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Krankheitswert und IV, Handout

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Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (Folien 12 ff)<br />

http://www.polyreg.ch/bgeleitentscheide/Band_130_2004/BGE_130_V_352.html<br />

130 V 352<br />

51. Auszug aus dem Urteil i.S. N. gegen <strong>IV</strong>-Stelle Bern <strong>und</strong><br />

Verwaltungsgericht des Kantons Bern<br />

I 683/03 vom 12. März 2004<br />

Regeste<br />

Somatoforme Schmerzstörungen <strong>und</strong> Invaliditätsbegriff.<br />

Eine diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung allein vermag in der Regel keine lang<br />

dauernde, zu einer Invalidität führende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 1<br />

<strong>IV</strong>G zu bewirken. Umschreibung der Voraussetzungen, unter welchen ein Abweichen von diesem Gr<strong>und</strong>satz<br />

ausnahmsweise in Betracht fällt (Erw. 2.2.3; Präzisierung der Rechtsprechung).<br />

2.2.3 Das Vorliegen eines fachärztlich ausgewiesenen psychischen Leidens mit <strong>Krankheitswert</strong> - worunter<br />

anhaltende somatoforme Schmerzstörungen gr<strong>und</strong>sätzlich fallen - ist aus rechtlicher Sicht wohl Voraussetzung,<br />

nicht aber hinreichende Basis für die Annahme einer invalidisierenden Einschränkung der Arbeitsfähigkeit (Urteil<br />

S. Vom 17. Februar 2003 [I 667/01]<br />

Die - nur in Ausnahmefällen anzunehmende - Unzumutbarkeit einer willentlichen Schmerzüberwindung <strong>und</strong><br />

eines Wiedereinstiegs in den Arbeitsprozess setzt jedenfalls das Vorliegen einer mitwirkenden, psychisch<br />

ausgewiesenen Komorbidität von erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung <strong>und</strong> Dauer oder aber das<br />

Vorhandensein anderer qualifizierter, mit gewisser Intensität <strong>und</strong> Konstanz erfüllter Kriterien voraus.<br />

So sprechen unter Umständen (1) chronische körperliche Begleiterkrankungen <strong>und</strong> mehrjähriger<br />

Krankheitsverlauf bei unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne längerfristige Remission, (2) ein<br />

ausgewiesener sozialer Rückzug in allen Belangen des Lebens, (3) ein verfestigter, therapeutisch<br />

nicht mehr angehbarer innerseelischer Verlauf einer an sich missglückten, psychisch aber entlastenden<br />

Konfliktbewältigung (primärer Krankheitsgewinn ["Flucht in die Krankheit"]; vgl. zum sek<strong>und</strong>ären<br />

Krankheitsgewinn hinten Erw. 3.3.2) oder schliesslich (4) unbefriedigende Behandlungsergebnisse<br />

trotz konsequent durchgeführter ambulanter <strong>und</strong>/oder stationärer Behandlungsbemühungen (auch mit<br />

unterschiedlichem therapeutischem Ansatz) <strong>und</strong> gescheiterte Rehabilitationsmassnahmen bei vorhandener<br />

Motivation <strong>und</strong> Eigenanstrengung der versicherten Person für die ausnahmsweise Unüberwindlichkeit der<br />

somatoformen Schmerzstörung<br />

(= so genannte Försterkriterien)<br />

Parallele zu weiteren Krankheiten:<br />

I 70/07Urteil vom 14. April 2008 (Folie 17)<br />

.<br />

Neurasthenie <strong>und</strong> Chronic Fatigue Syndrome (chronisches Müdigkeitssyndrom) sind eindeutig den<br />

somatoformen Störungen zuzurechnen <strong>und</strong> gehören in den gleichen Syndromenkomplex wie<br />

Konversionsstörungen, Somatisierungsstörung, Schmerzstörung, Hypochondrie u.a.m. Wie bei der<br />

Fibromyalgie ist die Ätiologie des chronischen Müdigkeitssyndroms unbekannt. Zusammen mit dem<br />

Reizdarmsyndrom stellen Müdigkeitssyndrom <strong>und</strong> Fibromyalgiesyndrom (FMS) eine Symptomeneinheit dar, bei<br />

der je nach Verlauf entweder die für FMS oder CFS oder Reizdarmsyndrom typischen klinischen Zeichen im<br />

Vordergr<strong>und</strong> stehen können. Bei allen drei Zustandsbildern lassen sich ähnliche vegetative, funktionelle <strong>und</strong><br />

psychische Störungen erkennen, <strong>und</strong> auch bezüglich der Anwendung therapeutischer Strategien bestehen keine<br />

grossen Unterschiede Sozialversicherungsrechtlich ist es geboten, sämtliche pathogenetisch-ätiologisch unklaren<br />

syndromalen Beschwerdebilder ohne nachweisbare organische Gr<strong>und</strong>lage den gleichen Anforderungen zu<br />

unterstellen. Wie von der II. sozialrechtlichen Abteilung schon im Fall I 1000/06 vom 24. April 2007 erwogen,<br />

steht daher nichts entgegen, die von der Rechtsprechung im Bereich der somatoformen Schmerzstörungen<br />

entwickelten Gr<strong>und</strong>sätze (BGE 130 V 352 <strong>und</strong> seitherige) auf Chronic Fatigue Syndrome oder Neurasthenie<br />

analog zur Anwendung zu bringen.

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