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Feindbild Polizei - Landespräventionsrat Brandenburg - Land ...

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<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong><br />

Wie reden Rechtsextreme<br />

über die <strong>Polizei</strong>?


abgestumpfte Marionetten · A.C.A.B. · Agenten des Apparats ·<br />

Antifa-Demokraten in Uniform · Antifa-Polizist · Apparat des Systems<br />

· Arschlöcher · Bastarde unserer Regierung · Beamte in grün ·<br />

Beamtenschlaffi · betriebsblinde Gesinnungskommissare · bewaffnete<br />

Einheiten · bewaffnete Hohlkörper · bewaffnete Organe<br />

· Bollezei · brd-Büttel · BRD-Sheriffs · Büttel · Büttel des Systems<br />

· Bullen · Bullenaufgebot · Bullenfunktionäre · Bullerei · Cops · das<br />

System · demokratische Eskorte des Staates · demokratischer<br />

Terror · der Apparat · der gemeine Bereitschaftsbulle · der Staatsapparat<br />

· die Grünen · die Herren tapferen Beamten · die <strong>Polizei</strong>er ·<br />

die Staatsmacht · Diener dieses kranken Systems · diese Affen<br />

in ihren schwarzen Kampfanzügen · diese Figuren · diese grünen<br />

und schwarzen Roboter mit gezogenem Schlagstock · diese Typen<br />

· Drecksbullen · Dumm-Baazi in Grün · dumme Bullensau ·<br />

einer meiner besten Freunde ist Polizist · eingeschleuste Provokateure<br />

· Einheiten des Apparates · Einheiten des Staatsapparates ·<br />

Einheiten des Systems · ekelhafter verlogener Schweinehund ·<br />

Es gibt solche und solche. Aber eigentlich sind sie alle Verräter.<br />

· fallendes System der Unterdrückung · feige Schweine · Finger<br />

am Arm des Systems · Freunde in Grün · Frösche · Fußtruppen ·<br />

gewaltbereite <strong>Polizei</strong>beamte · gewissenlose Subjekte · Giftzwerge<br />

· grün kostümierter BRD-Lakai · grün/blau-weiße Freunde des<br />

Staates · Grüne · grüne Fraktion · grüne Jungs · grüne Leute · grüner<br />

Hohlkörper · grüner Karnevalsverein · grüner Wichser · Grünkittel ·<br />

Grünlinge · Grünmann · Grünschnäbel · grünweiße Staatsdiener ·<br />

grün-weißes Volk · Handlanger der Besatzer · Handlanger der<br />

Politik · Handlanger des Systems · Herr Knape und seine treuen<br />

Arschlecker · Herren in grün · Hundertschaften des Systems ·<br />

illegal operierender <strong>Polizei</strong>apparat · Innenministerium für Staatssicherheit<br />

· Internetschnüffelgarde · Jungs in Grün · Jungs in


<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong><br />

Wie reden Rechtsextreme<br />

über die <strong>Polizei</strong>?


In Erinnerung an die <strong>Polizei</strong>beamtinnen und<br />

<strong>Polizei</strong>beamten, die in Ausübung ihres Dienstes<br />

von Rechtsextremisten getötet wurden.<br />

Stefan Grage<br />

erschossen am 23. Februar1997<br />

durch Kay D.<br />

Thomas Goretzky, Yvonne Hachtkemper,<br />

Matthias Larisch von Woitowitz<br />

erschossen am 14. Juni 2000<br />

durch Michael B.<br />

Michèle Kiesewetter<br />

erschossen am 25. April 2007<br />

mutmasslich durch den<br />

Nationalsozialistischen Untergrund (NSU)


Gefördert vom <strong><strong>Land</strong>espräventionsrat</strong> Sicherheitsoffensive <strong>Brandenburg</strong><br />

© 2013, Potsdam<br />

Herausgeber:<br />

Ministerium des Innern<br />

des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

Henning-von-Tresckow-Str. 9-13<br />

14467 Potsdam<br />

Koordination:<br />

Moses Mendelssohn Zentrum<br />

für europäisch-jüdische Studien –<br />

Forschungsschwerpunkt Antisemitismusund<br />

Rechtsextremismusforschung,<br />

Universität Potsdam<br />

Projektleitung: Christoph Kopke<br />

Text: Christoph Kopke, Ulli Jentsch, Gebhard Schultz<br />

Recherche: Christoph Kopke, Ulli Jentsch, Gebhard Schultz,<br />

Jan Raabe, Martin Langebach<br />

Beratung: Gideon Botsch<br />

Umschlagfoto: Jan Wischnewski<br />

Umschlaginnenseiten: Die Begriffe fanden sich auf den im Rahmen der Recherchen<br />

durchgesehenen rechtsextremen Internetseiten.<br />

Satz: Ralph Gabriel<br />

Druck: <strong>Land</strong>esbetrieb für <strong>Land</strong>esvermessung und Geobasisinformation <strong>Brandenburg</strong>


Inhalt<br />

Grußwort ................................................... 5<br />

<strong>Polizei</strong> und Rechtsextremismus ................................. 6<br />

1. <strong>Polizei</strong> als Gegenstand rechtsextremer Musiktexte ................. 9<br />

1.1. <strong>Polizei</strong>staat und <strong>Polizei</strong> als Verfolger und Vollstrecker des Systems .... 12<br />

1.2. <strong>Polizei</strong> als Feind ............................................ 14<br />

1.3. Hilflose <strong>Polizei</strong>, Selbstjustiz, Ermächtigung zum Handeln ............ 15<br />

1.4. Spott- oder Hasslieder gegen einzelne <strong>Polizei</strong>beamte ............... 16<br />

2. <strong>Polizei</strong> auf rechtsextremen Websites .......................... 18<br />

2.1. Grundsatzdebatten .......................................... 18<br />

2.2. Die <strong>Polizei</strong> als Freund ........................................ 20<br />

2.3. Die <strong>Polizei</strong> als Feind ......................................... 21<br />

2.4. Demonstrationsberichterstattung ............................... 22<br />

2.5. Engagierte <strong>Polizei</strong>beamte im Visier .............................. 23<br />

2.6. Fotos von Polizisten ......................................... 28<br />

2.7. Rechtsextreme „verteidigen“ den Rechtsstaat ..................... 29<br />

2.8. DDR-Vergleiche ............................................ 30<br />

2.9. Die Freiheit des Internets ..................................... 31<br />

2.10. <strong>Polizei</strong> und „Ausländer“ ....................................... 33<br />

2.11. <strong>Polizei</strong>nahe Foren ........................................... 33<br />

5


3. Die <strong>Polizei</strong> in der Berichterstattung der NPD-Medien<br />

„Deutsche Stimme“ und „Zündstoff“ ............................ 35<br />

1994-1996<br />

3.1. „Der Staat probt das Faustrecht“: Repression gegen Nationale ....... 35<br />

3.2. Gute <strong>Polizei</strong> – schlechte Politik ................................. 36<br />

1999-2001<br />

3.3. Unterdrückungsapparat <strong>Polizei</strong>: politisch motivierte Verfolgung ....... 38<br />

3.4. Zunehmend fragwürdige <strong>Polizei</strong>praxen im „Kampf gegen Rechts“ ..... 40<br />

3.5. Die NPD als friedliche Verfechterin von Recht und Ordnung .......... 41<br />

2006-2008<br />

3.6. Die NPD als Organisatorin und Fürsprecherin von Bürgerwehren ...... 43<br />

3.7. Die NPD distanziert sich von Gewalt des „Schwarzen Blocks“ ........ 44<br />

Fazit ..................................................... 47<br />

Literatur . .................................................. 49<br />

Anmerkungen .............................................. 51<br />

6


Grußwort<br />

Rechtsextremismus bleibt eine zentrale<br />

gesellschaftliche Herausforderung,<br />

denn er steht in krassem Widerspruch<br />

zu unserer demokratischen Gesellschaft.<br />

Die Mordserie der rechtsterroristischen<br />

Gruppe „Nationalsozialistischer<br />

Untergrund“ (NSU) hat auf schreckliche<br />

Weise gezeigt, wie ein rechtsextremistisches<br />

Weltbild in mörderische Gewalt<br />

umschlagen kann. Rechtsextremistische<br />

Bestrebungen richten sich nicht<br />

allein gegen den Staat als Institution,<br />

sondern müssen letztlich als Angriff auf<br />

die unveräußerlichen Rechte jedes Einzelnen<br />

verstanden werden.<br />

Die nachdrückliche und nachhaltige<br />

Bekämpfung von Rechtsextremismus,<br />

Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus<br />

ist daher eine herausragende<br />

Verpflichtung aller <strong>Polizei</strong>beamten des<br />

<strong>Land</strong>es. Das Handlungskonzept der<br />

<strong>Polizei</strong> des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> zur<br />

Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität<br />

steht für die langjährige und<br />

erfolgreiche Arbeit der <strong>Polizei</strong> und beinhaltet<br />

umfangreiche Maßnahmen. Dazu<br />

zählen beispielhaft die besonderen Einsatzkonzepte<br />

„Mobile Einsatzeinheiten<br />

gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit“<br />

und „Täterorientierte Maßnahmen<br />

gegen extremistische Gewalt“.<br />

Die vorliegende Studie offenbart eine<br />

Veränderung der Sichtweise von<br />

Rechtsextremisten auf die Sicherheitsbehörden<br />

unseres <strong>Land</strong>es. Gerade<br />

<strong>Polizei</strong>beamte werden als Repräsentanten<br />

des Staates angesehen und in<br />

der rechtsextremen Szene zunehmend<br />

diffamiert. Die <strong>Polizei</strong> wird als Gegner<br />

rechtsextremistischer Bestrebungen<br />

wahrgenommen. Einerseits ist dies<br />

durchaus positiv zu bewerten, denn<br />

es unterstreicht die grundlegende Differenz<br />

von <strong>Polizei</strong> im demokratischen<br />

Verfassungsstaat gegenüber rechtsextremistischen<br />

Gesellschaftsvorstellungen.<br />

Andererseits belegt es aber auch<br />

die besondere Gefährdung von <strong>Polizei</strong>beamten<br />

im täglichen Dienst für unsere<br />

Sicherheit.<br />

Es existiert ein „<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>“ in der<br />

rechtsextremistischen Szene. Dieses<br />

Feinbild wird in der Studie mit all seinen<br />

unsachlichen, widersprüchlichen und<br />

absurden Argumenten aufgedeckt und<br />

entlarvt. Die Broschüre soll die Öffentlichkeit<br />

über die Existenz wie auch die<br />

Brisanz dieses „<strong>Feindbild</strong>s“ aufklären<br />

und <strong>Polizei</strong>beamte und andere Vertreter<br />

von Sicherheitsbehörden in ihrem<br />

Eintreten für Demokratie und Toleranz<br />

bestärken.<br />

Dr. Dietmar Woidke, Minister des<br />

Innern des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

7


<strong>Polizei</strong> und Rechtsextremismus<br />

Als Ende 2011 mit der Aufdeckung des<br />

Nationalsozialistischen Untergrundes<br />

(NSU) eine terroristische Zelle sichtbar<br />

wurde, die über Jahre in verschiedenen<br />

Bundesländern Menschen ermordete<br />

und Banküberfälle beging, waren Politik<br />

und Öffentlichkeit schockiert. Die<br />

meisten Mordopfer des NSU waren Migranten,<br />

die als kleine Gewerbetreibende<br />

arbeiteten und in ihren Geschäften<br />

ermordet wurden.<br />

Zu den Opfern zählt auch eine <strong>Polizei</strong>beamtin,<br />

die während ihres Dienstes<br />

offenbar gezielt erschossen wurde.<br />

Die mutmaßlichen Täter des NSU und<br />

ihre Unterstützer und ihr Umfeld entstammen<br />

der neonazistischen Kameradschaftsszene.<br />

Auch in früheren Jahren haben Rechtsextreme<br />

<strong>Polizei</strong>beamte getötet. So wird<br />

der inhaftierte Berliner Neonazi Kay<br />

Diesner 1 , der 1997 einen <strong>Polizei</strong>obermeister<br />

erschoss, in Teilen der rechtsextremen<br />

Szene immer noch als Held<br />

und Kämpfer verherrlicht.<br />

Auf Demonstrationen der extremen<br />

Rechten kam es in den letzten Jahren<br />

wiederholt zu gewalttätigen Angriffen<br />

auf die <strong>Polizei</strong>. Das steht in einem<br />

deutlichen Widerspruch zu einer weitverbreiteten<br />

Wahrnehmung, dass<br />

Rechte auf den starken Staat setzen<br />

und Gewalttaten – etwa im Kontext<br />

von Demonstrationen – in der Regel<br />

nur von gewaltbereiten Gegendemonstranten<br />

ausgingen oder allein aus der<br />

Interaktion mit dem politischen Gegner<br />

erwachsen.<br />

Daraus resultieren folgende Fragen:<br />

Welche Sichtweise(n) gibt es in der<br />

rechten Szene auf die Arbeit der <strong>Polizei</strong><br />

im demokratischen Rechtsstaat?<br />

Wie wird über <strong>Polizei</strong> und <strong>Polizei</strong>arbeit<br />

gedacht und gesprochen? Wie werden<br />

polizeiliche Maßnahmen gesehen und<br />

bewertet? Wie reagiert die rechtsextreme<br />

Szene auf polizeiliches Engagement<br />

gegen rechtsextreme Straf- und<br />

Gewalttaten? Welche Narrative über<br />

<strong>Polizei</strong> existieren? Gibt es ein spezifisch<br />

rechtsextremes <strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>?<br />

Die politische und gesellschaftliche<br />

Auseinandersetzung mit rechtsextremen<br />

Einstellungen und Handlungen<br />

erfolgt auf verschiedenen Ebenen. Alle<br />

Institutionen des demokratischen Staates<br />

und die Zivilgesellschaft sind aufgerufen,<br />

an der Prävention mitzuwirken,<br />

sich mit rechtsextremen Inhalten und<br />

Politikangeboten kritisch auseinanderzusetzen<br />

und diese abzuwehren. Dazu<br />

gehört auch der Protest gegen rechtsextreme<br />

Aufmärsche und Demonstrationen<br />

auf der Straße.<br />

8


Bei Gefährdung der öffentlichen Ordnung<br />

und Sicherheit und bei strafrechtlich<br />

relevanten Vergehen, die zumindest<br />

teilweise rechtsextrem motiviert sein<br />

können, ist die Auseinandersetzung mit<br />

dem Rechtsextremismus auch Aufgabenstellung<br />

von Justiz und <strong>Polizei</strong>.<br />

Blicken wir rund zwanzig Jahre zurück:<br />

Unmittelbar nach der „Wende“ in der<br />

DDR und in den ersten Monaten und<br />

Jahren der neuen Bundesländer kam<br />

es zu einer bis dahin beispiellosen Welle<br />

rechtsextrem und fremdenfeindlich<br />

motivierter Gewalt. Auf deren komplexe<br />

Ursachen kann hier nicht eingegangen<br />

werden. Die <strong>Polizei</strong> – ihrerseits in<br />

einer Phase der Neustrukturierung –<br />

schien mit der Entwicklung zeitweise<br />

überfordert und auch die Politik tat<br />

sich zunächst schwer, angemessene<br />

Gegenstrategien zu entwickeln. Die<br />

<strong>Polizei</strong> galt als eine „verunsicherte Institution“<br />

(Jaschke) und stand angesichts<br />

umstrittener <strong>Polizei</strong>einsätze, taktischer<br />

Fehleinschätzungen und mangelnder<br />

Präsenz beispielsweise bei den pogromartigen<br />

Krawallen in Rostock-Lichtenhagen<br />

1992 selbst im Fokus der Kritik. 2<br />

Gleichzeitig reagierten Staat und <strong>Polizei</strong><br />

seit den frühen 1990er mit einer Reihe<br />

von Maßnahmen aber auch deutlich auf<br />

die neuen Entwicklungen. 3 In verschiedenen<br />

ostdeutschen Bundesländern<br />

wurden polizeiliche Einsatzkonzepte<br />

gegen Rechtsextremismus entwickelt. 4<br />

Gerade im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> werden<br />

regelmäßig Konzerte extrem rechter<br />

Musikgruppen konsequent unterbunden.<br />

Das <strong>Land</strong> ist auch führend im Verbot<br />

rechtsextremistischer Vereine und<br />

Organisationen. Sieben Organisationen<br />

wurden bislang durch den Innenminister<br />

verboten und die Verbote durch polizeiliche<br />

Maßnahmen umgesetzt.<br />

Innerhalb der rechtsextremen Szene,<br />

so unsere Ausgangsthese, hat sich die<br />

Haltung gegenüber <strong>Polizei</strong>beamten,<br />

Staatsanwälten und weiteren Vertretern<br />

der inneren Sicherheit in den letzten<br />

Jahren verändert. Neben einer weiter<br />

bestehenden traditionellen positiven<br />

Sicht auf die <strong>Polizei</strong> als Ordnungsfaktor<br />

aus einer grundsätzlichen Affinität zum<br />

„starken Staat“ heraus, ist die Entwicklung<br />

eines spezifischen rechtsextremen<br />

„<strong>Feindbild</strong>es <strong>Polizei</strong>“ festzustellen.<br />

<strong>Feindbild</strong>konstruktionen werden als Teil<br />

einer „ideologiegesteuerten Sprachverwendung“<br />

5 verstanden. Kenner der<br />

rechtsextremistischen Szene weisen<br />

seit einiger Zeit darauf hin, dass „neuerdings<br />

auch Richter und Staatsanwälte<br />

und Polizisten“ zum <strong>Feindbild</strong> der Szene<br />

gehören. 6 Dies wird immer wieder<br />

auch in der Presse erkannt. 7 Noch ist<br />

die Zahl zielgerichteter Gewaltdelikte<br />

EinlEitung<br />

9


auf einem relativ niedrigen Niveau geblieben.<br />

Vor der Schilderung von drei<br />

Einzelbeispielen heißt es bspw. dazu im<br />

Verfassungsschutzbericht <strong>Brandenburg</strong><br />

2010:<br />

„2010 kam es erneut zu gewalttätigen Übergriffen<br />

von Rechtsextremisten auf <strong>Polizei</strong>beamte.<br />

Anlass waren <strong>Polizei</strong>maßnahmen wie<br />

Platzverweise, Durchsetzung von Demonstrationsverboten<br />

sowie Abbrüche von Konzerten<br />

und Feiern.“ 8<br />

In den szenetypischen Medien des so<br />

genannten „Nationalen Widerstands“<br />

ist die Verdichtung eines sich radikalisierenden<br />

<strong>Feindbild</strong>es deutlich zu beobachten,<br />

werden Institutionen und<br />

Vertreter der inneren Sicherheit regelmäßig<br />

diffamiert und zum Teil heftig<br />

attackiert und bedroht. Gerade exponierte<br />

und engagierte <strong>Polizei</strong>beamte<br />

und Einsatzleiter werden immer wieder<br />

Gegenstand von Schmähungen<br />

und Drohungen. Dies ist einerseits als<br />

Ausdruck eines gestiegenen Selbstbewusstseins<br />

der rechtsextremen Szene<br />

zu interpretieren und anderseits auch<br />

als Reaktion auf die Professionalisierung<br />

polizeilicher Arbeit im Umgang mit<br />

rechtsextrem motivierten Straftaten und<br />

der Entwicklung entsprechender spezifischer<br />

polizeilicher Konzepte auf den<br />

Feldern der Repression und Prävention<br />

zu verstehen.<br />

Einflüsse auf das rechtsextreme „<strong>Feindbild</strong><br />

<strong>Polizei</strong>“ stammen z.T. auch aus dem<br />

traditionell staatsfernen und staatsfeindlichen<br />

US-Rechtsextremismus.<br />

Gleichzeitig wirkt in Ostdeutschland die<br />

ausgeprägte Systemfeindlichkeit der<br />

„Faschoszene“ aus der Spätphase der<br />

DDR nach, an die z.T. propagandistisch<br />

bewusst angeknüpft wird. 9<br />

10 EinlEitung


1. <strong>Polizei</strong> als Gegenstand<br />

rechtsextremer Musiktexte 10<br />

In den letzten dreißig Jahren hat sich<br />

international und in Deutschland eine<br />

vielfältige extrem rechte Musikszene<br />

(Rechtsrock) als Teil einer rechtsextremen<br />

Jugendkultur herausgebildet. 11<br />

Die Anfänge dieser Jugendkultur liegen<br />

in der Subkultur der Skinheads.<br />

Inzwischen hat sich die Szene stilmäßig<br />

ausdifferenziert und seit Ende der<br />

1980er Jahre deutlich politisiert und<br />

radikalisiert. Wesentlicher Bestandteil<br />

der rechtsextremen Jugendkultur sind<br />

Bands und Interpreten, die Lieder mit<br />

rassistischen und rechtsextremen Inhalten<br />

veröffentlichen oder vortragen<br />

bzw. der Konsum dieser Musik. Einzelne<br />

Musikformationen, wie etwa die<br />

als kriminelle Vereinigung verbotene<br />

Musikformation <strong>Land</strong>ser verfügen über<br />

einen beträchtlichen Bekanntheitsgrad.<br />

Der Rechtsrock-Bereich ist organisatorisch<br />

und personell mit der politischen<br />

NS-Szene vielfach verknüpft, es gibt<br />

zahlreiche fließende Übergänge. Mit<br />

Musik, NS-Devotionalien und szenetypischer<br />

Kleidung lassen sich zudem<br />

inzwischen Millionenbeträge erwirtschaften,<br />

die zum Teil wieder in die<br />

politische Arbeit investiert werden. Die<br />

brandenburgische Verfassungsschutzbehörde<br />

schätzt die Botschaften dieser<br />

Musikgruppen folgendermaßen ein:<br />

„Alle […] Bands verbreiten – teils offen,<br />

teils mehr oder weniger versteckt – rechtsextremistische,<br />

antisemitische sowie fremdenfeindliche<br />

Propaganda, Zerrbilder des<br />

politischen Feindes und rufen zu Gewalt sowie<br />

anderen Delikten auf.“ 12<br />

Das Bundesamt für Verfassungsschutz<br />

konstatiert aktuell:<br />

„Rechtsextremistische Musik hat für die<br />

gesamte Szene eine herausragende Bedeutung.<br />

Musikgruppen und Liedermacher<br />

transportieren in ihren Texten offen oder<br />

unterschwellig rechtsextremistische <strong>Feindbild</strong>er<br />

sowie nationalistische, fremdenfeindliche,<br />

antisemitische und antidemokratische<br />

Ideologiefragmente. Dadurch vermitteln<br />

und verfestigen sie rechtsextremistische<br />

Einstellungsmuster.“ 13<br />

Grundsätzlich lässt sich mit Dornbusch<br />

und Raabe die Wirkungsweise rechtsextremistischen<br />

Musikkonsums wie<br />

folgt beschreiben:<br />

„Die mit den Musiktexten vermittelten Deutungsangebote<br />

dominieren […] zunehmend<br />

die Wahrnehmung beziehungsweise Interpretation<br />

gesellschaftlicher (und politischer)<br />

Zusammenhänge zu Ungunsten eines realistischen<br />

demokratischen Verständnisses.“ 14<br />

11


Rechtsextreme Musik ist sinn- und<br />

ideologiestiftend. Jugendliche mit einer<br />

Affinität zur rechtsextremistischen<br />

Jugendszene können durch den Konsum<br />

rechtsextremer Musik politisiert<br />

und ideologisch gefestigt werden.<br />

Rechtsextreme Musik ermöglicht einen<br />

niedrigschwelligen Einstieg in die Szene<br />

und ist Bestandteil jugendlicher Lebenswelt.<br />

Rechtsextreme Musik kann<br />

für Jugendliche attraktiv sein – sie ist<br />

für die extreme Rechte eine „virtuelle<br />

Propagandawaffe“ 15 .<br />

Geht man davon aus, dass die „Verfestigung<br />

einer extrem rechten Einstellung“<br />

bei Konsumenten dieser Musik gerade<br />

auch „von der Frequenz des Rechts-<br />

Rock-Konsums“ abhängt 16 , erscheint<br />

die gerade in <strong>Brandenburg</strong> gängige<br />

Praxis, öffentliche rechtsextreme Musikveranstaltungen<br />

nach Möglichkeit zu<br />

unterbinden, im Sinne des Kinder- und<br />

Jugendschutzes als sachlich angezeigt.<br />

In rechtsextremen Liedtexten wird eine<br />

große Bandbreite von Themen aufgegriffen.<br />

Zum einen werden positive<br />

Leitbilder und Narrative angeboten<br />

(vermeintliche Helden wie der Hitler-<br />

Stellvertreter Rudolf Hess oder der<br />

extrem rechte britische Kultsänger Ian<br />

Stewart; Verklärung und Verherrlichung<br />

der NS-Zeit; Wikinger-, Kelten-, Germanenmythen<br />

usw.). Zum anderen werden<br />

zahlreiche <strong>Feindbild</strong>er und negative<br />

Bezugspunkte der extremen Rechten<br />

bedient (Holocaustleugnung, angebliche<br />

Umerziehung und Unterdrückung<br />

der Nation, allgemeine Untergangsszenarien,<br />

gesteuerter Volkstod, geplante<br />

12 REchtsExtREmE musiktExtE


Ausrottung der weißen Rasse, Juden,<br />

Ausländer, Muslime, Homosexuelle<br />

usw.). 17<br />

Zu den Feinden und <strong>Feindbild</strong>ern gehören<br />

dabei auch staatliche Organe der<br />

Justiz und Rechtspflege, der Verfassungsschutz<br />

und die <strong>Polizei</strong>. Bereits in<br />

der Musik der Skinheadbewegung der<br />

1980er und frühen 1990er Jahre bildeten<br />

„der Staat und seine Organe […]<br />

vom Politiker bis zum Polizisten […]<br />

Angriffspunkte der Texte der Skinhead-<br />

Bands“. 18 Die <strong>Polizei</strong> wird „als greifbares<br />

<strong>Feindbild</strong> aggressiv diffamiert.“ 19<br />

Dies setzt sich auch in der entstehenden<br />

RechtsRock-Szene insgesamt durch:<br />

Während Klaus Farin 1999 noch zu dem<br />

Schluss kam, das „die Law&Order –<br />

Mentalität der Rechtsrocker […] die<br />

prinzipielle Staats- und <strong>Polizei</strong>feindlichkeit<br />

[der Skinheadbewegung/Anm. Verf.]<br />

überlagert“, betont Henning Flad wenig<br />

später: „Die <strong>Polizei</strong> wird Ende der 90er<br />

Jahre verstärkt zu einem <strong>Feindbild</strong>“. 20<br />

Für diese Untersuchung wurden zahlreiche<br />

rechtsextreme Tonträger (erschienen<br />

zwischen 1984-2011) gesichtet und<br />

nach Begriffen wie <strong>Polizei</strong>, Polizist, Bulle,<br />

Cop, Büttel, Staatsschutz, Verfassungsschutz,<br />

Spitzel u. ä. durchsucht. 21<br />

Ca. 15.000 Liedtitel wurden durchgesehen.<br />

In etwa 500 Liedern geht es (auch)<br />

um <strong>Polizei</strong>. Diese relativ hohe Anzahl<br />

aufgefundener Musiktitel war für uns<br />

überraschend. Wir haben versucht, die<br />

Texte grob verschiedenen Kategorien<br />

zuzuordnen. Im Folgenden werden vier<br />

inhaltliche Komplexe und jeweils eine<br />

exemplarische Auswahl von Textauszügen<br />

22 vorgestellt.<br />

REchtsExtREmE musiktExtE<br />

13


1.1. <strong>Polizei</strong>staat und <strong>Polizei</strong> als Verfolger und Vollstrecker des Systems<br />

In zahlreichen Liedern wird das politische<br />

System der Bundesrepublik<br />

Deutschland als <strong>Polizei</strong>- oder Überwachungsstaat<br />

bezeichnet. Die Liedtexte<br />

charakterisieren die <strong>Polizei</strong> als Verfolger<br />

der nationalen Bewegung. Sie thematisieren<br />

angeblich willkürliche und<br />

überzogene <strong>Polizei</strong>einsätze bei Konzertabbrüchen,<br />

Hausdurchsuchungen<br />

u. ä. Damit ist oft der Vorwurf verbunden,<br />

die <strong>Polizei</strong> sei allgemein zu lasch<br />

und unternehme vorsätzlich nichts<br />

gegen linke Kriminelle oder gegen<br />

„Ausländerkriminalität“. Weitreichende<br />

Verschwörungsmythen werden ausgebreitet,<br />

wonach die <strong>Polizei</strong> mit den<br />

„Linken“, der „Antifa“ usw. unter einer<br />

Decke stecke. Auch die paranoid antisemitische<br />

Projektion einer hinter der<br />

<strong>Polizei</strong> stehenden jüdischen Macht wird<br />

gelegentlich herangezogen. Diese Vorstellung<br />

wird mit dem Kürzel ZOG zum<br />

Ausdruck gebracht 23 . Generell sieht<br />

sich die extreme Rechte als eine systematisch<br />

ungerecht behandelte und<br />

verfolgte Minderheit an.<br />

„Trägst du bei uns eine Rune am Revers,<br />

dann zieht man dich knallhart aus dem Verkehr.<br />

Dann zerrt man dich blitzschnell vor Gericht<br />

und billig wird das ganz sicher nicht.<br />

Spätestens ab diesem Moment<br />

reagiert der Staat wirklich konsequent.<br />

Er hat dich als Gegner registriert,<br />

ab sofort wirst du ständig kontrolliert.<br />

Für links Autonome, die dich angreifen,<br />

scheint der Enthusiasmus auch nicht zu reichen.<br />

Die <strong>Polizei</strong> hat ein viel größeres Problem,<br />

du könntest ja tatsächlich auf ’ne Demo gehen.<br />

Du könntest ja wirklich deine Grundrechte nutzen,<br />

die werden sie dir ja eh noch stutzen.<br />

Denn bei Deinesgleichen wird das Grundgesetz<br />

auch mal fast lässig außer Kraft gesetzt.<br />

Du bist eine Gefahr für dieses <strong>Land</strong>,<br />

das hat die Gemeinde sofort erkannt.<br />

Auch die Presse und Staatsanwaltschaft<br />

sieht in dir eine dunkle, böse Macht.<br />

Darum wird man dich weiter observieren,<br />

während sich Kinderschänder ungestört amüsieren.<br />

Normale Menschen es kaum verstehen,<br />

du bist offensichtlich das größte Problem.“<br />

Burn Down, Du bist im Recht (2005)<br />

„Früh um sechs flieg ich aus dem Bett.<br />

Die Bullen donnern wie verrückt an mein Brett.<br />

Die Tür fliegt auf, mit voller Wucht.<br />

Zum hundertsten Mal wird meine Bude durchsucht.<br />

Bei der Staatsanwaltschaft stapeln sich die Akten.<br />

Tagtäglich ermitteln sie neue Fakten.<br />

Wir wissen, dass dieser Staat uns hasst.<br />

Doch wir machen weiter, mit einem Bein im Knast.“<br />

Moist Devils, Deutsche Wut (2002)<br />

„The fucking cops, the men in blue.<br />

Controlled by ZOG, they serve the jew“<br />

Mudoven, Men in Blue (1997)<br />

14 REchtsExtREmE musiktExtE


„Du wirst von den Bullen wieder mal verhört,<br />

hast wieder mal ein falsches Lied gehört.<br />

Viele Schwerverbrecher sind heutzutage frei<br />

doch was macht die deutsche <strong>Polizei</strong>?<br />

Wir werden observiert,<br />

von Linken attackiert<br />

und vom Verfassungsschutz<br />

für immer zensiert.<br />

Von diesem Staat regiert,<br />

der nur abkassiert.<br />

Das ist das linke Spiel<br />

bei dem der Deutsche verliert.<br />

Mit deinen Kumpels trinkst du ein paar Bier<br />

doch plötzlich stehen die Grünen vor der Tür.<br />

Ohne Grund wirst du inhaftiert<br />

während im Park ein Kind ermordet wird.“<br />

Braune Brüder, Zensiert (2006)<br />

„Steineschmeißer – Antifa und<br />

der Staatsschutz ist auch schon da.<br />

Alle sind sie mit dabei,<br />

eh alles nur Einheitsbrei“<br />

Sturmwehr, Bettnässer & Hosenscheißer (2009)<br />

„Im Kampf gegen ZOG.“ Kampagne für<br />

die Freilassung des Polizistenmörders<br />

Kay Diesner<br />

REchtsExtREmE musiktExtE<br />

15


1.2. <strong>Polizei</strong> als Feind<br />

Aufgrund der unterstellten systematischen<br />

Verfolgung wird die <strong>Polizei</strong> zum<br />

anvisierten Feind erklärt. Der <strong>Polizei</strong><br />

wird der Krieg erklärt bzw. eine Abrechnung<br />

oder ein Krieg in der Zukunft<br />

prophezeit. Oftmals wird zur direkten<br />

Gewalt bis hin zur Tötung aufgerufen.<br />

Häufig wird in Refrains die von englischen<br />

Subkulturen übernommene Parole<br />

„ACAB“ (= All Cops are Bastards) 24<br />

eingesetzt.<br />

„Du wirst bluten, Bulle! Wo bist Du Bullenschwein?<br />

Ich will Deine Augen seh’n, Bulle!<br />

Deine Augen! Und dann schick ich Dich zur<br />

Hölle! Hö, Bullenschwein! Jetzt hast Du zum<br />

ersten Mal Angst, aber das ist nicht wichtig.<br />

Wir sind die Jäger, wir töten die Schwachen,<br />

damit die Starken überleben! Du kannst die<br />

neue Welt nicht aufhalten! Eure stinkende<br />

Gesellschaft wird Typen wie uns nie los<br />

werden. Wir müssen euch töten! Wir sind die<br />

Zukunft!<br />

Ihr gottverdammten Bullenschweine,<br />

ihr kotzt uns so an.<br />

Doch eines schönen Tages,<br />

ja da seid ihr dran.<br />

Ihr stürmt unsere Konzerte<br />

und prügelt auf uns ein,<br />

doch eines das ist sicher,<br />

wir werden nie verzeih’n.<br />

Refrain: Bullen haben Namen und Adressen,<br />

kein vergeben und kein vergessen.<br />

Bullen haben Namen und Adressen,<br />

kein Vergeben und kein Vergessen.<br />

Ihr kleinen miesen Pisser,<br />

ihr dient diesem Staat.<br />

Ihr seid der letzte Dreck,<br />

ja des Teufels Saat.<br />

Wir hassen euch schon ewig<br />

und das wird auch nie vergeh’n<br />

und am Tag der Rache<br />

wollen wir euch bluten seh’n.<br />

Refrain: Bullen haben Namen [...]<br />

Ihr gottverdammten Bullenschweine,<br />

ihr kotzt uns so an.<br />

Doch eines schönen Tages,<br />

ja da seid ihr dran.<br />

Wir hassen euch schon ewig<br />

und das wird auch nie vergeh’n<br />

und am Tag der Rache<br />

wollen wir euch bluten seh’n.<br />

Refrain: Bullen haben Namen [...]“<br />

Weisse Wölfe, Kein Vergeben,<br />

Kein Vergessen (2002)<br />

„Die Bullen kommen mit Knüppeln an,<br />

das machen die sowieso<br />

mit Druck und Macht auf Skinheads los:<br />

Das macht den Staatsschutz froh.<br />

Wir stürmen los und haun den Bullen<br />

kräftig eine rein.<br />

Grün-weißer Verfassungsschmutz:<br />

Der Sieg wird unser sein!<br />

Tritt rein, tritt rein in das Bullenschwein.<br />

Tritt rein, tritt rein in das Bullenschwein.“<br />

Victor, Tritt rein (o. J.)<br />

16 REchtsExtREmE musiktExtE


„Du bist Beamter und Diener des Staates<br />

der volksfeindlichen Bundesrepublik,<br />

verteidigst ihre Paragraphen und Gesetze,<br />

hast keinen Zweifel und kennst keine Kritik.<br />

Mit Gummiknüppel schlägst Du den Aufstand<br />

systemfeindlicher Kameraden in die Knie,<br />

schützt mit Gewalt und ohne Skrupel<br />

die sogenannte Demokratie.<br />

Wer von Euch den Knüppel hob<br />

gegen deutsche Nationalisten:<br />

An den werden wir uns erinnern,<br />

kommt auf unsere schwarze Listen.<br />

Ist Deutschland wieder in deutscher Hand,<br />

ja der Tag, der kommt bestimmt …<br />

Dann sind wir Eure Herren und es weht für<br />

Euch ein anderer Wind.<br />

Grüne Wichser, Gesetzeshüter einer<br />

Schurkenrepublik. Schützer einer anitvölkisch-kranken<br />

Politik. Grüne Wichser, Gesetzeshüter<br />

einer Schurkenrepublik. Schützer<br />

einer anitvölkisch-kranken Politik.<br />

A.C.A.B.! A.C.A.B.! A.C.A.B.! [...]<br />

All Cops Are Bastards! (A.C.A.B.!) [...]“<br />

Subhumanbeaters, Grüne Wichser (2005)<br />

1.3. Hilflose <strong>Polizei</strong>, Selbstjustiz, Ermächtigung zum Handeln<br />

Die <strong>Polizei</strong> wird in manchen Texten als<br />

hilflose Institution beschrieben, die vor<br />

der Kriminalität kapituliert habe und<br />

nicht mehr in der Lage sei, den „normalen“<br />

(deutschen) Bürger vor Gewalt und<br />

Verbrechen zu schützen. Dies ist oft mit<br />

dem Vorwurf verknüpft, dass nur gegen<br />

Rechte vorgegangen werde. Daraus erwächst<br />

der Ruf nach Selbstjustiz.<br />

„Deutsche <strong>Polizei</strong> leise und machtlos,<br />

sie machen halt nur ihren Job.<br />

Halten sich raus, wirklich aus allem,<br />

scheiß egal wie viele Menschen fallen.“<br />

Rheinwacht, Armes Deutschland (1995)<br />

„Jeder kleine Türke hat hier ’ne scharfe Wumme.<br />

Jeder brave Deutsche ist jeden Tag der Dumme.<br />

Oder du stehst ganz plötzlich auf den Todeslisten.<br />

Irgendwelcher verrückter linker Terroristen.<br />

Glaubst du, dir hilft ein Polizist? So ein blasser<br />

grüner Knabe. Da fühl ich mich viel wohler<br />

wenn ich meine Pumpgun habe.“<br />

<strong>Land</strong>ser, Schala-lala-li (1995)<br />

„Auf den Straßen bist du auf dich Allein gestellt,<br />

Moral und Gesetz zählen hier nicht.<br />

Der Staat ist hilflos, die <strong>Polizei</strong> viel zu lasch.<br />

Das Gesetz zu wahren ist unsere Pflicht.“<br />

Freikorps, Ruf der Wölfe (1992)<br />

REchtsExtREmE musiktExtE<br />

17


1.4. Spott- oder Hasslieder gegen einzelne <strong>Polizei</strong>beamte<br />

In einigen Liedern werden einzelne fiktive<br />

oder real existierende <strong>Polizei</strong>beamte<br />

besungen. So wird z. B. der langjährige<br />

Einsatzleiter und Berliner <strong>Polizei</strong>direktor<br />

Professor Michael Knape (siehe auch<br />

S. 25f) mit einem Spottlied bedacht:<br />

„Telefonintro: Telefonklingeln: Knape? Herr<br />

Professor… Ich bin es wieder. Die Stimme!<br />

Haben Sie schon das Lied gehört?<br />

Guck mal da, was kommt denn da,<br />

mit Blaulicht und Sirene?<br />

Der Nazijäger Nr. 1,<br />

Alptraum der rechten Szene<br />

Refrain: Professor Knape, Großer Held<br />

Er ist der klügste Polizist der Welt<br />

Professor Knape – der schläft nie<br />

Das Genie der Strategie! (uhhh!)<br />

Die Jungs vom Scotland Yard,<br />

sind Waisenknaben gegen ihn<br />

Er ist der Schrecken der Unterwelt<br />

Der Sherlock Holmes von Groß-Berlin“<br />

Berlin Allstars, Loblied auf<br />

<strong>Polizei</strong>direktor Knape (2004)<br />

Das folgende Hasslied der Musikformation<br />

Gigi & Die braunen Stadtmusikanten<br />

beschäftigt sich mit der Messerattacke<br />

auf den Passauer <strong>Polizei</strong>direktor Alois<br />

Mannichl (siehe auch S. 24):<br />

„‚Knusper, Knusper, Knäuschen …<br />

… wer knuspert an Mannichls Häuschen?‘<br />

Mannichl geht’s nicht gut,<br />

Mannichl geht’s nicht gut,<br />

man hat ihn angestochen<br />

und dabei verlor er Blut.<br />

Wer hat das nur gemacht?<br />

Auf wen fällt der Verdacht?<br />

Böse Neonazis hat Mannichl sich gedacht.<br />

Das war ein Lebkuchenmesserterrorist,<br />

ach lieber Michl<br />

glaubst du wirklich diesen Mist?<br />

Lebt denn der alte Mannichl noch,<br />

Mannichl noch, Mannichl noch?<br />

Lebt denn der alte Mannichl noch,<br />

Mannichl noch?<br />

Ja, er lebt noch, er lebt noch, er lebt noch.<br />

Ja, er lebt noch, er lebt noch<br />

und glaubt an den Mist.<br />

Die Skins warn tätowiert,<br />

schon war man alarmiert,<br />

die größten Idioten<br />

haben sofort demonstriert.<br />

Doch Mannichl hat’s schwer,<br />

ihm glaubt nun keiner mehr,<br />

er ist der Märchenonkel<br />

deshalb lieben wir ihn sehr.<br />

Ist diese Tat denn wirklich so geschehn?<br />

Oder hast du’s beim <strong>Polizei</strong>kasper gesehn?<br />

Hetzt denn der alte Mannichl noch,<br />

Mannichl noch, Mannichl noch?<br />

Hetzt denn der Mannichl noch,<br />

Mannichl noch?<br />

Ja, er hetzt noch, er hetzt noch, er hetzt noch.<br />

Ja, er hetzt noch, er hetzt wie gedruckt.<br />

18 REchtsExtREmE musiktExtE


Mannichl geht’s nicht gut,<br />

Mannichl geht’s nicht gut,<br />

man hat ihn angestochen<br />

und dabei verlor er Blut.<br />

Wer hat das nur gemacht?<br />

Auf wen fällt der Verdacht?<br />

Böse Neonazis hat Mannichl sich gedacht.<br />

Oh, was erzählt Mannichlchen da nur,<br />

das war wohl nichts<br />

mit einer ersten heißen Spur!<br />

Lebkuchenmessernaziterrorist –<br />

Naziterrorist – Naziterrorist.<br />

Lebkuchenmessernaziterrorist –<br />

Wer glaubt den Mist?<br />

„Mmhh, das schmeckt süß.<br />

Es ist brauner Lebkuchen, mmhh.”<br />

Gigi & Die braunen Stadtmusikanten,<br />

Lebt denn der alte Mannichl noch? (2009)<br />

REchtsExtREmE musiktExtE<br />

19


2. <strong>Polizei</strong> auf rechtsextremen Websites 25<br />

In jüngster Zeit spielt das Internet als<br />

Kommunikationsort und Mobilisierungsmedium<br />

eine immer wichtigere Rolle. 26<br />

RechtsRock und entsprechende Internetangebote<br />

offerieren eine regelrechte<br />

neonazistische „Erlebniswelt“. 27<br />

Der Themenkomplex <strong>Polizei</strong> zählt zu<br />

den zentralen inhaltlichen Schwerpunkten<br />

rechtsextremer Websites. Es findet<br />

eine umfangreiche Medienauswertung<br />

zu allen Aspekten „rund um die <strong>Polizei</strong>“<br />

statt. Die inhaltliche Bandbreite ist praktisch<br />

grenzenlos: Berichtet wird über<br />

Ausländerkriminalität, die Fahndung<br />

nach „Kinderschändern“, Maßnahmen<br />

der Telefon- und Internetüberwachung,<br />

die Kontrolle der Winterreifenpflicht, die<br />

Einführung von „Safety Bras“ bei der<br />

deutschen <strong>Polizei</strong> etc. Zurückgegriffen<br />

wird oft auf überregionale Tageszeitungen,<br />

Regionalblätter, Internetdienste<br />

sowie auf Fernsehberichte (z. B. SPIE-<br />

GEL-TV). Die tagesaktuellen Beiträge<br />

werden verlinkt, zitiert, oft auch vollständig<br />

übernommen. Im Anschluss<br />

daran können die Beiträge über die<br />

Kommentarfunktion diskutiert werden.<br />

2.1. Grundsatzdebatten<br />

Die Zahl der Beiträge, in denen das Verhältnis<br />

zur <strong>Polizei</strong> in einer grundsätzlichen<br />

Weise thematisiert wird, hält sich<br />

in Grenzen. Eine der wenigen umfangreichen<br />

Grundsatzdiskussionen findet<br />

sich im deutschsprachigen Thiazi-Forum<br />

unter dem Titel „Eure Einstellung<br />

gegenüber der <strong>Polizei</strong>“. Einige Zitate<br />

aus der Diskussion:<br />

„Fest steht aber auch wenn der Tag X kommen<br />

sollte muß auch bei der <strong>Polizei</strong> mit dem<br />

großen Besen duchgefegt werden.“<br />

„Und ja, wir brauchen eine Exekutive, deswegen<br />

sehe ich keinen Grund, Bullen abzuschaffen<br />

wie es einige Anarcho-Nationale (?)<br />

hier wohl gerne hätten. […] Wir sind hier<br />

nicht in einem Kasperletheater! […] ACAB!<br />

Schafft die Bullen ab! Na, dann schauen wir<br />

mal, wie es sich in einer Anarchie so lebt!<br />

Dann könnt ihr euch ja zu den Punks in der<br />

Karlsruher Innenstaft gesellen. Die schreien<br />

auch immer ‚Bullen sind scheisse‘.“<br />

„Nur ein neu erstarkter nationalsozialistischer<br />

Staat in Deutschland kann die <strong>Polizei</strong><br />

wieder zu dem machen, was sie einst war,<br />

was sie sein sollte. Zum Freund und Helfer.“<br />

20


Zusammenfassend lässt sich feststellen,<br />

dass viele User in diesem Thread<br />

polizeistaatliche Vorstellungen vertreten,<br />

die mit demokratischen und rechtsstaatlichen<br />

Prinzipien nicht in Einklang<br />

zu bringen sind. In einem Teil der Beiträge<br />

wird offen gefordert, man solle sich<br />

am historischen Vorbild der nationalsozialistischen<br />

<strong>Polizei</strong> orientieren. Derartige<br />

„Argumente“ finden sich z. B. auch<br />

in der Thiazi-Diskussion „Bremer <strong>Polizei</strong><br />

warnt vor Triebtäter – statt diesen aus<br />

dem Verkehr zu ziehen“:<br />

„die untätigkeit der polizei in den ‚goldenen<br />

zwanziger jahren‘ gegen verbrecher aller art<br />

wurde immer wieder damit erklärt (wie auch<br />

heute) das man verbrechen nie ausmerzen<br />

könne. das wurde aber ab 1933 durch eine<br />

wahrhafte vokspolizei, glänzend wiederlegt.<br />

das berliner scheunenviertel bevorzugtes<br />

rückzugsgebiet von judengauern und gelumpe<br />

aller herrenländer ,wurde eines tages<br />

durch berliner schupos hermetisch abgriegelt<br />

und wohnung für wohnung durchsucht,<br />

nach geheimgängen und verstecken ausschau<br />

gehalten.<br />

alles was an unsicheren kandidaten aufgeriffen<br />

wurde, sofern es deutsche waren, 3<br />

monate zur sommerfrische nach oranienburg<br />

oder dachau entsendet. danach war ruhe und<br />

ordnung bis 45‘.“<br />

„Damals gab es auch Leute wie Heydrich. Die<br />

würden sowas nicht durchgehen lassen –<br />

und das Volk wusste das auch.“<br />

In anderen rechtsextremen Website-<br />

Kommentaren werden staatsfeindlich-individualistische<br />

Haltungen<br />

vertreten. So heißt es z. B. in einem<br />

Altermedia-Kommentar:<br />

„Persönlich bin ich der Meinung, dass die<br />

<strong>Polizei</strong> abgeschafft gehört. Ich wurde z. B.<br />

noch nie in meinem Leben ausgeraubt. Außerdem<br />

sollte man den Erwerb von Schusswaffen<br />

vollkommen freigeben, damit jeder<br />

in Sicherheit leben kann. Wenn mich dann<br />

jemand schlägt oder belästigt schieß ich ihm<br />

einfach ne Kugel ins Gesicht, wozu braucht<br />

man dann noch ne <strong>Polizei</strong>.“<br />

Derartige Tendenzen finden sich gelegentlich<br />

auch bei der NPD. Hier zwei<br />

Zitate aus der Online-Ausgabe der Parteizeitung<br />

„Deutsche Stimme“:<br />

„In Zeiten, in denen die Bevölkerung schutzlos<br />

kriminellen Zuwanderern preisgegeben<br />

wird, muß die Bevölkerung sich wieder selbst<br />

schützen lernen.“<br />

„Privater Schußwaffenbesitz erhöht die innere<br />

Sicherheit.“<br />

REchtsExtREmE WEbsitEs<br />

21


2.2. Die <strong>Polizei</strong> als Freund<br />

Die <strong>Polizei</strong> wird im rechtsextremen<br />

Internet keineswegs ausschließlich<br />

negativ gesehen. In vielen Beiträgen<br />

werden neutrale Begriffe (<strong>Polizei</strong>, Polizist,<br />

Staatsschutz etc.) verwendet. In<br />

manchen Negativbezeichnungen (z. B.<br />

„Schergen der Demokraten“, „Marionette<br />

des Apparats“, „brd-Büttel“) wird<br />

zudem primär die angebliche Funktion<br />

des Polizisten angegriffen, weniger die<br />

Person. Im Vergleich zu anderen Gruppen<br />

(Ausländer, Juden, Schwule, Kriminelle<br />

etc.) kommen Polizisten jedenfalls<br />

„noch gut weg“.<br />

Die <strong>Polizei</strong> spielt im rechtsextremen<br />

Denken eine wichtige Rolle. Sie ist als<br />

Organ unverzichtbar zum „Aufräumen“<br />

und zur Schaffung einer nationalsozialistischen<br />

Ordnung. Man schätzt die<br />

hierarchischen Strukturen, die Uniformierung<br />

und die Problemlösung durch<br />

Gewalt. So schreibt ein User im Skadi<br />

Forum:<br />

„If some crack head hanging in the middle<br />

of the street or some crook gets their head<br />

bashed in with a night stick, who am I to have<br />

something against it.”<br />

Im Senftenberger Blog (SFB Infos) heißt<br />

es in einem Kommentar:<br />

„Die <strong>Polizei</strong> ist nicht unser Feind und wir<br />

kämpfen auch nicht gegen sie, sondern für<br />

das Überleben und eine Zukunft unseres<br />

Volkes.“<br />

Die Argumentation auf vielen rechtsextremen<br />

Websites ist oftmals durchaus<br />

„polizeifreundlich“. Man zeigt Verständnis<br />

für schlechte Arbeitsbedingungen<br />

und mäßige Bezahlung. „Jeder gut ausgebildete<br />

Dachdecker verdient mehr“,<br />

meint ein User im Thiazi Forum.<br />

Einsparungen im <strong>Polizei</strong>bereich (wie<br />

z. B. die geplante Schließung von <strong>Polizei</strong>wachen<br />

in <strong>Brandenburg</strong>) werden<br />

kritisiert. Zu erwähnen sind in diesem<br />

Kontext insbesondere die zahlreichen<br />

Erklärungen der NPD.<br />

„NPD unterstützt Volksinitiative der <strong>Polizei</strong>“<br />

[zur <strong>Polizei</strong>reform <strong>Brandenburg</strong>, mit Link zur<br />

Unterschriftensammlung der GdP].<br />

„NPD-NRW solidarisiert sich mit Duisburger<br />

<strong>Polizei</strong>“ [gegen Vorwürfe einer Bundestagsabgeordneten<br />

der Linken]<br />

„NPD unterstützt <strong>Polizei</strong>gewerkschaft: Thierse<br />

muß weg!“<br />

Nicht selten wird behauptet, es gebe<br />

auch innerhalb der <strong>Polizei</strong> Sympathien<br />

für rechtsextremes Gedankengut. Die<br />

folgenden drei Zitate stammen aus dem<br />

Thiazi-Forum:<br />

„Die sind manchmal schon recht freundlich<br />

und erzählen sogar mit uns übers Wetter usw.<br />

Und dann im stillen und kleinen hört man<br />

auch mal: Eigentlich finde ich es ja gar nicht<br />

schlecht, was ihr macht.“<br />

22 REchtsExtREmE WEbsitEs


„Als wir am Gedenkstein nach einer eindrucksvollen<br />

Gedenkrede für die Opfer unsere<br />

Kränze ablegten und in einer Schweigeminute<br />

verharrten, nahmen viele der anwesenden<br />

Polizisten Haltung an und Helm ab. Diese<br />

Geste hat viele von uns beeindruckt.“<br />

„Hab auch schon am ende einer demo mitbekommen<br />

wo wir die nationalhymne gesungen<br />

haben das ein bulle mitgesungen hat… (alle<br />

bullen saßen mehr oder weniger, ausser der<br />

eine…) Doch leider sind ganz wenige polizisten<br />

gute polizisten.“<br />

Interessant ist in diesem Kontext die<br />

sehr umfangreiche Diskussion „‘Antisemitismus-Skandal‘<br />

an <strong>Polizei</strong>schule“ auf<br />

Thiazi. Dort meldet sich ein angeblicher<br />

<strong>Polizei</strong>schüler („Freund der Sonne“) zu<br />

Wort, der sich u. a. über seine Berufswahlmotive<br />

äußert:<br />

„… kann man so aktiv mithelfen die Straßen<br />

von ‚Schmutz‘ und ‚Ungeziefer‘ zu säubern.<br />

Und ich wollte schon immer mal schießen um<br />

ehrlich zu sein.“<br />

Ein angeblich früherer Angehöriger des<br />

Bundesgrenzschutz (BGS) behauptet:<br />

„Eingestellt wurde ich übrigens aufgrund meiner<br />

Nationalsozialistischen Einstellung …“<br />

Der User „Robert“ will (offenbar vom<br />

Hörensagen) wissen, dass in einer <strong>Polizei</strong>schule<br />

im Rahmen der Staatsbürgerkunde<br />

das Horst-Wessel-Lied gespielt<br />

wurde:<br />

„Als die Musik einsetzte, stand die gesamte<br />

Klasse auf, reckte den rechten Arm nach oben<br />

und sang das jeweilige Lied mit Es gab keine<br />

Probleme mit dem Text. Es erübrigt sich, die<br />

Reaktion des Lehrers zu beschreiben, der mit<br />

hochrotem Kopf zwar Fraktur redete, aber es<br />

blieb dabei belassen. Ab diesem Zeitpunkt<br />

hörte man keine Platten mehr.“<br />

2.3. Die <strong>Polizei</strong> als Feind<br />

Andererseits sind sich die rechtsextremen<br />

Internetaktivisten natürlich darüber<br />

im Klaren, dass die <strong>Polizei</strong> dem System<br />

dient, das die extreme Rechte bekämpfen<br />

und abschaffen will. So heißt es im<br />

Skadi Forum:<br />

„As part of the system, which we reject and<br />

fight against in it’s entirety, they’re part of the<br />

problem; and become enemies like the rest<br />

of the system they chose to work for.”<br />

Doch Polizisten werden nicht nur gehasst,<br />

weil sie dem System dienen, sondern<br />

auch weil man annimmt, dass sie<br />

im Zweifel jedem System dienen würden.<br />

(Letzteres erscheint manchem noch<br />

schlimmer.) Ein Skadi-User sieht es so:<br />

REchtsExtREmE WEbsitEs<br />

23


Auf der Internetseite des „Nationalen<br />

Widerstands Berlin“ heißt es:<br />

A.C.A.B.-Button<br />

aus dem rechtsextremen Onlinehandel<br />

„The police, I don’t trust them or like them…<br />

the fuckers would sell their grandmothers for<br />

a pension and they have done more harm to<br />

the far right in the UK than anyone.”<br />

Die <strong>Polizei</strong> wird in umfassender Weise<br />

beobachtet. Quantitativ steht die<br />

Demonstrationsberichterstattung im<br />

Vordergrund. <strong>Polizei</strong>liche Aktivitäten<br />

werden in eigenen Texten ausführlich<br />

beschrieben, kritisiert und oft auch fotografisch<br />

dokumentiert. Auch strategische<br />

und taktische Überlegungen zum<br />

Verhalten bei zukünftigen Aktionen sind<br />

in manchen Internetforen nachzulesen.<br />

„Einige Wochen vor der Maidemonstration<br />

in Berlin wurde ein bisher noch zu stark<br />

vernachlässigtes Thema aufgegriffen: Wie<br />

verhalte ich mich im Rahmen von Demonstrationen,<br />

bei Übergriffen durch Linke oder<br />

Polizisten. Um auf diesen Fall besser vorbereitet<br />

zu sein, wurde dies von ca. 50 Nationalen<br />

Sozialisten geübt. So wurde nun im Raum<br />

Berlin ein ruhiges Waldstück ausgewählt und<br />

der ‚Sportplatz‘ in Beschlag genommen.“<br />

Allzu heftige Kritik an der <strong>Polizei</strong> ist bei<br />

manchen Usern allerdings unbeliebt.<br />

Dazu ein Zitat aus dem Thiazi Forum:<br />

„Würde es heutzutage eine <strong>Polizei</strong> unter<br />

NS-Führung geben, würden einige jammernde<br />

vermeintliche Nationalsozialisten den<br />

Knüppel noch härter spüren, als sie es unter<br />

‚BRD-Mandat‘ gewohnt sind. Viele würden<br />

sicherlich schneller in Arbeitslagern verschwinden,<br />

als sie ‚Adolf‘ sagen könnten…“<br />

2.4. Demonstrationsberichterstattung<br />

Im Mittelpunkt steht die Kritik an vermeintlicher<br />

„<strong>Polizei</strong>willkür“: Der <strong>Polizei</strong>einsatz<br />

sei „völlig überzogen“ 28<br />

gewesen, es habe „Schikanen“ gegeben<br />

und die <strong>Polizei</strong> habe „provoziert“.<br />

Oft wird behauptet, die <strong>Polizei</strong> bevorzuge<br />

oder schütze linke Demonstranten<br />

und kooperiere mit diesen. Aus einem<br />

Demonstrationsbericht im „Nationalen<br />

Informationsportal Teltow-Fläming“:<br />

„Die <strong>Polizei</strong> ließ sich […] jede Menge Zeit die<br />

Blockierer wegzuräumen und fasste diese<br />

regelrecht mit Samthandschuhen an. […]<br />

Die <strong>Polizei</strong> war allerdings recht schnell dabei<br />

die kleine Pause zu nutzen um ein halbes<br />

24 REchtsExtREmE WEbsitEs


dutzend Nationaler Widerstandskämpfer aus<br />

fadenscheinigen Gründen festzunehmen.“<br />

Weitere beliebte Argumentationsmuster:<br />

Die <strong>Polizei</strong> sei „unfähig“. Man habe<br />

die <strong>Polizei</strong> an der Nase herumgeführt. 29<br />

Beliebt sind amüsante Anekdoten<br />

über polizeiliche Maßnahmen. 30 Berichtet<br />

wird jedoch auch über Begegnungen<br />

mit „freundlichen“ Polizisten<br />

und über gelegentliche Erfolge in der<br />

„Zusammenarbeit“.<br />

„Schönes Wetter und relativ freundlich gesinnte<br />

Polizisten erwarteten uns […]“ (Nationales<br />

Informationsportal Teltow-Fläming).<br />

„[…] die Kinder durften sich derweil im<br />

‚großen <strong>Polizei</strong>auto‘ vergnügen und einmal<br />

die ‚Kelle‘ schwingen […]“ (Freie Kräfte<br />

Neuruppin/Osthavelland).<br />

„Nur durch die gestochen scharfen Fotos der<br />

‚Anti – Antifa‘ war es der <strong>Polizei</strong> möglich, den<br />

Flaschenwerfer zu verhaften“ (Nationales Informationsportal<br />

Teltow-Fläming).<br />

Zur Koordination von Demonstrationen<br />

(z. B. Dresden 2011) wird auch auf die<br />

Kommunikationsplattform Twitter zurückgegriffen<br />

(Vorab-Berichterstattung<br />

über Gerichtsurteile, Mitteilung von<br />

Infonummern, Hinweise zur Anreise,<br />

„Echtzeitberichterstattung“ vom<br />

Demonstrationsgeschehen, Nachbereitung<br />

usw.). Häufig wird dabei von<br />

Verlinkungen Gebrauch gemacht (Berichte,<br />

Blogs, Videos u. ä.).<br />

2.5. Engagierte <strong>Polizei</strong>beamte im Visier<br />

Das <strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong> wird in der rechtsextremen<br />

Szene nicht nur abstrakt propagiert.<br />

Vertreter der <strong>Polizei</strong> werden im<br />

Internet auch namentlich genannt und<br />

„ins Visier“ genommen. Die Bandbreite<br />

der Internetaktivitäten ist dabei groß:<br />

– Veröffentlichung biographischer Informationen<br />

– Kontinuierliche Berichterstattung/<br />

Kommentare zu beruflichen Aktivitäten<br />

– Aktionen und Kampagnen<br />

– Strafrechtlich relevante Beiträge<br />

(persönliche Beleidigungen, Aufruf<br />

zu Gewalttaten, Benennung des<br />

Wohnorts u. ä.)<br />

REchtsExtREmE WEbsitEs<br />

25


Alois Mannichl 31<br />

In einem sehr großen Teil der gesichteten<br />

Internetbeiträge wird auf den bis<br />

heute nicht aufgeklärten Anschlag auf<br />

Alois Mannichl Bezug genommen. 32<br />

Dies geschieht in vielen Texten und grafischen<br />

Abbildungen durch Anspielungen<br />

auf die Tatwaffe, die in den Medien<br />

fälschlicherweise als Lebkuchenmesser<br />

bezeichnet wurde. 33<br />

http://www.pi-news.net/<br />

www.kompakt-nachrichten.de<br />

26 REchtsExtREmE WEbsitEs


Michael Knape<br />

Neben Alois Mannichl steht seit Jahren<br />

vor allem der engagierte Berliner<br />

<strong>Polizei</strong>direktor Prof. Michael Knape im<br />

Fokus der rechtsextremen Szene. 34 Die<br />

Diskussionen zu Knape in den rechtsextremen<br />

Foren (insbesondere Thiazi)<br />

sind schon aufgrund ihrer Quantität<br />

kaum überschaubar.<br />

„Auf jeden Fall gehe ich zu jeder Veranstaltung,<br />

Feier, Party, etc., auf auch Herr <strong>Polizei</strong>direktor<br />

Knape auftauchen könnte…“<br />

(„Lunikoff“)<br />

Polemisch kommentiert wird Knapes<br />

Tätigkeit immer wieder vom rechtsextremistischen<br />

„Bewegungsunternehmer“<br />

35 Christian Worch.<br />

„Gegen das Tragen von Sonnenbrillen und<br />

Baseballkappen gäbe es keine Einwände.<br />

(Danke, Herr Professor! – Sie lesen die selben<br />

Gerichtsbeschlüsse wie ich, denke ich. –<br />

Oder, richtiger, Sie lesen Gerichtsbeschlüsse,<br />

die ich erwirke…)“<br />

Auch die NPD meldet sich zu Wort:<br />

„Wenn einer der Betroffenen weniger bequem<br />

wäre und einen erfahrenen Rechtsanwalt<br />

aufsucht, dann könnte Herrn Knape und<br />

seinen Polizisten von Verwaltungsrichtern<br />

sehr gute Nachhilfe in Sachen Rechtsstaat<br />

erteilt werden. Das Versammlungsrecht kann<br />

nämlich nicht von der politischen Großwetterlage<br />

abhängig gemacht werden, Herr Knape!“<br />

(Frank Schwerdt)<br />

Vergleichsweise sachlich fällt der Bericht<br />

eines Thiazi-Autors über die Teilnahme<br />

Knapes an einer Tagung der<br />

Ebert-Stiftung aus. Der Tonfall der<br />

meisten Beiträge ist aber äußerst aggressiv<br />

und überschreitet u. E. manchmal<br />

die Grenze zur strafrechtlichen<br />

Relevanz. Dazu drei Beispiele aus anderen<br />

Internetforen:<br />

„Ich habe vor jedem braunen Hetzer der<br />

sich nicht unterdrücken lässt und für seine<br />

Überzeugung notfalls in den Knast geht mehr<br />

‚Achtung‘ als vor solchem Menschenmüll wie<br />

dem Michael Knape. Er ist Direktionsleiter<br />

der <strong>Polizei</strong>direktion 6 in Berlin, und sein Lebensziel<br />

scheint er im ‚erlegen‘ von Neonazis<br />

zu sehen. So ein richtig kleiner Hitler, nur das<br />

andere Extrem. Ich würde mich öffentlich im<br />

Internet freuen wenn jemand diesen üblen Faschisten<br />

von dieser Erde tilgt. Info: Er wohnt in<br />

Berlin Heiligensee! Wenn ich auf die Schnelle<br />

noch dessen Adresse gefunden hätte, hätte<br />

ich sie auch angegeben. Dafür gibt es dann<br />

von mir noch eine mediale Belohnung.“<br />

„Diesem Kasper wünsche ich von ganzen<br />

Herzen, dass er nachts mal von diesen Menschen<br />

anderer Hautfarbe so sehr zum Krüppel<br />

geschlagen wird, dass er zwar seinen Job<br />

nie mehr ausführen kann, sich dafür aber immer<br />

noch daran erinnern kann, was für eine<br />

schädlichen Unsinn er einst verzapfte.“<br />

„Also, wenn der Herr Knape ein ehemaliger<br />

Vopo ist, dann ist es auch nicht verwunderlich,<br />

daß er vergaß, sein Lebkuchenmesser<br />

REchtsExtREmE WEbsitEs<br />

27


ereit zu legen. Vopos, waren schon immer<br />

geistiger Müll! Er sollte mal bei Herrn Mannichl<br />

nachfragen, wie das geht mit Anti-<br />

Rechts. Ein wenig stecheln und dann Karriere<br />

machen! Das hat ein blöder Ossi eben nicht<br />

drauf“<br />

http://www.streetwear-tostedt.de/bilder/artikel/TSFestgefestigt.jpg<br />

Bernd Merbitz<br />

Ein weiterer Polizist im Blickfeld der extremen<br />

Rechten ist der langjährige <strong>Land</strong>espolizeipräsident<br />

von Sachsen und<br />

jetzige Leipziger <strong>Polizei</strong>präsident, Bernd<br />

Merbitz, dem das rechtsextreme Online-<br />

Lexikon Metapedia sogar einen eigenen<br />

Artikel widmet. Bernd Merbitz hat sich<br />

über Sachsen hinaus mit seinem Engagement<br />

gegen Rechtsextremismus einen<br />

Namen gemacht und dafür u. a. 2009<br />

den Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats<br />

der Juden in Deutschland erhalten.<br />

Die Beiträge zu Merbitz stammen zum<br />

Teil aus den Reihen der „freien Kräfte“ in<br />

Sachsen, aber häufig auch aus verschiedenen<br />

Untergliederungen und der <strong>Land</strong>tagsfraktion<br />

der sächsischen NPD. Doch<br />

auch in den überregionalen Webangeboten<br />

(Altermedia, Thiazi, Rocknord,<br />

aber auch: Junge Freiheit und Blaulicht-<br />

Blog) wird auf Merbitz eingegangen.<br />

Auffallend ist die hohe Redundanz: Die<br />

Beiträge tauchen häufig in mehreren<br />

Foren bzw. Blogs auf. Die Quellenbasis<br />

für die biographischen Aussagen ist<br />

überaus schmal (im Wesentlichen: ein<br />

1990 in der Süddeutschen Zeitung erschienener<br />

Artikel über Merbitz) und die<br />

wenigen „Argumente“ wiederholen sich<br />

(z. B. immer wieder der Hinweis auf die<br />

Verleihung des Paul-Spiegel-Preises an<br />

Merbitz).<br />

In fast allen Beiträgen wird auf die<br />

DDR-Biographie von Merbitz Bezug<br />

28 REchtsExtREmE WEbsitEs


genommen. Zwei Beispiele: Altermedia<br />

berichtete über eine Aktion rechtsextremer<br />

Aktivisten im Kreistag des<br />

Muldentalkreises, wo Merbitz der CDU-<br />

Fraktion vorsaß. Hier wurde ein Transparent<br />

mit folgender Aufschrift entrollt:<br />

„AUF NIMMER-WIEDERSEHEN<br />

GENOSSE VOPO-MAJOR“. Die NPD-<br />

Fraktion im Sächsischen <strong>Land</strong>tag beantragte<br />

die Missbilligung der Ernennung<br />

zum <strong>Land</strong>espolizeipräsidenten am „Tag<br />

der Deutschen Volkspolizei“.<br />

Kommentare zu einem Beitrag über Merbitz<br />

im Internetportal „Gesamtrechts“:<br />

„Es waren ja auch massig ehemalige NS-<br />

DAP-Mitglieder nach dem Krieg wieder politisch<br />

aktiv. Kiesinger lässt grüßen.“<br />

„Und wann wird Herr Merbitz endlich geohrfeigt?<br />

;)“<br />

„Typisch Judenrepublik: Ein schwerkrimineller<br />

EX-SEDler wird <strong>Polizei</strong>präsident.“<br />

Der Tonfall ist in vielen Kommentaren<br />

äußerst aggressiv. Auf Altermedia heißt<br />

es z. B.:<br />

„Es wäre angebracht, von diesem VOPO-<br />

Schwein Faxnummer oder Mailadresse ins<br />

Internet zu stellen. Ansonsten hat man keine<br />

Chance, bei dieser wendehalsigen Kommunistensau<br />

die Anzahl der geglückten Abschüsse<br />

an der innerdeutschen Mauer abzufragen.“<br />

„@Merbitz deine Weide steht schon“.<br />

Im RockNORD-Forum schreibt ein User:<br />

„Gib mir ein G … und bring mich 100 meter<br />

an ihn ran und die Diskussion ist beendet“<br />

Jörn Preuß<br />

Ein weiteres Beispiel ist der ehemalige<br />

Leiter des <strong>Polizei</strong>schutzbereichs Dahme-Spreewald<br />

Jörn Preuß. In mehreren<br />

Beiträgen wird Preuß‘ berufliche Vergangenheit<br />

bei der Volkspolizei erwähnt. In<br />

einem Beitrag auf spreelichter.info wird<br />

Preuß folgendermaßen zitiert:<br />

„Die Spreelichter wissen, dass wir an ihnen<br />

dran sind und sie auch durch den Verfassungsschutz<br />

beobachtet werden. […] Wir sind […]<br />

mit deren Arbeitgebern sowie Ausbildungsbetrieben<br />

und Hochschulen im Gespräch.“<br />

Der Spreelichter-Autor kommentiert<br />

dies folgendermaßen:<br />

„Spätestens hier riecht alles nach Zuständen,<br />

wie man sie aus der Zeit vor 1989 kennt:<br />

Eine Systempresse, die im Schulterschluss<br />

mit den Repressionsorganen des Staates<br />

Druck ausübt, hetzt und Kriminalität herbeiredet.<br />

Der 48-jährige Preuß mag dies noch<br />

aus Zeiten des Beginns seiner Laufbahn bei<br />

der Volkspolizei im Jahre 1980 kennen, als er<br />

die Offiziersschule der Bereitschaftspolizei in<br />

Dresden besuchte.“<br />

REchtsExtREmE WEbsitEs<br />

29


2.6. Fotos von Polizisten<br />

„Unterlassen Sie es sicherheitshalber,<br />

<strong>Polizei</strong>beamte zu fotografieren und<br />

deren Bilder zu veröffentlichen“, heißt<br />

es in einer Empfehlung des Deutschen<br />

Rechtsbüros. 36 Dieser Rat wird von<br />

vielen rechtsextremen Internetaktivisten<br />

nicht beachtet. Umfangreiches<br />

Fotomaterial findet sich beispielsweise<br />

beim „Nationalen Demonstrationsbeobachter“,<br />

im Senftenberger Blog, auf<br />

spreelichter.info sowie auf der Homepage<br />

der Freien Kräfte Königs Wusterhausen.<br />

Überwiegend soll mit den<br />

Fotos das Verhalten der <strong>Polizei</strong> dokumentiert<br />

werden; insofern ergänzen<br />

bzw. illustrieren sie die Texte. Fotografiert<br />

wird manchmal vorsichtig aus der<br />

Distanz (die Polizisten sind nur von hinten<br />

oder verschwommen abgebildet).<br />

Auf anderen Fotos sind die Gesichter<br />

der <strong>Polizei</strong>beamten hingegen deutlich<br />

zu erkennen.<br />

Fotos von Polizisten werden im Übrigen<br />

nicht nur im Kontext der Demonstrationsberichterstattung<br />

herangezogen.<br />

Auffällig ist, dass oft auch Textbeiträge<br />

mit Polizistenfotos versehen sind, in<br />

denen die <strong>Polizei</strong> gar keine Rolle spielt.<br />

Derartiges findet sich z. B. auf der Website<br />

spreelichter.info. Es handelt sich<br />

hier um eine der wenigen rechtsextremen<br />

Internetseiten, die ein durchdachtes<br />

gestalterisches Konzept erkennen<br />

lassen. Die weitgehend in Schwarz-<br />

Weiß gehaltenen Fotos weisen durchweg<br />

eine hohe handwerkliche Qualität<br />

auf und wären teilweise auch in nichtrechtsextremen<br />

Medien vorstellbar.<br />

30 REchtsExtREmE WEbsitEs


2.7. Rechtsextreme „verteidigen“ den Rechtsstaat<br />

„Unter Bezeichnungen wie ‚Rechtsextremisten‘,<br />

‚Rechtsradikale‘, ‚Neonazis‘, ‚Nazis‘,<br />

‚Faschisten‘ und ähnlichem findet ein kalter<br />

Bürgerkrieg gegen Bürgerrechtler, Dissidenten,<br />

Freiheitskämpfer und Oppositionelle<br />

statt.“<br />

Die <strong>Polizei</strong>kritik auf rechtsextremen Internetseiten<br />

ist nicht selten juristisch<br />

formuliert. Angeblich „rechtswidrige“<br />

Handlungen der <strong>Polizei</strong> werden oft aus<br />

einer scheinbar liberalen, bürgerrechtlichen<br />

Perspektive thematisiert. Zu den<br />

wichtigsten Kritikpunkten gehören:<br />

– die angebliche Verletzung von<br />

Grundrechten (Versammlungsfreiheit,<br />

freie Meinungsäußerung usw.)<br />

– der als „Gesinnungsparagraph“ bezeichnete<br />

§ 130 des Strafgesetzbuchs<br />

37<br />

– Vereinsverbote sowie die anhaltende<br />

Diskussion um ein NPD-Verbot<br />

– Vereinzelt wird auch ein Widerstandsrecht<br />

nach Art. 20 Abs. 4 des<br />

Grundgesetzes in die Diskussion<br />

gebracht. So meinte der NPD-Politiker<br />

Udo Pastörs im Februar 2010<br />

vor dem Hintergund eines durch<br />

Gegendemonstranten verhinderten<br />

rechtsextremen „Trauermarsches“ in<br />

Dresden:<br />

„Und ich habe großes Verständnis dafür, wenn<br />

jetzt in Kameradenkreisen darüber diskutiert<br />

wird, ob es nicht langsam an der Zeit sei, auf<br />

der Grundlage des Artikels 20, Absatz 4 des<br />

Grundgesetzes dem Unrechtssystem BRD<br />

aktiven Widerstand entgegenzusetzen. Es<br />

scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein,<br />

REchtsExtREmE WEbsitEs<br />

31


wann die <strong>Polizei</strong> das erste Mal auf friedliche,<br />

nationale Demonstranten schießen wird.“<br />

Bei manchen Blogkommentaren und<br />

Forenbeiträgen muss man aus sprachlichen<br />

und inhaltlichen Gründen vermuten,<br />

dass sie von Juristen verfasst sind.<br />

„Vor allem freut es mich aber, immer mehr<br />

Juristen in der Bewegung begrüßen zu dürfen.<br />

Nach dem tragischen Ableben Jürgen<br />

Riegers braucht es einige Nachrücker, um<br />

diese Lücke zu schließen!“ (Kommentar auf<br />

spreelichter.info)<br />

„Da kann ich ja froh sein, dass ich meine<br />

Scheine bei Ministerialdirigent Dr. Glauben<br />

gemacht habe und nicht bei dir“ (Kommentar<br />

im Thiazi Forum).<br />

Weit verbreitet sind juristische Ratgeber<br />

zu den unterschiedlichsten Themen,<br />

die oft – aber nicht ausschließlich –<br />

vom Deutschen Rechtsbüro verfasst<br />

wurden. 38<br />

Andererseits ist die Berufung auf den<br />

Rechtsstaat in der rechtsextremen<br />

Szene keineswegs unumstritten. So<br />

schreibt z. B. das Aktionsbüro Nordsachsen<br />

im Februar 2011 anlässlich<br />

gescheiterter rechtsextremer Demonstrationen<br />

in Dresden:<br />

„Die Nationale Bewegung braucht künftig<br />

völlig andere Konzepte und Methoden im<br />

Kampf gegen das System. Diese sollten aber<br />

auf keinen Fall darauf wurzeln, das Grundgesetz<br />

im Rücken zu haben.“<br />

2.8. DDR-Vergleiche<br />

Auf praktisch allen ausgewerteten Internetseiten<br />

wird die Bundesrepublik<br />

Deutschland gelegentlich mit der DDR<br />

verglichen. 39 Besonders beliebt ist der<br />

Stasi-Vergleich. Auf der Homepage der<br />

Rechtsrockband „Spreegeschwader“<br />

ist zu lesen:<br />

„Bereits 2002 versuchten LKA und Verfassungsschutz<br />

mit Hilfe eines Ausreiseverbotes,<br />

die Band ‚Spreegeschwader‘ daran zu<br />

hindern an einem Konzert in Ungarn teilzunehmen.<br />

Die Band spielte allerdings einige<br />

Wochen später rotzdem ein großartiges Konzert<br />

mit riesiger Stimmung in Ungarn! Was<br />

allerdings übel aufstieß, war die Tatsache,<br />

dass man einer legalen Band mit derartig<br />

‚DDR-lastigen‘ Methoden die Reisefreiheit<br />

einschränkt. Ob es auch noch den Schießbefehl<br />

gibt, sollte die Band unerlaubt die<br />

Staatsgrenze überschreiten ???“<br />

Im Senftenberger Blog heißt es:<br />

„Es ließ nicht allzu lange auf sich warten,<br />

und auch das neue System entpuppte sich<br />

als Überwachungs- und Unterdrückungsapparat,<br />

in dem nur derjenige liebsam ist, der<br />

32 REchtsExtREmE WEbsitEs


schweigend zusieht und sich nicht dagegen<br />

wehrt. Altes behielt Methode und wurde<br />

nochmals verfeinert. Jene Täter von einst<br />

erhielten erneut Einfluss, Macht und Positionen,<br />

die Verbrechen von einst wurden unter<br />

den Tisch gekehrt. Alles Unliebsame muss<br />

wieder verfolgt, unterdrückt, eingesperrt und<br />

mundtot gemacht werden. Ihre Fußtruppen<br />

stehen wieder bereit.“<br />

Besonders häufig wird der DDR-Vergleich<br />

auf den beiden südbrandenburgischen<br />

Websites spreelichter.info und<br />

Senftenberg Infos verwendet. Im Senftenberger<br />

Blog findet sich kaum ein<br />

polizeibezogener Beitrag ohne DDR-<br />

Vergleich. Thematisiert werden u. a.<br />

– personelle Kontinuitäten: z. B. MfS-<br />

Mitarbeiter im <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

<strong>Polizei</strong>dienst<br />

– angebliche methodische Kontinuitäten:<br />

z. B. „staatsfeindliche Hetze“<br />

gestern – §130 heute; Verbot von<br />

Blues-Messen gestern – Rechtsrockverbot<br />

heute; Telefonüberwachung<br />

gestern – Internetüberwachung heute<br />

Auf den beiden südbrandenburgischen<br />

Internetseiten wird die Geschichte von<br />

Opposition und Widerstand in der DDR<br />

aber auch eigenständig (d.h. ohne unmittelbaren<br />

Gegenwartsbezug) bearbeitet.<br />

In beiden Blogs finden sich immer wieder<br />

Zitate bzw. längere (nicht autorisierte)<br />

Textauszüge von Bürgerrechtlern, Künstlern<br />

und Wissenschaftlern (z. B. Jürgen<br />

Fuchs, Sibylle Schönemann, Christa<br />

Wolf, Hubertus Knabe). Mehrere Blogeinträge<br />

sind mit Szenenfotos aus dem Film<br />

„Das Leben der Anderen“ versehen.<br />

2.9. Die Freiheit des Internets<br />

„Mit der Befreiung der Information von der<br />

physischen Bindung an das Papier durch<br />

ihre Digitalisierung haben die traditionellen<br />

Kontrollmechanismen ein Ende gefunden.<br />

Das Meinungsmonopol der Herrschenden<br />

schwindet und jeder, der Zugang zu einem<br />

Rechner hat, kann sich heute nicht nur außerhalb<br />

der vorgeschriebenen ideologischen<br />

Grenzen informieren, sondern besitzt auch<br />

eine Stimme, die gehört werden kann. Das<br />

ist der Grund, warum wir so viel Energie für<br />

die Arbeit im Netz aufbringen und auch dafür,<br />

warum die Demokraten das Netz durch die<br />

Anwendung des Zugangserschwerungsgesetzes<br />

unter ihre Kontrolle bringen wollen“<br />

(spreelichter.info).<br />

Die Debatten über Internetbeschränkungen<br />

(Online-Durchsuchungen,<br />

Vorratsdatenspeicherung, Sperrung<br />

von Kinderpornographie usw.) werden<br />

auch in rechtsextremen Blogs und Foren<br />

aufmerksam verfolgt. Wiederum ist<br />

hier die Internetseite spreelichter.info<br />

REchtsExtREmE WEbsitEs<br />

33


zu erwähnen, auf der sehr kenntnisreiche<br />

Texte zu Internetthemen zu lesen<br />

sind. spreelichter.info vertritt dabei<br />

eine scheinbar liberale Position, 40 die<br />

sich auf den ersten Blick kaum von der<br />

Haltung anderer netzpolitischer Blogs<br />

unterscheidet. 41 Unter dem Titel „Vorsicht,<br />

Stasi hört mit!“ bekommt der ge-<br />

neigte Leser Empfehlungen zur Abwehr<br />

des „Bundestrojaners“ mit Hilfe von<br />

„Knoppix“ und „Truecript“. Unter der<br />

Überschrift „Transparente <strong>Polizei</strong>arbeit“<br />

amüsiert sich spreelichter.info über die<br />

versehentliche Veröffentlichung polizeiinterner<br />

Daten durch den Versand einer<br />

Word-Datei.<br />

2.10. <strong>Polizei</strong> und „Ausländer“<br />

Zahlreiche Beiträge thematisieren eine<br />

gegen die angebliche grassierende Ausländerkriminalität<br />

und gezielte Überfremdung<br />

wehr- und hilflose <strong>Polizei</strong>. Nach der<br />

Demonstrationsbeobachtung steht dieses<br />

Thema quantitativ an zweiter Stelle.<br />

42 Im Einzelnen werden insbesondere<br />

die folgenden Aspekte diskutiert:<br />

– „Ausländerkriminalität“ in Großstädten:<br />

<strong>Polizei</strong> schaue weg, traue sich<br />

nicht in Berliner Problemviertel. Auffallend<br />

häufig wird in diesem Kontext<br />

aus Stellungnahmen von Vertretern<br />

der GdP zitiert. Beliebt sind außerdem<br />

anonyme Zitate und Verweise<br />

auf angebliche Äußerungen von <strong>Polizei</strong>beamten.<br />

So schreibt ein User im<br />

Thiazi Forum: „‚80% der Straftaten<br />

hier in der Ecke sind von dem Asylheim<br />

ausgehend‘ sagte mir mal ein<br />

Polizist von hier hinter vorgehaltener<br />

Hand.“<br />

– Kritik an der Anwerbung „fremdrassiger“<br />

Polizisten, also der Einstellung<br />

von Beamtinnen und Beamten mit<br />

Migrationshintergrund: Diese bevorzugten<br />

angeblich ihre <strong>Land</strong>sleute,<br />

ließen sich besser im Kampf gegen<br />

Rechts und zur Unterdrückung der<br />

„deutschstämmigen“ Einwohner einsetzen.<br />

– Kriminalitätsstatistiken werden angeblich<br />

bereinigt, die Täterherkunft<br />

dürfe nicht benannt werden.<br />

„Da muss ich Mitleid mit den heutigen <strong>Polizei</strong>beamten<br />

haben. Noch vor 25 Jahren, als<br />

ich im Streifendienst stand, waren solche<br />

Dinge undenkbar. Warnschuss, wenn das<br />

nicht hilft, 9mm in die hohle Birne. Und kein<br />

Staatsanwalt wäre gegen den Polizisten vorgegangen.<br />

Jeden Tag eine solche Migratte<br />

hinweggepustet und der Abschaum wäre in<br />

einem Jahr außer <strong>Land</strong>es“ (Kommentar im<br />

Thiazi-Forum).<br />

„Tja, der Deutsche Polizist darf sich nicht<br />

gegen den rassisch minderwertigen Aggressor<br />

wehren. Vor 70 Jahren wäre so etwas<br />

noch völlig undenkbar gewesen. So will uns<br />

der Jude demütigen“ (Kommentar im Thiazi<br />

Forum)<br />

34 REchtsExtREmE WEbsitEs


2.11. <strong>Polizei</strong>nahe Foren<br />

Rechtsextreme Äußerungen finden sich<br />

auch in Internetforen, die angeblich<br />

oder tatsächlich von <strong>Polizei</strong>angehörigen<br />

organisiert werden. 43<br />

Das stark frequentierte Forum „Copzone“<br />

wird von Henning Oelschläger (Osterrönfeld)<br />

verantwortet, der selbst bei<br />

der Bundespolizei tätig sein soll. Trotz<br />

eindeutiger Kommentarregeln („Beleidigungen,<br />

sexuelle Anspielungen und<br />

sexistische oder rassistische Äußerungen<br />

sind untersagt.“) werden in den Forumsdiskussionen<br />

auch rechtsextreme<br />

bzw. rassistische Argumentationsmuster<br />

verwendet. Es gibt hierbei allerdings<br />

immer wieder auch User, die argumentativ<br />

deutlich dagegenhalten. So wird<br />

z. B. der Thread „Arabische Großfamilien,<br />

Staat kuscht vor kriminellen Clans“<br />

vom Moderator „Trooper“ mit folgenden<br />

Worten geschlossen:<br />

„Und das wars… jetzt reichts mir. Ich habe<br />

x-mal und immer wieder klargestellt, daß<br />

es in diesem Forum keine gesellschaftspolitische<br />

Debatte zum großen Gesamtthema<br />

Migration/Integration geben wird. Das Thema<br />

sprengt erstens den Rahmen der Copzone<br />

und führt zweitens unweigerlich dazu,<br />

daß Leute auf verschiedensten Seiten der<br />

Debatte ausfällig werden und häßliche Äußerungen<br />

aus dem extremistischen Lager<br />

von sich geben… und ich habe schlicht und<br />

einfach weder Zeit noch Lust dazu, so einen<br />

Thread 24/7 zu überwachen. Wenn ihr nicht<br />

willens und in der Lage seid, beim Thema zu<br />

bleiben, habt ihr es euch wieder mal selbst<br />

zuzuschreiben.“<br />

Der „Blaulicht-Blog“ soll nach Angaben<br />

der Betreiber „dazu dienen, daß <strong>Polizei</strong>-<br />

und Justizmitarbeiter sich zu ihrem<br />

Alltag äußern können“. Man sei „wertkonservativ“.<br />

Und wolle „zeigen, wo der<br />

Werteverfall in Deutschland direkte oder<br />

mittelbare Auswirkungen auf den <strong>Polizei</strong>alltag<br />

hat.“ Die Blogregeln enthalten<br />

Distanzierungen vom Antisemitismus<br />

sowie vom Links- und Rechtsextremismus.<br />

Häufig distanzieren sich die<br />

Autoren von der NPD. Das Impressum<br />

enthält neben einer Kontaktmailadresse<br />

lediglich den Hinweis auf eine „Koc<br />

Ofis Hizmetleri Holding“ in Ankara. Das<br />

mangelhafte Impressum wird (in Reaktion<br />

auf einen Userkommentar) wie folgt<br />

begründet:<br />

„Solange es Berufsdenunzianten gibt; Menschen<br />

aufgrund ihrer politischen Einstellung<br />

durch die Antifa und Linksradikale verleumdet<br />

und gesellschaftlich zerstört werden,<br />

werden Sie ein Impressum vergeblich<br />

suchen.“<br />

Auffallend ist die positive Bezugnahme<br />

auf die Wählervereinigung „Bürger<br />

in Wut“ sowie die Thematisierung von<br />

Ereignissen in der Hansestadt Bremen.<br />

Der Blaulicht-Blog enthält zahlreiche,<br />

teilweise durchaus sachlich formulierte<br />

Texte bzw. Diskussionen zu polizeipraktischen<br />

Themen (z. B. Schusswaffeneinsatz,<br />

Notwehrrecht, Pfefferspray,<br />

Gummigeschosse) sowie Demonstrationsberichte<br />

aus der Sicht von Polizisten.<br />

Wesentliches Thema ist jedoch die<br />

REchtsExtREmE WEbsitEs<br />

35


„Ausländerkriminalität“ (insbesondere:<br />

Kritik an „nicht integrationswilligen“<br />

Muslimen, Forderung nach Abschiebung<br />

krimineller Ausländer). Positiv<br />

zitiert bzw. verlinkt werden entsprechende<br />

islamkritische und islamfeindliche<br />

Autoren und Websites wie: Geert<br />

Wilders, Udo Ulfkotte, Tilo Sarrazin, Die<br />

Freiheit, Junge Freiheit, Kopp-Verlag,<br />

pi-news u. ä.<br />

Trotz der Blogregeln enthalten insbesondere<br />

die User- Kommentare oftmals<br />

rechtsextremes bzw. rassistisches Gedankengut.<br />

Auch mancher Beitrag lässt<br />

die formale Distanzierung vom Rechtsextremismus<br />

fragwürdig erscheinen<br />

(z. B. die Übernahme eines Interviews<br />

mit dem in Sachsen-Anhalt 2010 von<br />

der SPD zur NPD konvertierten Kommunalpolitiker<br />

Püschel).<br />

36 REchtsExtREmE WEbsitEs


3. Die <strong>Polizei</strong> in der Berichterstattung der NPD-<br />

Medien „Deutsche Stimme“ und „Zündstoff“<br />

Das Printmedium „Deutsche Stimme“<br />

ist seit 1976 das offizielle Parteiorgan<br />

der Nationaldemokratischen Partei<br />

Deutschlands (NPD). Seit dem Wiederaufstieg<br />

der NPD in den vergangenen<br />

beiden Jahrzehnten ist die Zeitung<br />

immer stärker professionalisiert und<br />

optisch modernisiert worden. Sie erscheint<br />

derzeit monatlich, herausgegeben<br />

vom Parteivorstand der NPD und<br />

wird verlegt im parteieigenen „Deutsche<br />

Stimme Verlag“ mit einer angeblichen<br />

Druckauflage von 25.000 Exemplaren.<br />

44 Laut der Analyse des Chemnitzer<br />

Politologen Florian Hartleb, der alle<br />

Ausgaben bis April 2007 durchgesehen<br />

hat, nimmt das NPD-Parteiorgan „mehr<br />

und mehr Züge eines rechtsextremistischen<br />

Theorieorgans an.“ 45 Für diese<br />

Untersuchung wurden ausgewählte<br />

Zeiträume exemplarisch herangezogen.<br />

Außerdem wurden Artikel aus dem Organ<br />

des brandenburgischen <strong>Land</strong>esverbandes<br />

der NPD, dem „Zündstoff“<br />

herangezogen. Offiziell fungiert der<br />

„Zündstoff“ als gemeinsames Mitteilungsblatt<br />

für die NPD-<strong>Land</strong>esverbände<br />

Berlin und <strong>Brandenburg</strong>. Der „Zündstoff“<br />

erscheint unregelmäßig, 2010<br />

erschienen nach Angaben der <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

Verfassungsschutzbehörde<br />

nur zwei Ausgaben. 46<br />

1994-1996<br />

Der ausgewählte Zeitraum fällt in einen<br />

tiefgreifenden Personalwechsel innerhalb<br />

der NPD. 1996 wird der langjährige<br />

Vorsitzende Günter Deckert durch den<br />

bis 2011 amtierenden Udo Voigt abgelöst.<br />

Mit dieser Personalie ist auch eine<br />

Neuausrichtung der NPD verbunden,<br />

die sich von einer eher noch „nationaldemokratisch“<br />

ausgerichteten Partei zu<br />

einer immer mehr offen neonazistischen<br />

„Systemopposition“ entwickelt. Dies<br />

kann auch an dem Diskurs über das<br />

Themenfeld „<strong>Polizei</strong>/Repression/innere<br />

Sicherheit“ abgelesen werden.<br />

3.1. „Der Staat probt das Faustrecht“: Repression gegen Nationale<br />

Ein durchgehender Bestandteil des Diskurses<br />

über <strong>Polizei</strong> ist der über die Repression<br />

gegen die NPD. Diese wird in<br />

den meisten Fällen als übertrieben und<br />

unverhältnismäßig beschrieben, wie<br />

hier bei einem Einsatz gegen den Jubi-<br />

37


läumskongress der Jungen Nationaldemokraten<br />

am 4. Juni 1994 in Dortmund:<br />

„Mehrere Kameraden wurden bei dem Einsatz<br />

verletzt; Tische, Material und Teile der<br />

Ausrüstung von Frank Rennicke gingen bei<br />

dem erschreckend brutalen und völlig überzogenen<br />

<strong>Polizei</strong>einsatz zu Bruch, was offenkundig<br />

auch beabsichtigt war.“<br />

Dabei dient dieser Diskurs zum einen<br />

dazu, die eigene Gefährlichkeit zu belegen.<br />

Gleichzeitig wird so ein Bild der<br />

<strong>Polizei</strong> gezeichnet, in dem diese ausführendes<br />

Organ eines Systems ist, das<br />

in den sich zuspitzenden Konflikten mit<br />

den Nationalisten sein wahres Gesicht<br />

zeige.<br />

„Viele junge Kameraden haben an diesem<br />

Tag zum ersten Mal erlebt, wie das System<br />

der BRD seine demokratische Maske fallen<br />

lässt und dahinter die brutale Fratze eines<br />

totalitären Gesinnungsterrors zum Vorschein<br />

kommt.“<br />

Ein Narrativ beginnt mit der Floskel:<br />

„Man stelle sich einmal den Fall vor…“,<br />

mit dem beschrieben wird, dass die <strong>Polizei</strong><br />

auf jeden Fall anders reagiert hätte,<br />

wenn die Akteure aus dem anderen politischen<br />

Lager gekommen wären.<br />

„Man stelle sich einmal den Fall vor: 30 z.T.<br />

vermummte JNler oder gar „Öl-Glatzen“ versuchten<br />

den Zugang zu einem Lokal zu sperren.<br />

[…] Was wäre geschehen: konsequente<br />

Räumung mit Schlagstöcken und Hunden sowie<br />

Festnahme mit entsprechender Anklage<br />

und saftigen, system- und zeitgeiststimmigen<br />

Urteilen.“<br />

3.2. Gute <strong>Polizei</strong> – schlechte Politik<br />

Explizite Darstellungen über eine eigene<br />

Politik der inneren Sicherheit fehlen<br />

fast völlig. Auffällig ist, dass vor allem<br />

zu Beginn des untersuchten Zeitraums<br />

kaum pauschalierende Angriffe auf „die<br />

<strong>Polizei</strong>“ zu finden sind. Angriffspunkte<br />

der meist polemisch vorgetragenen Kritik<br />

sind die politisch Verantwortlichen<br />

in Bund und Ländern, die mit ihren falschen<br />

Vorgaben die <strong>Polizei</strong> in der Bekämpfung<br />

der Kriminalität behindern<br />

würden.<br />

So heißt es 1994 über den damaligen<br />

Innenminister <strong>Brandenburg</strong>s, Alwin Ziel,<br />

im „Zündstoff“:<br />

„Wenn ein ausgewiesener Verfassungsfeind<br />

an der Spitze einer <strong>Land</strong>esinnenbehörde<br />

steht, dann wurde nicht nur der Bock zum<br />

Gärtner gemacht, dann darf man sich über<br />

die Folgen, die dies für die innere Sicherheit<br />

hat, nicht wundern.“<br />

38 nPD-bERichtERstattung


Da sich Minister Ziel eingehend der<br />

Bekämpfung des Rechtsextremismus<br />

im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> gewidmet hat,<br />

stünden viele <strong>Polizei</strong>beamte für andere<br />

Aufgaben nicht zur Verfügung, woraus<br />

die NPD den Schluss zieht:<br />

„Der <strong>Polizei</strong> kann unter solchen Umständen<br />

die hohe Kriminalität in <strong>Brandenburg</strong> nicht<br />

zum Vorwurf gemacht werden, denn auch<br />

hier gilt die Volksweisheit: Der Fisch stinkt<br />

vom Kopfe.“<br />

Der gleichen Argumentation – ehrliche,<br />

aufrichtige <strong>Polizei</strong>beamte vs. unfähige<br />

Politik – bedient sich in einem Artikel in<br />

der Deutschen Stimme der Autor Georg<br />

Bensch 47 unter dem Titel: „Immer mehr<br />

Polizisten verzweifeln! Sparen auf Kosten<br />

der inneren Sicherheit“<br />

„Die deutsche <strong>Polizei</strong> bemüht sich redlich,<br />

ihre Aufgaben zu erfüllen. […] Wenn sie<br />

nicht immer schnell am Tatort eintrifft, dann<br />

liegt das weniger an den diensthabenden<br />

Beamten, vielmehr an den Politikern, die da<br />

glauben, auf Kosten der inneren Sicherheit<br />

sparen zu müssen […].“<br />

Als „Rechtsbrecher“ werden in Einzelfällen<br />

auch die VertreterInnen der <strong>Polizei</strong>gewerkschaft<br />

angegriffen, sofern sie<br />

sich ausdrücklich für verstärkte gesetzliche<br />

oder exekutive Maßnahmen gegen<br />

die Aktivitäten der Rechtsextremen<br />

aussprechen:<br />

„Ähnliche Gedanken scheinen auch dem Vorsitzenden<br />

der <strong>Polizei</strong>gewerkschaft in NRW,<br />

Klaus Steffenhagen, nicht aus dem Kopf zu<br />

gehen. […] Nach seinen Vorstellungen sollen<br />

auch die Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit<br />

und Vereinigungsfreiheit für rechte<br />

Deutsche abgeschafft werden. […] Wir Nationaldemokraten<br />

halten Herrn Steffenhagen<br />

und seinen kriminellen und linken <strong>Polizei</strong>verein<br />

für ein erfolgversprechendes Überwachungsobjekt<br />

durch den Verfassungsschutz!“<br />

Die vermeintliche Spaltung zwischen<br />

den „einfachen Beamten“ und der politischen<br />

oder polizeilichen Führung wird<br />

in Ausnahmefällen auch zur Propaganda<br />

genutzt, wie in dem nachfolgenden<br />

Beispiel durch Klaus Beier 1996, damals<br />

noch Aktivist der NPD in Bayern,<br />

heute Bundespressesprecher der NPD<br />

und <strong>Land</strong>esvorsitzender in <strong>Brandenburg</strong><br />

:<br />

„Die Beamten waren sich der „Verhältnismäßigkeit“<br />

der Aktion bewusst und dementsprechend<br />

desorientiert. Unmut (besonders<br />

über Vorgesetzte, die auf „höhere Weisung“<br />

Befehle erteilten) machte sich bei den versperrenden<br />

Polizisten breit! (…) Derweilen<br />

verteilte ich ein Flugblatt mit dem Titel „Na,<br />

Herr Polizist, auch die Schnauze voll?“, was<br />

auch sehr gut ankam. Es ergaben sich durchweg<br />

interessante und fruchtbare Gespräche.“<br />

Das in dem Artikel angesprochene<br />

Flugblatt war eine Publikation eines<br />

nPD-bERichtERstattung<br />

39


ansonsten kaum in Erscheinung getretenen<br />

„Bürgerkomitees gegen den<br />

Missbrauch der <strong>Polizei</strong>“, für das u. a.<br />

Frank Scholz, ein Aktivist der neonazistischen<br />

Szene, u. a. der Nationalistischen<br />

Front (NF), verantwortlich<br />

zeichnete. Ein wortgleiches Flugblatt<br />

wurde auch von den Jungen Nationaldemokraten<br />

Sachsen-Anhalt (Postfach<br />

in 38871 Ilsenburg) vertrieben.<br />

1999-2001<br />

Im ausgewählten Zeitraum sieht sich<br />

die NPD unter zunehmendem Druck<br />

des „Repressionsapparats“ gegen die<br />

Partei, die im Bündnis mit den parteifreien<br />

Kräften der „Nationalen Bewegung“<br />

im Aufwind ist. Die NPD ist konfrontiert<br />

mit einer Häufung von Verboten bzw.<br />

polizeilichen Einschränkungen ihres<br />

„Kampfes um die Straße“. Im Januar<br />

2001 kommt das von der Bundesregierung<br />

angestrengte Verbotsverfahren<br />

hinzu. Bereits im Mai 1999 reagiert die<br />

Parteiführung mit trotzigen Durchhalteparolen<br />

unter dem Motto „Argumente<br />

statt Verbote“.<br />

3.3. Unterdrückungsapparat <strong>Polizei</strong>: politisch motivierte Verfolgung<br />

Die Maßnahmen der als „politisch motiviert“<br />

bezeichneten <strong>Polizei</strong>arbeit werden<br />

vor allem auf die zunehmenden<br />

Erfolge der „Nationalen“ zurückgeführt.<br />

Die Angriffe werden besonders<br />

gerne als Angriffe gegen Jugendliche<br />

beschrieben.<br />

„Da gerade in Mitteldeutschland [d.h. die<br />

ostdeutschen Bundesländer, d.V.] das Bekenntnis<br />

zur nationalen Weltanschauung<br />

immer selbstverständlicher wird, reagieren<br />

die Etablierten geradezu hysterisch. Als besonders<br />

probates Mittel setzten sie bereits<br />

seit Jahren auf die Kriminalisierung rechter<br />

Jugendlicher.“<br />

Gleichzeitig werden die Straftaten aus<br />

den Reihen der extremen Rechten als<br />

„alltäglicher jugendlicher Übermut“ dargestellt.<br />

Es sei „rohe Gewalt“, die gegen<br />

„Rechts“ angewandt werde. Das<br />

Schreckensbild der politischen <strong>Polizei</strong>,<br />

die rechte Jugendliche unterdrücke,<br />

erinnere<br />

„fatal an einen Stil, wie er auch bereits während<br />

des alten DDR-Unterdrückungsapparates<br />

angewendet worden war.“<br />

Diese Erzählung eignet sich besonders<br />

gut bei Jugendlichen, die in den ostdeutschen<br />

Bundesländern aufwachsen<br />

40 nPD-bERichtERstattung


und in deren Familien die Erinnerung an<br />

Stasi u. ä. stellenweise noch stark präsent<br />

sein dürfte. Insgesamt dient dieser<br />

Diskurs der völligen Delegitimierung<br />

staatlicher Maßnahmen gegen die extreme<br />

Rechte. Neben die „gute <strong>Polizei</strong>“,<br />

die von einer „schlechten Politik“ geführt<br />

werde, tritt die „schlechte <strong>Polizei</strong>“,<br />

die als Sondereinheit gegen Rechts<br />

(hier die brandenburgische MEGA) direkt<br />

von der Politik installiert wird und<br />

als unkontrollierbares Organ der Macht<br />

dargestellt wird.<br />

„Schon mehrfach berichteten Betroffene von<br />

Vorfällen, die den Verdacht zulassen, dass<br />

die mit beschlagnahmten Gegenständen<br />

präsentierten ‚Gabentische‘, die den Medienvertretern<br />

nach einer „Mega“-Aktion die<br />

gewünschten Berichte liefern, von der <strong>Polizei</strong><br />

präpariert wurden, und die Mehrzahl der gezeigten<br />

Dinge gar nicht von dem jeweiligen<br />

Einsatz stammen.“<br />

Diese Polizisten schreckten selbst auch<br />

vor brutalsten Aktionen nicht zurück:<br />

„Es sei, wie es aus der rechten Jugendszene<br />

heißt, auch schon vorgekommen, dass junge<br />

Nationale von <strong>Polizei</strong>beamten mal eben so<br />

vom Mofa geschubst wurden.“<br />

Das gleiche Szenario bemüht der jetzige<br />

NPD-<strong>Land</strong>esvorsitzende von Thüringen,<br />

Frank Schwerdt. Unter dem Titel „Wie<br />

rechte Gewalt produziert wird“ kommentiert<br />

er in der „Deutschen Stimme“:<br />

„Es gehört zum festen Bestandteil des<br />

Kampfes gegen nationale Bestrebungen im<br />

<strong>Land</strong>e, dies mit ‚Gewalt’ gleichzusetzen.“<br />

Unter Bezug auf einen Artikel im Berliner<br />

Tagesspiegel, in dem über das<br />

Ausheben einer neonazistischen Wehrsportgruppe<br />

in Frankfurt/Oder berichtet<br />

wurde, werden die Waffenfunde, darunter<br />

Munition für ein Maschinengewehr,<br />

als Aktivitäten von „Wirrköpfen“ abgetan.<br />

Die aufgefundenen Aufzeichnungen<br />

über Planungen zu gewalttätigen<br />

Aktionen, „selbst wenn die gefundenen<br />

Papiere authentisch sein sollten“, sagten<br />

nichts über die tatsächliche Gefährlichkeit<br />

solcher Gruppen aus.<br />

Ähnlich argumentiert der damalige Vordenker<br />

der NPD, Jürgen Schwab, in einem<br />

Artikel vom Oktober 1999. Er nennt<br />

den „Kampagnenjournalismus“ der<br />

„BRD-Lizenzmedienlandschaft“ einen<br />

Versuch, die NPD zu kriminalisieren.<br />

Aufschlussreich ist bei Schwab, dass er<br />

analysiert, die Strategie, die „nationale<br />

Opposition“ mit terroristischen Aktivitäten<br />

in Verbindung zu bringen, verfange<br />

nur deshalb, weil es bei der „nationalen<br />

Opposition“ keine Gegenstrategie<br />

gebe:<br />

„Allerdings bietet dann die Systemgegnerschaft,<br />

zu der sich die NPD bekennt, eine<br />

Interpretationslücke, in welche „Verfassungsschützer“<br />

sowie Lizenzmedien und<br />

Lizenzparteien hineinstoßen […]. Die NPD<br />

wolle, so schreiben die BRD-Presseorgane,<br />

nPD-bERichtERstattung<br />

41


gewaltsam – durch bewaffneten Terror –<br />

die verfassungsmäßige Ordnung in der BRD<br />

beseitigen.“<br />

Karsten Voigt bringt in einem „DS“-Artikel<br />

Ende 2000 den „Ausbau des <strong>Polizei</strong>staates“<br />

direkt in einen Zusammenhang<br />

mit dem Zulauf durch Jugendliche. Er<br />

dreht also die vorherige Argumentation<br />

um, nach der der Zulauf die Repression<br />

bewirkte. Nach Voigt habe der Staat<br />

sich mit seiner verschärften Verfolgung<br />

national gesinnter Jugendlicher<br />

delegitimiert:<br />

„Wenn ein Regime seinen <strong>Polizei</strong>apparat<br />

nicht mehr zur Repression gegen Straftäter,<br />

sondern zur Aggression gegen politisch<br />

Andersdenkende einsetzt, ist das Ende des<br />

Rechtsstaatsprinzips erreicht. Ein Regime,<br />

das zu solchen Methoden greift delegitimiert<br />

sich daher selbst.“<br />

Voigt erwägt daher, ob das im Grundgesetz<br />

festgeschriebene Widerstandsrecht<br />

geboten sei und endet:<br />

„In Zeiten zunehmender Pogromstimmung<br />

sollte über dieses Widerstandsrecht einmal<br />

nachgedacht werden.“<br />

3.4. Zunehmend fragwürdige <strong>Polizei</strong>praxen im „Kampf gegen Rechts“<br />

Es darf nicht außer Acht gelassen werden,<br />

dass es in dem berücksichtigten<br />

Zeitraum tatsächlich immer wieder zu<br />

rechtlich umstrittenen <strong>Polizei</strong>einsätzen<br />

bzw. polizeilichen Verboten gegen Versammlungen<br />

der rechtsextremen Partei<br />

gekommen war. In der Deutschen<br />

Stimme wurde regelmäßig über durch<br />

die NPD angestrengte Gerichtsverfahren<br />

berichtet oder entsprechende<br />

Anzeigen angekündigt. In den meisten<br />

Fällen berichtet die Parteizeitung über<br />

gewonnene Verfahren dieser Art, über<br />

verlorene Verfahren erfahren die Leser<br />

und Leserinnen nichts. Die Häufung<br />

in diesen Jahren erscheint allerdings<br />

bemerkenswert.<br />

In den Beschreibungen der polizeilichen<br />

und juristischen repressiven Aktionen<br />

wird immer wieder die Idee einer<br />

auf höchsten politischen Ebenen betriebenen<br />

Verschwörung gegen die Partei<br />

erwähnt:<br />

„Für die NPD-Führung war dies [die Ablehnung<br />

eines Eilantrages der NPD vor dem<br />

Bundesverfassungsgericht] ein deutliches<br />

Zeichen, dass die nationale Partei Opfer eines<br />

abgekarteten Spiels geworden war.“<br />

Im Zusammenhang mit einer durch die<br />

NPD geplanten Demonstration am 1.<br />

Mai 1999 in Bremen, die letztlich an<br />

einem polizeilichen Verbot scheiterte,<br />

42 nPD-bERichtERstattung


eschreibt die Partei zum einen diese<br />

politische Verschwörung gegen sie, deren<br />

Handlanger die jeweiligen <strong>Polizei</strong>führungen<br />

seien. Zum anderen empört<br />

sie sich über die direkten polizeilichen<br />

Angriffe gegen ihre Strukturen, in diesem<br />

Fall gegen die „Leitstelle“ der von ihr geplanten<br />

bundesweiten Demonstration:<br />

„Wie weiter mitgeteilt wurde, war aber<br />

schließlich gegen fünf Uhr früh ein koordiniertes<br />

Vorgehen nicht mehr möglich, da zu<br />

diesem Zeitpunkt ein schwerbewaffnetes<br />

Sondereinsatzkommando (SEK) der <strong>Polizei</strong><br />

die NPD-Leitstelle überfiel. Alle Anwesenden<br />

seien daraufhin gefesselt und für mehrere<br />

Stunden unter entwürdigenden Bedingungen<br />

inhaftiert worden.“<br />

In einem anderen Fall seien<br />

„Nationalisten in ihren Bussen von der politisch<br />

motivierten <strong>Polizei</strong> […] festgehalten<br />

[worden]“<br />

Als Reaktion auf Demonstrationsverbote<br />

griff die NPD zunehmend zu „Spontandemos“,<br />

um Versammlungsverbote zu<br />

durchbrechen. In diesem Kontext werden<br />

durch die NPD auch weitere repressive<br />

Maßnahmen der Behörden als<br />

Methoden eines „Überwachungsstaates“<br />

angeprangert. Im Zusammenhang<br />

mit der Ankündigung eines Pilotprojektes<br />

im brandenburgischen Cottbus, bei<br />

dem präventiv Personagramme möglicher<br />

Straftäter von Rechts erstellt werden<br />

sollen, schreibt ein unbekannter<br />

Autor in der NPD-Zeitung „Zündstoff“:<br />

„Der Cottbusser <strong>Polizei</strong>präsident Lüth […]<br />

spricht dabei nicht von Schlägern bzw. Gewalttätern.<br />

Nein, er spricht von ‚Rechten‘, die<br />

er abgreifen wolle, so als ob es sich dabei um<br />

eine spezifische Gruppe von Schwerkriminellen<br />

handelt. Damit würden für Vertreter einer<br />

bestimmten politischen Denkrichtung die<br />

Menschenwürde, die gesetzlich verbrieften<br />

Grundrechte, nahezu jede Form von Datenschutz<br />

und Persönlichkeitsrechte aus vorgeschützten<br />

Gründen politischer Opportunität<br />

heraus aufgehoben.“<br />

Die NPD sieht sich nicht nur hier in der<br />

Rolle der Verteidigerin der Grundrechte,<br />

wenn auch nur für ihre eigene Klientel.<br />

Sie verweist aber, nicht ohne auf ein<br />

Übermaß an Genugtuung zu verzichten,<br />

darauf, dass sie in dieser Rolle angeblich<br />

die deutsche Linke ablöse.<br />

3.5. Die NPD als friedliche Verfechterin von Recht und Ordnung<br />

Im Zusammenhang mit der zunehmenden<br />

Praxis der Innenbehörden, Aufmärsche<br />

der NPD und der mit ihr zusammen<br />

arbeitenden neonazistischen Szene zu<br />

unterbinden, greift die NPD verbal ausschließlich<br />

die jeweilige politische Füh-<br />

nPD-bERichtERstattung<br />

43


ung in den Bundesländern an. Diesen<br />

wird die Verantwortung für die repressiven<br />

<strong>Polizei</strong>einsätze gegeben.<br />

Die NPD inszeniert sich in diesem<br />

Konflikt als Verfechterin demokratischer<br />

Bürgerrechte, die entweder auf<br />

der Straße oder vor den Gerichten die<br />

Grundrechte durchsetzen werde. Dabei<br />

richteten sich laut NPD sämtliche, in<br />

ihren Augen illegalen, Methoden gegen<br />

„friedliche Versammlungen der nationalen<br />

Opposition“.<br />

Selbst der als notorischer neonazistischer<br />

Aktivist bekannte Hamburger<br />

Thomas „Steiner“ Wulff bezeichnete<br />

laut „Deutscher Stmme“ auf einer Versammlung<br />

die Maßnahmen der <strong>Polizei</strong><br />

als „Frontalangriff auf die Grundrechte“.<br />

Der damalige Innenminister des <strong>Land</strong>es<br />

<strong>Brandenburg</strong>, Alwin Ziel (SPD),<br />

bleibt Zielscheibe der NPD-Propaganda.<br />

„Welche Demokratie verficht Alwin<br />

Ziel?“ fragt die „Deutsche Stimme“ und<br />

berichtet über dessen „Verfolgungsdruck“.<br />

Das Vorgehen gegen „jede<br />

Form des Rechtsextremismus“ interpretiert<br />

die NPD als Vorgehen gegen<br />

„gesetzestreues Verhalten: angemeldete<br />

Demonstrationen, Versammlungen, die<br />

Herausgabe von Presseerzeugnissen und<br />

dergleichen.“<br />

Das Vorgehen gegen die NPD wird mit<br />

den Verbotsmaßnahmen aus den 30er<br />

Jahren der Weimarer Demokratie verglichen.<br />

Dabei seien die Aktivitäten der<br />

NPD gesetzestreu:<br />

„Währenddessen attestierte kürzlich das<br />

Potsdamer Verwaltungsgericht der NPD in<br />

der Öffentlichkeit friedfertig aufzutreten“.<br />

Die juristische Verbotsbegründung<br />

im Fall Bremen am 1. Mai 1999, die<br />

NPD würde durch einen geplanten<br />

Aufmarsch durch vorwiegend von<br />

„Ausländern“ bewohnte Stadtteile die<br />

öffentliche Sicherheit und Ordnung<br />

gefährden, wird von Bundespressesprecher<br />

Klaus Beier als „katastrophal<br />

rechtswidrige“ Unterstellung bezeichnet.<br />

Er könne dieser Behauptung nur<br />

„besonderes Unverständnis“ entgegen<br />

bringen. Als Reaktion plane die Partei<br />

eine erneute Demonstration unter dem<br />

Motto „Argumente statt Verbote“, ein<br />

Motto, das während des späteren Verbotsverfahrens<br />

im Zentrum der NPD-<br />

Propaganda stand.<br />

Die „herrschende Klasse“ wird in Kommentaren<br />

als „verfassungswidrig“<br />

bezeichnet, „linke Straßenkrawalle“<br />

rund um den 1.Mai bezeichnet Georg<br />

Bensch in der Deutschen Stimme als<br />

„Beschädigung der Inneren Sicherheit“<br />

und präsentiert eine scheinbar bürgerrechtliche<br />

Position:<br />

„Es sollte klar sein: Innerer Frieden ist die<br />

Grundlage für das Funktionieren eines demokratischen<br />

Gemeinwesens. […] Wo<br />

Gewalttäter demokratisches Recht missbrauchen<br />

oder systematisch den Rechtsfrieden<br />

brechen, da muß der Staat ihnen<br />

entgegentreten.“<br />

44 nPD-bERichtERstattung


2006-2008<br />

Im ausgewählten Zeitraum nimmt der<br />

Umfang der Berichte, die sich mit dem<br />

Themenkomplex befassen, insgesamt<br />

ab. Die Kritik an der polizeilichen Repression<br />

gegen die NPD bleibt ein Fokus<br />

der Berichterstattung in den Parteimedien<br />

„Deutsche Stimme“ und „Zündstoff“.<br />

Es finden sich erstmals Berichte über<br />

Versuche der Partei, selber im Bereich<br />

„Innere Sicherheit“ bzw. „Schutz der<br />

Bevölkerung“ aktiv zu werden.<br />

In diesem Zusammenhang muss auch<br />

auf die Kampagnen „gegen Kinderschänder“<br />

aus der gesamten extrem<br />

rechten Szene hingewiesen werden.<br />

Diese liefern seit Jahren ein strömungsübergreifendes<br />

Thema, das sich vor<br />

allem auch in den Internet-Medien wieder<br />

findet und zum Teil kommunal aufgegriffen<br />

und konkretisiert wurde. Die<br />

Bedeutung dieser Kampagne und ihre<br />

Argumentationen wären eine lohnende<br />

Recherche, denn hier wird der Selbstschutz<br />

gegen Straftaten und die Kritik<br />

an einer als unzureichend empfundenen<br />

staatlichen Repression beispielhaft<br />

miteinander verknüpft. Die angebliche<br />

„Schwäche des Staates“ bzw. dessen<br />

vermeintliches Desinteresse, die<br />

Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu<br />

schützen wird zum Anlass genommen,<br />

Selbstjustiz zu rechtfertigen und Strafverschärfungen<br />

bis hin zur Todesstrafe<br />

zu fordern.<br />

Die parteiinterne Auseinandersetzung<br />

um die Gewaltbereitschaft der „Autonomen<br />

Nationalisten“ ist eine wesentliche<br />

Debatte um das Selbstverständnis der<br />

NPD als Führungskraft in der sogenannten<br />

„Nationalen Bewegung“.<br />

3.6. Die NPD als Organisatorin und Fürsprecherin von Bürgerwehren<br />

In den genannten Zeitraum fallen zwei<br />

Initiativen der NPD, Bürgerwehren aufzustellen.<br />

Anfang 2006 wurde die Aktion<br />

der Berlin-Neuköllner NPD bekannt,<br />

in der High-Deck-Siedlung sogenannte<br />

„Kiezstreifen gegen Kinderschänder“<br />

aufzustellen. Dies wurde mit Flugblättern<br />

bekannt gemacht. Parteimitglieder<br />

sollten mit einer weißen Armbinde<br />

kenntlich gemacht werden und sich<br />

„als Ansprechpartner unentgeltlich bereit<br />

stellen“, wie es in einem Artikel in<br />

der Deutschen Stimme heißt. Tatsächlich<br />

sollten die Kiezstreifen wohl auch<br />

Personenkontrollen durchführen und<br />

Männer nach ihrer Identität befragen.<br />

Diese Aktion wurde vom Innensenator<br />

in Berlin wegen Amtsanmaßung unterbunden.<br />

Die NPD verzichtete daraufhin<br />

auf die Streifen und forderte im Zuge<br />

einer Unterschriftenaktion mehr <strong>Polizei</strong>streifen,<br />

„wenn Bürgerengagement<br />

schon unterbunden wurde.“<br />

Ein zweites Beispiel wird im Mai 2008<br />

in der Deutschen Stimme beschrieben,<br />

das auf einer Initiative des Kreisver-<br />

nPD-bERichtERstattung<br />

45


andes Niederschlesien-Oberlausitz<br />

beruht. Im Rahmen einer Aktionswoche<br />

unter dem Motto „Sozial geht nur national“<br />

sei ein Bürgermobil durch Dörfer<br />

und Gemeinden an der deutsch-polnischen<br />

Grenze unterwegs gewesen, um<br />

u. a. eine „Sensibilisierung wegen der<br />

Grenzkriminalität“ zu erreichen.<br />

„Während […] der sächsische Innenminister<br />

Albrecht Buttolo (CDU) sich anscheinend nur<br />

bei Tageslicht an die Grenze getraut, ging<br />

die NPD auf die Bürger zu. Ob bei Tag oder<br />

in der Nacht: fortan wird das nationale Bürgermobil<br />

an den Brennpunkten sein und mit<br />

seiner Präsenz sich aktiv für mehr Sicherheit<br />

engagieren.“<br />

Das Bürgermobil, oder Bürgerbüro,<br />

werde auch durch den neu geschaffenen<br />

Arbeitskreis „Bürgerinitiative Sicherheit<br />

Oberlausitz Niederschlesien“<br />

(B.I.S.O.N.) genutzt,<br />

„um Tag und Nacht für die Sicherheit der<br />

Bürger zu sorgen […] was die Menschen<br />

brauchen, ist die Einheit von Wort und Tat.“<br />

Die Bürgerwehren werden von der NPD<br />

in dem erst genannten Artikel als Bürgerrecht<br />

bezeichnet, „eine alte deutsche<br />

Tradition, so alt wie die Städte selbst“.<br />

Die „Deutsche Stimme“ schreibt: „Stets<br />

ging es darum, die freien Bürgerrechte<br />

zu verteidigen, wenn eine übergeordnete<br />

Institution dies nicht zu tun vermag.“<br />

In Zeiten der „Entstaatlichung und ethnischer<br />

Bürgerkriege“ kämen diese Wehren<br />

wieder in Mode, es wird auf Beispiele<br />

aus Frankreich und den USA verwiesen.<br />

3.7. Die NPD distanziert sich von Gewalt des „Schwarzen Blocks“<br />

In den untersuchten Zeitraum fällt auch<br />

die interne Auseinandersetzung um<br />

die Gewaltbereitschaft eines Teils der<br />

neonazistischen Szene, repräsentiert<br />

durch die Aktivistinnen und Aktivisten<br />

des sogenannten „Schwarzen Blocks“,<br />

die zumeist aus parteinahen Kräften der<br />

„Autonomen Nationalisten“ 48 bestehen.<br />

Sowohl der Bundesvorstand der Partei<br />

als auch der damalige Bundesvorsitzende<br />

Voigt sahen sich gezwungen, ein<br />

Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit abzulegen,<br />

so Voigt auf dem Bamberger Bundesparteitag<br />

2008.<br />

Im Mai 2008 war es auf einem 1.Mai-<br />

Aufmarsch in Hamburg zu heftigen<br />

Angriffen der neonazistischen Demonstrationsteilnehmerinnen<br />

und -teilnehmer<br />

auf Presse, Gegendemonstrantinnen<br />

und -demonstranten sowie die <strong>Polizei</strong><br />

gekommen.<br />

In der Juli-Ausgabe der Deutschen<br />

Stimme werden wesentliche Passagen<br />

der Rede Voigts auf dem Bundespartei-<br />

46 nPD-bERichtERstattung


tag zu diesem Thema wieder gegeben.<br />

Voigt sagte u. a.:<br />

„Ich kann sicher all diejenigen verstehen, die<br />

eine Wut in sich tragen, wenn die <strong>Polizei</strong> vor<br />

Ort ihrer Aufgabe nicht oder nur mit Widerwillen<br />

geringfügig nachkommt, zuvor vom<br />

Gericht genehmigte Demonstrationsrouten<br />

gegen linke Gewalttäter durchzusetzen. Das<br />

darf aber niemals mit Gewalt gegen Polizisten<br />

enden, die auch Deutsche sind und auch<br />

nur ihre Pflicht tun. Wenn Polizisten offensichtlich<br />

Rechtsbruch begehen, so tun sie<br />

dies auf Anweisung von ganz ‚oben‘, also von<br />

der Führung der BRD.“<br />

Diese Argumentation greift erneut die<br />

Trennung in die „guten Polizisten“ vor<br />

Ort und die „schlechte Führung“ auf,<br />

die auch schon in vorherigen Jahren<br />

verwendet wurde. Um die jungen Aktivisten<br />

von ihrer Gewaltbereitschaft<br />

abzubringen, vertieft Voigt diese Argumentation<br />

dahin gehend, dass die<br />

eingesetzten <strong>Polizei</strong>beamten oft selber<br />

von dem Unrecht der angeordneten<br />

Maßnahmen gegen die nationale Bewegung<br />

überzeugt seien, mithin also<br />

auf deren Seite stünden:<br />

„Jeder von uns weiß, dass ein junger Beamter,<br />

der eine Familie hat und seine Raten<br />

fürs Eigenheim und/oder Auto abzuzahlen<br />

hat, nicht unbedingt der engagierte Polizist<br />

ist, der sich dann gegen eine rechtswidrige<br />

Führung stellen würde. Im Gegenteil, sie tun<br />

zwar was gesagt wird, sehen aber oft das<br />

Unrecht, was sie uns oft antun müssen und<br />

stehen daher innerlich nie auf der Seite der<br />

linken Gewalttäter. Wenn nun aber gegen solche<br />

Beamte auch aus unseren Reihen Gewalt<br />

ausgeübt wird, so wird dieser demnächst<br />

auch bereit sein, verstärkt gegen Nationalisten<br />

vorzugehen und dabei, im Gegensatz zu<br />

früher, auch noch glauben, im Recht zu sein.<br />

Wer also Polizisten attackiert, hilft den Systempolitikern,<br />

diese gegen uns aufzuhetzen.“<br />

[Hervorhebung durch Verf.]<br />

Eine ähnliche Argumentation benutzt<br />

in einem offenen Brief, der in der Deutschen<br />

Stimme abgedruckt wurde, auch<br />

der selbsternannte „Volkssänger“, der<br />

rechtsextremistische Liedermacher<br />

Frank Rennicke. Angeblich aus Anlass<br />

eines Telefongesprächs mit einem <strong>Polizei</strong>beamten<br />

lässt sich Rennicke über<br />

„Recht und Gerechtigkeit“ und die<br />

Probleme des kleinen Beamten aus. Er<br />

schreibe so ausführlich an ihn, weil es<br />

ihm, Rennicke, nicht gleichgültig sei,<br />

„ob Menschen auf bestimmten Positionen<br />

auch falsche Befehle bekommen oder durch<br />

eine politische Führung bewusst falsch benutzt<br />

werden. Den Beamten, denen das<br />

gleichgültig ist, mit denen muß ich nicht<br />

sprechen – sie würden für ein Gehalt dann<br />

auch ganz andere Befehle befolgen und wie<br />

Söldner handeln. Da ich Sie aber für einen<br />

intelligenten und verantwortlichen Menschen<br />

halte, möchte ich Sie zum Denken anregen.“<br />

nPD-bERichtERstattung<br />

47


Fazit<br />

Das „<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>“ und eine massive,<br />

überwiegend unsachliche und<br />

überzogene Kritik an polizeilichen Ermittlungen<br />

innerhalb der rechten Szene<br />

ist in allen Medien der extremen Rechten<br />

zu finden.<br />

Die eindeutigsten polizeifeindlichen Äußerungen,<br />

inklusive Beleidigungen und<br />

Aufrufe zu Straftaten, finden sich im Bereich<br />

der sog. „freien Kräfte“ im Internet<br />

und in Liedtexten der Rechtsrockszene.<br />

Beide Bereiche sind organisatorisch<br />

und personell vielfach mit der NPD verflochten,<br />

die sich in ihren offiziellen Verlautbarungen<br />

und programmatischen<br />

Äusserungen zumeist zurückhaltend<br />

ausdrückt.<br />

Zahlreiche rechtsextreme Liedtexte,<br />

oft von erstaunlicher intellektueller<br />

Schlichtheit und fehlender innerer<br />

Konsistenz, thematisieren <strong>Polizei</strong>, polizeiliches<br />

Handeln und polizeiliches Verhalten.<br />

Die ausgewerteten Musiktexte<br />

belegen deutlich, wie innerhalb der<br />

rechtsextremen Szene eine verzerrte<br />

Wahrnehmung komplexer gesellschaftlicher<br />

Prozesse und Erscheinungsformen<br />

(z. B. Kriminalität) vorherrscht. In<br />

einer für diese Szene typischen Kultur<br />

der Selbstviktimisierung sieht sich die<br />

extreme Rechte als Opfer einer ungerechtfertigten<br />

politischen und polizeilichen<br />

Verfolgung und systematischen<br />

Ausgrenzung. Aus dieser Position her-<br />

aus werden Straftaten und Selbstjustiz<br />

gerechtfertigt und eine in der Zukunft<br />

stattfindende (gewalttätige) Abrechnung<br />

angedroht bzw. prophezeit. In<br />

zahlreichen rechtsextremen Liedtexten<br />

wird eindeutig ein „<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>“<br />

erzeugt und gepflegt.<br />

Der Themenkomplex <strong>Polizei</strong> gehört<br />

zu den zentralen Themen auf fast allen<br />

rechtsextremen Websites. Auch<br />

hier treffen wir auf Unterscheidungen<br />

zwischen „guten Polizisten“ und<br />

„schlechter <strong>Polizei</strong>“. <strong>Polizei</strong>liche Maßnahmen<br />

gegen rechtsextrem motivierte<br />

Straf- und Gewalttaten werden als<br />

politische Verfolgung Andersdenkender<br />

beschrieben. Dabei wird regelmäßig<br />

der Vergleich mit DDR-Unterdrückung<br />

und Stasimethoden angestrengt.<br />

Sämtliche polizeilichen Maßnahmen<br />

gegen Rechtsextreme werden häufig<br />

pauschal als unbegründet, überzogen<br />

oder rechtswidrig angesehen. Gleichzeitig<br />

wird die <strong>Polizei</strong> als unfähig oder<br />

unwillig beschrieben, Kriminalität zu<br />

bekämpfen, es sei denn, es geht gegen<br />

Rechtsextreme. Einzelne <strong>Polizei</strong>beamte<br />

werden an den Pranger gestellt, nicht<br />

selten verbunden mit unverhohlenen<br />

Aufrufen zu Gewalt bis hin zum Mord.<br />

In der Berichterstattung der NPD-Presse<br />

lassen sich durchgängig folgende<br />

Motive und Narrative erkennen: Eine<br />

eigentlich gute <strong>Polizei</strong> wird von einer<br />

49


Dienstwaffe der ermordeten <strong>Polizei</strong>beamtin Michele Kiesewetter und Ausschnitt der<br />

Beerdigungsfeierlichkeiten auf dem Bekennervideo des NSU<br />

schlechten <strong>Polizei</strong>führung angeleitet.<br />

Die <strong>Polizei</strong> wird missbraucht, um politisch<br />

missliebige Jugendliche zu verfolgen.<br />

Dies wird mit Praktiken politischer<br />

Verfolgung aus der DDR gleichgesetzt.<br />

Die staatlichen Maßnahmen gegen<br />

rechtsextrem motivierte Straf- und Gewalttaten<br />

seien eine illegitime Verfolgung<br />

der „nationalen Bewegung“ und<br />

der NPD. Gleichzeitig sieht die NPD<br />

sich selbst als Garant und Hüterin von<br />

Grundrechten. Sie legitimiert und begrüßt<br />

Bürgerwehren und Selbstjustiz,<br />

da die <strong>Polizei</strong> gegen Kriminalität angeblich<br />

untätig sei. Dabei distanziert sich<br />

die Partei offiziell ausdrücklich von Gewalt<br />

gegen <strong>Polizei</strong>beamte.<br />

50


Literatur<br />

Archiv der Jugendkulturen 2001 (Hg.): Reaktionäre<br />

Rebellen. Rechtsextreme Musik<br />

in Deutschland. Berlin.<br />

Baacke, Dieter / Farin, Klaus / Lauffer, Jürgen<br />

1999 (Hg.): Rock von Rechts II.<br />

Milieus, Hintergründe und Materialien.<br />

Bielefeld.<br />

Benedict, Laura 2008: Sehnsucht nach<br />

Unfreiheit. Karl Diesner und die rechte<br />

Szene. Ermittlungen am Ort des Geschehens.<br />

Berlin.<br />

Botsch, Gideon 2012: From Skinhead-Subculture<br />

to Radical Right Movement: The<br />

Development of a ‘National Opposition’<br />

in East Germany, in: Contemporary European<br />

History, 21, 4, S. 553–573.<br />

Bundesministerium des Innern (BMI) 2012<br />

(Hg.): Verfassungsschutzbericht 2011.<br />

Vorabfassung. Berlin. Als pdf-Dokument<br />

unter: http://www.verfassungsschutz.de/<br />

download/SHOW/vsbericht_2011_vorabfassung.pdf<br />

[Zugriff August 2012]<br />

Busch, Christoph 2010: Rechtsradikalismus<br />

im Internet. Siegen.<br />

Dollase, Rainer 1999: Welche Wirkung hat<br />

der Rock von Rechts?, in: Baacke / Farin<br />

/ Lauffer, S. 106-117.<br />

Dornbusch, Christian/Raabe, Jan (Hg.)<br />

2002: RechtsRock. Bestandsaufnahme<br />

und Gegenstrategien. Münster<br />

Dornbusch, Christian / Raabe, Jan 2007:<br />

Mit Musik geht alles besser!? Rechtsextreme<br />

Mobilisierungs- und Rekrutierungsversuche<br />

in Jugend- und Musikszenen,<br />

in: Schoeps et al. (Hg.) 2007, S. 113-124.<br />

Erb, Rainer 2001: Der ewige Jude. Die Bildersprache<br />

des Antisemitismus in der<br />

rechtsextremen Szene, in: Archiv der Jugendkulturen,<br />

S. 131-156.<br />

Erb, Rainer 2006: Protestorganisation<br />

und Eventmanagement: Der Typus des<br />

rechtsextremen Bewegungsunternehmers,<br />

in: Andreas Klärner, Michael Kohlstruck:<br />

Moderner Rechtsextremismus in<br />

Deutschland. Hamburg, S. 142–176.<br />

Farin, Klaus 1999: Reaktionäre Rebellen.<br />

Geschichte einer Provokation, in: Baacke<br />

/ Farin / Lauffer, S. 12-83.<br />

Flad, Henning 2001: Trotz Verbot nicht tot.<br />

Ideologieproduktion in den Songs der<br />

extremen Rechten, in: Dornbusch/Raabe<br />

2002, S. 91-124.<br />

Glaser, Stefan / Pfeiffer, Thomas (Hrsg.)<br />

2007: Erlebniswelt Rechtsextremismus.<br />

Menschenverachtung mit Unterhaltungswert.<br />

Schwalbach.<br />

Hartleb, Florian 2007: Die „Deutsche Stimme“<br />

– Das intellektuelle Sprachrohr der<br />

NPD, in: Backes, Uwe / Steglich, Henrich<br />

(Hg.): Die NPD. Erfolgsbedingungen einer<br />

rechtsextremistischen Partei. Baden-<br />

Baden, S. 355-382.<br />

Jaschke, Hans-Gerd 1994a: Eine verunsicherte<br />

Institution. Die <strong>Polizei</strong> in der Auseinandersetzung<br />

mit Rechtsxetremismus<br />

und Fremdenfeindlichkeit, in: Heitmeyer,<br />

Wilhelm 1994 (Hg.): Das Gewalt-Dilemma.<br />

Gesellschaftliche Reaktionen auf<br />

fremdenfeindliche Gewalt und Rechtsextremismus.<br />

Frankfurt , S. 305-339.<br />

Jaschke, Hans-Gerd 1994b: Staatliche Institutionen<br />

und Rechtsextremismus, in:<br />

Kowalsky, Wolfgang / Schröder, Wolfgang<br />

1994: Rechtsextremismus. Einführung<br />

und Forschungsbilanz. Opladen,<br />

S. 302-321.<br />

Kandt, Klaus 2007: <strong>Polizei</strong>liche Maßnahmen<br />

gegen den Rechtsextremismus in<br />

51


<strong>Brandenburg</strong>. Beispiele aus der Praxis,<br />

in: Schoeps et al. (Hg.) 2007, S. 230-236.<br />

Kastner, Bernd 2009: Die <strong>Polizei</strong> ist ihr neues<br />

<strong>Feindbild</strong>, in: Süddeutsche Zeitung,<br />

27.03.2009 [online abgefragt 19.01.2011]<br />

Kleger, Heinz 2006: Toleranz und ‚Tolerantes<br />

<strong>Brandenburg</strong>‘, Berlin.<br />

Kopke, Christoph 2012: „Wer von Euch den<br />

Knüppel hob gegen deutsche Nationalisten:<br />

An den werden wir uns erinnern,<br />

kommt auf unsere schwarze Listen“.<br />

<strong>Polizei</strong> als Gegenstand rechtsextremer<br />

Musiktexte, in: Jahrbuch Öffentliche Sicherheit<br />

2012/2013, S. 169-180.<br />

Langebach, Martin/Raabe, Jan 2011: Die<br />

Genese einer extrem rechten Jugendkultur,<br />

in: Schedler, Jan/Häusler, Alexander<br />

(Hg): Autonome Nationalisten. Neonazismus<br />

in Bewegung. Wiesbaden, S. 36-53.<br />

Maegerle, Anton 2011: Gewalt und Terror<br />

von Rechts, in: Tribüne. Zeitschrift zum<br />

Verständnis des Judentums, 2/2011,<br />

S. 102-114.<br />

Mannichl, Alois 2009: Rechtsradikale Hetzkampagnen<br />

und Strafanzeigen gegen<br />

EinsatzleiterInnen, in: Hochschule der<br />

<strong>Polizei</strong> Hamburg (Hg.): Aktuelle Entwicklungen<br />

im Rechtsextremismus. Frankfurt,<br />

S. 45-65.<br />

Mengert, Christoph 1994: „Unsere Texte<br />

sind deutsch…“. Skinhead-Bands in der<br />

Bundesrepublik Deutschland. Köln.<br />

Ministerium des Innern des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

(Hg.) 2011: Verfassungsschutzbericht<br />

<strong>Brandenburg</strong> 2010, Potsdam.<br />

Ministerium des Innern des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

(Hg.) 2012: Verfassungsschutzbericht<br />

<strong>Brandenburg</strong> 2011, Potsdam.<br />

Pfaff, Nicole 2006: Jugendkultur und Politisierung.<br />

Eine multimethodische Studie<br />

zur Entwicklung politischer Orientierungen<br />

im Jugendalter. Wiesbaden.<br />

Pfeiffer, Thomas 2009: Virtuelle Gegenöffentlichkeit<br />

und Ausweg aus dem „rechten<br />

Ghetto“, in: Braun, Stephan / Geisler,<br />

Alexander / Gerster, Martin (Hg.): Strategien<br />

der extremen Rechten. Hintergründe<br />

– Analysen – Antworten. Wiesbaden,<br />

S. 290-309.<br />

Pieper, Detlef 2007: Strategien der <strong>Land</strong>esregierung<br />

gegen Rechtsextremismus,<br />

Fremdenfeindlichkeit und politisch motivierte<br />

Gewalt, in: Schoeps et al. (Hg.),<br />

S. 178-183.<br />

Pörksen, Bernhard 2005: Die Konstruktion<br />

von <strong>Feindbild</strong>ern. Zum Sprachgebrauch<br />

in neonazistischen Medien. Wiesbaden.<br />

52


Anmerkungen<br />

1 Zum Polizistenmord und den Hintergründen<br />

vgl. u. a. Benedict 1998.<br />

2 Jaschke 1994a.<br />

3 Jaschke 1994b.<br />

4 Kandt 2007.<br />

5 Pörksen 2005, S. 59.<br />

6 Maegerle 2011.<br />

7 Vgl. z. B. Kastner 2009.<br />

8 MdI <strong>Brandenburg</strong> 2011, S. 86.<br />

9 Botsch 2012.<br />

10 Das Kapitel ist zum Teil bereits veröffentlicht:<br />

Kopke 2012.<br />

11 Archiv der Jugendkulturen 2001; Dornbusch/Raabe<br />

2002; Langebach/Raabe<br />

2011.<br />

12 MdI <strong>Brandenburg</strong> 2012, S. 109.<br />

13 BMI 2012: 90.<br />

14 Dornbusch/Raabe 2007, S. 119.<br />

15 Wörner-Schappert 2007. Hingegen hält<br />

Dollase 1999 die unmittelbare Bedeutung<br />

des Konsums rechter Musik für<br />

oftmals überschätzt.<br />

16 Dornbusch/Raabe 2007: 119.<br />

17 Vgl. zu den Inhalten rechtsextremer Musiktexte<br />

ausführlich Farin 1999.<br />

18 Mengert 1994, S. 86.<br />

19 Mengert 1994, S. 92.<br />

20 Farin 1999, S. 76; Flad 2001, S. 119.<br />

21 Lieder, in denen Justiz, Staatsanwaltschaft<br />

und Verfassungsschutz vorkommen,<br />

kämen noch hinzu, wenngleich es<br />

hier auch Überschneidungen gibt.<br />

22 Bei den Textwiedergaben handelt es<br />

sich z. T. um Transskripte der gehörten<br />

Musiktitel, so dass gelegentlich Übertragungsfehler<br />

und Fehlstellen nicht<br />

auszuschließen sind. Auslassungen<br />

sind nicht gekennzeichnet.<br />

23 ZOG = Zionist Occupied Government:<br />

Das ist die Vorstellung, die Regierung<br />

(bzw. alle Regierungen) würde(n) von<br />

Juden kontrolliert oder sei(en) von Israel<br />

gesteuert. Zur großen Relevanz des Antisemitismus<br />

für rechtsextreme Szenen<br />

vgl. Erb 2001.<br />

24 Die Abkürzung ACAB findet in verschiedenen<br />

Subkulturen Verwendung<br />

(Punk, Skinheads, Hooligans, rechts<br />

und links) vgl.: http://www.netz-gegennazis.de/lexikontext/troublemaker-acab<br />

(28.03.2012)<br />

25 Gesichtet wurden die folgenden Internetangebote<br />

aus <strong>Brandenburg</strong>:<br />

spreelichter.info, SFB Infos (senftenberger.blogspot.com),<br />

Das Nationale<br />

Informationsportal aus dem <strong>Land</strong>kreis<br />

Teltow-Fläming (info-tf.net), Freie Kräfte<br />

Neuruppin/Osthavelland (logr.org/<br />

nsfkn), Freie Kräfte Königs Wusterhausen<br />

(fk-kwh.net) und Alternative Jugend<br />

Potsdam (alternative-jugend-potsdam.<br />

info). Darüber hinaus wurden die folgenden<br />

Websites mit überregionaler<br />

Bedeutung ausgewertet: Deutsches<br />

Rechtsbüro (deutsches-rechtsbuero.<br />

de), Blaulichtblog (blaulicht-blog.net);<br />

Skadi Forum (forums.skadi.net), Thiazi<br />

Forum (forum.thiazi.net) und NPD<br />

(Bund, <strong>Land</strong>esverband <strong>Brandenburg</strong>,<br />

„Deutsche Stimme“). Zusätzlich wurden<br />

weitere Recherchen, u. a. zu einzelnen<br />

Personen sowie zum Demonstrationsgeschehen<br />

in Dresden im Februar 2011,<br />

durchgeführt. Einige der durchgesehenen<br />

Internetseiten sind inzwischen<br />

(2013) nicht mehr aufrufbar, z. T. auf<br />

Grund polizeilicher oder juristischer<br />

Maßnahmen.<br />

26 Busch 2010.<br />

27 Glaser/Pfeiffer 2007.<br />

53


28 Diese Terminologie wird auffallend häufig<br />

verwendet.<br />

29 In einem Spreelichter-Beitrag wird berichtet,<br />

ein Pizzaservice habe die von<br />

Demonstranten georderte Bestellung in<br />

einen <strong>Polizei</strong>kessel geliefert.<br />

30 Im Senftenberger Blog wird z. B. eine<br />

polizeiliche Überwachung beim Kaffeetrinken<br />

geschildert. „Die haben<br />

garantiert aufgepasst, dass wir nicht<br />

zu viel Kaffee trinken, kann ja sehr<br />

gefährlich sein.“<br />

31 Vgl. zum Engagement des <strong>Polizei</strong>direktors<br />

Alois Mannichl dessen Ausführungen:<br />

Mannichl 2009.<br />

32 Eine systematische Ermittlung und<br />

Auswertung der rechtsextremen Internetbeiträge<br />

zum Mannichl-Attentat<br />

wurde nicht vorgenommen. Aufgrund<br />

des außerordentlichen Umfangs wäre<br />

eine sinnvolle Auswertung im gegebenen<br />

Zeitrahmen nicht möglich gewesen.<br />

Angesichts der hohen Redundanz der<br />

Beiträge erscheint eine auf Vollständigkeit<br />

zielende Recherche aber auch<br />

überflüssig.<br />

33 Zum Lied „Lebt denn der alte Mannichl<br />

noch? (Gigi & Die braunen Stadtmusikanten)<br />

S. S. 16.<br />

34 Zum „Loblied auf den Herrn <strong>Polizei</strong>direktor<br />

Prof. Knape“ S. S. 16.<br />

35 Erb 2006.<br />

36 Das Deutsche Rechtsbüro (DRB) versteht<br />

sich als „Selbsthilfegruppe zur<br />

Wahrung der Rechte, insbesondere<br />

der Grundrechte, ‚politisch unkorrekter‘<br />

Deutscher“. (Selbstdarstellung im<br />

Internet). Der brandenburgische Verfassungsschutz<br />

charakterisiert das<br />

Deutsche Rechtsbüro folgendermaßen:<br />

„Nur zum Schein stellt es die ‚Wahrung<br />

der Grundrechte‘ in den Vordergrund.<br />

Es geht […] dem DRB vielmehr<br />

um die Vernetzung von Rechtsextremisten<br />

aller Lager, vom parteilich Gebundenen<br />

bis zu den neonazistischen<br />

‚Freien Kräften‘.“ http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/cms/detail.php/bb2.c.418519.de<br />

(letzter Zugriff<br />

12.11.2012)<br />

37 §130 StGB stellt „Volksverhetzung“ unter<br />

Strafe.<br />

38 Bei unseren Recherchen stießen wir<br />

u. a. auf die folgenden Ratgeber: Empfehlungen<br />

zum Aussageverweigerungsrecht,<br />

Ratgeber zum Verhalten<br />

bei Demonstrationen, Musterbrief für<br />

den Widerspruch gegen erkennungsdienstliche<br />

Behandlung, Vorlage für<br />

eine Dienstaufsichtsbeschwerde, Verhaltensempfehlungen<br />

bei Anwerbeversuchen<br />

durch den Verfassungsschutz,<br />

Musterschreiben für ein Auskunftsersuchen<br />

zu gespeicherten Daten bei LKA<br />

und Verfassungsschutz, Positionspapier<br />

zum Flashmob. Im Thiazi Forum<br />

wird das Buch „Wege durch die Wüste<br />

– ein Antirepressionshandbuch für<br />

die politische Praxis“ empfohlen. „Ist<br />

zwar von der Antifa geschrieben, aber<br />

hochinteressant.“<br />

39 Man findet aber auch zahlreiche Vergleiche<br />

zum Nationalsozialismus. So findet<br />

sich z. B. im Thiazi Forum mehrfach die<br />

Abkürzung SS für Staatsschutz.<br />

40 So lehnt Spreelichter z. B. eine Sperre<br />

kinderpornographischer Internetseiten<br />

ab, weil dieses Mittel auf die Schaffung<br />

einer Zensurinfrastruktur gerichtet sei.<br />

54


41 Auch mit ihrer Verlinkungspolitik (z. B.<br />

zu netzpolitik.org) klinkt sich Spreelichter.info<br />

umstandslos in die liberale<br />

Blogger-Diskussion ein.<br />

42 Das „Sammelthema Ausländerkriminalität“<br />

im Thiazi Forum umfasst z. B. 376<br />

Seiten (Stand: 30.10.2011).<br />

43 Nicht alle User, die sich in derartigen<br />

Foren zu Wort melden, sind Polizisten.<br />

44 Offizielle Angaben nach: www.deutsche-stimme.de<br />

[08.01.2012]<br />

45 Hartleb 2007, S. 382<br />

46 MdI <strong>Brandenburg</strong> 2011, S. 25.<br />

47 Bensch, Georg: 1935 in Magdeburg<br />

geb., journalistische Ausbildung, 1953<br />

in der DDR verhaftet, 1955 Flucht in<br />

die BRD, Mitarbeiter der Vertriebenenzeitungen<br />

„Volksbote“ und „Deutsches<br />

Volksblatt“. 1963 Herausgeber<br />

des antikommunistischen Informationsdienstes<br />

„Die Wahrheit“ Untertitel:<br />

Rettet die Freiheit. Im Dienste gegen<br />

Unmenschlichkeit und kommunistische<br />

Unterdrückung. Anti-kommunistischer<br />

Presse- und Informationsdienst.<br />

Erscheint in Schönwald (Schwarzwald).<br />

1969 Übersiedlung nach Berlin<br />

(West). Korrespondent verschiedener<br />

rechtsradikaler Zeitschriften, darunter<br />

„Deutsche Wochen-Zeitung“, „Berliner<br />

Notizen“, „Korrespondenz“ (Informationsdienst<br />

der NPD Berlin). 1973<br />

Redakteur beim „Bayernkurier“. In den<br />

1990er-Jahren schreibt Bensch regelmäßig<br />

für die „Deutsche Stimme“, die<br />

Junge Freiheit, das Ostpreußenblatt<br />

bzw. die Preußische Allgemeine Zeitung.<br />

Artikel erscheinen auch in dem neonazistischen<br />

Blatt Recht und Wahrheit.<br />

Seine Themen sind vorwiegend: Innere<br />

Sicherheit, Asylpolitik, Kriminalität vor<br />

allem von „Ausländern“, Belastung der<br />

Sozialsysteme durch Zuwanderung u. ä.<br />

Einige dieser Artikel werden auch von<br />

<strong>Polizei</strong>nahen Zeitschriften übernommen.<br />

Der Abdruck eines teilweise wortgleichen<br />

Artikels aus der „Deutschen<br />

Stimme“ in „Deutsche <strong>Polizei</strong>“, dem<br />

Organ der Gewerkschaft der <strong>Polizei</strong>,<br />

im April 2002 wird durch einen Artikel<br />

in der Frankfurter Rundschau bekannt.<br />

Auch in dem weithin unbekannten, sich<br />

als Fachmagazin bezeichnenden „Magazin<br />

für die <strong>Polizei</strong>“ schreibt Bensch<br />

und wird im Impressum als Korrespondent<br />

aufgeführt. Das Magazin ist inzwischen<br />

eingestellt. Seine Tätigkeit für die<br />

„DS“ hält aktuell an.<br />

48 Zu den „Autonomen Nationalisten“ vgl.<br />

Schedler/Häusler 2012.<br />

55


Adressen:<br />

Ministerium des Innern<br />

des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

Pressestelle<br />

Henning-von-Tresckow-Str. 9-13<br />

14467 Potsdam<br />

<strong><strong>Land</strong>espräventionsrat</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Geschäftsstelle im Ministerium des Innern<br />

Henning-von-Tresckow-Straße 9-13<br />

14467 Potsdam<br />

Telefon: 0331 / 866-2746<br />

E-Mail: lpr@mi.brandenburg.de<br />

Moses Mendelssohn Zentrum<br />

für europäisch-jüdische Studien<br />

Universität Potsdam<br />

Am Neuen Markt 8<br />

14467 Potsdam<br />

Dr. Gideon Botsch, Dr. Christoph Kopke<br />

Telefon: 0331-2809413<br />

E-Mail: botsch@uni-potsdam.de, kopke@uni-potsdam.de


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„Die vorliegende Studie offenbart eine Veränderung der<br />

Sichtweise von Rechtsextremisten auf die Sicherheitsbehörden<br />

unseres <strong>Land</strong>es. Gerade <strong>Polizei</strong>beamte werden<br />

als Repräsentanten des Staates angesehen und in<br />

der rechtsextremen Szene zunehmend diffamiert. [...]<br />

Es existiert ein ,<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>‘ in der rechtsextremistischen<br />

Szene. Dieses Feinbild wird in der Studie mit all<br />

seinen unsachlichen, widersprüchlichen und absurden<br />

Argumenten aufgedeckt und entlarvt. Die Broschüre<br />

soll die Öffentlichkeit über die Existenz wie auch die<br />

Brisanz dieses ,<strong>Feindbild</strong>s‘ aufklären und <strong>Polizei</strong>beamte<br />

und andere Vertreter von Sicherheitsbehörden in ihrem<br />

Eintreten für Demokratie und Toleranz bestärken.“<br />

Dr. Dietmar Woidke<br />

Minister des Innern des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>

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