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Einführung Infektiologie - Prof

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Mikrobiologie<br />

Vorlesungsmitschrift<br />

Diese Vorlesungsmitschrift ist im Rahmen der „Vorlesung der Medizinischen Mikrobiologie und der<br />

Immunologie“ (MeCum LMU) während der Vorlesung zum Thema „Leptospirose, Siphilis, Lyme-<br />

Borreliose“ von <strong>Prof</strong>. Dr. med. Bettina Wilske entstanden. (Juli 2004)<br />

Ihr gilt auch der Dank für ihre freundliche Unterstützung bei der Vervollständigung dieser Mitschrift<br />

und für die Genehmigung sie im Mecum-Bereich unserer Fachschaftseite veröffentlichen zu dürfen.<br />

Dieses Skript verfolgt keine kommerziellen Interessen und steht auch nicht für die Verfolgung solcher<br />

Interessen zur Verfügung.<br />

Leptospirose – Syphilis – Lyme-Borreliose – <strong>Prof</strong>. Wilske<br />

Spirochäten<br />

- 2 Familien : Spirochaetaceae und Leptospiraceae<br />

- Gattungen von humanmedizinischem Interesse : Treponema, Borrelia und Leptospira<br />

- Genus Borrelia:<br />

o Größer<br />

o Leichter anfärbbar bei üblichen Färbeverfahren<br />

o Spiralwindungen relativ weit (1 – 2 µ Wellenlänge)<br />

- Genus Treponema:<br />

o Dünnere, spiralige Gebilde<br />

o Mit gleichmäßigen, steilen Windungen (1 – 1,5 µ Wellenlänge)<br />

o Schwer anfärbbar<br />

- Genus Leptospira:<br />

o Windungen so eng, dass sie bei Dunkelfeldbetrachtung eben noch erkannt werden<br />

können<br />

o Ein- oder beidseitig an den Enden abgebogen


Mikrobiologie<br />

Vorlesungsmitschrift<br />

Lyme-Borreliose<br />

Weitergehende Informationen auch über Homepage des Pettenkofer-Institutes<br />

http://www.mvp.uni-muenchen.de/ unter „NRZ für Borrelien“<br />

Verbreitung der Lyme-Borreliose<br />

- USA: Ixodes scapularis, Ixodes pacificus<br />

- Europa : Ixodes ricinus, Ixodes persulcatus<br />

- Asien : Ixodes persulcatus<br />

- Verbreitung der Lyme-Borreliose auf nördliche Hemisphäre begrenzt<br />

Enzootischer Zyklus von Borrelia burgdoferi<br />

Adulte<br />

20 %<br />

Säugetiere<br />

Mensch Nymphen Vögel Eier Prozentangaben:<br />

10 % andere Durchseuchungsrate<br />

mit B. burgdoferi<br />

Larven<br />

1 %<br />

Procedere nach Zeckenstich<br />

- so schnell wie möglich entfernen<br />

- Wahrscheinlichkeit der Übertragung steigt mit Dauer des Saugaktes<br />

- Zeckenleib nicht quetschen<br />

Geographische Verteilung der humanpathogen Borrelia der B. burgdoferi sensu lato – Spezies<br />

- B. burgdoferi sensu stricto: Nordamerika, Europa<br />

- B. garinii: Eurasien<br />

- B. afzelii: Eurasien<br />

Zellanatomie<br />

- Flagellen als Fortbewegungsapparat (sog. Endoflagellen, liegen zwischen innerer und äusserer<br />

Membran, damit können komplexe schraubenförmige oder undulierende Bewegungen<br />

durchgeführt werden )<br />

- Immunelekronenmikroskopische Aufnahme von OspC (outer surface protein C) zeigt massive<br />

Expression von OspC auf der Borrelienoberfläche<br />

Beziehung zwischen Spezies OspA-Typ<br />

- B. burgdoferi sensu stricto: OspA-Typ 1<br />

- B. afzelii: OspA-Typ 2<br />

- B. garinii: OspA-Typ 3 –7<br />

- Hohe Heterogenität von OspC, auch bei B. burgdorferi s.s. und B. afzelii<br />

Heterogenität europäischer B. burgdorferi sensu lato – Stämme<br />

B. burgdoferi<br />

B. afzelii<br />

B. gainii<br />

Liquor Zecken Haut Synovialflüssigk.<br />

19 %<br />

20 %<br />

6 %<br />

33 %<br />

12 %<br />

9 %<br />

84 %<br />

29 %<br />

69 %<br />

71 %<br />

10 %<br />

38 %<br />

Hohe Prävalenz von B. afzelii bei Haut-isolaten, Prävalenz von B. garinii bei Liquorisolaten


Mikrobiologie<br />

Vorlesungsmitschrift<br />

Klinik<br />

- Frühmanifestation:<br />

o Stadium I:<br />

• Nach Tagen bis Wochen<br />

• Erythema migrans – lokalisiert<br />

o<br />

Stadium II:<br />

• Nach Wochen bis Monaten<br />

• Erythema migrans – multiple Läsionen<br />

• Lymphadenositis benigna cutis<br />

• Karditis<br />

• Meningitis, Meningoradikulitis (Morbus Bannwarth)<br />

- Spätmanifestation :<br />

o Stadium III :<br />

• Nach Monaten bis Jahren<br />

• Chronische progrediente Enzephalomyelitis<br />

• Chronische Arthritis<br />

• Acrodermatitis chronica athrophicans (ACA)<br />

Saisonale Prävalenz<br />

- Zahl der Frühmanifestationen steigt im April mit der Zeckensaison und sinkt dann im Oktober<br />

wieder<br />

- Stadium II (Neuroborreliose) ähnlich, wegen längerer Inkubationszeit etwas später<br />

- Spätmanifestationen wie Arthritis und ACA übers Jahr gleich verteilt, wegen sehr variabler und<br />

z.T. langer Inkubationszeiten<br />

Therapie der 1. Wahl<br />

Stadium Antibiotikum Dosis Verabreichung Häufigkeit Dauer<br />

I<br />

II<br />

III<br />

Doxycyclin<br />

Ceftriaxon<br />

Ceftriaxon<br />

200 mg<br />

2 g<br />

2 g<br />

p.o.<br />

i.v.<br />

i.v.<br />

1 x / d<br />

1 x / d<br />

1 x / d<br />

14 d<br />

14 d<br />

21 d<br />

Erregernachweis in Patientenproben<br />

- Kultur in MKP-Medium<br />

- PCR: Zielsequenz z.B. ospA, Flagellin-Gen, p66-Gen, 16S rDNA<br />

- Erfolgsraten:<br />

Haut (Erythema migrans, ACA): 50 – 70 % mit Kultur und PCR<br />

Liquor (Neuroborreliose II): 10 – 20 % mit Kultur und PCR<br />

Gelenkpunktat (Lyme-Arthritis): 50 – 70 % mit PCR (Kultur extrem selten positiv)<br />

Erregernachweis in Zecken<br />

- Kultur<br />

- PCR<br />

- Immunfluoreszenz<br />

- Erfolgsrate: abhängig von Entwicklungsstadium der Zecke und des Endemiegebietes<br />

- Erregernachweis in Zecken nur für epidemiologische und wissenschaftliche Studien empfohlen,<br />

nicht zum Nachweis von Borrelien in Zecken um daraus Therapieindikationen abzuleiten<br />

Antikörpernachweis bei Lyme-Borreliose<br />

- Stufendiagnostik:<br />

o ELISA (IgM, IgG)<br />

o Falls reaktiv ⇒ Immunblot (Westernblot) (IgG, IgM)<br />

- wichtig bei Neuroborreliose:<br />

o Untersuchung eines Liquor- / Serum-Paares vom selben Tag<br />

o Nachweis eines erhöhten Liquor- / Serum-Index


Mikrobiologie<br />

Vorlesungsmitschrift<br />

Immunblotverfahren<br />

- Ganzzelllysat-Immunblot:<br />

o hier oft mangelnde Standardisierung kommerzieller Teste<br />

o Standardisierung möglich mit monoklonalen Antikörpern<br />

- Rekombinanter Borrelien-Immunblot:<br />

o Vorteile sind Verwendung und Selektion von ganz spezifischen Antigenen, Proteinen von<br />

verschiedenen Serotypen und von nur in vivo (d.h. nicht in Kultur) exprimierten Antigenen<br />

Intrathekale Antikörperantwort<br />

- Bestimmung des Liquor- / Serum-Index<br />

- 1. Serum und Liquor auf identische IgG-Konzentration verdünnen<br />

- 2. ELISA-Antikörper-Einheit in Liquor- und Serumverdünnung<br />

- signifikanter Liquor- / Serum-Index: ≥ 2<br />

Pathogenitätsfaktoren<br />

- Adhäsion (Adhäsine z.B. OspA, DbpA, DbpB)<br />

- Invasion extrazellulärer Matrizes und Basalmembrankomponenten (Plasmin-Bindung an die<br />

Borrelienoberfläche)<br />

- Serum-Resistenz (Bindung von Faktor H und FHL-1 durch die sog. CRASP-Proteine)<br />

- Motilität fördert Dissemination (schraubenförmige Bewegung in extrazellulärer Matrix) im Wirt<br />

- Zytokin-Stimulation in Makrophagen und Lymphozyten (durch Borrelienlipoproteine z.B. OspA)<br />

- Persistenz im Wirtsmechanismus (z.B. in immunologisch privilegierten Orten wie ZNS)<br />

- „immun escape“ durch Variation der Osp-Proteine:<br />

o Osp-Switch von OspA zu OspC induziert Wanderung von B. burgdorferi vom<br />

Zeckendarm in die Speicheldrüsen der Zecke<br />

o nüchterne Zecke: OspA-positive Borrelien im Darm<br />

o angesogene Zecke: OspC-positive Borrelien im Darm<br />

o durch Blutkontakt Switch von OspA zu OspC<br />

OspA-Impfung<br />

- OspA-Antikörper töten OspA-positive Borrelien bereits im Zeckendarm<br />

- Bei Impfstoffentwicklung für Europa muss Heterogenität von OspA berücksichtigt werden. Eine<br />

wirksame OspA-Vakzine ist für Amerika entwickelt werden, ist aber aus kommerziellen Gründen<br />

nicht mehr erhältlich<br />

Leptospira<br />

Spezies<br />

- Leptospira interrogans (pathogen)<br />

- Leptospira biflexa (apathogen)<br />

Zoonotischer Zyklus<br />

- Leptospiren werden von verschiedenen Tieren ausgeschieden (z.B. Nagetiere, insbesondere<br />

Ratten)<br />

- Mensch als akzidentieller Endwirt (Übertragung selten)<br />

- Infektionen: berufsbedingt (z.B. Kanalarbeiter, Landwirte), hobbybedingt (Infektionen beim<br />

Baden)<br />

Erkrankungen<br />

- Morbus Weil<br />

- Canicolafieber<br />

- Feldfieber<br />

- Schlammfieber<br />

- Erntefieber<br />

- Schweinehüterkrankheit


Mikrobiologie<br />

Vorlesungsmitschrift<br />

Pathogenese<br />

- kutane oder mukokutane Eintrittspforte ohne Läsion<br />

- hämatogene Ausbreitung<br />

- Vermehrung in Tubuli contorti<br />

- Erregerausscheidung im Urin<br />

- In schweren Fällen auch Leber- und Nierenfunktionsstörungen<br />

Leptospira-Infektionen<br />

- Inkubationszeit: 7 – 14 Tage<br />

- 1. Phase:<br />

o leptospirämische Phase<br />

o Fieber<br />

o Myalgien<br />

o<br />

o<br />

Dauer ca. 1 Woche<br />

Gefolgt von asymptomatischer Periode mit Dauer von Tagen (kann auch ohne<br />

asymptomatische Periode ablaufen, z.B. Morbus Weil)<br />

- 2. Phase:<br />

o leptospiurische Phase<br />

o Organbefall: ZNS, Leber, Niere, Lunge<br />

Serodiagnostik<br />

- Mikroagglutinationstest als Antigen (Wegen Verwendung lebender Kulturen als Antigen nur in<br />

Speziallabors)<br />

- Verwendung lebender Kulturen<br />

- ELISA (IgG- / IgM-Differenzierung)<br />

Erregernachweis<br />

- Kultur auf Spezialnährböden (Urin, Blut, Liquor, Organproben, Autopsiematerial)<br />

- Dunkelfeldpräparat liefert nur Verdachtsdiagnose<br />

Therapie<br />

- möglichst frühzeitige Therapie, weil Organphase nicht mehr so hohe Sensibilität zeigt<br />

- Mittel der Wahl Penicillin G oder Doxycyclin<br />

Bekämpfung, Prophylaxe<br />

- Eindämmung der Rattenplage<br />

- Schutz von exponierten Personen (z.B. Kanalarbeiter)<br />

- Aktive Immunisierung von Haustieren<br />

- Chemoprophylaxe<br />

Treponema pallidum subsp. pallidum – Syphilis (Lues)<br />

- T. pallidum ist in vitro nicht züchtbar<br />

- Vermehrung nur im Versuchstier (Kaninchen) möglich<br />

Klinik – Stadieneinteilung<br />

- Stadium I :<br />

o Primärstadium bzw. primäre Syphilis<br />

o Kontaktinfektion<br />

o Inkubationszeit: 3 Wochen<br />

o Schmerzloses, induriertes Erythem ⇒ Papel ⇒ harter Schanke / Ulcus durum<br />

(Primäraffekt)<br />

o Offene Läsionen sind hochkontagiös<br />

- Stadium II:<br />

o Sekundärstadium bzw. sekundäre Syphilis<br />

o Hämatogene Aussaat<br />

o Fieber<br />

o Generalisierte Lymphknotenschwellung<br />

o Generalisiertes Exanthem (makulös, papulös, pustulös)<br />

o Feuchte Papeln der Schleimhäute sind hochkontagiös


Mikrobiologie<br />

Vorlesungsmitschrift<br />

- Stadium III:<br />

o Tertiärstadium bzw. tertiäre Syphilis<br />

o Zwischen 2. und 3. Stadium kann eine Latenz von bis zu 30 Jahren liegen<br />

o Antikörpernachweis bleibt in dieser Zeit positiv<br />

o Grundsätzlich kann jedes Organ betroffen sein<br />

o Gumma (Plural: Gummen) = große Granulome<br />

o Syphilitisches Aorten-Aneurysma<br />

o ZNS-Befall: Großhirn = progressive Paralyse, Spinalmark = Tabes dorsalis<br />

Konnatale Syphilis<br />

- diaplazentare Übertragung ab 16. – 19. Schwangerschaftswoche<br />

- 50 % der infizierten Leibesfrüchte sterben ab<br />

- Frühform:<br />

o Auftreten bei Geburt oder innerhalb der ersten 2 Lebensjahre<br />

o z.B. Auftreten von Pemphigus syphiliticus<br />

- Spätform:<br />

o Hutchinsonsche Trias (Interstitielle Keratitis, gekerbte Inzisoren, Taubheit)<br />

o Sattelnase<br />

Erregernachweis<br />

- im Primäraffekt<br />

- in exsudativen Effloreszenzen des 2. Stadiums<br />

Serodiagnostik<br />

- Nachweis von Cardiolipin-spezifischen Antikörpern:<br />

o Cardiolipin-Mikroflockung<br />

- Nachweis von Treponema pallidum-spezifischen Antikörpern:<br />

o TPHA-Test (Suchtest)<br />

o FTA-Abs-Test (Bestätigungstest)<br />

- bei Neurosyphilis: Bestimmung des Liquor/Serum-Index (Liquor/Serum-Paar erforderlich)<br />

- Differenzierung zwischen latentem und klinisch-manifestem Stadium über IgM-Antikörper und<br />

Cardiolipin-Antikörper<br />

Therapie<br />

- im Frühstadium: Benzathin-Penicillin oder Clemizol-Penicillin<br />

- im Spätstadium (Neurosyphilis): Penicillin G, hohe Dosierung, Liquorspiegel!<br />

- Bei Penicillinallergie: Doxycyclin oder Cetriaxon<br />

- CAVE: Jarisch-Herxheimer-Reaktion (1 – 2 h nach Applikation von Antibiotikum, massenhaftes<br />

Absterben von Bakterien im Organismus ⇒ Antigenüberschwemmung ⇒ Fieber, Schüttelfrost,<br />

Tachykardie, Hypotension)<br />

Stand der Informationen: Juli 2004<br />

Diese Mitschrift verfolgt keine kommerziellen Interessen. Dosierungen und Indikationen von<br />

Medikamenten und deren Nebenwirkungen ändern sich häufig. Deshalb ist es nicht möglich, alle<br />

Aspekte eines Krankheitsbildes, dessen Behandlung und Differentialdiagnosen in einer solchen<br />

Mitschrift entgültig zu erfassen. Diese Mitschrift kann keine medizinische Behandlung, Beratung oder<br />

Diagnosestellung ersetzen. Eine Haftung für die Anwendung von Medikamenten und Dosisangaben<br />

aus dieser Mitschrift wird deshalb ausdrücklich nicht übernommen.

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