ist vielmehr in einer gänzlich<br />

abgeschiedenen Gegend unterwegs – kaum besuchte Bergdörfchen, in denen<br />

man die Einwohner fast an einer Hand abzählen kann, dazwischen einsame Gehöfte,<br />

mächtige dunkle Gipfel kaum höher als 2000 Meter, viel Wald und tiefe Täler.<br />

Außergewöhnliches kann man hier allerdings in Form zahlreicher Wasserfälle<br />

und reißender Bäche entdecken. So beispielsweise der Salinello, der zwischen den<br />

Zwillingsbergen (Monti Gemelli) namens Monte Foltrone (1720 Meter) und Monte<br />

Piselli (1676 Meter) eine tiefe Schlucht<br />

gegraben hat (→ S. 107). Beeindruckende<br />

Wasserfälle findet man auch bei<br />

Ceppo, einem der touristischen Zentren<br />

der Gegend auf 1334 Metern Höhe. Ansonsten<br />

führen die Monti della Laga<br />

touristisch ein rechtes Schattendasein,<br />

Übernachtungsmöglichkeiten sind rar,<br />

und auch Restaurants gibt es nur vereinzelt.<br />

Selbst die obligatorische Bar sucht<br />

man in manchem Dorf vergeblich.<br />

Eine Rundfahrt durch die Monti della<br />

Laga könnte z. B. von Civitella del Tronto<br />

ausgehen (hier auch Unterkünfte, →<br />

S. 105). Auf der N 81 durchquert man<br />

das Tal des Salinello und biegt dann<br />

links ab nach Ripe (hier beginnt die<br />

Wanderung in die Gole del Salinello,<br />

→ S. 107) und fährt von dort am Osthang<br />

des Monte Piselli entlang stetig<br />

bergauf. Nur stellenweise gibt der Wald<br />

den Blick frei auf Ascoli Piceno, das<br />

breite Tronto-Tal und die dahinter liegenden<br />

Calanchi. Nach etwa zehn Kilometern<br />

erreicht man San Giacomo auf<br />

Die Gole del Salinello<br />

Der Norden der Abruzzen<br />

Karte S. 90/91


110 Der Norden der Abruzzen<br />

rund 1100 Metern Höhe: ein schon etwas heruntergekommener Wintersportort mit<br />

Bar, Hotel und Liegewiese, im Winter wird hier am Monte Piselli Ski gefahren.<br />

Bei San Giacomo links ab schraubt sich die Straße in vielen Serpentinen ins Tal<br />

hinunter, zunächst fünf Kilometer nach San Vito, einen fast verlassenen Weiler am<br />

Hang mit Kirche am oberen Ortsrand und recht nettem Blick auf die dicht bewaldeten<br />

Hügel rundum. Noch mal rund vier Kilometer bergab geht es über Cesano<br />

ins sehr ländliche Villa Franca mit der fotogenen Chiesa di Santa Rufina aus dem<br />

14. Jh. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tales sieht man über steil aufragenden<br />

Felsen die winzigen Weiler ganz im Süden der Marken – sehr abgeschieden. Die<br />

gut ausgebaute Straße führt weiter bergab und dann auf schöner Strecke durch die<br />

Schlucht des Torrente Castellano. Bald erblickt man die mächtige Staumauer des<br />

Lago di Talvacchi, an dessen Ende sich rechts der Straße eine Bar auftut.<br />

Größter Ort und Zentrum der Gegend ist das nur wenig idyllische Valle Castellana<br />

mit mehreren Bars, Geschäften, Post, Apotheke, Supermarkt etc. Von dem modernen<br />

Ort auf nur 625 Metern Höhe geht es nun – umgeben von bewaldeten Hügeln<br />

und kleinen Tälern – wieder bergauf und über Pascellata nach Paranesi, von hier<br />

rechts ab und gut sieben Kilometer am Hang entlang nach Ceppo, dem eigentlichen<br />

touristischen Zentrum der Gegend.<br />

Ceppo: Der Ort auf 1334 Metern Höhe besteht praktisch nur aus einem großen<br />

Parkplatz mit Souvenirbuden, einem Albergo, dem Ostello im Wald und einem<br />

Campingplatz ein paar hundert Meter entfernt. Der winzige Ort ist ein beliebtes<br />

Ausflugsziel. Bekannt ist Ceppo vor allem für seine guten Wandermöglichkeiten<br />

u. a. zu spektakulären Wasserfällen. Und im Frühherbst sieht man unzählige Menschen<br />

auf Pilzsuche gebückt und hoch konzentriert durch den Wald streifen –<br />

Hochsaison in Ceppo. Die Wasserfälle der Gegend sind im Winter besonders bei<br />

Eiskletterern gefragt.<br />

Wandern rund um Ceppo: Vom Parkplatz des Campings bei Ceppo starten<br />

gleich mehrere interessante Wanderungen: zum 1811 Meter hoch gelegenen<br />

Lago dell’Orso in 1:30 Stunden, zum Pizzo del Moscio (2411 Meter) in drei<br />

Stunden und zum Wasserfall Cascata della Morricana (1580 Meter) in 2:30<br />

Stunden.<br />

Zurück in Paranesi folgt die Rundfahrt nun der Straße in südöstlicher Richtung<br />

nach Rocca S. Maria und Teramo, Ersteres eine Gemeinde, die aus mehreren kleinen<br />

Weilern besteht, jedoch kein eigentliches Zentrum hat. Die Strecke windet sich<br />

jetzt weit oben am Hang und bietet deutlich mehr Weitblick als im vorigen Abschnitt.<br />

Immer wieder tauchen einzelne Gehöfte auf einer Hügelkuppe auf, ein pittoreskes<br />

Bergdorf sucht man allerdings vergebens. Es folgt eine recht endlose Kurverei<br />

hinunter ins Tal, man passiert zunächst das kaum erwähnenswerte Santo Stefano<br />

und dann Torricella Sicura, wo sich eine etwas gelangweilte Dorfjugend in der Bar<br />

Centrale trifft. Ab hier sind es noch sieben kurvenreiche Kilometer bis nach Teramo.<br />

Anfahrt/Verbindungen: Nur mit dem eigenen<br />

Fahrzeug möglich, die Busverbindungen<br />

sind mehr als bescheiden: 1-mal tägl.<br />

zwischen Valle Castellana und Teramo, 2-<br />

mal tägl. zwischen Rocca S. Maria und Teramo.<br />

Ceppo wird überhaupt nicht angefahren.<br />

Am schnellsten ist die Anfahrt von Teramo<br />

aus (ca. 38 Kilometer), allerdings sehr<br />

kurvig. Noch mühseliger und länger (ca. 50<br />

Kilometer) von Ripe bei Civitella del Tronto.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!