"Wohnen - Raum erfahren" (PDF 7,5 MB)
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Organische Architektur<br />
Abbildung 1: Antoni Gaudí: Sagrada Família / Jugendstil<br />
Abbildung 2: Rudolf Steiner: zweites Goetheanum / expressionistische<br />
Architektur<br />
Abbildung 3: Erich Mendelsohn: Einsteinturm<br />
/expressionstische Architektur<br />
Abbildung 4: Hans Scharoun: Philharmonie Berlin/ Postexpressionistische<br />
Architektur<br />
Als organische Architektur werden Richtungen der Architektur seit<br />
der Wende des 20. Jahrhunderts zusammengefasst. Deren Anliegen<br />
sind:<br />
-‐ Das Gebäude soll in Harmonie zur Landschaft oder städtischer<br />
Umgebung stehen.<br />
-‐ Baumaterialien werden verwendet, die „organisch“ aus der<br />
Funktion heraus die Form entwickeln.<br />
-‐ Eine biologische, psychologische und soziale Zweckmäßigkeit<br />
der Architektur wird angestrebt.<br />
-‐ In neuerer Zeit trat noch das Konzept des ökologischen Bauens<br />
und der organischen Farbigkeit hinzu, das sich mit Konzepten<br />
der organischen Architektur zum Teil deckt.<br />
Bereits um 1750 entwickelt der italienische Mönch und Architekt<br />
Carlo Lodoli Möbel, die sich durch konkave Formung der Kontur des<br />
menschlichen Körpers äußerlich anpassen und so der Vorstellung von<br />
moderner Organischer Architektur den Grundstein legen.<br />
Zu den frühesten Vertretern der organischen Architektur werden<br />
Antoni Gaudí und Louis Sullivan, der Schöpfer der These „form<br />
follows function“ gezählt. Gaudí nannte als sein Vorbild: „Ein<br />
aufrechter Baum; er trägt seine Äste und diese die Zweige und diese<br />
die Blätter. Und jeder einzelne Teil wächst harmonisch, großartig, seit<br />
der Künstler Gott ihn geschaffen hat.“ Gaudi greift mit diese These<br />
Aspekte der Donaustil Architektur des frühen 16. Jahrhunderts auf,<br />
wie sie in den organischen Gewölben der Pfarrkirche Königswiesen in<br />
Ober-österreich oder in den gewaltigen Gewölben des Wladislav-Saal<br />
in der Prager Architektur des Baumeisters Benedikt Ried realisiert<br />
wurden (Feuchtmüller,R.: die Architektur des Donaustils, S. 233-239<br />
in: Werden und Wandlung. Die Kunst der Donauschule, Linz 1967;<br />
Fehr, G.: Benedikt Ried – ein Baumeister der Donauschule; in: Alte<br />
und Moderne Kunst, S. 9-13, 10. Jg Heft 80; Wien 1965).<br />
Auf die benannten Architekturbeispielen trifft die These „form<br />
follows function“ zu: „Es ist das Gesetz aller organischen und anorganischen,<br />
aller physischen und metaphysischen, aller menschlichen und<br />
übermenschlichen Dinge, aller echten Manifestationen des Kopfes,<br />
des Herzens und der Seele, dass das Leben in seinem Ausdruck<br />
erkennbar ist, dass die Form immer der Funktion folgt.“ (aus Sullivans<br />
Aufsatz: The tall office building artistically considered, veröffentlicht<br />
1896).<br />
Auf der Suche nach neuen Formen tendierten die Architekturphilosophien<br />
letztendlich zu zwei Strömungen: einer mehr rational-geometrischen,<br />
mechanistisch additiven wie die Wiener Architekturschule<br />
unter Adolf Loos, Otto Wagner und das Bauhaus und einer mehr<br />
künstlerisch-skulpturalen. Rückblickend kann man zwei Gestaltergenerationen<br />
sehen, die sich innerhalb dieser Richtungen bewegen.<br />
Der Begriff, der innerhalb der Philosophie im Umfeld von Gedanken<br />
zur Ganzheitlichkeit gefunden werden kann, steht damit gelegentlich<br />
auch unter religiös geprägten Aspekten, im Gegensatz zu stark<br />
materialistisch bzw. analytisch-naturwissenschaftlich geprägten Sichtweisen.<br />
Damit ist die praktische formale Ausprägung innerhalb der<br />
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