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Frühwarnsystem für frischgekalbte Kühe ... - Swissgenetics

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SERVICE<br />

<strong>Frühwarnsystem</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>frischgekalbte</strong> <strong>Kühe</strong><br />

Kuh bei der Geburt viel Flüssigkeit,<br />

Mineralstoffe und Blut verliert,<br />

hat sie im Normalfall hinterher<br />

starken Durst. Trinkt sie nach<br />

dem Kalben ca. 40 Liter Wasser<br />

oder mehr, ist dies ein gutes Zeichen.<br />

Bei <strong>Kühe</strong>n, die nach dem Abkalben<br />

nicht trinken, ist dagegen<br />

«Gefahr im Verzug». Das Anbieten<br />

von lauwarmem Wasser nach der<br />

Geburt hilft also nicht nur der Kuh,<br />

es ist auch ein erster Test, ob es ihr<br />

gut geht oder nicht.<br />

Nachgeburtsabgang<br />

kontrollieren<br />

Früherkennung ist der Schlüssel zum Erfolg. Insbesondere<br />

die «heiklen» <strong>frischgekalbte</strong>n <strong>Kühe</strong> müssen gut überwacht<br />

werden, damit schon bei kleinsten Krankheitsanzeichen<br />

schnell reagiert und die Ursache behandelt werden kann.<br />

Dies, bevor der Start in die neue Laktation verpfuscht ist.<br />

jbg. Die Augen offen zu halten und<br />

auch einmal hinzugreifen, ist im<br />

«Monitoring» unserer <strong>Kühe</strong> entscheidend.<br />

Wichtigste Kuhgruppe<br />

in der Tierüberwachung ist zweifellos<br />

jene in den ersten Laktationstagen.<br />

Durch die Kombination<br />

von vorausgegangenem Geburtsstress,<br />

körperlicher Anstrengung,<br />

Schmerzen, gebremstem Futterverzehr<br />

zum Abkalben sowie der<br />

Leberbelastung durch die Stoffwechselumstellung<br />

– bei einsetzender<br />

Milchproduktion – sind<br />

<strong>Kühe</strong> zu diesem Zeitpunkt besonders<br />

krankheitsanfällig. Werden<br />

bei ihnen unauffällige/schleichende<br />

Krankheitsanzeichen übersehen,<br />

bleiben sie häufig die gesamte<br />

Laktation hinter ihrem<br />

Leistungspotenzial zurück oder<br />

nehmen nur schlecht wieder auf.<br />

Normalverhalten kennen<br />

Manche Menschen haben «ein<br />

Auge da<strong>für</strong>», kranke <strong>Kühe</strong> sofort<br />

zu erkennen, andere müssen sich<br />

aktiv zur Tierbeobachtung «entschliessen».<br />

Damit auffällt, wenn<br />

etwas nicht stimmt, muss man sich<br />

immer das Normalverhalten gesunder<br />

Tiere vor Augen führen.<br />

Dabei ist der Zeitpunkt, wann die<br />

Kuh aufsteht, das erste Zeichen<br />

nach dem Abkalben. Erstkalb­<br />

<strong>Kühe</strong> bleiben aufgrund des häufig<br />

schwereren Geburtsverlaufs zum<br />

Teil bis zu einer halben Stunde liegen.<br />

Eine ältere Kuh steht dagegen<br />

normalerweise sofort nach dem<br />

Abkalben auf, um sich um ihr Kalb<br />

zu kümmern. Überlässt man ihr<br />

das Kalb, wird sie dies intensiv ablecken,<br />

um die Eihäute zu entfernen,<br />

das Fell zu trocknen und sein<br />

Herz­Kreislauf­System sowie die<br />

Atmung zu stimulieren. Über die<br />

«Mutterschaftshormone» Prolaktin<br />

und Oxytocin löst das Trockenlecken<br />

des Kalbes die Nachwehen<br />

<strong>für</strong> den Nachgeburtsabgang und<br />

den Milcheinschuss aus. Da die<br />

Spätestens 6–12 Stunden nach der<br />

Geburt sollte die Nachgeburt abgegangen<br />

sein (s. TORO 4/10). Ein<br />

vollständiger Abgang ist extrem<br />

wichtig <strong>für</strong> die Versäuberung und<br />

Rückbildung der Gebärmutter. Allerdings<br />

ist nicht immer sicher, ob<br />

die Nachgeburt auch wirklich ausgestossen<br />

wurde. In einer Studie<br />

wurde beobachtet, dass 89% der<br />

<strong>Kühe</strong>, die sich (z.B. in einer Abkalbebox)<br />

frei bewegen können, instinktiv<br />

die Nachgeburt auffressen.<br />

Bei <strong>Kühe</strong>n, die gleich nach dem<br />

Abkalben wieder in der Herde mitlaufen,<br />

kann die Nachgeburt auch<br />

anderweitig «verloren» gehen<br />

(Spaltenboden, automatischer<br />

Mistschieber etc.). In den Fällen, in<br />

denen man sich nicht sicher ist, ob<br />

die Nachgeburt wirklich weg ist,<br />

muss kontrolliert werden, ob sich<br />

im Genitaltrakt noch Eihäute befinden<br />

– warten Sie damit nicht, bis<br />

die Kuh stinkt! Zur vaginalen Untersuchung<br />

verwendet Ihr Tierarzt<br />

einen sauberen langen Einmalhandschuh<br />

und reichlich Gleitmittel.<br />

Wichtig ist, dass die Scham der<br />

Kuh wirklich penibel mit viel Wasser<br />

und (Jod­)Seife gereinigt und<br />

der Schwanz von einer Hilfsperson<br />

zur Seite gehalten wird, damit keine<br />

Keime von aussen in die Gebärmutter<br />

eingeschleppt werden können.<br />

Diskutieren Sie mit Ihrem<br />

Hoftierarzt, inwiefern Sie die Untersuchung<br />

selbst vornehmen<br />

können, damit wirklich zeitnah<br />

«nachgeschaut» wird. Eine hängengebliebene<br />

Nachgeburt muss<br />

spätestens 12 Stunden nach der<br />

Geburt vom Tierarzt behandelt<br />

werden<br />

Temperaturkontrolle<br />

Eine abnorme Körpertemperatur<br />

kann früh auf gesundheitliche Pro­


Wie kann man schnell erfassen, ob <strong>frischgekalbte</strong> <strong>Kühe</strong> fit sind oder<br />

kränkeln<br />

• Fitte <strong>Kühe</strong> stehen sofort nach der Geburt auf, um sich um ihr Kalb zu<br />

kümmern. Erstkalb­<strong>Kühe</strong> «dürfen» bis zu einer halben Stunde liegen<br />

bleiben.<br />

• Bietet man der Kuh nach dem Kalben lauwarmes Wasser an, sollte sie<br />

ca. 40 Liter oder mehr trinken.<br />

• Die Nachgeburt soll innerhalb 6–12 Stunden abgegangen sein. Ist der<br />

Nachgeburtsabgang unsicher, unbedingt «nachschauen» (lassen).<br />

• Die Normaltemperatur einer Kuh liegt zwischen 38,0 °C und 39,3 °C.<br />

Sowohl Temperaturerhöhung als auch Untertemperatur weisen auf<br />

Erkrankungen hin. Daher in den ersten 10 Tagen nach der Geburt 1 x<br />

täglich Temperatur messen.<br />

• Hängende oder kalte Ohren sind Signale einer kranken Kuh.<br />

• «In­sich­Hineinhören» und v. a. tiefliegende Augen als Alarmzeichen<br />

werten.<br />

• Eine eingefallene «Hungergrube» links ist das Zeichen <strong>für</strong><br />

ungenügende Futteraufnahme.<br />

• Kranke <strong>Kühe</strong> liegen viel. Verdächtige <strong>Kühe</strong> zur besseren Kontrolle<br />

auffällig markieren.<br />

• Die Oberflächentemperatur im Vergleich zu anderen <strong>Kühe</strong>n überprüfen.<br />

Milchfieber­<strong>Kühe</strong> fühlen sich, insbesondere in Richtung Beine,<br />

kühler an.<br />

• Der Kot ist bereits bei beginnendem Milchfieber verändert: Er ist<br />

trockener und dunkler als gewöhnlich.<br />

• Zähneknirschen ist immer eine deutliche Schmerzäusserung.<br />

• <strong>Kühe</strong> mit Pressdrang (gezeigt in einem abgestellten Schwanz oder sogar<br />

deutlicher Bauchpresse) haben Schmerzen im Beckenbereich.<br />

bleme hinweisen. Leichtes Fieber<br />

ist häufig das erste Anzeichen <strong>für</strong><br />

eine Erkrankung, bevor andere<br />

Symptome, wie der Rückgang der<br />

Milchmenge und des Verzehrs, ein<br />

übelriechender Ausfluss oder Veränderungen<br />

im Euter hinzukommen.<br />

Der grössere Aufwand in der<br />

Tierbetreuung, die Temperatur<br />

mittels Fieberthermometer in den<br />

ersten 10 Tagen nach dem Abkalben<br />

zu messen, rechnet sich dadurch,<br />

dass eine gründliche Diagnosestellung<br />

und eine adäquate<br />

Behandlung durch den Tierarzt<br />

sehr früh eingeleitet werden können.<br />

Achten Sie darauf, dass Sie<br />

lange genug und mit einem intakten<br />

Thermometer (am einfachsten<br />

ein digitales, handelsübliches Fieberthermometer)<br />

messen. Passen<br />

Sie auch auf, dass sich das Thermometer<br />

nicht in einer äusseren Hautfalte<br />

des Afters verhängt.<br />

Die Normaltemperatur einer Kuh<br />

liegt zwischen 38,0 °C und 39,3 °C.<br />

Allerdings ist nicht nur ein Temperaturanstieg<br />

ein ernst zu<br />

nehmendes Krankheitsanzeichen,<br />

speziell der Abfall der Körpertemperatur<br />

unter 38,0 °C ist Zeichen<br />

<strong>für</strong> eine schwere Erkrankung der<br />

Kuh. Nach dem Abkalben ist<br />

(schleichendes) Milchfieber die<br />

häufigste Ursache <strong>für</strong> Untertemperatur.<br />

Ansonsten kommt sie z.B.<br />

bei schweren Schockzuständen<br />

oder Blutvergiftung vor, was allerdings<br />

beides von anderen, sehr<br />

deutlichen Störungen des Allgemeinbefindens<br />

der Kuh begleitet<br />

wird.<br />

Andere Alarmsignale<br />

Neben der veränderten Körpertemperatur<br />

gibt es weitere Anzeichen,<br />

dass <strong>Kühe</strong> kränkeln: Anhand hängender<br />

und/oder kalter Ohren kann<br />

auf einen Blick/Griff festgestellt<br />

werden, dass etwas nicht stimmt.<br />

Auch der veränderte Blick kranker<br />

<strong>Kühe</strong> die «in sich hineinhören», ist<br />

typisch. Ein Frühwarnzeichen sind<br />

auch tiefliegende Augen: <strong>Kühe</strong>, die<br />

sich nicht wohlfühlen, stellen sehr<br />

bald die Wasseraufnahme ein. Als<br />

Zeichen beginnender Austrocknung<br />

sinken die Augäpfel in die<br />

Augenhöhlen ein, wie z.B. auch bei<br />

Durchfallkälbern. Eine ausreichende<br />

Futteraufnahme über den<br />

Tag zeigt sich anhand einer guten<br />

Pansenfüllung. Eine eingefallene<br />

Hungergrube in der linken Flanke<br />

zeigt einen leeren Pansen an. Solche<br />

<strong>Kühe</strong> haben nur wenig oder<br />

nichts gefressen.<br />

Die meisten kranken <strong>Kühe</strong> liegen<br />

mehr als üblich. Für Laufstallbetriebe<br />

kann es die Tierbeobachtung<br />

erleichtern, wenn eine verdächtige<br />

Kuh am Rücken auffällig farbig<br />

markiert wird. So fällt schneller<br />

auf, wenn sie immer noch an derselben<br />

Stelle liegt. Auch das Wiederkäuen<br />

wird schnell eingestellt.<br />

Achten Sie daher speziell darauf,<br />

ob Ihre frischabgekalbten <strong>Kühe</strong> in<br />

den Ruhephasen käuen.<br />

Typische Anzeichen<br />

beginnenden Milchfiebers<br />

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SERVICE<br />

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Die häufigste «Berufskrankheit»<br />

frischabgekalbter <strong>Kühe</strong> ist schleichendes<br />

Milchfieber. Bevor die<br />

Kuh wegen des akuten Kalziummangels<br />

festliegt, gibt es andere<br />

zuverlässige Krankheitsanzeichen<br />

wie z.B. eine kalte Körperoberfläche:<br />

Vor allem zu den Beinen hin<br />

ist der Rücken der Kuh kühler als<br />

normal. Streichen Sie dem verdächtigen<br />

Tier mit der Hand über<br />

Rücken und Schulter und vergleichen<br />

Sie die Oberflächentemperatur<br />

mit derjenigen der Nachbarkuh.<br />

Ein sehr typisches Frühwarnsignal<br />

<strong>für</strong> beginnendes Milchfieber ist<br />

zudem eine veränderte Kotkonsistenz.<br />

Da der Kalziummangel die<br />

Darmpassage sehr bald verlangsamt,<br />

trocknet der Kot an der Oberfläche<br />

ab. Er wird dadurch fester,<br />

dunkler und in kleineren Portionen<br />

abgesetzt. <strong>Kühe</strong>, die trotz Milchfieber<br />

noch stehen können, zeigen<br />

zudem häufig einen schwankenden<br />

Gang.<br />

Schmerzäusserungen<br />

Rinder, die Schmerzen haben,<br />

schreien nicht! Zähneknirschen<br />

dagegen ist ein Ausdruck starker<br />

Schmerzen im Allgemeinen.<br />

Frischgekalbte <strong>Kühe</strong> zeigen<br />

Schmerzen im Beckenbereich, z.B.<br />

nach einer Schwergeburt, zudem<br />

durch einen «klammen Gang» mit<br />

aufgezogenem Bauch und aufgekrümmtem<br />

Rücken. Sehr eindeutig<br />

ist auch ein anhaltender Pressdrang.<br />

Dieses Pressen kann sich<br />

vom «nur» abgehaltenen Schwanz<br />

bis hin zur ständigen Bauchpresse<br />

äussern. Eine tierärztliche Behandlung<br />

der Ursache und der Schmerzen<br />

kann der Kuh schnell Linderung<br />

verschaffen. Nur so wird sie<br />

wieder ausreichend fressen und<br />

ihre Milchleistung bringen.<br />

Die tägliche Temperaturkontrolle in den ersten 10 Laktationstagen<br />

hilft krankwerdende <strong>Kühe</strong> zu finden, bevor andere Krankheitsanzeichen<br />

offensichtlich werden. Untertemperatur (< 38° C) ist zu<br />

diesem Zeitpunkt ein Signal <strong>für</strong> beginnendes oder schleichendes<br />

Milchfieber.<br />

Frischgekalbte <strong>Kühe</strong> sind krankheitsanfällig. Stehen sie nach der<br />

Geburt sofort auf und schlecken ihr Kalb ausgiebig trocken, ist das<br />

ein erstes gutes Zeichen, dass die Kuh fit ist.

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