pa - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
pa - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
pa - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
6<br />
Nach dem Willen des Ordens- oder Religionsstifters sollten die Laien<br />
den Lebensunterhalt der Mönchsgemeinschaft durch freiwillige Zuwendungen<br />
garantieren und sich auf diesem Wege Verdienste (dGeba)<br />
erwerben, damit sich die Möchsgemeinschaft ihrer religiösen<br />
Aufgabe ohne Ablenkung durch weltliche Angelegenheiten widmen<br />
könne. Dieses Versorgungskonzept wurde in der Feudalgesellschaft<br />
durch Standesdifferenzierung beider Gruppen politisch institutionalisiert,<br />
so daß einem bestimmten Stand der Laien als Hörigen die Versorgung<br />
der Mönche, die in den Stand der Herren versetzt wurden, als<br />
Standespflicht auferlegt wurde. Ein Vorteil dieser Regelung für das<br />
Kloster bestand in der Kalkulierbarkeit der regelmäßigen Zuwendungen<br />
durch die Laien, welche die Mönche vom obligatorischen Bettelgang<br />
befreite.<br />
Wie sehr die Zwecke, das Handeln und die Übungen der Mönche im<br />
Kloster und im Orden auch religiös bestimmt sein mögen, soziologisch<br />
repräsentieren ihre Begriffe organisierte Formen des Zusammenlebens,<br />
Rechtsformen wie juristische Personen oder Körperschaften<br />
nicht nur kirchlichen Rechts, Statussysteme mit differenzierten<br />
Rollen, kulturelle Idealtypen, angestrebte und ausgeführte Lebensstile<br />
relativ autonomer Gemeinschaften, die in ihren Grenzen nach selbst<br />
gesetzten Regeln leben und in einem durch Status geregelten Verhältnis<br />
mit der übrigen Gesellschaft.<br />
Wer Regeln folgt, hat sich diszipliniert. Wer sich diszipliniert, unterwirft<br />
sein Verhalten der Erfüllung bestimmter Zwecke, und d.h. er<br />
handelt nach eigenem individuellen Willen; denn daß man etwas<br />
zweckgemäß hervorzubringen vermag, zeichnet ja den Willen aus. Die<br />
im Kloster geübte Methode der Lebensführung appelliert nicht nur an<br />
den individuellen Willen, sondern sie setzt seine Entscheidung voraus,<br />
sie stellt eine soziale Organisation des Verhaltens dar, die den individuellen<br />
Willen institutionalisiert, die ihre Maximen und Regeln nur<br />
auf der Grundlage der Geltung und Zustimmung des individuellen<br />
Willens jedes einzelnen Klostermitgliedes zu verwirklichen vermag,<br />
gerade weil sie ihn auf ihre Regeln hin verpflichtet. Damit erweist sich<br />
das Kloster als eine der frühesten sozialen Einrichtungen (wenn nicht<br />
gar als die früheste), die explizit auf dem individuellen Willen aufbauen<br />
und sein Vermögen als soziale Institution herausstellen und fördern.<br />
Als Schöpfungen des Willens, der Übereinkunft verschiedener Willen<br />
im Hinblick auf einen bestimmten Zweck, realisieren die Institutionen:<br />
Mönch, Orden und Kloster, einen der drei Grundtypen, in welche