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hegels historische ansichten in der philosophie der religion

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52<br />

JABOSLAV KUDRNA<br />

heit, <strong>der</strong> Begierde, den Zustand ohne moralische Kriterien. Und so gelangt<br />

Hegel zu <strong>der</strong> überraschenden Feststellung, daß sich <strong>der</strong> Weg zu<br />

<strong>der</strong> Sittlichkeit erst durch die Erbsünde zu realisieren vermöge.<br />

Fast das Gleiche gilt von <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> ursprünglichen Gleichheit. Das<br />

Wissen setzt nämlich den Verstand, die Uberw<strong>in</strong>dung des unmittelbaren<br />

Apperzipierens voraus, das für den primitiven Menschen typisch war,<br />

und dies trotz <strong>der</strong> Tatsache, daß man nicht außer acht lassen könne,<br />

daß im Naturzustand viele Sachen dem Menschen bekannter zu se<strong>in</strong><br />

vermöchten. Aber die eigentlichene Idee <strong>der</strong> Vernünftigkeit stehe doch<br />

höher, da sie die Beziehungen unter den D<strong>in</strong>gen besser zu erfassen vermöge.<br />

9<br />

Alle diese Betrachtungen haben auch Bedeutung für Hegels Auffassung<br />

<strong>der</strong> eigentlichen Entwicklung <strong>der</strong> Religion. Hegel strebt nämlich<br />

den Beweis an, daß jede Religion von dem Begriff durchdrungen sei,<br />

obzwar dieser Begriff zuerst <strong>in</strong> Möglichkeit (potentia) und später <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Aktualität gegeben sei. 10<br />

Hegel ist bestrebt zu beweisen, daß Religionen von gesellschaftlichen<br />

Zuständen abhängen, unter denen er vor allem die substanziellen Aspekte<br />

<strong>der</strong> Sittlichkeit, des Eigentums, <strong>der</strong> Familienverhältnisse und darüber<br />

h<strong>in</strong>aus auch die Staatsverteidigung versteht. Das Verhältnis dieser Beziehungen<br />

zur Religion sei dann gegenseitig; deshalb müße ihre Bed<strong>in</strong>gheit<br />

unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Totalität begriffen werden. So könnten<br />

wir uns nicht ganz gut vorstellen, daß es e<strong>in</strong>e gute Religion geben<br />

könnte, wo man mit unfreien Leuten zu tun hätte. 11<br />

Hegel begriff e<strong>in</strong>zelne Religionen als bestimmte Entwicklungsstufen<br />

des Bewußtse<strong>in</strong>s und sieht <strong>in</strong> ihnen die Voraussetzungen <strong>der</strong> wahren Religion,<br />

das heißt <strong>der</strong> christlichen Religion. Er geht von <strong>der</strong> Annahme<br />

aus, daß es e<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong>en Begriff <strong>der</strong> Religion gibt, an dem je<strong>der</strong><br />

partizipieren müsse. Dabei müsse dies bewußt se<strong>in</strong>, da <strong>der</strong> re<strong>in</strong>e Begriff<br />

Gottes den denkenden und wissenden Menschen voraussetzt.<br />

So strebt Hegel zu beweisen, daß <strong>der</strong> wahren Religion, das heißt<br />

dem Christentum, die Natur<strong>religion</strong>, Religion <strong>der</strong> geistigen Individualität,<br />

unter <strong>der</strong> er vor allem die griechische Religion versteht, die Religion<br />

<strong>der</strong> Erhabenheit, unter die jüdische Religion fällt, und letzten Endes<br />

die Religion <strong>der</strong> Zweckmäßigkeit, die nichts an<strong>der</strong>es ist als die römische<br />

Religion, vorausgegangen war. Er vergleicht dann die Entwicklungstufen<br />

<strong>der</strong> Religionen mit den Entwicklungsstufen des menschlichen Lebens.<br />

Alle diese Charakteristiken <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Religionen s<strong>in</strong>d sicherlich<br />

abstrakt, konkreter ist Hegel dort, wo er die e<strong>in</strong>zelnen Religionen behandelt.<br />

So ist für ihn die Natur<strong>religion</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> orientalischen Religion verkörpert,<br />

die <strong>in</strong> sich die unmittelbare Verb<strong>in</strong>dung des Natürlichen und des<br />

Geistigen voraussetzt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> begreiflicherweise die Vermittlung und<br />

Reflexion ke<strong>in</strong>e Rolle spielt.<br />

9<br />

Ebenda, S. 32—38.<br />

«° Ebenda, S. 3—21.<br />

11<br />

Ebenda, S. 17.

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