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Weiter: Fußnoten bearbeiten - Geschichte in Pirna

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Hugo Jensch, www.geschichte-pirna.de 15<br />

Der "Unabhängigen Volkszeitung" können wir entnehmen, daß die Parole des e<strong>in</strong>tätigen Generalstreiks "am Montag<br />

auch durchgängig befolgt" 114 wurde. Für die Stadt <strong>Pirna</strong> sagen Protokolle über Streiks <strong>in</strong> 21 Unternehmen (im<br />

wesentlichen Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten) aus, daß 3798 Beschäftigte sich am Streik beteiligten, 167<br />

Arbeiter und Angestellte befolgten die Streikaufforderung nicht, davon entfallen 96 auf die Fa. Hoesch, 30 auf die<br />

Elisabethhütte und 15 auf dia Elbtalzentrale (Elektrizitätsversorgung!) 115<br />

In der Fa. Küttner, im Stahlwerk Gebr. Hunger und <strong>in</strong> der Mehrzahl aller anderen Betriebe hatte auch der letzte<br />

Beschäftigte an diesem Tage die Arbeit niedergelegt. 116<br />

Genosse Karl Täubrich berichtet, daß Genossen dar KPD und andere e<strong>in</strong>gesetzt waren, um am Montagmorgen die<br />

letzten Belegschaften über den Generalstreik zu <strong>in</strong>formieren. So forderte er und e<strong>in</strong> zweiter Genosse die Arbeiter und<br />

Angestellten dar Firmen Gebler, Sägewerk Kemnitzer und Klebstoffwerke auf, die Arbeit niederzulegen, was auch <strong>in</strong><br />

jedem Falle geschah. 117 Der Struppener USPD-Genosse Fröde benachrichtigte Königste<strong>in</strong>er Betriebe. 118 Auch <strong>in</strong> den<br />

Betrieben fanden, wie Genosse We<strong>in</strong>hold über das Stahlwerk Gebr. Hunger berichtet, Protestversammlungen gegen<br />

den Kapp-Putsch statt. 119<br />

Im <strong>Pirna</strong>er Raum wurde nur e<strong>in</strong>en Tag lang gestreikt. Trotzdem zeigte der Streik, daß auch die Arbeiterschaft <strong>Pirna</strong>s<br />

bereit war, die Anschläge dar Putschisten auf die von der Arbeiterklasse seit 1918 errungenen demokratischen Rechte<br />

und Freiheit abzuwehren.<br />

- 34 -<br />

Zur damaligen Zeit gab es <strong>in</strong> den Betrieben revolutionäre und reformistische Betriebsräte bzw. Betriebsratsmitglieder.<br />

Als revolutionär galten die Betriebsräte, die das Betriebsrätegesetz nicht anerkannten. Doch dieses Gesetz strikt<br />

abzulehnen, war nicht e<strong>in</strong>fach. Deshalb bezeichnete man als revolutionäre Betriebsräte auch die Arbeitervertretungen,<br />

die ständig bestrebt waren, Rechte wahrzunehmen, die über das reaktionäre Betriebsrätegesetz h<strong>in</strong>ausg<strong>in</strong>gen. Solche<br />

Betriebsräte gab es u. a. im Stahlwerk Gebr. Hunger, bei Hoesch, <strong>in</strong> den <strong>Pirna</strong>er Glasfabriken 120 und bei der Fa.<br />

Hengst. 121 Den Kern dieser Betriebsräte bildeten KPD-, USPD-Genossen und andere revolutionäre Arbeiter. In den<br />

reformistischen Betriebsräten hatten die Kräfte die Oberhand, die sich voll auf den Boden des Betriebsrätegesetzes<br />

stellten. E<strong>in</strong> solcher Betriebsrat existierte z. B. bei der Fa. Rockstroh (heute VEB Victoria) Heidenau. 122<br />

Während der Tage des Kapp»Putsches wurden <strong>in</strong> mehreren Betrieben revolutionäre Betriebsräte gewählt, zum Teil<br />

gegen den Protest der Unternehmer. 123<br />

Die Betriebsräte fungierten während der Tage des Kapp-Putsches als der verlängerte Arm der <strong>Pirna</strong>er Executive.<br />

Am Dienstag, dem 16. 3. 1920, fand nachmittags e<strong>in</strong>e Sitzung der <strong>Pirna</strong>er Betriebsräte statt. 124 Genosse Renner<br />

forderte die Betriebsräte auf, e<strong>in</strong>e Executive zu bilden, die über die weiteren Schritte beraten und beschließen sollte.<br />

Genosse Rädel führte aus, daß es die Pflicht der Executive gewesen sei, um "e<strong>in</strong>en Putsch von rechts zu unterb<strong>in</strong>den, 125<br />

die Ent- und Bewaffnung durchzuführen. "Nach längerer Aussprache erklären sich sämtliche Redner und<br />

Betriebsratsmitglieder mit den Maßnahmen der provisorischen Executive e<strong>in</strong>verstanden. <strong>Weiter</strong> wird beschlossen, von<br />

jedem Betrieb e<strong>in</strong>en Genossen zum Bezirksrat zu wählen. Von diesen Genossen soll die engere Executive gewählt<br />

werden". 126 Hier wurde bereits im S<strong>in</strong>ne der erst später <strong>in</strong> Chemnitz gefaßten Beschlüsse, getreu den Weisungen der<br />

Zentrale der KPD gehandelt, wobei heute nicht mehr feststellbar ist, <strong>in</strong>wieweit den <strong>Pirna</strong>er Genossen die<br />

Stellungnahme der Partei zentrale bekannt war.<br />

- 35 -<br />

cb) Entwaffnung der E<strong>in</strong>wohnerwehren - Bewaffnung der Arbeiter<br />

Über den reaktionären Charakter von Reichswehr und E<strong>in</strong>wohnerwehr gab es bei der Masse der Arbeiter ke<strong>in</strong>en<br />

Zweifel. In den Dörfern kannte man die Waffenträger der E<strong>in</strong>wohnerwehren: Großbauern und andere Personen, deren<br />

Arbeiterfe<strong>in</strong>dlichkeit zumeist erwiesen war.<br />

Reichswehrtruppen befanden sich <strong>in</strong> der Amtshauptmannschaft <strong>Pirna</strong> auf der Festung Königste<strong>in</strong>, und zwar der<br />

Festungsstab und die 8. Hundertschaft des 24. Reichswehrregiments, 127 sowie e<strong>in</strong>e etwa 20 Mann starke<br />

114 "Unabhängige Volkszeitung", Nr. 64, vom 18.3.1920.<br />

115 Vgl. Stadtarchiv <strong>Pirna</strong>, B III - XXI, 08 - 1. Bl. 35 ff.<br />

116 Vgl. ebenda.<br />

117 Vgl. Bericht des Genossen Täubrich.<br />

118 Vgl. Bericht des Genossen Fröde.<br />

119 Vgl. Bericht des Genossen We<strong>in</strong>hold.<br />

120 Vgl. Bericht des Genossen Haak.<br />

121 Vgl. Bericht des Genossen Fröde.<br />

122 Vgl. Bericht des Genossen Horx.<br />

123 Vgl. "Königste<strong>in</strong>er Anzeiger", Nr, 33, vom 21. 3. 1920.<br />

124 Vgl. "Unabhängige Volkszeitung", Nr. 64, vom 18. 3. 1920 und "Dresdner Volkszeitung", Nr. 64, vom 18. 3. 1920.<br />

125 "Unabhängige Volkszeitung", Nr. 64, vom 18. 3. 1920.<br />

126 Ebenda.<br />

127 Vgl. Archiv der Festung Königste<strong>in</strong>, Festungschronik, 3. Teil, 1898 - 1930, S. 163.

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