„Demokratie & Partizipation“ - Bundesjugendwerk ...
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SCHWERPUNKTTHEMA<br />
<strong>„Demokratie</strong> & <strong>Partizipation“</strong><br />
„Müssen wir heute wieder machen,<br />
was wir wollen …?“<br />
Über Partizipation und Demokratie<br />
Immer wenn das Thema Partizipation<br />
auf die Tagesordnung gesetzt wird -<br />
und beim <strong>Bundesjugendwerk</strong> war es<br />
zum Beispiel schon einmal im Jahre<br />
2003 das Schwerpunktthema -, erinnere<br />
ich mich als Älterer daran, dass diese<br />
Forderung von den Jüngeren gerne<br />
wieder vergessen wird, wenn sie zu<br />
den Älteren gehören. Wie kommt es zu<br />
diesem Generationenbruch? Wohl deshalb,<br />
weil Partizipation an Voraussetzungen<br />
gekoppelt wird, die aus der jeweiligen<br />
Generationenperspektive neu<br />
aufgeladen und eingeschätzt werden.<br />
1 Voraussetzungen<br />
Partizipation unter Vorbehalt zu stellen,<br />
hat eine lange Tradition. So wählten<br />
etwa in Preußen bis zur Novemberrevolution<br />
1918 die wenigen Höchstbesteuerten<br />
genauso viele Wahlmänner<br />
wie die größere Zahl der mittleren<br />
Schichten und die große Masse der<br />
gering besteuerten Bürger (Dreiklassenwahlrecht:<br />
Auf jede Klasse entfiel ein<br />
Drittel der Gesamtsumme der Steuerbeträge).<br />
Und auch heute noch ist es<br />
mehr oder weniger selbstverständlich,<br />
Partizipation, wenn schon nicht vom<br />
Eigentum, so doch zumindest von Erfahrung<br />
oder Verantwortung abhängig<br />
zu machen. Allerdings werden solche<br />
Erwartungen nur an die Jüngeren herangetragen.<br />
Für die sog. Erwachsenen<br />
werden sie einheitlich als gegeben<br />
angenommen - wenngleich sich trefflich<br />
darüber streiten ließe, ob Erfahrung<br />
schon ein Argument und Verantwortung<br />
recht eigentlich anders als über eine<br />
Haftpflichtversicherung abzufedern ist.<br />
Bei den Mitgliedern des Jugendwerks,<br />
die sich in der „Exzess“ zu Wort melden,<br />
höre ich solche Aussagen nicht.<br />
Aber auch sie stehen der Partizipation<br />
nicht voraussetzungslos gegenüber. Im<br />
Grundsatzprogramm des Jugendwerkes<br />
lesen wir auf S. 17: Kinder und Jugendliche<br />
„müssen befähigt werden“, demokratische<br />
Rechte wahrzunehmen. Und<br />
Foto: Michael Taube<br />
Sven Parthie präzisiert diese Befähigung<br />
in Bezug auf den demokratischen<br />
Sozialismus mit den Worten: „Voraussetzung<br />
für den demokratischen Sozialismus<br />
ist (also) ein zur Teilhabe<br />
befähigendes Bildungssystem“ (Exzess<br />
3/2001, S. 4f.). Es ist dieser Bildungsvorbehalt,<br />
den wir aus der Tradition<br />
der Arbeiterbewegung mit ihrem Slogan<br />
„Wissen ist Macht“ kennen, der den<br />
Jüngeren dann wieder einfällt, wenn<br />
sie älter geworden sind.<br />
Nun ist gegen Bildung sicherlich nichts<br />
einzuwenden. Aber so wenig wie der<br />
Eigentumsvorbehalt, so wenig dürfte<br />
die Bildung eine Schranke für die Partizipation<br />
darstellen. Voraussetzung für<br />
die Partizipation unter den Bedingungen<br />
eines demokratischen und sozialen<br />
Rechtsstaates ist einzig die Betroffenheit<br />
von möglichen und tatsächlichen<br />
Entscheidungen. Sie bürgt unabhängig<br />
vom Alter für Kompetenz und<br />
ist daher im Sinne des vom Grundgesetz<br />
her gesicherten Rechtes auf freie<br />
Entfaltung der Persönlichkeit (Art.2 GG)<br />
angemessen zu berücksichtigen.<br />
2 Demokratie<br />
Foto: Mark Unbehend<br />
Ist Partizipation so gewendet schon<br />
identisch mit Demokratie? Grundsätzlich<br />
darf nicht vergessen werden, dass<br />
Teilnahme nicht mit Demokratie gleichzusetzen<br />
ist. Mitbestimmung ist nicht<br />
schon Mitentscheidung. Dies vorausgesetzt,<br />
hat die Frage mindestens zwei<br />
Perspektiven.<br />
Aus einer internen Perspektive ist daran<br />
zu erinnern, dass nicht praktizierte<br />
Partizipation keineswegs ein Ausdruck<br />
von fehlender Demokratie sein muss -<br />
wenn sie denn ermöglicht worden ist.<br />
Diese Ambivalenz zwischen Ermöglichung<br />
und Annahmebereitschaft kommt<br />
in dem treffenden Bonmot zum Ausdruck:<br />
„Müssen wir heute wieder machen,<br />
was wir wollen, oder dürfen wir<br />
tun, was wir sollen?“<br />
Die externe Perspektive kehrt die Konstellation<br />
um und hinterfragt die Forderung,<br />
die Aline Münch vor zwei Jahren<br />
als stellvertretende Vorsitzende des<br />
<strong>Bundesjugendwerk</strong>s erhoben hat: dass<br />
„Selbstbestimmung und Selbstverwaltung“<br />
als Ziele der Jugendarbeit zu sehen<br />
seien (Exzess 2/2003, S. 4). Denn<br />
Selbstbestimmung und Selbstverwaltung<br />
können nur so lange als das<br />
letzte Wort von Demokratie gelten, wie<br />
niemand anders betroffen ist. Sonst<br />
haben diese anderen ein Recht auf<br />
Partizipation und schränken damit die<br />
Selbstbestimmung ein.<br />
Erfüllt eine solche Partizipation aber<br />
nicht nur eine Alibifunktion, wenn<br />
schon vorher die Mehrheits- bzw.<br />
Machtverhältnisse klar sind? Der demokratische<br />
Mehrheitsentscheid oder der<br />
Machtentscheid demokratisch legitimierter<br />
Vertreter sind jeweils nur eine<br />
Verfahrensweise, um zu einem Ergebnis<br />
zu gelangen. Daneben gibt es z.B. den<br />
S E I T E S C h w e r p u n k t t h e m a<br />
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