April 2009 - Lebendige Gemeinde
April 2009 - Lebendige Gemeinde
April 2009 - Lebendige Gemeinde
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Nur einer wendet sich. Dort, wo die Diagonalen<br />
des Bildes sich kreuzen, liegt seine<br />
übergroße Hand auf der Schulter dessen,<br />
der unberührt bleibt von Schrecken und<br />
Todesnot. Größer als alle anderen, mit dem<br />
Zeichen des Kreuzes im Heiligenschein und<br />
einem Gewandmuster von je drei Punkten<br />
als Hinweis auf die Dreieinigkeit – Vater,<br />
Sohn und Heiliger Geist – so hat der<br />
Mönchsmaler Jesus gezeichnet. Dessen<br />
Ärmel hängt weit, senkrecht herab, schlägt<br />
nicht im Sturm, wie eine Richtschnur, wie<br />
ein Lot hängt er über der Bootswand.<br />
Unser Lot? Richtschnur für uns?<br />
Fast 1000 Jahre ist dieses Bild alt, fast<br />
2000 Jahre seine Geschichte: (Mk 8,<br />
23-27): Und am Abend desselben Tages<br />
sprach er zu ihnen: Lasst uns hinüberfahren.<br />
Und sie ließen das Volk gehen und<br />
nahmen ihn mit, wie er im Boot war, und<br />
es waren noch andere Boote bei ihm. Und<br />
es erhob sich ein großer Windwirbel, und<br />
die Wellen schlugen in das Boot, so dass<br />
das Boot schon voll wurde. Und er war<br />
hinten im Boot und schlief auf einem Kissen.<br />
Und sie weckten ihn auf und sprachen<br />
zu ihm: Meister, fragst du nichts danach,<br />
dass wir umkommen? Und er stand auf<br />
und bedrohte den Wind und sprach zu<br />
dem Meer: Schweig und verstumme! Und<br />
der Wind legte sich, und es entstand eine<br />
große Stille. Und er sprach zu ihnen: Was<br />
seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen<br />
Glauben? Sie aber fürchteten sich sehr und<br />
sprachen untereinander: Wer ist der? Auch<br />
Wind und Meer sind ihm gehorsam!<br />
Wie war das, damals in diesem Boot? Es<br />
war eine harte Schulbank für diese gestandenen<br />
Männer, diese Fachleute. Nach<br />
einem Predigttag ihres Meisters, einem<br />
Tag intensiver Jüngerschulung waren sie<br />
mit ihm ins Boot gestiegen. Und dann,<br />
völlig überraschend, gleichsam aus heiterem<br />
Himmel, beginnt der Sturm. Ja, wenn<br />
man von den Schwierigkeiten, von den<br />
Fällen des Lebens nur vorher wüsste...,<br />
dann könnte man ja gewisse Vorkehrungen<br />
treffen, sich ja schon mal wappnen. Nicht<br />
umsonst sprechen wir von den »Stürmen<br />
des Lebens«. Die brechen immer unerwartet<br />
über uns herein.<br />
Wie ist das mit den schwierigen Lebenslagen<br />
bei uns? Sind wir nicht alle Meister<br />
im Überleben? So schnell wirft uns doch<br />
nichts um. Ja, es gibt Situationen, die uns<br />
zunächst lähmen, das erste Entsetzen<br />
macht den Kopf leer und die Hände kraftlos.<br />
Aber dann ist der zweite Gedanke: »Da<br />
muss man doch was tun!« Und wir legen<br />
los in hektischer Aktivität, greifen zu allen<br />
uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten:<br />
Unserer eigenen Kompetenz, dem Ruf<br />
nach den Profis, den technischen Möglichkeiten,<br />
dem medizinischen Fortschritt,<br />
nächtelangen Selbstgesprächen ... Es dauert<br />
lange, bis wir realisieren: Wir schaffen´s<br />
nicht. Das Wasser reicht schon bis zum<br />
Hals. Wir gehen unter.<br />
Soweit waren die Jünger. Wir schaffen´s<br />
nicht. Wir gehen unter. Die Wellen schlagen<br />
mit solcher Macht ins Boot, dass es schon<br />
voll läuft.<br />
Und dann, - ein Gedanke: Da ist noch<br />
Jesus. Wo ist er? Hinten im Boot. Er schläft.<br />
Das kann doch nicht wahr sein! Jesus<br />
schläft hinten im Heck des Bootes auf<br />
einem Kissen selig, den Schlaf des Gerechten.<br />
Die ganze Anspannung und Erregung, ihre<br />
nackte Angst bricht aus den Jüngern Jesu<br />
heraus, als sie ihn wecken, und das Sturmgetöse<br />
übertönend schreien sie ihn an:<br />
»Meister, fragst du nichts danach, dass wir<br />
umkommen?« (V 38) Sind wir dir egal? Ist<br />
dir alles gleichgültig? Du schläfst und wir<br />
kämpfen um´s Überleben. Kümmert es dich<br />
nicht?<br />
Es ist aus mit ihrer Kraft, sie sind am Ende<br />
ihrer Möglichkeiten. Der Sturm ihres Lebens<br />
hat ihnen alles aus der Hand geschlagen.<br />
Ihr Lebensschiff ist dabei zu sinken. Da ist<br />
keine Hoffnung mehr, nur noch Wut und<br />
Zorn: »Sind wir dir egal?«<br />
Es geht in unserem Abschnitt um Leben<br />
und Tod. Markus berichtet von einem<br />
Machtkampf in dieser Geschichte gegen<br />
Angst und Tod.<br />
Bildbeschreibung zu: Jesus<br />
schläft im Boot<br />
Ein kleines Boot mitten auf dem Wasser.<br />
Es geht ein starker Wind; wir sehen eine<br />
Welle, die fast den Bootsrand erreicht. Sie<br />
sind dunkel und wild diese Wellen in dunkelblau<br />
und grün, aber wir sehen auch, dass<br />
diese Wasserwogen nicht stark sind, nicht<br />
groß genug, dass sie das Boot bedrohen<br />
könnten.<br />
Auf diesen Wellen schwimmt ein kleines<br />
Boot, gerade groß genug, dass sich ein<br />
Mann darin hinlegen kann. Dieses Boot<br />
hebt sich durch die hellen, leuchtenden<br />
Farben von den dunklen Wellen wohltuend<br />
ab. Es lenkt sofort den Blick auf sich, weg<br />
von den Wellen hin zu diesem kleinen Boot.<br />
Das Boot liegt sicher im Wasser, es ist nicht<br />
bedroht und gebeutelt, reitet nicht auf den<br />
Wellen als Spielball der Elemente, sondern<br />
es liegt sicher und ruhig auf dem Wasser.<br />
Auf dem Boden des Bootes liegt ein Mann,<br />
ein Kissen unter seinem Kopf, die Beine<br />
unter der Sitzplanke ausgestreckt. Friedlich<br />
liegt er da und schläft. Er ist ganz in weiß<br />
gekleidet und wir erkennen, dass<br />
es Jesus ist. Seine Hände sieht<br />
man nicht, die eine ist unter<br />
seinem Kopf verborgen und die<br />
Andere verschmilzt mit dem<br />
Boden des Bootes. Er schläft, er<br />
ist nicht geschäftig am Arbeiten,<br />
dass dieses Boot auf Kurs bleibt,<br />
seine Hände können ruhen.<br />
Neben Jesus liegt ein Kissen.<br />
Da ist noch ein Platz im Boot,<br />
für einen der sich zu ihm legt.<br />
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