Brent Sqar „Reismus Reader“ Der Kunstmarkt als Meese-o-mat
Brent Sqar „Reismus Reader“ Der Kunstmarkt als Meese-o-mat
Brent Sqar „Reismus Reader“ Der Kunstmarkt als Meese-o-mat
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Brent</strong> <strong>Sqar</strong> <strong>„Reismus</strong> <strong>Reader“</strong><br />
<strong>Der</strong> <strong>Kunstmarkt</strong> <strong>als</strong> <strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong><br />
Koautor: i00i SqAR<br />
Das Paradebeispiel<br />
Es wird ein roboterartiges, kastenartiges Gefährt gebaut werden,<br />
welches erratisch, scheinbar willkürlich und abrupt durch den Raum<br />
fährt, hin und wieder an die Wände stößt, doch weiter fährt und in<br />
unablässiger zielloser Bewegung den Raum besetzt. Ein Gefährt, welches<br />
dabei immer wieder mal den Hitlergruß macht und die ganze Zeit aus<br />
einer Tröte Wortgut, auch Sprache und Sprechen genannt, vor sich hin<br />
sabbelt. Seiernd, ohne Ende seiernd. Die Genierung dieser endlosen<br />
Hybris, dieser hysterischen Eingebungen wird dem Algorithmus eines<br />
Computers überlassen, der mit <strong>Meese</strong>s Ergüssen gefüttert wurde. Da der<br />
realisierte <strong>Meese</strong>-o-o<strong>mat</strong> nur eine der möglichen Materialisierungen ist,<br />
die sich im Durchgang, in der Durcharbeitung des Problems <strong>Meese</strong><br />
auftun, wird dieser Auto<strong>mat</strong> in eine Installation eingebettet sein, die<br />
weitere Ebenen, Fragmente, Ansätze und unbenutzte Artefakte<br />
präsentiert. Erst in dieser Vielschichtigkeit bekommt der <strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong><br />
einen Resonanzraum, in dem er entzifferbar ist. Es wird nichts versteckt.<br />
Zudem: Einen Resonanzraum würde sonst der hyperventilierende<br />
<strong>Kunstmarkt</strong> über kurz oder lang mitliefern. Sei es durch Katalogtexte,<br />
Führungen oder Legenden. Man könnte den <strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong>en zwar auch<br />
tagein tagaus kommentarlos um das Brandenburger Tor herumfahren<br />
lassen, aber auf die Dauer ist nichts zu verheimlichen. Also hat<br />
Camouflage <strong>als</strong> blanke Pose hier nichts zu suchen. Den Spaß an der<br />
plötzlichen Entdeckung, wer damit gemeint ist, wird dadurch aber<br />
vereitelt. Das ist natürlich etwas schade.<br />
Warum nicht Warhol, Sehgal, Christo<br />
Warum <strong>Meese</strong>? Weil er alle Randbedingungen der Sache erfüllt. Er ist<br />
genau das, um was es geht: Er ist auf dem Radar erschienen und stante
pede in das Laboratorium geholt worden. Er ist zu göttlich, ein<br />
Glücksfall. Er ist aktuell, präsent und exemplarisch, er fungiert aber<br />
einzig <strong>als</strong> Signifikant, der zur Sache weist. Es geht nicht um <strong>Meese</strong> <strong>als</strong><br />
Person, sondern um <strong>Meese</strong> <strong>als</strong> Marktphänomen.<br />
Worum geht es, was ist die Sache<br />
Worum es geht, ist die Duldungsstarre gegenüber Marktkünstlern.<br />
Worum es geht, ist die Duldungsstarre gegenüber Marktkunst.<br />
Worum es geht, ist die Duldungsstarre des Publikums.<br />
Worum es geht, ist die Kritiklosigkeit.<br />
Worum es geht, ist die Inhaltslosigkeit.<br />
<strong>Meese</strong>s Kunst erscheint zwar <strong>als</strong> naiv, aber nicht <strong>als</strong> blöde. <strong>Meese</strong>s Kunst<br />
erscheint <strong>als</strong> sich empirisch vortastend, er erscheint <strong>als</strong> Cleverle beim<br />
Topfschlagen auf dem Markte. Er kickt die Hookline. Gleichwohl ist es<br />
ok was <strong>Meese</strong> macht. Es gibt keine dos and don'ts.<br />
Mehr <strong>als</strong> man denkt<br />
<strong>Meese</strong>s Saalarchäologie zum Beispiel. Darüber diskutiert keiner.<br />
Niemand nimmt <strong>Meese</strong> ernst, aber man hört ihm gebannt zu. Das ist<br />
wahrscheinlich die einzige Art, wie man <strong>Meese</strong> konsumieren kann. So,<br />
wie es auch eine spezielle Art gibt, rohes Fleisch zu essen.<br />
Saalarchäologie mal ernstgenommen: <strong>Meese</strong> <strong>als</strong> <strong>Der</strong>rida, <strong>Meese</strong> <strong>als</strong><br />
Foucault, <strong>Meese</strong> <strong>als</strong> später Heidegger – Fragen über Fragen. Was könnte<br />
<strong>Meese</strong>s Idee oder Programm einer Saalarchäologie bedeuten? Ist es eine<br />
Art Diskursanalyse, oder ein strategisches Dispositiv seiner Kunst, ist es<br />
seine Form der Institutionstheorie, eine Kritik am kulturellen<br />
Gedächtnis, gar eine Dekonstruktion des öffentlichen Raumes?<br />
Oder: <strong>Meese</strong>s Schriftzug "Heideggerz". Geht er auf Heideggers Hand,<br />
Geschlecht und Ding ab? Geht er auf Eigentlichkeit, Weltbild und
Gestell ab – oder lediglich auf das Plazet Heidegger, auf den dröhnend<br />
summenden Klang: Die Mythenschwere?<br />
Es wird nicht geleugnet, dass in Saalarchäologie oder Heideggerz oder<br />
was immer <strong>Meese</strong> skandiert ein Sinn sein kann. Es wird nicht geleugnet,<br />
dass die Ritterburg, in der das schreckliche Kind tobt, auch der Sinn sein<br />
kann. Zu fragen ist <strong>als</strong>o, in welchem Sandkasten das Phänomen <strong>Meese</strong> zu<br />
finden ist und welche Spiele es spielt, nach welchen Regeln.<br />
Denn die Kunst ist sehr sehr krank<br />
<strong>Der</strong> Haken, der Stein des Anstoßes ist eine rhetorische Figur, wie sie<br />
auch die Documenta 12 benutzte: Wer sich nicht auf den mitgelieferten<br />
Diskurs zu einem Werk einlassen will, wer sich ihm nicht öffnet, der ist<br />
borniert. Das Werk wird so mit einem unerschöpflichen<br />
Bedeutungsvorbehalt versehen, der Betrachter dagegen muss sich<br />
vorhalten lassen, ob er sich eigentlich im klaren darüber sei, dass seine<br />
Zurückweisung eines Werkes ein Zeichen seiner Unfähigkeit wäre. Das<br />
Kunstwerk ist so zu einer Monstranz geworden, um die sich eine ganze<br />
Liturgie und ein ganzes Apologetentum gruppiert.<br />
Diese Beweislastumkehr hat eine Zersplitterung der Kunstsphäre zur<br />
Folge: Man muss die 'richtigen' Haltungen an den Tag legen, das 'richtige'<br />
Hintergrundwissen besitzen und die 'richtigen' Praktiken anwenden, um<br />
das Kunstwerk zu aktivieren. Für sich allein schwiege es sonst, es müsse<br />
demnach in eine Maschine integriert werden und man müsse auch<br />
fähig sein, diese in Gang zu setzen.<br />
Das Kunstwerk: Es wurde geadelt, es wurde weggetragen und man kann<br />
einzig an der Tür klopfen und hoffen bei Hofe eingeführt zu werden. Das<br />
beginnt schon mit unscheinbaren Kleinigkeiten: Das Kunstwerk darf<br />
nicht angefasst werden, es ist unberührbar. Das Kunstwerk wird stehend<br />
betrachtet, es ist per Definition ein ungemütliches Ding. Das Kunstwerk
gibt es nur tagsüber zu sehen und das auch nur in Sonderzonen, es ist<br />
nicht Teil der Welt und des Lebens. Das Kunstwerk wird schweigend zur<br />
Kenntnis genommen, denn es ist sehr krank und darf nicht gestört<br />
werden. Das Kunstwerk ist eitel, es darf nicht reproduziert werden – der<br />
Abguss eines Michelangelo hat einen befleckenden Fehler: Die Aura<br />
geht flöten, denn es kann nur einen Fetisch geben.<br />
Die Befürchtung ist, dass das die Wahrheit über <strong>Meese</strong> ist: Er hat diesen<br />
Prozess der modernen Kunstgenese praktizierend durchschaut und<br />
kann sich dementsprechend alles erlauben. Die Befürchtung ist, dass er<br />
<strong>als</strong>o nicht hinter einer Maske operiert und die Kunstszene sardonisch<br />
vorführt. Die Befürchtung ist, dass er kein Fallensteller ist.<br />
Die Befürchtung ist weiterhin, dass vom schwarzen Quadrat, vom<br />
Staubsauger, von der Möhre im Sand, von jeder ehrenwerten Prügelei<br />
mit dem Establishment nur noch ein Bruchteil der Inbrunst in der<br />
Kunstwelt zirkuliert.<br />
Zum Problem<br />
Heideggerz. Sexgold. Hagen von Tronje. Napoleon. Eisernes Kreuz.<br />
Das Problem ist name-dropping.<br />
Das Problem sind radikale Worte.<br />
Das Problem ist das Getöse einer Revolution ohne Revolutionäre.<br />
Das Problem ist die fehlende emanzipatorische Komponente.<br />
Das Problem ist die grottige Schwärze.<br />
Nein: Das Problem ist etwas anderes. Die Befürchtung ist, dass <strong>Meese</strong>s<br />
Kunst wie alle Kunst, die marktkompatibel ist, ein Auto<strong>mat</strong>ismus ist.<br />
Man schiebe Wagner rein, schiebe ein Bischofsgrab in Stade rein,<br />
schiebe die Nibelungendichtung rein, schiebe rein, raus, rein raus: Raus<br />
kommt immer das selbe. Eine Kunstform, die wie ein Auto<strong>mat</strong> ist, eine<br />
Labermaschine, ein gruppendynamisches Phänomen. Eine Kunstform,
der die Dinge selbst nur Versuchskaninchen sind. Ob Jonathan <strong>Meese</strong><br />
oder wer auch immer: <strong>Der</strong> Protagonist ist austauschbar, es geht nur um<br />
die Masche und ihr Auditorium.<br />
<strong>Der</strong> Kopfstand <strong>als</strong> Masche und die Masche <strong>als</strong> Kopfstand der Kunst. <strong>Der</strong><br />
Markt braucht die Masche <strong>als</strong> notwendiges Markenzeichen: <strong>Der</strong> Markt<br />
schreit danach.<br />
Des weiteren ist da die Beobachtung, dass der Mummenschanz der<br />
großen Worte und Maschen nur zündet, wenn die Bedeutungen – das<br />
'Referierte' der guten alten Postmoderne – ganz einfach nicht geklärt<br />
sind und wenn Kultur, Kunst und Wissen <strong>als</strong> sakrosankt behandelt<br />
werden. Das Gegenteil davon ist: Zu jeder Referenz, jedem Verweis auch<br />
das, worauf rekurriert wird, mitzuliefern. Also: Die Feigenblätter<br />
wegzureißen und einzustampfen, eben die Schleier, die bemänteln<br />
sollen, dass etwas nur Zuschreibung ist. Das heißt weiterhin:<br />
Bedeutungsschwangere, delirierende Ebenen nicht zu bedienen,<br />
sondern auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben.<br />
Die Befürchtung ist auch, hier auf einen Mechanismus gestoßen zu sein,<br />
der Kunst am Fließband macht: Auf das VEB Kunst. Die Befürchtung ist,<br />
dass die Marktmechanismen – und für Begeisterung, Kunstgenuss und<br />
Ästhetik gibt es Märkte – zwingend <strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong>en hervorbringen.<br />
<strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong>en <strong>als</strong> klare For<strong>mat</strong>e, <strong>als</strong> Blue Chips, <strong>als</strong> monopolisierte<br />
Blockbuster, <strong>als</strong> hochgezüchtete Millionengräber, <strong>als</strong> gebundene<br />
Währung Aufmerksamkeit – <strong>als</strong>o kurz: Als klassisches Marktversagen.<br />
Erst wenn ein Markt seine Heroen und Epigonen hat, kommt er zur<br />
Ruhe. Jedes Rudel braucht klare Ordnung. Die Befürchtung ist weiterhin,<br />
dass Königsmacher auf dem <strong>Kunstmarkt</strong> unterwegs sind.<br />
Es geht nicht um <strong>Meese</strong><br />
Es geht um symbolische Sphären.
Es geht um Geschwätz.<br />
Es geht um Geniekult.<br />
Es geht um identitäre Weltbilder.<br />
Es geht um Kunst <strong>als</strong> Produktion.<br />
Es geht um Marktmechanismen.<br />
Die Kunstform <strong>Meese</strong> existiert nicht jenseits der Zuschreibung. Erst das<br />
Etikett, der Nimbus und der Preis machen diese Werke zu dem was sie<br />
sind. Sonst wären es vermutlich Dinge, die lediglich am Wegesrand der<br />
wilden Tiere existieren. Das meint das selbe Phänomen, dass Bilder, die<br />
<strong>als</strong> Fälschung oder <strong>als</strong> verfehlte Zuschreibung enttarnt werden, plötzlich<br />
nicht mehr wertvoll sind, nicht mehr wahrgenommen werden, nicht<br />
mehr in Ausstellungen vorkommen, obwohl sich an ihnen nichts<br />
verändert hat. Oder das ihre Enttarnung knallhart hintertrieben wird.<br />
<strong>Der</strong> Fall <strong>Meese</strong> meint das selbe Phänomen, <strong>als</strong> hätte Nietzsche einfach<br />
"<strong>Der</strong> Fall Wagner" auf Papier gekritzelt – und nicht noch ein Buch zum<br />
Titel. Das meint das selbe Phänomen, wie zu glauben, Duchamp hätte<br />
nicht jenes Pissoir, welches man jeden Tag benutzt, mitten in den Raum<br />
gestellt, sondern etwas ganz besonderes gemacht. Cool bleibt es, in<br />
anderer Hinsicht.<br />
"… an eine Mauer denken"<br />
Beiseite gelassen sei Kunst im klassischen Rahmen, etwa dem von Kant<br />
oder Goethe, in dem Kunst <strong>als</strong> Schönes, Vollkommenes und Erhabenes<br />
wahrgenommen wurde. Eben <strong>als</strong> Aisthesis, wie man früher sagte. In den<br />
Vordergrund wird dagegen die Einlösung der aufgebauten Erwartung<br />
gestellt. Etwa Beuys Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung – und<br />
tatsächlich an der Verwaltung vorbei hunderte Eichen in einer Stadt<br />
anzusiedeln. Oder Schlingensiefs Chance 2000 – um dem Begriff der<br />
Volksouveränität mal ein Sinnbild zu geben. Es könnte statt <strong>Meese</strong> hier<br />
auch Baselitz der bevorzugte Prügelknabe sein – was auch immer das
dann heißt. Es geht hier darum den eigenen Anspruch auszuloten. Es<br />
geht darum, das erhabene Werk von der Wand zu holen, es geeignet zu<br />
behandeln und zu fragen "Na was haben wir denn da?!"<br />
Nichts da<br />
Das skizzierte Kulturprinzip Genie-Sakrosanz-Aura ist kontraproduktiv,<br />
Kultur versinkt in blanker Selbstreferenz, die Akademisierung der<br />
geistigen Sphäre führt zu Worthülsen und hohlen Zeichen, die nur mehr<br />
<strong>als</strong> Gimmick für einen Budenzauber taugen. Es muss eben ein <strong>Meese</strong><br />
sein, wenn der akademisierte <strong>Kunstmarkt</strong> in der Verknöcherung einer<br />
Sekundärliteraturkrämerei geführt wird. Intellektuelle Haltungen<br />
haben einen Geburtsfehler und erschaffen in ihrer Eigenschaft <strong>als</strong><br />
Ersatzreligionen einen leeren Olymp, der natürlich regelmäßig von<br />
Rockern okkupiert wird. Aber das alles ist nur das Problem der Leute, die<br />
mit dem <strong>Kunstmarkt</strong> und der Kulturwirtschaft eine Ehe führen.<br />
Spaß ist das Wort<br />
Es geht nicht um billige Pointen, es geht nicht darum <strong>Meese</strong>s Skulptur<br />
"Das süße Dorf der Verdammtin – wir Erzkinder lernen Macht" neben<br />
den Schwarz-Weiß-Film "Das Dorf der Verdammten" zu legen und so die<br />
Obsession für Macht und Lernen zu goutieren. Es geht nicht darum<br />
andere Skulpturen und Bilder und Slogan <strong>Meese</strong>s neben den Film "Pans<br />
Labyrinth" oder "Die Nibelungen" zu legen und sonst was zu goutieren. Es<br />
geht nicht darum all die herausstechenden Versatzstücke aus dem<br />
obskuren Zitatenschatz dem Guten hinterher zu tragen. Es geht nicht<br />
um ein Dogma, dass man nur in einer bestimmten Weise Kunst machen<br />
dürfe. Es geht nicht darum sich selber und anderen die Ansätze zu<br />
verbieten. Es geht nicht darum <strong>Meese</strong> vorzuführen. Yves Kleins Blau,<br />
Christos Folie, Beuys Filz, da ist vieles im Blick, wenn man sich <strong>Meese</strong>s<br />
Masche dergestalt nähert. Wie gesagt: Es ist ein kindlicher Spaß, mit<br />
dem Puppenkarussell <strong>Meese</strong>-<strong>Kunstmarkt</strong> zu spielen.
Ist <strong>Meese</strong> lustig?<br />
Weiß man nicht. Vielleicht gibt es Dinge die man über <strong>Meese</strong> nicht weiß,<br />
wer weiß. Aber wenigstens der <strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong> ist wirklich lustig. <strong>Der</strong><br />
<strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong> geht auf den Lacher ab. Das reicht. <strong>Der</strong> <strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong> steht<br />
für Witz und das wohlige Gefühl dabei, etwas, was der Kunstszene so<br />
völlig abgeht. Wann hat man schon brüllende Lacher und sich auf dem<br />
Boden windende Verzückte in Kunsttempeln erlebt? Wann wischt man<br />
sich die Tränen aus den Augen und hält sich das schmerzende<br />
Zwerchfell?<br />
perdu<br />
Das ist ein Plädoyer für Zerfall. Von Kunst muss nichts übrig bleiben. Es<br />
reicht wenn sie mal erscheint und dann wieder abgebaut wird. Tags,<br />
Sticker und Papiergraffiti im urbanen Raum sind hier deutlich<br />
konsequent: Sie sind einfach da, man sieht sie an, peng, aus, Mission<br />
erfüllt. Nichts was gesammelt, katalogisiert und überliefert werden<br />
müsste.<br />
Das ist ein Plädoyer für Schandpranger. Leute die hyperventilieren,<br />
wenn sie mit der Zuschreibung 'Kunst' konfrontiert werden und auf die<br />
Knie sinken, sollen den deutlichen Kommentar dazu nicht missen<br />
müssen.<br />
Das ist ein Plädoyer dafür, Werke <strong>als</strong> das wahrzunehmen, was sie sind:<br />
Als Vielschichtigkeit, <strong>als</strong> kommunizierende Netze. Jedes Element ist<br />
abtrennbar, über jedes Element kann man sich klarer werden, zu jedem<br />
kann man sich eigens verhalten. Die Zuschreibungen müssen <strong>als</strong>o fein<br />
getrennt werden.<br />
Aber aber<br />
Um Gottes willen, das alles hier klingt schwer nach Dogma. Es geht aber
nicht um absolute Linientreue zu heiligen Prinzipien.<br />
Also<br />
<strong>Der</strong> <strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong> ist einzig ein erstes Bekenntnis zur Konkurrenz: Sich<br />
nicht länger in Kryptokunst zu verschließen, sondern auf offenem Platze<br />
zu stellen. <strong>Der</strong> <strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong> ist und bleibt ein <strong>Meese</strong>-o-<strong>mat</strong>, er ist keine<br />
Religion, kein Endzustand. Aber er zielt auf etwas, was eben auch wichtig<br />
ist. Man tut sich ergo keinen Gefallen, wenn das hier <strong>als</strong> Kommentar<br />
oder Fußnote zu Jonathan <strong>Meese</strong> selbst aufgefasst wird. Man sollte sich<br />
von der Materialisation nicht ablenken lassen und auf die Idee schauen.