05.11.2013 Aufrufe

Chronifizierungsscore für Schmerzerkrankungen: - medwis.de

Chronifizierungsscore für Schmerzerkrankungen: - medwis.de

Chronifizierungsscore für Schmerzerkrankungen: - medwis.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Chronifizierungsscore</strong> <strong>für</strong> <strong>Schmerzerkrankungen</strong>:<br />

Qualität 1+2 (Wo tut es weh? Wie tut es weh?):<br />

neuropathischer Schmerz (rot) +1<br />

mehrere Schmerzqualitäten: +2<br />

Gesamtscore 3 beim Vorliegen einer Panalgesie<br />

Minimalscore: 0<br />

Maximalscore: 3<br />

Schmerz nach Lokalisation und Art:<br />

Qualität 3 (Wie stark tut es weh?):<br />

Schmerzenmaximum ab je<strong>de</strong>r Schmerzstufe über 5 jeweils +3 (also Schmerzstufe 6=3,<br />

Schmerzstufe 7=6 etc.)<br />

Teilweise vorhan<strong>de</strong>ne Schmerzfreiheit o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st Differenz von mehr als 4 Punkten<br />

auf <strong>de</strong>r Schmerzskala: -4<br />

Minmalscore: -4<br />

Maximalscore: 15<br />

Schmerzstärke:<br />

Qualität 4 (Krankheitsdauer):<br />

Schmerzdauer <strong>für</strong> je<strong>de</strong>s vergangene Jahr mit Schmerzen +1, maximal aber 10<br />

Plötzlicher Schmerzbeginn: +1<br />

Verletzung: +1<br />

Schleichen<strong>de</strong>r Beginn: -1<br />

Schmerzausbreitung in weitere Regionen: +2<br />

Schmerzausbreitung symetrisch: +3<br />

Krankheitsdauer:<br />

Minimalscore: -1<br />

Maximalscore: 17 Gesamtscore 1-4: (Schmerzwahrnehmung):<br />

Qualität 5 (Behandlungskompetenz):<br />

Beginn kompetenter Therapie innerhalb eines Jahres: -1, über einem Jahr seit Beginn <strong>für</strong> je<strong>de</strong>s<br />

zusätzliche Jahr +1 (also: wenn eine kompetente Betreuung nicht innerhalb eines Jahres stattfand:<br />

+1, wenn 2 Jahre vergangen waren +2 etc), maximal aber 10<br />

Alkohol o<strong>de</strong>r Sedativa zusätzlich: +2<br />

Hoffnungsverlust: +4<br />

Suizidgedanken: +2 (weil in Kombination mit Hoffnungslosigkeit)<br />

Minimalscore: -1<br />

Maximalscore: 18<br />

Score Behandlungskompetenz:<br />

Qualität 6 (Einfluß <strong>de</strong>r Schmerzen auf Beruf, Familie, Hobbys und Freundschaften) :<br />

Verlust <strong>de</strong>s Arbeitsplatzes: +2<br />

Berentung o<strong>de</strong>r angestrebte Berentung: +3<br />

Fehlen<strong>de</strong>s Einfühlungsvermögen <strong>de</strong>s (Ehe-)partners: +2<br />

Leid aufgrund fehlen<strong>de</strong>n Leistungsvermögens <strong>für</strong> die Familie: +2<br />

Ist Ihre Ehe wegen <strong>de</strong>r Schmerzen gescheitert? +3<br />

Distanz zu Kin<strong>de</strong>rn: +2 Distanz zu Hobbys: +1 Distanz zu Freun<strong>de</strong>n: +1<br />

Minimalscore: 0 Maximal 16<br />

Score zur sozialen Integration:


Score 1-4 Score 5 Score 6 Score 7 Gesamt von max. 75<br />

Qualität 7 (Die Zukunft):<br />

Hoffnung auf bessere Medikamente: -2<br />

Angst vor Sparmaßnahmen: +3<br />

Möglichkeit zur Aussprache vorhan<strong>de</strong>n: -2<br />

Fühlt sich alleingelassen: +3<br />

Traut sich Aktivität in/<strong>für</strong> Selbsthilfegruppen zu: -2<br />

Minimalscore: -6<br />

Maximalscore: +6<br />

Score zur Zukunftserwartung:<br />

Ermittlung <strong>de</strong>s Scores: Gesamtscore bei Maximum 75:<br />

Die Qualitäten 1-4 wer<strong>de</strong>n als Schmerzerleben zusammengerechnet.<br />

Die Qualitäten 5, 6 und 7 wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Auswertung jeweils einzeln gerechnet. Der maximale<br />

Score beträgt (theoretisch und hoffentlich nur theoretisch) 75 Punkte.<br />

Suicidgefahr besteht insbeson<strong>de</strong>re zu Beginn einer Schmerzstörung, Maß da<strong>für</strong> ist v. a.<br />

Hoffnungsverlust. Schmerzchronifizierung senkt (in <strong>de</strong>r Praxis zu sehen) das Suicidrisiko, die<br />

meisten Schmerzpatienten überwin<strong>de</strong>n diese Phase, zumin<strong>de</strong>st bei kompetenter Hilfe.<br />

Im Gegensatz zu Gerbershagen ist bei mir, im Sinne <strong>de</strong>r „symetrischen“Medizin bei fehlen<strong>de</strong>r<br />

Schmerzreduktion nicht <strong>de</strong>r Patient schuld, falls nötig ist regelmäßige Opiateinnahme ein<br />

Chronifizierungshin<strong>de</strong>rnis, nun ja, die Dogmen in <strong>de</strong>r Medizin wechseln, unser Wille<br />

zur Hilfe nicht.<br />

Die Behandlungsbedingungen <strong>für</strong> Schmerzpatienten erfor<strong>de</strong>rn unbedingtes Vertrauen. Dieses<br />

Vertrauen vermin<strong>de</strong>rt erheblich das Suizidrisiko von Schmerzpatienten.<br />

Je eher kompetente Hilfe einsetzt, <strong>de</strong>sto günstiger die Langzeitprognose. Schmerzfreiheit ist<br />

dabei eine Illusion, das erreichen einer akzeptablen Lebensqualität ist das Ziel.<br />

(C) 2006 Michael Blumenstein<br />

Praktischer Arzt<br />

Poststr. 1 (Alte Post)<br />

D-31542 Bad Nenndorf<br />

UMS: 0941-5992-74696<br />

Dieser Fragebogen steht ohne Beachtung eines Copyrights bei Quellenangabe allen<br />

schmerztherapeutischen Kollegen zur Verfügung.


Algoscore


Anmerkung:<br />

Die Zuordnung zu <strong>de</strong>n einzelnen Schwerearten <strong>de</strong>s Schmerzes ist eine<br />

noch vorübergehen<strong>de</strong>.<br />

Es erfolgt weitere "Kalibrierung" <strong>de</strong>r Grenzen anhand <strong>de</strong>r sich am<br />

Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Stufen befindlichen Patienten.<br />

Zu <strong>de</strong>n Qualitäten 1 bis 4:<br />

An <strong>de</strong>r Schmerzwahrnehmung nach Qualität und Ort(en) zeigt sich<br />

eine weitgehend geschichtlich konstante Symptomatik, mehrere<br />

Schmerzarten bei einem Menschen <strong>de</strong>uten auf Ausfall <strong>de</strong>r<br />

schmerzhemmen<strong>de</strong>n Bahnen (also Chronifizierung) hin, ebenso die<br />

Panalgesie, <strong>de</strong>r neuropathische Schmerz erscheint zu Beginn oft<br />

logische Folge von Verletzung o<strong>de</strong>r Operation, „das wird schon“,<br />

diese Einstellung zu eher abwarten<strong>de</strong>m Verhalten begünstigen die<br />

Chronifizierung.<br />

Die Schmerzstärke (aufgrund <strong>de</strong>r genannten Leistungseinbußen!) wird<br />

sich kaum än<strong>de</strong>rn, die betroffenen fin<strong>de</strong>n sich dort alle wie<strong>de</strong>r,<br />

(Siehe auch Schmerzwahrnehmung/ Leistungseinbuße auf einer<br />

amerikanischen Internet- Seite. Die NAS in 2er-Schritten).<br />

Schmerzdauer ist sicherlich <strong>de</strong>r wichtigste Parameter <strong>für</strong> eine<br />

Chronifizierung,<br />

Qualität 5 (Behandlungskompetenz)<br />

Ob, wie es die Bewertung unterstellt, ein rascher Beginn<br />

kompetenter Behandlung das Risiko zur Entwicklung einer<br />

Schmerzkrankheit tatsächlich so beträchtlich vermin<strong>de</strong>rt, muß sich<br />

zum guten Teil erst noch zeigen. Zu frisch ist die Verfügbarkeit<br />

<strong>de</strong>r neuen Substanzen (V.a. Gabapentin, Pregabalin und Duloxetin),<br />

aber auch die neuen Darreichungsformen alter Opiate, die vorher<br />

nie zu erzielen<strong>de</strong> fast konstante Serumspiegel ohne erhebliche<br />

Schwankungen ermöglichen.<br />

Es ist ein erheblicher Grund zur Selbstkritik <strong>de</strong>r Ärzteschaft,<br />

wenn Schmerzpatienten oftmals eine wahre Odyssee bei Ärzten<br />

hinter sich bringen müssen, bis sie auf einen kompetenten Kollegen<br />

treffen. Da bin ich mit Gerbershagen einer Meinung, daß dies bei<br />

ihm nahezu als Charakterfehler <strong>de</strong>r Patienten im Unterton erscheint<br />

ist aus heutiger Sicht verwerflich. Zumin<strong>de</strong>st fehlt(e) es<br />

beträchtlich an Einfühlungsvermögen.<br />

Für Suchtverhalten sieht Gerbershagen die Patienten als<br />

Sün<strong>de</strong>nböcke, heute wissen wir, wie katastrophal die damals zur<br />

Verfügung stehen<strong>de</strong>n Medikamente sich auswirkten.<br />

Warum eine Mauer zwischen Arzt und Patient?<br />

Zur Zeit <strong>de</strong>s MPSS entschied die Krankheitsschwere über die<br />

Häufigkeit von Heilverfahren, heute entschei<strong>de</strong>t die Kassenlage <strong>de</strong>r<br />

Sozial- und Rentenversicherung.<br />

Der heutige Raubtier- Kapital-Liberalismus führt zur raschen<br />

Ausgrenzung all <strong>de</strong>r Menschen mit Leistungseinschränkungen.<br />

Ist <strong>de</strong>r Arbeitsplatz verloren, die Chance eine neue und


gesundheitsgerechte Anstellung zu erhalten völlig irreal, so<br />

resultiert daraus <strong>de</strong>r absolut natürliche Wunsch auf Berentung,<br />

was sonst soll die Rolle <strong>de</strong>s Schmerzpatienten in <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />

sein?<br />

Das ist bei Gerbershagen die „learned helplessness“.<br />

Natürlich ist auch je<strong>de</strong>r Schmerzkranke ein gegenüber sozialen<br />

Rahmenbedingungen sensibler Mensch.<br />

Bei Gerbershagen erscheint dies als Vorwurf, es ist das<br />

Spiegelbild <strong>de</strong>r Gesellschaft.<br />

Nichts bewegt Schmerzpatienten so stark wie die Tatsache, daß sie<br />

nicht ausreichend in <strong>de</strong>r Familie helfen können. Durch diesen<br />

Umstand entsteht sehr oft das Gefühl <strong>de</strong>r Überflüssigkeit, <strong>de</strong>r<br />

Selbstentwertung, hin zu Hoffnungslosigkeit und Suicid ist <strong>de</strong>r Weg<br />

nicht mehr weit.<br />

Nun sind aber auch die Rentenkassen leer, die Versorgungsämter<br />

machen auch die schwerstkranken noch zu 40% GdB-Patienten, so wird<br />

eine Frühberentung nahezu unmöglich.<br />

Arm und krank wer<strong>de</strong>n also weiterhin zusammengehören.<br />

Sehr viele Schmerzpatienten haben noch eine Leistungsfähigkeit <strong>für</strong><br />

3 o<strong>de</strong>r gar 5 Std. täglich, <strong>de</strong>mentsprechen<strong>de</strong> "Halbrente" wird aber<br />

nicht gewährt. Die Punkte Verlust <strong>de</strong>s Arbeitsplatzes sowie Rente<br />

o<strong>de</strong>r angestrebte Rente sind ganz überwiegend durch die<br />

Sozialpolitik <strong>de</strong>finiert und müssen <strong>de</strong>mentsprechend angepaßt<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn die Sozialpolitik sich än<strong>de</strong>rt.<br />

Der Umgang mit Schmerzkranken in <strong>de</strong>r Familie und <strong>de</strong>m Freun<strong>de</strong>skreis<br />

ist vom Grad <strong>de</strong>r Informiertheit, erst recht aber durch religiöse<br />

und soziale Einstellungen bestimmt.<br />

Die Qualität 7 (Die Zukunft) zeigt Hoffnung und Erwartung <strong>de</strong>r<br />

Patienten. Überwiegend wer<strong>de</strong>n bessere Medikamente <strong>für</strong> die Zukunft<br />

erwartet, in etwa gleicher Häufigkeit aber auch be<strong>für</strong>chtet, daß<br />

sie selbst wegen <strong>de</strong>r Kosten diese Medikamente nicht erhalten<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Scha<strong>de</strong> ist die Kombination „sich alleingelassen fühlen“ zusammen<br />

mit <strong>de</strong>m sich nicht zuzutrauen, bei einer Selbsthilfegruppe<br />

mitzumachen.<br />

Die Kraft, bei einer Selbsthilfegruppe mitzumachen wird in Zukunft<br />

womöglich durch Duloxetin zu erreichen sein, es ist gewiss nicht<br />

falsch die „soziale Genesung“ mit einer Pharmakotherapie zu<br />

erleichtern o<strong>de</strong>r erst möglich zu machen.


Schmerzen im Sozialversicherungsrecht<br />

Wie sagte ein Gutachter im Rentenverfahren zu einem meiner Patienten?<br />

„Schmerzen gelten nicht“.<br />

Prägnanter läßt sich sich die verbreitete Ignoranz nicht formulieren.<br />

Bei Akutschmerzen führt in aller Regel wegen einer akuten Gewebeschädigung zur<br />

Arbeitsunfähigkeit. Die Phase <strong>de</strong>s Akutschmerzes ist aber allerspätestens nach 12<br />

Wochen vorbei. Beim Akutschmerz sind die schmerzhemmen<strong>de</strong>n Mechanismen völlig<br />

intakt, auch läßt sich durch NSAID <strong>de</strong>r Schmerz ganz wesentlich reduzieren.<br />

Durch diese Konstellation ist die psychische und die soziale Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r<br />

betroffenen Patienten nicht beeinträchtigt.<br />

Im Rahmen <strong>de</strong>r Schmerzchronifizierung kommt es zunächst zur Ausbildung <strong>de</strong>s<br />

Schmerzgedächtnisses, schmerzfreie Zeiten vermin<strong>de</strong>rn sich immer stärker.<br />

Schmerzhemmen<strong>de</strong> Nervenbahnen stellen mehr und mehr ihren Dienst ein bzw. wer<strong>de</strong>n<br />

schmerzverstärkend wirksam. Es kommt zunehmend zur ungehemmten Reizüberflutung<br />

<strong>de</strong>s Gehirnes, mit allen Folgen, die sich daraus ergeben.<br />

Im Regelfalle sind 90% aller Sinnesreize, die das Gehirn erreichen, optische Reize.<br />

Spätestens bei Schmerzstärke 9 kommt es verständlicherweise zu Sehstörungen, die<br />

meisten Patienten schließen in einer solchen Situation die Augen, um eine<br />

Schmerzsynkope abwen<strong>de</strong>n zu können.<br />

Meist wird die Schmerzstärke 9 (bei Ausgangsstärke 8) durch Reizüberflutung,<br />

Witterungsbelastung, Wärme, Kälte und taktile Reize erreicht.<br />

Der schmerzkranke Patient hat in <strong>de</strong>r Regel einen hohen Anteil <strong>de</strong>r Schmerzstärke 8, ein<br />

Arbeitsumfeld, das eine Schmerzzunahme auf Stufe 9 vermei<strong>de</strong>n kann, ist schlichtweg<br />

unvorstellbar.<br />

Das Problem <strong>de</strong>r Schmerztherapie:<br />

Die Leistungsbreite vom Schmerzpatienten kann medikamentös verbessert, aber auch<br />

verschlechtert wer<strong>de</strong>n.<br />

Eine gute Einstellung ist stets ein Kompromiss zwischen Schmerzlin<strong>de</strong>rung und<br />

Therapienebenwirkungen.<br />

Erst nach eingestellter Schmerztherapie sollte die Frage nach einer Berentung erwogen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Bei <strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeitigen Fortschritten in <strong>de</strong>r Arzneitherapie erscheint die Berentung auf Zeit<br />

sinnvoll, falls es noch nicht zu schwerwiegen<strong>de</strong>n schmerzbedingten<br />

Persönlichkeitsverän<strong>de</strong>rung gekommen ist.<br />

Im multiaxialen NPA wer<strong>de</strong>n sowohl individuelle als auch soziale Daten <strong>de</strong>r Patienten<br />

erfragt, zusätzlich die Behandlungsqualität und die Erwartungen <strong>de</strong>r Patienten zur Zukunft<br />

bzw. von positiven und negativen Kontextfaktoren.<br />

Der NPA erfasst alle relevanten schmerzbedingten Fakten, ist gut reproduzierbar, selbst<br />

<strong>für</strong> Patienten mit gestörter Konzentration zu bewältigen.<br />

Letztlich muß gesagt wer<strong>de</strong>n: Verän<strong>de</strong>rungen durch Schmerz sowohl individuell als auch<br />

sozial lassen sich mit <strong>de</strong>m NPA reproduzierbar erfassen.<br />

Es sind Fragen im NPA enthalten, bei <strong>de</strong>nen nicht schmerzerkrankte Patienten<br />

„inkongruente“ Antworten geben und so recht gut „auszusortieren“ sind.


Beson<strong>de</strong>re Hinweise zur sozialrechtlichen Anwendung <strong>de</strong>s NPA:<br />

1. Der NPA sollte ausschließlich vom Patienten ausgefüllt wer<strong>de</strong>n, ohne Hilfe o<strong>de</strong>r<br />

Mitwirkung <strong>de</strong>s Gutachters.<br />

2. Der Patient sollte beim Ausfüllen beobachtet wer<strong>de</strong>n. Die verschie<strong>de</strong>nen<br />

Leistungsfähigkeiten in Abhängigkeit von <strong>de</strong>r Schmerzstärke sind <strong>für</strong><br />

Schmerzpatienten ein „Aha-Erlebnis“, Nicht- Schmerzpatienten wirken absolut<br />

hilflos.<br />

3. Nach Ausfüllen <strong>de</strong>s NPA sollte nach <strong>de</strong>r durchschnittlichen zeitlichen Dauer <strong>de</strong>r<br />

einzelnen Schmerzstärken im Tagesverlauf gefragt wer<strong>de</strong>n.<br />

4. Inkongruenzen: Freu<strong>de</strong> am Hobby, Pflege <strong>de</strong>r Freundschaften sowie Hilfen in <strong>de</strong>r<br />

Familie passen nicht zusammen mit extremen Beeinträchtigungen im beruflichen<br />

Bereich. In aller Regel erhöht sich primär das individuelle Schmerzerleben, die<br />

sozialen Auswirkungen entstehen als Folge <strong>de</strong>r Leistungseinbußen.<br />

5. Schmerz und Konzentration: Sowohl durch Schmerz, wie auch durch<br />

Schmerzmedikamente verschlechtert sich die Konzentration. Bei einer mit<br />

konstanter Dosierung durchgeführten Schmerztherapie ist die Konzentration im<br />

Vergleich zum Gesun<strong>de</strong>n reduziert, das Führen eines Kfz kann in aller Regel<br />

trotz<strong>de</strong>m gestattet wer<strong>de</strong>n, da durch die Schmerzmedikamente das Wahrnehmen<br />

von Leistungseinschränkungen intakt ist, also automatisch vorsichtiger gefahren<br />

wird.<br />

6. Mit welcher Schmerzstärke kann welche Arbeit wie lange durchgeführt wer<strong>de</strong>n? Die<br />

Frage kann so nicht gestellt wer<strong>de</strong>n. Die klassische Einteilung in leichte,<br />

mittelschwere und schwere Arbeit greift nicht. Eine körperlich schwere Arbeit, die<br />

ohne Reizüberflutung durchgeführt wer<strong>de</strong>n kann, ist oft eher möglich als eine<br />

leichte Arbeit mit Reizüberflutung im Umfeld. Das wichtigste ist das Vermei<strong>de</strong>n von<br />

Reizüberflutung und natürlich auch solchen speziellen Dinge, die individuell<br />

Schmerzen auslösen bzw. verstärken. Ein an<strong>de</strong>rer Punkt ist die zumutbare<br />

Arbeitszeit bei Schmerzpatienten. Im Regelfalle können 2 bis 4 Stun<strong>de</strong>n im Stück<br />

bewältigt wer<strong>de</strong>n, nach einer 1 bis 2-stündigen Pause (mit Möglichkeit zum<br />

Hinlegen) lässt sich teilweise nocheinmal Arbeitsfähigkeit <strong>für</strong> 2-3 o<strong>de</strong>r gar bis 4 Std.<br />

erzielen.<br />

7. Es besteht immer wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Wunsch, möglichst nur einen Blick auf eine Tabelle zu<br />

werfen, und dann ablesen zu können, was geht und was nicht.<br />

8. Es ist leichter zu sagen, was nicht geht: beim Überwiegen <strong>de</strong>r Schmerzstärke 8<br />

kann von 100% Erwerbsmin<strong>de</strong>rung ausgegangen wer<strong>de</strong>n.<br />

9. Beim Überwiegen <strong>de</strong>r Schmerzstärke 6 sollte <strong>de</strong>r Blick auf das erreichte<br />

Schmerzmaximum innerhalb <strong>de</strong>r letzten 4 Wochen geworfen wer<strong>de</strong>n.<br />

Liegt diese bei 7, so sollte vollschichtige Tätigkeit das Ziel <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>reinglie<strong>de</strong>rung<br />

sein.<br />

10.Beim Überwiegen <strong>de</strong>r Schmerzstärke 7 sollte ein Arbeitsversuch zumin<strong>de</strong>st <strong>für</strong> 2<br />

Std., mit langsamer Steigerung auf 4 Stun<strong>de</strong>n erwogen wer<strong>de</strong>n. Kann <strong>de</strong>r<br />

Arbeitgeber 2 Stun<strong>de</strong>n Ruhemöglichkeit ermöglichen, kann sogar Steigerung <strong>de</strong>r<br />

täglichen Arbeitszeit auf 7-8 Std. erwogen wer<strong>de</strong>n. (Natürlich ohne<br />

Reizüberflutung).<br />

Liegt das Schmerzmaximum aber bei 8, so ist das Erreichen einer vollschichtigen<br />

Tätigkeit nur in Einzelfällen zu erreichen, selbst 2-4 Stun<strong>de</strong>n täglich sind schon ein<br />

Erfolg.<br />

Liegt das Schmerzmaximum gar bei 9 o<strong>de</strong>r darüber, so bedarf es zumin<strong>de</strong>st einer<br />

beson<strong>de</strong>ren Toleranz <strong>de</strong>s Arbeitgebers, realistischerweise sind schon 2-4 Stun<strong>de</strong>n<br />

Tagesarbeitszeit ein Erfolg.<br />

© Michael Blumenstein 2005-2007

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!