Liebe Leserin, lieber Leser, für Ihren Aufenthalt in St. Moritz ... - HOTEL
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<strong>Liebe</strong> <strong><strong>Leser</strong><strong>in</strong></strong>, <strong>lieber</strong> <strong>Leser</strong>,<br />
<strong>für</strong> <strong>Ihren</strong> <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> haben Sie das Laud<strong>in</strong>ella gewählt. Mit jeder Übernachtung<br />
unterstützen Sie das Kultur- und Workshop-Programm der Laud<strong>in</strong>ella.<br />
Als kle<strong>in</strong>es Dankeschön da<strong>für</strong>, stellen wir <strong>in</strong> unserer Zeitung „im Gespräch“ die Künstler<br />
vor, die zu Arbeitsaufenthalten e<strong>in</strong>geladen s<strong>in</strong>d, berichten über die bei uns präsentierten<br />
Kulturschätze des Kulturarchivs Oberengad<strong>in</strong>, er<strong>in</strong>nern an den feierlichen Abschied der<br />
beiden langjährigen Mitglieder des Verwaltungsrats, Dr. Edw<strong>in</strong> Nievergelt und Walter<br />
Sutter, und unterhalten Sie mit Texten über das Reisen, Wandern und die ersten Zeitungen<br />
<strong>in</strong> <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>.<br />
Die Landschafts- und <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>-Fotos <strong>in</strong> dieser Zeitung und im Workshop-Programm<br />
2004 s<strong>in</strong>d von Klaus Polkowski, Fotograf aus Freiburg im Breisgau und meistens auf Reisen.<br />
Sie entstanden während se<strong>in</strong>es Artist-<strong>in</strong>-residence-<strong>Aufenthalt</strong>s im Laud<strong>in</strong>ella Ende<br />
Oktober 2002.<br />
„Reisen jedoch machen still. Wo ich anfänglich Bilder suchte, lasse ich mich heute mehr<br />
und mehr von Bildern f<strong>in</strong>den“ - sagt der Weltreisende Klaus Polkowski.<br />
Viel Spass beim Lesen, Betrachten und Ferien machen im Engad<strong>in</strong>!<br />
Vera Kaiser<br />
1
Artists-<strong>in</strong>-residence<br />
Junge Künstler aus den Bereichen Musik, Literatur, bildende Kunst, Fotografie<br />
und Design werden zu Arbeitsaufenthalten <strong>in</strong>s Laud<strong>in</strong>ella e<strong>in</strong>geladen.<br />
In Konzerten, Lesungen und Ausstellungen präsentieren sie ihre Arbeiten <strong>in</strong><br />
<strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> der Öffentlichkeit und setzen neue künstlerische Akzente <strong>in</strong> die<br />
Kulturlandschaft des Engad<strong>in</strong>s.<br />
Im Jahr 2003 begrüssen wir:<br />
David Frühwirth, Viol<strong>in</strong>e<br />
Zbigniewas Totolis, Piano<br />
29. März bis 6. April 2003<br />
Der österreichische Geiger David Frühwirth istauf dem besten Weg, sich <strong>in</strong> der<br />
<strong>in</strong>ternationalen Musikszene e<strong>in</strong>en Namen zu machen. Se<strong>in</strong>e Konzertdebüts im<br />
L<strong>in</strong>coln Centre (New York), Konzerthaus (Wien), Concertgebouw (Amsterdam),<br />
Grossen Festspielhaus (Salzburg) und <strong>in</strong> der Wigmore Hall (London) trugen<br />
ihm bei den Kritiken hohes Lob e<strong>in</strong>. „...e<strong>in</strong> wahrhaftig phänomenaler Geiger”(Germany<br />
2000); „...he proved the depth of his soloistic powers” (<strong>St</strong>rad<br />
2001); „.. e<strong>in</strong> phänomenaler Vollblutmusiker” (Austria 2002); „..a ref<strong>in</strong>ed performer<br />
with profound <strong>in</strong>sight” (<strong>St</strong>rad 2002). Und se<strong>in</strong> Debut Recital CD Set<br />
„Trails of Creativity“ erhielt im Februar 2003 „Editors Choise“ im Grammophone<br />
Magaz<strong>in</strong>.<br />
David Frühwirth spielt auf der "ex-Brüstle<strong>in</strong>" <strong>St</strong>radivari aus dem Jahre 1707, die<br />
ihm die Österreichische Nationalbank zur Verfügung gestellt hat.<br />
Zbigniewas-Tadeusas Tatolis 1963 <strong>in</strong> der litauischen Hauptstadt Vilnius geboren,<br />
gewann schon als Jugendlicher zweimal den 1. Preis beim „Nationalen<br />
Wettbewerb Litauen“ und den 1. Preis des <strong>in</strong>ternationalen Klavierwettbewerbs<br />
„Usti nad Laben" <strong>in</strong> der Tschechoslowakei. Er erhielt e<strong>in</strong> <strong>St</strong>ipendium <strong>für</strong> das<br />
„P. I. Tschaikowsky- Konservatorium" <strong>in</strong> Moskau und e<strong>in</strong> <strong>St</strong>ipendium von der<br />
„F. Chop<strong>in</strong>- <strong>St</strong>iftung", um an den Meisterkursen von Professor R. Bakst, e<strong>in</strong>em<br />
Vertreter des „Nothern Royal College of Music" <strong>in</strong> Manchester, teilzunehmen.<br />
Seit1991 lebter <strong>in</strong> Deutschland. 1996 erlangte er an der Musikhochschule zu<br />
Lübeck mite<strong>in</strong>er hervorragenden Leistung se<strong>in</strong> Diplom, 2000 se<strong>in</strong> Konzertexamen.<br />
Zur Zeitarbeiteter an se<strong>in</strong>er Promotion als Musikwissenschaftler an der<br />
„Christian-Albrecht Universität" zu Kiel.<br />
„Zbigniewas-Tadeusas Tatolis ist e<strong>in</strong> Künstler, der sowohl e<strong>in</strong>en sensiblen<br />
Klang als auch temperamentvolle Interpretation <strong>in</strong> sich vere<strong>in</strong>t.“<br />
(Professor R. Bakst)<br />
2
Roustem Saitkoulov, Piano<br />
Claire Oppert, Violoncello<br />
5. bis 19. April 2003<br />
Roustem Saitkoulov wurde 1971 <strong>in</strong> Kazan /Russland geboren, erwarb 1994 am<br />
Tschaikowsky-Konservatorium von Moskau se<strong>in</strong> Solistendiplom. 1997 schloss<br />
er <strong>in</strong> der Meisterklasse von Elisso Wirssaladse an der Münchner Hochschule <strong>für</strong><br />
Musik se<strong>in</strong> <strong>St</strong>udium mit dem Meisterklassediplom ab. Er war Preisträger verschiedener<br />
<strong>in</strong>ternationaler Klavierwettbewerbe. Zuletzt erhielt er den zweiten<br />
Preis beim Concours Géza Anda <strong>in</strong> Zürich und das Zürcher Konzertpublikum<br />
verlieh ihm <strong>für</strong> se<strong>in</strong>e Interpretation von Rachman<strong>in</strong>ovs Klavierkonzert Nr. 2 den<br />
Géza Anda-Publikumspreis.<br />
Claire Oppert bildete sich als Violoncellist<strong>in</strong> bei Bernard Michel<strong>in</strong>, Mark Drob<strong>in</strong>sky,<br />
Mar<strong>in</strong>a Tschaikowskaja und Roland Kuntze <strong>in</strong> Paris, Moskau und Mannheim<br />
aus. Ihr <strong>St</strong>udium schloss sie 1993 mit dem Diplom des Konservatoriums<br />
Tschaikowsky <strong>in</strong> Moskau und 1995 mitdem dritten Zyklus der Hochschule <strong>für</strong><br />
Musik <strong>in</strong> Mannheim ab. Ausserdem erwarb sie das Lizenziat<strong>für</strong> Philosophie an<br />
der Sorbonne und das Europäische Diplom am Conservatoire Européen <strong>in</strong><br />
Paris.<br />
Auch Claire Oppert ist Preisträger<strong>in</strong> verschiedener <strong>in</strong>ternationaler Musikwettbewerbe,<br />
tratals Solist<strong>in</strong> mitOrchestern auf und seit1993 istsie e<strong>in</strong>geladene<br />
Violoncellist<strong>in</strong> des Philharmonie Orchesters Berl<strong>in</strong>.<br />
Claire Oppert unterrichtet am amerikanischen Konservatorium <strong>in</strong> Paris und am<br />
Konservatorium Sa<strong>in</strong>t Germa<strong>in</strong> en Laye. Sie leitet Musiksem<strong>in</strong>are <strong>für</strong> Cello und<br />
Kammermusik sowie Meisterklassen <strong>für</strong> zeitgenössische Musik mit dem<br />
Hélios-Quartett beim Konservatorium Versailles.<br />
Claire Oppertund<br />
Roustem Saitkoulov<br />
traten bereits weltweit<br />
geme<strong>in</strong>sam auf.<br />
Die <strong>in</strong>ternationale<br />
Presse jubelte "Roustem<br />
Saitkoulov<br />
besitzt die leidenschaftliche,<br />
stürmische<br />
Seele e<strong>in</strong>es<br />
Dichters. ... Der<br />
Schwung ist immer<br />
sprühend, der Atem<br />
grosszügig, die Eloquenz<br />
beigeisternd."<br />
... "Se<strong>in</strong> Spiel war<br />
kraftvoll und sensibel,<br />
fe<strong>in</strong>gliedrig und weitgespannt."...<br />
"Die<br />
Eleganz und Noblesse,<br />
bar jeglicher revolutionärer<br />
und profanisierender<br />
Prozesse,<br />
haben dem Publikum<br />
buchstäblich den<br />
Atem geraubt."... "es<br />
braucht schon überragende<br />
Fertigkeiten,<br />
um die abverlangte<br />
Spanne der Artikulation<br />
und Tempi so<br />
brillant dah<strong>in</strong>zupfeffern<br />
(aber auch deliziös<br />
auszuträumen) wie<br />
der hochmusikalisch<br />
agierende Russe."<br />
3
Artist-<strong>in</strong>-residence<br />
Flüssiger als Wasser/ E<strong>in</strong>e<br />
Felicitas Hoppe, Autor<strong>in</strong><br />
Foto: Mart<strong>in</strong> Hemmi<br />
21. Juni bis 17. Juli 2003<br />
Sie wurde 1960 <strong>in</strong> Hameln geboren, studierte <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen, den USA, Rom und<br />
Berl<strong>in</strong>, lebt und arbeitet als freie Schriftsteller<strong>in</strong> <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. 1996 erschien ihr<br />
Debüt „Picknick der Friseure“. 1999 nach e<strong>in</strong>er viermonatigen Weltreise auf<br />
e<strong>in</strong>em Conta<strong>in</strong>erfrachtschiff, folgte der Roman „Pigafetta“, der ihren Ruf als<br />
Erzähler<strong>in</strong>, die nicht weniger versucht, als „der Welt das Abenteuer zurückzugeben“<br />
(Hajo <strong>St</strong>e<strong>in</strong>ert), festigte. Zwischen den Reisen lebt die Autor<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong>.<br />
Ritter und Duellanten, Handlanger und Pilger, Sommerverbrecher und<br />
Zeitungsleser hatten bereits die Geschichten aus „Picknick der Friseure“<br />
bevölkert, bevor mit „Pigafetta“ dann das Abenteuer der Reise begann. Der<br />
neue Roman von Felicitas Hoppe, „Paradiese, Übersee“, greift e<strong>in</strong> weiteres<br />
Mal dieses Motiv auf <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e weit gespannte Reise durch die Kont<strong>in</strong>ente und<br />
Zeiten, mit e<strong>in</strong>em veritablen Ritter auf e<strong>in</strong>em Pferd, e<strong>in</strong>em ihn begleitenden<br />
Schreiber und drei Abenteuern auf der Suche nach dem kostbaren Fell der<br />
seltenen Berbiolette.<br />
Diese grosse Geschichte, die sich aus vielen kle<strong>in</strong>en zusammensetzt, besticht<br />
durch e<strong>in</strong>en phantastischen Realitätss<strong>in</strong>n und reale Träume. Wie jeder<br />
anständige Abenteuerroman ist sie prall gefüllt mit Bewährungsproben <strong>in</strong><br />
der Wildnis, Fehdehandschuhen, wilden Pferden und Hunden und geheimnisvollen<br />
Menschen <strong>in</strong> Hotels, die alle das E<strong>in</strong>e suchen.<br />
Mit dem Roman ist Felicitas Hoppe e<strong>in</strong> h<strong>in</strong>reissendes Kab<strong>in</strong>ettstück gelungen:<br />
Verkleidet, maskiert und gerüstet treten wir uns selbst gegenüber.<br />
4
Ich wollte nie nach Indien. Zeigen Sie mir e<strong>in</strong>en<br />
Reiseführer, <strong>in</strong> dem nichtder folgende Satz steht:<br />
INDIEN IST EIN FEST DER SINNE. Und jeder, der<br />
reist, weiß, dass man dem Ansturm auf die S<strong>in</strong>ne<br />
niemals gewachsen ist, <strong>in</strong> Indien schon gar nicht.<br />
Ich b<strong>in</strong> natürlich trotzdem gefahren, durch <strong>in</strong>dische<br />
<strong>St</strong>ädte, <strong>in</strong>dische Landschaften, <strong>in</strong>dische<br />
Dörfer. Doch am meisten liebe ich Indiens Züge,<br />
wo die Menschen nichtdurch Türen, sondern<br />
durch Vorhänge vone<strong>in</strong>ander getrennt s<strong>in</strong>d, wo<br />
ich nachts auf e<strong>in</strong>er Schlafbank liege und nichts<br />
anderes tun muss, als nur den Geräuschen des<br />
Reisens zu lauschen. Alles, was vorher schwierig<br />
ersche<strong>in</strong>t, wird auf e<strong>in</strong>mal klar und flüssig wie<br />
Wasser, und im Traum spreche ich mitKellnern<br />
und Schaffnern, den wahren Regenten des Landes.<br />
Reise nach Indien<br />
Bei Tag dagegen istalles anders. Die Augen weit<br />
offen, wird das Land wieder hell, und die<br />
Anstrengung wächst. Ich muss aufstehen, aussteigen,<br />
wieder auf eigenen Be<strong>in</strong>en gehen. Me<strong>in</strong>e<br />
letzte <strong>St</strong>ation: MUMBAI -BOMBAY!<br />
Wenige <strong>St</strong>unden später sitze ich vor fünfzig<br />
Lehrern, die wissen wollen, woher ich komme,<br />
woh<strong>in</strong> ich gehe, wie ich dieses empf<strong>in</strong>de und<br />
jenes sehe, warum ich alle<strong>in</strong> unterwegs b<strong>in</strong>, und<br />
was die Familie dazu sagt. Die Familie, natürlich,<br />
und überhaupt: Indien, haben Sie Indien wirklich<br />
gesehen? Aber was und wo istdas wirkliche<br />
Indien? THE REAL INDIA? Ich lausche erstaunt<br />
me<strong>in</strong>er eigenen <strong>St</strong>imme, die auf jede Frage Antwort<br />
vortäuscht, nach <strong>in</strong>nen h<strong>in</strong> aber stottere ich.<br />
Doch auch das gehtvorbei, jemand schautauf<br />
die Uhr, und mite<strong>in</strong>em Schlag s<strong>in</strong>d die Lehrer<br />
verschwunden. Nur e<strong>in</strong>er steht noch <strong>in</strong> der Tür,<br />
geduldig, kle<strong>in</strong>, diabetisch, sehr dünn, e<strong>in</strong><br />
müdes Gesichtund e<strong>in</strong> wacher Blick, unter dem<br />
Arm e<strong>in</strong>e abgewetzte Tasche, <strong>in</strong> der sich die<br />
Geschichte ihres Besitzers bef<strong>in</strong>det: Deutschlehrer<br />
b<strong>in</strong> ich, sagtPrakash Bapat, aber Fremdenführer<br />
b<strong>in</strong> ich auch, zwei Be<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d besser als<br />
e<strong>in</strong>s. Ich werde Ihnen me<strong>in</strong>e <strong>St</strong>adt zeigen, ich b<strong>in</strong><br />
hier geboren. Morgen um neun, Bus neunundsechzig,<br />
e<strong>in</strong> roter kräftiger Doppeldecker, gleich<br />
h<strong>in</strong>term Museum. Und br<strong>in</strong>gen Sie Ihre Kamera<br />
mit.<br />
Prakash Bapatistpünktlich, nur der Bus fehlt<br />
noch. Freihändig zeichneter mir die <strong>St</strong>adt<strong>in</strong>s<br />
Heft, und auf e<strong>in</strong>mal ersche<strong>in</strong>t mir alles leicht,<br />
als hätte er mir e<strong>in</strong>e Last genommen, ich muss<br />
5<br />
weder fragen, noch Antworten geben, weil Prakash<br />
Bapatselber erzählt: von der Schönheitder<br />
<strong>St</strong>adt, ihren achtzehn Millionen, den beweglichen<br />
Rändern, den arbeitslosen Rechtsanwälten,<br />
die <strong>in</strong> abgewetzten Anzügen im Vorgarten des<br />
Gerichts auf Klientenjagd gehen, von den Häusern<br />
mit vergitterten Fenstern, die man „Mädchen<br />
<strong>in</strong> Käfigen“ nennt, von den K<strong>in</strong>os und vom Cafe<br />
Royal, dortwar sogar PräsidentCl<strong>in</strong>ton zu Gast.<br />
Und nach dem Besuch über der Tür der Satz:<br />
HIER TRANK DER KÖNIG VON AMERIKA TEE.<br />
DER KÖNIG VON AMERIKA! Prakash Bapatlacht,<br />
er lachtviel, denn er liebtse<strong>in</strong>e <strong>St</strong>adt, und er<br />
liebtse<strong>in</strong>en Bus, und er liebtse<strong>in</strong>en Gast. Aus<br />
der Tasche ziehter das zweite Frühstück. Das hat<br />
me<strong>in</strong>e ältere Tochter gemacht, kle<strong>in</strong>es festes<br />
Gebäck ohne Zucker. Ich esse und vergesse den<br />
Namen sofort. Da<strong>für</strong> merke ich mir die Namen der<br />
Töchter: Nikita und Erika. Erika? Natürlich, sagt<br />
Prakash, ich liebe Deutschland.<br />
Prakash Bapatöffnetwieder die Tasche und<br />
ziehte<strong>in</strong> Fotoalbum hervor. Familien: Hier me<strong>in</strong>e<br />
Mutter, neunzig und rüstig, so beweglich s<strong>in</strong>d nur<br />
Vegetarier. Und hier Nikita, hier Erika, hier die<br />
Tochter der Nachbarn, und hier me<strong>in</strong>e Schwiegermutter,<br />
hier me<strong>in</strong>e Tante, das ist me<strong>in</strong> Onkel. Er<br />
wendetdie Seiten, schiebtdie Kulissen: E<strong>in</strong>e<br />
deutsche Familie <strong>in</strong> Heidelberg. Und das hier b<strong>in</strong><br />
ich, erkennen Sie mich? Ich erkenne Prakash<br />
Bapatsofort, der h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>em riesigen Bierkrug<br />
verschw<strong>in</strong>det, zwischen runden deutschen blonden<br />
Gestalten.<br />
Er wendetwieder die Seiten, nur se<strong>in</strong>e Frau<br />
kommtniemals <strong>in</strong>s Bild, aber ich wage nicht,<br />
nach ihr zu fragen, bis sie plötzlich, das Album ist<br />
fast zuende, doch noch durch die H<strong>in</strong>tertür tritt:<br />
Ganz l<strong>in</strong>ks unten im Bild, mehr Rücken und Schulter<br />
als Gesicht.<br />
Und plötzlich sehe ich alles vor mir. Die Frau<br />
und die Töchter und Prakash Bapat, der vor zwanzig<br />
Jahren geheiratet hat, Brahmane Brahman<strong>in</strong>.<br />
Das war nichtwie heute, das war ke<strong>in</strong>e <strong>Liebe</strong>, das<br />
war zweimal Tee bei den Schwiegereltern, dann<br />
fand man, das passtund schlug e<strong>in</strong>. Mädchen <strong>in</strong><br />
Käfigen. Die <strong>Liebe</strong>, wie Sie ja wissen, kommtspäter,<br />
man muss sich entscheiden <strong>für</strong> <strong>Liebe</strong> davor<br />
oder <strong>Liebe</strong> danach, man kann alles lernen.<br />
Und jetzt? Er richtet sich auf, schlägt das Album<br />
zu, dann hebter den F<strong>in</strong>ger. Ich will Ihnen e<strong>in</strong>e<br />
Frage stellen: WAS IST FLÜSSIGER ALS WASSER?<br />
Ich b<strong>in</strong>, das hat er natürlich gewusst, völlig ratlos.<br />
Aber weil er e<strong>in</strong> guter Fremdenführer ist,
schiebter zwei Sehenswürdigkeiten zwischen<br />
mich und die Antwort, erst dann sagt er leise mit<br />
freundlicher Schärfe:<br />
DIE SCHWIEGERMUTTER! Aber ja doch, die<br />
Schwiegermutter, denn sie ist vollkommen<br />
ÜBERFLÜSSIG!<br />
Familien! Doch ich kann beim besten Willen<br />
nichtlachen, denn ich begreife schlagartig, dass<br />
der hellwache kle<strong>in</strong>e Mann neben mir längstauf<br />
der Fluchtist. Sie müssen wissen, so leben wir,<br />
me<strong>in</strong>e Schwiegermutter, die Frau, die Töchter und<br />
ich. Vor zwei Jahren istsie zu uns gekommen,<br />
jetzt leben wir unter e<strong>in</strong>em Dach, sie Herrscher,<br />
ich Gast. Tags sehen sie fern, nachts liegen sie<br />
da. Früher war me<strong>in</strong>e Frau Rechtsanwält<strong>in</strong>, jetzt<br />
hatsie sich auf den Kopfschmerz verlegtund tut<br />
nichts, denn die Schwiegermutter hat uns zwei<br />
Diener beschert, die machen den Rest. Der e<strong>in</strong>e<br />
kocht, der andre trägt auf und geht ruhelos <strong>in</strong><br />
me<strong>in</strong>er Wohnung umher. Ich selber hätte sie<br />
längst entlassen, doch die Schwiegermutter lässt<br />
das nichtzu, sie kann ke<strong>in</strong>esfalls ohne die Diener<br />
leben, sie istmitden Dienern groß geworden, die<br />
Diener s<strong>in</strong>d mitihr altgeworden, die Diener hat<br />
es schon immer gegeben, die Diener s<strong>in</strong>d ewig.<br />
Nachts liege ich schlaflos <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Bett und<br />
lausche dem Schlaf der nutzlosen Diener, die<br />
nichts als me<strong>in</strong> Geld aus der Tasche ziehen und<br />
eigentlich gar ke<strong>in</strong>e Diener s<strong>in</strong>d, sondern schon<br />
längstdie Herren im Haus, von denen mich nur<br />
e<strong>in</strong> Vorhang trennt. Der e<strong>in</strong>e schläft im Wohnzimmer<br />
auf dem Sofa, der andere neben der Tür im<br />
Flur, nebenan schlafe ich, und wenn ich mich<br />
morgens waschen will, muss ich schneller se<strong>in</strong><br />
als beide zusammen.<br />
Deutschland, sagtPrakash Bapatund seufzt,<br />
ich liebe Deutschland. Und ich möchte jetzt, e<strong>in</strong>fach<br />
um ihn zu trösten, e<strong>in</strong>e Gegengeschichte<br />
erf<strong>in</strong>den, behaupten, bei uns sei es auch nicht<br />
besser. Flüssig wie Wasser möchte ich reden, von<br />
me<strong>in</strong>er eigenen Schwiegermutter, aber ich habe<br />
ke<strong>in</strong>e Schwiegermutter und auch ke<strong>in</strong>e Diener,<br />
ich b<strong>in</strong> der e<strong>in</strong>zige Herr me<strong>in</strong>es Hauses, aber<br />
genauso e<strong>in</strong>sam wie er, obwohl Indien e<strong>in</strong> Fest<br />
der S<strong>in</strong>ne ist, wie mir der Blick aus dem Fenster<br />
beweist. Und später das Essen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Lokal an<br />
der Endstation von Bus neunundsechzig, wo e<strong>in</strong><br />
freundlicher Kellner uns fotografiert, Prakash<br />
Babatund mich, mehr Schulter und Rücken als<br />
Gesicht, wie ich zuhause feststellen werde.<br />
Ob ich morgen mitihm e<strong>in</strong> Schiff besteige und<br />
mitihm nach Elefanta fahre? Morgen, um etwa<br />
dieselbe Zeit? Um <strong>in</strong> Höhlen die <strong>St</strong>atuen zu<br />
bewundern, die wahre, die alte, die echte Kultur?<br />
Real India und die ewigen Affen, die größten<br />
Handtaschenräuber der Welt? Und br<strong>in</strong>gen Sie<br />
Ihre Kamera mit, aber halten Sie Ihre Tasche gut<br />
fest: Achthundertdreiundzwanzig Mal ist me<strong>in</strong><br />
Reiseführer <strong>in</strong> Elefanta gewesen, aber er möchte<br />
wieder und wieder dorth<strong>in</strong>, denn der kurze Weg<br />
über das schmutzige Wasser br<strong>in</strong>gt ihn auf immer<br />
neue Gedanken. Und vielleichts<strong>in</strong>d am Abend,<br />
auf seltsame Weise, die Diener und Kellner und<br />
Schaffner verschwunden, und wir s<strong>in</strong>d endlich<br />
wieder alle<strong>in</strong> zuhaus.<br />
Felicitas Hoppe schrieb diesen Textim März 2003<br />
<strong>für</strong> diese Zeitung.<br />
Brigitte Lustenberger, Fotograf<strong>in</strong> 28. Juni bis 12.<br />
Im vergangenen Sommer porträtierte<br />
Brigitte Lustenberger während ihres<br />
Atelierstipendiumaufenthalts <strong>in</strong> Maloja<br />
Menschen, die den grössten Teil<br />
ihres Lebens <strong>in</strong> diesem Ortverbracht<br />
haben. Es s<strong>in</strong>d durchweg ältere Personen<br />
und da Maloja bis Beg<strong>in</strong>n des<br />
letzten Jahrhunderts e<strong>in</strong> Maiensäss<br />
und ke<strong>in</strong> ganzjährig bewohntes Dorf<br />
war, s<strong>in</strong>d fast alle Porträtierten e<strong>in</strong>gewandert–<br />
die meisten aus dem Bergell.<br />
6<br />
Brigitte Lustenberger fotografierte<br />
die Menschen aus Maloja <strong>in</strong> rembrandtscher<br />
Manier: Die nur vom hellen<br />
Lichte<strong>in</strong>es Fensters erhellten<br />
Gesichter s<strong>in</strong>d von der Dunkelheit<br />
ihrer Räume umgeben. Die Gesichter<br />
verschmelzen durch die Dunkelheit<br />
mitdem Ort. Dies zeigtdie Verbundenheit<br />
der Porträtierten mit ihrem<br />
Umfeld und lässtdas „Verweilen“<br />
spürbar werden.<br />
Die Betrachter müssen zu den Bildern<br />
h<strong>in</strong>, vor ihnen verweilen, um die<br />
Details (<strong>in</strong>) der Dunkelheit zu erken-
Andrew Shibko, Klavier<br />
25. Juni bis 6. Juli 2003<br />
Artist-<strong>in</strong>-residence<br />
Andrew Shibko wurde am 8. März 1975 <strong>in</strong> M<strong>in</strong>sk/Weissrussland geboren. Zwischen<br />
1992 und 1997 studierte er bei Prof. V. Kastelsky am Moskauer Konservatorium.<br />
Bis 1999 belegte er dorte<strong>in</strong>en Nachdiplomkurs. Zurzeitister Assistent<br />
von Professor Yuri S. Slesarev am Moskauer Konservatorium.<br />
Er gewann viele Preise: All-Union-Wettbewerb <strong>für</strong> begabte junge Künstler, Klavierwettbewerb<br />
von Porto, Londoner World Piano Competition und trat auf mit<br />
den Orchestern von W<strong>in</strong>terthur (Orchester Musikkollegium unter Vladimir Ashkenazy),<br />
Zürich (Tonhalle-Orchester unter Lawrence Foster), D’Angelo, Chautauqua,<br />
Osaka und Weissrussland. Rezitale gab er <strong>in</strong> Russland, Weissrussland,<br />
den USA, Japan, Deutschland, Italien und Portugal.<br />
In Verb<strong>in</strong>dung mitse<strong>in</strong>em 3. Preis beim Concours Géza Anda 2000 standen<br />
Konzertauftritte u.a. <strong>in</strong> Norddeutschland mit der Thür<strong>in</strong>ger Philharmonie und<br />
Rezitale <strong>in</strong> Viersen, beim Car<strong>in</strong>thischen Sommer <strong>in</strong> Ossiach, beim Festivale<br />
Internazionale Maratea Musica und <strong>in</strong> der Schweiz auf dem Programm.<br />
Künstlerische Bewertung durch die Jury beim 3. Preis Concours Géza Anda<br />
2000 <strong>in</strong> Zürich:<br />
„Auffallend im Auftreten und <strong>in</strong> den musikalischen Aussagen des russischen<br />
Pianisten Andrew Shibko ist die sympathische Balance zwischen kultivierter<br />
Bescheidenheit und e<strong>in</strong>er aus dem Leisen heraus entwickelten Bestimmtheit.<br />
Se<strong>in</strong> Vortrag der h-Moll-Sonate von Franz Liszt, aber auch se<strong>in</strong>e Darstellung<br />
des b-Moll-Konzertes von Tschaikowsky entbehrten jeglicher Art der sportlichen<br />
Gew<strong>in</strong>nsüchtigkeit, er<strong>in</strong>nerten an e<strong>in</strong>e Dimension des Klavierspiels, die<br />
im harmonischen Übergang, <strong>in</strong> der Besänftigung alles Aufgeregten ihren tieferen<br />
S<strong>in</strong>n zu sehen sche<strong>in</strong>t. Dabei agiert Shibko ke<strong>in</strong>eswegs unterkühlt. In<br />
Wahrheithandeltes sich um <strong>in</strong>direktabgestrahlte musikalische Hitze, die se<strong>in</strong><br />
Spiel temperiert, umsichtig und vornehm gezügelt wirken lässt, so wie e<strong>in</strong><br />
Hochgebildeter von Kultur ja auch nichtfortwährend mitse<strong>in</strong>em Wissen hausiert.<br />
In e<strong>in</strong>er Zeit, da viele, allzu viele junge Pianisten nicht sehr pfleglich mit<br />
dem Klavier umgehen, darf man e<strong>in</strong> Naturell wie Shibko besonders herzlich<br />
begrüssen.“<br />
Jury :<br />
Vladimir Ashkenazy,<br />
Präsident<br />
Peter Cossé,<br />
Dario De Rosa,<br />
Homero Francesch,<br />
Sena Jur<strong>in</strong>ac,<br />
Bryce Morrison,<br />
Elisso Virsaladze,<br />
Karsten Witt<br />
12. Juli 2003: Porträts aus Maloja<br />
nen. So entsteht e<strong>in</strong>e Intensität, die<br />
<strong>in</strong> allen Gesichtern Geschichten entstehen<br />
lässt. „Das Gesicht e<strong>in</strong>es<br />
Menschen istnichtnur immer nur<br />
Schauplatz psychologischer oder<br />
moralischer Wirkungskräfte, die dieser<br />
Mensch nach Belieben e<strong>in</strong>setzen<br />
kann. Es istauch e<strong>in</strong> Behältnis von<br />
Dauer und unveräusserlicher Kont<strong>in</strong>uität,<br />
die <strong>in</strong> der physischen, sozusagen<br />
fleischlichen Zeite<strong>in</strong>es Lebens<br />
abläuft. Jeder Wunsch und jede enttäuschte<br />
Hoffnung graben sich <strong>in</strong> diesen<br />
immer mürber werdenden Ton<br />
e<strong>in</strong>.“ Kunsthistoriker über Rembrandt.<br />
Mit diesen Bildern möchte die Fotograf<strong>in</strong><br />
über die Dokumentation „von<br />
Menschen aus den Bergen“ h<strong>in</strong>auskommen<br />
und <strong>in</strong> das Spannungsfeld<br />
zwischen Realität und Fiktion e<strong>in</strong>tauchen,<br />
das heisst, die Porträtierten<br />
s<strong>in</strong>d bewusst<strong>in</strong>szeniert, von ihr <strong>in</strong>terpretiertund<br />
doch dr<strong>in</strong>gtdas Unbewusste<br />
der Posierenden tief <strong>in</strong> die<br />
Fotografien e<strong>in</strong>. Sie laden e<strong>in</strong>, sich<br />
Geschichten über das Verweilen<br />
durch den Kopf gehen zu lassen.<br />
Fotos von Brigitte<br />
Lustenberger, die<br />
während ihres<br />
<strong>Aufenthalt</strong>es <strong>in</strong><br />
<strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> entstanden<br />
s<strong>in</strong>d, präsentieren<br />
wir <strong>in</strong> den nächsten<br />
Ausgaben Workshop-<br />
Programm und «Im<br />
Gespräch».
1991 wurde e<strong>in</strong> grosser<br />
Teil des Werkes<br />
von Elvezia Michel,<br />
rund 25 Ölbilder, 70<br />
Aquarelle und 700<br />
Skizzen und Zeichnungen,<br />
von den<br />
Nachkommen der<br />
Künstler<strong>in</strong> dem<br />
Kulturarchiv Oberengad<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> Samedan<br />
geschenkt. Nach<br />
e<strong>in</strong>er umfassenden<br />
Restaurierung des<br />
Nachlasses wurden<br />
die Bilder der Öffentlichkeit<br />
mehrmals an<br />
E<strong>in</strong>zel- und Kollektivausstellungen<br />
gezeigt.<br />
Die Ausstellung<br />
im Hotel Laud<strong>in</strong>ella<br />
zeigt vor allem das<br />
grafische Werk der<br />
Künstler<strong>in</strong>: Atelierskizzen,<br />
Aktzeichnungen,<br />
Illustrationen<br />
von Geschichten,<br />
Entwürfe von Buchdekorationen.<br />
Ausstellung<br />
im Hotel Laud<strong>in</strong>ella, <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong><br />
bis März 2004<br />
Elvezia Michel<br />
1887-1963<br />
Elvezia Michel wurde <strong>in</strong> Lisieux <strong>in</strong> der Normandie geboren, wo ihre Eltern e<strong>in</strong><br />
Patisserie-Geschäft besassen. Im Alter von sieben Jahren übersiedelte sie mit<br />
ihrer Familie nach Davos, der Heimatgeme<strong>in</strong>de ihres Vaters, wo sie die Grundschule<br />
besuchte. In den Ferien weilte sie immer wieder im mütterlichen Haus <strong>in</strong><br />
Borgonovo im Bergell. Die Jahre 1902 und 1903 verbrachte Elvezia Michel im<br />
Mädchenpensionat von Pfarrer Welti <strong>in</strong> Aarburg. Bereits dort fiel ihr künstlerisches<br />
Talentauf. 1904 bis 1905 begann die 17-Jährige ihre künstlerische Ausbildung<br />
<strong>in</strong> Mailand beim Kunstmaler Giuseppe Mascar<strong>in</strong>i mit Zeichenunterricht.<br />
1907 bis 1910 besuchte sie die “Damenakademie des Künstlervere<strong>in</strong>s“ <strong>in</strong><br />
München und 1910 bis 1912 die Kunstakademie <strong>in</strong> Paris. 1912 bis 1913 bildete<br />
sie sich <strong>in</strong> der „Central School of Arts and Crafts“ <strong>in</strong> London weiter. 1914 heiratete<br />
sie Giuseppe Mascar<strong>in</strong>i und blieb die folgenden 16 Jahre <strong>in</strong> Mailand. Daraufh<strong>in</strong><br />
trennte sie sich von ihrem Mann und liess sich im mütterlichen Haus <strong>in</strong><br />
Borgonovo nieder, wo sie bis zu ihrem Tod (1963) blieb.<br />
Das Werk von Elvezia Michel, ist– auch wenn es sich im Wesentlichen auf die<br />
Jahre zwischen 1902 und 1915 beschränkt– sehr vielfältig. Die Künstler<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressierte<br />
sich vor allem <strong>für</strong> die menschliche Ersche<strong>in</strong>ung. Davon zeugt bereits<br />
e<strong>in</strong>es ihrer Frühwerke, die e<strong>in</strong>drucksvolle Bebilderung e<strong>in</strong>er Zukunftsgeschichte,<br />
die sie als 16-Jährige ihrer Internatsfreund<strong>in</strong> widmete.<br />
Die Künstler<strong>in</strong> studierte ununterbrochen die Charaktere der Leute, die Ausdrucksformen<br />
der Gesichter und die Körperbewegungen. Ihr Persönlichkeitsstil<br />
istgekennzeichnetvon e<strong>in</strong>er unfehlbaren Intuition <strong>für</strong> den Bildaufbau und<br />
e<strong>in</strong>em gefühlsstarken Ausdruck.<br />
Sie liebte es, sowohl <strong>in</strong> der <strong>St</strong>adt als auch auf dem Land zu skizzieren und zu<br />
malen: Theaterszenen, städtische Frauen oder auch Bauern, e<strong>in</strong>fache Häuser<br />
und Landschaften. In ihren Werken s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>flüsse der zeitgenössischen Kunst<br />
erkennbar wie der Werke von Paul Cézanne, Felix Vallotton, Paul Gaugu<strong>in</strong>, aber<br />
auch der Bergeller Nachbarn Giovanni und Augusto Giacometti.<br />
Der Umzug nach Mailand setzte ihrer künstlerischen Karriere e<strong>in</strong> Ende. Elvezia<br />
Michel beschränkte sich nun auf die Ausführung e<strong>in</strong>iger wenig bedeutungsvoller<br />
Ölbilder und Zeichnungen. Zudem stellte sie <strong>für</strong> ihren Mann Giuseppe<br />
Mascar<strong>in</strong>i etliche Vorzeichnungen her, die ihm <strong>für</strong> die Ausführung von Ölbildern<br />
dienten.<br />
Nach der Rückkehr <strong>in</strong>s Bergell widmete sich Elvezia Michel vor allem der Weberei<br />
und kirchlich-sozialen Aufgaben. 2004 istim Talmuseum Ciäsa Granda <strong>in</strong><br />
<strong>St</strong>ampa e<strong>in</strong>e Ausstellung über Giuseppe Mascar<strong>in</strong>i und Elvezia Michel, ihre<br />
Zusammenarbeitund die fasz<strong>in</strong>ierenden Landschaftsgemälde des Engad<strong>in</strong>s<br />
und Bergells geplant.<br />
8
Elvezia Michel<br />
Grafische Werke und Bilder aus München, London, Paris<br />
und dem Bergell, 1902-1915<br />
9
Wann hörtdieser verfluchte Asphalt<br />
endlich auf? Noch e<strong>in</strong>e Schleife und<br />
noch e<strong>in</strong>e. Sie haben den Beton<br />
hoch h<strong>in</strong>auf getrieben <strong>in</strong> die Hänge,<br />
das istschlimmer, als die Skilifte<br />
s<strong>in</strong>d. „Sie“, wer istdas? – Das ist<br />
niemand, das istdas Geld. Man kann<br />
es nichtstoppen, nichtauf Dauer. Je<br />
höher die <strong>St</strong>raßenkehre, um so teurer<br />
s<strong>in</strong>d die Protzbunker, die hier<br />
gebautwurden oder gerade gebaut<br />
werden. Man versteht. Man versteht<br />
die Geschichten, die sich ereignet<br />
haben, obwohl man sie nichtkennt.<br />
Man versteht schon lange: Das Geld.<br />
Erstknapp vor der zweitausender<br />
Höhenmarke hörtdie asphaltierte<br />
<strong>St</strong>raße auf, und dort stehen die gro-<br />
„Circa sechs <strong>St</strong>unden“, hatte Felix teskesten architektonischen Konvulsionen.<br />
Dreihundert, vierhundert<br />
Schlatter mir notiert, dauere der<br />
„Giro Piz Nair/Piz Corviglia“. Sie war Quadratmeter Wohnfläche, aber mir<br />
leichtuntertrieben, diese Zeitangabe,<br />
und vielleichtwar es nichtdie fläche. Ich sehe e<strong>in</strong>e ArtWik<strong>in</strong>ger-<br />
gefälltbesser: überdachte Existenz-<br />
vernünftigste Tour <strong>für</strong> jemanden, der burg, die Fensterläden, selbstverständlich,<br />
s<strong>in</strong>d geschlossen. „Ihr<br />
erst am Vorabend, Mitte Oktober<br />
2002, aus dem norddeutschen Flachland<br />
angereistwar.<br />
oben stehen, wo der Asphalt aufhört.<br />
Vollidioten“, schreie ich, als ich<br />
Me<strong>in</strong> Höhen-Selbst<br />
Aber vernünftig b<strong>in</strong> ich selten. Die<br />
Sonne sche<strong>in</strong>t, ich muss los, kann<br />
ihn nichterwarten, diesen wunderbaren<br />
Rhythmus des Aufsteigens.<br />
Sofortam Beg<strong>in</strong>n der Tour, vor dem<br />
Fußgängerviaduktzur Gondelstation,<br />
steht das H<strong>in</strong>weisschild zum Pass<br />
Suvretta mit e<strong>in</strong>em Pfeil <strong>in</strong> die<br />
genau falsche Richtung. Und dies <strong>in</strong><br />
der Schweiz! Ich schreite sehr zügig<br />
aus, mitdem Vorsatz, bald e<strong>in</strong> ruhigeres<br />
Tempo anzuschlagen. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne<br />
Pappel, e<strong>in</strong>e Espe (Populus<br />
tremula), begegnet mir. Schon<br />
gestern, als ich das Tal h<strong>in</strong>auf fuhr,<br />
bemerkte ich, dass dieser Baum,<br />
noch vor der Birke und der viel<br />
gepriesenen Lärche, der wahre König<br />
des Herbstgoldgelbes ist. Fleckenlos,<br />
re<strong>in</strong> und leuchtend <strong>in</strong> der<br />
Abenddämmerung.<br />
Was wollen diese Menschen? Da sitzen<br />
sie <strong>in</strong> ihren Bunkern, <strong>in</strong> <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>,<br />
auf Capri, <strong>in</strong> Manhattan, auf<br />
ihren dämlichen Motoryachten, furzend,<br />
oversexed and underfucked,<br />
wie wir alle. Spätabends drücken sie<br />
die Hautauf ihren Oberschenkeln zu<br />
Runzeln zusammen, und sie erblicken<br />
den Tod. Wissen sie nicht, dass<br />
e<strong>in</strong> durchschnittliches Menschenleben<br />
700 000 <strong>St</strong>unden dauert? <strong>St</strong>unden!<br />
NichtTage, nichtWochen, sondern<br />
<strong>St</strong>unden! Holz, <strong>St</strong>e<strong>in</strong>e, Wasser,<br />
etwas Ahnung von der Intelligenz,<br />
die im Kle<strong>in</strong>sten herrscht. Pflanzen,<br />
Tiere, Verliebtse<strong>in</strong>, Trauer, e<strong>in</strong> bisschen<br />
Sex, Schönheit, Wahrheit,<br />
Kunst, und e<strong>in</strong>ige Verfe<strong>in</strong>erungen<br />
des täglichen Dase<strong>in</strong>s: Mehr gibt es<br />
nicht. Das istalles, da könntihr<br />
machen, was ihr wollt.<br />
„Halt’s Maul!“, sage ich mir dann.<br />
Das gehtmich alles nichts an! Nachher<br />
werde ich ausführlicher mitmir<br />
sprechen. Noch istes zu früh. Endlich<br />
aufsteigen, niemand ist unterwegs,<br />
außer mir selbst. Das ist gut.<br />
Bald s<strong>in</strong>d der Asphaltund die Vollidioten<br />
vergessen. E<strong>in</strong> dunkelrotbrauner<br />
Vogel, kaum größer als e<strong>in</strong><br />
Zaunkönig, offenbar e<strong>in</strong> Solist, hüpft<br />
und flattert zwischen den Granitbrocken<br />
l<strong>in</strong>ks von mir. „Tschilp, tschilp“,<br />
machter, oder so ähnlich. Mich<br />
ärgertes, dass ich mich mitVogelnamen<br />
nichtbesser auskenne. Aber<br />
dann fälltmir der Name des Vogels<br />
e<strong>in</strong>: Es handeltsich hier um e<strong>in</strong>en<br />
dunkelrostroten Gletscher-<br />
10
schwirrl<strong>in</strong>g. „Guten Tag“, sage ich. Er<br />
grüßtzurück und schwirrtordnungsgemäß<br />
dunkelrostrot davon. E<strong>in</strong><br />
schöner Vogel!<br />
An e<strong>in</strong>em Felsbrocken iste<strong>in</strong>e Tafel<br />
befestigt. Im Oktober 1988 s<strong>in</strong>d hier<br />
drei Menschen gestorben. Woran<br />
wohl? E<strong>in</strong>e frühe Law<strong>in</strong>e? Geme<strong>in</strong>samer<br />
Suicid? Zum ersten Mal wandere<br />
ich heute mit Hilfe von zwei Wanderstöcken.<br />
Als es steiler wird, bemerke<br />
ich, dass sie den Blick befreien. Ich<br />
muss weniger auf die Exaktheit me<strong>in</strong>er<br />
Schritte achten, sehe mehr von<br />
der Landschaft. Das freut mich.<br />
Überhaupt, jetztstelltsich allmählich<br />
me<strong>in</strong> berauschtes Höhenselbst<br />
e<strong>in</strong>, und als ich den Lej Suvretta<br />
erreiche, frage ich die roten Fische,<br />
wie sie hierh<strong>in</strong> gekommen s<strong>in</strong>d. Und<br />
von was sie denn überhauptleben,<br />
was sie fressen hier oben, vor allem<br />
demnächst, wenn der kle<strong>in</strong>e See<br />
monatelang zugefroren se<strong>in</strong> wird.<br />
Und ob sie überhauptechts<strong>in</strong>d oder<br />
vielmehr batteriegetrieben, vom Tourist-Office<br />
per Joystick gesteuert, diese<br />
Hochgebirgs-Rotschnapper. Fragen<br />
über Fragen...<br />
Ich steige nach l<strong>in</strong>ks hoch über den<br />
Geröllhang, mitdem Plan, über den<br />
Suvrettasattel <strong>in</strong>s oberste Bever-Tal .<br />
Bald verliere ich die Markierungen,<br />
und jetzt kommen dicke Wolken auf,<br />
und Nebel steigt aus dem Tal. Also<br />
knie ich mich an e<strong>in</strong> frisch aus dem<br />
Berg entsprungenes R<strong>in</strong>nsal, esse<br />
e<strong>in</strong>en Müsliriegel, fülle die Tr<strong>in</strong>kflasche<br />
auf und rufe e<strong>in</strong>e höchstwahrsche<strong>in</strong>lich<br />
begehrte Dame an, um ihr<br />
den Klang des Bächle<strong>in</strong>s aus etwa<br />
2800 Metern Höhe zu übermitteln.<br />
Das Vorhaben gel<strong>in</strong>gt. Dann kehre<br />
ich um. Es wird sehr mühsam, auf<br />
den Weg durch das Hochtal zurück zu<br />
kehren. Dortb<strong>in</strong> ich alle<strong>in</strong> mitme<strong>in</strong>en<br />
Worten. Die <strong>St</strong>unden verstreichen,<br />
der Himmel istgarstig, ich<br />
gehe im Anorak. Alle wichtigen Probleme<br />
s<strong>in</strong>d diskutiert, ke<strong>in</strong>es wurde<br />
gelöst, ke<strong>in</strong>es wird je gelöst werden.<br />
Als ich wieder e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Geröllhang<br />
h<strong>in</strong>unter steige, kommen mir<br />
zwei Mounta<strong>in</strong>biker entgegen, die<br />
Fahrräder auf den Schultern. Was<br />
das br<strong>in</strong>gen soll, werde ich wohl nie<br />
verstehen. Ich b<strong>in</strong> leicht verstimmt.<br />
Diese Apparaturen stören den<br />
Frieden hier, alles wird sogleich<br />
zivilisiert, zum Parcours, zum Trimm-<br />
Dich-Pfad. Oben auf dem schlammigen<br />
Pfand wühlen sich die Biker<br />
dann mitgrößter Übersetzung bergauf.<br />
Es siehtganz e<strong>in</strong>fach hirnrissig<br />
aus, das Ganze. An der Alp Suvretta<br />
angekommen, im Val Bever, erwartet<br />
mich e<strong>in</strong> weiterer Biker am Pfahl mit<br />
den H<strong>in</strong>weisschildern auf die Wanderrouten.<br />
Er sei das Tal hoch gefahren,<br />
sagter. Zweitausend-Euro-Rad,<br />
bunter Biker-Kampfanzug, <strong>St</strong>urzhelm.<br />
„Na toll“, denke ich. Ich muss<br />
ihn fotografieren, zusammen mit den<br />
H<strong>in</strong>weisschildern, e<strong>in</strong>e Trophäe <strong>für</strong><br />
zuhause wird hergestellt. Anschließend<br />
raster soforttalabwärts<br />
zurück. Sie betrachten die Natur als<br />
Freizeitpark, als Fitnessstudio. Aber,<br />
genau genommen, betrachten sie gar<br />
nichts.<br />
Talabwärts leuchten mir jetzt die Lärchen<br />
entgegen. Das Val Bever wird<br />
arkadisch, der Bach, die Matten, die<br />
Lärchen, die Granitbrocken, alle s<strong>in</strong>d<br />
sie schön zusammen. Ich kann nicht<br />
anders, ich lege mich auf die Erde,<br />
strecke Be<strong>in</strong>e und Arme aus, der<br />
Bach murmelt, so, wie sich das<br />
gehört. Als ich weiter gehe, spüre<br />
ich, dass ich mich unterkühlt habe.<br />
Die fallenden Lärchennadeln glitzern<br />
fastwie Eiskristalle <strong>in</strong> der Luft. Kaum<br />
haben sie e<strong>in</strong>en schwachen Lichtreflex<br />
geschickt, s<strong>in</strong>d sie <strong>für</strong> immer<br />
verschwunden. Als ich Bever erreiche,<br />
b<strong>in</strong> ich sehr erschöpft. Me<strong>in</strong>e<br />
Gedanken schweigen, und dass ich<br />
bei beg<strong>in</strong>nender Dunkelheitnoch<br />
sehr lange auf die Rhätische Bahn<br />
zurück nach <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> warten muss<br />
und dass mir diese Zeitlang und kalt<br />
wird: Auch das gehörtdazu.<br />
11<br />
Foto: Andreas Bohnhoff<br />
Wolfgang<br />
Schömel<br />
Autor,<br />
Mitherausgeber des<br />
literarischen Jahrbuchs<br />
„Hamburger Ziegel“ und<br />
seit 1989 Hamburger<br />
Literaturreferent schrieb<br />
diesen Text während<br />
se<strong>in</strong>es <strong>Aufenthalt</strong>es <strong>in</strong><br />
<strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>.<br />
2002 erschien se<strong>in</strong> erster<br />
Roman „Die Schnecke<br />
Überwiegend neurotische<br />
Geschichten“ im Klett<br />
Cotta Verlag.
Foto: Titel der Ausgabe vom 21. Februar 1936 /<br />
Dokumentationsbibliothek <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong><br />
Bereits im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erschienen die ersten Fremdenblätter,<br />
die das Gesellschaftsleben von <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> und se<strong>in</strong>er näheren Umgebung auf<br />
Englisch und Deutsch schön schrieben. Hier erfuhren die Gäste <strong>in</strong> den ausführlichen<br />
Fremdenlisten, welche Gräf<strong>in</strong> <strong>in</strong> welchem Hotel logierte, ob gar e<strong>in</strong> Pr<strong>in</strong>z<br />
unter den Vornehmen weilte und wessen Bekanntschaft den geschäftlichen Interessen<br />
diente. Jene aber, die die Zeitung <strong>in</strong> London aufschlugen, konnten sich vergewissern,<br />
dass sich ihre Bekannten <strong>in</strong> <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> ausgezeichnet amüsierten.<br />
Zeitung als Gesellschaftsspiegel<br />
Die zweite Nummer der frisch gegründeten Touristenzeitung ‚The <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong><br />
Post‘ vom 14. Dezember 1886 macht deutlich, wie sehr der W<strong>in</strong>teraufenthalt <strong>in</strong><br />
<strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> zu jener Zeit e<strong>in</strong>er Begründung bedurfte. Die Erf<strong>in</strong>dung der W<strong>in</strong>tersaison<br />
war erstzwanzig Jahre her und zwischen e<strong>in</strong>er Erf<strong>in</strong>dung und e<strong>in</strong>em<br />
gesellschaftlichen Ereignis liegen viele Buchstaben. Frederick de Beauchamp<br />
<strong>St</strong>rickland, der im Kulm Hotel residierte und mit Unterstützung weiterer Kulmgäste<br />
die Zeitung herausgab, betonte im Editorial, dass entgegen aller Vorurteile<br />
e<strong>in</strong> W<strong>in</strong>teraufenthalt besonders vergnüglich ablaufe:<br />
„‘Nach <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> reisen?‘ ‚Was!! Im W<strong>in</strong>ter!!‘ ‚Was um Himmels willen kann<br />
man dortmitsich anfangen?‘ ‚Istdas nichtbeängstigend langweilig?‘ ‚Vermisstman<br />
nichtMenschen, mitdenen man sich unterhalten kann?‘ Dies s<strong>in</strong>d<br />
die Fragen, mitdenen man <strong>in</strong> London oftkonfrontiertist, und die selbstLeute<br />
stellen, die das Engad<strong>in</strong> im Sommer kennen; die Beschreibungen von Toboggann<strong>in</strong>g,<br />
Eislaufen und Wettrennen, von unseren Unterhaltungen, Musik, Tanz<br />
und ‚last, butnotleast‘ die Schilderungen der schönen Landschaftund des<br />
wunderbaren Sonnensche<strong>in</strong>s, des klaren Frosts, der Picknicks auf dem See<br />
während des Eislaufens oder auf e<strong>in</strong>em der Pässe, um später zu rodeln, lassen<br />
12
viele Menschen e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung von Gesundheit, Beschäftigung und Vergnügen<br />
entdecken, von der sie nie geträumt hätten.“<br />
Damitstehtam Anfang e<strong>in</strong>er publizistischen Tätigkeit<strong>in</strong> <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> das Bedürfnis,<br />
e<strong>in</strong>en w<strong>in</strong>terlichen <strong>Aufenthalt</strong> als gesellschaftliches Ereignis zu legitimieren<br />
und Vorbehalte auszuräumen. Die Bemühungen zielen darauf ab, e<strong>in</strong>en Ort<br />
des Vergnügens zu etablieren, der auch noch – ausgedrückt<strong>in</strong> „last, butnot<br />
least“ – schöne Natur und e<strong>in</strong> wohltätiges Klima bieten kann. Die rege Selbst<strong>in</strong>szenierung<br />
der Gäste, wie sie diese frühen Zeitungen spiegeln, zeigen das<br />
Verlangen, sich gegenseitig e<strong>in</strong>es s<strong>in</strong>nvollen und gesellschaftlich relevanten<br />
Lebens <strong>in</strong> der verme<strong>in</strong>tlichen Abgeschiedenheit zu versichern. Die Artikel<br />
begegnen dem Anwurf der Ödnis und Langeweile mite<strong>in</strong>em Katalog von<br />
Beschäftigungen. Gerade weil diese ersten Reisenden meist ihrer Gesundheit<br />
zuliebe längere Zeit<strong>in</strong> den Bergen weilen, versuchen sie, ihr Exil <strong>in</strong> e<strong>in</strong> lebensfrohes<br />
Paradies umzudeuten. Sie schreiben ihren gesundheitlich bed<strong>in</strong>gten<br />
kollektiven Ausschluss aus der fe<strong>in</strong>en Londoner Gesellschaft zu e<strong>in</strong>er erstrebenswerten<br />
Exklusivität um, die letztlich die Sehnsucht der Daheimgebliebenen<br />
zu wecken vermag.<br />
Die <strong>in</strong> Englisch verfasste ‚The <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> Post‘ kam nur bis 1889 heraus. Vielleichtwussten<br />
dann schon alle Londoner, dass es sich wirklich lohnte im W<strong>in</strong>ter<br />
<strong>in</strong>s Engad<strong>in</strong> zu reisen. Vielleicht aber hatten sich die Zeitungsmacher auch<br />
aufgerieben, konnten die Verantwortlichen <strong>in</strong> der Druckerei <strong>in</strong> Samedan doch<br />
ke<strong>in</strong> Englisch, was, wie e<strong>in</strong>e Beteiligte festhielt, immer wieder zu amüsanten,<br />
aber auch anstrengenden Missverständnissen führte.<br />
Zu diesen hauptsächlich touristisch ausgerichteten Zeitungen gehörte auch<br />
das Blatt‚Engad<strong>in</strong> Express & Alp<strong>in</strong>e Post‘, das seit1900 bis zum Ausbruch des<br />
Zweiten Weltkriegs während der Saison wöchentlich zweimal mit e<strong>in</strong>em<br />
deutschsprachigen und e<strong>in</strong>em englischen Teil erschien. Diese Fremdenblätter<br />
standen nicht nur im Engad<strong>in</strong> zum Verkauf, sondern wurden auch <strong>in</strong> London,<br />
Paris und Rom feilgeboten. E<strong>in</strong>erseits dienten sie also dazu, die <strong>St</strong>ädter <strong>in</strong> die<br />
Berge zu locken, andererseits bestätigten sie jene, die schon <strong>in</strong> <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> weilten,<br />
<strong>in</strong> ihrer Wichtigkeit. Wie die Engländer<strong>in</strong> Elizabeth Ma<strong>in</strong> <strong>in</strong> ihrem Roman<br />
‚The story of an alp<strong>in</strong>e w<strong>in</strong>ter‘ von 1907 festhielt, stieg die Zahl der abgesetzten<br />
Kopien <strong>in</strong> <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> nach e<strong>in</strong>em Ball sprunghaft an, denn jede Dame wollte<br />
wissen, ob ihr Festkleid Erwähnung gefunden hatte und ihre kostbaren Perlen<br />
gebührend gelobtworden waren.<br />
Ab 1894 erschien die ‚Engad<strong>in</strong>er Post‘, die auch heute noch über alles Wissenswerte<br />
der Region berichtet. Sie widmete sich neben dem Fögl d’Engiad<strong>in</strong>a,<br />
das schon 1856 erstmals herauskam, den Fragen des Fremdenverkehrs<br />
stärker aus e<strong>in</strong>er lokalen Sicht heraus. In der ‚Engad<strong>in</strong>er Post‘ vom 5. Oktober<br />
1899 etwa wurde die Entwicklung des Kurorts kritisch diskutiert. Es g<strong>in</strong>g dabei<br />
um die L<strong>in</strong>ienführung der Rhätischen Bahn nach <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>:<br />
Cordula<br />
Seger,<br />
die Autor<strong>in</strong> dieses<br />
Artikels hat gerade<br />
ihre Dissertation zum<br />
Thema 'Grand Hotel -<br />
Raum und Gesellschaft'<br />
abgeschlossen,<br />
<strong>in</strong> der Romane<br />
und Geschichten rund<br />
um die Engad<strong>in</strong>er<br />
Grand Hotels vor 1914<br />
e<strong>in</strong>e zentrale Rolle<br />
spielen.<br />
13
„Dieses traute klare Gottesauge [geme<strong>in</strong>t ist der <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>ersee], <strong>in</strong> dem sich<br />
der Himmel spiegelt, soll nun durch Kohlendampf und Qualm getrübt, durch<br />
Gezisch und Lärm erschreckt, durch schnurgerade giftige Eisenstangen verletztwerden?<br />
Der Naturschönheitdes Geländes wegen hatder Mensch se<strong>in</strong>e<br />
Millionen gewagtund sie diesem Gelände anvertraut. Nun will man gehen und<br />
ihm vor der Nase e<strong>in</strong>en hässlichen <strong>St</strong>rich durchs ganze setzen. (…) Es hat<br />
geheissen, die rätische Bahn könne ganz gut auch neben dem Bahnstrang e<strong>in</strong>e<br />
Promenade errichten. Danke schön – die idyllische Annehmlichkeit e<strong>in</strong>es<br />
Erholungsweges neben der Eisenbahn passtvielleichtals faute de mieux <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e <strong>St</strong>adtmitmehr Fabrikkam<strong>in</strong>en als Häusern, aber nichtan e<strong>in</strong>en Höhenkurort,<br />
der sich auf dem Segen alp<strong>in</strong>er Schönheitaufgebauthat.“<br />
Hier wird deutlich, dass Tourismus <strong>für</strong> die Bevölkerung des Tals e<strong>in</strong>e ganz<br />
andere Bedeutung besass. Nicht Vergnügen und Selbststilisierung standen im<br />
Vordergrund, vielmehr galtes abzuwägen, welche technischen Neuerungen<br />
der touristischen Entwicklung nützen und welche ihr schaden konnten. Dabei<br />
g<strong>in</strong>g es um wichtige Investitionen, <strong>für</strong> viele war damit ihr Auskommen im Tal<br />
und entsprechend ihre Existenz verknüpft. Die Zeitung wirkte als eigentliche<br />
Me<strong>in</strong>ungsmacher<strong>in</strong> und Katalysator. Wie das Zitat mit pathetischem Gestus<br />
vorführt, liegt das Dilemma <strong>in</strong> der Notwendigkeit des technischen Fortschritts,<br />
der doch zugleich die Gefahr birgt, die Unterschiede zwischen <strong>St</strong>adt und Land<br />
e<strong>in</strong>zuebnen. S<strong>in</strong>d die Alpen jedoch ke<strong>in</strong> Idyll mehr, haben die Gäste auch ke<strong>in</strong>en<br />
Grund, <strong>in</strong>s Bergparadies aufzubrechen. Von der Eisenbahn aber versprachen<br />
sich die Hoteliers e<strong>in</strong>en beträchtlichen Zuwachs des Gästestroms.<br />
Schliesslich fand man e<strong>in</strong>en Kompromiss: der Zug fuhr im Sommer 1904 mit<br />
gehörigem Abstand zum See und nur bis an den Rand von <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> Dorf e<strong>in</strong>.<br />
Die Zeitungen spiegeln aber nicht nur das lokale Geschehen, sondern auch die<br />
politischen Entwicklungen Europas. Das Grand Hotel <strong>in</strong> den Alpen galt um<br />
1900 als <strong>in</strong>ternationaler Mikrokosmos und <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> war se<strong>in</strong> bevorzugter<br />
Schauplatz. Am Dienstag, den 4. August 1914, sah sich die Redaktion des<br />
‚Engad<strong>in</strong> Express & Alp<strong>in</strong>e Post‘ gezwungen, sich von ihren <strong>Leser</strong>n zu verabschieden<br />
und beklagte mit dem abrupten Ende der Saison den „Zusammenbruch<br />
der vielgerühmten Zivilisation des alten Europas“. Die Zeitung verlor <strong>in</strong><br />
den Jahren des Kriegs viele ihrer treuen <strong>Leser</strong>, die Hoteliers e<strong>in</strong>e beträchtliche<br />
Zahl ihrer <strong>St</strong>ammgäste. Als das Blatt am 15. Dezember dieses ersten Kriegsjahrs<br />
wieder erschien, war auch die Weltvon <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> e<strong>in</strong>e andere geworden:<br />
„Freilich, die bange, schwere Zeitverlangtauch davon ihren Tribut, es wird stiller<br />
und ernster se<strong>in</strong> an unsern sonst vom jauchzenden W<strong>in</strong>terleben erfüllten<br />
Kurorten, auch <strong>in</strong> den Hotels wird <strong>in</strong> Lustbarkeit und Genuss entsprechende<br />
Zurückhaltung Grundsatz se<strong>in</strong> und als neutraler Schweizerkurort gilt die<br />
besondere Aufgabe, Frieden, taktvolles Benehmen und jede Rücksichtnahme<br />
unter den verschiedenen Nationalitäten zu wahren, als strikte Selbstverständlichkeit.“<br />
«...jede<br />
Dame wollte<br />
wissen, ob ihr<br />
Festkleid<br />
Erwähnung<br />
gefunden hatte<br />
und ihre Perlen<br />
gebührend<br />
gelobt worden<br />
waren.»<br />
1<br />
14
«...das Grand Hotel <strong>in</strong> den Alpen galt um<br />
1900 als <strong>in</strong>ternationaler Mikrokosmos und<br />
<strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> war se<strong>in</strong> bevorzugter Schauplatz.»<br />
15
Geburt<br />
e<strong>in</strong>es<br />
Bundesrates<br />
von Richard Reich<br />
Im März 2003 wurde im Schweizer Parlament aus Versehen<br />
e<strong>in</strong> achter Schweizer Bundesrat gewählt, e<strong>in</strong> unbeteiligter<br />
Zuschauer. Der Mann heisst Reto, ist nunmehr<br />
Vorsteher des Bundesamts <strong>für</strong> Randgebiete (Burag),<br />
ausserdem Kolumnist im «Magaz<strong>in</strong>» des Zürcher «Tages<br />
Anzeigers» und auch sonst von eher dubioser Herkunft.<br />
Niemand weiss, wes Geistes oder welch’ Mutter K<strong>in</strong>d er<br />
ist, Fest steht e<strong>in</strong>zig, wo Bundesrat Retos Wiege e<strong>in</strong>st<br />
stand: im Parterre des Hotels Laud<strong>in</strong>ella.<br />
Lesen Sie das erste Kapital von Bundesrat Retos Lebensgeschichte<br />
«Aus dem Leben e<strong>in</strong>es Glaubenichts»,<br />
erzählt von ihm selber.<br />
16
Manche Menschen kommen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Krippe zur Welt. Andere unter Wasser.<br />
Beides hatvermutlich Vorteile,<br />
aber aussuchen kann man es sich ja<br />
ohneh<strong>in</strong> nicht.<br />
Me<strong>in</strong> Name istReto, BundesratReto.<br />
Ich wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Veloraum geboren.<br />
Genauer: <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Engad<strong>in</strong>er<br />
Veloraum. Noch genauer: <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
<strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>er Veloraum, im Bad unten,<br />
im Hotel Laud<strong>in</strong>ella.<br />
Veloräume haben e<strong>in</strong>iges <strong>für</strong> sich.<br />
Sie s<strong>in</strong>d bequem erreichbar, liegen<br />
ihrer Natur gemäss immer im Erdgeschoss,<br />
sonstkönnte ja ke<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>fahren.<br />
Ausserdem stehen ihre Türen<br />
meistens halb offen, weil der automatische<br />
Türschliesser klemmt, was<br />
gute Durchlüftung und e<strong>in</strong>e hohe<br />
Luftfeuchtigkeit garantiert. Gute<br />
Durchlüftung und hohe Luftfeuchtigkeits<strong>in</strong>d<br />
gut<strong>für</strong> die Haut. Die zehrt<br />
e<strong>in</strong> ganzes Leben davon. Wenn ich<br />
deshalb etwas nicht habe, dann<br />
Hautprobleme. Und das ist ja auch<br />
etwas.<br />
Me<strong>in</strong>e junge Hautrutschte an e<strong>in</strong>em<br />
W<strong>in</strong>tertag des Jahres 1959 ans Licht<br />
der Welt. Genau genommen,<br />
geschah es am 17. Dezember, und es<br />
war dunkel wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geisterbahn.<br />
Der Kirchturm schlug gerade vier,<br />
draussen schneite es, dr<strong>in</strong>nen im<br />
Veloraum flackerte das Vorderlicht<br />
e<strong>in</strong>es Fahrrades, dessen H<strong>in</strong>terfelge<br />
jemand <strong>in</strong> Bewegung hielt, <strong>in</strong>dem er<br />
die Pedale von Hand betätigte und<br />
den Reifen wie e<strong>in</strong> W<strong>in</strong>drad <strong>in</strong> die<br />
Höhe hielt. Das sanfte Surren des<br />
Dynamos empf<strong>in</strong>g mich <strong>in</strong> dieser<br />
Weltwie das Gurren e<strong>in</strong>er Taube.<br />
Weshalb ich auch auf der <strong>St</strong>elle zum<br />
ersten Mal <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben e<strong>in</strong>schlief.<br />
Weshalb ich mich ansonsten<br />
an nichts mehr er<strong>in</strong>nern kann.<br />
Me<strong>in</strong>e Krippe, so sagtdie Laud<strong>in</strong>ella-Legende,<br />
soll e<strong>in</strong> <strong>St</strong>apel alter,<br />
platter Veloreifen gewesen se<strong>in</strong>, dar<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>gelassen e<strong>in</strong>e alte Militärwolldecke.<br />
Me<strong>in</strong> Vater, so sagt se<strong>in</strong>e<br />
Polizeiakte, soll e<strong>in</strong> junger, glatter<br />
Veltl<strong>in</strong>er gewesen se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Durchreisender<br />
ohne festen Wohnsitz, der<br />
dann aber doch jahrelang im Engad<strong>in</strong><br />
blieb; jedenfalls bis zum Tag<br />
me<strong>in</strong>er Geburt. Me<strong>in</strong>e Mutter, so<br />
sagtdas E<strong>in</strong>wohneramt, soll e<strong>in</strong>e<br />
Engad<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>geborene gewesen<br />
se<strong>in</strong> mitNamen Nella, e<strong>in</strong>e ausgezeichnete<br />
Réceptionist<strong>in</strong>, jedenfalls<br />
bis zum Tag, an dem sie mich empf<strong>in</strong>g:<br />
Noch im Morgengrauen verliess<br />
sie das schöne Hotel Laud<strong>in</strong>ella, das<br />
schöne Engad<strong>in</strong>, den schönen Kanton<br />
Graubünden und die schöne<br />
Schweiz, was man grundsätzlich<br />
alles verstehen kann, weil so schön<br />
istdas alles nun ja auch wieder<br />
nicht. Vom Laud<strong>in</strong>ella natürlich<br />
abgesehen.<br />
Man sagt, me<strong>in</strong>e Mutter habe später<br />
irgendwo e<strong>in</strong>en Bürgerkrieg gewonnen,<br />
<strong>in</strong> Mittelamerika, Ostkirgisien<br />
oder so.<br />
Me<strong>in</strong> Vater, so sagt man, sprengte<br />
derweil <strong>in</strong> Südtirol <strong>St</strong>rommasten <strong>in</strong><br />
die Luft. Er hiess offenbar auch Reto<br />
(sonsthiesse ich ja Räto), und plante<br />
später Wasserwerferanschläge<br />
gegen Berlusconi, wurde aber e<strong>in</strong>es<br />
Tages vor der Küste Roms <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Ruderbootvon der italienischen<br />
Mar<strong>in</strong>e versenkt. Jedenfalls waren<br />
me<strong>in</strong>e Eltern beide schon fast so<br />
berühmtwie ich.<br />
Abgesehen von me<strong>in</strong>er spektakulären<br />
Geburtwar an jenem 17. Dezember<br />
1959 auch sonste<strong>in</strong>iges los auf<br />
der Welt. Der <strong>St</strong>adtrat von Kaufbeuren<br />
beschloss zum Beispiel, bis auf<br />
Widerruf Weihnachtsmärkte selbst<br />
an Sonntagen zuzulassen. In Bonn<br />
wurde im Rahmen des Manteltarifvertrags<br />
e<strong>in</strong> Zusatzurlaubswoche <strong>für</strong><br />
jene Arbeiter beschlossen, die während<br />
m<strong>in</strong>destens sechs Monaten pro<br />
Jahr gesundheitsgefährdende Arbeiten<br />
verrichten (also <strong>für</strong> alle). In der<br />
baselländlichen Geme<strong>in</strong>de Bottm<strong>in</strong>gen<br />
wurde e<strong>in</strong> 170 Hektaren grosses<br />
Wildschongebiete<strong>in</strong>gezäumt, dessen<br />
e<strong>in</strong>zelne Verordnungen wie das<br />
generelle Schiess- und Abschussverbotseither<br />
explizitauch <strong>für</strong> die dar<strong>in</strong><br />
stehenden Wohnhäuser gelten.<br />
Und <strong>in</strong> La Puntkam e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d namens<br />
17<br />
Besuchen Sie<br />
Bundesrat Reto auf<br />
se<strong>in</strong>er Homepage<br />
www.bundesrat.li<br />
oder www.burag.li
Marius Casanova zur Welt, welches<br />
44 Jahre später anlässlich se<strong>in</strong>er<br />
Wahl <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>deratvon Kreuzl<strong>in</strong>gen<br />
(Thurgau) folgendes Credo zu<br />
Protokoll geben würde: «Ich b<strong>in</strong> <strong>für</strong><br />
e<strong>in</strong> harmonisches Nebene<strong>in</strong>ander<br />
von Verkehrspolitik und Lebensqualität.»<br />
Während Marius an jenem 17. Dezember<br />
1959 <strong>in</strong> La Puntan e<strong>in</strong>er<br />
Mutterbrust die Milch der verkehrharmonischen<br />
Denkungsarte<strong>in</strong>sog,<br />
lag ich, Reto, nun also <strong>in</strong> diesem<br />
Veloraum. Mitgesunder Haut, frischem<br />
Te<strong>in</strong>t, aber doch leicht fröstelnd,<br />
da die Wehen me<strong>in</strong>er abgängigen<br />
Mutter <strong>in</strong>zwischen von<br />
Schneewehen abgelöstworden<br />
waren, die durch die halboffene<br />
Veloraumtür here<strong>in</strong>schneiten. Ich<br />
muss schon annährend dunkelblau<br />
gewesen se<strong>in</strong>, als e<strong>in</strong> verirrter Hotelgastauf<br />
der Suche nach dem Skiraum<br />
kurz nach dem Frühstück über<br />
me<strong>in</strong>e Veloschlauchkrippe stolperte.<br />
«Holla!», soll der Mann gerufen<br />
haben, denn er war aus Deutschland.<br />
E<strong>in</strong> Schweizer hätte <strong>in</strong> dieser<br />
Situation vorsichtshalber «Heda!»<br />
gesagt, e<strong>in</strong> Engad<strong>in</strong>er sogar: «Wer<br />
da?!» Schliesslich s<strong>in</strong>d wir Eidgenossen,<br />
ob an der <strong>St</strong>aatsgrenze oder <strong>in</strong><br />
Veloräumen, bekanntlich allzeit<br />
abwehrbereit.<br />
Der «Holla!»-Mann h<strong>in</strong>gegen h<strong>in</strong>tersann<br />
sich nichtlange, nahm mich<br />
auf den Arm se<strong>in</strong>er W<strong>in</strong>djacke, trug<br />
mich auf se<strong>in</strong> Zimmer und taute<br />
mich <strong>in</strong> der Badewanne fachgerecht<br />
unter fliessend kaltem Wasser auf.<br />
Dann legte er mich auf die Heizung,<br />
beschloss mich zu adoptieren und<br />
sagte den ganzen lieben langen Tag<br />
«Ja du <strong>lieber</strong> kle<strong>in</strong>er Knilch!» zu mir.<br />
Und das, obwohl er viel Geld <strong>für</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Skilift-Wochenkarte ausgegeben<br />
hatte.<br />
So kam es, dass Reto überlebte.<br />
So kam es, dass ich es <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />
Leben noch bis zum Bundesrat<br />
brachte.<br />
Als erstes brachte ich es damals vorerstnur<br />
bis an die Landesgrenze bei<br />
Romanshorn, wo mich e<strong>in</strong> Zöllner<br />
dem «Holla!»-Mann abnahm, da ich<br />
ke<strong>in</strong>e Papiere auf mir trug. «Entweder<br />
Sie lassen diesen illegalen Auswanderer<br />
hier, oder ich sperre Sie<br />
beide e<strong>in</strong>», sagte der Zöllner. Da gab<br />
me<strong>in</strong> erster Ziehvater kle<strong>in</strong> bei, denn<br />
er musste anderntags auf der Baustelle<br />
se<strong>in</strong>. Se<strong>in</strong> gefahrenbed<strong>in</strong>gter<br />
Zusatzurlaub war vorbei.<br />
Nachdem wir unter Tränen und vielen<br />
«Hollas!» vone<strong>in</strong>ander Abschied<br />
genommen hatten, spedierte mich<br />
der Zöllner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Velosatteltasche<br />
zurück an den Ursprungsbahnhof,<br />
also nach <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>, wo mich der<br />
Laud<strong>in</strong>ella-Portier, zumal er me<strong>in</strong><br />
Gesichtirgendwie kannte, <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en<br />
alten <strong>St</strong>ammgasthieltund mich <strong>in</strong>s<br />
Hotel zurück brachte. «Willkommen<br />
im Laud<strong>in</strong>ella!», rief die Réceptionist<strong>in</strong>,<br />
als ich zur Tür here<strong>in</strong>robbte, «wir<br />
haben <strong>für</strong> Sie Ihr übliches Zimmer<br />
reserviert. Lassen Sie Ihr Gepäck<br />
ruhig stehen, Herr Reto, man wird<br />
Ihnen Ihre Satteltasche gleich <strong>in</strong> den<br />
Veloraum br<strong>in</strong>gen!»<br />
Und so verlebte ich me<strong>in</strong>e frühste<br />
Jugend glücklich und zufrieden zwischen<br />
Gummireifen und Kettenöl.<br />
H<strong>in</strong> und wieder, meistens <strong>in</strong> der<br />
Zwischensaison, schauten die nette<br />
Réceptionist<strong>in</strong> oder der Portier bei<br />
mir here<strong>in</strong>. Und e<strong>in</strong>mal im Jahr, meistens<br />
um Weihnachten, kam «Holla!»,<br />
me<strong>in</strong> erster Ziehvater, vorbei.<br />
Tja, es war ganz e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e wunderbare<br />
Zeit! Weshalb ich auch heutzutage<br />
me<strong>in</strong>en spärlich bemessenen<br />
M<strong>in</strong>ister-Urlaub niemals woanders<br />
verbr<strong>in</strong>ge als im Laud<strong>in</strong>ella. Wenn<br />
auch mittlerweile natürlich nicht<br />
mehr im Veloraum. Schliesslich<br />
muss selbstder volksnahe Bundesrato<br />
Reto e<strong>in</strong> wenig auf se<strong>in</strong>en <strong>St</strong>atus<br />
achten. Darum wohne ich jetzt<br />
haltnichtmehr Parterre, sondern<br />
Attika. Und statt im proletarisch<br />
betonierten Veloraum <strong>in</strong> der gediegenen<br />
Arvenholz-Sauna.<br />
Man hatwirklich e<strong>in</strong>e tolle Aussicht<br />
von da oben! Ausserdem soll die<br />
Schwitzerei ja auch ganz gut <strong>für</strong> die<br />
Hautfeuchtigkeit se<strong>in</strong>.<br />
18<br />
Richard Reich,<br />
geboren 1961, war<br />
Redakteur bei der Neuen<br />
Zürcher Zeitung, dem<br />
Nachrichtenmagaz<strong>in</strong><br />
Facts und dem Magaz<strong>in</strong><br />
des Tages Anzeigers <strong>in</strong><br />
den Ressorts, Sport,<br />
Kultur und Gesellschaft.<br />
Ausserdem war er e<strong>in</strong>ige<br />
Jahre Theater-Korrespondent<br />
der Berl<strong>in</strong>er<br />
Zeitung. 1999 gründete<br />
Richard Reich das<br />
Literaturhaus Zürich,<br />
das er bis 2002 leitete.<br />
Heute lebt und arbeitet<br />
er als freier Journalist<br />
und Autor <strong>in</strong> Zürich.<br />
Nach dem Kolumnenund<br />
Geschichtenband<br />
„Ovoland - Nachrichten<br />
aus e<strong>in</strong>er untergehenden<br />
Schweiz“, erschien<br />
2002 se<strong>in</strong>e erste längere<br />
Erzählung „Das Gartencenter“<br />
ebenfalls im<br />
Zürcher Verlag Ke<strong>in</strong> &<br />
Aber.
Laudatio <strong>für</strong> Dr. Edw<strong>in</strong> Nievergelt,<br />
Gründer, Präsident 1959-1982,<br />
Verwaltungsrat bis 2002 der<br />
Genossenschaft Laud<strong>in</strong>ella.<br />
„Dem S<strong>in</strong>n und Herzen nach Musiker“<br />
Der zur Würdigung e<strong>in</strong>es verdienten Mitglieds der Laud<strong>in</strong>ella verpflichtete<br />
Redner kommtsich manchmal wie e<strong>in</strong> Archäologe vor. Für den Archäologen<br />
heisstes doch, sich mitder Vergangenheitzu beschäftigen, den <strong>St</strong>aub und den<br />
Sand abp<strong>in</strong>seln, E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> die historischen Zusammenhänge zu gew<strong>in</strong>nen,<br />
zu sezieren. Und der von solchen Rednern Gewürdigte bef<strong>in</strong>det sich schnell <strong>in</strong><br />
der Rolle des E<strong>in</strong>balsamierten, Mumifizierten, der all diese Würdigungen über<br />
sich ergehen lassen muss, sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Bandagen nichtwehren kann und<br />
geduldig auf die radiologische Untersuchungen se<strong>in</strong>es Pe<strong>in</strong>igers warten muss.<br />
So, me<strong>in</strong>e Damen und Herren, soll es Edw<strong>in</strong> Nievergeltnichtgehen. Ich will<br />
mich bemühen, se<strong>in</strong> verdienstvolles Wirken um die Institution Laud<strong>in</strong>ella mit<br />
der nötigen Sensibilität zu würdigen, denn ich weiss, wie pe<strong>in</strong>lich es <strong>für</strong> ihn<br />
ist, wenn man e<strong>in</strong> grosses Wesen um se<strong>in</strong>e Person macht.<br />
Edw<strong>in</strong> Nievergeltkenntman hauptsächlich als Förderer der Musik und als<br />
Musikwissenschaftler. Man könnte ihn <strong>in</strong> aller Kürze beschreiben: Dem S<strong>in</strong>n<br />
und Herzen nach Musiker. Persönlich zum Musiker: Ich kann mich noch<br />
bestens er<strong>in</strong>nern, wie Edw<strong>in</strong> Nievergelt vor vielen Jahren <strong>in</strong> unseren Bach-Oratorien<br />
und andern Aufführungen des Engad<strong>in</strong>er Kammerchors an e<strong>in</strong>er bleichen<br />
Holz-Orgel sass, - e<strong>in</strong>er Orgel, die eher wie e<strong>in</strong> älteres Modell e<strong>in</strong>es Laud<strong>in</strong>ella-Belüftungs-Apparates<br />
aussah, mit dicken Schläuchen wie<br />
Tatzelwürmer – und darauf den Evangelisten begleitete, oder mit aller Kraft<br />
„und der Vorhang zerriss <strong>in</strong> drei Teile ...“ <strong>in</strong>tonierte.<br />
Nun heisst das nicht, dass e<strong>in</strong>fach alles Musik war und ist, was man von Edw<strong>in</strong><br />
Nievergelterfasst. Auch wenn Musik e<strong>in</strong> Medium ist, mitdem er se<strong>in</strong> Inneres<br />
nach aussen mitteilen kann. Denn ebenso gutbeherrschter das gesprochene<br />
Wort, die Diskussion, das Übermitteln der eigenen Gedanken, das Entscheiden<br />
und Mitentscheiden. Deshalb will ich auch von diesen Facetten sprechen:<br />
Es gab <strong>in</strong> den letzten Jahren <strong>in</strong> der Laud<strong>in</strong>ella H<strong>in</strong>dernisse zuhauf: Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />
über den richtigen ideellen Weg, der e<strong>in</strong>zuschlagen sei, festgefügte<br />
Herrschaftssysteme alte<strong>in</strong>gessener „Laud<strong>in</strong>eller“, die ihre verbrieften<br />
genossenschaftlichen Ansprüche reklamierten.<br />
Edw<strong>in</strong> Nievergeltwar bei der Gründung der Laud<strong>in</strong>ella dabei. Er war e<strong>in</strong>er der<br />
Gründer. Ohne ihn gäbe es ke<strong>in</strong>e Laud<strong>in</strong>ella. Er hatdie Genossenschaftvon<br />
1959 bis 1982 als Präsident geleitet. Er kannte die andern Gründer wie Dr.<br />
Hannes Reimann, die andern Mitstreiter wie Pfr. Rudolf Bezzola, Arthur Honegger,<br />
Hans Schnyder, Fritz Siegenthaler, Pfr. Paul Walter, Fürsprech Rudolf Wyss.<br />
19
Er kannte ihre Beweggründe, ihre Absichten, ihre Ziele. Er hätte sich später auf<br />
die Seite derer schlagen können, die <strong>in</strong> fundamentalistischer, manchmal gar<br />
sektiererischer Weise glaubten, was die Laud<strong>in</strong>ella ist und was sie <strong>für</strong> alle<br />
Ewigkeitse<strong>in</strong> muss: nämlich e<strong>in</strong> Kulturbetrieb, mitfastsakraler Verpflichtung,<br />
ohne den ger<strong>in</strong>gsten Hauch zu pekuniären Berührungspunkten: Die wahre<br />
Kunstim Glashaus! Er hates aber vorgezogen, mitder Zeitzu gehen, Gegengewichte<br />
zu schaffen, und trotz se<strong>in</strong>er Treue zur Idee Laud<strong>in</strong>ella Entscheide<br />
mitzutragen oder zu bee<strong>in</strong>flussen, die manchmal vom ursprünglichen Ziel<br />
abgewichen s<strong>in</strong>d. Und doch hater sich nie bl<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>gs auf die Seite der Erneuerer,<br />
der Reformisten, der Modernisten geschlagen. Vielmehr hat er sich – als<br />
wirkungsmächtigster unter all den bisherigen und noch amtierenden Verwaltungsräten<br />
der Laud<strong>in</strong>ella – oftmals „zwischen die beiden Lager gestellt“. Für<br />
ihn schlug die <strong>St</strong>unde der Intelligenz, oder besser: des Weisen, der als Schlichter<br />
<strong>in</strong> manch <strong>in</strong>ner-ständischen Händel gerufen wurde.<br />
Edw<strong>in</strong> Nievergelt<br />
Männer wie Edw<strong>in</strong> Nievergelthaben über die Politik der Laud<strong>in</strong>ella, ihre<br />
Bed<strong>in</strong>gungen und ihre Ziele lautnachgedacht, und ihre meist<strong>in</strong> bitterer Erfahrung<br />
abgerungenen E<strong>in</strong>sichten anderen zugänglich gemacht. Se<strong>in</strong> Gedächtnis<br />
von den Anfängen, den Schwierigkeiten und Nöten <strong>in</strong> der wechselvollen<br />
Geschichte der Laud<strong>in</strong>ella war das Archiv, das er mehr als e<strong>in</strong>mal dem Verwaltungsratausgebreitethat.<br />
Er hatdie Möglichkeiten, die geistige Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit den Problemen e<strong>in</strong>er Genossenschaftsidee genutzt, um damit als<br />
<strong>in</strong>tellektuelle, eigenständige Kraft der Institution Laud<strong>in</strong>ella den Weg zu bahnen,<br />
zu dem, was sie heute ist.<br />
Ich will es e<strong>in</strong>facher ausdrücken: In den letzten Jahren gab es <strong>in</strong>nerhalb der<br />
Verwaltung und zwischen der Verwaltung und Direktion manchen <strong>St</strong>rauss auszufechten.<br />
Die Richtung, welche die Laud<strong>in</strong>ella e<strong>in</strong>schlagen sollte oder e<strong>in</strong>geschlagen<br />
hat, hat auch im Verwaltungsrat zum Teil heftige Diskussionen ausgelöst.<br />
Es gab nicht wenige, auch Genossenschafter, die glaubten, ihre hehren<br />
Ideen des re<strong>in</strong>en Kulturbetriebes seien schändlich verraten worden. Und es<br />
gab Verwaltungsräte, die <strong>in</strong> echter Sorge um den e<strong>in</strong>geschlagenen Weg e<strong>in</strong>en<br />
baldigen f<strong>in</strong>anziellen Ru<strong>in</strong> be<strong>für</strong>chteten. In solchen Situationen konnte Edw<strong>in</strong><br />
Nievergeltdirekt, wirkungsvoll und effiziente<strong>in</strong>greifen: Er rückte die D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong>s<br />
richtige Lichtund ermahnte mitdem imag<strong>in</strong>är erhobenen geistigen Zeigf<strong>in</strong>ger,<br />
die Zukunftnichtmitder Vergangenheitzu verh<strong>in</strong>dern.<br />
Im Verwaltungsrat haben wir immer wieder gestaunt, wie geistig frisch, wie<br />
jugendlich munter und wie unkonventionell Edw<strong>in</strong> Nievergelt denken konnte,<br />
neue Ideen verteidigtund unterstützthat. Er war der Antagonist<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dem<br />
Jugendwahn verfallenen Gesellschaft.<br />
<strong>Liebe</strong>r Edw<strong>in</strong>, <strong>für</strong> De<strong>in</strong>e vorurteilslose, überlegte, jugendliche, überzeugende,<br />
aufgeschlossene, freundschaftliche und liebenswürdige Art, wie Du die Laud<strong>in</strong>ella,<br />
die Direktion und den Verwaltungsrat immer wieder geführt, unterstützt<br />
und ermuntert hast, danken wir Dir alle von Herzen. Du hast unserer Laud<strong>in</strong>ella<br />
viel gegeben. De<strong>in</strong>e jahrzehntelange Tätigkeit <strong>für</strong> und <strong>in</strong> der Laud<strong>in</strong>ella geht<br />
mitDe<strong>in</strong>em Ausscheiden aus dem Verwaltungsratzu Ende. Wir wünschen Dir<br />
und den De<strong>in</strong>en alles Gute, beste Gesundheit und weiterh<strong>in</strong> Verbundenheit<br />
mitder Institution Laud<strong>in</strong>ella.<br />
20
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Laudatio <strong>für</strong> Walter Sutter,<br />
Mitglied 1970, Vizepräsident 1982-1990,<br />
Verwaltungsrat bis 2002 der<br />
Genossenschaft Laud<strong>in</strong>ella.<br />
„Freude an Bilanzen“<br />
James Fenimore Cooper, der Autor des „Lederstrumpf“ behauptete, die Sprachenvielfalt<strong>in</strong><br />
Graubünden sei ärger als bei den Indianerstämmen <strong>in</strong> der Prärie.<br />
Dem konterte die Publizist<strong>in</strong> Margrit Sprecher, die Wortkargheit der Bündner<br />
deuteten die Fremden gutwillig als tiefes Wasser; die Hartköpfigkeit als<br />
Charakter.<br />
In dieser ungastlichen Ecke der Schweiz, - also wo es offensichtlich zugeht<br />
wie bei den Indianern <strong>in</strong> der Prärie und wo die Engad<strong>in</strong>er Köpfe aus Arvenholz<br />
auf ihrem Haupte tragen, hier hat Walter Sutter Wochen, Tage und <strong>St</strong>unden verbracht,<br />
um <strong>in</strong> der Laud<strong>in</strong>ella von 1970 bis 1982 als Mitglied des Verwaltungsrates,<br />
von 1982 bis 1990 als Vizepräsident und von 1990 bis 2002 wieder als<br />
Verwaltungsratzu wirken. Zu se<strong>in</strong>er Zeitwurden mitihm Lotti Blumer und Rektor<br />
Kurt Scheitl<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Verwaltungsrat gewählt. Als Vorsitzender der „Arbeitsgruppe<br />
40 Jahre Laud<strong>in</strong>ella“ hat er 1995 auch Entscheidendes mitgetragen, um<br />
der Selbstdarstellung der Laud<strong>in</strong>ella zum Durchbruch zu verhelfen. Schliesslich<br />
sei erwähnt, dass wir ihn nach dem Rücktritt von Hansruedi Schärer im<br />
letzten Jahr gerne als Präsidenten gesehen hätten, was er aber aus gesundheitlichen<br />
Gründen ablehnte.<br />
Wir, die jüngeren Mitglieder der Verwaltung, kennen Walter Sutter <strong>in</strong> der<br />
hauptsächlichsten Rolle, die er uns im letzten Jahrzehnt vorlebte: Er sass über<br />
den Büchern des Unternehmens. Er hat die Bilanzen und Erfolgsrechnungen<br />
der Laud<strong>in</strong>ella unter die Lupe genommen. Walter Sutter war der heimliche<br />
F<strong>in</strong>anzbeauftragte des Verwaltungsrates. Se<strong>in</strong>e Freude <strong>für</strong> die <strong>St</strong>atistiken, Vergleiche<br />
der Zahlen und Beobachtung der wirtschaftlichen Entwicklung der Laud<strong>in</strong>ella<br />
waren unübersehbar. Von se<strong>in</strong>er beruflichen Tätigkeit her hat es ihm<br />
ganz offensichtlich Spass gemacht, der Bilanz und der <strong>St</strong>atistik unserer Genossenschaftetwas<br />
abzugew<strong>in</strong>nen, darzulegen und dem Verwaltungsratauch zu<br />
erklären. Die Bilanz – ich verschweige es nicht: <strong>für</strong> viele e<strong>in</strong> Buch mit 7 Siegeln<br />
– muss die kontrollierbare Grundlage der Unternehmung bilden. Die Erfolgsrechnung<br />
- <strong>für</strong> e<strong>in</strong>ige schon besser lesbar, weil es schliesslich um E<strong>in</strong>nahmen<br />
und Ausgaben geht – zeigte dem Fachmann Walter Sutter, wo das Gleichgewichtstimmte<br />
und wo es nichtstimmte. Aber oh Schreck – es war nie e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache<br />
Erfolgsrechnung, die man uns da vorlegte, sondern es gab das Betriebsergebnis<br />
I, II ... , Cash-Flow, Abschreibungen usw. – und da konnte man schon<br />
wieder nichtviel damitanfangen, denn Ergebnis istdoch Ergebnis, dachten wir<br />
uns. Wir waren als Verwaltungsräte froh, dass sich Walter Sutter <strong>in</strong> diese<br />
unsympathischen Zahlenreihen e<strong>in</strong>er apokalyptischen Hotel-Arithmetik vertiefte<br />
und uns dann se<strong>in</strong>e Schlussfolgerungen verständlich bekannt gab, die<br />
da etwa - je nach Ergebnis - so lautete: „Das Unternehmen ist kerngesund,<br />
dem Alter entsprechend fit oder es muss sich demnächst e<strong>in</strong>em Gesundheits-<br />
Testunterziehen.“<br />
21
Walter Sutter war der Schriftgelehrte, - oder man müsste hier wohl besser<br />
sagen, der Zahlengelehrte, der dem e<strong>in</strong>fachen Volk die Auslegung e<strong>in</strong>er Hotel-<br />
Abrechnung vortrug: F<strong>in</strong>anzpolitische Exegese.<br />
Man könnte natürlich sagen: Kultur braucht ke<strong>in</strong>en Hotelbetrieb mit Gew<strong>in</strong>n.<br />
Es genügt das Kulturelle! Aber jeder Franken, der <strong>für</strong> die Kultur ausgegeben<br />
wird, muss zuerstmite<strong>in</strong>em Betrieb verdientwerden. Die Zeiten des Mäzenatentums<br />
s<strong>in</strong>d vorbei . Die Fürsten Esterhazys ruhen unter ihren Marmorplatten<br />
und ihre <strong>St</strong>atuen versprühen höchstens <strong>St</strong>aub, wenn man ihnen die hohle<br />
Hand h<strong>in</strong>streckt. So ist dann <strong>für</strong> die Laud<strong>in</strong>ella das re<strong>in</strong> F<strong>in</strong>anzielle die Notwendigkeit<strong>für</strong><br />
das Kulturelle.<br />
Walter Sutter hatte sich der Aufgabe verschrieben, immer wieder e<strong>in</strong>e seriöse<br />
Analyse des arabischen Zahlengewimmels mitNullen und Komma, mitProzenten,<br />
mitPlus- und M<strong>in</strong>usabweichungen zum Budgetund Vorjahr, vorzunehmen.<br />
Hätten wir diesen strengen Prüfer nicht gehabt, so wäre es manch e<strong>in</strong>er<br />
bösen Zahlenreihe gelungen, den Betrachter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sicherheit e<strong>in</strong>zulullen, wo<br />
eigentlich schon längst die Alarmglocken hätten läuten müssen. Gerade auch<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit des Umbaus, der grossen Investitionen, der Verlagerung wirtschaftlicher<br />
Ziele des Hotels, hat uns Walter Sutter mit se<strong>in</strong>en profunden<br />
Kenntnissen und se<strong>in</strong>er detaillierten Überprüfung e<strong>in</strong>e Sicherheit gegeben,<br />
die uns erlaubte, die f<strong>in</strong>anziellen Entwicklungen auf der Soll- und Habenseite<br />
zum<strong>in</strong>destmitzuverfolgen.<br />
Walter Sutter<br />
<strong>Liebe</strong>r Walter, wir haben Dir vertraut. Wir haben Dir aber auch zugestimmt.<br />
Zustimmung ist mehr als Lob. Wenn man nicht zustimmen kann, soll man den<br />
Mund halten. Da istjeder Mensch Goethe, der sagte: Wer mich nichtliebt, darf<br />
mich auch nichtbeurteilen. Wir haben Dich <strong>in</strong> De<strong>in</strong>er Artgemochtund dürfen<br />
Dich deshalb beurteilen: Du warst <strong>für</strong> die Verwaltung der Laud<strong>in</strong>ella nicht e<strong>in</strong><br />
Buchhalter oder F<strong>in</strong>anzjongleur. Du hastnichte<strong>in</strong>fach Zahlen abgelesen, sondern<br />
Du hast<strong>für</strong> uns analysiert, erklärtund erläutert. Du hast<strong>für</strong> uns mitTabellen<br />
und Systemen erklärt, was <strong>für</strong> uns zuerstnichterklärbar war. Für De<strong>in</strong>en<br />
langjährigen E<strong>in</strong>satz, De<strong>in</strong>e ruhige und besonnene Art und De<strong>in</strong>e Unterstützung<br />
danken Dir De<strong>in</strong>e Mitstreiter im Verwaltungsrat, die Direktion und die<br />
Genossenschafter. Dir, De<strong>in</strong>er Frau und De<strong>in</strong>er Familie wünschen wir <strong>für</strong> die<br />
Zukunftalles Gute und beste Gesundheit. Wir s<strong>in</strong>d überzeugt, dass Du der Laud<strong>in</strong>ella<br />
die Treue halten wirst. Du wirst auch die weitere Zukunft des „Hotels<br />
mit Kultur“ <strong>in</strong> dieser wilden Indianer-Prärie (wo manchen Hoteldirektoren -<br />
wohlgeme<strong>in</strong>tnichtunser Felix - ihre „Arven-Holzköpfe“ stolz auf dem Nacken<br />
zur Schau stellen, auch wenn die Bilanzen nicht stimmen) aufmerksam weiter<br />
begleiten.<br />
Autor und Laudator Dr. Hans Joos,<br />
Vizepräsidentder GenossenschaftLaud<strong>in</strong>ella seit1995,<br />
verabschiedete mit diesen Worten die beiden langjährigen Verwaltungsräte<br />
anlässlich der Genossenschaftertagung am 7. Juli 2002.
Von harten<br />
und weichen<br />
Hotelmatratzen...<br />
<strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> war nach 1934 und 1974 zum dritten Mal<br />
Austragungsort der alp<strong>in</strong>en Ski-Weltmeisterschaften.<br />
Vom 1. bis 16.Februar 2003 machte der <strong>in</strong>ternationale<br />
Skizirkus im Engad<strong>in</strong> <strong>St</strong>ation, das sich mit hervorragenden<br />
Skiverhältnissen revanchierte. Das österreichische<br />
Ski-Nationalteam wohnte während dieser Zeit<br />
mit all se<strong>in</strong>en Tra<strong>in</strong>ern, Technikern und Betreuern im<br />
Hotel Laud<strong>in</strong>ella. Auch die Journalisten und der Techniktross<br />
des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) aus<br />
Ma<strong>in</strong>z hatten sich unser Haus als <strong>St</strong>ützpunkt während<br />
der Wettkämpfe ausgewählt.<br />
Während <strong>St</strong>ephan Eberharters<br />
<strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> der Laud<strong>in</strong>ella unterhielt sich unsere Mitarbeiter<strong>in</strong><br />
Maria Tschudi (Kultur & Market<strong>in</strong>g) mit dem<br />
33-jährigen Ski-Athleten, der <strong>in</strong> <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> se<strong>in</strong>en dritten<br />
Weltmeistertitel errang.<br />
Maria Tschudi<br />
beim Interview mit<br />
<strong>St</strong>ephan Eberharter<br />
<strong>St</strong>ephan, e<strong>in</strong> Profi wie Sie, lebt über<br />
viele Monate im Jahr aus dem Koffer.<br />
Wie muss e<strong>in</strong> Hotel ausgestattet<br />
se<strong>in</strong>, dass Sie sich pudelwohl fühlen?<br />
Oh ja, ich verbr<strong>in</strong>ge manche<br />
Nächte im Hotel, mehr als mir<br />
lieb ist. Ganz wichtig ist mir,<br />
dass es e<strong>in</strong> geräumiges Zimmer<br />
ist. Sie können sich vorstellen,<br />
wir reisen immer mitgrossem<br />
Gepäck. Zwei bis drei schwere<br />
Koffer s<strong>in</strong>d normal. Ich muss<br />
auch e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelzimmer haben,<br />
ich brauch‘ e<strong>in</strong>fach me<strong>in</strong>e Ruhe<br />
vor dem ganzen Trubel. Das wird<br />
mir glücklicherweise auch<br />
immer von der Teamführung<br />
zugestanden. Aber ich b<strong>in</strong> nicht<br />
anspruchsvoll, auch wenn sich<br />
das jetzt vielleicht so anhört.<br />
Das E<strong>in</strong>zige worauf ich<br />
besonders achte, ist das Bett. Es<br />
darf nichtzu hartse<strong>in</strong>, da kann<br />
ich nichtgutentspannen. Aber<br />
klar, zu weich istauch nix <strong>für</strong><br />
e<strong>in</strong>en Sportler. Dann gibt’s<br />
Rückenprobleme.<br />
<strong>St</strong>ephan E<br />
Das gesamte österreichische Team<br />
wohnt während der WM <strong>in</strong> unserem<br />
Hotel. S<strong>in</strong>d Sie das erste Mal im<br />
Laud<strong>in</strong>ella zu Gast?<br />
Ich muss mal kurz nachdenken.<br />
Wir kommen ja während der Saison<br />
<strong>in</strong> so viele Hotels, da verliert<br />
man leichtden Überblick. Wenn<br />
ich mich rechter<strong>in</strong>nere b<strong>in</strong> ich<br />
jetzt das zweite Mal bei Ihnen.<br />
24<br />
Wir hatten jetzt e<strong>in</strong>e längere Umbauphase<br />
im Bereich der Zimmer. Doch<br />
nun stehen den Gästen <strong>in</strong>sgesamt<br />
203 neue Räume mit eigenen Balkons<br />
und Blick auf die umliegenden
Berge zur Verfügung. Sie s<strong>in</strong>d im<br />
Zimmer 809 untergebracht, wie<br />
gefällt es Ihnen?<br />
Das Zimmer istwirklich schön<br />
e<strong>in</strong>gerichtetund man hate<strong>in</strong>e<br />
tolle Aussicht. Aber ich hab’<br />
festgestellt, dass die Matratze<br />
<strong>für</strong> me<strong>in</strong>en Rücken doch e<strong>in</strong>en<br />
Tick zu hartist.<br />
Wie können Sie sich am besten entspannen,<br />
wenn Sie nach e<strong>in</strong>em harten<br />
Tag auf der Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsstrecke <strong>in</strong>s<br />
Hotel kommen?<br />
Dann gibtes <strong>für</strong> mich nur e<strong>in</strong>s,<br />
erste<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>s Bettund e<strong>in</strong>e halbe<br />
<strong>St</strong>unde h<strong>in</strong>legen. Es kann<br />
auch mal e<strong>in</strong>e ganze <strong>St</strong>unde<br />
werden, so regeneriere ich am<br />
allerbesten. Wenn man aus der<br />
Höhe <strong>in</strong> tiefere Lagen kommt, ist<br />
man automatisch müde. Nach<br />
dem Schläfchen gehen wir meistens<br />
e<strong>in</strong> bisschen zum Joggen<br />
oder machen leichtes Krafttra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
im <strong>St</strong>udio.<br />
Eberharter<br />
Kl<strong>in</strong>gt nach immer nur Sport treiben.<br />
Ist das so?<br />
Ich sag mal Je<strong>in</strong>. Es istja nur e<strong>in</strong><br />
Regenerationsprogramm, da<br />
fängtman nichtgross an zu<br />
schwitzen. Das machen alle Spitzensportler.<br />
Es ist notwendig,<br />
dass die Muskeln gutdurchblutet<br />
werden. Auf diese Weise<br />
können die Schlackenstoffe vom<br />
Körper besser und schneller<br />
abgebautwerden. Ja, Sie werden<br />
lachen, wir machen eigentlich<br />
immer e<strong>in</strong> leichtes Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Das<br />
gehörte<strong>in</strong>fach dazu, das fällt<br />
me<strong>in</strong>en Kollegen und mir gar<br />
nichtmehr auf.<br />
Gehört Sauna auch zu diesem Regenerationsprogramm?<br />
Waren Sie<br />
schon e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> unserer Panoramasauna<br />
im Dachgeschoss?<br />
Ne<strong>in</strong>, leider nicht. Ich gehe<br />
supergern <strong>in</strong> die Sauna. Nur das<br />
Tim<strong>in</strong>g muss stimmen. Während<br />
der Saison gibtes höchstens Mal<br />
e<strong>in</strong>en ganz kurzen Besuch <strong>in</strong> der<br />
Schwitzkammer. Es kl<strong>in</strong>gt vielleichtkomisch,<br />
aber es ist<strong>für</strong><br />
Skifahrer nichtgutzu saunieren,<br />
wenn es am nächsten Tag auf die<br />
Bretter geht. Ausgedehnte Saunagänge<br />
s<strong>in</strong>d im W<strong>in</strong>ter darum<br />
auch gar nichtdr<strong>in</strong>.<br />
Für e<strong>in</strong>en Spitzensportler ist die<br />
Ernährung e<strong>in</strong> ganz wichtiger Punkt<br />
bei der Vorbereitung auf grosse<br />
Rennen. Kann Ihnen unsere Küche<br />
das bieten, was Sie brauchen, um <strong>in</strong><br />
Topform zu kommen?<br />
Das Essen isttoll, Kompliment<br />
an den Küchenchef. Ihr habt<br />
morgens so viele Brotsorten, das<br />
f<strong>in</strong>de ich gut. Aber auch zu den<br />
Mahlzeiten mittags und abends,<br />
istdas Angebotlecker und reichhaltig.<br />
Das haben die von der<br />
Teamführung gutgemacht, dass<br />
sie das Laud<strong>in</strong>ella <strong>für</strong> uns<br />
gebuchthaben.<br />
Wir haben jetzt sechs neue Restaurants<br />
im Gastronomiebereich. Zur<br />
„<strong>St</strong>üva“ und der „Pizzeria Caruso“<br />
s<strong>in</strong>d das „Siam W<strong>in</strong>d“ mit Thai-Food<br />
und das „Le Carnozet“, wo Sie Fondue<br />
und Raclette essen können und<br />
das ZEIT take-away dazu gekommen.<br />
Nehmen wir mal an, Sie möchten<br />
Ihre Mutter zu e<strong>in</strong>em Geburtstagsessen<br />
e<strong>in</strong>laden, wo würden Sie e<strong>in</strong>en<br />
Platz reservieren?<br />
INTERVIEW
Bisher war ich nur <strong>in</strong> der <strong>St</strong>üva,<br />
wo wir Österreicher immer<br />
zusammen essen. Die anderen<br />
Restaurants habe ich noch gar<br />
nichtausprobiert, leider. Aber<br />
die Frage war ja, wo würde ich<br />
mitme<strong>in</strong>er Mutter gerne essen<br />
gehen? Tja, ich glaube, ich würde<br />
sie fragen, was sie möchte.<br />
Ganz sicher b<strong>in</strong> ich mir, dass sie<br />
ke<strong>in</strong>en Fisch wählen würde. Thai<br />
wäre ganz <strong>in</strong>teressant, das kennt<br />
sie bisher noch nicht. Aber, ich<br />
würde auf jeden Fall ihr die Auswahl<br />
überlassen.<br />
Letzte Frage: Können Sie auch Snowboard<br />
fahren?<br />
Kurze Antwort: Ich habe noch nie<br />
auf e<strong>in</strong>em solchen D<strong>in</strong>g gestanden.<br />
Nichtweil ich das nichtgut<br />
f<strong>in</strong>de, ich hab’ ganz e<strong>in</strong>fach<br />
ke<strong>in</strong>e Zeitdazu. Aber nach e<strong>in</strong><br />
paar <strong>St</strong>unden Übung würde ich<br />
das Boarden bestimmt beherrschen.<br />
Das istja irgendwie e<strong>in</strong><br />
verwandtes Metier.<br />
<strong>St</strong>ephan Eberharter wir danken <strong>für</strong><br />
dieses Gespräch und wünschen viel<br />
Glück <strong>für</strong> die weiteren Rennen.<br />
Mehr über den<br />
sympathischen<br />
Sportler erfahren<br />
Sie auf se<strong>in</strong>er<br />
homepage:<br />
www.steff.at<br />
Wir haben ja zur Zeit wunderbare<br />
Schneeverhältnisse im Engad<strong>in</strong>.<br />
Reizt es Sie da nicht auch manchmal,<br />
e<strong>in</strong>en Tiefschneehang h<strong>in</strong>unterzujagen?<br />
Was denken Sie denn, das lockt<br />
mich ungeme<strong>in</strong>. Sobald diese<br />
Saison vorbei ist, werde ich nach<br />
Kanada fliegen. Dortmöchte ich<br />
mir diesen Traum endlich erfüllen:<br />
e<strong>in</strong>e Woche Heli-Ski<strong>in</strong>g pur.<br />
Dazu kommen wir ja, wenn die<br />
Rennsaison ist, nie. Me<strong>in</strong>e<br />
Kollegen und ich tra<strong>in</strong>ieren<br />
immer auf eisigen Verhältnissen.<br />
Hier <strong>in</strong> <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong> macht es<br />
besonders viel Spass, weil es<br />
eigentlich gar ke<strong>in</strong>e harten und<br />
eisigen Pisten gibt. Man muss<br />
alles mitMasch<strong>in</strong>en präparieren.<br />
Das iste<strong>in</strong> bisschen anderes<br />
Rennfahren als beim Weltcup.<br />
Mir liegtdas. Man brauchtmehr<br />
Gefühl und man kann die Ski<br />
nichtso brutal <strong>in</strong> den Schnee<br />
drücken. Bei diesen Schneekondition<br />
ist fe<strong>in</strong>fühliges Fahren<br />
gefragt.<br />
26<br />
Gratulation zum<br />
Medaillenregen!<br />
Das Hotel Laud<strong>in</strong>ella mit all se<strong>in</strong>en<br />
Mitarbeitern gratuliert unseren<br />
Gästen, dem österreichischen Ski-<br />
Team ganz herzlich zu se<strong>in</strong>en<br />
Erfolgen!<br />
In folgenden Diszipl<strong>in</strong>en errangen<br />
sie Medaillen:<br />
Herren-SuperG:<br />
Gold: <strong>St</strong>ephan Eberharter<br />
Bronze: Hermann Maier<br />
Damen-SuperG:<br />
Gold: Michaela Dorfmeister<br />
Herren-Abfahrt:<br />
Gold: Michael Walchhofer<br />
Damen-Abfahrt:<br />
Silber: Alexandra Meissnitzer<br />
Damen-Komb<strong>in</strong>ation:<br />
Silber: Nicole Hosp<br />
Herren-Riesenslalom:<br />
Silber: Hans Knauss<br />
Damen-Slalom:<br />
Silber: Marlies Schild
Kul<strong>in</strong>arisches<br />
Sextett im Hotel<br />
Laud<strong>in</strong>ella<br />
Im Buffetrestaurant <strong>St</strong>üva, dem ersten <strong>in</strong><br />
<strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong>, geniessen Sie von der alp<strong>in</strong>en<br />
Hausmannskostüber Vegetarisches,<br />
leichten Vorspeisen, Salaten, <strong>in</strong>dischen<br />
Gerichten bis zu e<strong>in</strong>em grossen Dessertbuffetalles<br />
à discrétion.<br />
Gemütlich e<strong>in</strong>en Abend beim Fondue<br />
Ch<strong>in</strong>oise, der leichten Variante des Fleischfondues,<br />
im Da Andrea verbr<strong>in</strong>gen und sich<br />
e<strong>in</strong>mal richtig viel Zeit zum Essen gönnen.<br />
Das ZEIT take-away bietet auf die Schnelle<br />
frisch und lecker Sandwiches, Wraps,<br />
Hot Thai, Muff<strong>in</strong>s, Fruchtsalate, Getränke,<br />
Häagen Dazs Eis.<br />
Im Siam W<strong>in</strong>d schauen Sie den Köchen aus<br />
Thailand fast<strong>in</strong> den Wok, wenn sie Ihnen<br />
die leichten, schonend gegarten und mit<br />
fe<strong>in</strong>en Kräutern und exotischen Zutaten<br />
versehenen Köstlichkeiten à la m<strong>in</strong>ute<br />
zubereiten.<br />
Neapolitanische Pizzabäcker zaubern e<strong>in</strong>e<br />
grosse Auswahl an knusprigen Pizzen direkt<br />
aus dem Holzofen auf die Tische. Diese und<br />
die hauseigene Pasta s<strong>in</strong>d die kul<strong>in</strong>arischen<br />
Dauerbrenner <strong>in</strong> der Pizzeria Caruso.<br />
Alles Käse heisstes im le Carnotzet.<br />
Das Moitié-moitié Käsefondue mit der ausgezeichneten<br />
Mischung aus der Alp-Käserei<br />
Morteratsch und dem Raclette-Käse aus<br />
<strong>St</strong>ans garantieren e<strong>in</strong> Schweiz-Highlight.<br />
Geniessen Sie!<br />
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Entdecken!<br />
Segant<strong>in</strong>i Museum, Via Somplatz 30, <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong><br />
Dokumentationsbibliothek, Plazza da Scoula, <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong><br />
Mili Weber Haus, Via Dim Lej 35, <strong>St</strong>. <strong>Moritz</strong><br />
Chesa Planta, Kulturarchiv Oberengad<strong>in</strong>, Samedan<br />
Kunstraum Riss, Samedan<br />
Nietzsche-Haus, Sils-Maria<br />
Museum Alp<strong>in</strong>, Pontres<strong>in</strong>a<br />
Lesen!<br />
Felicitas Hoppe<br />
Paradiese, Übersee RowohltVerlag<br />
Richard Reich<br />
Das Gartencenter, Ke<strong>in</strong> & Aber Verlag<br />
Mart<strong>in</strong> Br<strong>in</strong>kmann<br />
Heute gehen alle spazieren. Deutsche Verlagsanstalt<br />
Männer kennen ke<strong>in</strong>en Schmerz Geschichten über die Eifersucht<br />
Saskia He<strong>in</strong>tz (Hrsg.) Hanser Verlag<br />
Ruth Schweikert<br />
Ohio, Ammann Verlag<br />
Michael Krüger<br />
Die Cellospieler<strong>in</strong>, Suhrkamp Verlag<br />
Filmlandschaft Engad<strong>in</strong> Bergell Puschlav Münstertal<br />
Jürg Frischknecht, Thomas Kramer, Werner Swiss Schweizer<br />
Verlag Bündner Monatsblatt Chur<br />
Das grosse Buch vom Engad<strong>in</strong><br />
Panorama-Aufnahmen von Max Weiss, Montabella Verlag<br />
KULTURTIPPS<br />
Elvezia Michel (1887-1963)<br />
Herausgeber und Verlag Kulturarchiv Oberengad<strong>in</strong><br />
Erleben!<br />
Laud<strong>in</strong>ella Workshops<br />
Musik, kreatives Schreiben, Veröffentlichen, Drehbuch, Film, Kultur-,<br />
Zeitmanagement, Moderation, Coach<strong>in</strong>g, Wanderungen<br />
mit Erklärungen zur Bergflora, zu Kultstätten des Engad<strong>in</strong>s...<br />
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