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BAUWERKSENTWÄSSERUNGEN<br />
Bernhard Dotzler / Alfred Meinlschmidt / Franz H. Roschig / Dieter Wüstefeld<br />
Härtestabilisation von Bergwässern<br />
Ein präventiver Baustein in der Instandhaltung von Bauwerksentwässerungen<br />
Trotz zahlreicher bau- und<br />
baustofftechnischer Optimierungen stellt<br />
die Versinterung der Entwässerungsleitungen<br />
im Tunnelbau nach wie vor ein<br />
ernstzunehmendes Problem dar, das im<br />
Betrieb vielfach zu exorbitanten<br />
Instandhaltungskosten und einer<br />
deutlichen Reduzierung der Streckenverfügbarkeit<br />
führt. In den vergangenen<br />
Jahren wurden daher vermehrt<br />
Anstrengungen unternommen, durch<br />
präventive Maßnahmen die Bildung von<br />
harten Kalkablagerungen zu vermeiden<br />
oder zumindest zu reduzieren. Die<br />
Entwicklung neuer umweltverträglicher<br />
und auf die Anforderungen einer<br />
Bauwerksentwässerung abgestimmter<br />
Härtestabilisatoren hat hierzu einen<br />
wesentlichen Beitrag erbracht. Dabei<br />
kann die Härtestabilisation die konventionelle<br />
Reinigung nicht voll ersetzen,<br />
aber es sind erhebliche finanzielle<br />
Einsparungen gegenüber den bisherigen<br />
Instandhaltungsstrategien erzielbar.<br />
Ursachen der<br />
Versinterungsbildung<br />
Versinterungsbildungen in Bauwerksentwässerungen<br />
beruhen primär auf einer<br />
Störung des Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichtes<br />
nach der Generalformel<br />
Ca 2+ -<br />
+ 2HCO 3 <br />
CaCO 3 + CO 2 + H 2 O<br />
und sind weitgehend unabhängig von der<br />
Absolutkonzentration der im Wasser gelösten<br />
Ionen. Die wesentlichen Faktoren,<br />
die zu einer Veränderung der Gleichgewichtsbedingungen<br />
führen, lassen sich unter<br />
vier Oberbegriffen zusammenfassen:<br />
Druckentlastung des Bergwassers,<br />
CO 2 Austauschreaktionen mit der Atmosphäre,<br />
Mischung hydrochemisch miteinander<br />
unverträglicher Wässer und<br />
direkte Eingriffe in die Ionenkonzentration.<br />
Die Autoren<br />
Dipl.-Ing. Bernhard Dotzler, DB Netz,<br />
Niederlassung Süd, München, Regionales<br />
IH-Management, Würzburg; Dipl.-Ing.<br />
Alfred Meinlschmidt, Leiter Geotechnik,<br />
DB Systemtechnik, Frankfurt/M.; Dr.<br />
Frank H. Roschig, Geschäftsführer Umwelt<br />
Consulting Management, <strong>Heidelberg</strong>;<br />
Dipl.-Ing. Dieter Wüstefeld, DB<br />
Netz, Niederlassung Nord, Hannover<br />
Eine ausführliche Diskussion der an der<br />
Versinterung beteiligten physikochemischen<br />
Prozesse und der dabei ablaufenden<br />
chemischen Reaktionen und Interaktionen<br />
findet sich u.a. bei Roques (1996) und –<br />
speziell für unterirdische Bauwerke in der<br />
Schweiz – bei Wegmüller (2001).<br />
Eine Druckentlastung des Bergwassers<br />
erfolgt zwangsläufig an der Grenzfläche<br />
zwischen dem Gebirge, in dem i.a. hydrostatische<br />
Druckverhältnisse herrschen,<br />
und der eigentlichen Tunnelröhre, in der<br />
ein (deutlich geringerer) atmosphärischer<br />
Druck vorliegt. Je schmaler bzw. räumlich<br />
begrenzter diese Trennfläche aufgrund<br />
der Vortriebsweise ist, desto mehr verschiebt<br />
sich die Druckentlastung in Richtung<br />
Tunnelwandung und damit des Entwässerungssystems.<br />
Gleichzeitig verringert<br />
sich der zur Verfügung stehende natürliche<br />
Versinterungshohlraum, so dass<br />
Ausfällungsreaktionen praktisch auf den<br />
Bereich des Entwässerungssystems (einschließlich<br />
des Filterkörpers) reduziert<br />
werden.<br />
Beim Eintritt in das Sickerrohr sowie im<br />
Verlauf der Ableitung steht das Wasser in<br />
permanentem Kontakt mit der umgebenden<br />
Atmosphäre. Die daraus resultierenden<br />
Austauschreaktionen gelöster Gase<br />
mit der Atmosphäre hängen maßgeblich<br />
von der Art des Wasserflusses und der<br />
Größe der Grenzfläche Wasser:Umgebungsluft<br />
ab. Minimale Austauschreaktionen<br />
entstehen bei laminarem, gleichmäßigem<br />
Fluss und kleiner Grenzfläche,<br />
während turbulentes Fließen und / oder<br />
eine Vergrößerung der Grenzfläche derartige<br />
Reaktionen begünstigt. Besonders intensive<br />
Reaktionen treten naturgemäß bei<br />
Sturzbauwerken, wie sie bei Querableitung<br />
bautechnisch fast unvermeidbar sind,<br />
auf; allerdings reichen bereits Abflusshindernisse<br />
oder schlecht ausgeführte Rohrvermuffungen<br />
aus, um einen Übergang<br />
von laminarem zu turbulentem Fließen<br />
und damit eine Verstärkung des Gasaustausches<br />
(i.w. Entgasung von CO 2 ) auszulösen.<br />
Eine Mischung hydrochemisch unverträglicher<br />
Wässer kann insbesondere bei<br />
Durchörterung unterschiedlicher wasserführender<br />
lithologischer Einheiten oder<br />
das Eindringen ascendenter, meist<br />
hochmineralisierter Tiefenwässer erfolgen.<br />
Am verbreitetsten sind derartige mischungsbedingte<br />
Versinterungen allerdings<br />
aufgrund unterschiedlichen Einflusses<br />
von Baustoffelutionen. In nur wenigen<br />
Fällen wurde dagegen eine direkte<br />
Beeinflussung der hydrochemischen<br />
Gleichgewichtsbedingungen durch mikrobiologische<br />
Einflüsse beobachtet. Stoffwechselprozesse,<br />
die verallgemeinernd als<br />
Abspaltung biologisch nutzbarer, gelöster<br />
Verbindungen und Abgabe der nicht<br />
nutzbaren Komponenten beschrieben<br />
werden können, vermögen direkt in die<br />
Ionenkonzentrationen des Wassers im<br />
Sinne einer An- und Abreicherung bestimmter<br />
Stoffe oder Verbindungen einzugreifen.<br />
Ein wesentlicher Bestandteil dieser<br />
Prozesse ist dabei Kohlenstoff (C) als<br />
leicht aufschließbare Nahrungsquelle. Eine<br />
biologisch bedingte Abreicherung des<br />
Dränagewassers von Kohlenstoff bei<br />
gleichzeitiger Anreicherung mit Sauerstoff<br />
hat für das oben beschriebene Kalk-Kohlensäure<br />
– Gleichgewicht naturgemäß gravierende<br />
Auswirkungen. Erste Hinweise<br />
auf derartige Prozesse finden sich bei<br />
Romer (1999); im Rahmen eines Härtestabilisationsversuches<br />
im Mühlbergtunnel<br />
der DB AG wurde eine auf sogenannte<br />
Biofilme zurückzuführende, schwerpunktmäßige<br />
Versinterung in Teilabschnitten<br />
des Entwässerungssystems festgestellt.<br />
Eine zentrale Frage bei der genetischen Interpretation<br />
von Versinterungen in Bauwerksdränagen<br />
ist die Herkunft der Karbonate,<br />
zumal sich bei hydrochemischen<br />
Vorerkundungen häufig keine Hinweise<br />
auf ein signifikantes Versinterungspotenzial<br />
des Bergwassers ergeben. Bereits frühzeitig<br />
wurden daher Elutionen der verwendeten<br />
Baustoffe als Quelle der<br />
Versinterungen vermutet, wobei sich die<br />
Untersuchungen zunächst auf die Zusammensetzung<br />
der Spritzbetone konzentrierten.<br />
Durch Verwendung spezieller, alkaliarmer<br />
bzw. -freier Spritzbetone konnten<br />
vereinzelt (z.B. Schönraintunnel, Springenschmitt<br />
et al. 1992) sehr gute Erfolge im<br />
Sinne einer nur minimalen Versinterungstendenz<br />
erzielt werden. Der Großteil der<br />
Neubautunnel zeigt allerdings nach wie<br />
vor in weiten Bereichen des Entwässerungssystems<br />
Versinterungs–Neubildungsraten<br />
von > 1 cm / Monat, in Einzelfällen<br />
von bis zu 4 cm / Monat. In zahlreichen<br />
Bauwerken (u.a. Zammer Tunnel, Grenztunnel<br />
Füssen) ist darüber hinaus eine<br />
Maximierung der Sinterbildung in bestimmten<br />
Bauteilen zu beobachten: Betroffen<br />
sind insbesondere die Anschlüsse<br />
von Lüftungs- oder Rettungsstollen, Übergänge<br />
von druckdicht ausgebildeten Teilabschnitten<br />
sowie die Portalbereiche. Hy-<br />
© Tetzlaff Verlag<br />
EI – Eisenbahningenieur (54) 7/2003 5
BAUWERKSENTWÄSSERUNGEN<br />
Abb. 1: pH-Wert-Varianz in den Ulmenschächten Gleis 3 des Siebergtunnels. Jeweils im<br />
Bereich der fünf Fluchtbauwerke ist eine signifikante Erhöhung des pH-Wertes festzustellen<br />
drochemisch äußert sich dieses Phänomen<br />
in einer deutlichen Varianz der pH-Werte<br />
(Abb. 1). Dies deutet darauf hin, dass insbesondere<br />
Injektionsmassen maßgeblich<br />
zur Versinterungsproblematik beitragen;<br />
Untersuchungen verschiedener Injektionsmörtel<br />
der Universität Innsbruck in anderem<br />
Zusammenhang ergaben Eluate mit<br />
Ca-Konzentrationen von bis zu 2 g/l<br />
(Saxer 2002, freundl. mündl. Mittlg.). Es<br />
bestehen allerdings auch deutliche Anzeichen<br />
dafür, dass auch Ankermörtel in teilweise<br />
signifikantem Umfang einer Elution<br />
unterliegen und damit zum Versinterungspotenzial<br />
wesentlich beitragen. Generell<br />
zeigt sich zumindest in Deutschland und<br />
weiten Teilen Österreichs, dass die Versinterungsneigung<br />
nach wie vor zum weitaus<br />
überwiegenden Teil auf einer hydrochemischen<br />
Beeinflussung des Bergwassers<br />
durch die verwendeten Baustoffe und<br />
nicht auf quasi natürlichen Mineralisationen<br />
des Bergwassers beruht.<br />
Die vorhandene Versinterungstendenz der<br />
dränierten Wässer wird vielfach durch planerische<br />
wie ausführungstechnische Mängel<br />
des Entwässerungssystems deutlich<br />
verstärkt, vereinzelt sogar erst ausgelöst.<br />
Zu den verbreitetsten Fehlern zählen die<br />
unsystematische Reduzierung des Wasserflusses<br />
durch Querableitungen, unzureichendes<br />
bzw. fehlendes Gefälle, Überwindung<br />
von Höhenunterschieden durch<br />
Sturzbauwerke (Abb. 2) sowie unsachgemäße<br />
oder fehlerhafte Vermuffung der<br />
Dränrohre. In allen beschriebenen Fällen<br />
ergibt sich zwangsläufig eine Störung des<br />
Kalk-Kohlensäure – Gleichgewichtes, die<br />
in einer verstärkten Versinterungsbildung<br />
resultiert.<br />
Härtestabilisation als<br />
Unterhaltsstrategie<br />
Die aus der Instandhaltung der Entwässerungssysteme<br />
resultierenden Kosten und<br />
Beschränkungen der Streckenverfügbarkeit<br />
ließen Zweifel an einer ökonomisch<br />
vertretbaren Unterhaltung dränierter Tunnel<br />
entstehen. Eine Untersuchung von<br />
Maidl & Kirschke (1998) zeigte allerdings,<br />
dass ein druckdichter und damit (hinsichtlich<br />
des Bergwassers) theoretisch instandhaltungsfreier<br />
Ausbau unter Berücksichtigung<br />
aller kostenwirksamen Faktoren nur<br />
unter bestimmten Rahmenbedingungen<br />
wirtschaftlich vertretbar ist.<br />
Die offenkundigen Nachteile der konventionellen<br />
Instandhaltung der Dränagen<br />
durch Hochdruckspülung und – in extremen<br />
Versinterungsfällen – mechanisches<br />
Abfräsen der Ablagerungen (hoher Zeitund<br />
Kostenaufwand, reduzierte Streckenverfügbarkeit,<br />
mechanische Belastung und<br />
damit Beschädigung der Dränrohre) führte<br />
konsequenterweise zu Überlegungen, die<br />
Entstehung der Versinterungen durch geeignete<br />
bautechnische Maßnahmen bereits<br />
im Vorfeld zu unterbinden. Da der<br />
Bergwasser-Atmosphärekontakt in Verbindung<br />
mit der Entspannung des Bergwassers<br />
als eine dominierende Ursache<br />
der Versinterungsbildung anzusehen ist,<br />
wurden Systeme zur Druckhaltung und<br />
zur Reduzierung des Atmosphärekontaktes<br />
entwickelt. Neben vollständig neuen<br />
Entwässerungsstrategien (hierzu zählen<br />
vor allem die Druckhaltungssysteme des<br />
Farchant-Tunnels (Schikora et al. 2001)<br />
und des Freudenstein-Tunnels (Kirschke &<br />
Pommersberger 1992) – wurde auch in<br />
bereits bestehenden Tunneln u.a. mit luftdicht<br />
abschließenden Schachtdeckeln und<br />
Syphonierungen experimentiert. Diese<br />
Maßnahmen sind grundsätzlich geeignet,<br />
die Versinterungsbildung zu reduzieren,<br />
vermögen sie jedoch nach aller Erfahrung<br />
nicht vollständig zu stoppen, so dass mittel-<br />
bis langfristig eine Reinigung der Entwässerungsleitungen<br />
erforderlich wird.<br />
Durch die vollständig mit Wasser gefüllten<br />
Leitungen kann es zu Versinterungen<br />
Abb. 2: Versinterungsbildung an einem Sturzbauwerk (Querableitung<br />
der Ulme in die Sohldränage) des Siebergtunnels. Durch den CO 2 -<br />
Entzug erfolgt eine spontane Kalkfällung, die trotz hoher Wassermenge<br />
und -fließgeschwindigkeit zur Bildung von Hartversinterungen<br />
in der Sohldränage führt<br />
Abb. 3: Biologischer Abbau von Polyasparaginsäure nach dem Sturm-<br />
Test im Vergleich zu Traubenzucker und industriell zur Härtestabilisation<br />
eingesetzten Polyacrylaten<br />
Quelle: BAYER AG<br />
6 EI – Eisenbahningenieur (54) 7/2003<br />
© Tetzlaff Verlag
Abb. 4: pH-abhängige Hydratation von<br />
Polysuccinimid zu Polyasparaginsäure<br />
Quelle: Bayer AG<br />
über den gesamten Rohrquerschnitt<br />
(einschließlich der Filterschlitze) kommen,<br />
die zu einer zunehmenden Verringerung<br />
der Ableitkapazität führt.<br />
Ein weiterer präventiver Handlungsansatz<br />
besteht in der sogenannten Härtestabilisation,<br />
einem aus der industriellen Wasseraufbereitung<br />
bereits seit langem bekannten<br />
Verfahren. Hierbei werden dem<br />
Wasser bestimmte Chemikalien, vorzugsweise<br />
Polyacrylate, in geringen Mengen<br />
zugesetzt, die zum einen die Löslichkeit<br />
von Calcium im Wasser erhöhen (Inhibierung),<br />
zum anderen das Kristallwachstum<br />
so modifizieren, dass sich keine großen,<br />
miteinander verwachsene Kristalle und<br />
somit Hartversinterungen bilden können<br />
(Threshold-Effekt). Eine direkte Übertragung<br />
dieses Verfahrens auf Bauwerksentwässerungen<br />
scheiterte jedoch zunächst<br />
aus mehreren Gründen:<br />
im Gegensatz zu industriellen Wasserkreisläufen<br />
variiert die anfallende Wassermenge<br />
in erheblichem Umfang; eine<br />
konstante Dosierung eines Härtestabilisators<br />
birgt somit automatisch die Gefahr<br />
einer Über- oder Unterdosierung<br />
bereits bei geringen Abweichungen von<br />
der durchschnittlich abgeleiteten Wassermenge;<br />
Dosierungssteuerungen z.B.<br />
über Durchflusszähler weisen aufgrund<br />
der mitunter hohen Sedimentfracht<br />
eine nicht akzeptable Störanfälligkeit<br />
auf;<br />
innerhalb der Dränage fällt das Wasser<br />
häufig nur tropfenweise an; Wasserwegsamkeiten<br />
(und damit die Lage der<br />
Wasserzutritte) können sich sehr rasch<br />
und wiederholt ändern; im allgemeinen<br />
existiert somit keine eindeutig definierbare<br />
optimale Lage für eine Dosierstelle;<br />
der Wasserchemismus unterliegt in Entwässerungssystemen<br />
räumlich wie<br />
zeitlich erheblichen Schwankungen,<br />
während in industriellen Kreisläufen<br />
durchgängig konstante oder zumindest<br />
in der Variationsbreite bekannte Bedingungen<br />
herrschen;<br />
während Wasser in industriellen Anwendungen<br />
fast ausschließlich im<br />
Kreislauf gefahren bzw. in Abwassersysteme<br />
eingespeist wird, entwässern<br />
die meisten Bauwerksentwässerungen<br />
direkt in einen Vorfluter; in vielen Fällen<br />
werden durch das abgeleitete<br />
Bergwasser sogar schützenswerte Biotope<br />
gespeist, so dass an die ökotoxikologischen<br />
Eigenschaften eines hier<br />
eingesetzten Härtestabilisators völlig<br />
andere und wesentlich höhere Ansprüche<br />
als im industriellen Bereich zu<br />
stellen sind.<br />
Die ökotoxikologischen Anforderungen<br />
konnten Mitte der 90‘er Jahre erstmals<br />
durch den Einsatz von flüssigen Polyasparaginsäuren<br />
(PASP) erfüllt werden. Diese<br />
Aminosäure zeigt eine sehr gute biologische<br />
Abbaubarkeit, die in etwa der von<br />
Traubenzucker entspricht (Abb. 3) und<br />
weist als Inhibitor eine hervorragende<br />
Dosis-Wirkungsleistung auf. Damit konnten<br />
die Einsatzkonzentrationen so niedrig<br />
gehalten werden, dass weder eine negative<br />
Beeinflussung der Gewässergüte noch<br />
Schädigungen der -flora und -fauna zu<br />
besorgen waren. Ökotoxikologisch entsprechen<br />
die ermittelten Grenzwerte etwa<br />
denen von Natriumchlorid (Steinsalz).<br />
Hinsichtlich der Nutzung eventuell genutzter<br />
Fischvorkommen in der Vorflut ergaben<br />
sich aufgrund des sehr niedrigen<br />
log P O-W-Wertes von -2,5 (eines Verteilungkoeffizienten,<br />
der die mögliche<br />
Anreicherung eines Stoffes im Gewebe<br />
beschreibt) ebenfalls keine Besorgnisgründe.<br />
PASP wurde etwa ab Mitte der 90‘er<br />
Jahre vor allem in Schweizer Tunneln zur<br />
Härtestabilisation des Entwässerungssystems<br />
eingesetzt (Galli 2000, Chabot &<br />
Rehbock-Sander 2000). Voraussetzung<br />
war allerdings ein relativ gleichmäßiger<br />
Wasserfluss über die gesamte zu stabilisierende<br />
Dränagestrecke, um das Problem<br />
der Über- bzw. Unterdosierung zu vermeiden.<br />
Aufgrund des mit Installation und<br />
Wartung der Dosieranlage verbundenen<br />
Aufwandes waren die Einsatzmöglichkeiten<br />
dieses Systems aus technologischer<br />
wie ökonomischer Sicht zunächst stark<br />
limitiert. Insbesondere die starke Tagwasserabhängigkeit<br />
und / oder geringe Wasserführung<br />
vieler Entwässerungssysteme<br />
deutscher und österreichischer Tunnel verhinderten<br />
eine weitere Verbreitung dieser<br />
Technologie.<br />
Die systemisch bedingten Mängel der<br />
Härtestabilisation mit flüssigen Inhibitoren<br />
führten ebenfalls in der Schweiz zur Entwicklung<br />
sogenannter Depotsteine. Hierbei<br />
handelte es sich zunächst um in Tablettenform<br />
gepresste Polyacrylate, die in<br />
Netzen zusammengefasst und in die Revisionsschächte<br />
des Entwässerungssystems<br />
eingehängt wurden. Die Auflösung der<br />
Tabletten und damit die Wirkstoffabgabe<br />
richtete sich ausschließlich nach der<br />
jeweils anfallenden Wassermenge. Mit<br />
diesem System wurde es grundsätzlich<br />
möglich, auch gering wasserführende<br />
Dränagen mit einer Härtestabilisation<br />
auszurüsten und durch Anpassung der<br />
Einsatzmengen auf unterschiedliche Versinterungspotenziale<br />
einzelner Entwässerungsabschnitte<br />
zu reagieren. Ende des<br />
Jahres 2000 gelang es dann schließlich,<br />
die anwendungstechnischen Vorteile des<br />
Depotsteinverfahrens mit der besseren<br />
Produktperformance und den ökotoxikologischen<br />
Vorteilen des Polyasparaginsäureverfahrens<br />
miteinander zu kombinieren,<br />
indem ein dehydriertes Vorprodukt der<br />
PASP mit geringen Mengen an Fettsäuren<br />
zu festen Härtestabilisatoren gepresst<br />
wurden. Neben der besseren Dosis-Wirkungsleistung<br />
und der wesentlich höheren<br />
Umweltverträglichkeit zeigen diese als<br />
PSI-Stabilisatoren bezeichneten Produkte<br />
ein optimiertes Auflöseverhalten nicht nur<br />
in Abhängigkeit von der Wasserführung,<br />
sondern vor allem in einer pH-abhängigen<br />
© Tetzlaff Verlag<br />
EI – Eisenbahningenieur (54) 7/2003 7
BAUWERKSENTWÄSSERUNGEN<br />
Autodosierung: die Wirkstoffabgabe erhöht<br />
sich mit steigendem pH und der<br />
damit wachsenden Versinterungsgefahr<br />
(Abb. 4). Da die Tabletten zudem bei zeitweiliger<br />
Austrocknung weitestgehend<br />
formstabil bleiben, ist der Einsatz auch bei<br />
temporärer Wasserführung möglich.<br />
Ein gänzlich unerwarteter zusätzlicher<br />
Effekt wurde bei der Erprobung der PSI-<br />
Stabilisatoren im Schemmelsbergtunnel<br />
festgestellt (<strong>UCM</strong> 2001). In diesem Tunnel<br />
bestanden in einer Ulmendränage<br />
zwei versinterungsbedingte Vollverschlüsse,<br />
die durch Bypassleitungen umgangen<br />
wurden. Nach mehrmonatiger Anwendung<br />
der Härtestabilisation zeigte sich,<br />
dass nicht nur die Versinterungsneubildung<br />
gestoppt wurde, sondern sich die<br />
Vollverschlüsse aufzulösen begannen. Untersuchungen<br />
zeigten, dass kein unmittelbar<br />
lösender Angriff auf die Kalkablagerungen<br />
vorlag, sondern die intensive<br />
Verbindung zwischen Rohrwandung und<br />
Sinter durch einen Kriecheffekt des Wirkstoffes<br />
langsam gelöst wurde. Dieser<br />
Effekt wurde indirekt bei anderen Bauwerken<br />
wie z.B. dem Langener Tunnel<br />
bestätigt: Hier ließen sich bestehende<br />
Ablagerungen bei Spülarbeiten problemlos<br />
aus dem Dränrohr blockweise ablösen und<br />
entfernen.<br />
Einsatzbereiche und -grenzen<br />
Bei Einsatz einer Härtestabilisation ist zu<br />
berücksichtigen, dass sich die Wirkung auf<br />
die Fließsohle der Dränage beschränkt. Je<br />
nach Wasserführung und Strömungsgeschwindigkeit<br />
wird die Bildung von Versinterungen<br />
in diesem Bereich unterbunden<br />
oder die Bildung von Hartablagerungen<br />
verhindert, so dass der Wartungsaufwand<br />
in jedem Fall reduziert werden<br />
kann. Aus betriebswirtschaftlicher<br />
Sicht erweist sich ein Härtestabilisationseinsatz<br />
immer dann als wirtschaftlich günstigere<br />
Alternative zu konventioneller<br />
Hochdruckreinigung, wenn das Spülintervall<br />
zumindest verdoppelt werden kann.<br />
Dies ist insbesondere bei Entwässerungsstrecken<br />
mit hoher Versinterungstendenz<br />
(> 5 mm / Monat) in der Regel der Fall.<br />
Bei geringeren Versinterungsgeschwindigkeiten<br />
hängt eine mögliche Reduktion der<br />
Unterhaltskosten dagegen überwiegend<br />
von der Härte der gebildeten Ablagerungen<br />
und der Wartungsfreundlichkeit des<br />
Entwässerungssystems ab, so dass eine individuelle<br />
Analyse der Unterhaltskosten<br />
anzuempfehlen ist. Hierbei sind neben<br />
den primären Kosten aus den eigentlichen<br />
Spülarbeiten auch sekundäre Kosten, die<br />
z.B. aus der verringerten Streckenverfügbarkeit<br />
resultieren können, zu berücksichtigen.<br />
Insbesondere bei sehr harten Ablagerungen,<br />
die den Einsatz mechanischer<br />
Reinigungswerkzeuge (Kettenschleuder,<br />
Fräse) erfordern, ist bei asymmetrischen<br />
Dränrohren und regelmäßigem Einsatz<br />
mittelfristig mit einer Beschädigung der<br />
Rohrwandungen und entsprechenden Reparaturkosten<br />
zu rechnen, die ebenfalls in<br />
der Bilanzierung zu berücksichtigen sind.<br />
Allgemein ist zu beobachten, dass<br />
während und unmittelbar nach Abschluss<br />
der Betonierarbeiten eine extrem starke<br />
Versinterungsbildung, bedingt durch entsprechende<br />
Baustoffelutionen, erfolgt.<br />
Dies führte zu der Überlegung, Härtestabilisatoren<br />
bereits im primären Entwässerungssystem<br />
einzusetzen, um diese Spitzenbelastungen<br />
abzufangen. In einem<br />
ersten Versuch wurden im Unterwalder<br />
Tunnel der ÖBB in wasserführenden Abschnitten<br />
Härtestabilisatoren am Übergang<br />
der Isolierung zum Filterkörper in<br />
Strängen eingebaut. Damit konnte eine<br />
frühzeitige Versinterungsbildung erfolgreich<br />
unterbunden werden; bis zum Abschluss<br />
der Betonierarbeiten wurde nach<br />
Auskunft der Projektleitung lediglich eine<br />
Spülung erforderlich, bei der keine Hartablagerungen<br />
festgestellt wurden. Es gibt<br />
jedoch derzeit keine abgesicherten Erkenntnisse,<br />
über welchen Zeitraum die<br />
Härtestabilisation im Primärsystem wirksam<br />
bleibt; dies hängt in erster Linie von<br />
der (im Endzustand nicht prognostizierbaren)<br />
Wasserführung sowie der Hydrochemie<br />
(i.e. pH-Wert) der penetrierenden<br />
Wässer ab.<br />
Der Einsatz moderner, umweltfreundlicher<br />
Härtestabilisatoren unterliegt hinsichtlich<br />
der wasserrechtlichen Genehmigungsfähigkeit<br />
aufgrund der niedrigen Einsatzkonzentrationen<br />
(i. a. zwischen 3 und<br />
20 ppm / ltr) und der guten biologischen<br />
Abbaubarkeit keinen Beschränkungen.<br />
Eine Veränderung der Wassergüte ist<br />
allgemein nur in einer Erhöhung der<br />
Wasserhärte festzustellen, da die Calziumlöslichkeit<br />
durch den Einsatz der Inhibitoren<br />
erhöht wird, während der pH-Wert<br />
des Bergwassers praktisch unverändert<br />
bleibt.<br />
Eine hohe biologische Aktivität des Bergwassers<br />
kann in Einzelfällen zu einem unerwünschten<br />
Befall der Härtestabilisatoren<br />
durch Hefen und Pilze führen, wodurch<br />
die Wirkstoffabgabe reduziert und der<br />
Stabilisatorverbrauch erhöht werden kann.<br />
Bislang ist allerdings lediglich ein Fall bekannt<br />
(Mühlbergtunnel der DB Netz AG),<br />
in dem die Härtestabilisation bereichsweise<br />
durch biologische Einwirkung nachhaltig<br />
beeinträchtigt wurde und biologische<br />
Stoffwechselprozesse sogar zu einer lokalen<br />
Erhöhung der Karbonatabscheidung<br />
führten. Dieses Phänomen beruht nach<br />
bisherigen Untersuchungen auf der Existenz<br />
sogenannter Biofilme (ortsfester, aus<br />
mehreren Schichten unterschiedlicher Mikroorganismen<br />
bestehender Strukturen),<br />
die den Härtestabilisator als zusätzliche<br />
Nahrungsquelle erschließen können, und<br />
weist keinen unmittelbaren Bezug zu den<br />
mitunter sehr hohen Keimbildungszahlen<br />
(bis zu 4 Mio. Einheiten/ml) auf. Für derartige<br />
Fälle wurden Härtestabilisatoren<br />
entwickelt, die durch Konservierungsmittel<br />
aus der Lebensmittelindustrie gegen unerwünschte<br />
Abbauprozesse geschützt sind,<br />
ohne dass dadurch die positiven ökotoxikologischen<br />
Eigenschaften beeinträchtigt<br />
werden.<br />
In verschiedenen Bauwerken der DB AG<br />
(z.B. Leinebuschtunnel) wurden die Ulmendränagen<br />
blockweise verlegt, wobei<br />
jeweils blockmittig ein Hochpunkt angelegt<br />
wurde und jeder Abschnitt über eine<br />
Querableitung in einen zentral gelegenen<br />
Sammler entwässert. Jeder Entwässerungsabschnitt<br />
weist damit eine Länge<br />
von nur 44 m auf. Durch die damit verbundene<br />
Reduzierung der abzuleitenden<br />
Wassermenge kommt es hier zu massiven,<br />
verdunstungsbedingten Versinterungen,<br />
die aufgrund der Unzugänglichkeit des<br />
Systems für eine Härtestabilisation nicht<br />
zugänglich sind. Bei dieser Art des Entwässerungssystems<br />
ist somit lediglich eine<br />
Härtestabilisation der Querableitungen<br />
sowie der Sammelleitung möglich.<br />
Anwendungsbeispiele<br />
Aufgrund der Vielzahl planerischer und<br />
bautechnischer Varianten von Entwässerungssystemen<br />
ist auch der Einsatz einer<br />
Härtestabilisation sowohl hinsichtlich der<br />
einzusetzenden Verfahrenstechnik als<br />
auch der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen<br />
bauwerksabhängig zu beurteilen.<br />
Nachfolgend werden verschiedene Einsatzbeispiele<br />
dokumentiert, die einen<br />
Überblick über die erzielbaren Fortschritte<br />
in der Bauwerksinstandhaltung ermöglichen<br />
sollen.<br />
Einsatz einer Flüssigstabilisierung im<br />
Galgenbergtunnel der ÖBB<br />
Der 1998 fertig gestellte, 5460 m lange<br />
Galgenbergtunnel zwischen Leoben und<br />
St. Michael zeigte bereits unmittelbar<br />
nach Inbetriebnahme zentimeterdicke<br />
Versinterungen insbesondere der bergseitigen<br />
Ulmendränage, die bei pH-Werten<br />
zwischen 8,1 und 9,5 eine Wasserhärte<br />
zwischen 8° und 12° dH aufwies. Die<br />
Wasserführung betrug dabei relativ konstant<br />
zwischen 3 und 5 ltr/sec. Um die<br />
Funktionsfähigkeit des Entwässerungssystems<br />
zu gewährleisten, wurde ein neunmonatiges<br />
Spülintervall erforderlich. Trotz<br />
eines verwendeten Spüldruckes von 200<br />
bar konnten die Ablagerungen nicht hinreichend<br />
beseitigt werden, so dass ab-<br />
8 EI – Eisenbahningenieur (54) 7/2003<br />
© Tetzlaff Verlag
schnittsweise Fräsarbeiten erforderlich<br />
wurden. Damit bestand die akute Gefahr<br />
einer nachhaltigen Beschädigung der verwendeten<br />
PVC-U Rohre mit u-förmigem<br />
Querschnitt. Die Personal- und Gerätekosten<br />
der Dränageunterhaltung beliefen<br />
sich auf rund 54 000 EUR/Spülung (Draschitz<br />
et al. 1999).<br />
Im Juni 1999 wurde eine Flüssig-Härtestabilisationsanlage<br />
eingerichtet, die über<br />
zwei Dosierstellen in beide Ulmen durchschnittlich<br />
12 ppm Polyasparaginsäure in<br />
die Ulmen injiziert wurden. Die Überwachung<br />
erfolgte durch Quartalsweise Kontrolle<br />
ausgewählter Referenzstellen und<br />
der Dosieranlage. Seit Inbetriebnahme<br />
wurden keine Betriebsstörungen der Anlage<br />
registriert. Die Betriebskosten einschließlich<br />
Material- und Personalkosten<br />
betragen rund 17 900 EUR/Jahr.<br />
Durch den Einsatz der Härtestabilisation<br />
erhöhte sich die Wasserhärte um rund 25<br />
% bei gleich bleibenden pH-Werten. Die<br />
Bildung von Hartversinterungen wurden<br />
seit Einrichtung der Anlage soweit reduziert,<br />
dass im Zeitraum Juni 1999 bis<br />
heute lediglich eine Spülung erforderlich<br />
wurde; auf Fräsarbeiten konnte dabei vollständig<br />
verzichtet werden. Der Spülaufwand<br />
reduzierte sich durch Einsatz der<br />
Härtestabilisation auf ein Drittel der ursprünglichen<br />
Kosten.<br />
Härtestabilisation des Landecker<br />
Tunnels<br />
Der 6955 m lange Landecker Tunnel<br />
wurde im Jahr 2000 als Bestandteil der<br />
Südumfahrung Landeck fertig gestellt.<br />
Das Entwässerungssystem besteht aus<br />
zwei Ulmendränagen DN 200, die in regelmäßigen<br />
Abständen von 48 bis 54 m in<br />
eine zentrale Sammelleitung überführt<br />
werden. Die Gesamt-Abflussmenge am<br />
Nordportal beträgt zwischen 5 und 20<br />
ltr/sec. Die Wasserführung beschränkt<br />
Abb. 5: Massive<br />
baustoffinduzierte<br />
Versinterungen in<br />
der Ulmendränage<br />
des Landecker<br />
Tunnels<br />
(Nothaltebucht 3)<br />
© Tetzlaff Verlag<br />
sich generell auf einen Bereich etwa von<br />
der Tunnelmitte bis zum Nordportal.<br />
Entgegen der lithologisch günstigen Rahmenbedingungen<br />
zeigten sich bereits in<br />
der Bauphase in den wasserführenden<br />
Bereichen des Entwässerungssystems massive<br />
Versinterungs-erscheinungen, die insbesondere<br />
im Bereich der Nothaltebuchten<br />
Fräsarbeiten erforderten (Abb. 5). Die<br />
Versinterungs-Neubildungsrate betrug bereichsweise<br />
8 bis 10 cm pro Halbjahr. Vor<br />
Einrichtung der Härtestabilisation wurde<br />
die Wasserführung innerhalb des Entwässerungssystems<br />
von der örtlichen Straßenmeisterei<br />
detailliert erfasst und dokumentiert.<br />
In einem zweiten Verfahrensschritt<br />
wurden die existierenden Querableitungen<br />
systematisch dergestalt verschlossen,<br />
dass trockene Bereiche „umfahren“ und<br />
wasserführende Abschnitte zu komplexen<br />
Entwässerungsabschnitten zusammengefasst<br />
wurden. Auf diese Weise konnte<br />
bereits ein erheblicher Teil des Dränagesystems<br />
aus der Standardunterhaltung<br />
entlassen werden.<br />
Die Wirkung der Härtestabilisation wird<br />
dabei durch den optimierten Wasserfluss<br />
in den Ulmen zusätzlich unterstützt, da<br />
hierdurch auch Feinablagerungen ausgeschwemmt<br />
werden. Für die Härtestabilisation<br />
der wasserführenden Abschnitte werden<br />
jährlich rund 100 kg Stabilisatoren<br />
eingesetzt; der Kostenaufwand hierfür<br />
liegt bei etwa 5000 EUR/Jahr. Dem steht<br />
eine Verlängerung des Spülintervalls von 6<br />
auf 12 Monate gegenüber. Neben der<br />
deutlichen Kostenreduzierung bildet in<br />
diesem Fall auch die deutlich erhöhte<br />
Streckenverfügbarkeit ein wesentliches<br />
Argument für die eingeschlagene Verfahrensweise.<br />
Der Landecker Tunnel steht exemplarisch<br />
für die mit der Einrichtung einer Härtestabilisation<br />
erzielbaren Synergieeffekte. Aufgrund<br />
der oftmals erstmalig im Zusammenhang<br />
mit den Einrichtungsarbeiten<br />
erfolgenden detaillierten Bestandsaufnahme<br />
des Entwässerungssystems ist gerade<br />
bei Bauwerken, die mit Querableitungen<br />
der Ulmen versehen sind, eine deutliche<br />
Reduzierung der zu unterhaltenden<br />
Streckenlänge durch einfache bauliche<br />
Maßnahmen möglich. Die damit verbundene<br />
Optimierung des Wasserflusses<br />
sowie die Verringerung der Anzahl von<br />
Sturzbauwerken tragen dabei nachhaltig<br />
zur Reduzierung des Versinterungsproblems<br />
bei.
BAUWERKSENTWÄSSERUNGEN<br />
Grenztunnel Füssen<br />
Das Dränagesystem des Grenztunnels<br />
Füssen besteht aus zwei durch einen 280<br />
m langen druckdicht ausgebauten Abschnitt<br />
voneinander getrennten Bereichen,<br />
die über separate Leitungen entwässern.<br />
Aufgrund der ausgeprägten Versinterungstendenz<br />
musste ein dreimonatiges<br />
Spülintervall, bei dem jeweils zwei Fahrzeuge<br />
für die Dauer von zwei Tagen eingesetzt<br />
wurden, eingehalten werden. Die<br />
maximale Versinterungsbildung war im<br />
Anschluss an den druckdicht ausgebauten<br />
Teilbereich mit Zuwächsen von bis zu 4<br />
cm/Monat festzustellen, in anderen Bereichen<br />
des Entwässerungssystems lag die<br />
Versinterungsgeschwindigkeit zwischen<br />
wenigen mm und ca. 4 cm/Quartal. Eine<br />
stichprobenartige Untersuchung der hydrochemischen<br />
Leitparameter ergab pH-<br />
Werte zwischen 7,8 und 11,5 bei Leitfähigkeiten<br />
Rossbergtunnel<br />
Das aus zwei Ulmendränagen DN 250 bestehende<br />
Entwässerungssystem des Rossbergtunnels<br />
weist beidseitig auf einer<br />
Länge von jeweils 1618 m deutliche Versinterungstendenzen<br />
mit einem Versinterungsschwerpunkt<br />
im südlichen Portalbereich<br />
auf. Im Dezember 2000 wurde von<br />
U.C.M. in diesen Bereichen eine Härtestabilisation<br />
eingerichtet und seitdem durchgängig<br />
betrieben. Ab 2002 wurde die<br />
Kontrolle und Revision halbjährlich von<br />
Mitarbeitern der DB AG durchgeführt und<br />
dokumentiert (Dotzler 2003). Aufgrund<br />
der detaillierten, durch Kamerabefahrungen<br />
unterstützten Beobachtungen kann<br />
ein unmittelbarer Vergleich der Kostenstrukturen<br />
bei konventioneller Instandhaltung<br />
und Einsatz des Härtestabilisationsverfahrens<br />
gezogen werden.<br />
Vor Aufnahme der Härtestabilisation war<br />
je Fahrtrichtung eine jährliche Spülung erforderlich.<br />
Die Kosten bei dieser<br />
Instandhaltungsvariante erfordern eine<br />
durchschnittliche, jährliche Gesamtaufwendung<br />
in Höhe von rund 19 000,- €.<br />
Dagegen konnte durch den Einsatz von<br />
jährlich rund 30 kg Härtestabilisatoren<br />
(Abb. 6) die Versinterungsbildung so weit<br />
Abb. 6: Einsatzmengen von Härtestabilisatoren in einer der Ulmendränagen des<br />
Rossbergtunnels (nach Dotzler 2003)<br />
© Tetzlaff Verlag<br />
reduziert werden, dass nach 12 bzw. 18<br />
Monaten lediglich gezielte Reinigungen in<br />
begrenztem Umfang und nach 30 Monaten<br />
eine durchgängige Spülung des konditionierten<br />
Bereiches erforderlich werden.<br />
Für die Konditionierung betragen die<br />
durchschnittlichen, jährlichen Kosten einschließlich<br />
Überwachungs- und Dokumentationskosten<br />
rund 11 000,- €. Unter<br />
Berücksichtigung der trotz Härtestabilisation<br />
erforderlichen Spülkosten ergibt sich<br />
über einen Zeitraum von 10 Jahren eine<br />
vsl. Einsparung in Höhe von 23 % oder<br />
83 000,- € gegenüber der rein auf Spülung<br />
basierenden Instandhaltungsstrategie.
BAUWERKSENTWÄSSERUNGEN<br />
Voraussetzungen für die<br />
wirtschaftliche Zielerreichung<br />
Die gegenüber den bisher geläufigen Instandhaltungsstrategien<br />
durch den Einsatz<br />
der Härtestabilisation durch die Vergrößerung<br />
der Spülintervalle und durch<br />
die Veränderung der Versinterungscharakteristik<br />
als auch durch die aufgrund<br />
der geringeren mechanischen Belastung<br />
der Rohre reduzierte Gefahr von Beschädigungen<br />
des Systems zu erreichenden<br />
erheblichen finanziellen Einsparungen<br />
setzen jedoch voraus, dass den mit der<br />
Wartung der Entwässerungsanlagen beauftragten<br />
objektverantwortlichen Stellen<br />
die für die Wartung der Anlagen erforderlichen<br />
Wirtschaftsmittel zeit- und bedarfsgerecht<br />
zur Verfügung stehen. Zur<br />
Sicherstellung wirtschaftlichen Erfolges<br />
müssen diese Mittel zentral zweckgebunden<br />
zugewiesen werden. Von einer Bereitstellung<br />
der Mittel im allgemeinen Instandhaltungsbudget<br />
muss abgesehen<br />
werden, da die geschilderten Sachzusammenhänge<br />
der Wartungsstrategie mit<br />
Härtestabilisatoren den die Wirtschaftsmittel<br />
verwaltenden Stellen ganzheitlich<br />
nicht bekannt sind und Überlegungen,<br />
bei dem ganzheitlich zur Verfügung stehenden<br />
Budget vor dem Hintergrund der<br />
Unternehmenslage nach anderen Gesichtspunkten<br />
Prioritäten zu setzen, sehr<br />
oft unter Inkaufnahme großer nachhaltiger<br />
wirtschaftlicher Schäden in den Folgejahren<br />
sehr verfänglich sind.<br />
In der Vergangenheit angeordnete Unterbrechungen<br />
der Wartung z.B. von nur<br />
zwei Jahren bzw. Kürzungen der Wirtschaftsmittel<br />
führten in den folgenden 3<br />
Jahren in Folge der dann wegen der harten<br />
Versinterungen wieder erforderlichen<br />
Grundreinigungen zu Zusatzkosten in<br />
Höhe eines sechsstelligen Eurobetrages,<br />
der die erreichten Einsparungen um ein<br />
Vielfaches überstieg.<br />
Zusammenfassung<br />
Der Einsatz einer Härtestabilisation im Entwässerungssystem<br />
unterirdischer Bauwerke<br />
kann die konventionelle Reinigung<br />
durch Hochdruckspülung nicht vollständig<br />
ersetzen, da sich der Wirkungsbereich auf<br />
die wasserführende Sohle der Dränagerohre<br />
beschränkt und keinen Einfluss auf<br />
das Versinterungsverhalten im Bereich der<br />
Filterschlitze oder normale Verschmutzungen<br />
ausübt. Durch die Erhöhung der Calziumlöslichkeit<br />
und die Verhinderung des<br />
Entstehens von Hartversinterungen ergeben<br />
sich jedoch durch die Verlängerung<br />
der Spülintervalle und die deutliche Erhöhung<br />
der realisierbaren Spülgeschwindigkeit<br />
signifikante wirtschaftliche Vorteile<br />
gegenüber einer rein auf Hochdruckspülung<br />
basierenden Instandhaltungsstrategie.<br />
Im Bereich der sekundären Kosten ergeben<br />
sich weitere betriebswirtschaftliche<br />
Vorteile durch die erhöhte Streckenverfügbarkeit<br />
sowie durch die aufgrund der<br />
geringeren mechanischen Belastung der<br />
Rohre reduzierte Gefahr von Beschädigungen<br />
des Systems.<br />
Die Erfahrung aus einer Vielzahl realisierter<br />
Anwendungen zeigt, dass die Einsatzmöglichkeiten<br />
sowohl aus verfahrenstechnischer<br />
als auch ökonomischer Sicht für<br />
jedes Bauwerk individuell zu bewerten<br />
sind. Ein pauschaler, ubiquitär anwendbarer<br />
Verfahrensvorschlag ist aufgrund der<br />
Vielzahl unterschiedlich ausgelegter Entwässerungssysteme<br />
sowie der hohen hydrochemischen<br />
Variabilität der anfallenden<br />
Dränagewässer generell nicht<br />
zielführend.<br />
Von wenigen Ausnahmen abgesehen,<br />
stellt sich der Einsatz fester Härtestabilisatoren<br />
als die wirtschaftlich günstigere Alternative<br />
gegenüber einer Flüssigkonditionierung<br />
dar. Einsatzbeschränkungen sind<br />
gegenwärtig nur bei einer hohen, die Härtestabilisatoren<br />
unmittelbar angreifenden<br />
biologischen Aktivität des Bergwassers<br />
erkennbar. In diesen Fällen besteht<br />
allerdings die Möglichkeit, Spezialprodukte<br />
mit umweltverträglichem Konservierungsschutz<br />
einzusetzen.<br />
In der überwiegenden Anzahl der bislang<br />
mit Härtestabilisatoren ausgerüsteten Verkehrsbauwerke<br />
zeigt sich, dass planerische<br />
und konstruktive Mängel des Entwässerungssystems<br />
die Versinterungsproblematik<br />
nachhaltig verstärken. Daher sollte diesem<br />
Gewerk bei Neubaumaßnahmen<br />
unabhängig von der Qualität des natürlichen,<br />
nicht durch Baustoffe beeinflussten<br />
Bergwassers grundsätzlich eine entsprechend<br />
hohe Aufmerksamkeit gewidmet<br />
werden.<br />
Literatur<br />
[1] Chabot, J.D.; Rehbock-Sander, M.: Entwässerung<br />
bergmännischer Tunnel – neue Tendenzen; SI+A,<br />
Nr. 12, S. 244-249, Verlags AG der technischen<br />
Vereine, Zürich 2000<br />
[2] Draschitz, C.; Gebhart, C.; Herrmüller, A.: Tunnelerhaltung<br />
bei den Österreichischen Bundesbahnen;<br />
Felsbau, Rock and Soil Engineering, 6/99.<br />
[3] Galli, M.: Härtestabilisierung in kalkführenden<br />
Entwässerungen; SI+A, Nr. 12, S. 249-253, Verlags-AG<br />
der technischen Vereine, Zürich 2000<br />
[4] GDcH: „Biofilme in Wässern – nützlich oder<br />
schädlich ?“ GDcH Öffentlichkeitarbeit, 2001,<br />
Internet Adr. http://www.gdch.de/pubrelat/<br />
wpd1701.htm<br />
[5] Kirschke, D.; Prommersberger, G.: Der Freudensteintunnel<br />
– ein neuer Maßstab für den Stand der<br />
Technik; AET, Archiv für Eisenbahntechnik der<br />
Neubaustrecken der Deutschen Bundesbahn, Jhrg.<br />
44, 1992<br />
[6] Maidl, B.; Kirschke, D.: Abdichtungs- und Entwässerungssyteme<br />
bei Verkehrstunnelbauwerken;<br />
Forschungsbericht, FE-Nr. 15.273/1996/ER<br />
[7] Romer, M.: Chemische Interaktion von Bergwasser<br />
mit Beton; In: Löw, S. & Wyss, R. (Hrsg.):<br />
„Vorerkundung und Prognose der Basistunnels<br />
am Gotthard und am Lötschberg“. Verlag Balkema,<br />
Rotterdam 1999, S. 279-289<br />
[8] Henri Roques: Chemical Water Treatment, Principles<br />
and Practice; VCH Weinheim 1996<br />
[9] Schikora, K.; von Soos, P.; Jedelhauser, B.;<br />
Thomée, B.: Tunnel Farchant – Abdichtungs- und<br />
Entwässerungssystem; Bauingenieur 76 (2001)<br />
Heft 9/2001 S. 379-383<br />
[10] Springenschmitt, R.; Breitenbücher, R.; Dorner,<br />
H.W.: Verringerung der Auslaugbarkeit von<br />
Spritzbeton im Tunnelbau durch besondere Auswahl<br />
von Zementen und Betonzusätzen; Beton-<br />
Informationen, 1992-1<br />
[11] <strong>UCM</strong> <strong>Heidelberg</strong> <strong>GmbH</strong> : Härtestabilisation der<br />
Dränagewässer des Schemmelsbergtunnels, Abschlußbericht;<br />
<strong>Heidelberg</strong> 2001, 14 S.<br />
[12] Wegmüller, M.C.: Einflüsse des Bergwassers auf<br />
Tiefbau/Tunnelbau; Stäubli-Verlag, Zürich 2001,<br />
215 S.<br />
Summary / Résumé<br />
Stabilising the hardness of<br />
mountain water<br />
Although many advances have been made in<br />
construction and materials, scale build-up in<br />
tunnel water drains is still a serious problem<br />
that at the operational level frequently leads to<br />
huge maintenance costs and a marked reduction<br />
in line availability. Over recent years increasing<br />
efforts have therefore been made to<br />
finds ways of preventing or at least reducing<br />
the build-up of hard lime scale. A major step in<br />
this direction has been the development of<br />
new, environmentally friendly hardness stabilisers<br />
tailored to the requirements of structure<br />
drainage. Stabilising hardness does not do<br />
away with the need for conventional cleaning<br />
altogether, but offers considerable potential<br />
savings compared with the maintenance strategies<br />
employed to date.<br />
Stabilisation des eaux calcaires<br />
souterraines<br />
Malgré de nombreuses optimisations en matière<br />
de construction et de matériaux de construction,<br />
la calcination des conduites d’évacuation<br />
des eaux pendant les forages de tunnels représente<br />
encore et toujours un problème à prendre<br />
très au sérieux qui provoque souvent, pendant<br />
l’exploitation, des coûts d’entretien exorbitants<br />
et une réduction sensible de la disponibilité des<br />
lignes. C’est pourquoi des efforts accrus ont été<br />
entrepris, au cours des années passées, afin<br />
d’éviter, par des mesures préventives, la formation<br />
de dépôts calcaires durs ou tout au moins<br />
de les réduire. Le développement de nouveaux<br />
stabilisateurs des eaux calcaires, compatibles<br />
avec l’environnement et les exigences de l’évacuation<br />
des eaux des ouvrages, a permis d’apporter<br />
une contribution essentielle dans ce domaine.<br />
Certes, la stabilisation des eaux calcaires<br />
ne saurait remplacer entièrement la purification<br />
classique, mais l’on peut réaliser des économies<br />
financières considérables par rapport aux<br />
stratégies d’entretien appliquées jusqu’à présent.<br />
12 EI – Eisenbahningenieur (54) 7/2003<br />
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