„Einigung über europäische Erbrechtsverordnung ... - Convocat.de
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<strong>„Einigung</strong> <strong>über</strong> <strong>europäische</strong> <strong>Erbrechtsverordnung</strong> (EuErbVO)<br />
- Grenz<strong>über</strong>schreiten<strong>de</strong>s Erben innerhalb <strong>de</strong>r EU wird einfacher -“<br />
von<br />
Bernhard Schmid<br />
Rechtsanwalt<br />
convocat GbR München<br />
www.convocat.<strong>de</strong><br />
Die Ferienwohnung im sonnigen Spanien o<strong>de</strong>r das Anwesen in <strong>de</strong>r Idylle <strong>de</strong>r Toskana bieten<br />
zu Lebzeiten ein angenehmes Refugium. Tritt allerdings <strong>de</strong>r Erbfall ein, wer<strong>de</strong>n die Erben<br />
<strong>de</strong>s vormaligen Eigentümers oftmals mit komplexen Rechtsfragen konfrontiert, die nicht<br />
selten die Situation <strong>de</strong>r ohnehin schon durch <strong>de</strong>n To<strong>de</strong>sfall belasteten Familienangehörigen<br />
weiter erschweren.<br />
Dass grenz<strong>über</strong>schreiten<strong>de</strong> Erbabwicklungen innerhalb <strong>de</strong>r Europäischen Union inzwischen<br />
keine Seltenheit mehr sind, belegen die folgen<strong>de</strong>n Zahlen: Nach Schätzungen sind hiervon<br />
mittlerweile ca. 10 % aller Erbschaften betroffen, was in etwa 450.000 Fällen entspricht. Das<br />
jährliche Gesamtvolumen <strong>de</strong>r so abzuwickeln<strong>de</strong>n Nachlässe wird auf etwa 120 Milliar<strong>de</strong>n<br />
Euro geschätzt.<br />
Neue Verordnung tritt im Sommer 2015 in Kraft<br />
Das <strong>europäische</strong> Parlament hat auf die vorbenannte Entwicklung reagiert und am<br />
13.03.2012 einem Verordnungsentwurf zugestimmt, <strong>de</strong>r das grenz<strong>über</strong>greifen<strong>de</strong> Erben<br />
erleichtern soll. Dieser wird voraussichtlich im Sommer 2015 in Kraft treten, wobei <strong>de</strong>r<br />
Ministerrat noch zustimmen muss. Unter Experten gilt diese Zustimmung allerdings als<br />
sicher.<br />
Im Wesentlichen bringt die Reform folgen<strong>de</strong> Neuerungen, die eine grenz<strong>über</strong>schreiten<strong>de</strong><br />
Nachlassabwicklung vereinfachen sollen:<br />
Europäisches Nachlasszeugnis<br />
Das Europäische Nachlasszeugnis soll die Abwicklung von grenz<strong>über</strong>schreiten<strong>de</strong>n Erbfällen<br />
innerhalb <strong>de</strong>r EU erleichtern. Dieses ähnelt von Inhalt und Wirkung her <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen<br />
Erbschein und ist in allen EU-Staaten gültig. In <strong>de</strong>r Praxis benötigten Erben bisher für je<strong>de</strong>s<br />
Land, in <strong>de</strong>m sie Ansprüche am Nachlass geltend machen wollten, einen eigenen Erbschein,<br />
was regelmäßig zu einer nicht unerheblichen Gebührenbelastung sowie einem größerem<br />
Zeitaufwand für die Abwicklung führte.<br />
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Das Europäische Nachlasszeugnis gibt insbeson<strong>de</strong>re Auskunft <strong>über</strong> das anwendbare Recht,<br />
Art und Weise <strong>de</strong>r Berufung, Person <strong>de</strong>s Erben, die Erbquoten und die <strong>de</strong>m<br />
Nachlassberechtigten zustehen<strong>de</strong>n Vermögenswerte. Das Zeugnis enthält eine<br />
entsprechen<strong>de</strong> Vermutungswirkung für die Richtigkeit <strong>de</strong>r vorbenannten Auskünfte.<br />
Klarheit bezüglich <strong>de</strong>s anzuwen<strong>de</strong>n Rechts<br />
Gera<strong>de</strong> die Frage <strong>de</strong>s anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Rechts führt in <strong>de</strong>r Praxis regelmäßig zu<br />
unbefriedigen<strong>de</strong>n Ergebnissen: Nach französischem internationalem Erbrecht richtet sich die<br />
Erbfolge betreffend das bewegliche Vermögen nach <strong>de</strong>m Recht <strong>de</strong>s Staates, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Das <strong>de</strong>utsche internationale Erbrecht stellt<br />
hingegen allein auf die Staatsangehörigkeit <strong>de</strong>s Erblassers ab. Der Erbfall eines in<br />
Frankreich leben<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staatsangehörigen wird daher sowohl nach <strong>de</strong>utschem als<br />
auch französischem Erbrecht beurteilt. War <strong>de</strong>r Erblasser dazu Eigentümer einer in<br />
Österreich belegenen Immobilie, kann u. U. auch noch österreichisches Erbrecht zur<br />
Anwendung kommen. Das hängt in <strong>de</strong>r Regel davon ab, welches Gericht ein Kläger hier<br />
anruft (sog. Forum Shopping).<br />
Hier soll die neue Verordnung europaweit Klarheit dar<strong>über</strong> bringen, welches nationale<br />
Erbrecht für grenz<strong>über</strong>schreiten<strong>de</strong> Erbfälle gilt. Zukünftig soll dabei grundsätzlich an <strong>de</strong>n<br />
letzten gewöhnlichen Aufenthalt <strong>de</strong>s Erblassers angeknüpft wer<strong>de</strong>n. Der in Frankreich<br />
leben<strong>de</strong> Deutsche wür<strong>de</strong> also grundsätzlich nach französischem Recht vererben und<br />
umgekehrt. Daneben wird je<strong>de</strong>m Erblasser die Möglichkeit eingeräumt, seine<br />
testamentarischen Verfügungen nach <strong>de</strong>n gesetzlichen Regelungen seines EU-<br />
Ursprungslan<strong>de</strong>s abwickeln zu lassen, was eine wesentliche Neuerung zur bisherigen<br />
Rechtslage darstellt. Der in Frankreich leben<strong>de</strong> Deutsche kann sich mithin auch für das<br />
<strong>de</strong>utsche Erbrecht entschei<strong>de</strong>n.<br />
Zuständigkeit von Gerichten<br />
Entsprechend <strong>de</strong>r Vereinheitlichung <strong>de</strong>s anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Rechts soll die Erbschaft prinzipiell<br />
von <strong>de</strong>n Gerichten jenes Mitgliedslan<strong>de</strong>s abgewickelt wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Erblasser zuletzt<br />
seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Damit wird vermie<strong>de</strong>n, dass sich Gerichte in<br />
verschie<strong>de</strong>nen Mitgliedslän<strong>de</strong>rn für zuständig erklären und unterschiedliche, teils<br />
wi<strong>de</strong>rsprüchliche Regeln zur Anwendung kämen. Auch hier besteht die Option, sich<br />
zusammen mit <strong>de</strong>m anwendbaren Recht für die entsprechen<strong>de</strong> Judikative zu entschei<strong>de</strong>n.<br />
Keine Harmonisierung <strong>de</strong>s Erbrechts und <strong>de</strong>r Besteuerung<br />
Die Neuregelungen führen allerdings nicht zu einer Harmonisierung <strong>de</strong>s Erbrechts innerhalb<br />
<strong>de</strong>r Europäischen Union. Die nationalen Regelungen zu Erbschaften und Erbgütern wer<strong>de</strong>n<br />
von <strong>de</strong>r neuen Verordnung nicht angetastet. Die sich in <strong>de</strong>n Mitgliedsstaaten teils erheblich<br />
voneinan<strong>de</strong>r unterschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Regelungen zu Fragen <strong>de</strong>r Erfolge, Testamentserrichtung,<br />
Ausschlagen <strong>de</strong>r Erbschaft, Erbengemeinschaft, Pflichtteil etc. bleiben von <strong>de</strong>r Verordnung<br />
vollständig unberührt. Gleiches gilt für die mit Erbschaften bzw. Schenkungen verbun<strong>de</strong>ne<br />
Besteuerung. Regelungen zu Freibeträgen, Steuersätzen sowie Privilegierungen bestimmter<br />
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Vermögen bleiben <strong>de</strong>n nationalen Gesetzgebern vorbehalten. Auch das Problem <strong>de</strong>r<br />
Doppelbesteuerung bleibt weiter bestehen. Hier kann es weiterhin zu Doppel- o<strong>de</strong>r sogar<br />
Dreifachbesteuerungen kommen.<br />
Drei Län<strong>de</strong>r machen nicht mit<br />
Drei Län<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n die Vorgaben aus Brüssel nicht umsetzen: Die Regierungen von<br />
Großbritannien, Irland und Dänemark haben dies bereits angekündigt. Hier bleibt die aktuelle<br />
Rechtslage mithin bestehen.<br />
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