Stadtteilnachrichten Heft 44 - Bürgerverein Freiburg Mooswald ev
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Der Gesundheits-Tipp<br />
Eine ganz alltägliche Sucht – Medikamentenmissbrauch<br />
Den Begriff Medikament verbindet man in<br />
erster Linie mit dem Wort Heilung. Medikamente<br />
werden auf Rezept oder als Selbstmedikation<br />
bezogen, um unter anderem chronische<br />
Krankheiten, Infekte, Schlafstörungen, Ängste,<br />
Depressionen zu behandeln. Dabei ist zu beachten,<br />
dass der Medikamenteneinsatz einzig<br />
der Therapie der jeweiligen Krankheitssymptomen<br />
dienen sollte. Ein Medikamentenmissbrauch<br />
liegt dann vor, wenn Medikamente dazu<br />
eingesetzt werden, die eigene Wahrnehmung,<br />
Gefühle oder Stimmungen zu beeinflussen und<br />
der ursprüngliche Anlass zur Einnahme des<br />
Medikamentes in den Hintergrund tritt. So lindern<br />
zum Beispiel Kopfschmerzmittel nicht nur<br />
den Schmerz, sondern sie wirken auch anregend<br />
und erzeugen ein angenehmes Körpergefühl.<br />
Daher sollte der Griff zur Kopfschmerztablette,<br />
zum Abführmittel, dem Schlafmittel<br />
oder zum Antidepressiva immer nur als Therapie<br />
und unter achtsamer ärztlicher Kontrolle<br />
erfolgen. Aus einer monate- oder jahrelanger<br />
Einnahme kann eine Medikamentenabhängigkeit<br />
mit all ihren gesundheitlichen Folgen für<br />
Körper und Seele entstehen. Typisch ist bei<br />
einer Medikamentenabhängigkeit, dass die Angehörigen,<br />
Ärzte und Apotheker die Gefahr oftmals<br />
nicht erkennen und unterschätzen. Denn<br />
die Betroffenen verstehen es meistens sehr gut,<br />
von ihrem Problem abzulenken und „Keine Betroffene<br />
läuft torkelnd durch die Straßen oder ist<br />
aggressiv“, so Prof. Dr. I. Flenker von der Uni<br />
Münster. Daher fordern Suchtexperten mehr<br />
Sensibilität gegenüber diesem Thema. Die<br />
Medikamentensucht findet oftmals dort statt wo<br />
Menschen überfordert sind. Der Schritt vom<br />
Medikamenten-Gebrauch zum Medikamenten-<br />
Missbrauch ist sehr klein. Nach Schätzungen<br />
der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahr<br />
(DHS) sind derzeit ca. 1,5 Millionen Menschen<br />
von Medikamenten abhängig, wobei man<br />
von einer wesentlich höheren Dunkelziffer ausgeht.<br />
Die sogenannte „heimliche Sucht“ ist ein<br />
gesellschaftliches Problem. In einem immer<br />
schnelleren Alltag, mit immer vielfältigeren Ansprüchen<br />
greifen immer mehr Menschen unterschiedlichen<br />
Alters zu medikamentösen Mitteln.<br />
Der gesellschaftliche Leistungsdruck ist für die<br />
Betroffenen so groß, dass sie den Alltag vermeintlich<br />
nur mit Hilfe von Medikamenten meistern<br />
können. Aus dem Schulalltag, dem Universitätsleben,<br />
und dem Arbeitsalltag kennt man<br />
den Begriff Hirndoping. Hier wird zu Medikamenten<br />
gegriffen, um unter anderem die Konzentration<br />
zu steigern, Kopfschmerzen zu bekämpfen,<br />
Prüfungsstress zu meistern und dem<br />
Leistungsdruck stand zu halten. Im Bereich des<br />
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Breitensports findet man ebenso Motive für einen<br />
Medikamentenmissbrauch: Muskelaufbau,<br />
Kraftzuwachs, härteres Training, Fettverlust,<br />
verkürzte Erholungsphase. Um den Schönheitsidealen<br />
der Medien zu entsprechen wird<br />
nicht selten zu Schlankheitspillen und Abführmittel<br />
gegriffen. In Zeiten des Pflegenotstandes<br />
kommt es leider nicht selten dazu, dass mit Hilfe<br />
von Medikamenten Probleme gelöst werden.<br />
Suchtexperten sprechen davon, dass der Medikamentenmissbrauch<br />
typisch für Frauen sei.<br />
Drei Viertel der süchtig gewordenen sind junge<br />
und alte Frauen unterschiedlichster sozialer<br />
Herkunft. Sie sind oftmals Opfer gesellschaftlicher<br />
Zwänge, des eigenen Rollenbildes, persönlicher<br />
Ansprüche und ihrer Erziehung. Der<br />
Umgang mit Medikamenten wird in Familien<br />
schon früh an die Kinder vermittelt. Vorbild für<br />
die Kinder und Jugendlichen ist der familiäre<br />
Umgang mit Medikamenten. Dabei spielen unter<br />
anderem folgende Fragen aus dem Familienalltag<br />
eine wichtige Rolle: Wann und warum<br />
gibt oder nimmt man ein Medikament? Wie<br />
gehen Sie mit Krankheiten um – darf man krank<br />
sein und sich auskurieren? Wer hat Zeit für die<br />
Pflege, wenn jemand erkrankt oder pflegebedürftig<br />
ist? Wie gehen Sie mit körperlichen Veränderungen<br />
durch Pubertät, Wechseljahre oder<br />
chronische Erkrankungen um? Wie begegnen<br />
Sie anhaltendem Stress bei schulischer, beruflicher<br />
oder privater Belastung? Der schnelle<br />
Griff zu Tabletten, um im Alltag zu funktionieren,<br />
wäre ein Weg der falschen Lösung. Ein Kind,<br />
welches lernt, dass man Probleme mit Medikamenten<br />
„wegschlucken“ kann und nicht erfährt,<br />
dass Zeit da ist, um ein Problem mit Vertrauten<br />
zu lösen, wird auch in der Zukunft nicht nach<br />
anderen Hilfe suchen. Es ist wichtig zu lernen,<br />
die Grenzen des eigenen Körpers zu kennen<br />
und sie anzunehmen. Erst dann, wenn man<br />
achtsam mit sich, seinem Alltag und seinem<br />
Körper umgeht, kann man Wege der Balance<br />
gehen. Dann können Sie Warnsignale des<br />
Körpers rechtzeitig wahrnehmen. Stressbedingte<br />
Erkrankungen wie Spannungsschmerzen,<br />
Herzinfarkt, Depressionen, Burn-Out können<br />
frühzeitig vermieden und geheilt werden.<br />
Die gesundheitlichen Folgen eines Medikamentenmissbrauches<br />
oder einer -Sucht kann man<br />
jedoch nicht alleine loswerden. Erst wenn die<br />
Betroffenen ihre eigene Körperintelligenz wieder<br />
wahrnehmen und verstehen lernen, können<br />
sie aus diesen alten Verhaltensmustern ausbrechen<br />
und sich auf den Weg der Heilung und<br />
eines gesunden Weges begeben. Dazu benötigen<br />
sie auch die Sensibilität ihrer Familie und<br />
Freunde und kompetente Hilfe von außen. Es