Feindbild Polizei - Landespräventionsrat Brandenburg - Land ...
Feindbild Polizei - Landespräventionsrat Brandenburg - Land ...
Feindbild Polizei - Landespräventionsrat Brandenburg - Land ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong><br />
Wie reden Rechtsextreme<br />
über die <strong>Polizei</strong>?
abgestumpfte Marionetten · A.C.A.B. · Agenten des Apparats ·<br />
Antifa-Demokraten in Uniform · Antifa-Polizist · Apparat des Systems<br />
· Arschlöcher · Bastarde unserer Regierung · Beamte in grün ·<br />
Beamtenschlaffi · betriebsblinde Gesinnungskommissare · bewaffnete<br />
Einheiten · bewaffnete Hohlkörper · bewaffnete Organe<br />
· Bollezei · brd-Büttel · BRD-Sheriffs · Büttel · Büttel des Systems<br />
· Bullen · Bullenaufgebot · Bullenfunktionäre · Bullerei · Cops · das<br />
System · demokratische Eskorte des Staates · demokratischer<br />
Terror · der Apparat · der gemeine Bereitschaftsbulle · der Staatsapparat<br />
· die Grünen · die Herren tapferen Beamten · die <strong>Polizei</strong>er ·<br />
die Staatsmacht · Diener dieses kranken Systems · diese Affen<br />
in ihren schwarzen Kampfanzügen · diese Figuren · diese grünen<br />
und schwarzen Roboter mit gezogenem Schlagstock · diese Typen<br />
· Drecksbullen · Dumm-Baazi in Grün · dumme Bullensau ·<br />
einer meiner besten Freunde ist Polizist · eingeschleuste Provokateure<br />
· Einheiten des Apparates · Einheiten des Staatsapparates ·<br />
Einheiten des Systems · ekelhafter verlogener Schweinehund ·<br />
Es gibt solche und solche. Aber eigentlich sind sie alle Verräter.<br />
· fallendes System der Unterdrückung · feige Schweine · Finger<br />
am Arm des Systems · Freunde in Grün · Frösche · Fußtruppen ·<br />
gewaltbereite <strong>Polizei</strong>beamte · gewissenlose Subjekte · Giftzwerge<br />
· grün kostümierter BRD-Lakai · grün/blau-weiße Freunde des<br />
Staates · Grüne · grüne Fraktion · grüne Jungs · grüne Leute · grüner<br />
Hohlkörper · grüner Karnevalsverein · grüner Wichser · Grünkittel ·<br />
Grünlinge · Grünmann · Grünschnäbel · grünweiße Staatsdiener ·<br />
grün-weißes Volk · Handlanger der Besatzer · Handlanger der<br />
Politik · Handlanger des Systems · Herr Knape und seine treuen<br />
Arschlecker · Herren in grün · Hundertschaften des Systems ·<br />
illegal operierender <strong>Polizei</strong>apparat · Innenministerium für Staatssicherheit<br />
· Internetschnüffelgarde · Jungs in Grün · Jungs in
<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong><br />
Wie reden Rechtsextreme<br />
über die <strong>Polizei</strong>?
In Erinnerung an die <strong>Polizei</strong>beamtinnen und<br />
<strong>Polizei</strong>beamten, die in Ausübung ihres Dienstes<br />
von Rechtsextremisten getötet wurden.<br />
Stefan Grage<br />
erschossen am 23. Februar1997<br />
durch Kay D.<br />
Thomas Goretzky, Yvonne Hachtkemper,<br />
Matthias Larisch von Woitowitz<br />
erschossen am 14. Juni 2000<br />
durch Michael B.<br />
Michèle Kiesewetter<br />
erschossen am 25. April 2007<br />
mutmasslich durch den<br />
Nationalsozialistischen Untergrund (NSU)
Gefördert vom <strong><strong>Land</strong>espräventionsrat</strong> Sicherheitsoffensive <strong>Brandenburg</strong><br />
© 2013, Potsdam<br />
Herausgeber:<br />
Ministerium des Innern<br />
des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
Henning-von-Tresckow-Str. 9-13<br />
14467 Potsdam<br />
Koordination:<br />
Moses Mendelssohn Zentrum<br />
für europäisch-jüdische Studien –<br />
Forschungsschwerpunkt Antisemitismusund<br />
Rechtsextremismusforschung,<br />
Universität Potsdam<br />
Projektleitung: Christoph Kopke<br />
Text: Christoph Kopke, Ulli Jentsch, Gebhard Schultz<br />
Recherche: Christoph Kopke, Ulli Jentsch, Gebhard Schultz,<br />
Jan Raabe, Martin Langebach<br />
Beratung: Gideon Botsch<br />
Umschlagfoto: Jan Wischnewski<br />
Umschlaginnenseiten: Die Begriffe fanden sich auf den im Rahmen der Recherchen<br />
durchgesehenen rechtsextremen Internetseiten.<br />
Satz: Ralph Gabriel<br />
Druck: <strong>Land</strong>esbetrieb für <strong>Land</strong>esvermessung und Geobasisinformation <strong>Brandenburg</strong>
Inhalt<br />
Grußwort ................................................... 5<br />
<strong>Polizei</strong> und Rechtsextremismus ................................. 6<br />
1. <strong>Polizei</strong> als Gegenstand rechtsextremer Musiktexte ................. 9<br />
1.1. <strong>Polizei</strong>staat und <strong>Polizei</strong> als Verfolger und Vollstrecker des Systems .... 12<br />
1.2. <strong>Polizei</strong> als Feind ............................................ 14<br />
1.3. Hilflose <strong>Polizei</strong>, Selbstjustiz, Ermächtigung zum Handeln ............ 15<br />
1.4. Spott- oder Hasslieder gegen einzelne <strong>Polizei</strong>beamte ............... 16<br />
2. <strong>Polizei</strong> auf rechtsextremen Websites .......................... 18<br />
2.1. Grundsatzdebatten .......................................... 18<br />
2.2. Die <strong>Polizei</strong> als Freund ........................................ 20<br />
2.3. Die <strong>Polizei</strong> als Feind ......................................... 21<br />
2.4. Demonstrationsberichterstattung ............................... 22<br />
2.5. Engagierte <strong>Polizei</strong>beamte im Visier .............................. 23<br />
2.6. Fotos von Polizisten ......................................... 28<br />
2.7. Rechtsextreme „verteidigen“ den Rechtsstaat ..................... 29<br />
2.8. DDR-Vergleiche ............................................ 30<br />
2.9. Die Freiheit des Internets ..................................... 31<br />
2.10. <strong>Polizei</strong> und „Ausländer“ ....................................... 33<br />
2.11. <strong>Polizei</strong>nahe Foren ........................................... 33<br />
5
3. Die <strong>Polizei</strong> in der Berichterstattung der NPD-Medien<br />
„Deutsche Stimme“ und „Zündstoff“ ............................ 35<br />
1994-1996<br />
3.1. „Der Staat probt das Faustrecht“: Repression gegen Nationale ....... 35<br />
3.2. Gute <strong>Polizei</strong> – schlechte Politik ................................. 36<br />
1999-2001<br />
3.3. Unterdrückungsapparat <strong>Polizei</strong>: politisch motivierte Verfolgung ....... 38<br />
3.4. Zunehmend fragwürdige <strong>Polizei</strong>praxen im „Kampf gegen Rechts“ ..... 40<br />
3.5. Die NPD als friedliche Verfechterin von Recht und Ordnung .......... 41<br />
2006-2008<br />
3.6. Die NPD als Organisatorin und Fürsprecherin von Bürgerwehren ...... 43<br />
3.7. Die NPD distanziert sich von Gewalt des „Schwarzen Blocks“ ........ 44<br />
Fazit ..................................................... 47<br />
Literatur . .................................................. 49<br />
Anmerkungen .............................................. 51<br />
6
Grußwort<br />
Rechtsextremismus bleibt eine zentrale<br />
gesellschaftliche Herausforderung,<br />
denn er steht in krassem Widerspruch<br />
zu unserer demokratischen Gesellschaft.<br />
Die Mordserie der rechtsterroristischen<br />
Gruppe „Nationalsozialistischer<br />
Untergrund“ (NSU) hat auf schreckliche<br />
Weise gezeigt, wie ein rechtsextremistisches<br />
Weltbild in mörderische Gewalt<br />
umschlagen kann. Rechtsextremistische<br />
Bestrebungen richten sich nicht<br />
allein gegen den Staat als Institution,<br />
sondern müssen letztlich als Angriff auf<br />
die unveräußerlichen Rechte jedes Einzelnen<br />
verstanden werden.<br />
Die nachdrückliche und nachhaltige<br />
Bekämpfung von Rechtsextremismus,<br />
Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus<br />
ist daher eine herausragende<br />
Verpflichtung aller <strong>Polizei</strong>beamten des<br />
<strong>Land</strong>es. Das Handlungskonzept der<br />
<strong>Polizei</strong> des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> zur<br />
Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität<br />
steht für die langjährige und<br />
erfolgreiche Arbeit der <strong>Polizei</strong> und beinhaltet<br />
umfangreiche Maßnahmen. Dazu<br />
zählen beispielhaft die besonderen Einsatzkonzepte<br />
„Mobile Einsatzeinheiten<br />
gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit“<br />
und „Täterorientierte Maßnahmen<br />
gegen extremistische Gewalt“.<br />
Die vorliegende Studie offenbart eine<br />
Veränderung der Sichtweise von<br />
Rechtsextremisten auf die Sicherheitsbehörden<br />
unseres <strong>Land</strong>es. Gerade<br />
<strong>Polizei</strong>beamte werden als Repräsentanten<br />
des Staates angesehen und in<br />
der rechtsextremen Szene zunehmend<br />
diffamiert. Die <strong>Polizei</strong> wird als Gegner<br />
rechtsextremistischer Bestrebungen<br />
wahrgenommen. Einerseits ist dies<br />
durchaus positiv zu bewerten, denn<br />
es unterstreicht die grundlegende Differenz<br />
von <strong>Polizei</strong> im demokratischen<br />
Verfassungsstaat gegenüber rechtsextremistischen<br />
Gesellschaftsvorstellungen.<br />
Andererseits belegt es aber auch<br />
die besondere Gefährdung von <strong>Polizei</strong>beamten<br />
im täglichen Dienst für unsere<br />
Sicherheit.<br />
Es existiert ein „<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>“ in der<br />
rechtsextremistischen Szene. Dieses<br />
Feinbild wird in der Studie mit all seinen<br />
unsachlichen, widersprüchlichen und<br />
absurden Argumenten aufgedeckt und<br />
entlarvt. Die Broschüre soll die Öffentlichkeit<br />
über die Existenz wie auch die<br />
Brisanz dieses „<strong>Feindbild</strong>s“ aufklären<br />
und <strong>Polizei</strong>beamte und andere Vertreter<br />
von Sicherheitsbehörden in ihrem<br />
Eintreten für Demokratie und Toleranz<br />
bestärken.<br />
Dr. Dietmar Woidke, Minister des<br />
Innern des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
7
<strong>Polizei</strong> und Rechtsextremismus<br />
Als Ende 2011 mit der Aufdeckung des<br />
Nationalsozialistischen Untergrundes<br />
(NSU) eine terroristische Zelle sichtbar<br />
wurde, die über Jahre in verschiedenen<br />
Bundesländern Menschen ermordete<br />
und Banküberfälle beging, waren Politik<br />
und Öffentlichkeit schockiert. Die<br />
meisten Mordopfer des NSU waren Migranten,<br />
die als kleine Gewerbetreibende<br />
arbeiteten und in ihren Geschäften<br />
ermordet wurden.<br />
Zu den Opfern zählt auch eine <strong>Polizei</strong>beamtin,<br />
die während ihres Dienstes<br />
offenbar gezielt erschossen wurde.<br />
Die mutmaßlichen Täter des NSU und<br />
ihre Unterstützer und ihr Umfeld entstammen<br />
der neonazistischen Kameradschaftsszene.<br />
Auch in früheren Jahren haben Rechtsextreme<br />
<strong>Polizei</strong>beamte getötet. So wird<br />
der inhaftierte Berliner Neonazi Kay<br />
Diesner 1 , der 1997 einen <strong>Polizei</strong>obermeister<br />
erschoss, in Teilen der rechtsextremen<br />
Szene immer noch als Held<br />
und Kämpfer verherrlicht.<br />
Auf Demonstrationen der extremen<br />
Rechten kam es in den letzten Jahren<br />
wiederholt zu gewalttätigen Angriffen<br />
auf die <strong>Polizei</strong>. Das steht in einem<br />
deutlichen Widerspruch zu einer weitverbreiteten<br />
Wahrnehmung, dass<br />
Rechte auf den starken Staat setzen<br />
und Gewalttaten – etwa im Kontext<br />
von Demonstrationen – in der Regel<br />
nur von gewaltbereiten Gegendemonstranten<br />
ausgingen oder allein aus der<br />
Interaktion mit dem politischen Gegner<br />
erwachsen.<br />
Daraus resultieren folgende Fragen:<br />
Welche Sichtweise(n) gibt es in der<br />
rechten Szene auf die Arbeit der <strong>Polizei</strong><br />
im demokratischen Rechtsstaat?<br />
Wie wird über <strong>Polizei</strong> und <strong>Polizei</strong>arbeit<br />
gedacht und gesprochen? Wie werden<br />
polizeiliche Maßnahmen gesehen und<br />
bewertet? Wie reagiert die rechtsextreme<br />
Szene auf polizeiliches Engagement<br />
gegen rechtsextreme Straf- und<br />
Gewalttaten? Welche Narrative über<br />
<strong>Polizei</strong> existieren? Gibt es ein spezifisch<br />
rechtsextremes <strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>?<br />
Die politische und gesellschaftliche<br />
Auseinandersetzung mit rechtsextremen<br />
Einstellungen und Handlungen<br />
erfolgt auf verschiedenen Ebenen. Alle<br />
Institutionen des demokratischen Staates<br />
und die Zivilgesellschaft sind aufgerufen,<br />
an der Prävention mitzuwirken,<br />
sich mit rechtsextremen Inhalten und<br />
Politikangeboten kritisch auseinanderzusetzen<br />
und diese abzuwehren. Dazu<br />
gehört auch der Protest gegen rechtsextreme<br />
Aufmärsche und Demonstrationen<br />
auf der Straße.<br />
8
Bei Gefährdung der öffentlichen Ordnung<br />
und Sicherheit und bei strafrechtlich<br />
relevanten Vergehen, die zumindest<br />
teilweise rechtsextrem motiviert sein<br />
können, ist die Auseinandersetzung mit<br />
dem Rechtsextremismus auch Aufgabenstellung<br />
von Justiz und <strong>Polizei</strong>.<br />
Blicken wir rund zwanzig Jahre zurück:<br />
Unmittelbar nach der „Wende“ in der<br />
DDR und in den ersten Monaten und<br />
Jahren der neuen Bundesländer kam<br />
es zu einer bis dahin beispiellosen Welle<br />
rechtsextrem und fremdenfeindlich<br />
motivierter Gewalt. Auf deren komplexe<br />
Ursachen kann hier nicht eingegangen<br />
werden. Die <strong>Polizei</strong> – ihrerseits in<br />
einer Phase der Neustrukturierung –<br />
schien mit der Entwicklung zeitweise<br />
überfordert und auch die Politik tat<br />
sich zunächst schwer, angemessene<br />
Gegenstrategien zu entwickeln. Die<br />
<strong>Polizei</strong> galt als eine „verunsicherte Institution“<br />
(Jaschke) und stand angesichts<br />
umstrittener <strong>Polizei</strong>einsätze, taktischer<br />
Fehleinschätzungen und mangelnder<br />
Präsenz beispielsweise bei den pogromartigen<br />
Krawallen in Rostock-Lichtenhagen<br />
1992 selbst im Fokus der Kritik. 2<br />
Gleichzeitig reagierten Staat und <strong>Polizei</strong><br />
seit den frühen 1990er mit einer Reihe<br />
von Maßnahmen aber auch deutlich auf<br />
die neuen Entwicklungen. 3 In verschiedenen<br />
ostdeutschen Bundesländern<br />
wurden polizeiliche Einsatzkonzepte<br />
gegen Rechtsextremismus entwickelt. 4<br />
Gerade im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> werden<br />
regelmäßig Konzerte extrem rechter<br />
Musikgruppen konsequent unterbunden.<br />
Das <strong>Land</strong> ist auch führend im Verbot<br />
rechtsextremistischer Vereine und<br />
Organisationen. Sieben Organisationen<br />
wurden bislang durch den Innenminister<br />
verboten und die Verbote durch polizeiliche<br />
Maßnahmen umgesetzt.<br />
Innerhalb der rechtsextremen Szene,<br />
so unsere Ausgangsthese, hat sich die<br />
Haltung gegenüber <strong>Polizei</strong>beamten,<br />
Staatsanwälten und weiteren Vertretern<br />
der inneren Sicherheit in den letzten<br />
Jahren verändert. Neben einer weiter<br />
bestehenden traditionellen positiven<br />
Sicht auf die <strong>Polizei</strong> als Ordnungsfaktor<br />
aus einer grundsätzlichen Affinität zum<br />
„starken Staat“ heraus, ist die Entwicklung<br />
eines spezifischen rechtsextremen<br />
„<strong>Feindbild</strong>es <strong>Polizei</strong>“ festzustellen.<br />
<strong>Feindbild</strong>konstruktionen werden als Teil<br />
einer „ideologiegesteuerten Sprachverwendung“<br />
5 verstanden. Kenner der<br />
rechtsextremistischen Szene weisen<br />
seit einiger Zeit darauf hin, dass „neuerdings<br />
auch Richter und Staatsanwälte<br />
und Polizisten“ zum <strong>Feindbild</strong> der Szene<br />
gehören. 6 Dies wird immer wieder<br />
auch in der Presse erkannt. 7 Noch ist<br />
die Zahl zielgerichteter Gewaltdelikte<br />
EinlEitung<br />
9
auf einem relativ niedrigen Niveau geblieben.<br />
Vor der Schilderung von drei<br />
Einzelbeispielen heißt es bspw. dazu im<br />
Verfassungsschutzbericht <strong>Brandenburg</strong><br />
2010:<br />
„2010 kam es erneut zu gewalttätigen Übergriffen<br />
von Rechtsextremisten auf <strong>Polizei</strong>beamte.<br />
Anlass waren <strong>Polizei</strong>maßnahmen wie<br />
Platzverweise, Durchsetzung von Demonstrationsverboten<br />
sowie Abbrüche von Konzerten<br />
und Feiern.“ 8<br />
In den szenetypischen Medien des so<br />
genannten „Nationalen Widerstands“<br />
ist die Verdichtung eines sich radikalisierenden<br />
<strong>Feindbild</strong>es deutlich zu beobachten,<br />
werden Institutionen und<br />
Vertreter der inneren Sicherheit regelmäßig<br />
diffamiert und zum Teil heftig<br />
attackiert und bedroht. Gerade exponierte<br />
und engagierte <strong>Polizei</strong>beamte<br />
und Einsatzleiter werden immer wieder<br />
Gegenstand von Schmähungen<br />
und Drohungen. Dies ist einerseits als<br />
Ausdruck eines gestiegenen Selbstbewusstseins<br />
der rechtsextremen Szene<br />
zu interpretieren und anderseits auch<br />
als Reaktion auf die Professionalisierung<br />
polizeilicher Arbeit im Umgang mit<br />
rechtsextrem motivierten Straftaten und<br />
der Entwicklung entsprechender spezifischer<br />
polizeilicher Konzepte auf den<br />
Feldern der Repression und Prävention<br />
zu verstehen.<br />
Einflüsse auf das rechtsextreme „<strong>Feindbild</strong><br />
<strong>Polizei</strong>“ stammen z.T. auch aus dem<br />
traditionell staatsfernen und staatsfeindlichen<br />
US-Rechtsextremismus.<br />
Gleichzeitig wirkt in Ostdeutschland die<br />
ausgeprägte Systemfeindlichkeit der<br />
„Faschoszene“ aus der Spätphase der<br />
DDR nach, an die z.T. propagandistisch<br />
bewusst angeknüpft wird. 9<br />
10 EinlEitung
1. <strong>Polizei</strong> als Gegenstand<br />
rechtsextremer Musiktexte 10<br />
In den letzten dreißig Jahren hat sich<br />
international und in Deutschland eine<br />
vielfältige extrem rechte Musikszene<br />
(Rechtsrock) als Teil einer rechtsextremen<br />
Jugendkultur herausgebildet. 11<br />
Die Anfänge dieser Jugendkultur liegen<br />
in der Subkultur der Skinheads.<br />
Inzwischen hat sich die Szene stilmäßig<br />
ausdifferenziert und seit Ende der<br />
1980er Jahre deutlich politisiert und<br />
radikalisiert. Wesentlicher Bestandteil<br />
der rechtsextremen Jugendkultur sind<br />
Bands und Interpreten, die Lieder mit<br />
rassistischen und rechtsextremen Inhalten<br />
veröffentlichen oder vortragen<br />
bzw. der Konsum dieser Musik. Einzelne<br />
Musikformationen, wie etwa die<br />
als kriminelle Vereinigung verbotene<br />
Musikformation <strong>Land</strong>ser verfügen über<br />
einen beträchtlichen Bekanntheitsgrad.<br />
Der Rechtsrock-Bereich ist organisatorisch<br />
und personell mit der politischen<br />
NS-Szene vielfach verknüpft, es gibt<br />
zahlreiche fließende Übergänge. Mit<br />
Musik, NS-Devotionalien und szenetypischer<br />
Kleidung lassen sich zudem<br />
inzwischen Millionenbeträge erwirtschaften,<br />
die zum Teil wieder in die<br />
politische Arbeit investiert werden. Die<br />
brandenburgische Verfassungsschutzbehörde<br />
schätzt die Botschaften dieser<br />
Musikgruppen folgendermaßen ein:<br />
„Alle […] Bands verbreiten – teils offen,<br />
teils mehr oder weniger versteckt – rechtsextremistische,<br />
antisemitische sowie fremdenfeindliche<br />
Propaganda, Zerrbilder des<br />
politischen Feindes und rufen zu Gewalt sowie<br />
anderen Delikten auf.“ 12<br />
Das Bundesamt für Verfassungsschutz<br />
konstatiert aktuell:<br />
„Rechtsextremistische Musik hat für die<br />
gesamte Szene eine herausragende Bedeutung.<br />
Musikgruppen und Liedermacher<br />
transportieren in ihren Texten offen oder<br />
unterschwellig rechtsextremistische <strong>Feindbild</strong>er<br />
sowie nationalistische, fremdenfeindliche,<br />
antisemitische und antidemokratische<br />
Ideologiefragmente. Dadurch vermitteln<br />
und verfestigen sie rechtsextremistische<br />
Einstellungsmuster.“ 13<br />
Grundsätzlich lässt sich mit Dornbusch<br />
und Raabe die Wirkungsweise rechtsextremistischen<br />
Musikkonsums wie<br />
folgt beschreiben:<br />
„Die mit den Musiktexten vermittelten Deutungsangebote<br />
dominieren […] zunehmend<br />
die Wahrnehmung beziehungsweise Interpretation<br />
gesellschaftlicher (und politischer)<br />
Zusammenhänge zu Ungunsten eines realistischen<br />
demokratischen Verständnisses.“ 14<br />
11
Rechtsextreme Musik ist sinn- und<br />
ideologiestiftend. Jugendliche mit einer<br />
Affinität zur rechtsextremistischen<br />
Jugendszene können durch den Konsum<br />
rechtsextremer Musik politisiert<br />
und ideologisch gefestigt werden.<br />
Rechtsextreme Musik ermöglicht einen<br />
niedrigschwelligen Einstieg in die Szene<br />
und ist Bestandteil jugendlicher Lebenswelt.<br />
Rechtsextreme Musik kann<br />
für Jugendliche attraktiv sein – sie ist<br />
für die extreme Rechte eine „virtuelle<br />
Propagandawaffe“ 15 .<br />
Geht man davon aus, dass die „Verfestigung<br />
einer extrem rechten Einstellung“<br />
bei Konsumenten dieser Musik gerade<br />
auch „von der Frequenz des Rechts-<br />
Rock-Konsums“ abhängt 16 , erscheint<br />
die gerade in <strong>Brandenburg</strong> gängige<br />
Praxis, öffentliche rechtsextreme Musikveranstaltungen<br />
nach Möglichkeit zu<br />
unterbinden, im Sinne des Kinder- und<br />
Jugendschutzes als sachlich angezeigt.<br />
In rechtsextremen Liedtexten wird eine<br />
große Bandbreite von Themen aufgegriffen.<br />
Zum einen werden positive<br />
Leitbilder und Narrative angeboten<br />
(vermeintliche Helden wie der Hitler-<br />
Stellvertreter Rudolf Hess oder der<br />
extrem rechte britische Kultsänger Ian<br />
Stewart; Verklärung und Verherrlichung<br />
der NS-Zeit; Wikinger-, Kelten-, Germanenmythen<br />
usw.). Zum anderen werden<br />
zahlreiche <strong>Feindbild</strong>er und negative<br />
Bezugspunkte der extremen Rechten<br />
bedient (Holocaustleugnung, angebliche<br />
Umerziehung und Unterdrückung<br />
der Nation, allgemeine Untergangsszenarien,<br />
gesteuerter Volkstod, geplante<br />
12 REchtsExtREmE musiktExtE
Ausrottung der weißen Rasse, Juden,<br />
Ausländer, Muslime, Homosexuelle<br />
usw.). 17<br />
Zu den Feinden und <strong>Feindbild</strong>ern gehören<br />
dabei auch staatliche Organe der<br />
Justiz und Rechtspflege, der Verfassungsschutz<br />
und die <strong>Polizei</strong>. Bereits in<br />
der Musik der Skinheadbewegung der<br />
1980er und frühen 1990er Jahre bildeten<br />
„der Staat und seine Organe […]<br />
vom Politiker bis zum Polizisten […]<br />
Angriffspunkte der Texte der Skinhead-<br />
Bands“. 18 Die <strong>Polizei</strong> wird „als greifbares<br />
<strong>Feindbild</strong> aggressiv diffamiert.“ 19<br />
Dies setzt sich auch in der entstehenden<br />
RechtsRock-Szene insgesamt durch:<br />
Während Klaus Farin 1999 noch zu dem<br />
Schluss kam, das „die Law&Order –<br />
Mentalität der Rechtsrocker […] die<br />
prinzipielle Staats- und <strong>Polizei</strong>feindlichkeit<br />
[der Skinheadbewegung/Anm. Verf.]<br />
überlagert“, betont Henning Flad wenig<br />
später: „Die <strong>Polizei</strong> wird Ende der 90er<br />
Jahre verstärkt zu einem <strong>Feindbild</strong>“. 20<br />
Für diese Untersuchung wurden zahlreiche<br />
rechtsextreme Tonträger (erschienen<br />
zwischen 1984-2011) gesichtet und<br />
nach Begriffen wie <strong>Polizei</strong>, Polizist, Bulle,<br />
Cop, Büttel, Staatsschutz, Verfassungsschutz,<br />
Spitzel u. ä. durchsucht. 21<br />
Ca. 15.000 Liedtitel wurden durchgesehen.<br />
In etwa 500 Liedern geht es (auch)<br />
um <strong>Polizei</strong>. Diese relativ hohe Anzahl<br />
aufgefundener Musiktitel war für uns<br />
überraschend. Wir haben versucht, die<br />
Texte grob verschiedenen Kategorien<br />
zuzuordnen. Im Folgenden werden vier<br />
inhaltliche Komplexe und jeweils eine<br />
exemplarische Auswahl von Textauszügen<br />
22 vorgestellt.<br />
REchtsExtREmE musiktExtE<br />
13
1.1. <strong>Polizei</strong>staat und <strong>Polizei</strong> als Verfolger und Vollstrecker des Systems<br />
In zahlreichen Liedern wird das politische<br />
System der Bundesrepublik<br />
Deutschland als <strong>Polizei</strong>- oder Überwachungsstaat<br />
bezeichnet. Die Liedtexte<br />
charakterisieren die <strong>Polizei</strong> als Verfolger<br />
der nationalen Bewegung. Sie thematisieren<br />
angeblich willkürliche und<br />
überzogene <strong>Polizei</strong>einsätze bei Konzertabbrüchen,<br />
Hausdurchsuchungen<br />
u. ä. Damit ist oft der Vorwurf verbunden,<br />
die <strong>Polizei</strong> sei allgemein zu lasch<br />
und unternehme vorsätzlich nichts<br />
gegen linke Kriminelle oder gegen<br />
„Ausländerkriminalität“. Weitreichende<br />
Verschwörungsmythen werden ausgebreitet,<br />
wonach die <strong>Polizei</strong> mit den<br />
„Linken“, der „Antifa“ usw. unter einer<br />
Decke stecke. Auch die paranoid antisemitische<br />
Projektion einer hinter der<br />
<strong>Polizei</strong> stehenden jüdischen Macht wird<br />
gelegentlich herangezogen. Diese Vorstellung<br />
wird mit dem Kürzel ZOG zum<br />
Ausdruck gebracht 23 . Generell sieht<br />
sich die extreme Rechte als eine systematisch<br />
ungerecht behandelte und<br />
verfolgte Minderheit an.<br />
„Trägst du bei uns eine Rune am Revers,<br />
dann zieht man dich knallhart aus dem Verkehr.<br />
Dann zerrt man dich blitzschnell vor Gericht<br />
und billig wird das ganz sicher nicht.<br />
Spätestens ab diesem Moment<br />
reagiert der Staat wirklich konsequent.<br />
Er hat dich als Gegner registriert,<br />
ab sofort wirst du ständig kontrolliert.<br />
Für links Autonome, die dich angreifen,<br />
scheint der Enthusiasmus auch nicht zu reichen.<br />
Die <strong>Polizei</strong> hat ein viel größeres Problem,<br />
du könntest ja tatsächlich auf ’ne Demo gehen.<br />
Du könntest ja wirklich deine Grundrechte nutzen,<br />
die werden sie dir ja eh noch stutzen.<br />
Denn bei Deinesgleichen wird das Grundgesetz<br />
auch mal fast lässig außer Kraft gesetzt.<br />
Du bist eine Gefahr für dieses <strong>Land</strong>,<br />
das hat die Gemeinde sofort erkannt.<br />
Auch die Presse und Staatsanwaltschaft<br />
sieht in dir eine dunkle, böse Macht.<br />
Darum wird man dich weiter observieren,<br />
während sich Kinderschänder ungestört amüsieren.<br />
Normale Menschen es kaum verstehen,<br />
du bist offensichtlich das größte Problem.“<br />
Burn Down, Du bist im Recht (2005)<br />
„Früh um sechs flieg ich aus dem Bett.<br />
Die Bullen donnern wie verrückt an mein Brett.<br />
Die Tür fliegt auf, mit voller Wucht.<br />
Zum hundertsten Mal wird meine Bude durchsucht.<br />
Bei der Staatsanwaltschaft stapeln sich die Akten.<br />
Tagtäglich ermitteln sie neue Fakten.<br />
Wir wissen, dass dieser Staat uns hasst.<br />
Doch wir machen weiter, mit einem Bein im Knast.“<br />
Moist Devils, Deutsche Wut (2002)<br />
„The fucking cops, the men in blue.<br />
Controlled by ZOG, they serve the jew“<br />
Mudoven, Men in Blue (1997)<br />
14 REchtsExtREmE musiktExtE
„Du wirst von den Bullen wieder mal verhört,<br />
hast wieder mal ein falsches Lied gehört.<br />
Viele Schwerverbrecher sind heutzutage frei<br />
doch was macht die deutsche <strong>Polizei</strong>?<br />
Wir werden observiert,<br />
von Linken attackiert<br />
und vom Verfassungsschutz<br />
für immer zensiert.<br />
Von diesem Staat regiert,<br />
der nur abkassiert.<br />
Das ist das linke Spiel<br />
bei dem der Deutsche verliert.<br />
Mit deinen Kumpels trinkst du ein paar Bier<br />
doch plötzlich stehen die Grünen vor der Tür.<br />
Ohne Grund wirst du inhaftiert<br />
während im Park ein Kind ermordet wird.“<br />
Braune Brüder, Zensiert (2006)<br />
„Steineschmeißer – Antifa und<br />
der Staatsschutz ist auch schon da.<br />
Alle sind sie mit dabei,<br />
eh alles nur Einheitsbrei“<br />
Sturmwehr, Bettnässer & Hosenscheißer (2009)<br />
„Im Kampf gegen ZOG.“ Kampagne für<br />
die Freilassung des Polizistenmörders<br />
Kay Diesner<br />
REchtsExtREmE musiktExtE<br />
15
1.2. <strong>Polizei</strong> als Feind<br />
Aufgrund der unterstellten systematischen<br />
Verfolgung wird die <strong>Polizei</strong> zum<br />
anvisierten Feind erklärt. Der <strong>Polizei</strong><br />
wird der Krieg erklärt bzw. eine Abrechnung<br />
oder ein Krieg in der Zukunft<br />
prophezeit. Oftmals wird zur direkten<br />
Gewalt bis hin zur Tötung aufgerufen.<br />
Häufig wird in Refrains die von englischen<br />
Subkulturen übernommene Parole<br />
„ACAB“ (= All Cops are Bastards) 24<br />
eingesetzt.<br />
„Du wirst bluten, Bulle! Wo bist Du Bullenschwein?<br />
Ich will Deine Augen seh’n, Bulle!<br />
Deine Augen! Und dann schick ich Dich zur<br />
Hölle! Hö, Bullenschwein! Jetzt hast Du zum<br />
ersten Mal Angst, aber das ist nicht wichtig.<br />
Wir sind die Jäger, wir töten die Schwachen,<br />
damit die Starken überleben! Du kannst die<br />
neue Welt nicht aufhalten! Eure stinkende<br />
Gesellschaft wird Typen wie uns nie los<br />
werden. Wir müssen euch töten! Wir sind die<br />
Zukunft!<br />
Ihr gottverdammten Bullenschweine,<br />
ihr kotzt uns so an.<br />
Doch eines schönen Tages,<br />
ja da seid ihr dran.<br />
Ihr stürmt unsere Konzerte<br />
und prügelt auf uns ein,<br />
doch eines das ist sicher,<br />
wir werden nie verzeih’n.<br />
Refrain: Bullen haben Namen und Adressen,<br />
kein vergeben und kein vergessen.<br />
Bullen haben Namen und Adressen,<br />
kein Vergeben und kein Vergessen.<br />
Ihr kleinen miesen Pisser,<br />
ihr dient diesem Staat.<br />
Ihr seid der letzte Dreck,<br />
ja des Teufels Saat.<br />
Wir hassen euch schon ewig<br />
und das wird auch nie vergeh’n<br />
und am Tag der Rache<br />
wollen wir euch bluten seh’n.<br />
Refrain: Bullen haben Namen [...]<br />
Ihr gottverdammten Bullenschweine,<br />
ihr kotzt uns so an.<br />
Doch eines schönen Tages,<br />
ja da seid ihr dran.<br />
Wir hassen euch schon ewig<br />
und das wird auch nie vergeh’n<br />
und am Tag der Rache<br />
wollen wir euch bluten seh’n.<br />
Refrain: Bullen haben Namen [...]“<br />
Weisse Wölfe, Kein Vergeben,<br />
Kein Vergessen (2002)<br />
„Die Bullen kommen mit Knüppeln an,<br />
das machen die sowieso<br />
mit Druck und Macht auf Skinheads los:<br />
Das macht den Staatsschutz froh.<br />
Wir stürmen los und haun den Bullen<br />
kräftig eine rein.<br />
Grün-weißer Verfassungsschmutz:<br />
Der Sieg wird unser sein!<br />
Tritt rein, tritt rein in das Bullenschwein.<br />
Tritt rein, tritt rein in das Bullenschwein.“<br />
Victor, Tritt rein (o. J.)<br />
16 REchtsExtREmE musiktExtE
„Du bist Beamter und Diener des Staates<br />
der volksfeindlichen Bundesrepublik,<br />
verteidigst ihre Paragraphen und Gesetze,<br />
hast keinen Zweifel und kennst keine Kritik.<br />
Mit Gummiknüppel schlägst Du den Aufstand<br />
systemfeindlicher Kameraden in die Knie,<br />
schützt mit Gewalt und ohne Skrupel<br />
die sogenannte Demokratie.<br />
Wer von Euch den Knüppel hob<br />
gegen deutsche Nationalisten:<br />
An den werden wir uns erinnern,<br />
kommt auf unsere schwarze Listen.<br />
Ist Deutschland wieder in deutscher Hand,<br />
ja der Tag, der kommt bestimmt …<br />
Dann sind wir Eure Herren und es weht für<br />
Euch ein anderer Wind.<br />
Grüne Wichser, Gesetzeshüter einer<br />
Schurkenrepublik. Schützer einer anitvölkisch-kranken<br />
Politik. Grüne Wichser, Gesetzeshüter<br />
einer Schurkenrepublik. Schützer<br />
einer anitvölkisch-kranken Politik.<br />
A.C.A.B.! A.C.A.B.! A.C.A.B.! [...]<br />
All Cops Are Bastards! (A.C.A.B.!) [...]“<br />
Subhumanbeaters, Grüne Wichser (2005)<br />
1.3. Hilflose <strong>Polizei</strong>, Selbstjustiz, Ermächtigung zum Handeln<br />
Die <strong>Polizei</strong> wird in manchen Texten als<br />
hilflose Institution beschrieben, die vor<br />
der Kriminalität kapituliert habe und<br />
nicht mehr in der Lage sei, den „normalen“<br />
(deutschen) Bürger vor Gewalt und<br />
Verbrechen zu schützen. Dies ist oft mit<br />
dem Vorwurf verknüpft, dass nur gegen<br />
Rechte vorgegangen werde. Daraus erwächst<br />
der Ruf nach Selbstjustiz.<br />
„Deutsche <strong>Polizei</strong> leise und machtlos,<br />
sie machen halt nur ihren Job.<br />
Halten sich raus, wirklich aus allem,<br />
scheiß egal wie viele Menschen fallen.“<br />
Rheinwacht, Armes Deutschland (1995)<br />
„Jeder kleine Türke hat hier ’ne scharfe Wumme.<br />
Jeder brave Deutsche ist jeden Tag der Dumme.<br />
Oder du stehst ganz plötzlich auf den Todeslisten.<br />
Irgendwelcher verrückter linker Terroristen.<br />
Glaubst du, dir hilft ein Polizist? So ein blasser<br />
grüner Knabe. Da fühl ich mich viel wohler<br />
wenn ich meine Pumpgun habe.“<br />
<strong>Land</strong>ser, Schala-lala-li (1995)<br />
„Auf den Straßen bist du auf dich Allein gestellt,<br />
Moral und Gesetz zählen hier nicht.<br />
Der Staat ist hilflos, die <strong>Polizei</strong> viel zu lasch.<br />
Das Gesetz zu wahren ist unsere Pflicht.“<br />
Freikorps, Ruf der Wölfe (1992)<br />
REchtsExtREmE musiktExtE<br />
17
1.4. Spott- oder Hasslieder gegen einzelne <strong>Polizei</strong>beamte<br />
In einigen Liedern werden einzelne fiktive<br />
oder real existierende <strong>Polizei</strong>beamte<br />
besungen. So wird z. B. der langjährige<br />
Einsatzleiter und Berliner <strong>Polizei</strong>direktor<br />
Professor Michael Knape (siehe auch<br />
S. 25f) mit einem Spottlied bedacht:<br />
„Telefonintro: Telefonklingeln: Knape? Herr<br />
Professor… Ich bin es wieder. Die Stimme!<br />
Haben Sie schon das Lied gehört?<br />
Guck mal da, was kommt denn da,<br />
mit Blaulicht und Sirene?<br />
Der Nazijäger Nr. 1,<br />
Alptraum der rechten Szene<br />
Refrain: Professor Knape, Großer Held<br />
Er ist der klügste Polizist der Welt<br />
Professor Knape – der schläft nie<br />
Das Genie der Strategie! (uhhh!)<br />
Die Jungs vom Scotland Yard,<br />
sind Waisenknaben gegen ihn<br />
Er ist der Schrecken der Unterwelt<br />
Der Sherlock Holmes von Groß-Berlin“<br />
Berlin Allstars, Loblied auf<br />
<strong>Polizei</strong>direktor Knape (2004)<br />
Das folgende Hasslied der Musikformation<br />
Gigi & Die braunen Stadtmusikanten<br />
beschäftigt sich mit der Messerattacke<br />
auf den Passauer <strong>Polizei</strong>direktor Alois<br />
Mannichl (siehe auch S. 24):<br />
„‚Knusper, Knusper, Knäuschen …<br />
… wer knuspert an Mannichls Häuschen?‘<br />
Mannichl geht’s nicht gut,<br />
Mannichl geht’s nicht gut,<br />
man hat ihn angestochen<br />
und dabei verlor er Blut.<br />
Wer hat das nur gemacht?<br />
Auf wen fällt der Verdacht?<br />
Böse Neonazis hat Mannichl sich gedacht.<br />
Das war ein Lebkuchenmesserterrorist,<br />
ach lieber Michl<br />
glaubst du wirklich diesen Mist?<br />
Lebt denn der alte Mannichl noch,<br />
Mannichl noch, Mannichl noch?<br />
Lebt denn der alte Mannichl noch,<br />
Mannichl noch?<br />
Ja, er lebt noch, er lebt noch, er lebt noch.<br />
Ja, er lebt noch, er lebt noch<br />
und glaubt an den Mist.<br />
Die Skins warn tätowiert,<br />
schon war man alarmiert,<br />
die größten Idioten<br />
haben sofort demonstriert.<br />
Doch Mannichl hat’s schwer,<br />
ihm glaubt nun keiner mehr,<br />
er ist der Märchenonkel<br />
deshalb lieben wir ihn sehr.<br />
Ist diese Tat denn wirklich so geschehn?<br />
Oder hast du’s beim <strong>Polizei</strong>kasper gesehn?<br />
Hetzt denn der alte Mannichl noch,<br />
Mannichl noch, Mannichl noch?<br />
Hetzt denn der Mannichl noch,<br />
Mannichl noch?<br />
Ja, er hetzt noch, er hetzt noch, er hetzt noch.<br />
Ja, er hetzt noch, er hetzt wie gedruckt.<br />
18 REchtsExtREmE musiktExtE
Mannichl geht’s nicht gut,<br />
Mannichl geht’s nicht gut,<br />
man hat ihn angestochen<br />
und dabei verlor er Blut.<br />
Wer hat das nur gemacht?<br />
Auf wen fällt der Verdacht?<br />
Böse Neonazis hat Mannichl sich gedacht.<br />
Oh, was erzählt Mannichlchen da nur,<br />
das war wohl nichts<br />
mit einer ersten heißen Spur!<br />
Lebkuchenmessernaziterrorist –<br />
Naziterrorist – Naziterrorist.<br />
Lebkuchenmessernaziterrorist –<br />
Wer glaubt den Mist?<br />
„Mmhh, das schmeckt süß.<br />
Es ist brauner Lebkuchen, mmhh.”<br />
Gigi & Die braunen Stadtmusikanten,<br />
Lebt denn der alte Mannichl noch? (2009)<br />
REchtsExtREmE musiktExtE<br />
19
2. <strong>Polizei</strong> auf rechtsextremen Websites 25<br />
In jüngster Zeit spielt das Internet als<br />
Kommunikationsort und Mobilisierungsmedium<br />
eine immer wichtigere Rolle. 26<br />
RechtsRock und entsprechende Internetangebote<br />
offerieren eine regelrechte<br />
neonazistische „Erlebniswelt“. 27<br />
Der Themenkomplex <strong>Polizei</strong> zählt zu<br />
den zentralen inhaltlichen Schwerpunkten<br />
rechtsextremer Websites. Es findet<br />
eine umfangreiche Medienauswertung<br />
zu allen Aspekten „rund um die <strong>Polizei</strong>“<br />
statt. Die inhaltliche Bandbreite ist praktisch<br />
grenzenlos: Berichtet wird über<br />
Ausländerkriminalität, die Fahndung<br />
nach „Kinderschändern“, Maßnahmen<br />
der Telefon- und Internetüberwachung,<br />
die Kontrolle der Winterreifenpflicht, die<br />
Einführung von „Safety Bras“ bei der<br />
deutschen <strong>Polizei</strong> etc. Zurückgegriffen<br />
wird oft auf überregionale Tageszeitungen,<br />
Regionalblätter, Internetdienste<br />
sowie auf Fernsehberichte (z. B. SPIE-<br />
GEL-TV). Die tagesaktuellen Beiträge<br />
werden verlinkt, zitiert, oft auch vollständig<br />
übernommen. Im Anschluss<br />
daran können die Beiträge über die<br />
Kommentarfunktion diskutiert werden.<br />
2.1. Grundsatzdebatten<br />
Die Zahl der Beiträge, in denen das Verhältnis<br />
zur <strong>Polizei</strong> in einer grundsätzlichen<br />
Weise thematisiert wird, hält sich<br />
in Grenzen. Eine der wenigen umfangreichen<br />
Grundsatzdiskussionen findet<br />
sich im deutschsprachigen Thiazi-Forum<br />
unter dem Titel „Eure Einstellung<br />
gegenüber der <strong>Polizei</strong>“. Einige Zitate<br />
aus der Diskussion:<br />
„Fest steht aber auch wenn der Tag X kommen<br />
sollte muß auch bei der <strong>Polizei</strong> mit dem<br />
großen Besen duchgefegt werden.“<br />
„Und ja, wir brauchen eine Exekutive, deswegen<br />
sehe ich keinen Grund, Bullen abzuschaffen<br />
wie es einige Anarcho-Nationale (?)<br />
hier wohl gerne hätten. […] Wir sind hier<br />
nicht in einem Kasperletheater! […] ACAB!<br />
Schafft die Bullen ab! Na, dann schauen wir<br />
mal, wie es sich in einer Anarchie so lebt!<br />
Dann könnt ihr euch ja zu den Punks in der<br />
Karlsruher Innenstaft gesellen. Die schreien<br />
auch immer ‚Bullen sind scheisse‘.“<br />
„Nur ein neu erstarkter nationalsozialistischer<br />
Staat in Deutschland kann die <strong>Polizei</strong><br />
wieder zu dem machen, was sie einst war,<br />
was sie sein sollte. Zum Freund und Helfer.“<br />
20
Zusammenfassend lässt sich feststellen,<br />
dass viele User in diesem Thread<br />
polizeistaatliche Vorstellungen vertreten,<br />
die mit demokratischen und rechtsstaatlichen<br />
Prinzipien nicht in Einklang<br />
zu bringen sind. In einem Teil der Beiträge<br />
wird offen gefordert, man solle sich<br />
am historischen Vorbild der nationalsozialistischen<br />
<strong>Polizei</strong> orientieren. Derartige<br />
„Argumente“ finden sich z. B. auch<br />
in der Thiazi-Diskussion „Bremer <strong>Polizei</strong><br />
warnt vor Triebtäter – statt diesen aus<br />
dem Verkehr zu ziehen“:<br />
„die untätigkeit der polizei in den ‚goldenen<br />
zwanziger jahren‘ gegen verbrecher aller art<br />
wurde immer wieder damit erklärt (wie auch<br />
heute) das man verbrechen nie ausmerzen<br />
könne. das wurde aber ab 1933 durch eine<br />
wahrhafte vokspolizei, glänzend wiederlegt.<br />
das berliner scheunenviertel bevorzugtes<br />
rückzugsgebiet von judengauern und gelumpe<br />
aller herrenländer ,wurde eines tages<br />
durch berliner schupos hermetisch abgriegelt<br />
und wohnung für wohnung durchsucht,<br />
nach geheimgängen und verstecken ausschau<br />
gehalten.<br />
alles was an unsicheren kandidaten aufgeriffen<br />
wurde, sofern es deutsche waren, 3<br />
monate zur sommerfrische nach oranienburg<br />
oder dachau entsendet. danach war ruhe und<br />
ordnung bis 45‘.“<br />
„Damals gab es auch Leute wie Heydrich. Die<br />
würden sowas nicht durchgehen lassen –<br />
und das Volk wusste das auch.“<br />
In anderen rechtsextremen Website-<br />
Kommentaren werden staatsfeindlich-individualistische<br />
Haltungen<br />
vertreten. So heißt es z. B. in einem<br />
Altermedia-Kommentar:<br />
„Persönlich bin ich der Meinung, dass die<br />
<strong>Polizei</strong> abgeschafft gehört. Ich wurde z. B.<br />
noch nie in meinem Leben ausgeraubt. Außerdem<br />
sollte man den Erwerb von Schusswaffen<br />
vollkommen freigeben, damit jeder<br />
in Sicherheit leben kann. Wenn mich dann<br />
jemand schlägt oder belästigt schieß ich ihm<br />
einfach ne Kugel ins Gesicht, wozu braucht<br />
man dann noch ne <strong>Polizei</strong>.“<br />
Derartige Tendenzen finden sich gelegentlich<br />
auch bei der NPD. Hier zwei<br />
Zitate aus der Online-Ausgabe der Parteizeitung<br />
„Deutsche Stimme“:<br />
„In Zeiten, in denen die Bevölkerung schutzlos<br />
kriminellen Zuwanderern preisgegeben<br />
wird, muß die Bevölkerung sich wieder selbst<br />
schützen lernen.“<br />
„Privater Schußwaffenbesitz erhöht die innere<br />
Sicherheit.“<br />
REchtsExtREmE WEbsitEs<br />
21
2.2. Die <strong>Polizei</strong> als Freund<br />
Die <strong>Polizei</strong> wird im rechtsextremen<br />
Internet keineswegs ausschließlich<br />
negativ gesehen. In vielen Beiträgen<br />
werden neutrale Begriffe (<strong>Polizei</strong>, Polizist,<br />
Staatsschutz etc.) verwendet. In<br />
manchen Negativbezeichnungen (z. B.<br />
„Schergen der Demokraten“, „Marionette<br />
des Apparats“, „brd-Büttel“) wird<br />
zudem primär die angebliche Funktion<br />
des Polizisten angegriffen, weniger die<br />
Person. Im Vergleich zu anderen Gruppen<br />
(Ausländer, Juden, Schwule, Kriminelle<br />
etc.) kommen Polizisten jedenfalls<br />
„noch gut weg“.<br />
Die <strong>Polizei</strong> spielt im rechtsextremen<br />
Denken eine wichtige Rolle. Sie ist als<br />
Organ unverzichtbar zum „Aufräumen“<br />
und zur Schaffung einer nationalsozialistischen<br />
Ordnung. Man schätzt die<br />
hierarchischen Strukturen, die Uniformierung<br />
und die Problemlösung durch<br />
Gewalt. So schreibt ein User im Skadi<br />
Forum:<br />
„If some crack head hanging in the middle<br />
of the street or some crook gets their head<br />
bashed in with a night stick, who am I to have<br />
something against it.”<br />
Im Senftenberger Blog (SFB Infos) heißt<br />
es in einem Kommentar:<br />
„Die <strong>Polizei</strong> ist nicht unser Feind und wir<br />
kämpfen auch nicht gegen sie, sondern für<br />
das Überleben und eine Zukunft unseres<br />
Volkes.“<br />
Die Argumentation auf vielen rechtsextremen<br />
Websites ist oftmals durchaus<br />
„polizeifreundlich“. Man zeigt Verständnis<br />
für schlechte Arbeitsbedingungen<br />
und mäßige Bezahlung. „Jeder gut ausgebildete<br />
Dachdecker verdient mehr“,<br />
meint ein User im Thiazi Forum.<br />
Einsparungen im <strong>Polizei</strong>bereich (wie<br />
z. B. die geplante Schließung von <strong>Polizei</strong>wachen<br />
in <strong>Brandenburg</strong>) werden<br />
kritisiert. Zu erwähnen sind in diesem<br />
Kontext insbesondere die zahlreichen<br />
Erklärungen der NPD.<br />
„NPD unterstützt Volksinitiative der <strong>Polizei</strong>“<br />
[zur <strong>Polizei</strong>reform <strong>Brandenburg</strong>, mit Link zur<br />
Unterschriftensammlung der GdP].<br />
„NPD-NRW solidarisiert sich mit Duisburger<br />
<strong>Polizei</strong>“ [gegen Vorwürfe einer Bundestagsabgeordneten<br />
der Linken]<br />
„NPD unterstützt <strong>Polizei</strong>gewerkschaft: Thierse<br />
muß weg!“<br />
Nicht selten wird behauptet, es gebe<br />
auch innerhalb der <strong>Polizei</strong> Sympathien<br />
für rechtsextremes Gedankengut. Die<br />
folgenden drei Zitate stammen aus dem<br />
Thiazi-Forum:<br />
„Die sind manchmal schon recht freundlich<br />
und erzählen sogar mit uns übers Wetter usw.<br />
Und dann im stillen und kleinen hört man<br />
auch mal: Eigentlich finde ich es ja gar nicht<br />
schlecht, was ihr macht.“<br />
22 REchtsExtREmE WEbsitEs
„Als wir am Gedenkstein nach einer eindrucksvollen<br />
Gedenkrede für die Opfer unsere<br />
Kränze ablegten und in einer Schweigeminute<br />
verharrten, nahmen viele der anwesenden<br />
Polizisten Haltung an und Helm ab. Diese<br />
Geste hat viele von uns beeindruckt.“<br />
„Hab auch schon am ende einer demo mitbekommen<br />
wo wir die nationalhymne gesungen<br />
haben das ein bulle mitgesungen hat… (alle<br />
bullen saßen mehr oder weniger, ausser der<br />
eine…) Doch leider sind ganz wenige polizisten<br />
gute polizisten.“<br />
Interessant ist in diesem Kontext die<br />
sehr umfangreiche Diskussion „‘Antisemitismus-Skandal‘<br />
an <strong>Polizei</strong>schule“ auf<br />
Thiazi. Dort meldet sich ein angeblicher<br />
<strong>Polizei</strong>schüler („Freund der Sonne“) zu<br />
Wort, der sich u. a. über seine Berufswahlmotive<br />
äußert:<br />
„… kann man so aktiv mithelfen die Straßen<br />
von ‚Schmutz‘ und ‚Ungeziefer‘ zu säubern.<br />
Und ich wollte schon immer mal schießen um<br />
ehrlich zu sein.“<br />
Ein angeblich früherer Angehöriger des<br />
Bundesgrenzschutz (BGS) behauptet:<br />
„Eingestellt wurde ich übrigens aufgrund meiner<br />
Nationalsozialistischen Einstellung …“<br />
Der User „Robert“ will (offenbar vom<br />
Hörensagen) wissen, dass in einer <strong>Polizei</strong>schule<br />
im Rahmen der Staatsbürgerkunde<br />
das Horst-Wessel-Lied gespielt<br />
wurde:<br />
„Als die Musik einsetzte, stand die gesamte<br />
Klasse auf, reckte den rechten Arm nach oben<br />
und sang das jeweilige Lied mit Es gab keine<br />
Probleme mit dem Text. Es erübrigt sich, die<br />
Reaktion des Lehrers zu beschreiben, der mit<br />
hochrotem Kopf zwar Fraktur redete, aber es<br />
blieb dabei belassen. Ab diesem Zeitpunkt<br />
hörte man keine Platten mehr.“<br />
2.3. Die <strong>Polizei</strong> als Feind<br />
Andererseits sind sich die rechtsextremen<br />
Internetaktivisten natürlich darüber<br />
im Klaren, dass die <strong>Polizei</strong> dem System<br />
dient, das die extreme Rechte bekämpfen<br />
und abschaffen will. So heißt es im<br />
Skadi Forum:<br />
„As part of the system, which we reject and<br />
fight against in it’s entirety, they’re part of the<br />
problem; and become enemies like the rest<br />
of the system they chose to work for.”<br />
Doch Polizisten werden nicht nur gehasst,<br />
weil sie dem System dienen, sondern<br />
auch weil man annimmt, dass sie<br />
im Zweifel jedem System dienen würden.<br />
(Letzteres erscheint manchem noch<br />
schlimmer.) Ein Skadi-User sieht es so:<br />
REchtsExtREmE WEbsitEs<br />
23
Auf der Internetseite des „Nationalen<br />
Widerstands Berlin“ heißt es:<br />
A.C.A.B.-Button<br />
aus dem rechtsextremen Onlinehandel<br />
„The police, I don’t trust them or like them…<br />
the fuckers would sell their grandmothers for<br />
a pension and they have done more harm to<br />
the far right in the UK than anyone.”<br />
Die <strong>Polizei</strong> wird in umfassender Weise<br />
beobachtet. Quantitativ steht die<br />
Demonstrationsberichterstattung im<br />
Vordergrund. <strong>Polizei</strong>liche Aktivitäten<br />
werden in eigenen Texten ausführlich<br />
beschrieben, kritisiert und oft auch fotografisch<br />
dokumentiert. Auch strategische<br />
und taktische Überlegungen zum<br />
Verhalten bei zukünftigen Aktionen sind<br />
in manchen Internetforen nachzulesen.<br />
„Einige Wochen vor der Maidemonstration<br />
in Berlin wurde ein bisher noch zu stark<br />
vernachlässigtes Thema aufgegriffen: Wie<br />
verhalte ich mich im Rahmen von Demonstrationen,<br />
bei Übergriffen durch Linke oder<br />
Polizisten. Um auf diesen Fall besser vorbereitet<br />
zu sein, wurde dies von ca. 50 Nationalen<br />
Sozialisten geübt. So wurde nun im Raum<br />
Berlin ein ruhiges Waldstück ausgewählt und<br />
der ‚Sportplatz‘ in Beschlag genommen.“<br />
Allzu heftige Kritik an der <strong>Polizei</strong> ist bei<br />
manchen Usern allerdings unbeliebt.<br />
Dazu ein Zitat aus dem Thiazi Forum:<br />
„Würde es heutzutage eine <strong>Polizei</strong> unter<br />
NS-Führung geben, würden einige jammernde<br />
vermeintliche Nationalsozialisten den<br />
Knüppel noch härter spüren, als sie es unter<br />
‚BRD-Mandat‘ gewohnt sind. Viele würden<br />
sicherlich schneller in Arbeitslagern verschwinden,<br />
als sie ‚Adolf‘ sagen könnten…“<br />
2.4. Demonstrationsberichterstattung<br />
Im Mittelpunkt steht die Kritik an vermeintlicher<br />
„<strong>Polizei</strong>willkür“: Der <strong>Polizei</strong>einsatz<br />
sei „völlig überzogen“ 28<br />
gewesen, es habe „Schikanen“ gegeben<br />
und die <strong>Polizei</strong> habe „provoziert“.<br />
Oft wird behauptet, die <strong>Polizei</strong> bevorzuge<br />
oder schütze linke Demonstranten<br />
und kooperiere mit diesen. Aus einem<br />
Demonstrationsbericht im „Nationalen<br />
Informationsportal Teltow-Fläming“:<br />
„Die <strong>Polizei</strong> ließ sich […] jede Menge Zeit die<br />
Blockierer wegzuräumen und fasste diese<br />
regelrecht mit Samthandschuhen an. […]<br />
Die <strong>Polizei</strong> war allerdings recht schnell dabei<br />
die kleine Pause zu nutzen um ein halbes<br />
24 REchtsExtREmE WEbsitEs
dutzend Nationaler Widerstandskämpfer aus<br />
fadenscheinigen Gründen festzunehmen.“<br />
Weitere beliebte Argumentationsmuster:<br />
Die <strong>Polizei</strong> sei „unfähig“. Man habe<br />
die <strong>Polizei</strong> an der Nase herumgeführt. 29<br />
Beliebt sind amüsante Anekdoten<br />
über polizeiliche Maßnahmen. 30 Berichtet<br />
wird jedoch auch über Begegnungen<br />
mit „freundlichen“ Polizisten<br />
und über gelegentliche Erfolge in der<br />
„Zusammenarbeit“.<br />
„Schönes Wetter und relativ freundlich gesinnte<br />
Polizisten erwarteten uns […]“ (Nationales<br />
Informationsportal Teltow-Fläming).<br />
„[…] die Kinder durften sich derweil im<br />
‚großen <strong>Polizei</strong>auto‘ vergnügen und einmal<br />
die ‚Kelle‘ schwingen […]“ (Freie Kräfte<br />
Neuruppin/Osthavelland).<br />
„Nur durch die gestochen scharfen Fotos der<br />
‚Anti – Antifa‘ war es der <strong>Polizei</strong> möglich, den<br />
Flaschenwerfer zu verhaften“ (Nationales Informationsportal<br />
Teltow-Fläming).<br />
Zur Koordination von Demonstrationen<br />
(z. B. Dresden 2011) wird auch auf die<br />
Kommunikationsplattform Twitter zurückgegriffen<br />
(Vorab-Berichterstattung<br />
über Gerichtsurteile, Mitteilung von<br />
Infonummern, Hinweise zur Anreise,<br />
„Echtzeitberichterstattung“ vom<br />
Demonstrationsgeschehen, Nachbereitung<br />
usw.). Häufig wird dabei von<br />
Verlinkungen Gebrauch gemacht (Berichte,<br />
Blogs, Videos u. ä.).<br />
2.5. Engagierte <strong>Polizei</strong>beamte im Visier<br />
Das <strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong> wird in der rechtsextremen<br />
Szene nicht nur abstrakt propagiert.<br />
Vertreter der <strong>Polizei</strong> werden im<br />
Internet auch namentlich genannt und<br />
„ins Visier“ genommen. Die Bandbreite<br />
der Internetaktivitäten ist dabei groß:<br />
– Veröffentlichung biographischer Informationen<br />
– Kontinuierliche Berichterstattung/<br />
Kommentare zu beruflichen Aktivitäten<br />
– Aktionen und Kampagnen<br />
– Strafrechtlich relevante Beiträge<br />
(persönliche Beleidigungen, Aufruf<br />
zu Gewalttaten, Benennung des<br />
Wohnorts u. ä.)<br />
REchtsExtREmE WEbsitEs<br />
25
Alois Mannichl 31<br />
In einem sehr großen Teil der gesichteten<br />
Internetbeiträge wird auf den bis<br />
heute nicht aufgeklärten Anschlag auf<br />
Alois Mannichl Bezug genommen. 32<br />
Dies geschieht in vielen Texten und grafischen<br />
Abbildungen durch Anspielungen<br />
auf die Tatwaffe, die in den Medien<br />
fälschlicherweise als Lebkuchenmesser<br />
bezeichnet wurde. 33<br />
http://www.pi-news.net/<br />
www.kompakt-nachrichten.de<br />
26 REchtsExtREmE WEbsitEs
Michael Knape<br />
Neben Alois Mannichl steht seit Jahren<br />
vor allem der engagierte Berliner<br />
<strong>Polizei</strong>direktor Prof. Michael Knape im<br />
Fokus der rechtsextremen Szene. 34 Die<br />
Diskussionen zu Knape in den rechtsextremen<br />
Foren (insbesondere Thiazi)<br />
sind schon aufgrund ihrer Quantität<br />
kaum überschaubar.<br />
„Auf jeden Fall gehe ich zu jeder Veranstaltung,<br />
Feier, Party, etc., auf auch Herr <strong>Polizei</strong>direktor<br />
Knape auftauchen könnte…“<br />
(„Lunikoff“)<br />
Polemisch kommentiert wird Knapes<br />
Tätigkeit immer wieder vom rechtsextremistischen<br />
„Bewegungsunternehmer“<br />
35 Christian Worch.<br />
„Gegen das Tragen von Sonnenbrillen und<br />
Baseballkappen gäbe es keine Einwände.<br />
(Danke, Herr Professor! – Sie lesen die selben<br />
Gerichtsbeschlüsse wie ich, denke ich. –<br />
Oder, richtiger, Sie lesen Gerichtsbeschlüsse,<br />
die ich erwirke…)“<br />
Auch die NPD meldet sich zu Wort:<br />
„Wenn einer der Betroffenen weniger bequem<br />
wäre und einen erfahrenen Rechtsanwalt<br />
aufsucht, dann könnte Herrn Knape und<br />
seinen Polizisten von Verwaltungsrichtern<br />
sehr gute Nachhilfe in Sachen Rechtsstaat<br />
erteilt werden. Das Versammlungsrecht kann<br />
nämlich nicht von der politischen Großwetterlage<br />
abhängig gemacht werden, Herr Knape!“<br />
(Frank Schwerdt)<br />
Vergleichsweise sachlich fällt der Bericht<br />
eines Thiazi-Autors über die Teilnahme<br />
Knapes an einer Tagung der<br />
Ebert-Stiftung aus. Der Tonfall der<br />
meisten Beiträge ist aber äußerst aggressiv<br />
und überschreitet u. E. manchmal<br />
die Grenze zur strafrechtlichen<br />
Relevanz. Dazu drei Beispiele aus anderen<br />
Internetforen:<br />
„Ich habe vor jedem braunen Hetzer der<br />
sich nicht unterdrücken lässt und für seine<br />
Überzeugung notfalls in den Knast geht mehr<br />
‚Achtung‘ als vor solchem Menschenmüll wie<br />
dem Michael Knape. Er ist Direktionsleiter<br />
der <strong>Polizei</strong>direktion 6 in Berlin, und sein Lebensziel<br />
scheint er im ‚erlegen‘ von Neonazis<br />
zu sehen. So ein richtig kleiner Hitler, nur das<br />
andere Extrem. Ich würde mich öffentlich im<br />
Internet freuen wenn jemand diesen üblen Faschisten<br />
von dieser Erde tilgt. Info: Er wohnt in<br />
Berlin Heiligensee! Wenn ich auf die Schnelle<br />
noch dessen Adresse gefunden hätte, hätte<br />
ich sie auch angegeben. Dafür gibt es dann<br />
von mir noch eine mediale Belohnung.“<br />
„Diesem Kasper wünsche ich von ganzen<br />
Herzen, dass er nachts mal von diesen Menschen<br />
anderer Hautfarbe so sehr zum Krüppel<br />
geschlagen wird, dass er zwar seinen Job<br />
nie mehr ausführen kann, sich dafür aber immer<br />
noch daran erinnern kann, was für eine<br />
schädlichen Unsinn er einst verzapfte.“<br />
„Also, wenn der Herr Knape ein ehemaliger<br />
Vopo ist, dann ist es auch nicht verwunderlich,<br />
daß er vergaß, sein Lebkuchenmesser<br />
REchtsExtREmE WEbsitEs<br />
27
ereit zu legen. Vopos, waren schon immer<br />
geistiger Müll! Er sollte mal bei Herrn Mannichl<br />
nachfragen, wie das geht mit Anti-<br />
Rechts. Ein wenig stecheln und dann Karriere<br />
machen! Das hat ein blöder Ossi eben nicht<br />
drauf“<br />
http://www.streetwear-tostedt.de/bilder/artikel/TSFestgefestigt.jpg<br />
Bernd Merbitz<br />
Ein weiterer Polizist im Blickfeld der extremen<br />
Rechten ist der langjährige <strong>Land</strong>espolizeipräsident<br />
von Sachsen und<br />
jetzige Leipziger <strong>Polizei</strong>präsident, Bernd<br />
Merbitz, dem das rechtsextreme Online-<br />
Lexikon Metapedia sogar einen eigenen<br />
Artikel widmet. Bernd Merbitz hat sich<br />
über Sachsen hinaus mit seinem Engagement<br />
gegen Rechtsextremismus einen<br />
Namen gemacht und dafür u. a. 2009<br />
den Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats<br />
der Juden in Deutschland erhalten.<br />
Die Beiträge zu Merbitz stammen zum<br />
Teil aus den Reihen der „freien Kräfte“ in<br />
Sachsen, aber häufig auch aus verschiedenen<br />
Untergliederungen und der <strong>Land</strong>tagsfraktion<br />
der sächsischen NPD. Doch<br />
auch in den überregionalen Webangeboten<br />
(Altermedia, Thiazi, Rocknord,<br />
aber auch: Junge Freiheit und Blaulicht-<br />
Blog) wird auf Merbitz eingegangen.<br />
Auffallend ist die hohe Redundanz: Die<br />
Beiträge tauchen häufig in mehreren<br />
Foren bzw. Blogs auf. Die Quellenbasis<br />
für die biographischen Aussagen ist<br />
überaus schmal (im Wesentlichen: ein<br />
1990 in der Süddeutschen Zeitung erschienener<br />
Artikel über Merbitz) und die<br />
wenigen „Argumente“ wiederholen sich<br />
(z. B. immer wieder der Hinweis auf die<br />
Verleihung des Paul-Spiegel-Preises an<br />
Merbitz).<br />
In fast allen Beiträgen wird auf die<br />
DDR-Biographie von Merbitz Bezug<br />
28 REchtsExtREmE WEbsitEs
genommen. Zwei Beispiele: Altermedia<br />
berichtete über eine Aktion rechtsextremer<br />
Aktivisten im Kreistag des<br />
Muldentalkreises, wo Merbitz der CDU-<br />
Fraktion vorsaß. Hier wurde ein Transparent<br />
mit folgender Aufschrift entrollt:<br />
„AUF NIMMER-WIEDERSEHEN<br />
GENOSSE VOPO-MAJOR“. Die NPD-<br />
Fraktion im Sächsischen <strong>Land</strong>tag beantragte<br />
die Missbilligung der Ernennung<br />
zum <strong>Land</strong>espolizeipräsidenten am „Tag<br />
der Deutschen Volkspolizei“.<br />
Kommentare zu einem Beitrag über Merbitz<br />
im Internetportal „Gesamtrechts“:<br />
„Es waren ja auch massig ehemalige NS-<br />
DAP-Mitglieder nach dem Krieg wieder politisch<br />
aktiv. Kiesinger lässt grüßen.“<br />
„Und wann wird Herr Merbitz endlich geohrfeigt?<br />
;)“<br />
„Typisch Judenrepublik: Ein schwerkrimineller<br />
EX-SEDler wird <strong>Polizei</strong>präsident.“<br />
Der Tonfall ist in vielen Kommentaren<br />
äußerst aggressiv. Auf Altermedia heißt<br />
es z. B.:<br />
„Es wäre angebracht, von diesem VOPO-<br />
Schwein Faxnummer oder Mailadresse ins<br />
Internet zu stellen. Ansonsten hat man keine<br />
Chance, bei dieser wendehalsigen Kommunistensau<br />
die Anzahl der geglückten Abschüsse<br />
an der innerdeutschen Mauer abzufragen.“<br />
„@Merbitz deine Weide steht schon“.<br />
Im RockNORD-Forum schreibt ein User:<br />
„Gib mir ein G … und bring mich 100 meter<br />
an ihn ran und die Diskussion ist beendet“<br />
Jörn Preuß<br />
Ein weiteres Beispiel ist der ehemalige<br />
Leiter des <strong>Polizei</strong>schutzbereichs Dahme-Spreewald<br />
Jörn Preuß. In mehreren<br />
Beiträgen wird Preuß‘ berufliche Vergangenheit<br />
bei der Volkspolizei erwähnt. In<br />
einem Beitrag auf spreelichter.info wird<br />
Preuß folgendermaßen zitiert:<br />
„Die Spreelichter wissen, dass wir an ihnen<br />
dran sind und sie auch durch den Verfassungsschutz<br />
beobachtet werden. […] Wir sind […]<br />
mit deren Arbeitgebern sowie Ausbildungsbetrieben<br />
und Hochschulen im Gespräch.“<br />
Der Spreelichter-Autor kommentiert<br />
dies folgendermaßen:<br />
„Spätestens hier riecht alles nach Zuständen,<br />
wie man sie aus der Zeit vor 1989 kennt:<br />
Eine Systempresse, die im Schulterschluss<br />
mit den Repressionsorganen des Staates<br />
Druck ausübt, hetzt und Kriminalität herbeiredet.<br />
Der 48-jährige Preuß mag dies noch<br />
aus Zeiten des Beginns seiner Laufbahn bei<br />
der Volkspolizei im Jahre 1980 kennen, als er<br />
die Offiziersschule der Bereitschaftspolizei in<br />
Dresden besuchte.“<br />
REchtsExtREmE WEbsitEs<br />
29
2.6. Fotos von Polizisten<br />
„Unterlassen Sie es sicherheitshalber,<br />
<strong>Polizei</strong>beamte zu fotografieren und<br />
deren Bilder zu veröffentlichen“, heißt<br />
es in einer Empfehlung des Deutschen<br />
Rechtsbüros. 36 Dieser Rat wird von<br />
vielen rechtsextremen Internetaktivisten<br />
nicht beachtet. Umfangreiches<br />
Fotomaterial findet sich beispielsweise<br />
beim „Nationalen Demonstrationsbeobachter“,<br />
im Senftenberger Blog, auf<br />
spreelichter.info sowie auf der Homepage<br />
der Freien Kräfte Königs Wusterhausen.<br />
Überwiegend soll mit den<br />
Fotos das Verhalten der <strong>Polizei</strong> dokumentiert<br />
werden; insofern ergänzen<br />
bzw. illustrieren sie die Texte. Fotografiert<br />
wird manchmal vorsichtig aus der<br />
Distanz (die Polizisten sind nur von hinten<br />
oder verschwommen abgebildet).<br />
Auf anderen Fotos sind die Gesichter<br />
der <strong>Polizei</strong>beamten hingegen deutlich<br />
zu erkennen.<br />
Fotos von Polizisten werden im Übrigen<br />
nicht nur im Kontext der Demonstrationsberichterstattung<br />
herangezogen.<br />
Auffällig ist, dass oft auch Textbeiträge<br />
mit Polizistenfotos versehen sind, in<br />
denen die <strong>Polizei</strong> gar keine Rolle spielt.<br />
Derartiges findet sich z. B. auf der Website<br />
spreelichter.info. Es handelt sich<br />
hier um eine der wenigen rechtsextremen<br />
Internetseiten, die ein durchdachtes<br />
gestalterisches Konzept erkennen<br />
lassen. Die weitgehend in Schwarz-<br />
Weiß gehaltenen Fotos weisen durchweg<br />
eine hohe handwerkliche Qualität<br />
auf und wären teilweise auch in nichtrechtsextremen<br />
Medien vorstellbar.<br />
30 REchtsExtREmE WEbsitEs
2.7. Rechtsextreme „verteidigen“ den Rechtsstaat<br />
„Unter Bezeichnungen wie ‚Rechtsextremisten‘,<br />
‚Rechtsradikale‘, ‚Neonazis‘, ‚Nazis‘,<br />
‚Faschisten‘ und ähnlichem findet ein kalter<br />
Bürgerkrieg gegen Bürgerrechtler, Dissidenten,<br />
Freiheitskämpfer und Oppositionelle<br />
statt.“<br />
Die <strong>Polizei</strong>kritik auf rechtsextremen Internetseiten<br />
ist nicht selten juristisch<br />
formuliert. Angeblich „rechtswidrige“<br />
Handlungen der <strong>Polizei</strong> werden oft aus<br />
einer scheinbar liberalen, bürgerrechtlichen<br />
Perspektive thematisiert. Zu den<br />
wichtigsten Kritikpunkten gehören:<br />
– die angebliche Verletzung von<br />
Grundrechten (Versammlungsfreiheit,<br />
freie Meinungsäußerung usw.)<br />
– der als „Gesinnungsparagraph“ bezeichnete<br />
§ 130 des Strafgesetzbuchs<br />
37<br />
– Vereinsverbote sowie die anhaltende<br />
Diskussion um ein NPD-Verbot<br />
– Vereinzelt wird auch ein Widerstandsrecht<br />
nach Art. 20 Abs. 4 des<br />
Grundgesetzes in die Diskussion<br />
gebracht. So meinte der NPD-Politiker<br />
Udo Pastörs im Februar 2010<br />
vor dem Hintergund eines durch<br />
Gegendemonstranten verhinderten<br />
rechtsextremen „Trauermarsches“ in<br />
Dresden:<br />
„Und ich habe großes Verständnis dafür, wenn<br />
jetzt in Kameradenkreisen darüber diskutiert<br />
wird, ob es nicht langsam an der Zeit sei, auf<br />
der Grundlage des Artikels 20, Absatz 4 des<br />
Grundgesetzes dem Unrechtssystem BRD<br />
aktiven Widerstand entgegenzusetzen. Es<br />
scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein,<br />
REchtsExtREmE WEbsitEs<br />
31
wann die <strong>Polizei</strong> das erste Mal auf friedliche,<br />
nationale Demonstranten schießen wird.“<br />
Bei manchen Blogkommentaren und<br />
Forenbeiträgen muss man aus sprachlichen<br />
und inhaltlichen Gründen vermuten,<br />
dass sie von Juristen verfasst sind.<br />
„Vor allem freut es mich aber, immer mehr<br />
Juristen in der Bewegung begrüßen zu dürfen.<br />
Nach dem tragischen Ableben Jürgen<br />
Riegers braucht es einige Nachrücker, um<br />
diese Lücke zu schließen!“ (Kommentar auf<br />
spreelichter.info)<br />
„Da kann ich ja froh sein, dass ich meine<br />
Scheine bei Ministerialdirigent Dr. Glauben<br />
gemacht habe und nicht bei dir“ (Kommentar<br />
im Thiazi Forum).<br />
Weit verbreitet sind juristische Ratgeber<br />
zu den unterschiedlichsten Themen,<br />
die oft – aber nicht ausschließlich –<br />
vom Deutschen Rechtsbüro verfasst<br />
wurden. 38<br />
Andererseits ist die Berufung auf den<br />
Rechtsstaat in der rechtsextremen<br />
Szene keineswegs unumstritten. So<br />
schreibt z. B. das Aktionsbüro Nordsachsen<br />
im Februar 2011 anlässlich<br />
gescheiterter rechtsextremer Demonstrationen<br />
in Dresden:<br />
„Die Nationale Bewegung braucht künftig<br />
völlig andere Konzepte und Methoden im<br />
Kampf gegen das System. Diese sollten aber<br />
auf keinen Fall darauf wurzeln, das Grundgesetz<br />
im Rücken zu haben.“<br />
2.8. DDR-Vergleiche<br />
Auf praktisch allen ausgewerteten Internetseiten<br />
wird die Bundesrepublik<br />
Deutschland gelegentlich mit der DDR<br />
verglichen. 39 Besonders beliebt ist der<br />
Stasi-Vergleich. Auf der Homepage der<br />
Rechtsrockband „Spreegeschwader“<br />
ist zu lesen:<br />
„Bereits 2002 versuchten LKA und Verfassungsschutz<br />
mit Hilfe eines Ausreiseverbotes,<br />
die Band ‚Spreegeschwader‘ daran zu<br />
hindern an einem Konzert in Ungarn teilzunehmen.<br />
Die Band spielte allerdings einige<br />
Wochen später rotzdem ein großartiges Konzert<br />
mit riesiger Stimmung in Ungarn! Was<br />
allerdings übel aufstieß, war die Tatsache,<br />
dass man einer legalen Band mit derartig<br />
‚DDR-lastigen‘ Methoden die Reisefreiheit<br />
einschränkt. Ob es auch noch den Schießbefehl<br />
gibt, sollte die Band unerlaubt die<br />
Staatsgrenze überschreiten ???“<br />
Im Senftenberger Blog heißt es:<br />
„Es ließ nicht allzu lange auf sich warten,<br />
und auch das neue System entpuppte sich<br />
als Überwachungs- und Unterdrückungsapparat,<br />
in dem nur derjenige liebsam ist, der<br />
32 REchtsExtREmE WEbsitEs
schweigend zusieht und sich nicht dagegen<br />
wehrt. Altes behielt Methode und wurde<br />
nochmals verfeinert. Jene Täter von einst<br />
erhielten erneut Einfluss, Macht und Positionen,<br />
die Verbrechen von einst wurden unter<br />
den Tisch gekehrt. Alles Unliebsame muss<br />
wieder verfolgt, unterdrückt, eingesperrt und<br />
mundtot gemacht werden. Ihre Fußtruppen<br />
stehen wieder bereit.“<br />
Besonders häufig wird der DDR-Vergleich<br />
auf den beiden südbrandenburgischen<br />
Websites spreelichter.info und<br />
Senftenberg Infos verwendet. Im Senftenberger<br />
Blog findet sich kaum ein<br />
polizeibezogener Beitrag ohne DDR-<br />
Vergleich. Thematisiert werden u. a.<br />
– personelle Kontinuitäten: z. B. MfS-<br />
Mitarbeiter im <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
<strong>Polizei</strong>dienst<br />
– angebliche methodische Kontinuitäten:<br />
z. B. „staatsfeindliche Hetze“<br />
gestern – §130 heute; Verbot von<br />
Blues-Messen gestern – Rechtsrockverbot<br />
heute; Telefonüberwachung<br />
gestern – Internetüberwachung heute<br />
Auf den beiden südbrandenburgischen<br />
Internetseiten wird die Geschichte von<br />
Opposition und Widerstand in der DDR<br />
aber auch eigenständig (d.h. ohne unmittelbaren<br />
Gegenwartsbezug) bearbeitet.<br />
In beiden Blogs finden sich immer wieder<br />
Zitate bzw. längere (nicht autorisierte)<br />
Textauszüge von Bürgerrechtlern, Künstlern<br />
und Wissenschaftlern (z. B. Jürgen<br />
Fuchs, Sibylle Schönemann, Christa<br />
Wolf, Hubertus Knabe). Mehrere Blogeinträge<br />
sind mit Szenenfotos aus dem Film<br />
„Das Leben der Anderen“ versehen.<br />
2.9. Die Freiheit des Internets<br />
„Mit der Befreiung der Information von der<br />
physischen Bindung an das Papier durch<br />
ihre Digitalisierung haben die traditionellen<br />
Kontrollmechanismen ein Ende gefunden.<br />
Das Meinungsmonopol der Herrschenden<br />
schwindet und jeder, der Zugang zu einem<br />
Rechner hat, kann sich heute nicht nur außerhalb<br />
der vorgeschriebenen ideologischen<br />
Grenzen informieren, sondern besitzt auch<br />
eine Stimme, die gehört werden kann. Das<br />
ist der Grund, warum wir so viel Energie für<br />
die Arbeit im Netz aufbringen und auch dafür,<br />
warum die Demokraten das Netz durch die<br />
Anwendung des Zugangserschwerungsgesetzes<br />
unter ihre Kontrolle bringen wollen“<br />
(spreelichter.info).<br />
Die Debatten über Internetbeschränkungen<br />
(Online-Durchsuchungen,<br />
Vorratsdatenspeicherung, Sperrung<br />
von Kinderpornographie usw.) werden<br />
auch in rechtsextremen Blogs und Foren<br />
aufmerksam verfolgt. Wiederum ist<br />
hier die Internetseite spreelichter.info<br />
REchtsExtREmE WEbsitEs<br />
33
zu erwähnen, auf der sehr kenntnisreiche<br />
Texte zu Internetthemen zu lesen<br />
sind. spreelichter.info vertritt dabei<br />
eine scheinbar liberale Position, 40 die<br />
sich auf den ersten Blick kaum von der<br />
Haltung anderer netzpolitischer Blogs<br />
unterscheidet. 41 Unter dem Titel „Vorsicht,<br />
Stasi hört mit!“ bekommt der ge-<br />
neigte Leser Empfehlungen zur Abwehr<br />
des „Bundestrojaners“ mit Hilfe von<br />
„Knoppix“ und „Truecript“. Unter der<br />
Überschrift „Transparente <strong>Polizei</strong>arbeit“<br />
amüsiert sich spreelichter.info über die<br />
versehentliche Veröffentlichung polizeiinterner<br />
Daten durch den Versand einer<br />
Word-Datei.<br />
2.10. <strong>Polizei</strong> und „Ausländer“<br />
Zahlreiche Beiträge thematisieren eine<br />
gegen die angebliche grassierende Ausländerkriminalität<br />
und gezielte Überfremdung<br />
wehr- und hilflose <strong>Polizei</strong>. Nach der<br />
Demonstrationsbeobachtung steht dieses<br />
Thema quantitativ an zweiter Stelle.<br />
42 Im Einzelnen werden insbesondere<br />
die folgenden Aspekte diskutiert:<br />
– „Ausländerkriminalität“ in Großstädten:<br />
<strong>Polizei</strong> schaue weg, traue sich<br />
nicht in Berliner Problemviertel. Auffallend<br />
häufig wird in diesem Kontext<br />
aus Stellungnahmen von Vertretern<br />
der GdP zitiert. Beliebt sind außerdem<br />
anonyme Zitate und Verweise<br />
auf angebliche Äußerungen von <strong>Polizei</strong>beamten.<br />
So schreibt ein User im<br />
Thiazi Forum: „‚80% der Straftaten<br />
hier in der Ecke sind von dem Asylheim<br />
ausgehend‘ sagte mir mal ein<br />
Polizist von hier hinter vorgehaltener<br />
Hand.“<br />
– Kritik an der Anwerbung „fremdrassiger“<br />
Polizisten, also der Einstellung<br />
von Beamtinnen und Beamten mit<br />
Migrationshintergrund: Diese bevorzugten<br />
angeblich ihre <strong>Land</strong>sleute,<br />
ließen sich besser im Kampf gegen<br />
Rechts und zur Unterdrückung der<br />
„deutschstämmigen“ Einwohner einsetzen.<br />
– Kriminalitätsstatistiken werden angeblich<br />
bereinigt, die Täterherkunft<br />
dürfe nicht benannt werden.<br />
„Da muss ich Mitleid mit den heutigen <strong>Polizei</strong>beamten<br />
haben. Noch vor 25 Jahren, als<br />
ich im Streifendienst stand, waren solche<br />
Dinge undenkbar. Warnschuss, wenn das<br />
nicht hilft, 9mm in die hohle Birne. Und kein<br />
Staatsanwalt wäre gegen den Polizisten vorgegangen.<br />
Jeden Tag eine solche Migratte<br />
hinweggepustet und der Abschaum wäre in<br />
einem Jahr außer <strong>Land</strong>es“ (Kommentar im<br />
Thiazi-Forum).<br />
„Tja, der Deutsche Polizist darf sich nicht<br />
gegen den rassisch minderwertigen Aggressor<br />
wehren. Vor 70 Jahren wäre so etwas<br />
noch völlig undenkbar gewesen. So will uns<br />
der Jude demütigen“ (Kommentar im Thiazi<br />
Forum)<br />
34 REchtsExtREmE WEbsitEs
2.11. <strong>Polizei</strong>nahe Foren<br />
Rechtsextreme Äußerungen finden sich<br />
auch in Internetforen, die angeblich<br />
oder tatsächlich von <strong>Polizei</strong>angehörigen<br />
organisiert werden. 43<br />
Das stark frequentierte Forum „Copzone“<br />
wird von Henning Oelschläger (Osterrönfeld)<br />
verantwortet, der selbst bei<br />
der Bundespolizei tätig sein soll. Trotz<br />
eindeutiger Kommentarregeln („Beleidigungen,<br />
sexuelle Anspielungen und<br />
sexistische oder rassistische Äußerungen<br />
sind untersagt.“) werden in den Forumsdiskussionen<br />
auch rechtsextreme<br />
bzw. rassistische Argumentationsmuster<br />
verwendet. Es gibt hierbei allerdings<br />
immer wieder auch User, die argumentativ<br />
deutlich dagegenhalten. So wird<br />
z. B. der Thread „Arabische Großfamilien,<br />
Staat kuscht vor kriminellen Clans“<br />
vom Moderator „Trooper“ mit folgenden<br />
Worten geschlossen:<br />
„Und das wars… jetzt reichts mir. Ich habe<br />
x-mal und immer wieder klargestellt, daß<br />
es in diesem Forum keine gesellschaftspolitische<br />
Debatte zum großen Gesamtthema<br />
Migration/Integration geben wird. Das Thema<br />
sprengt erstens den Rahmen der Copzone<br />
und führt zweitens unweigerlich dazu,<br />
daß Leute auf verschiedensten Seiten der<br />
Debatte ausfällig werden und häßliche Äußerungen<br />
aus dem extremistischen Lager<br />
von sich geben… und ich habe schlicht und<br />
einfach weder Zeit noch Lust dazu, so einen<br />
Thread 24/7 zu überwachen. Wenn ihr nicht<br />
willens und in der Lage seid, beim Thema zu<br />
bleiben, habt ihr es euch wieder mal selbst<br />
zuzuschreiben.“<br />
Der „Blaulicht-Blog“ soll nach Angaben<br />
der Betreiber „dazu dienen, daß <strong>Polizei</strong>-<br />
und Justizmitarbeiter sich zu ihrem<br />
Alltag äußern können“. Man sei „wertkonservativ“.<br />
Und wolle „zeigen, wo der<br />
Werteverfall in Deutschland direkte oder<br />
mittelbare Auswirkungen auf den <strong>Polizei</strong>alltag<br />
hat.“ Die Blogregeln enthalten<br />
Distanzierungen vom Antisemitismus<br />
sowie vom Links- und Rechtsextremismus.<br />
Häufig distanzieren sich die<br />
Autoren von der NPD. Das Impressum<br />
enthält neben einer Kontaktmailadresse<br />
lediglich den Hinweis auf eine „Koc<br />
Ofis Hizmetleri Holding“ in Ankara. Das<br />
mangelhafte Impressum wird (in Reaktion<br />
auf einen Userkommentar) wie folgt<br />
begründet:<br />
„Solange es Berufsdenunzianten gibt; Menschen<br />
aufgrund ihrer politischen Einstellung<br />
durch die Antifa und Linksradikale verleumdet<br />
und gesellschaftlich zerstört werden,<br />
werden Sie ein Impressum vergeblich<br />
suchen.“<br />
Auffallend ist die positive Bezugnahme<br />
auf die Wählervereinigung „Bürger<br />
in Wut“ sowie die Thematisierung von<br />
Ereignissen in der Hansestadt Bremen.<br />
Der Blaulicht-Blog enthält zahlreiche,<br />
teilweise durchaus sachlich formulierte<br />
Texte bzw. Diskussionen zu polizeipraktischen<br />
Themen (z. B. Schusswaffeneinsatz,<br />
Notwehrrecht, Pfefferspray,<br />
Gummigeschosse) sowie Demonstrationsberichte<br />
aus der Sicht von Polizisten.<br />
Wesentliches Thema ist jedoch die<br />
REchtsExtREmE WEbsitEs<br />
35
„Ausländerkriminalität“ (insbesondere:<br />
Kritik an „nicht integrationswilligen“<br />
Muslimen, Forderung nach Abschiebung<br />
krimineller Ausländer). Positiv<br />
zitiert bzw. verlinkt werden entsprechende<br />
islamkritische und islamfeindliche<br />
Autoren und Websites wie: Geert<br />
Wilders, Udo Ulfkotte, Tilo Sarrazin, Die<br />
Freiheit, Junge Freiheit, Kopp-Verlag,<br />
pi-news u. ä.<br />
Trotz der Blogregeln enthalten insbesondere<br />
die User- Kommentare oftmals<br />
rechtsextremes bzw. rassistisches Gedankengut.<br />
Auch mancher Beitrag lässt<br />
die formale Distanzierung vom Rechtsextremismus<br />
fragwürdig erscheinen<br />
(z. B. die Übernahme eines Interviews<br />
mit dem in Sachsen-Anhalt 2010 von<br />
der SPD zur NPD konvertierten Kommunalpolitiker<br />
Püschel).<br />
36 REchtsExtREmE WEbsitEs
3. Die <strong>Polizei</strong> in der Berichterstattung der NPD-<br />
Medien „Deutsche Stimme“ und „Zündstoff“<br />
Das Printmedium „Deutsche Stimme“<br />
ist seit 1976 das offizielle Parteiorgan<br />
der Nationaldemokratischen Partei<br />
Deutschlands (NPD). Seit dem Wiederaufstieg<br />
der NPD in den vergangenen<br />
beiden Jahrzehnten ist die Zeitung<br />
immer stärker professionalisiert und<br />
optisch modernisiert worden. Sie erscheint<br />
derzeit monatlich, herausgegeben<br />
vom Parteivorstand der NPD und<br />
wird verlegt im parteieigenen „Deutsche<br />
Stimme Verlag“ mit einer angeblichen<br />
Druckauflage von 25.000 Exemplaren.<br />
44 Laut der Analyse des Chemnitzer<br />
Politologen Florian Hartleb, der alle<br />
Ausgaben bis April 2007 durchgesehen<br />
hat, nimmt das NPD-Parteiorgan „mehr<br />
und mehr Züge eines rechtsextremistischen<br />
Theorieorgans an.“ 45 Für diese<br />
Untersuchung wurden ausgewählte<br />
Zeiträume exemplarisch herangezogen.<br />
Außerdem wurden Artikel aus dem Organ<br />
des brandenburgischen <strong>Land</strong>esverbandes<br />
der NPD, dem „Zündstoff“<br />
herangezogen. Offiziell fungiert der<br />
„Zündstoff“ als gemeinsames Mitteilungsblatt<br />
für die NPD-<strong>Land</strong>esverbände<br />
Berlin und <strong>Brandenburg</strong>. Der „Zündstoff“<br />
erscheint unregelmäßig, 2010<br />
erschienen nach Angaben der <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
Verfassungsschutzbehörde<br />
nur zwei Ausgaben. 46<br />
1994-1996<br />
Der ausgewählte Zeitraum fällt in einen<br />
tiefgreifenden Personalwechsel innerhalb<br />
der NPD. 1996 wird der langjährige<br />
Vorsitzende Günter Deckert durch den<br />
bis 2011 amtierenden Udo Voigt abgelöst.<br />
Mit dieser Personalie ist auch eine<br />
Neuausrichtung der NPD verbunden,<br />
die sich von einer eher noch „nationaldemokratisch“<br />
ausgerichteten Partei zu<br />
einer immer mehr offen neonazistischen<br />
„Systemopposition“ entwickelt. Dies<br />
kann auch an dem Diskurs über das<br />
Themenfeld „<strong>Polizei</strong>/Repression/innere<br />
Sicherheit“ abgelesen werden.<br />
3.1. „Der Staat probt das Faustrecht“: Repression gegen Nationale<br />
Ein durchgehender Bestandteil des Diskurses<br />
über <strong>Polizei</strong> ist der über die Repression<br />
gegen die NPD. Diese wird in<br />
den meisten Fällen als übertrieben und<br />
unverhältnismäßig beschrieben, wie<br />
hier bei einem Einsatz gegen den Jubi-<br />
37
läumskongress der Jungen Nationaldemokraten<br />
am 4. Juni 1994 in Dortmund:<br />
„Mehrere Kameraden wurden bei dem Einsatz<br />
verletzt; Tische, Material und Teile der<br />
Ausrüstung von Frank Rennicke gingen bei<br />
dem erschreckend brutalen und völlig überzogenen<br />
<strong>Polizei</strong>einsatz zu Bruch, was offenkundig<br />
auch beabsichtigt war.“<br />
Dabei dient dieser Diskurs zum einen<br />
dazu, die eigene Gefährlichkeit zu belegen.<br />
Gleichzeitig wird so ein Bild der<br />
<strong>Polizei</strong> gezeichnet, in dem diese ausführendes<br />
Organ eines Systems ist, das<br />
in den sich zuspitzenden Konflikten mit<br />
den Nationalisten sein wahres Gesicht<br />
zeige.<br />
„Viele junge Kameraden haben an diesem<br />
Tag zum ersten Mal erlebt, wie das System<br />
der BRD seine demokratische Maske fallen<br />
lässt und dahinter die brutale Fratze eines<br />
totalitären Gesinnungsterrors zum Vorschein<br />
kommt.“<br />
Ein Narrativ beginnt mit der Floskel:<br />
„Man stelle sich einmal den Fall vor…“,<br />
mit dem beschrieben wird, dass die <strong>Polizei</strong><br />
auf jeden Fall anders reagiert hätte,<br />
wenn die Akteure aus dem anderen politischen<br />
Lager gekommen wären.<br />
„Man stelle sich einmal den Fall vor: 30 z.T.<br />
vermummte JNler oder gar „Öl-Glatzen“ versuchten<br />
den Zugang zu einem Lokal zu sperren.<br />
[…] Was wäre geschehen: konsequente<br />
Räumung mit Schlagstöcken und Hunden sowie<br />
Festnahme mit entsprechender Anklage<br />
und saftigen, system- und zeitgeiststimmigen<br />
Urteilen.“<br />
3.2. Gute <strong>Polizei</strong> – schlechte Politik<br />
Explizite Darstellungen über eine eigene<br />
Politik der inneren Sicherheit fehlen<br />
fast völlig. Auffällig ist, dass vor allem<br />
zu Beginn des untersuchten Zeitraums<br />
kaum pauschalierende Angriffe auf „die<br />
<strong>Polizei</strong>“ zu finden sind. Angriffspunkte<br />
der meist polemisch vorgetragenen Kritik<br />
sind die politisch Verantwortlichen<br />
in Bund und Ländern, die mit ihren falschen<br />
Vorgaben die <strong>Polizei</strong> in der Bekämpfung<br />
der Kriminalität behindern<br />
würden.<br />
So heißt es 1994 über den damaligen<br />
Innenminister <strong>Brandenburg</strong>s, Alwin Ziel,<br />
im „Zündstoff“:<br />
„Wenn ein ausgewiesener Verfassungsfeind<br />
an der Spitze einer <strong>Land</strong>esinnenbehörde<br />
steht, dann wurde nicht nur der Bock zum<br />
Gärtner gemacht, dann darf man sich über<br />
die Folgen, die dies für die innere Sicherheit<br />
hat, nicht wundern.“<br />
38 nPD-bERichtERstattung
Da sich Minister Ziel eingehend der<br />
Bekämpfung des Rechtsextremismus<br />
im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> gewidmet hat,<br />
stünden viele <strong>Polizei</strong>beamte für andere<br />
Aufgaben nicht zur Verfügung, woraus<br />
die NPD den Schluss zieht:<br />
„Der <strong>Polizei</strong> kann unter solchen Umständen<br />
die hohe Kriminalität in <strong>Brandenburg</strong> nicht<br />
zum Vorwurf gemacht werden, denn auch<br />
hier gilt die Volksweisheit: Der Fisch stinkt<br />
vom Kopfe.“<br />
Der gleichen Argumentation – ehrliche,<br />
aufrichtige <strong>Polizei</strong>beamte vs. unfähige<br />
Politik – bedient sich in einem Artikel in<br />
der Deutschen Stimme der Autor Georg<br />
Bensch 47 unter dem Titel: „Immer mehr<br />
Polizisten verzweifeln! Sparen auf Kosten<br />
der inneren Sicherheit“<br />
„Die deutsche <strong>Polizei</strong> bemüht sich redlich,<br />
ihre Aufgaben zu erfüllen. […] Wenn sie<br />
nicht immer schnell am Tatort eintrifft, dann<br />
liegt das weniger an den diensthabenden<br />
Beamten, vielmehr an den Politikern, die da<br />
glauben, auf Kosten der inneren Sicherheit<br />
sparen zu müssen […].“<br />
Als „Rechtsbrecher“ werden in Einzelfällen<br />
auch die VertreterInnen der <strong>Polizei</strong>gewerkschaft<br />
angegriffen, sofern sie<br />
sich ausdrücklich für verstärkte gesetzliche<br />
oder exekutive Maßnahmen gegen<br />
die Aktivitäten der Rechtsextremen<br />
aussprechen:<br />
„Ähnliche Gedanken scheinen auch dem Vorsitzenden<br />
der <strong>Polizei</strong>gewerkschaft in NRW,<br />
Klaus Steffenhagen, nicht aus dem Kopf zu<br />
gehen. […] Nach seinen Vorstellungen sollen<br />
auch die Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit<br />
und Vereinigungsfreiheit für rechte<br />
Deutsche abgeschafft werden. […] Wir Nationaldemokraten<br />
halten Herrn Steffenhagen<br />
und seinen kriminellen und linken <strong>Polizei</strong>verein<br />
für ein erfolgversprechendes Überwachungsobjekt<br />
durch den Verfassungsschutz!“<br />
Die vermeintliche Spaltung zwischen<br />
den „einfachen Beamten“ und der politischen<br />
oder polizeilichen Führung wird<br />
in Ausnahmefällen auch zur Propaganda<br />
genutzt, wie in dem nachfolgenden<br />
Beispiel durch Klaus Beier 1996, damals<br />
noch Aktivist der NPD in Bayern,<br />
heute Bundespressesprecher der NPD<br />
und <strong>Land</strong>esvorsitzender in <strong>Brandenburg</strong><br />
:<br />
„Die Beamten waren sich der „Verhältnismäßigkeit“<br />
der Aktion bewusst und dementsprechend<br />
desorientiert. Unmut (besonders<br />
über Vorgesetzte, die auf „höhere Weisung“<br />
Befehle erteilten) machte sich bei den versperrenden<br />
Polizisten breit! (…) Derweilen<br />
verteilte ich ein Flugblatt mit dem Titel „Na,<br />
Herr Polizist, auch die Schnauze voll?“, was<br />
auch sehr gut ankam. Es ergaben sich durchweg<br />
interessante und fruchtbare Gespräche.“<br />
Das in dem Artikel angesprochene<br />
Flugblatt war eine Publikation eines<br />
nPD-bERichtERstattung<br />
39
ansonsten kaum in Erscheinung getretenen<br />
„Bürgerkomitees gegen den<br />
Missbrauch der <strong>Polizei</strong>“, für das u. a.<br />
Frank Scholz, ein Aktivist der neonazistischen<br />
Szene, u. a. der Nationalistischen<br />
Front (NF), verantwortlich<br />
zeichnete. Ein wortgleiches Flugblatt<br />
wurde auch von den Jungen Nationaldemokraten<br />
Sachsen-Anhalt (Postfach<br />
in 38871 Ilsenburg) vertrieben.<br />
1999-2001<br />
Im ausgewählten Zeitraum sieht sich<br />
die NPD unter zunehmendem Druck<br />
des „Repressionsapparats“ gegen die<br />
Partei, die im Bündnis mit den parteifreien<br />
Kräften der „Nationalen Bewegung“<br />
im Aufwind ist. Die NPD ist konfrontiert<br />
mit einer Häufung von Verboten bzw.<br />
polizeilichen Einschränkungen ihres<br />
„Kampfes um die Straße“. Im Januar<br />
2001 kommt das von der Bundesregierung<br />
angestrengte Verbotsverfahren<br />
hinzu. Bereits im Mai 1999 reagiert die<br />
Parteiführung mit trotzigen Durchhalteparolen<br />
unter dem Motto „Argumente<br />
statt Verbote“.<br />
3.3. Unterdrückungsapparat <strong>Polizei</strong>: politisch motivierte Verfolgung<br />
Die Maßnahmen der als „politisch motiviert“<br />
bezeichneten <strong>Polizei</strong>arbeit werden<br />
vor allem auf die zunehmenden<br />
Erfolge der „Nationalen“ zurückgeführt.<br />
Die Angriffe werden besonders<br />
gerne als Angriffe gegen Jugendliche<br />
beschrieben.<br />
„Da gerade in Mitteldeutschland [d.h. die<br />
ostdeutschen Bundesländer, d.V.] das Bekenntnis<br />
zur nationalen Weltanschauung<br />
immer selbstverständlicher wird, reagieren<br />
die Etablierten geradezu hysterisch. Als besonders<br />
probates Mittel setzten sie bereits<br />
seit Jahren auf die Kriminalisierung rechter<br />
Jugendlicher.“<br />
Gleichzeitig werden die Straftaten aus<br />
den Reihen der extremen Rechten als<br />
„alltäglicher jugendlicher Übermut“ dargestellt.<br />
Es sei „rohe Gewalt“, die gegen<br />
„Rechts“ angewandt werde. Das<br />
Schreckensbild der politischen <strong>Polizei</strong>,<br />
die rechte Jugendliche unterdrücke,<br />
erinnere<br />
„fatal an einen Stil, wie er auch bereits während<br />
des alten DDR-Unterdrückungsapparates<br />
angewendet worden war.“<br />
Diese Erzählung eignet sich besonders<br />
gut bei Jugendlichen, die in den ostdeutschen<br />
Bundesländern aufwachsen<br />
40 nPD-bERichtERstattung
und in deren Familien die Erinnerung an<br />
Stasi u. ä. stellenweise noch stark präsent<br />
sein dürfte. Insgesamt dient dieser<br />
Diskurs der völligen Delegitimierung<br />
staatlicher Maßnahmen gegen die extreme<br />
Rechte. Neben die „gute <strong>Polizei</strong>“,<br />
die von einer „schlechten Politik“ geführt<br />
werde, tritt die „schlechte <strong>Polizei</strong>“,<br />
die als Sondereinheit gegen Rechts<br />
(hier die brandenburgische MEGA) direkt<br />
von der Politik installiert wird und<br />
als unkontrollierbares Organ der Macht<br />
dargestellt wird.<br />
„Schon mehrfach berichteten Betroffene von<br />
Vorfällen, die den Verdacht zulassen, dass<br />
die mit beschlagnahmten Gegenständen<br />
präsentierten ‚Gabentische‘, die den Medienvertretern<br />
nach einer „Mega“-Aktion die<br />
gewünschten Berichte liefern, von der <strong>Polizei</strong><br />
präpariert wurden, und die Mehrzahl der gezeigten<br />
Dinge gar nicht von dem jeweiligen<br />
Einsatz stammen.“<br />
Diese Polizisten schreckten selbst auch<br />
vor brutalsten Aktionen nicht zurück:<br />
„Es sei, wie es aus der rechten Jugendszene<br />
heißt, auch schon vorgekommen, dass junge<br />
Nationale von <strong>Polizei</strong>beamten mal eben so<br />
vom Mofa geschubst wurden.“<br />
Das gleiche Szenario bemüht der jetzige<br />
NPD-<strong>Land</strong>esvorsitzende von Thüringen,<br />
Frank Schwerdt. Unter dem Titel „Wie<br />
rechte Gewalt produziert wird“ kommentiert<br />
er in der „Deutschen Stimme“:<br />
„Es gehört zum festen Bestandteil des<br />
Kampfes gegen nationale Bestrebungen im<br />
<strong>Land</strong>e, dies mit ‚Gewalt’ gleichzusetzen.“<br />
Unter Bezug auf einen Artikel im Berliner<br />
Tagesspiegel, in dem über das<br />
Ausheben einer neonazistischen Wehrsportgruppe<br />
in Frankfurt/Oder berichtet<br />
wurde, werden die Waffenfunde, darunter<br />
Munition für ein Maschinengewehr,<br />
als Aktivitäten von „Wirrköpfen“ abgetan.<br />
Die aufgefundenen Aufzeichnungen<br />
über Planungen zu gewalttätigen<br />
Aktionen, „selbst wenn die gefundenen<br />
Papiere authentisch sein sollten“, sagten<br />
nichts über die tatsächliche Gefährlichkeit<br />
solcher Gruppen aus.<br />
Ähnlich argumentiert der damalige Vordenker<br />
der NPD, Jürgen Schwab, in einem<br />
Artikel vom Oktober 1999. Er nennt<br />
den „Kampagnenjournalismus“ der<br />
„BRD-Lizenzmedienlandschaft“ einen<br />
Versuch, die NPD zu kriminalisieren.<br />
Aufschlussreich ist bei Schwab, dass er<br />
analysiert, die Strategie, die „nationale<br />
Opposition“ mit terroristischen Aktivitäten<br />
in Verbindung zu bringen, verfange<br />
nur deshalb, weil es bei der „nationalen<br />
Opposition“ keine Gegenstrategie<br />
gebe:<br />
„Allerdings bietet dann die Systemgegnerschaft,<br />
zu der sich die NPD bekennt, eine<br />
Interpretationslücke, in welche „Verfassungsschützer“<br />
sowie Lizenzmedien und<br />
Lizenzparteien hineinstoßen […]. Die NPD<br />
wolle, so schreiben die BRD-Presseorgane,<br />
nPD-bERichtERstattung<br />
41
gewaltsam – durch bewaffneten Terror –<br />
die verfassungsmäßige Ordnung in der BRD<br />
beseitigen.“<br />
Karsten Voigt bringt in einem „DS“-Artikel<br />
Ende 2000 den „Ausbau des <strong>Polizei</strong>staates“<br />
direkt in einen Zusammenhang<br />
mit dem Zulauf durch Jugendliche. Er<br />
dreht also die vorherige Argumentation<br />
um, nach der der Zulauf die Repression<br />
bewirkte. Nach Voigt habe der Staat<br />
sich mit seiner verschärften Verfolgung<br />
national gesinnter Jugendlicher<br />
delegitimiert:<br />
„Wenn ein Regime seinen <strong>Polizei</strong>apparat<br />
nicht mehr zur Repression gegen Straftäter,<br />
sondern zur Aggression gegen politisch<br />
Andersdenkende einsetzt, ist das Ende des<br />
Rechtsstaatsprinzips erreicht. Ein Regime,<br />
das zu solchen Methoden greift delegitimiert<br />
sich daher selbst.“<br />
Voigt erwägt daher, ob das im Grundgesetz<br />
festgeschriebene Widerstandsrecht<br />
geboten sei und endet:<br />
„In Zeiten zunehmender Pogromstimmung<br />
sollte über dieses Widerstandsrecht einmal<br />
nachgedacht werden.“<br />
3.4. Zunehmend fragwürdige <strong>Polizei</strong>praxen im „Kampf gegen Rechts“<br />
Es darf nicht außer Acht gelassen werden,<br />
dass es in dem berücksichtigten<br />
Zeitraum tatsächlich immer wieder zu<br />
rechtlich umstrittenen <strong>Polizei</strong>einsätzen<br />
bzw. polizeilichen Verboten gegen Versammlungen<br />
der rechtsextremen Partei<br />
gekommen war. In der Deutschen<br />
Stimme wurde regelmäßig über durch<br />
die NPD angestrengte Gerichtsverfahren<br />
berichtet oder entsprechende<br />
Anzeigen angekündigt. In den meisten<br />
Fällen berichtet die Parteizeitung über<br />
gewonnene Verfahren dieser Art, über<br />
verlorene Verfahren erfahren die Leser<br />
und Leserinnen nichts. Die Häufung<br />
in diesen Jahren erscheint allerdings<br />
bemerkenswert.<br />
In den Beschreibungen der polizeilichen<br />
und juristischen repressiven Aktionen<br />
wird immer wieder die Idee einer<br />
auf höchsten politischen Ebenen betriebenen<br />
Verschwörung gegen die Partei<br />
erwähnt:<br />
„Für die NPD-Führung war dies [die Ablehnung<br />
eines Eilantrages der NPD vor dem<br />
Bundesverfassungsgericht] ein deutliches<br />
Zeichen, dass die nationale Partei Opfer eines<br />
abgekarteten Spiels geworden war.“<br />
Im Zusammenhang mit einer durch die<br />
NPD geplanten Demonstration am 1.<br />
Mai 1999 in Bremen, die letztlich an<br />
einem polizeilichen Verbot scheiterte,<br />
42 nPD-bERichtERstattung
eschreibt die Partei zum einen diese<br />
politische Verschwörung gegen sie, deren<br />
Handlanger die jeweiligen <strong>Polizei</strong>führungen<br />
seien. Zum anderen empört<br />
sie sich über die direkten polizeilichen<br />
Angriffe gegen ihre Strukturen, in diesem<br />
Fall gegen die „Leitstelle“ der von ihr geplanten<br />
bundesweiten Demonstration:<br />
„Wie weiter mitgeteilt wurde, war aber<br />
schließlich gegen fünf Uhr früh ein koordiniertes<br />
Vorgehen nicht mehr möglich, da zu<br />
diesem Zeitpunkt ein schwerbewaffnetes<br />
Sondereinsatzkommando (SEK) der <strong>Polizei</strong><br />
die NPD-Leitstelle überfiel. Alle Anwesenden<br />
seien daraufhin gefesselt und für mehrere<br />
Stunden unter entwürdigenden Bedingungen<br />
inhaftiert worden.“<br />
In einem anderen Fall seien<br />
„Nationalisten in ihren Bussen von der politisch<br />
motivierten <strong>Polizei</strong> […] festgehalten<br />
[worden]“<br />
Als Reaktion auf Demonstrationsverbote<br />
griff die NPD zunehmend zu „Spontandemos“,<br />
um Versammlungsverbote zu<br />
durchbrechen. In diesem Kontext werden<br />
durch die NPD auch weitere repressive<br />
Maßnahmen der Behörden als<br />
Methoden eines „Überwachungsstaates“<br />
angeprangert. Im Zusammenhang<br />
mit der Ankündigung eines Pilotprojektes<br />
im brandenburgischen Cottbus, bei<br />
dem präventiv Personagramme möglicher<br />
Straftäter von Rechts erstellt werden<br />
sollen, schreibt ein unbekannter<br />
Autor in der NPD-Zeitung „Zündstoff“:<br />
„Der Cottbusser <strong>Polizei</strong>präsident Lüth […]<br />
spricht dabei nicht von Schlägern bzw. Gewalttätern.<br />
Nein, er spricht von ‚Rechten‘, die<br />
er abgreifen wolle, so als ob es sich dabei um<br />
eine spezifische Gruppe von Schwerkriminellen<br />
handelt. Damit würden für Vertreter einer<br />
bestimmten politischen Denkrichtung die<br />
Menschenwürde, die gesetzlich verbrieften<br />
Grundrechte, nahezu jede Form von Datenschutz<br />
und Persönlichkeitsrechte aus vorgeschützten<br />
Gründen politischer Opportunität<br />
heraus aufgehoben.“<br />
Die NPD sieht sich nicht nur hier in der<br />
Rolle der Verteidigerin der Grundrechte,<br />
wenn auch nur für ihre eigene Klientel.<br />
Sie verweist aber, nicht ohne auf ein<br />
Übermaß an Genugtuung zu verzichten,<br />
darauf, dass sie in dieser Rolle angeblich<br />
die deutsche Linke ablöse.<br />
3.5. Die NPD als friedliche Verfechterin von Recht und Ordnung<br />
Im Zusammenhang mit der zunehmenden<br />
Praxis der Innenbehörden, Aufmärsche<br />
der NPD und der mit ihr zusammen<br />
arbeitenden neonazistischen Szene zu<br />
unterbinden, greift die NPD verbal ausschließlich<br />
die jeweilige politische Füh-<br />
nPD-bERichtERstattung<br />
43
ung in den Bundesländern an. Diesen<br />
wird die Verantwortung für die repressiven<br />
<strong>Polizei</strong>einsätze gegeben.<br />
Die NPD inszeniert sich in diesem<br />
Konflikt als Verfechterin demokratischer<br />
Bürgerrechte, die entweder auf<br />
der Straße oder vor den Gerichten die<br />
Grundrechte durchsetzen werde. Dabei<br />
richteten sich laut NPD sämtliche, in<br />
ihren Augen illegalen, Methoden gegen<br />
„friedliche Versammlungen der nationalen<br />
Opposition“.<br />
Selbst der als notorischer neonazistischer<br />
Aktivist bekannte Hamburger<br />
Thomas „Steiner“ Wulff bezeichnete<br />
laut „Deutscher Stmme“ auf einer Versammlung<br />
die Maßnahmen der <strong>Polizei</strong><br />
als „Frontalangriff auf die Grundrechte“.<br />
Der damalige Innenminister des <strong>Land</strong>es<br />
<strong>Brandenburg</strong>, Alwin Ziel (SPD),<br />
bleibt Zielscheibe der NPD-Propaganda.<br />
„Welche Demokratie verficht Alwin<br />
Ziel?“ fragt die „Deutsche Stimme“ und<br />
berichtet über dessen „Verfolgungsdruck“.<br />
Das Vorgehen gegen „jede<br />
Form des Rechtsextremismus“ interpretiert<br />
die NPD als Vorgehen gegen<br />
„gesetzestreues Verhalten: angemeldete<br />
Demonstrationen, Versammlungen, die<br />
Herausgabe von Presseerzeugnissen und<br />
dergleichen.“<br />
Das Vorgehen gegen die NPD wird mit<br />
den Verbotsmaßnahmen aus den 30er<br />
Jahren der Weimarer Demokratie verglichen.<br />
Dabei seien die Aktivitäten der<br />
NPD gesetzestreu:<br />
„Währenddessen attestierte kürzlich das<br />
Potsdamer Verwaltungsgericht der NPD in<br />
der Öffentlichkeit friedfertig aufzutreten“.<br />
Die juristische Verbotsbegründung<br />
im Fall Bremen am 1. Mai 1999, die<br />
NPD würde durch einen geplanten<br />
Aufmarsch durch vorwiegend von<br />
„Ausländern“ bewohnte Stadtteile die<br />
öffentliche Sicherheit und Ordnung<br />
gefährden, wird von Bundespressesprecher<br />
Klaus Beier als „katastrophal<br />
rechtswidrige“ Unterstellung bezeichnet.<br />
Er könne dieser Behauptung nur<br />
„besonderes Unverständnis“ entgegen<br />
bringen. Als Reaktion plane die Partei<br />
eine erneute Demonstration unter dem<br />
Motto „Argumente statt Verbote“, ein<br />
Motto, das während des späteren Verbotsverfahrens<br />
im Zentrum der NPD-<br />
Propaganda stand.<br />
Die „herrschende Klasse“ wird in Kommentaren<br />
als „verfassungswidrig“<br />
bezeichnet, „linke Straßenkrawalle“<br />
rund um den 1.Mai bezeichnet Georg<br />
Bensch in der Deutschen Stimme als<br />
„Beschädigung der Inneren Sicherheit“<br />
und präsentiert eine scheinbar bürgerrechtliche<br />
Position:<br />
„Es sollte klar sein: Innerer Frieden ist die<br />
Grundlage für das Funktionieren eines demokratischen<br />
Gemeinwesens. […] Wo<br />
Gewalttäter demokratisches Recht missbrauchen<br />
oder systematisch den Rechtsfrieden<br />
brechen, da muß der Staat ihnen<br />
entgegentreten.“<br />
44 nPD-bERichtERstattung
2006-2008<br />
Im ausgewählten Zeitraum nimmt der<br />
Umfang der Berichte, die sich mit dem<br />
Themenkomplex befassen, insgesamt<br />
ab. Die Kritik an der polizeilichen Repression<br />
gegen die NPD bleibt ein Fokus<br />
der Berichterstattung in den Parteimedien<br />
„Deutsche Stimme“ und „Zündstoff“.<br />
Es finden sich erstmals Berichte über<br />
Versuche der Partei, selber im Bereich<br />
„Innere Sicherheit“ bzw. „Schutz der<br />
Bevölkerung“ aktiv zu werden.<br />
In diesem Zusammenhang muss auch<br />
auf die Kampagnen „gegen Kinderschänder“<br />
aus der gesamten extrem<br />
rechten Szene hingewiesen werden.<br />
Diese liefern seit Jahren ein strömungsübergreifendes<br />
Thema, das sich vor<br />
allem auch in den Internet-Medien wieder<br />
findet und zum Teil kommunal aufgegriffen<br />
und konkretisiert wurde. Die<br />
Bedeutung dieser Kampagne und ihre<br />
Argumentationen wären eine lohnende<br />
Recherche, denn hier wird der Selbstschutz<br />
gegen Straftaten und die Kritik<br />
an einer als unzureichend empfundenen<br />
staatlichen Repression beispielhaft<br />
miteinander verknüpft. Die angebliche<br />
„Schwäche des Staates“ bzw. dessen<br />
vermeintliches Desinteresse, die<br />
Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu<br />
schützen wird zum Anlass genommen,<br />
Selbstjustiz zu rechtfertigen und Strafverschärfungen<br />
bis hin zur Todesstrafe<br />
zu fordern.<br />
Die parteiinterne Auseinandersetzung<br />
um die Gewaltbereitschaft der „Autonomen<br />
Nationalisten“ ist eine wesentliche<br />
Debatte um das Selbstverständnis der<br />
NPD als Führungskraft in der sogenannten<br />
„Nationalen Bewegung“.<br />
3.6. Die NPD als Organisatorin und Fürsprecherin von Bürgerwehren<br />
In den genannten Zeitraum fallen zwei<br />
Initiativen der NPD, Bürgerwehren aufzustellen.<br />
Anfang 2006 wurde die Aktion<br />
der Berlin-Neuköllner NPD bekannt,<br />
in der High-Deck-Siedlung sogenannte<br />
„Kiezstreifen gegen Kinderschänder“<br />
aufzustellen. Dies wurde mit Flugblättern<br />
bekannt gemacht. Parteimitglieder<br />
sollten mit einer weißen Armbinde<br />
kenntlich gemacht werden und sich<br />
„als Ansprechpartner unentgeltlich bereit<br />
stellen“, wie es in einem Artikel in<br />
der Deutschen Stimme heißt. Tatsächlich<br />
sollten die Kiezstreifen wohl auch<br />
Personenkontrollen durchführen und<br />
Männer nach ihrer Identität befragen.<br />
Diese Aktion wurde vom Innensenator<br />
in Berlin wegen Amtsanmaßung unterbunden.<br />
Die NPD verzichtete daraufhin<br />
auf die Streifen und forderte im Zuge<br />
einer Unterschriftenaktion mehr <strong>Polizei</strong>streifen,<br />
„wenn Bürgerengagement<br />
schon unterbunden wurde.“<br />
Ein zweites Beispiel wird im Mai 2008<br />
in der Deutschen Stimme beschrieben,<br />
das auf einer Initiative des Kreisver-<br />
nPD-bERichtERstattung<br />
45
andes Niederschlesien-Oberlausitz<br />
beruht. Im Rahmen einer Aktionswoche<br />
unter dem Motto „Sozial geht nur national“<br />
sei ein Bürgermobil durch Dörfer<br />
und Gemeinden an der deutsch-polnischen<br />
Grenze unterwegs gewesen, um<br />
u. a. eine „Sensibilisierung wegen der<br />
Grenzkriminalität“ zu erreichen.<br />
„Während […] der sächsische Innenminister<br />
Albrecht Buttolo (CDU) sich anscheinend nur<br />
bei Tageslicht an die Grenze getraut, ging<br />
die NPD auf die Bürger zu. Ob bei Tag oder<br />
in der Nacht: fortan wird das nationale Bürgermobil<br />
an den Brennpunkten sein und mit<br />
seiner Präsenz sich aktiv für mehr Sicherheit<br />
engagieren.“<br />
Das Bürgermobil, oder Bürgerbüro,<br />
werde auch durch den neu geschaffenen<br />
Arbeitskreis „Bürgerinitiative Sicherheit<br />
Oberlausitz Niederschlesien“<br />
(B.I.S.O.N.) genutzt,<br />
„um Tag und Nacht für die Sicherheit der<br />
Bürger zu sorgen […] was die Menschen<br />
brauchen, ist die Einheit von Wort und Tat.“<br />
Die Bürgerwehren werden von der NPD<br />
in dem erst genannten Artikel als Bürgerrecht<br />
bezeichnet, „eine alte deutsche<br />
Tradition, so alt wie die Städte selbst“.<br />
Die „Deutsche Stimme“ schreibt: „Stets<br />
ging es darum, die freien Bürgerrechte<br />
zu verteidigen, wenn eine übergeordnete<br />
Institution dies nicht zu tun vermag.“<br />
In Zeiten der „Entstaatlichung und ethnischer<br />
Bürgerkriege“ kämen diese Wehren<br />
wieder in Mode, es wird auf Beispiele<br />
aus Frankreich und den USA verwiesen.<br />
3.7. Die NPD distanziert sich von Gewalt des „Schwarzen Blocks“<br />
In den untersuchten Zeitraum fällt auch<br />
die interne Auseinandersetzung um<br />
die Gewaltbereitschaft eines Teils der<br />
neonazistischen Szene, repräsentiert<br />
durch die Aktivistinnen und Aktivisten<br />
des sogenannten „Schwarzen Blocks“,<br />
die zumeist aus parteinahen Kräften der<br />
„Autonomen Nationalisten“ 48 bestehen.<br />
Sowohl der Bundesvorstand der Partei<br />
als auch der damalige Bundesvorsitzende<br />
Voigt sahen sich gezwungen, ein<br />
Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit abzulegen,<br />
so Voigt auf dem Bamberger Bundesparteitag<br />
2008.<br />
Im Mai 2008 war es auf einem 1.Mai-<br />
Aufmarsch in Hamburg zu heftigen<br />
Angriffen der neonazistischen Demonstrationsteilnehmerinnen<br />
und -teilnehmer<br />
auf Presse, Gegendemonstrantinnen<br />
und -demonstranten sowie die <strong>Polizei</strong><br />
gekommen.<br />
In der Juli-Ausgabe der Deutschen<br />
Stimme werden wesentliche Passagen<br />
der Rede Voigts auf dem Bundespartei-<br />
46 nPD-bERichtERstattung
tag zu diesem Thema wieder gegeben.<br />
Voigt sagte u. a.:<br />
„Ich kann sicher all diejenigen verstehen, die<br />
eine Wut in sich tragen, wenn die <strong>Polizei</strong> vor<br />
Ort ihrer Aufgabe nicht oder nur mit Widerwillen<br />
geringfügig nachkommt, zuvor vom<br />
Gericht genehmigte Demonstrationsrouten<br />
gegen linke Gewalttäter durchzusetzen. Das<br />
darf aber niemals mit Gewalt gegen Polizisten<br />
enden, die auch Deutsche sind und auch<br />
nur ihre Pflicht tun. Wenn Polizisten offensichtlich<br />
Rechtsbruch begehen, so tun sie<br />
dies auf Anweisung von ganz ‚oben‘, also von<br />
der Führung der BRD.“<br />
Diese Argumentation greift erneut die<br />
Trennung in die „guten Polizisten“ vor<br />
Ort und die „schlechte Führung“ auf,<br />
die auch schon in vorherigen Jahren<br />
verwendet wurde. Um die jungen Aktivisten<br />
von ihrer Gewaltbereitschaft<br />
abzubringen, vertieft Voigt diese Argumentation<br />
dahin gehend, dass die<br />
eingesetzten <strong>Polizei</strong>beamten oft selber<br />
von dem Unrecht der angeordneten<br />
Maßnahmen gegen die nationale Bewegung<br />
überzeugt seien, mithin also<br />
auf deren Seite stünden:<br />
„Jeder von uns weiß, dass ein junger Beamter,<br />
der eine Familie hat und seine Raten<br />
fürs Eigenheim und/oder Auto abzuzahlen<br />
hat, nicht unbedingt der engagierte Polizist<br />
ist, der sich dann gegen eine rechtswidrige<br />
Führung stellen würde. Im Gegenteil, sie tun<br />
zwar was gesagt wird, sehen aber oft das<br />
Unrecht, was sie uns oft antun müssen und<br />
stehen daher innerlich nie auf der Seite der<br />
linken Gewalttäter. Wenn nun aber gegen solche<br />
Beamte auch aus unseren Reihen Gewalt<br />
ausgeübt wird, so wird dieser demnächst<br />
auch bereit sein, verstärkt gegen Nationalisten<br />
vorzugehen und dabei, im Gegensatz zu<br />
früher, auch noch glauben, im Recht zu sein.<br />
Wer also Polizisten attackiert, hilft den Systempolitikern,<br />
diese gegen uns aufzuhetzen.“<br />
[Hervorhebung durch Verf.]<br />
Eine ähnliche Argumentation benutzt<br />
in einem offenen Brief, der in der Deutschen<br />
Stimme abgedruckt wurde, auch<br />
der selbsternannte „Volkssänger“, der<br />
rechtsextremistische Liedermacher<br />
Frank Rennicke. Angeblich aus Anlass<br />
eines Telefongesprächs mit einem <strong>Polizei</strong>beamten<br />
lässt sich Rennicke über<br />
„Recht und Gerechtigkeit“ und die<br />
Probleme des kleinen Beamten aus. Er<br />
schreibe so ausführlich an ihn, weil es<br />
ihm, Rennicke, nicht gleichgültig sei,<br />
„ob Menschen auf bestimmten Positionen<br />
auch falsche Befehle bekommen oder durch<br />
eine politische Führung bewusst falsch benutzt<br />
werden. Den Beamten, denen das<br />
gleichgültig ist, mit denen muß ich nicht<br />
sprechen – sie würden für ein Gehalt dann<br />
auch ganz andere Befehle befolgen und wie<br />
Söldner handeln. Da ich Sie aber für einen<br />
intelligenten und verantwortlichen Menschen<br />
halte, möchte ich Sie zum Denken anregen.“<br />
nPD-bERichtERstattung<br />
47
Fazit<br />
Das „<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>“ und eine massive,<br />
überwiegend unsachliche und<br />
überzogene Kritik an polizeilichen Ermittlungen<br />
innerhalb der rechten Szene<br />
ist in allen Medien der extremen Rechten<br />
zu finden.<br />
Die eindeutigsten polizeifeindlichen Äußerungen,<br />
inklusive Beleidigungen und<br />
Aufrufe zu Straftaten, finden sich im Bereich<br />
der sog. „freien Kräfte“ im Internet<br />
und in Liedtexten der Rechtsrockszene.<br />
Beide Bereiche sind organisatorisch<br />
und personell vielfach mit der NPD verflochten,<br />
die sich in ihren offiziellen Verlautbarungen<br />
und programmatischen<br />
Äusserungen zumeist zurückhaltend<br />
ausdrückt.<br />
Zahlreiche rechtsextreme Liedtexte,<br />
oft von erstaunlicher intellektueller<br />
Schlichtheit und fehlender innerer<br />
Konsistenz, thematisieren <strong>Polizei</strong>, polizeiliches<br />
Handeln und polizeiliches Verhalten.<br />
Die ausgewerteten Musiktexte<br />
belegen deutlich, wie innerhalb der<br />
rechtsextremen Szene eine verzerrte<br />
Wahrnehmung komplexer gesellschaftlicher<br />
Prozesse und Erscheinungsformen<br />
(z. B. Kriminalität) vorherrscht. In<br />
einer für diese Szene typischen Kultur<br />
der Selbstviktimisierung sieht sich die<br />
extreme Rechte als Opfer einer ungerechtfertigten<br />
politischen und polizeilichen<br />
Verfolgung und systematischen<br />
Ausgrenzung. Aus dieser Position her-<br />
aus werden Straftaten und Selbstjustiz<br />
gerechtfertigt und eine in der Zukunft<br />
stattfindende (gewalttätige) Abrechnung<br />
angedroht bzw. prophezeit. In<br />
zahlreichen rechtsextremen Liedtexten<br />
wird eindeutig ein „<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>“<br />
erzeugt und gepflegt.<br />
Der Themenkomplex <strong>Polizei</strong> gehört<br />
zu den zentralen Themen auf fast allen<br />
rechtsextremen Websites. Auch<br />
hier treffen wir auf Unterscheidungen<br />
zwischen „guten Polizisten“ und<br />
„schlechter <strong>Polizei</strong>“. <strong>Polizei</strong>liche Maßnahmen<br />
gegen rechtsextrem motivierte<br />
Straf- und Gewalttaten werden als<br />
politische Verfolgung Andersdenkender<br />
beschrieben. Dabei wird regelmäßig<br />
der Vergleich mit DDR-Unterdrückung<br />
und Stasimethoden angestrengt.<br />
Sämtliche polizeilichen Maßnahmen<br />
gegen Rechtsextreme werden häufig<br />
pauschal als unbegründet, überzogen<br />
oder rechtswidrig angesehen. Gleichzeitig<br />
wird die <strong>Polizei</strong> als unfähig oder<br />
unwillig beschrieben, Kriminalität zu<br />
bekämpfen, es sei denn, es geht gegen<br />
Rechtsextreme. Einzelne <strong>Polizei</strong>beamte<br />
werden an den Pranger gestellt, nicht<br />
selten verbunden mit unverhohlenen<br />
Aufrufen zu Gewalt bis hin zum Mord.<br />
In der Berichterstattung der NPD-Presse<br />
lassen sich durchgängig folgende<br />
Motive und Narrative erkennen: Eine<br />
eigentlich gute <strong>Polizei</strong> wird von einer<br />
49
Dienstwaffe der ermordeten <strong>Polizei</strong>beamtin Michele Kiesewetter und Ausschnitt der<br />
Beerdigungsfeierlichkeiten auf dem Bekennervideo des NSU<br />
schlechten <strong>Polizei</strong>führung angeleitet.<br />
Die <strong>Polizei</strong> wird missbraucht, um politisch<br />
missliebige Jugendliche zu verfolgen.<br />
Dies wird mit Praktiken politischer<br />
Verfolgung aus der DDR gleichgesetzt.<br />
Die staatlichen Maßnahmen gegen<br />
rechtsextrem motivierte Straf- und Gewalttaten<br />
seien eine illegitime Verfolgung<br />
der „nationalen Bewegung“ und<br />
der NPD. Gleichzeitig sieht die NPD<br />
sich selbst als Garant und Hüterin von<br />
Grundrechten. Sie legitimiert und begrüßt<br />
Bürgerwehren und Selbstjustiz,<br />
da die <strong>Polizei</strong> gegen Kriminalität angeblich<br />
untätig sei. Dabei distanziert sich<br />
die Partei offiziell ausdrücklich von Gewalt<br />
gegen <strong>Polizei</strong>beamte.<br />
50
Literatur<br />
Archiv der Jugendkulturen 2001 (Hg.): Reaktionäre<br />
Rebellen. Rechtsextreme Musik<br />
in Deutschland. Berlin.<br />
Baacke, Dieter / Farin, Klaus / Lauffer, Jürgen<br />
1999 (Hg.): Rock von Rechts II.<br />
Milieus, Hintergründe und Materialien.<br />
Bielefeld.<br />
Benedict, Laura 2008: Sehnsucht nach<br />
Unfreiheit. Karl Diesner und die rechte<br />
Szene. Ermittlungen am Ort des Geschehens.<br />
Berlin.<br />
Botsch, Gideon 2012: From Skinhead-Subculture<br />
to Radical Right Movement: The<br />
Development of a ‘National Opposition’<br />
in East Germany, in: Contemporary European<br />
History, 21, 4, S. 553–573.<br />
Bundesministerium des Innern (BMI) 2012<br />
(Hg.): Verfassungsschutzbericht 2011.<br />
Vorabfassung. Berlin. Als pdf-Dokument<br />
unter: http://www.verfassungsschutz.de/<br />
download/SHOW/vsbericht_2011_vorabfassung.pdf<br />
[Zugriff August 2012]<br />
Busch, Christoph 2010: Rechtsradikalismus<br />
im Internet. Siegen.<br />
Dollase, Rainer 1999: Welche Wirkung hat<br />
der Rock von Rechts?, in: Baacke / Farin<br />
/ Lauffer, S. 106-117.<br />
Dornbusch, Christian/Raabe, Jan (Hg.)<br />
2002: RechtsRock. Bestandsaufnahme<br />
und Gegenstrategien. Münster<br />
Dornbusch, Christian / Raabe, Jan 2007:<br />
Mit Musik geht alles besser!? Rechtsextreme<br />
Mobilisierungs- und Rekrutierungsversuche<br />
in Jugend- und Musikszenen,<br />
in: Schoeps et al. (Hg.) 2007, S. 113-124.<br />
Erb, Rainer 2001: Der ewige Jude. Die Bildersprache<br />
des Antisemitismus in der<br />
rechtsextremen Szene, in: Archiv der Jugendkulturen,<br />
S. 131-156.<br />
Erb, Rainer 2006: Protestorganisation<br />
und Eventmanagement: Der Typus des<br />
rechtsextremen Bewegungsunternehmers,<br />
in: Andreas Klärner, Michael Kohlstruck:<br />
Moderner Rechtsextremismus in<br />
Deutschland. Hamburg, S. 142–176.<br />
Farin, Klaus 1999: Reaktionäre Rebellen.<br />
Geschichte einer Provokation, in: Baacke<br />
/ Farin / Lauffer, S. 12-83.<br />
Flad, Henning 2001: Trotz Verbot nicht tot.<br />
Ideologieproduktion in den Songs der<br />
extremen Rechten, in: Dornbusch/Raabe<br />
2002, S. 91-124.<br />
Glaser, Stefan / Pfeiffer, Thomas (Hrsg.)<br />
2007: Erlebniswelt Rechtsextremismus.<br />
Menschenverachtung mit Unterhaltungswert.<br />
Schwalbach.<br />
Hartleb, Florian 2007: Die „Deutsche Stimme“<br />
– Das intellektuelle Sprachrohr der<br />
NPD, in: Backes, Uwe / Steglich, Henrich<br />
(Hg.): Die NPD. Erfolgsbedingungen einer<br />
rechtsextremistischen Partei. Baden-<br />
Baden, S. 355-382.<br />
Jaschke, Hans-Gerd 1994a: Eine verunsicherte<br />
Institution. Die <strong>Polizei</strong> in der Auseinandersetzung<br />
mit Rechtsxetremismus<br />
und Fremdenfeindlichkeit, in: Heitmeyer,<br />
Wilhelm 1994 (Hg.): Das Gewalt-Dilemma.<br />
Gesellschaftliche Reaktionen auf<br />
fremdenfeindliche Gewalt und Rechtsextremismus.<br />
Frankfurt , S. 305-339.<br />
Jaschke, Hans-Gerd 1994b: Staatliche Institutionen<br />
und Rechtsextremismus, in:<br />
Kowalsky, Wolfgang / Schröder, Wolfgang<br />
1994: Rechtsextremismus. Einführung<br />
und Forschungsbilanz. Opladen,<br />
S. 302-321.<br />
Kandt, Klaus 2007: <strong>Polizei</strong>liche Maßnahmen<br />
gegen den Rechtsextremismus in<br />
51
<strong>Brandenburg</strong>. Beispiele aus der Praxis,<br />
in: Schoeps et al. (Hg.) 2007, S. 230-236.<br />
Kastner, Bernd 2009: Die <strong>Polizei</strong> ist ihr neues<br />
<strong>Feindbild</strong>, in: Süddeutsche Zeitung,<br />
27.03.2009 [online abgefragt 19.01.2011]<br />
Kleger, Heinz 2006: Toleranz und ‚Tolerantes<br />
<strong>Brandenburg</strong>‘, Berlin.<br />
Kopke, Christoph 2012: „Wer von Euch den<br />
Knüppel hob gegen deutsche Nationalisten:<br />
An den werden wir uns erinnern,<br />
kommt auf unsere schwarze Listen“.<br />
<strong>Polizei</strong> als Gegenstand rechtsextremer<br />
Musiktexte, in: Jahrbuch Öffentliche Sicherheit<br />
2012/2013, S. 169-180.<br />
Langebach, Martin/Raabe, Jan 2011: Die<br />
Genese einer extrem rechten Jugendkultur,<br />
in: Schedler, Jan/Häusler, Alexander<br />
(Hg): Autonome Nationalisten. Neonazismus<br />
in Bewegung. Wiesbaden, S. 36-53.<br />
Maegerle, Anton 2011: Gewalt und Terror<br />
von Rechts, in: Tribüne. Zeitschrift zum<br />
Verständnis des Judentums, 2/2011,<br />
S. 102-114.<br />
Mannichl, Alois 2009: Rechtsradikale Hetzkampagnen<br />
und Strafanzeigen gegen<br />
EinsatzleiterInnen, in: Hochschule der<br />
<strong>Polizei</strong> Hamburg (Hg.): Aktuelle Entwicklungen<br />
im Rechtsextremismus. Frankfurt,<br />
S. 45-65.<br />
Mengert, Christoph 1994: „Unsere Texte<br />
sind deutsch…“. Skinhead-Bands in der<br />
Bundesrepublik Deutschland. Köln.<br />
Ministerium des Innern des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
(Hg.) 2011: Verfassungsschutzbericht<br />
<strong>Brandenburg</strong> 2010, Potsdam.<br />
Ministerium des Innern des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
(Hg.) 2012: Verfassungsschutzbericht<br />
<strong>Brandenburg</strong> 2011, Potsdam.<br />
Pfaff, Nicole 2006: Jugendkultur und Politisierung.<br />
Eine multimethodische Studie<br />
zur Entwicklung politischer Orientierungen<br />
im Jugendalter. Wiesbaden.<br />
Pfeiffer, Thomas 2009: Virtuelle Gegenöffentlichkeit<br />
und Ausweg aus dem „rechten<br />
Ghetto“, in: Braun, Stephan / Geisler,<br />
Alexander / Gerster, Martin (Hg.): Strategien<br />
der extremen Rechten. Hintergründe<br />
– Analysen – Antworten. Wiesbaden,<br />
S. 290-309.<br />
Pieper, Detlef 2007: Strategien der <strong>Land</strong>esregierung<br />
gegen Rechtsextremismus,<br />
Fremdenfeindlichkeit und politisch motivierte<br />
Gewalt, in: Schoeps et al. (Hg.),<br />
S. 178-183.<br />
Pörksen, Bernhard 2005: Die Konstruktion<br />
von <strong>Feindbild</strong>ern. Zum Sprachgebrauch<br />
in neonazistischen Medien. Wiesbaden.<br />
52
Anmerkungen<br />
1 Zum Polizistenmord und den Hintergründen<br />
vgl. u. a. Benedict 1998.<br />
2 Jaschke 1994a.<br />
3 Jaschke 1994b.<br />
4 Kandt 2007.<br />
5 Pörksen 2005, S. 59.<br />
6 Maegerle 2011.<br />
7 Vgl. z. B. Kastner 2009.<br />
8 MdI <strong>Brandenburg</strong> 2011, S. 86.<br />
9 Botsch 2012.<br />
10 Das Kapitel ist zum Teil bereits veröffentlicht:<br />
Kopke 2012.<br />
11 Archiv der Jugendkulturen 2001; Dornbusch/Raabe<br />
2002; Langebach/Raabe<br />
2011.<br />
12 MdI <strong>Brandenburg</strong> 2012, S. 109.<br />
13 BMI 2012: 90.<br />
14 Dornbusch/Raabe 2007, S. 119.<br />
15 Wörner-Schappert 2007. Hingegen hält<br />
Dollase 1999 die unmittelbare Bedeutung<br />
des Konsums rechter Musik für<br />
oftmals überschätzt.<br />
16 Dornbusch/Raabe 2007: 119.<br />
17 Vgl. zu den Inhalten rechtsextremer Musiktexte<br />
ausführlich Farin 1999.<br />
18 Mengert 1994, S. 86.<br />
19 Mengert 1994, S. 92.<br />
20 Farin 1999, S. 76; Flad 2001, S. 119.<br />
21 Lieder, in denen Justiz, Staatsanwaltschaft<br />
und Verfassungsschutz vorkommen,<br />
kämen noch hinzu, wenngleich es<br />
hier auch Überschneidungen gibt.<br />
22 Bei den Textwiedergaben handelt es<br />
sich z. T. um Transskripte der gehörten<br />
Musiktitel, so dass gelegentlich Übertragungsfehler<br />
und Fehlstellen nicht<br />
auszuschließen sind. Auslassungen<br />
sind nicht gekennzeichnet.<br />
23 ZOG = Zionist Occupied Government:<br />
Das ist die Vorstellung, die Regierung<br />
(bzw. alle Regierungen) würde(n) von<br />
Juden kontrolliert oder sei(en) von Israel<br />
gesteuert. Zur großen Relevanz des Antisemitismus<br />
für rechtsextreme Szenen<br />
vgl. Erb 2001.<br />
24 Die Abkürzung ACAB findet in verschiedenen<br />
Subkulturen Verwendung<br />
(Punk, Skinheads, Hooligans, rechts<br />
und links) vgl.: http://www.netz-gegennazis.de/lexikontext/troublemaker-acab<br />
(28.03.2012)<br />
25 Gesichtet wurden die folgenden Internetangebote<br />
aus <strong>Brandenburg</strong>:<br />
spreelichter.info, SFB Infos (senftenberger.blogspot.com),<br />
Das Nationale<br />
Informationsportal aus dem <strong>Land</strong>kreis<br />
Teltow-Fläming (info-tf.net), Freie Kräfte<br />
Neuruppin/Osthavelland (logr.org/<br />
nsfkn), Freie Kräfte Königs Wusterhausen<br />
(fk-kwh.net) und Alternative Jugend<br />
Potsdam (alternative-jugend-potsdam.<br />
info). Darüber hinaus wurden die folgenden<br />
Websites mit überregionaler<br />
Bedeutung ausgewertet: Deutsches<br />
Rechtsbüro (deutsches-rechtsbuero.<br />
de), Blaulichtblog (blaulicht-blog.net);<br />
Skadi Forum (forums.skadi.net), Thiazi<br />
Forum (forum.thiazi.net) und NPD<br />
(Bund, <strong>Land</strong>esverband <strong>Brandenburg</strong>,<br />
„Deutsche Stimme“). Zusätzlich wurden<br />
weitere Recherchen, u. a. zu einzelnen<br />
Personen sowie zum Demonstrationsgeschehen<br />
in Dresden im Februar 2011,<br />
durchgeführt. Einige der durchgesehenen<br />
Internetseiten sind inzwischen<br />
(2013) nicht mehr aufrufbar, z. T. auf<br />
Grund polizeilicher oder juristischer<br />
Maßnahmen.<br />
26 Busch 2010.<br />
27 Glaser/Pfeiffer 2007.<br />
53
28 Diese Terminologie wird auffallend häufig<br />
verwendet.<br />
29 In einem Spreelichter-Beitrag wird berichtet,<br />
ein Pizzaservice habe die von<br />
Demonstranten georderte Bestellung in<br />
einen <strong>Polizei</strong>kessel geliefert.<br />
30 Im Senftenberger Blog wird z. B. eine<br />
polizeiliche Überwachung beim Kaffeetrinken<br />
geschildert. „Die haben<br />
garantiert aufgepasst, dass wir nicht<br />
zu viel Kaffee trinken, kann ja sehr<br />
gefährlich sein.“<br />
31 Vgl. zum Engagement des <strong>Polizei</strong>direktors<br />
Alois Mannichl dessen Ausführungen:<br />
Mannichl 2009.<br />
32 Eine systematische Ermittlung und<br />
Auswertung der rechtsextremen Internetbeiträge<br />
zum Mannichl-Attentat<br />
wurde nicht vorgenommen. Aufgrund<br />
des außerordentlichen Umfangs wäre<br />
eine sinnvolle Auswertung im gegebenen<br />
Zeitrahmen nicht möglich gewesen.<br />
Angesichts der hohen Redundanz der<br />
Beiträge erscheint eine auf Vollständigkeit<br />
zielende Recherche aber auch<br />
überflüssig.<br />
33 Zum Lied „Lebt denn der alte Mannichl<br />
noch? (Gigi & Die braunen Stadtmusikanten)<br />
S. S. 16.<br />
34 Zum „Loblied auf den Herrn <strong>Polizei</strong>direktor<br />
Prof. Knape“ S. S. 16.<br />
35 Erb 2006.<br />
36 Das Deutsche Rechtsbüro (DRB) versteht<br />
sich als „Selbsthilfegruppe zur<br />
Wahrung der Rechte, insbesondere<br />
der Grundrechte, ‚politisch unkorrekter‘<br />
Deutscher“. (Selbstdarstellung im<br />
Internet). Der brandenburgische Verfassungsschutz<br />
charakterisiert das<br />
Deutsche Rechtsbüro folgendermaßen:<br />
„Nur zum Schein stellt es die ‚Wahrung<br />
der Grundrechte‘ in den Vordergrund.<br />
Es geht […] dem DRB vielmehr<br />
um die Vernetzung von Rechtsextremisten<br />
aller Lager, vom parteilich Gebundenen<br />
bis zu den neonazistischen<br />
‚Freien Kräften‘.“ http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/cms/detail.php/bb2.c.418519.de<br />
(letzter Zugriff<br />
12.11.2012)<br />
37 §130 StGB stellt „Volksverhetzung“ unter<br />
Strafe.<br />
38 Bei unseren Recherchen stießen wir<br />
u. a. auf die folgenden Ratgeber: Empfehlungen<br />
zum Aussageverweigerungsrecht,<br />
Ratgeber zum Verhalten<br />
bei Demonstrationen, Musterbrief für<br />
den Widerspruch gegen erkennungsdienstliche<br />
Behandlung, Vorlage für<br />
eine Dienstaufsichtsbeschwerde, Verhaltensempfehlungen<br />
bei Anwerbeversuchen<br />
durch den Verfassungsschutz,<br />
Musterschreiben für ein Auskunftsersuchen<br />
zu gespeicherten Daten bei LKA<br />
und Verfassungsschutz, Positionspapier<br />
zum Flashmob. Im Thiazi Forum<br />
wird das Buch „Wege durch die Wüste<br />
– ein Antirepressionshandbuch für<br />
die politische Praxis“ empfohlen. „Ist<br />
zwar von der Antifa geschrieben, aber<br />
hochinteressant.“<br />
39 Man findet aber auch zahlreiche Vergleiche<br />
zum Nationalsozialismus. So findet<br />
sich z. B. im Thiazi Forum mehrfach die<br />
Abkürzung SS für Staatsschutz.<br />
40 So lehnt Spreelichter z. B. eine Sperre<br />
kinderpornographischer Internetseiten<br />
ab, weil dieses Mittel auf die Schaffung<br />
einer Zensurinfrastruktur gerichtet sei.<br />
54
41 Auch mit ihrer Verlinkungspolitik (z. B.<br />
zu netzpolitik.org) klinkt sich Spreelichter.info<br />
umstandslos in die liberale<br />
Blogger-Diskussion ein.<br />
42 Das „Sammelthema Ausländerkriminalität“<br />
im Thiazi Forum umfasst z. B. 376<br />
Seiten (Stand: 30.10.2011).<br />
43 Nicht alle User, die sich in derartigen<br />
Foren zu Wort melden, sind Polizisten.<br />
44 Offizielle Angaben nach: www.deutsche-stimme.de<br />
[08.01.2012]<br />
45 Hartleb 2007, S. 382<br />
46 MdI <strong>Brandenburg</strong> 2011, S. 25.<br />
47 Bensch, Georg: 1935 in Magdeburg<br />
geb., journalistische Ausbildung, 1953<br />
in der DDR verhaftet, 1955 Flucht in<br />
die BRD, Mitarbeiter der Vertriebenenzeitungen<br />
„Volksbote“ und „Deutsches<br />
Volksblatt“. 1963 Herausgeber<br />
des antikommunistischen Informationsdienstes<br />
„Die Wahrheit“ Untertitel:<br />
Rettet die Freiheit. Im Dienste gegen<br />
Unmenschlichkeit und kommunistische<br />
Unterdrückung. Anti-kommunistischer<br />
Presse- und Informationsdienst.<br />
Erscheint in Schönwald (Schwarzwald).<br />
1969 Übersiedlung nach Berlin<br />
(West). Korrespondent verschiedener<br />
rechtsradikaler Zeitschriften, darunter<br />
„Deutsche Wochen-Zeitung“, „Berliner<br />
Notizen“, „Korrespondenz“ (Informationsdienst<br />
der NPD Berlin). 1973<br />
Redakteur beim „Bayernkurier“. In den<br />
1990er-Jahren schreibt Bensch regelmäßig<br />
für die „Deutsche Stimme“, die<br />
Junge Freiheit, das Ostpreußenblatt<br />
bzw. die Preußische Allgemeine Zeitung.<br />
Artikel erscheinen auch in dem neonazistischen<br />
Blatt Recht und Wahrheit.<br />
Seine Themen sind vorwiegend: Innere<br />
Sicherheit, Asylpolitik, Kriminalität vor<br />
allem von „Ausländern“, Belastung der<br />
Sozialsysteme durch Zuwanderung u. ä.<br />
Einige dieser Artikel werden auch von<br />
<strong>Polizei</strong>nahen Zeitschriften übernommen.<br />
Der Abdruck eines teilweise wortgleichen<br />
Artikels aus der „Deutschen<br />
Stimme“ in „Deutsche <strong>Polizei</strong>“, dem<br />
Organ der Gewerkschaft der <strong>Polizei</strong>,<br />
im April 2002 wird durch einen Artikel<br />
in der Frankfurter Rundschau bekannt.<br />
Auch in dem weithin unbekannten, sich<br />
als Fachmagazin bezeichnenden „Magazin<br />
für die <strong>Polizei</strong>“ schreibt Bensch<br />
und wird im Impressum als Korrespondent<br />
aufgeführt. Das Magazin ist inzwischen<br />
eingestellt. Seine Tätigkeit für die<br />
„DS“ hält aktuell an.<br />
48 Zu den „Autonomen Nationalisten“ vgl.<br />
Schedler/Häusler 2012.<br />
55
Adressen:<br />
Ministerium des Innern<br />
des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
Pressestelle<br />
Henning-von-Tresckow-Str. 9-13<br />
14467 Potsdam<br />
<strong><strong>Land</strong>espräventionsrat</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Geschäftsstelle im Ministerium des Innern<br />
Henning-von-Tresckow-Straße 9-13<br />
14467 Potsdam<br />
Telefon: 0331 / 866-2746<br />
E-Mail: lpr@mi.brandenburg.de<br />
Moses Mendelssohn Zentrum<br />
für europäisch-jüdische Studien<br />
Universität Potsdam<br />
Am Neuen Markt 8<br />
14467 Potsdam<br />
Dr. Gideon Botsch, Dr. Christoph Kopke<br />
Telefon: 0331-2809413<br />
E-Mail: botsch@uni-potsdam.de, kopke@uni-potsdam.de
ihren schönen Uniformen · karrieregeiles grünes Stück Dreck ·<br />
Kasper · kleiner subalterner Rotzarsch · Knechte des Systems ·<br />
Knechte und Sklaven dieses Systems · Knechte und Vasallen des<br />
Systems · Knüppelbullen · knüppelnde Horden des Systems · korrumpierte<br />
Bullenschweine · Kräfte des Regimes · Laubfrösche ·<br />
leere Flaschen · Luftpumpen · Marionette · Menschenmüll · Mielkes<br />
Erben · Musterdemokraten in der <strong>Polizei</strong>behörde · Oberbulle ·<br />
Oberpolizist · Ordnungshüter · Ordnungskräfte · Ordnungsmacht ·<br />
Pack · perverse verlogene Typen · Politbüttel · Politpolizisten ·<br />
<strong>Polizei</strong>apparat · <strong>Polizei</strong>einheiten des Apparats · <strong>Polizei</strong>häuptling ·<br />
Prügelbullen · Prügeleinheiten · Prügelpolizei · Prügeltruppe · regimeschützender<br />
<strong>Polizei</strong>staat · Repressionsapparat · rücksichtslose<br />
Beamte · Sausäcke · Scheißbullen · Scheißpolizei · Schergen ·<br />
Schergen der Demokraten · Schergen eines gegen das eigene Volk<br />
gerichteten Systems · Schläger · Schlägerbanden des Systems ·<br />
Schlägertruppe der <strong>Polizei</strong> · Schnittlauch · Schnittlauchbrüder ·<br />
Schnittlauchfraktion · Schutztruppen · Schweine · selbstgerechte<br />
Marionette des Apparats · Sockenbügler · Söldnerbullen · Spinner ·<br />
Spitzel des Apparats · Staatsapparat · Staatsknechte · Staatsmacht<br />
· Staatsschergen · Steigbügelhalter des gegenwärtigen<br />
Regimes · System · Systembüttel · Systemdiener · Systemeinheiten<br />
· Systemknechte · Systemling · Systempolizei · Systemschergen<br />
· Team Green · Teufel in Menschengestalt · Trachtenverein ·<br />
Überwachungsschwein · unsere tolle <strong>Polizei</strong> · untätige <strong>Polizei</strong>führung<br />
· verblödete Typen des Systems · verlängerter Arm der<br />
Politik · verlängerter Arm des Systems · Vertreter der Besatzer-<br />
Republik · Volkspolizisten · Vollpfosten · vom System angeheuerte<br />
und bezahlte Spitzel · voreingenommene Provinzpolizisten<br />
auf Neonazi-Jagd · Wendehälse · Werkzeug des Staates · Wichsbulle<br />
· widerliche Kreaturen · willfährige <strong>Polizei</strong>führer · Zonibulle
„Die vorliegende Studie offenbart eine Veränderung der<br />
Sichtweise von Rechtsextremisten auf die Sicherheitsbehörden<br />
unseres <strong>Land</strong>es. Gerade <strong>Polizei</strong>beamte werden<br />
als Repräsentanten des Staates angesehen und in<br />
der rechtsextremen Szene zunehmend diffamiert. [...]<br />
Es existiert ein ,<strong>Feindbild</strong> <strong>Polizei</strong>‘ in der rechtsextremistischen<br />
Szene. Dieses Feinbild wird in der Studie mit all<br />
seinen unsachlichen, widersprüchlichen und absurden<br />
Argumenten aufgedeckt und entlarvt. Die Broschüre<br />
soll die Öffentlichkeit über die Existenz wie auch die<br />
Brisanz dieses ,<strong>Feindbild</strong>s‘ aufklären und <strong>Polizei</strong>beamte<br />
und andere Vertreter von Sicherheitsbehörden in ihrem<br />
Eintreten für Demokratie und Toleranz bestärken.“<br />
Dr. Dietmar Woidke<br />
Minister des Innern des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>