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E.T. zu Hause gelandet - Focus-on-Horses

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020_022_Turniersport_RRi_01 02.12.2004 14:39 Uhr Seite 1 Udo Macintosh HD:Desktop Folder: Udo Macintosh HD:Desktop Folder:<br />

TURNIERSPORT<br />

E.T. <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g><br />

<str<strong>on</strong>g>Hause</str<strong>on</strong>g><br />

<str<strong>on</strong>g>gelandet</str<strong>on</strong>g><br />

Früher führte er das Leben eines Jetsetters,<br />

flog <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g> einem Springturnier<br />

nach Mexiko, drehte eine Ehrenrunde<br />

in Aachen, genoss den Applaus im Rampenlicht<br />

und durfte sich unterm Solarium<br />

wärmen. Heute wälzt sich E.T. FRH, das<br />

gewinnreichste Springpferd aller Zeiten,<br />

im Schlamm, kämpft nur noch um sein<br />

Heu und steht mit dickem Winterpelz<br />

auf der Weide.<br />

Auch den Besitzer<br />

hat er gewechselt:<br />

Hugo Sim<strong>on</strong><br />

schenkte E.T. seiner<br />

Pflegerin Margit<br />

Herzau. Reiter Revue<br />

besuchte eine<br />

Pferde-Persönlichkeit,<br />

die Abschied vom<br />

Sport genommen hat.<br />

20 1/2005


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3,2 Milli<strong>on</strong>en Euro sprang E.T. in seinem Leben <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>sammen. Für seinen Ruhestand, den er gemeinsam mit Apricot D (m.) verbringt, rückten<br />

Bagger an: Sim<strong>on</strong> ließ ihnen eigens einen Offenstall bauen. Und schenkte E.T. seiner Pflegerin Margit Herzau (l.).<br />

FOTOS: JULIA WENTSCHER<br />

Für den auffälligen Fuchswallach wurde<br />

oft die Welle gemacht. Das Publikum<br />

jubelte, wenn es ihn und seinen Reiter sah,<br />

schwang Fähnchen und Fan-Plakate. Nun<br />

rückten sogar Bagger für E.T. in dessen<br />

pfälzischer Heimat in Weisenheim am<br />

Sand an, verlegten Rohre mit warmen<br />

Wasser, rissen den Boden auf. Denn der<br />

Weltstar ist umgezogen: Hugo Sim<strong>on</strong> hat<br />

seinem Erfolgspferd eigens einen Offenstall<br />

mit Sommer- und Winterweide bauen<br />

lassen. Dort lebt E.T. mit seinem<br />

Freund Apricot D, der Hugo Sim<strong>on</strong> achtjährig<br />

<str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g> olympischem Teamsilber in Barcel<strong>on</strong>a<br />

trug und noch 19-jährig Nullrunden<br />

in S-Springen drehte. Damit sich die<br />

beiden Rentner nicht langweilen, hat Sim<strong>on</strong><br />

ihnen <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>m Amusement die zweijährige<br />

Holsteiner Stute C<strong>on</strong>cordija da<str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g><br />

gestellt. Wenige Meter unter dem Stall liegt<br />

der Springplatz. „Wenn dort trainiert<br />

wird, stehen E.T. und Apricot wie die beiden<br />

ewig meckernden Opas v<strong>on</strong> der Muppetshow<br />

am Zaun und gucken <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>. Macht<br />

ein Pferd einen Fehler, scheinen sie sich an<str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>schauen<br />

und <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g> denken: „Das gibts doch<br />

nicht, wie kann man nur so dumm sein.“<br />

Macht das Pferd den selben Fehler<br />

nochmal, rollen sie fassungslos mit den<br />

Augen“, erzählt Margit Herzau lachend.<br />

Was zwischen ihr und E.T. besteht, das<br />

beschreibt sie als 200-prozentiges Vertrauen.<br />

„E.T. ist wie ihr Kind“, nennt es Hugo<br />

Sim<strong>on</strong>. „Dieses Pferd ist mein Leben“, sagt<br />

Herzau, die sich seit neun Jahren um das<br />

Wohlergehen des Wallachs kümmert.<br />

Wenn E.T. sich im Flieger <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>m Turnier aufregte<br />

und Herzau <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g> ihm kam, entspannte<br />

er sich. Wenn auf dem Turnier Pause war<br />

und sie sich <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>m Ausruhen seine Box auswählte,<br />

legte sich E.T. neben sie und fiel in<br />

Tiefschlaf. „So etwas habe ich noch nie mit<br />

einem anderen Pferd erlebt“, erzählt Margit<br />

Herzau. Und als Hugo Sim<strong>on</strong> <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g> ihr<br />

sagte: „Wenn E.T. aus dem Sport geht, bekommst<br />

Du ihn geschenkt“, war sie fassungslos<br />

vor Freude. Damit das Präsent<br />

nicht irgendwann <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>r finanziellen Belastung<br />

wird, hat Hugo Sim<strong>on</strong> vorgesorgt<br />

und ein E.T.-K<strong>on</strong>to angelegt, auf das er seit<br />

drei Jahren Geld einzahlt: „Für den Fall,<br />

wenn ich einmal nicht mehr bin.“<br />

Sim<strong>on</strong> und E.T. – dieses Paar war populär<br />

wie nur wenige. Den Wahlösterrei-<br />

1/2005 21


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TURNIERSPORT<br />

cher mit der Pfälzer Mundart und seinem<br />

explosiven kleinen Fuchs kannten sogar<br />

Nichtreiter. Vielleicht auch, weil sie sich so<br />

ähnlich waren: Beide klein, beide furchtlos,<br />

beide beseelt vom Erfolg, ehrgeizig,<br />

auffallend. Ein wenig außerirdisch wirkte<br />

E.T. immer: Mit seinen 1,62 Meter weit unter<br />

dem Gardemaß seiner K<strong>on</strong>kurrenten,<br />

zeigte der Fuchswallach der ganzen Welt,<br />

wie viel Willenskraft unter seiner Blesse<br />

mit dem charakteristischen Fleck sitzt.<br />

„Ein Pferd mit zwei Charakteren“, beschreibt<br />

Margit Herzau ihren E.T.: „Im<br />

Umgang ruhig, ausgeglichen, lieb. Unter<br />

dem Sattel überehrgeizig, ständig bereit <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g><br />

aufreibenden Rangkämpfen mit seinem<br />

Reiter, guckig. Auf dem Abreiteplatz eine<br />

kaum <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g> zügelnde Kraftmaschine, in der<br />

Prüfung ein Kämpfer bis <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>m Umfallen.“<br />

„Herr Professor“ nannte sie den Fuchs<br />

dann, wenn er sich mal wieder mit Hugo<br />

Sim<strong>on</strong> anlegte, zeigen wollte, dass er der<br />

Stärkere ist, auf der Stallgasse den Futterwagen<br />

sah und urplötzlich wie ein Lamm<br />

brav und fügsam alles tat, was Sim<strong>on</strong> verlangte.<br />

„Nur weil er wusste, dass er dann<br />

schneller in die Box <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>m Fressen kommt“,<br />

lacht Herzau. Sie erlebte die große Karriere<br />

des Fuchses hautnah mit. Wusste,<br />

dass er tobte, wenn er nicht als erster in der<br />

Siegerehrung stand. Wartete ein Jahr lang,<br />

bis das Kennzeichen „DÜW-ET 1“ für<br />

„ihren“ Turnier-Lkw frei wurde.<br />

Ein Jahr wartete E.T.s Pflegerin Margit Herzau,<br />

bis das Kennzeichen „ET 1“ frei wurde.<br />

Hugo Sim<strong>on</strong>s Initialien sind allgegenwärtig:<br />

„HS“ an der Stalltür und an den Boxen.<br />

Auch im <str<strong>on</strong>g>Hause</str<strong>on</strong>g> Sim<strong>on</strong> ist der kleine<br />

Fuchs omnipräsent: E.T. in Aquarall gezeichnet,<br />

E.T. gestickt, E.T. in Teppich geknüpft,<br />

E.T. fotografiert. Sch<strong>on</strong> in der Garage<br />

zeigt ein riesiges E.T.-Gemälde, welche<br />

Bedeutung dieses Pferd für Hugo Sim<strong>on</strong><br />

hat. Dessen Namens<str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>g begegnet einem<br />

nicht weniger oft: Sim<strong>on</strong> vor dem<br />

Haus in Mosaiksteinen eingelassen, Hugo<br />

Sim<strong>on</strong> auf den roten Jacken des Teams, die<br />

Initialien HS an der Stalltür, HS goldfarben<br />

an jeder Box. Früh morgens dreht der<br />

63-Jährige unter dem Gemälde, das ihm<br />

mit seinem früheren Erfolgspferd Gladst<strong>on</strong>e<br />

über einem Sprung des Hamburger<br />

Derbys zeigt, im Schwimmbad seine Runden.<br />

Beim Mittagsessen blickt er auf den<br />

eigens in Persien geknüpften Teppich, auf<br />

dem seine bedeutendsten Erfolgspferde<br />

verewigt sind. E.T. nimmt darauf den<br />

größten Platz ein. „Er war sch<strong>on</strong> ein Bekloppter“,<br />

sagt er leise, fast zärtlich.<br />

Eigentlich sollte E.T. dieses Jahr noch<br />

voll gehen, doch nach dem Sieg in Münster<br />

kam Sim<strong>on</strong>s Schulterverlet<str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>ng dazwischen.<br />

E.T.s Karriereende, das in Wien<br />

feierlich besiegelt wurde, nochmal auf<str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g>schieben,<br />

kam für Sim<strong>on</strong>, der mit drei<br />

Nachwuchspferden weiter macht, nicht in<br />

Frage. „Alle meine Pferde habe ich topfit<br />

aus dem Sport genommen“, sagt er stolz.<br />

Mit dem Gedanken, das ginge schmerzlos<br />

an ihm vorüber, fuhr er nach Wien. Dort<br />

nahmen E.T. und Apricot ihren symbolischen<br />

letzten Sprung. Nachdem E.T. bei<br />

der Aufstellung seinem Namen nochmal<br />

alle Ehre machte und kerzengerade stieg,<br />

wurde der Triumphmarsch gespielt. 60<br />

Springreiter standen Spalier. Dann versagten<br />

Sim<strong>on</strong>s Worte, Tränen schimmerten<br />

in seinen Augen. Ein Lebensabschnitt<br />

war <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g> Ende.<br />

Julia Wentscher<br />

Hier wohnt einer der populärsten Springreiter<br />

der Welt. Hugo Sim<strong>on</strong>s Tag beginnt in<br />

seinem Hallenbad, dann geht’s in den Stall.<br />

INFO<br />

E.T. FRH gilt als gewinnreichstes Springpferd<br />

der Welt, verdiente über 3,2 Milli<strong>on</strong>en<br />

Euro. Der Hannoveraner v<strong>on</strong> Espri-Garibaldi<br />

II wurde 1987 bei Detlef Saul geboren,<br />

wechselte für 33.000 Mark über die Verdener<br />

Aukti<strong>on</strong> den Besitzer und gelangte v<strong>on</strong><br />

dort sechsjährig <str<strong>on</strong>g>zu</str<strong>on</strong>g> Sim<strong>on</strong>. Mit ihm gewann<br />

er achtjährig das Hamburger Derby, siegte<br />

in 36 Großen Preisen, entschied zweimal<br />

den Weltcup, war Vize-Europameister und<br />

vierter auf den Olympischen Spielen 1996.<br />

FOTOS: JULIA WENTSCHER<br />

22 1/2005

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