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Basisdokumentation - Gemeinwohl-Ökonomie

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BASISDOKUMENTE ZUR<br />

GEMEINWOHL-BILANZ<br />

Version 4.0.4<br />

vom 29. Oktober 2012<br />

(Aktualisierung der Daten für die Pressekonferenzen 2013, Gültigkeit der Matrix 4.0)


INHALT<br />

ERLÄUTERUNGEN ZUR GEMEINWOHL-MATRIX ............................................................................................... 3<br />

ERLÄUTERUNGEN DER 17 GEMEINWOHL-INDIKATOREN .............................................................................. 12<br />

A1 ETHISCHES BESCHAFFUNGSWESEN ..................................................................................................... 13<br />

B1 ETHISCHES FINANZMANAGEMENT ......................................................................................................... 16<br />

C1 ARBEITSPLATZQUALITÄT & GLEICHSTELLUNG ..................................................................................... 18<br />

C2 GERECHTE VERTEILUNG DER ERWERBSARBEIT ................................................................................. 21<br />

C3 FORDERUNG UND FÖRDERUNG ÖKOLOGISCHEN VERHALTENS DER MITARBEITERINNEN .......... 23<br />

C4 GERECHTE EINKOMMENSVERTEILUNG ................................................................................................. 25<br />

C5 INNERBETRIEBLICHE DEMOKRATIE UND TRANSPARENZ ................................................................... 27<br />

D1 ETHISCHES VERKAUFEN.......................................................................................................................... 30<br />

D2 SOLIDARITÄT MIT MITUNTERNEHMEN ................................................................................................... 33<br />

D3 ÖKOLOGISCHE GESTALTUNG DER PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN...................................... 35<br />

D4 SOZIALE GESTALTUNG DER PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN .................................................. 38<br />

D5 ERHÖHUNG DES SOZIALEN UND ÖKOLOGISCHEN BRANCHENSTANDARDS ................................... 40<br />

E1 SINN UND GESELLSCHAFTLICHE WIRKUNG DER PRODUKTE / DIENSTLEISTUNGEN ..................... 42<br />

E2 BEITRAG ZUM GEMEINWESEN ................................................................................................................ 45<br />

E3 REDUKTION ÖKOLOGISCHER AUSWIRKUNGEN.................................................................................... 47<br />

E4 MINIMIERUNG DER GEWINNAUSSCHÜTTUNG AN EXTERNE .............................................................. 49<br />

E5 GESELLSCHAFTLICHE TRANSPARENZ UND MITBESTIMMUNG .......................................................... 51<br />

NEGATIV-KRITERIEN ........................................................................................................................................... 54<br />

2


ERLÄUTERUNGEN ZUR<br />

GEMEINWOHL-MATRIX<br />

DIE GEMEINWOHLBILANZ – DAS HERZSTÜCK<br />

Die <strong>Gemeinwohl</strong>bilanz ist das „Herzstück“ der <strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong>. Sie stellt den<br />

Menschen und alle Lebewesen sowie das Gelingen der Beziehungen zwischen ihnen in den<br />

Mittelpunkt des Wirtschaftens. Sie überträgt die heute schon gültigen Beziehungs- und<br />

Verfassungswerte auf den Markt, indem sie die Wirtschaftsakteure dafür belohnt, dass sie<br />

sich human, wertschätzend, kooperativ, solidarisch, ökologisch und demokratisch verhalten<br />

und organisieren.<br />

Sie macht die Werte der Gesellschaft zu den Werten der Wirtschaft.<br />

FUNKTION DER GEMEINWOHLBILANZ<br />

Die <strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz misst unternehmerischen Erfolg in der neuen Bedeutung. Die<br />

Wirtschaft soll dem <strong>Gemeinwohl</strong> dienen und auf der Unternehmensebene kann das durch<br />

die Bilanz (zusammen mit dem <strong>Gemeinwohl</strong>-Bericht) belegt werden. Der Finanzgewinn ist zu<br />

aussageschwach in Bezug auf die eigentlichen Ziele des Wirtschaftens: Schaffung von<br />

Nutzwerten, Bedürfnisbefriedigung, Sinnstiftung, Teilhabe aller, Mitbestimmung,<br />

Geschlechterdemokratie, ökologische Nachhaltigkeit, Lebensqualität.<br />

Der Finanzgewinn sagt nichts über die Mehrung des <strong>Gemeinwohl</strong>s aus. Er kann steigen,<br />

wenn die Lieferantenpreise gedrückt werden, MitarbeiterInnen trotz Gewinne entlassen<br />

werden, Steuern vermieden, Frauen diskriminiert werden oder die Umwelt ausgebeutet wird.<br />

Der Finanzgewinn wird nur in Geld gemessen und Geld kann nur Tauschwerte messen,<br />

jedoch keine Nutzwerte - deren Verfügbarmachung und Verteilung jedoch der eigentliche<br />

Zweck des Wirtschaftens ist.<br />

Finanzgewinn ist in der <strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong> nur noch Mittel zum Zweck: der<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>mehrung. Finanzgewinn darf nicht mehr maximiert und nicht mehr um jeden<br />

Preis erhöht werden. Er muss dem neuen Zweck als Mittel dienen.<br />

Mit der <strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz wird endlich das gemessen, was wirklich zählt. Die <strong>Gemeinwohl</strong>-<br />

Matrix „schneidet“ mehrheitsfähige Grund- und Verfassungswerte – Menschenwürde,<br />

Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Demokratie – mit den<br />

Berührungsgruppen (Stakeholdern) des Unternehmens: Beschäftigte, Zulieferer, KundInnen,<br />

GeldgeberInnen, Souverän, zukünftige Generationen, Natur. Die an den Schnittstellen<br />

formulierten 17 <strong>Gemeinwohl</strong>indikatoren sollen eine Beurteilung von unternehmerischen<br />

Verhalten bzw. dessen Beitrag zum <strong>Gemeinwohl</strong> ermöglichen.<br />

Derzeit erfolgt die methodische Erfassung mittels <strong>Gemeinwohl</strong>punkte, welche für pro-aktives<br />

Verhalten bei den 17 Indikatoren vergeben werden. Mit exakten Punkten soll nicht suggeriert<br />

werden, dass eine millimetergenaue Messung des unternehmerischen <strong>Gemeinwohl</strong>beitrages<br />

möglich ist. Zielsetzung ist eine nachvollziehbare, plausible und konsistente Einschätzung,<br />

wo sich ein Unternehmen auf dem Weg zum <strong>Gemeinwohl</strong> befindet. Mit der derzeitigen Matrix<br />

stehen wir am Anfang der Entwicklung eines Messinstruments, welches regelmäßig zu<br />

evaluieren, zu präzisieren und an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen ist.<br />

3


GEMEINWOHLBERICHT, -MATRIX, -BILANZ UND -TESTAT<br />

Das Gesamtpaket des Bilanzierungsprozesses besteht aus drei Elementen: <strong>Gemeinwohl</strong>-<br />

Bericht, -Bilanz und -Testat. Die „Matrix“ erfüllt pädagogische Zwecke und ist nicht<br />

Bestandteil des eigentlichen Bilanzerstellungsprozesses:<br />

Der <strong>Gemeinwohl</strong>bericht ist ein mehrseitiges Dokument eines Unternehmens, in dem es seine<br />

Aktivitäten zu jedem Indikator dokumentiert. Er gibt einen umfassenden Einblick in die<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>-Aktivitäten des Unternehmens und bildet gemeinsam mit der <strong>Gemeinwohl</strong>-<br />

Bilanz die Grundlage für die Auditierung.<br />

Die <strong>Gemeinwohl</strong>matrix bietet eine einseitige Übersicht über die 17 Bilanz-Indikatoren sowie<br />

die Negativkriterien und dient für die pädagogische, politische Arbeit sowie<br />

Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Die <strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz ist das daraus abgeleitet Instrument, das die Unternehmen<br />

anwenden. Es handelt sich um eine Tabellenkalkulation, die mit Hilfe eines<br />

Rechenprogramms die Erstellung erleichtert und Gewichtungen automatisch vornimmt.<br />

Das Testat wird am Ende des Auditprozesses von den externen AuditorInnen ausgestellt und<br />

dokumentiert im Design der <strong>Gemeinwohl</strong>-Matrix die Punktevergabe auf einem Blick.<br />

VERGABE VON GEMEINWOHLPUNKTEN<br />

Die <strong>Gemeinwohl</strong>punkte werden für 17 messbare <strong>Gemeinwohl</strong>indikatoren vergeben, wobei<br />

Unternehmen freiwillig entscheiden, welche der Kriterien sie in welchem Maß verwirklichen.<br />

Das bedeutet, dass die Punkte nur für freiwillige Leistungen vergeben werden, die prinzipiell<br />

über den gesetzlichen Mindeststandards liegen. Die Absicht dahinter ist folgende: Heute sind<br />

die meisten Unternehmen sehr weit vom <strong>Gemeinwohl</strong>-Ideal (bestmöglicher Umwelt- und<br />

Klimaschutz, Mitbestimmung aller, Verteilungsgerechtigkeit, Geschlechtergleichheit,<br />

höchstmögliches Maß der Wahrung der Menschenwürde) entfernt. Theoretisch kann man<br />

von heute auf morgen durch die Formulierung entsprechender gesetzlicher Standards<br />

Unternehmen dazu zwingen, sich annährend „ideal“ zu verhalten. Doch genau das würde<br />

nicht gelingen, weil das Eigennutzstreben (der Egoismus) der Unternehmen so weit reicht,<br />

dass sie sich gegen höhere verbindliche Standards mit aller Macht zur Wehr setzen –<br />

zumindest im gegenwärtigen demokratischen System, in dem Profit das Ziel ist. Die<br />

Methode, höhere Standards unter Freiwilligkeit zu stellen, diese jedoch bei Erreichung<br />

rechtlich spürbar zu belohnen (über Steuern, Zölle, Zinsen, Aufträge etc.) könnte diese<br />

verfahrene Situation lösen. Zum Beispiel könnten fünf erreichbare Stufen definiert und<br />

farblich gekennzeichnet und belohnt werden, zum Beispiel durch fünf unterschiedliche<br />

Mehrwertsteuer-Klassen. z. B.:<br />

0 - 200 Punkte rot 50% MWSt<br />

201 - 400 Punkte orange 30% MWSt<br />

401 - 600 Punkte gelb 20% MWSt<br />

601 - 800 Punkte hellgrün 10% MWSt<br />

801 - 1000 Punkte grün 0% MWSt<br />

4


Durch diesen Anreiz würden sich immer mehr Unternehmen beteiligen und für diese<br />

schonende politische Umsteuerung des unternehmerischen Strebens in Richtung<br />

<strong>Gemeinwohl</strong> stark machen. Die <strong>Gemeinwohl</strong>bilanz würde einen Prozess herbeiführen, der<br />

die Unternehmen beim heutigen Ist-Zustand abholt und ohne direkten Zwang „marktkonform“<br />

in Richtung Soll-Zustand lockt und lenkt.<br />

In diesem Prozess wirkt die <strong>Gemeinwohl</strong>bilanz als Katalysator: Je mehr Unternehmen nach<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>kriterien wirtschaften und sich mehr und mehr den <strong>Gemeinwohl</strong>-Zielen annähern<br />

und diese erreichen, desto mehr Kriterien können aus der <strong>Gemeinwohl</strong>bilanz in gesetzliche<br />

Mindeststandards umgewandelt werden und den Platz frei machen für neue oder feinere<br />

freiwillige <strong>Gemeinwohl</strong>kriterien. So bewegt sich die gesamte Unternehmenslandschaft auf<br />

dem Zeitvektor in Richtung <strong>Gemeinwohl</strong>. Das Zurückbleiben in der „alten Werte-Welt“ birgt<br />

steigende Konkursgefahr für Unternehmen, weil sie immer höhere Steuern, Zölle und Zinsen<br />

zahlen und keine öffentlichen Aufträge mehr bekommen! Die PionierInnen-Unternehmen, die<br />

„<strong>Gemeinwohl</strong>maximierer“, haben es dagegen immer leichter, weil <strong>Gemeinwohl</strong>verhalten zum<br />

Erfolg führt.<br />

17 INDIKATOREN + ERLÄUTERUNGEN + HANDBUCH<br />

Nach einer anfänglichen Kriterienfülle setzt sich die Matrix/Bilanz 4.0 wie schon zuvor die<br />

Matrix/Bilanz 3.0 aus 17 Indikatoren zusammen, die auf die fünf universale Werte<br />

(Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit,<br />

demokratische Mitbestimmung & Transparenz) aufgeteilt werden.<br />

Zu jedem Kriterium gibt es eine ein- bis zweiseitige Erläuterung (ehemals „Factsheet“) mit<br />

allen wichtigen Informationen. Darüberhinaus gibt es ein umfassendes Handbuch mit vierbis<br />

zwölfseitigen Beiträgen, die umfassender die Indikatoren beleuchten.<br />

Alle Dokumente finden sich auf unserer Website unter der Rubrik Unternehmen/<br />

PionierInnen: www.gemeinwohl-oekonomie.org/unternehmen/pionier-unternehmen/<br />

MAXIMUM 1000 PUNKTE<br />

In Summe ergeben alle Kriterien maximal 1000 Punkte. Pro Kriterium können maximal 90<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>punkte erreicht werden. Die <strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz wurde so entwickelt, dass sie<br />

für Unternehmen a) jeder Größe, b) jeder Branche und c) jeder Rechtsform anwendbar ist –<br />

vom EPU und gemeinnützigen Verein über den mittelständischen Familienbetrieb bis zum<br />

börsennotierten Konzern oder einer öffentlichen Universität.<br />

Das derzeit angewandte Punktbewertungsverfahren ist möglicherweise nicht die beste<br />

Methode zur Messung des <strong>Gemeinwohl</strong>s, u.a. weil es Kompensationseffekte (z.B.:<br />

Aufwiegen ökologischer Schäden durch zusätzliche soziale Maßnahmen) möglich macht,<br />

was in der Nachhaltigkeitsdiskussion kritisch hinterfragt wird. In Zukunft wollen wir diese<br />

Bedenken bei der Weiterentwicklung des Instruments berücksichtigen.<br />

Im ersten Bilanzjahr hatten die „besten“ Unternehmen zwischen 600 und 675 Punkte.<br />

In den ersten Jahren wollen wir nicht die Punktezahl in den Vordergrund stellen, weil<br />

• der Prozess und Bericht Vorrang haben vor der Bepunktung<br />

• sowohl die Indikatoren als auch die Punkteverteilung sich in den ersten Jahren noch<br />

signifikant verändern<br />

• auch der Auditprozess sich noch verfeinert und die AuditorInnen dazulernen.<br />

5


ZIELKRITERIEN: KREATIVITÄTS- UND BEWERTUNGSSPIELRAUM<br />

Die in der Matrix enthaltenen <strong>Gemeinwohl</strong>indikatoren sollen Unternehmen nicht davon<br />

abhalten, selbst Mittel und Wege zu suchen, dem <strong>Gemeinwohl</strong> zu dienen. Deshalb sollen sie<br />

sich neben der Erfüllung der einzelnen Indikatoren immer die „Globalfrage“ stellen: Wie kann<br />

ich den Wert X gegenüber der Berührungsgruppe Y am besten erfüllen und fördern? Durch<br />

das gemeinsame Suchen (lat. „com-petere“) werden laufend neue und präzisere Indikatoren,<br />

Kriterien und Beispiele gefunden. Die Matrix erleichtert diese Suche durch die Formulierung<br />

von 17 Zielindikatoren: Diese formulieren Ziele (z. B. „Innerbetriebliche Demokratie“) und<br />

geben für die konkrete Umsetzung nur Beispiele an (z. B. „Soziokratie“ in diversen<br />

Abstufungen), belassen aber die Möglichkeit, eigene, neue, gleichwertige<br />

Umsetzungsschritte zu finden. Dadurch wird den Unternehmen ein gewisser<br />

Kreativitätsspielraum belassen als auch den <strong>Gemeinwohl</strong>-AuditorInnen (s. u.) ein gewisser<br />

Bewertungsspielraum, um auf branchen- und unternehmensspezifische<br />

Rahmenbedingungen (z.B.: Umweltprobleme; unterschiedliche Produktionsstandorte und<br />

Beschaffungsmärkte) eingehen zu können. Die Bilanz gibt damit nicht „starre“ Kriterien vor,<br />

sondern erlaubt gewisses Maß an Flexibilität, damit die Unternehmen ihren Beitrag zur<br />

Weiterentwicklung der Idee leisten können. Wichtig ist, dass die Richtung stimmt.<br />

ABSTUFUNGEN<br />

Die Bewertung eines Generalkriteriums erfolgt durch vier Abstufungen:<br />

Erste Schritte, Fortgeschritten, Erfahren, Vorbildlich.<br />

Kategorie<br />

Erste Schritte<br />

(0-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Institutionalisierung<br />

„ich mache mir<br />

erste Gedanken“<br />

Erste Aktivitäten<br />

weden punktuell<br />

umgesetzt<br />

Wesentliche Aspekte<br />

werden durch<br />

institutionalisierte<br />

Prozesse geseteuert<br />

Strategie und<br />

Evaluierung<br />

Reichweite in der<br />

Unternehmensstruktur<br />

1 Standort<br />

Für einen Teil der<br />

MitarbeiterInnen gültig /<br />

sukzessive Ausweitung<br />

geplant<br />

Gültig für Großteil der<br />

MitarbeiterInnen und<br />

Standorte (besonders<br />

jene mit Risiken)<br />

Gültig für alle<br />

MitarbeiterInnen und<br />

Standorte<br />

Reichweite Produkte<br />

/ Dienstleistungen<br />

Trifft nur auf<br />

einzelne P/D zu<br />

(< 10%)<br />

Trifft auf einen<br />

signifikanten Teil der<br />

P/D zu (> 10%)<br />

Trifft auf den Großteil<br />

der P / D zu (> 50%)<br />

Trifft auf die gesamte<br />

Palette an P / D zu<br />

(> 90%)<br />

Relativer Fortschritt<br />

Leicht über<br />

Branchendurchschnitt<br />

Leicht über<br />

Branchendurch-schnitt<br />

+ positive Tendenz<br />

erkennbar<br />

klar über<br />

Branchendurchschnitt<br />

+ klare positive<br />

Tendenz<br />

Branchenführung bzw.<br />

wenn definierbar,<br />

GWÖ-Ziel erreicht<br />

Unternehmens-<br />

Kultur<br />

Erste thematische<br />

Meetings in der<br />

Geschäftsführung,<br />

erste<br />

bewusstseinsbilden<br />

de Maßnahmen<br />

Bestimmtes Verhalten<br />

wird nur dann<br />

gefordert, weil/wenn<br />

dadurch kein Nachteil<br />

für das Unternehmen<br />

etnsteht<br />

Umfassende<br />

Bemühungen und<br />

definierte Ziele,<br />

Geschäfstführung lebt<br />

Werte vor<br />

Integriert, GF lebt vor,<br />

regelmäßiger Umgang/<br />

Thematisierung des<br />

Verhaltens<br />

MESSUNG<br />

Damit jeder weitere Schritt stärker belohnt wird (10%, 30%, 60% und 100% der Punkte) und<br />

dennoch die erreichbaren Punkte einfach zu berechnen sind, ist allen Kriterien ein Vielfaches<br />

6


von 10 <strong>Gemeinwohl</strong>-Punkten zugeordnet, konkret von 20 bis 90 Punkten je Kriterium. Je<br />

zehn Punkte erzielt ein Unternehmen, das „erste Schritte“ unternimmt, somit ein Punkt<br />

(10%), ein „fortgeschrittenes“ Unternehmen drei Punkte (30%), ein „erfahrenes“ sechs<br />

Punkte (60%) und ein „vorbildliches“ Unternehmen zehn Punkte (100%).<br />

Auch dazwischen sind alle Abstufungen möglich. Die Bilanz bietet Spielraum.<br />

NEGATIV-KRITERIEN<br />

Das Problem, dass manche extrem gemeinwohlschädigenden Verhaltensweisen derzeit<br />

rechtlich legal sind, wird durch Negativ-Kriterien gelöst: Wer zum Beispiel die<br />

Menschenrechte oder ILO-Kernarbeitsnormen verletzt, feindliche Übernahmen durchführt,<br />

Atomstrom erzeugt, Gewinne in Steueroasen deklariert und dadurch Steuern minimiert,<br />

Saatgut gentechnisch manipuliert oder Großkraftwerke in ökologisch sensiblen Regionen<br />

baut, erhält zwischen 100 und 200 Minuspunkte.<br />

UNTERSCHIEDLICHE UNTERNEHMEN<br />

Um eine Versionen-Flut zu vermeiden, gibt es nur eine einzige Bilanz, die für alle<br />

Unternehmenstypen gilt: EPU, Bauernhof, Dienstleister, Familienbetrieb, Mittelständler,<br />

öffentliches Unternehmen oder Weltkonzern. Die branchenspezifischen Unterschiede und<br />

Spezifika finden sich in der jeweiligen Beschreibung und Beispielwahl für die Zielindikatoren.<br />

Das Handbuch wird Zug um Zug um branchen- und größenspezifische Beispiele und<br />

Erläuterungen erweitert werden.<br />

Nicht alle <strong>Gemeinwohl</strong>indikatoren sind für alle Unternehmen anwendbar. Dennoch können<br />

alle Unternehmen immer maximal 1000 Punkte erreichen. Unterschiede in der Zahl der<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>indikatoren werden von einem Rechenprogramm im Hintergrund ausgeglichen.<br />

Das hat den doppelten Vorteil, dass bei gleichen Indikatoren für alle Unternehmen dieselben<br />

Punktezahlen gelten und dennoch die <strong>Gemeinwohl</strong>zahl (Summenzahl aller erreichten<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>kriterien), also das Bilanzergebnis, aller Unternehmen vergleichbar bleibt.<br />

Bei der Weiterentwicklung der Matrix werden Unterschiede auf Branchenebene Zug um Zug<br />

spezifiziert, um die teilweise abstrakt formulierten Zieldindikatoren anschaulich auf<br />

wesentlichen Aspekte der einzelnen Branchen / Produkte / Dienstleistungen<br />

herunterzubrechen bzw. an deren Spezifika anzupassen. Auch regionale und<br />

größenspezifische Besonderheiten sollen in Zukunft systematisch im Handbuch<br />

dokumentiert werden, um bei einer einheitlichen Matrix und Bilanz die Berücksichtigung von<br />

Unterschieden zu gewährleisten.<br />

GEMEINWOHLFARBE FÜR KONSUMENTINNEN<br />

Um die Sichtbarkeit des <strong>Gemeinwohl</strong>erfolgs zu erhöhen, könnten fünf oder zehn<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>stufen mit ebenso vielen Farben kenntlich gemacht werden. Das hilft<br />

insbesondere den KonsumentInnen, denn die <strong>Gemeinwohl</strong>bilanz scheint auf allen Produkten<br />

und Dienstleistungen auf (oder nahe) dem Strichcode. An der <strong>Gemeinwohl</strong>farbe erkennt die<br />

KonsumentIn sofort, in welcher „Liga“ das Erzeugerunternehmen spielt. In der Farbe könnte<br />

zusätzlich die <strong>Gemeinwohl</strong>zahl enthalten sein. Wer es genauer wissen will, kann mit dem<br />

Handy über den Strichcode fahren und erhält sofort die gesamte <strong>Gemeinwohl</strong>bilanz online.<br />

Die <strong>Gemeinwohl</strong>bilanz ist öffentlich. Damit erfüllt die <strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong> ein bisher<br />

7


uneingelöstes Versprechen der Marktwirtschaft: das nach vollständiger und symmetrischer<br />

Information aller Marktteilnehmenden.<br />

GEMEINWOHLAUDIT & GEMEINWOHLBILANZ-PRÜFERIN<br />

Wie wird die Bilanz kontrolliert? Ganz analog zur WirtschaftsprüferIn, die heute die<br />

Finanzbilanz prüft, von einer neuen freien Berufsgruppe: der <strong>Gemeinwohl</strong>-AuditorIn.<br />

Zunächst wird die Bilanz unternehmensintern erstellt und geprüft (Controlling, interne<br />

Revision) und dann zum – externen – Audit gebracht, wo die Bestätigung, das Testat, erfolgt.<br />

Erst wenn dieses vorliegt, „gilt“ die Bilanz. Im Gegensatz zur Finanzbilanz bietet die<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>bilanz zahlreiche Vorteile:<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Sie ist für alle verständlich, weil die Kriterien einfach und menschlich sind.<br />

Sie ist öffentlich und für alle einsehbar.<br />

Zahlreiche Berührungsgruppen haben ein handfestes Interesse an der Korrektheit der<br />

Bilanz, wodurch viele wachsame Augen auf der Bilanz gerichtet sind. Jeder<br />

Fälschungsversuch würde rasch auffliegen. Wenn der <strong>Gemeinwohl</strong>-AuditorIn im Falle<br />

einer (wiederholten) Bestätigung einer gefälschten Bilanz der Entzug der Berufslizenz<br />

droht, ist die Wahrscheinlichkeit von Betrug und Korruption minimal.<br />

−<br />

Unternehmen haben ein Eigeninteresse, eine möglichst hohe <strong>Gemeinwohl</strong>zahl zu<br />

erreichen, weil dadurch Vorteile locken. Dennoch ist alles „freiwillig“, weshalb es keine<br />

prüfende Behörde und keine Bürokratie benötigt: Die <strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz steuert das<br />

Verhalten von Unternehmen marktkonform, ohne eine zusätzliche Regulierungsorgie<br />

auszulösen.<br />

Analog zur Trennung des Beratungsgeschäftes von der Prüfungstätigkeit bei der<br />

Finanzbilanz müssen auch das Audit und die Beratung von Unternehmen, welche die<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz erstellen, gesetzlich getrennt werden.<br />

Ferner ist denkbar, dass aufgrund der Komplexität der Materie zumindest bei größeren<br />

Unternehmen Audit-Teams Einzelpersonen ablösen. Das würde das Prüfergebnis weiter<br />

verbessern und noch unbestechlicher machen. Gegenwärtig arbeitet der sich bereits<br />

konsolidierende AkteurInnen-Kreis der AuditorInnen mit einem Doppelverfahren durch Erstund<br />

ZweitauditorIn. Außerdem gibt es periodisch Hausbesuche in den Unternehmen, analog<br />

zur periodischen Steuerprüfung von (größeren) Unternehmen.<br />

DAS REDAKTIONSTEAM<br />

Die bisherige Auswahl der Indikatoren sowie die aktuellen Versionen der Erläuterungen und<br />

des Handbuches sind der Beginn einer langen Arbeit, an der viele Menschen mit Erfahrung,<br />

Expertise und Kreativität mitwirken sollen. Das inzwischen auf acht Personen angewachsene<br />

Redaktionsteam arbeitet Anfang 2012 unverändert zu 100% ehrenamtlich, was bis auf<br />

weiteres auch so bleiben soll. Im Lauf des Jahres 2012 wollen wir das Team auf 17<br />

Personen erweitern: eine verantwortliche Redakteurin je Indikator, die wiederum ein kleines<br />

„Indikatorenteam“ um sich schart, das an den jeweiligen Indikator mit allen Unterlagen<br />

weiterentwickelt. Auf jeder Erläuterung ist diese RedakteurIn als Ansprechperson<br />

angegeben, die sich über Rückmeldungen für die weitere Bearbeitung und Verbesserung<br />

freut. Ziel des Gesamtprozesses ist nach Integration zahlreicher Meinungen und<br />

8


Erfahrungen die Mündung in einen urdemokratischen Prozess, einen Wirtschaftskonvent.<br />

Näheres dazu auch in der “Kleinen Geschichte der <strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong>” auf der<br />

Webseite.<br />

GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG UND WIE WEITER?<br />

Matrix 1.0: wurde von den Attac-UnternehmerInnen erstellt, sie ist in der Erstauflage des<br />

Buches „Die <strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong>“ (Deuticke, 2010) veröffentlicht.<br />

Matrix 2.0: Weiterentwicklung der ersten Version bis Februar 2011 - vom Redaktionsteam<br />

nach einer ersten Feedbackwelle infolge des Symposiums „Unternehmen neu denken“ am 6.<br />

Oktober 2010. Sie war die Grundlage für die Entscheidung der ersten 60 Unternehmen, die<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz 2011 erstmals freiwillig zu erstellen. Die Kriterienanzahl betrug damals<br />

noch über 50.<br />

Matrix 3.0: wurde vom Redaktionsteam auf 18 Zielindikatoren (damals noch „Kriterien“)<br />

reduziert, nach der ersten „Berührung“ der Pionier-Unternehmen mit der Version 2.0, die<br />

versuchten, diese anzuwenden und zu rechnen. Sie war die für 2011 gültig und die erste<br />

angewandte <strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz.<br />

Matrix 4.0: ist die vorliegende, die nach der Bilanzpressekonferenz am 5. Oktober 2011 auf<br />

Basis aller erfolgten Rückmeldungen erstellt wurde. Sie gilt für alle Bilanzen, die ab dem<br />

01.03.2012 für das zurückliegende Bilanzjahr eingereicht werden.<br />

Matrix 5.0 ff.: Ab sofort wird die Bilanz nur noch einmal jährlich angepasst – mehrere Jahre<br />

lang. Ziel ist, dass die Expertise und Meinungen von Tausenden von UnternehmerInnen,<br />

Privatpersonen, WissenschaftlerInnen, Organisationen und anderen AkteurInnen einfließt.<br />

Die Matrix 5.0. wird am 01. März 2013 erscheinen und ab dann gültig sein. Bis Ende Juni<br />

2013 gilt eine Übergangsfrist, in der auch auf Basis der Matrix 4.0. auditiert/ peer-evaluiert<br />

werden darf. Ab 01.07.2013 werden nur noch Bilanzen auf Basis der Matrix 5.0<br />

angenommen.<br />

Nach rund fünf Jahren soll ein demokratisch gewählter Wirtschaftskonvent aus unserer<br />

Vorarbeit ein Gesetz machen. Die dort formulierte Version wird die erste für alle<br />

Unternehmen rechtsverbindliche <strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz.<br />

NEUERUNGEN DER MATRIX 4.0<br />

Bei der Verarbeitung der Rückmeldungen gab es einige wesentliche Veränderungen: Der<br />

Begriff ‚Kriterien’ wurde durch den Begriff ‚Indikatoren’ ersetzt, anstelle von ‚Kategorie’ heißt<br />

es nun ‚Kriterium’ und die im Raster verwendeten Abstufungsbezeichnungen bei den<br />

Kriterien wurden von Englisch auf Deutsch übersetzt. Statt Beginner, Improver, Achiever und<br />

Leader heisst es jetzt „erste Schritte“, „forgeschritten“, „erfahren“ und „vorbildlich“.<br />

Bei jedem Indikator ist eine Ansprechperson genannt, die ein kleines „Indikatorenteam“<br />

koordiniert, das nach bestem Wissen und Gewissen die inhaltliche Weiterentwicklung<br />

betreut. Ziel des Gesamtprozesses ist nach Integration zahlreicher Meinungen und<br />

Erfahrungen die Mündung in einen urdemokratischen Prozess in Form eines<br />

Wirtschaftskonvents.<br />

Weitere Veränderungen zur letzten Matrix sind:<br />

9


−<br />

−<br />

−<br />

Neue Punkteverteilung, je Indikator gibt es jetzt ein Vielfaches von zehn statt von bisher<br />

20 Punkten; der niedrigste Wert pro Indikator sind 30 Punkte, der höchste 90 Punkte.<br />

Erweiterung der Factsheets von einer auf bis zu zwei Seiten mit ergänzenden Fragen<br />

zur Selbsteinschätzung und ansatzweisen Erläuterungen zu unternehmensspezifischen<br />

Hintergründen – umfassender finden sich diese Ergänzungen im Handbuch.<br />

Handbuch für alle Indikatoren mit einem Umfang von vier bis zwölf Seiten und<br />

genaueren Erläuterungen und Hintergrundinformationen.<br />

− prozentuale Gewichtung der einzelnen Kriterien, damit die Selbst- und<br />

Fremdeinschätzung etwas genauer erfolgen kann.<br />

− Umfassendere <strong>Gemeinwohl</strong>-Bericht-Vorlage mit den ergänzenden Fragen zur<br />

Selbsteinschätzung und mehr Infos zur wirtschaftlichen Lage sowie dem Prozess der<br />

Erstellung.<br />

ÄNDERUNGEN IM PROZESS DER BILANZERSTELLUNG<br />

−<br />

Der Berichtszeitraum kann vom Unternehmen selbst bestimmt werden, entweder das<br />

Kalenderjahr oder davon abweichend das Geschäftsjahr.<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Stichtag für die Bilanzpressekonferenzen im März 2013 ist eine Woche vorher. Bis dahin<br />

vorliegende auditierte / peer-evaluierte Bilanzen können auf der jeweiligen regionalen<br />

Pressekonferenz öffentlich vorgestellt werden. Das externe Audit benötigt ca. 4-6<br />

Wochen, deshalb bitte die GWÖ-Berichte bis spätestens Ende Januar 2012 einreichen.<br />

Die Ausstellung der Peer-Testate dauert ca. 1-2 Wochen. Auch diese Fristen bitte<br />

berücksichtigen, wenn Sie Ihr Unternehmen auf den Pressekonferenzen präsentieren<br />

möchten. Genauere Infos zu den PKs bitte bei info[at]gemeinwohl-oekonomie.org<br />

Das Ausfüllen des Rechenprogramms zur Bilanzerstellung, die eigentliche „<strong>Gemeinwohl</strong>-<br />

Bilanz“, ist freiwillig. Im <strong>Gemeinwohl</strong>-Bericht muss die Selbsteinschätzung in % bei<br />

jedem Indikator angegeben werden.<br />

Jedes Pionier-Unternehmen kann zwischen drei Formen der Bilanzerstellung wählen:<br />

1 Sämchen: Das Unternehmen erwirbt eine Mitgliedschaft beim Verein oder leistet eine<br />

Spende in mindestens gleicher Höhe; es ist berechtigt das Service der <strong>Gemeinwohl</strong>-<br />

<strong>Ökonomie</strong> zu nutzen und erstellt eine hausinterne Bilanz, die nicht veröffentlicht wird.<br />

Logo/Web-Banner:„Unterstützer-Unternehmen der <strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong>“<br />

2 Sämchen: Das Unternehmen erwirbt eine Mitgliedschaft beim Verein und erstellt in<br />

einer Peer-Gruppe mit anderen Unternehmen eine <strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz. Nach der<br />

wechselseitigen Prüfung kann die Bilanz mit der Kennzeichnung „Peer-Evaluierung“<br />

veröffentlicht werden. Das Unternehmen kann an der Bilanz-Pressekonferenz am 7.<br />

November 2012 teilnehmen. Logo/Webbanner: „Pionierunternehmen der <strong>Gemeinwohl</strong>-<br />

<strong>Ökonomie</strong> mit <strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz“<br />

3 Sämchen: Das Unternehmen wird Mitglied beim Verein und erstellt (idealerweise in<br />

einer Peer-Gruppe) eine Bilanz, die es extern auditieren lässt und verpflichtend<br />

veröffentlicht. Es kann an bei der Bilanz-Pressekonferenz teilnehmen.<br />

Logo/Webbanner: „Pionierunternehmen der <strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong> mit auditierter<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz.“<br />

Mehr Infos dazu im „Weg zur Bilanz“ (Kurzfassung) und in der Broschüre: „Die<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong> für mein Unternehmen“ (Langfassung).<br />

10


−<br />

Für alle PionierInnen, die eine Bilanz und einen Bericht erstellen, fällt ein<br />

Mitgliedsbeitrag beim Förderverein GWÖ an. Der richtet sich nach der Mitarbeiterzahl<br />

und kann auf Wunsch auch ermäßigt werden.<br />

11


ERLÄUTERUNGEN DER 17<br />

GEMEINWOHL-INDIKATOREN<br />

A1 ETHISCHES BESCHAFFUNGSWESEN ......................................................................................................... 13<br />

B1 ETHISCHES FINANZMANAGEMENT ............................................................................................................. 16<br />

C1 ARBEITSPLATZQUALITÄT & GLEICHSTELLUNG ......................................................................................... 18<br />

C2 GERECHTE VERTEILUNG DER ERWERBSARBEIT ..................................................................................... 21<br />

C3 FORDERUNG UND FÖRDERUNG ÖKOLOGISCHEN VERHALTENS DER MITARBEITERINNEN .............. 23<br />

C4 GERECHTE EINKOMMENSVERTEILUNG ..................................................................................................... 25<br />

C5 INNERBETRIEBLICHE DEMOKRATIE UND TRANSPARENZ ........................................................................ 27<br />

D1 ETHISCHES VERKAUFEN .............................................................................................................................. 30<br />

D2 SOLIDARITÄT MIT MITUNTERNEHMEN ........................................................................................................ 33<br />

D3 ÖKOLOGISCHE GESTALTUNG DER PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN .......................................... 35<br />

D4 SOZIALE GESTALTUNG DER PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN ...................................................... 38<br />

D5 ERHÖHUNG DES SOZIALEN UND ÖKOLOGISCHEN BRANCHENSTANDARDS ........................................ 40<br />

E1 SINN UND GESELLSCHAFTLICHE WIRKUNG DER PRODUKTE / DIENSTLEISTUNGEN .......................... 42<br />

E2 BEITRAG ZUM GEMEINWESEN ..................................................................................................................... 45<br />

E3 REDUKTION ÖKOLOGISCHER AUSWIRKUNGEN ........................................................................................ 47<br />

E4 MINIMIERUNG DER GEWINNAUSSCHÜTTUNG AN EXTERNE .................................................................. 49<br />

E5 GESELLSCHAFTLICHE TRANSPARENZ UND MITBESTIMMUNG .............................................................. 51<br />

12


A1 ETHISCHES BESCHAFFUNGSWESEN<br />

HINTERGRUND<br />

Der Umgang mit und die Auswahl von seinen Lieferanten sowie deren Produkte und<br />

Dienstleistungen stellt für viele Unternehmen eine bedeutende Möglichkeit zur Steigerung<br />

des <strong>Gemeinwohl</strong>es in seiner Einflusssphäre dar. Die mit der Globalisierung und<br />

Spezialisierung einhergehende Arbeitsteilung hat komplexe Strukturen in den<br />

Wertschöpfungsketten der Weltwirtschaft zufolge. Jede/r ist für die gesamte Supply Chain<br />

mitverantwortlich. Deshalb ist es wichtig, dass jede AkteurIn die vorgelagerten<br />

WertschöpferInnen kennt, Informationen aktiv einholt um nach ethischen Prinzipien<br />

auswählen zu können. Derzeit wird diese Sichtweise nur bei bestimmten kritischen<br />

Produktsparten (Kaffee, Kakao) berücksichtigt. Zunehmend geraten spezifische Rohstoffe<br />

(z.B.: Coltan) und komplexere Produkte (z.B.: Elektronikprodukte) ins Blickfeld der<br />

wirtschaftsethischer Diskussionen. Derartige Risiken sind nicht, wie der erste Blick vermuten<br />

lässt, auf Länder mit niedrigen gesetzlichen bzw. gelebten Standards reduziert, sondern<br />

finden sich auch in westlichen Ländern (z.B.: prekäre Arbeitsbedingungen im Handel,<br />

Tourismus, Reinigungsdienstleistungen, produzierendes Gewerbe, Baubranche, etc.).<br />

ZIEL<br />

Zielsetzung dieses Indikators ist es, dass die Unternehmen ihre Verantwortung für die<br />

vorgelagerten Wertschöpfungsschritte voll wahrnehmen und nur gemeinwohl-orientierte<br />

Zulieferer auswählen. Ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen setzt sich aktiv mit den<br />

bezogenen Produkten bzw. Dienstleistungen auseinander und versucht durch aktive<br />

Maßnahmen soziale und ökologische Folgenwirkungen und Risiken „bis zur Wiege“ zurück<br />

zu minimieren. Mit seinen Lieferanten und Dienstleistungspartner strebt es eine langfristige<br />

Zusammenarbeit an, wobei das <strong>Gemeinwohl</strong> betreffende Aspekte in einem möglichst<br />

kooperativen Prozess aktiv adressiert werden. In diese Prozesse können auch<br />

MitwerberInnen und externe Stakeholder bzw. Berührungsgruppen (z.B.: NGOs)<br />

eingebunden werden ( siehe auch D2 und D5)<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Belohnt wird sowohl die aktive Auseinandersetzung als auch der tatsächliche Bezug sozial<br />

und ökologischer höherwertiger Produkte und Dienstleistungen (=P/D), wobei ersteres mit<br />

zunehmender Größe bzw. bei hohen Risiken von steigender Relevanz ist. Ökologische<br />

Aspekte sind tendenziell von höherer Bedeutung. Je höher der Bezug aus Ländern bzw.<br />

Branchen mit niedrigen sozialen Standards ist desto stärker sind soziale Aspekte zu<br />

gewichten. Zu berücksichtigende Aspekte können vielfältiger Natur sein:<br />

−<br />

−<br />

Arbeitsbedingungen: existenzsicherndes Einkommen, Gesundheit und Sicherheit,<br />

ArbeitnehmerInnenrechte, etc.<br />

Ökologische Aspekte: ökologische Qualität der eingesetzten Inputstoffe im Vergleich zu<br />

Alternativen, Einsatz der besten verfügbaren Technologie, in der Produktion eingesetzte<br />

Energieträger, Vermeidung von Risikostoffen, Emissionen in Luft / Boden / Wasser, etc.<br />

13


− Soziale Auswirkungen auf andere Berührungsgruppen: direkte Belastung der<br />

AnrainerInnen durch Schadstoffe, Konflikte um Rohstoffe, Korruption,<br />

Menschenrechtsverstöße, Verstöße gegen geltendes Recht, kontroverse<br />

Unternehmenspolitik, Ausnutzen der Marktmacht, etc.<br />

−<br />

Verfügbarkeit und Existenz von sozial oder ökologische höherwertigen, regionalen<br />

Alternativen<br />

Kriterien<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Berücksichtigung<br />

regionaler,<br />

ökologischer und<br />

sozialer Aspekte<br />

bzw. höherwertiger<br />

Alternativen<br />

(45%-65%)<br />

punktuell bei<br />

klassischen<br />

Risikoprodukten<br />

(Öko-Strom)<br />

bei einigen<br />

wesentlichen P/ D<br />

bei einem Großteil<br />

an wesentlichen<br />

P/D<br />

+ klare Reduktion<br />

bei kritischen Stoffe<br />

ohne höherwertige<br />

Alternative<br />

bei allen<br />

wesentlichen,<br />

zugekauften P/D<br />

+ Innovative<br />

Lösungen zur<br />

Vermeidung<br />

kritischen Stoffe<br />

ohne höherwertige<br />

Alternative<br />

Aktive<br />

Auseinandersetzung<br />

mit den<br />

Risiken zugekaufter<br />

P/D und Prozesse<br />

zur Sicherstellung<br />

(25%-45%)<br />

Interne<br />

Auseinandersetzung<br />

durch<br />

aktives Einholen<br />

von Informationen<br />

zu mit der Thematik<br />

Integration sozialer<br />

und ökologischer<br />

Aspekte in das<br />

Vertragswesen<br />

(Code of Conduct /<br />

Ethik-Kodex)<br />

Internes Audit bei<br />

Risiken und<br />

wichtigsten<br />

Lieferanten<br />

Schulungen<br />

(Seminare,<br />

Workshops,<br />

Zeitbudgets für<br />

ExpertInnengespräche)<br />

aller<br />

Mitarbeiter im<br />

Einkaufsprozess<br />

Regelmäßige<br />

Evaluierung von<br />

Risiken und<br />

Alternativen<br />

Sicherstellung<br />

durch<br />

unabhängiges Audit<br />

(z.B.: nach soz./<br />

ökol. Gütesiegeln<br />

zertifizierte P/D,<br />

Kooperation mit<br />

NGOs)<br />

Kooperation mit<br />

LieferantInnen und<br />

Mitunternehmer-<br />

Innen hinsichtlich<br />

sozialer und<br />

ökologischer<br />

Aspekte<br />

Strukturelle<br />

Rahmenbedingungen<br />

zur<br />

fairen Preisbildung<br />

(10%)<br />

Verzicht auf rein<br />

preisgetriebene<br />

Beschaffungsprozesse<br />

(u.a.<br />

Auktionen,<br />

Ausschreibungsverfahren)<br />

Kein vom<br />

Einkaufspreis<br />

abhängiges Bonussystem<br />

für<br />

Einkäufer<br />

Langfristige,<br />

kooperative<br />

Beziehung werden<br />

wechselnden,<br />

kostenorientierten<br />

vorgezogen<br />

Evaluierung des<br />

Verhaltens der<br />

Einkäufer durch<br />

regelmäßige<br />

Mitarbeitergespräche<br />

mit<br />

Fokus auf die<br />

Herausforderungen<br />

, die sich durch<br />

eine ethische<br />

Beschaffung<br />

ergeben<br />

Innovative<br />

Strukturen im<br />

Beschaffungswesen<br />

(z.B.:<br />

Partizipation an<br />

Alternativwährungs<br />

konzepten, etc.)<br />

14


UMSETZUNG<br />

Für die Auseinandersetzung mit dem ethischen Beschaffungswesen braucht es zuerst eine<br />

systematische Auflistung aller bezogenen Produkte und Dienstleistungen gemäß ihrem<br />

monetären Anteil am gesamten Beschaffungsvolumen sowie ihrer Herkunft nach Region und<br />

Unternehmen. Dann werden die sozialen und ökologischen Auswirkungen evaluiert und<br />

Handlungsalternativen ermittelt. Dabei hilft eine Einstufung der Produkte/Dienstleistungen<br />

nach ihren positiven/negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen und Risiken.<br />

BEST PRACTISE / LITERATUR / LINKS / EXPERTEN<br />

Einen übersichtlichen Einstieg in die Thematik bieten folgende Quellen:<br />

− Self-Assessment-Tool der Ethical Trading Initiative:<br />

http://www.ethicaltrade.org/sites/default/files/resources/ETI%20Management%20bench<br />

marks.pdf<br />

−<br />

CSR in der Supply Chain. Herausforderungen und Ansatzpunkte für Unternehmen:<br />

http://www.4sustainability.org/downloads/Loew_2006_CSR_in_der_Supply-Chain.pdf<br />

RedakteurInnen: Christina Potocnik, Christian Loy: christian.loy@gmx.at<br />

15


B1 ETHISCHES FINANZMANAGEMENT<br />

HINTERGRUND<br />

Dem Finanzsystem kommt hinsichtlich des <strong>Gemeinwohl</strong>s eine besondere Bedeutung zu. Das<br />

Bewusstsein über den Beitrag der Finanzdienstleistungen, die im Rahmen der<br />

Unternehmensaktivitäten in Anspruch genommen werden – zu teils destruktiven<br />

Folgewirkungen des Finanzmarktes – ist nur gering ausgeprägt. Dies führt dazu, dass<br />

sowohl Angebot als auch Nachfrage ethisch-ökologischer Finanzdienstleistungen sehr gering<br />

sind.<br />

ZIEL<br />

Unternehmen können den Wandel der Finanzmärkte in Richtung <strong>Gemeinwohl</strong>orientierung<br />

mitgestalten. Der Wechsel zu einer nicht gewinn-orientierten Bank fördert<br />

Verteilungsgerechtigkeit sowie den sinnvollen Einsatz finanzieller Ressourcen. Die<br />

Inanspruchnahme ethisch-ökologisch Finanzdienstleistungen (z.B. bei Rückstellungen für<br />

Pensionen) wirken als Signal in Richtung Nachhaltigkeit. Überdies können finanzmarktferne<br />

Formen der Finanzierung ins Auge gefasst werden: Leihe, Schenkung, Erbschaft (im Sinne<br />

einer demokratischen Mitgift) oder die Gewährung eines (zinslosen) Darlehens zwischen<br />

Unternehmen.<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Belohnt werden vorerst weiterhin drei unterschiedliche Aspekte des Finanzmanagements:<br />

1. <strong>Gemeinwohl</strong>-orientierte Veranlagung (u.a. Tagesgeldkonto, Veranlagung von<br />

Rückstellungen)<br />

2. Soziale und ökologische Qualität des Finanzdienstleisters.<br />

3. <strong>Gemeinwohl</strong>-orientierte Finanzierung (s. auch E4)<br />

16


Kriterien<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Ethischökologische<br />

Qualität des<br />

Finanzdienstleisters<br />

(15-30%)<br />

Konventionelle<br />

Bank mit eigenen<br />

ethisch-ökolog.<br />

Finanzprodukten<br />

(5% am Kredit<br />

bzw. Sparvolumen)<br />

Mehrheitlich auf<br />

ethisch-ökologische<br />

Finanzdienstleistun<br />

gen spezialisierte<br />

Bank<br />

Ausschließlich<br />

ethischökologischer<br />

Finanzdienstleister<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>orientierte<br />

Veranlagung<br />

(50-70%)<br />

Sicherstellung einer<br />

das <strong>Gemeinwohl</strong><br />

nicht verletzenden<br />

Veranlagung 2<br />

Mehrheitliche<br />

Veranlagung in<br />

ethisch-ökologische<br />

Projekte 3<br />

+ Verwendung von<br />

Kapitalerträgen für<br />

soziale /<br />

ökologische<br />

Investitionen<br />

Ausschließliche<br />

Veranlagung in<br />

ethisch-ökologische<br />

Projekte<br />

+ Teilweiser<br />

Zinsverzicht bei<br />

Veranlagungen<br />

+ Vollständiger<br />

Zinsverzicht im Fall<br />

von Veranlagungen<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>orientierte<br />

Finanzierung<br />

(15-30%)<br />

Keine<br />

Eigenkapitalfinanzi<br />

erung über<br />

Kapitalgeber ohne<br />

Mitarbeit im<br />

Unternehmen 4<br />

Verankerung des<br />

ethischen Finanz-<br />

Managements im<br />

Unternehmensleitbild<br />

Versuch der<br />

Finanzierung über<br />

Berührungsgruppen<br />

5 oder aus<br />

Bankkredit aus<br />

nicht Gewinn<br />

ausschüttender<br />

Bank<br />

Verankerung in<br />

Unternehmensaktivitäten<br />

6<br />

Erfolgreicher<br />

Beginn der<br />

Finanzierung über<br />

Berührungsgruppen<br />

oder aus<br />

Bankkrediten, die<br />

zu teilverzichteten<br />

Zinsen führen<br />

Zinsfreie<br />

Finanzierung<br />

überwiegend<br />

mithilfe von<br />

Berührungsgruppen<br />

oder Bankkrediten,<br />

die zu keinen<br />

Sparzinsen mehr<br />

führen<br />

RedakteurInnen: Christian Loy, Gisela Heindl: gisela.heindl@gemeinwohl-oekonomie.org<br />

1<br />

Als Quelle zur Recherche zu großen Finanzinstituten kann u.a. Banktrack ( www.banktrack.org )<br />

dienen<br />

2<br />

z.B. durch transparente Finanzierungspolitik der Bank, Definition klarer Ausschlusskriterien etwa an<br />

Hand des Frankfurt Hohenheimer Leitfadens, Mitunternehmen, KundInnnen, LieferantInnnen, etc.<br />

3<br />

z.B. Kredite für ethisch-ökologisch Projekte, Investition in erneuerbare Energien, thermische Sanierung,<br />

gemeinwohl-orientierte Forschung und Entwicklung,<br />

4<br />

z.B. Begebung von handelbaren Aktien; Beteiligung stiller GesellschafterIn mit Intention der<br />

Vorbereitung einer Aktienemission<br />

5<br />

Mitarbeiter- und Bürgerbeteiligung (z.B.: lokale Bürgerbeteiligungen im Bereich nachhaltiger Energie);<br />

die Partizipation an Regionalwährungskonzepten kann ebenfalls hierunter positiv berücksichtigt werden<br />

6<br />

z.B.: Ethik-Schulung der Mitarbeiter im Finanz-Controlling; themenbezogen Info-Veranstaltung für<br />

Mitarbeiter, etc.<br />

17


C1 ARBEITSPLATZQUALITÄT & GLEICHSTELLUNG<br />

HINTERGRUND<br />

Menschenwürde am Arbeitsplatz (im Arbeitsverhältnis) zeigt sich durch die Gleichwertigkeit<br />

und Gleichstellung aller im Unternehmen vertretenen Personen und dem Ziel möglichst<br />

gesunder, freier und kooperativer Arbeitsbedingungen. Das Gegenteil sind Ausbeutung<br />

zugunsten des Gewinns Einzelner, Verweigerung von Mitbestimmung, Diskriminierung<br />

Benachteiligter oder Schädigung der Gesundheit z.B. durch Über- oder Unterforderung<br />

(Burn- und Bore-out-Syndrome). Der Einzelne wird tendenziell zum Objekt gemacht und<br />

verliert das Anrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Gleichstellung und Inklusion<br />

Benachteiligter sind zusätzliche Aspekte. Zahlreiche Studien zeigen, dass ein<br />

gesamtgesellschaftliches Ungleichgewicht in der Bezahlung und Behandlung von Frauen<br />

und Männern sowie benachteiligter Gruppen (MigrantInnen, Behinderte, Langzeitarbeitslose,<br />

Minderheiten, etc.) vorliegt. Auch wenn es Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern<br />

gibt, haben doch alle EU-Staaten der Statistik der EU-Kommission zufolge eines<br />

gemeinsam: Frauen haben einen geringeren Stundenlohn als Männer und geringere<br />

Karrierechancen.<br />

ZIEL<br />

Ziel ist, die Arbeitsplatzqualität so zu gestalten, dass es Menschen im Rahmen ihrer<br />

Fähigkeiten, (auch familiären) Möglichkeiten sowie aufgrund von unterschiedlichen<br />

Bedürfnissen gelingen kann, sich gleichermaßen als Individuum weiterzuentwickeln wie auch<br />

in der Gemeinschaft des Unternehmens gut aufgehoben zu sein, d.h. gesundheitserhaltend,<br />

sinnerfüllt, kompetent, selbstverantwortlich und in Abstimmung mit den Anderen einen aus<br />

der Sicht aller wertvollen Beitrag zur Entwicklung des Unternehmens leisten zu können.<br />

Weiters gilt es die geschlechterspezifischen Merkmale und Bedürfnisse von Benachteiligten<br />

zu beachten sowie für die Aufhebung von Ungleichbehandlung zu sorgen.<br />

Ungleichbehandlung sichtbar zu machen, eine Öffentlichkeit dafür herzustellen und<br />

Bedingungen zu schaffen, die zur Versachlichung und Konfliktfähigkeit beitragen. Diesen<br />

heute benachteiligten Menschen(gruppen) soll im Unternehmen eine faire Chance auf einen<br />

adäquaten Arbeitsplatz und eine faire Bezahlung geboten werden. Dazu benötigt es im<br />

Unternehmen eine Gesamtstrategie zum „Diversitymanagement“.<br />

DEFINITION<br />

Zur Arbeitsplatzqualität und Gleichstellung zählen wir humane Arbeitsbedingungen inkl.<br />

Freiraum für Familie, physische und psychische Gesundheit, Zufriedenheit am<br />

Arbeitsplatz, Selbstorganisation, Lebenslanges Lernen und persönliche<br />

Weiterentwicklung, Work-Life-Balance und Sinnstiftung (d.h. Menschen im Unternehmen<br />

wollen wissen, wofür es sich lohnt, sich anzustrengen: Welchem unmittelbaren und<br />

tiefergehenden Zweck dient das Unternehmen und mein Beitrag?). Diversitätsfelder sind<br />

Generationenfragen, die Frau-Mann-Thematik, sexuelle Orientierung, ethnische<br />

Zugehörigkeit, Religion und Behinderung sowie Bildung, Sprache oder soziale Klasse.<br />

18


ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Alle hier angeführten Kriterien können sowohl anhand interner Statistiken als auch durch<br />

MitarbeiterInnenbefragungen erhoben und eingestuft werden.<br />

Die + Zeichen in einem zusammengelegten Kästchen bedeuten, dass jede Erfüllung von<br />

einem Unterkriterium zu einer Hochstufung führt (additives Verfahren). Alle anderen Kriterien<br />

sind logisch aufbauend, d.h. erst die Erfüllung eines Unterkriteriums ermöglicht den<br />

„Aufstieg“ in die nächste Stufe.<br />

Für EPUs gelten folgende Kriterien nicht: Arbeitszeiten, Gleichstellung und Umgang für<br />

Benachteiligten, deshalb gibt für EPUs veränderte prozentuale Aufteilungen bei den<br />

Kriterien.<br />

Kriterien<br />

Erste Schritte<br />

(0-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Arbeitszeiten (20%)<br />

(Freiwillig und selbstbestimmt,<br />

nicht<br />

betrieblich verordnet)<br />

Flexible Arbeitszeiten<br />

und Teilzeitmodelle<br />

Flexible Arbeitszeiten<br />

und Teilzeitmodelle<br />

+ durch<br />

Mitbeinbeziehung<br />

der MA<br />

+ Aktive zeitliche<br />

Entlastung durch<br />

Kinderbetreuung<br />

(z.B. Betriebskindergarten,<br />

Tagesmütter-<br />

/väter)<br />

Völlige<br />

Selbstorganisation<br />

der Arbeitszeit<br />

(Arbeitseinteilung<br />

nach Ergebnisvereinbarung)<br />

Arbeitsplatzgestaltung<br />

(10%)<br />

(für EPU 20%)<br />

Alle Arbeitsplätze<br />

ergonomisch (z.B.<br />

Beleuchtung,<br />

Raumklima, etc.);<br />

+ behindertengerecht (barrierefreier Zugang zu allen Räumen);<br />

+ Zusätzliche Möglichkeiten für die freie Wahl des eigenen<br />

Arbeitsortes (z.B. Homeoffice)<br />

+ zusätzliche Räume für Entspannung und Bewegung (z.B.<br />

Grünflächen, Ruheraum)<br />

Physische<br />

Gesundheit und<br />

Sicherheit (10%)<br />

(für EPU 20%)<br />

Gesundheitspräventionsprogramme<br />

und<br />

Sensibilisierungsmaßnahmen<br />

(Workshops und<br />

Vorträge; 2 T.p.a.)<br />

+ (beginnend) Aktive<br />

Förderung gesunde<br />

Ernährung;<br />

(z.B. keine<br />

Automaten mit Fast<br />

Food, sondern Bio-<br />

Körbchen)<br />

+ Individuelle<br />

Angebote durch<br />

Gesundheitsberat.,<br />

freiwillige<br />

Vorsorgeuntersuchung<br />

bzw.<br />

Sportprogramme<br />

+ (Erfahren) Bio-<br />

Küche bzw-<br />

Verpflegung (ev.<br />

durch<br />

Selbstversorgungsmöglichkeit<br />

o.<br />

Kochen mit „Profi“<br />

Psychische<br />

Gesundheit (15%)<br />

(für EPU 30%)<br />

Tageszahlen = pro<br />

Mitarbeiter, pro Jahr.<br />

Inhalten tw. austauschbar<br />

Ein Tag:<br />

MA-Veranstaltungen<br />

zur Entwicklung von<br />

Teamfähigkeit<br />

und fallweise<br />

Bearbeitung<br />

einzelner Anliegen<br />

(z.B. Supervision,<br />

Coaching)<br />

Zwei Tage:<br />

regelmäßige Workshops<br />

bzw. Schulungen<br />

für soziale<br />

Kompetenz (z.B.<br />

Konfliktmanagement,<br />

GFK) und zu<br />

Gesundheit (z.B.<br />

Stressabbau)<br />

Drei Tage:<br />

Workshops zur<br />

Weiterbildung (soziale<br />

Kompetenzen,<br />

Persönlichkeitsentwicklung<br />

und<br />

Einrichtung von Konfliktlotsen<br />

und/oder<br />

MediatiorInnen<br />

Vier Tage:<br />

Weiterbildung für<br />

Persönlichkeitsentwicklung<br />

und soziale<br />

Kompetenzen<br />

Selbstorganisat.,<br />

Zufriedenheit am<br />

Arbeitsplatz,<br />

Sinnstiftung (15%)<br />

(für EPU 30%)<br />

Mitbestimmung und<br />

Einbezug bei der<br />

Gestaltung der<br />

Aufgaben (im Team)<br />

+ Mitarbeiterbefragung<br />

(1x p.a.) zur<br />

Arbeitsplatz- und<br />

Vertrauenskultur +<br />

Maßnahmen zur<br />

Förderung der<br />

Enthierarchisierung<br />

(2-3 Hierar.ebenen)<br />

Mitbestimmung der<br />

Gestaltung von<br />

Aufgaben, Führung<br />

und Gehältern;<br />

Jobrotationen und<br />

Jobenrichment durch<br />

gezielte<br />

Weiterbildung<br />

Selbstorganisation<br />

Mitgestaltung d.<br />

Vision, Unternehmensstrategie,<br />

Ziele<br />

Arbeitsverteilung. (1<br />

Hierarchieebene,<br />

werteorientiert)<br />

19


Gleichstellung und<br />

Gleichbehandlung<br />

von Mann und Frau<br />

(20%)<br />

Benachteiligte (z.B.<br />

Menschen mit<br />

Behinderung,<br />

MigrantInnen,<br />

Langzeitarbeitslose)<br />

(10%)<br />

Gender- und Diversity-Schulungen;<br />

Installierung einer<br />

genderverantwortlichen<br />

Person (ab 5<br />

MA:). Jobangebote<br />

diskriminierungsfrei;<br />

Vielfalt am Arbeitspl.<br />

Verpflichtende Schulungen<br />

zu Thema<br />

Anti- Diskriminierung;<br />

Angepasste Personalsuche<br />

(Vielfalt);<br />

Teilerfüllung der<br />

gesetzlichen Quote<br />

(über 2%)<br />

+ Erstellung eines Gleichstellungs-berichts inkl. entsprechender<br />

Maßnahmen wie die gezielte Förderung von Frauen und<br />

Väterkarenz<br />

+ (F) Gender Budgeting (inkl. Offenlegung aller Gehälter/Löhne<br />

und Mitbestimmung aller MA bei den Gehältern);<br />

Gleichbehandlungs-Beauftragte (1 Pers. bis zu/auf 25 MA)<br />

+ 50 % Frauenanteil in Führungspositionen; Gezielte<br />

Weiterentwicklung und Weiterbildung der FK (2 Tage p.a./p.p.)<br />

+ Aufnahme von Personen o. Kooperationen zur Unterstützung;<br />

Erfüllung der gesetzlichen Quote (= keine Ausgleichszahlungen)<br />

+ Schulungen im Umgang mit spezifischen Bedürfnissen;<br />

Übererfüllung der gesetzlichen Quote; Kooperationen mit NGO’s<br />

mit aktiven Projekten.<br />

+ Schaffung von zusätzlichen Möglichkeiten der Aufnahme von<br />

MA, spez. Programme für benacht. Gruppen, inhärenter<br />

Bestandteil der Unternehmensstrategie<br />

Trifft die Ausprägung nicht auf die jeweilige Branche/Unternehmensgröße zu, bitte alle<br />

wesentlichen Maßnahmen sowie den Vergleich zur eigenen Branche im GWÖ-Bericht<br />

anführen.<br />

Bei der Erstellung des GWÖ-Berichtes sollte insbesondere bei diesem Indikator die Mit-<br />

Arbeiter mit-einbezogen werden (Selbsteinschätzung der Mitarbeiter zu diesen Kriterien).<br />

LITERATUR + LINKS<br />

Allgemein zum Thema<br />

Auslaufmodell Menschenwürde; Heiner Bielefeldt (Herder)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Humanisierung_des_Arbeitslebens<br />

Gleichstellung<br />

http://personalwesen.univie.ac.at/frauenfoerderung-und-gleichstellung<br />

http://www.wien.gv.at/menschen/gendermainstreaming/beispiele/budgeting.html<br />

Gesundheitsförderung<br />

http://www.gesundheitsfoerderung.ch/<br />

Best-practises Gesundheitsförderung EU<br />

Inklusion Benachteiligter<br />

http://www.bik-online.info<br />

http://www.arbeitundbehinderung.at/de/best-practice/index.php<br />

Redakteurin: Christine Amon c.amon@green-field.at<br />

20


C2 GERECHTE VERTEILUNG DER ERWERBSARBEIT<br />

HINTERGRUND<br />

Erwerbsarbeit ist ein wertvolles Gut und ein wichtiges Element gesellschaftlicher Teilhabe.<br />

Dennoch arbeiten derzeit die einen zu viel („leben um zu arbeiten“) und die anderen gar nicht<br />

(„arbeitslos“). In Österreich werden jährlich 330 Millionen Überstunden geleistet, das sind 8,2<br />

Überstunden pro Woche je Überstunden leistender Person. Würden die Überstunden in<br />

zusätzliche Arbeitsplätze umgewandelt, könnten dadurch 200.000 Vollzeitarbeitsplätze<br />

geschaffen werden. 7<br />

Laut Umfragen wünschen sich Menschen in ganz Europa für die Erwerbsarbeit pro Woche<br />

nur 26 - 39 Wochenstunden aufzuwenden. 8<br />

Aus ökologischer Sicht ist problematisch, dass die Nichtverkürzung der Arbeitszeit bei weiter<br />

steigender Produktivität zu weiterem Wirtschaftswachstum führt. Wächst die Wirtschaft<br />

einmal nicht mehr und steigt aber die Produktivität weiter an, muss logischerweise die<br />

Arbeitszeit verkürzt werden, damit die Arbeitslosigkeit nicht ansteigt. Gegenwärtig wird der<br />

„systemische Wachstumszwang“ unter anderem mit der Notwendigkeit von Wachstum zur<br />

Schaffung von Arbeitsplätzen gerechtfertigt.<br />

ZIEL<br />

Alle Unternehmen sorgen gemeinsam dafür, dass alle Menschen einen gerechten Anteil am<br />

Erwerbsarbeitskuchen bekommen – niemand zu wenig und niemand zu viel.<br />

DEFINITION<br />

Unternehmen bauen sukzessive Überstunden ab und danach sogar „Unterstunden“ auf: Sie<br />

nehmen eine weitere Verkürzung der gesetzlichen Regelarbeitszeit vorweg.<br />

7<br />

8<br />

Wolfgang Mazal/Institut für Familienforschung, Der Standard, 11. Juni 2011.<br />

Gleichstellung. Eltern in der Traditionalisierungsfalle. In: Böckler Impuls. 03/2011. Abrufbar im Internet.<br />

URL: http://www.boeckler.de/pdf/impuls_2011_03_4-5.pdf Stand:24.02.2012.<br />

21


ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Kategorie<br />

Erste Schritte<br />

(0-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Senkung der<br />

Normalarbeitszeit<br />

(75%)<br />

Reduktion von<br />

Verträgen mit<br />

Überstundenpauschale<br />

um 50%;<br />

im Jahresschnitt<br />

maximal 10<br />

Überstunden pro<br />

BeschäftigteR/Monat<br />

Reduktion von<br />

Verträgen mit<br />

Überstundenpauscha<br />

le um 75%;<br />

im Jahresschnitt<br />

maximal 5<br />

Überstunden pro<br />

BeschäftigteR/Monat<br />

Keine Verträge mit<br />

Überstundenpauscha<br />

le mehr;<br />

keine Überstunden<br />

im Jahresschnitt je<br />

BeschäftigteR<br />

Die durchschnittliche<br />

Arbeitszeit ist um<br />

10% niedriger als die<br />

Branchenarbeitszeit<br />

oder maximal 38,5<br />

Stunden<br />

Erhöhung des<br />

Anteils der Teilzeit-<br />

Arbeitsmodelle (bei<br />

voller Bezahlung)<br />

Erste<br />

Neueinstellungen<br />

aufgrund des Abbaus<br />

von Überstunden;<br />

Neueinstellungen<br />

äquivalent zum<br />

Abbau von Abbau<br />

von Überstunden;<br />

Neueinstellungen<br />

äquivalent zum<br />

Abbau von Abbau<br />

von Überstunden;<br />

Neueinstellungen<br />

aufgrund allgemeiner<br />

Arbeitszeitverkürzung<br />

;<br />

(25%)<br />

bis 10% der MitarbeiterInnen<br />

können<br />

Teilzeit in Anspruch<br />

nehmen<br />

bis 25% der MitarbeiterInnen<br />

können<br />

Teilzeit in Anspruch<br />

nehmen<br />

bis 50% der MitarbeiterInnen<br />

können<br />

Teilzeit in Anspruch<br />

nehmen<br />

mehr als 50% der<br />

MitarbeiterInnen<br />

können Teilzeit in<br />

Anspruch nehmen<br />

HILFEN FÜR DIE UMSETZUNG<br />

Einbindung der Beschäftigten-VertreterInnen in die Organisation der Arbeitszeit.<br />

BEST PRACTISE / LITERATUR / LINKS / EXPTEREN<br />

Frigga Haug: Die Vier-in-einem-Perspektive: http://www.vier-in-einem.de/<br />

http://www.friggahaug.inkrit.de/documents/DA291_fh.pdf<br />

Wirt, Anna: Gesundheitliche und soziale Auswirkungen langer Arbeitszeiten. Bundesanstalt<br />

für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dortmund 2010. Abrufbar im Internt. URL:<br />

http://www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/Gd59.pdf;jsessionid=B737F2202A66E0<br />

1C5616230FC8A861E7.1_cid253?__blob=publicationFile&v=4.<br />

Redakteur: Christian Felber (Mitarbeit: Dominik Sennes): info@christian-felber.at<br />

22


C3 FORDERUNG UND FÖRDERUNG ÖKOLOGISCHEN<br />

VERHALTENS DER MITARBEITERINNEN<br />

HINTERGRUND<br />

Westlichen Staaten wird tendenziell ein hohes Umweltbewusstsein unterstellt. Das<br />

tatsächliche ökologische Verhalten europäischer Durchschnittsbürger 9 steht diesem<br />

diametral gegenüber. Für einen Paradigmenwechsel hin zu einer ökologisch nachhaltigen<br />

Gesellschaft sind neben einem fundierten Bewusstsein über wesentliche ökologische<br />

Einflussfaktoren (z.B.: Ernährungsgewohnheiten, Mobilität) auch berufliche<br />

Rahmenbedingungen notwendig, die ein tatsächliches ökologisches Verhalten ermöglichen.<br />

ZIEL<br />

Zielsetzung eines gemeinwohlorientierten Unternehmens ist es das ökologische Bewusstsein<br />

zu forcieren bzw. ökologisches Verhalten im Betrieb zu ermöglichen.<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Die Beurteilung des Indikators erfolgt hinsichtlich mehrerer Aspekte. Neben spezifischen<br />

Themenfelder, welche durch einen hohen ökologischen Impact gekennzeichnet sind,<br />

(Ernährung am Arbeitsplatz 10 ; Wegstrecke zum Arbeitsplatz) soll auch der Umgang und<br />

Integration auf Organisationsebene (Weiterbildung & Awareness, Organisationskultur)<br />

beurteilt werden.<br />

9<br />

10<br />

gemessen am ökologischen Fußabdruck, siehe Plattform Footprint: http://www.footprint.at<br />

In etwa ein Drittel des durchschnittlichen ökologischen Fußabdruckes ist auf Nahrungsmittel<br />

zurückzuführen. Eine Vegetarische Ernährung (3x wöchentlich Milch und Milchprodukte) hat einen im Vergleich<br />

zu derzeitigen Ernährungsgewohnheiten (5 x wöchentlich Fleisch, Milch und Milchprodukte) um 2/3 niedrigeren<br />

ökologischen Fußabdruck, eine vegane Ernährung in etwa um ¾. Eine ökologische Wende ist ohne Veränderung<br />

der Ernährungsgewohnheiten äußerst unwahrscheinlich. Auch bei nicht vorhandener Betriebsküche können<br />

positive Anreizfaktoren gesetzt werden (z.B.: Kooperation mit bio-vegetarischen Lokalen, etc.).<br />

23


Kategorie<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Betriebsküche /<br />

Ernährung während<br />

der Arbeitszeit<br />

Erste Ansätze zur<br />

Förderung<br />

nachhaltiger<br />

Ernährungsmuster<br />

(z.B.: Angebot einer<br />

Vegetarische Option)<br />

Klares Bekenntnis im<br />

Unternehmen zu<br />

nachhaltige<br />

Ernährungsgewohnheiten<br />

(deutlich reduzierter<br />

Konsum tierischer<br />

Produkte)<br />

Ernährung<br />

mehrheitlich<br />

vegetarisch-vegan<br />

+ Lebensmittel<br />

vorwiegend lokal,<br />

saisonal und<br />

biologisch<br />

Ernährung großteils<br />

vegetarisch-vegan<br />

+ Lebensmittel<br />

vorwiegend lokal,<br />

saisonal und<br />

biologisch<br />

Mobilität zum<br />

Arbeitsplatz:<br />

Anreizsysteme /<br />

tatsächliches<br />

Verhalten<br />

Erste Ansätze zu<br />

einer nachhaltigen<br />

Mobilitätspolitik (z.B.:<br />

Finanzielle<br />

Anreizsysteme für<br />

die Benutzung<br />

ÖPNV; festgelegte<br />

Dienstwagenpolitik:<<br />

130 g CO² / km)<br />

Konsequente<br />

nachhaltige<br />

Mobilitätspolitik:<br />

(z.B.: wenn keine<br />

ÖPNV verfügbar:<br />

Aktives Car Sharing<br />

Angebot; Mitarbeiter-<br />

Parkplätze nur für<br />

Car Sharing)<br />

Mehrheit der<br />

MitarbeiterInnen<br />

benutzen ÖPNV /<br />

Bus / Zug / Rad / Car<br />

Sharing<br />

Nahezu alle<br />

MitarbeiterInnen<br />

benutzen ÖPNV /<br />

Rad / Car Sharing<br />

Organisationskultur,<br />

Awareness<br />

und<br />

unternehmensinter<br />

ne Prozesse<br />

Punktuelle<br />

Thematisierung<br />

ökologischer Aspekte<br />

(z.B.: Newsletter,<br />

etc.)<br />

Geschäftsführung<br />

„lebt“ ökologisches<br />

Verhalten vor (z.B.:<br />

kein<br />

prestigeträchtiger<br />

Dienstwagen)<br />

Punktuelle<br />

Integration<br />

ökologischer Aspekte<br />

in<br />

Weiterbildungsprogra<br />

mme<br />

Mitarbeiter werden in<br />

ökologische Belange<br />

einbezogen<br />

(regelmäßige<br />

Thematisierung, Info-<br />

Veranstaltungen,<br />

etc.)<br />

Regelmäßige<br />

Integration<br />

ökologischer Aspekte<br />

in<br />

Weiterbildungsprogra<br />

mme<br />

Mitarbeiter werden<br />

regelmäßig in ökol.<br />

Entscheidungsproze<br />

sse einbezogen<br />

Awarenessprogramme<br />

für jedeN<br />

MitarbeiterIn (z.B.:<br />

Regelmäßige<br />

Erhebung zum /<br />

Thematisierung des<br />

ökologischen<br />

Verhaltens;<br />

Footprint-<br />

Workshops)<br />

Innovative Ansätze:<br />

z.b.: „grüne<br />

Sozialleistungen“<br />

Ökologischer<br />

Fußabdruck der<br />

Mitarbeiter (EPU /<br />

< 5 ha / MitarbeiterIn < 4 ha / MitarbeiterIn < 3 ha / MitarbeiterIn<br />

KMU) 11<br />

< 1,8 ha /<br />

MitarbeiterIn<br />

UMSETZUNG<br />

Im Handbuch finden Sie einige für die Umsetzung hilfreiche Hintergrundinformationen.<br />

RedakteurIn: Christian Loy: christian.loy@gmx.at<br />

11<br />

Für EPU und KMU kann die Berechnung der Teilbereiche Ernährung und Mobilität des ökologischen<br />

Fußabdruckes, wenngleich dieser auf Privatpersonen ausgelegt ist, als Annäherung für das tatsächlich<br />

ökologische Verhalten in diesen Sparten dienen. Rechner für den ökologischen Fußabdruck: http://www.meinfussabdruck.at<br />

24


C4 GERECHTE EINKOMMENSVERTEILUNG<br />

HINTERGRUND<br />

Die Einkommensschere geht immer weiter auf. In Österreich beträgt die<br />

Einkommensspreizung zwischen dem Höchst- und Mindesteinkommen 1:800, in<br />

Deutschland 1: 5000 und in den USA das 350.000-fache des dortigen gesetzlichen<br />

Mindestlohnes. 12 Auch innerbetrieblich geht die Schere immer weiter auf: Im Jahr 2008<br />

betrug die durchschnittliche Vorstandsvergütung in einem ATX-Unternehmen das 48-fache<br />

des durchschnittlichen Bruttobezugs eines Beschäftigten dieser Unternehmen. 13 Mit Leistung<br />

oder Verantwortung haben diese Unterschiede nichts mehr zu tun.<br />

Zahlreiche sozialmedizinische Studien belegen, dass Gesellschaften umso kränker,<br />

unsicherer und krimineller werden, je größer die Ungleichheit ist. 14 Während Wertschöpfung<br />

und BIP kräftig gewachsen sind, stagnieren in Deutschland und Österreich die<br />

durchschnittlichen Nettoeinkommen. 15<br />

Außerdem gehen die gleiche politischen Teilhabe- und Mitgestaltungsmöglichkeiten aller<br />

verloren, wenn die einen das Vieltausendfache der anderen verdienen.<br />

Umfragen zufolge empfinden rund 90% der Menschen in Österreich, Deutschland oder<br />

Großbritannien die gegenwärtige soziale Ungleichheit als zu groß. 16<br />

ZIEL<br />

Eine gerechte Einkommensverteilung gemessen an Leistung (= gleiche Anstrengung pro<br />

Arbeitszeit), Verantwortung und Bedarf soll belohnt werden.<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Belohnt wird a) die Absenkung der innerbetrieblichen Einkommensspreizung (50%), b) die<br />

Einhaltung eines Mindestlohnes von 1.250 Euro oder einem den regionalen<br />

Rahmenbedingungen entsprechenenden Äquivalent (25%) und c) eines Höchsteinkommens<br />

von 12.500 Euro: dem zehnfachen des vorgeschlagenen Mindestlohnes (25%).<br />

12<br />

13<br />

Felber, Christian: „<strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong>“, Neuausgabe, Deuticke, Wien 2012.<br />

Wieser, Christina, Oberrauter, Markus: Vorstandsvergütung und Ausschüttungspolitik der ATX<br />

Unternehmen 2008. Studie der AK Wien 2009, S. 1. Abrufbar im Internet:<br />

http://www.arbeiterkammer.at/bilder/d96/StudieATX.pdf. Stand: 07. 2. 2012.<br />

14<br />

Wilkinson, Richard / Pickett, Kate: „Gleichheit ist Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser<br />

sind“, Tolkemitt Verlag, Berlin 2009.<br />

15<br />

Brenke, Karl, Grabka, Markus M.: Schwache Lohnentwicklung im letzten Jahrzehnt. In: DIW<br />

Wochenbericht. Reallöhne 2000–2010: Ein Jahrzehnt ohne Zuwachs. Bericht 45/2011, S. 3-15. Abrufbar im<br />

Internet. URL: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.388565.de/11-45.pdf. Stand:<br />

07.02.2012.<br />

16<br />

Hinz, Thomas / Liebig, Stefan, et al.: „Bericht zur Studie. Einkommensgerechtigkeit in Deutschland“,<br />

2010, S. 5. Abrufbar im Internet. URL: http://www.uni-bielefeld.de/soz/personen/liebig/pdf/Studie-<br />

Einkommensgerechtigkeit-2010.pdf. Stand:14.02.2012.<br />

25


Im Hinblick auf die Einkommensverteilung sind unter Einkommen nur jene Geld-und<br />

Sachwertflüsse zu verstehen, die zu einem endgültigen Abfluss beim Unternehmen und<br />

einem Zufluss in der Privatsphäre des Mitarbeiters führen.<br />

Gezählt werden dabei alle Einkommensbestandteile: fixe und variable Entlohnung, Zulagen,<br />

Boni, Gewinnausschüttungen. Die Einhaltung von Höchst- und Mindest-Nettoeinkommen<br />

werden zusätzlich in den Negativ-Kriterien berücksichtigt.<br />

Kategorie<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Innerbetriebliche<br />

Einkommensspreizung<br />

(40%)<br />

innerbetriebliche<br />

Einkommensspreizung<br />

beträgt<br />

max. 1:10<br />

innerbetriebliche<br />

Einkommensspreizung<br />

beträgt<br />

max. 1:7<br />

innerbetriebliche<br />

Einkommensspreizung<br />

beträgt<br />

max. 1:5<br />

innerbetriebliche<br />

Einkommensspreizung<br />

beträgt<br />

max. 1:3<br />

Institutionalisierung<br />

(10%)<br />

Transparenz der<br />

niedrigsten und<br />

höchsten<br />

Einkommen<br />

Living Wages 17 an<br />

allen Standorten<br />

Zielsetzung<br />

Maximalspreizung,<br />

Mindest- und<br />

Höchstlöhne<br />

Umsetzung aller<br />

Ziele inkl. GINI-<br />

Messung 18<br />

Mindsteinkommen<br />

(25%) Keine der Einkommen bei voller Arbeitszeit unterschreitet 1.250 Euro oder living wage<br />

Höchsteinkommen<br />

(25%)<br />

Kein Einkommen bei voller Arbeitszeit überschreitet das Zehnfache des landesüblichen<br />

Mindestlohnes<br />

HILFEN FÜR DIE UMSETZUNG<br />

Die Zahlen müssen nur in die Bilanz eingegeben werden sowie Ja/Nein bei den Fragen, ob<br />

Einkommen unter dem Mindesteinkommen oder über dem Höchsteinkommen liegen.<br />

FRAGEN<br />

Was ist der niedrigste bzw. höchste Lohn im Unternehmen?<br />

Gibt es ein transparentes Entgeltsystem?<br />

LITERATUR<br />

Richard Wilkinson / Kate Pickett: Gleichheit ist Glück: http://haffmanstolkemitt.de/programm/gleichheit-ist-gluck/<br />

und http://www.faz.net/artikel/C30405/richardwilkinson-und-kate-pickett-gleichheit-ist-glueck-es<br />

schwankt-das-fundament-des-gluecks-<br />

30083252.html<br />

Redakteure: Otto Galehr, Jan Hunnius, Dominik Sennes, Christian Felber:<br />

info@gemeinwohl-oekonomie.org;<br />

17<br />

Löhne/Gehälter, die einen menschenwürdigen Lebensstandard sichern, der alle wichtigen<br />

Grundbedüfnisse deckt: http://en.wikipedia.org/wiki/Living_wage<br />

18 Der Gini-Koeffizient ein statistisches Maß zur Darstellung von Ungleichverteilungen. Je höher der<br />

Gini-Koeffizient, desto ungleicher ist die Einkommensverteilung.<br />

26


C5 INNERBETRIEBLICHE DEMOKRATIE UND<br />

TRANSPARENZ<br />

HINTERGRUND<br />

Rechtlich gesehen leben wir in einer Demokratie, trotzdem sind die tatsächlichen<br />

Mitwirkungsmöglichkeiten der BürgerInnen über die Wahlentscheidungen hinaus entweder<br />

sehr begrenzt oder kaum bekannt. In der Wirtschaft kommen die demokratischen Prinzipien<br />

noch weniger zum Tragen. Die Führungskräfte entscheiden, während die MitarbeiterInnen<br />

nur sehr eingeschränkte Rechte zur betrieblichen Mitsprache und Mitbestimmung haben.<br />

Diese bestehen im Kern im Recht der ArbeitnehmerInnen sich gewerkschaftlich zu<br />

organisieren und einen Betriebsrat zu wählen, der die Interessen der Beschäftigten vor dem<br />

Arbeitgeber vertritt (repräsentative Mitbestimmung).<br />

Faktisch gleicht das System Wirtschaft einer Monarchie, in der jede Führungskraft<br />

unterschiedliche Formen der Mitbestimmung/Einflussnahme zulassen kann, aber nicht muss.<br />

Transparenz ist eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren eines demokratisch<br />

orientierten Unternehmens, ein partnerschaftliches Miteinander und mündige<br />

MitarbeiterInnen.<br />

Studien belegen, dass in wirklich demokratisch organisierten Unternehmen die<br />

MitarbeiterInnen zufriedener, engagierter, innovativer und produktiver als in traditionellen<br />

Organisationsstrukturen sind.<br />

ZIEL<br />

Ideal ist eine möglichst hohe Form der direkten MitarbeiterInnen-Mitbestimmung bei allen<br />

wesentlichen Entscheidungen und eine Legitimation der Führungskräfte mittels Wahl durch<br />

MitarbeiterInnen. Voraussetzung dafür ist eine umfassende Transparenz interner Aktivitäten<br />

und eine verbindliche Verankerung der innerbetrieblichen Demokratie.<br />

DEFINITION, ASPEKTE, PROBLEMATISCHES<br />

MitarbeiterInnenbeteiligung bedeutet, dass die Mit-ArbeiterInnen mit-entscheiden können<br />

und nicht nur informiert oder gehört werden, sondern auch eine Möglichkeit zur<br />

Einflussnahme besitzen. Qualitativ zu unterscheiden sind unterschiedliche Formen der<br />

demokratischen Mitbestimmung. Diese reichen von Mehrheits- bis hin zu konsensualen<br />

Entscheidungen.<br />

Leider ist das Feld der Wirtschaftsdemokratie kaum bekannt und wenig erforscht. Oftmals<br />

wird Demokratie mit Basisdemokratie gleichgesetzt, bei der alle MitarbeiterInnen bei allen<br />

Entscheidungen mitwirken und die Organisation so lähmen. Es gibt aber Mittel und Wege die<br />

MitarbeiterInnen demokratisch mit einzubinden und gleichzeitig produktiv den Unternehmenszweck<br />

zu erfüllen.<br />

27


Wir glauben, dass es mehrfach positive Effekte einer starken MitarbeiterInnenbeteiligung<br />

gibt 19 :<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Empowerment und dadurch höhere Motivation der MitarbeiterInnen<br />

Mehr Identifikation mit dem Unternehmen und folglich geringere Fluktuation<br />

Menschliches Korrektiv zu dem Shareholder-Value Ansatz<br />

Wandel der Unternehmenskultur in Richtung partnerschaftliche Aufgabenteilung<br />

Kreativere Lösungen, weil die Sichtweise aller Beteiligten gehört wird<br />

Engagiertere Mitarbeiter und bessere Ergebnisse.<br />

Wolfgang Georg Weber hat im Forschungsprojekt ODEM mit anderen Kollegen mehrere<br />

demokratische Organisationen untersucht und ist zu folgenden Ergebnissen gekommen: „Je<br />

demokratischer die Organisationsstrukturen in einem Unternehmen sind,<br />

− umso bereiter sind die Mitarbeiter/innen, hilfsbereit, solidarisch und gesellschaftlich<br />

verantwortlich zu handeln,<br />

− umso stärker tendiert das Ethikbewusstsein der Mitarbeiter/innen in Richtung<br />

humanistischer Wertorientierungen,<br />

− umso stärker ist deren Bereitschaft zu demokratischem und gesellschaftlichem<br />

Engagement,<br />

− umso stärker ist die gefühlsmäßige Bindung der Mitarbeiter/innen an den Betrieb.“ 20<br />

ABSTUFUNGEN/ MESSUNGEN:<br />

Kategorie<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Grad der Transparenz<br />

(10%)<br />

Erste Maßnahmen zu<br />

mehr Transparenz<br />

Einige kritische<br />

Daten transparent<br />

Wesentliche kritische<br />

Daten transparent<br />

Alle Daten transparent,<br />

für jeden Mitarbeiter<br />

abrufbar<br />

Legitimierung der<br />

Führungskräfte (FK)<br />

(20%)<br />

Anhörung/<br />

Konsultation bei<br />

Bestellung neuer FK<br />

Vetorecht bei der Bestellung<br />

neuer FK,<br />

Test: – 25% gewählt<br />

Mehr als 75%<br />

regelmäßig gewählt<br />

100% regelmäßig<br />

gewählt<br />

Mitbestimmung bei<br />

Operativen<br />

Grundsatz/ Rahmen<br />

Entscheidungen<br />

(30%)<br />

Anhörung/ Konsultation<br />

+ Begründung,<br />

Konzept demokrat.<br />

Mitbestimmung<br />

vorhanden<br />

Testphase, - 25% der<br />

Entscheidungen<br />

demokratisch,<br />

teilweise konsensual<br />

25-75% der<br />

demokratisch, davon<br />

mind. 25%<br />

konsensual<br />

76-100%<br />

demokratisch, davon<br />

mind. 50%<br />

konsensual<br />

Mitbestimmung bei<br />

Gewinnbeteiligung<br />

der Mitarbeiter (MA)<br />

(10%)<br />

Konzept für<br />

Gewinnbeteiligung<br />

der MA vorhanden +<br />

Testphase<br />

25% des Gewinns<br />

wird konsensual<br />

verteilt<br />

26-75% des Gewinns<br />

wird konsensual<br />

verteilt<br />

Der gesamte Gewinn<br />

wird konsensual<br />

verteilt<br />

Mit-Eigentum der<br />

MA/ unabhängige<br />

Stiftungen<br />

(30%)<br />

1-24% des Betriebes<br />

Eigentum bei MA<br />

Sperrminorität (ab<br />

25%)<br />

Überwiegend d.h. ><br />

50%<br />

Ganz, z.B.<br />

MitarbeiterInnen-<br />

Stiftung<br />

* Kritische Daten sind z.B. die Protokolle der Führungsgremien, Gehälter, Interne Kostenrechnung,<br />

Entscheidungen über Einstellungen/ Entlassungen<br />

19<br />

20<br />

Vgl. Wegge, Jürgen [u.a.]: Work Motivation, 2010, S.162ff.<br />

Weber, Wolfgang G. [u.a.]: Handeln, 2007, S.34/5<br />

28


Je nachdem wir weit die Implementierung der Soziokratie ist, können die Abstufungen wie<br />

folgt bewertet werden:<br />

Kategorie<br />

Beginnend<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Bsp. Soziokratie<br />

Pilotkreis Soziokratie<br />

Bis 100% Kreisstruktur<br />

Vollständige Kreisstruktur<br />

Soziokratie<br />

seit 2-3 Jahren<br />

Soziokratie ist<br />

rechtlich veranktert,<br />

institutionalisiert<br />

WEITERE EINZEL-MAßNAHMEN (DEMOKRATISCHE MITBESTIMMUNG)<br />

−<br />

Team wählt/ entscheidet über Einstellung der eigenen Führungskraft<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Anonyme Führungskräfte-Beurteilung, alle Ergebnisse sind online lesbar (z.B. Semco)<br />

Großgruppenmeeting für Strategie-Entscheidungen, die dann auch in der Großgruppe<br />

entschieden werden (eher in Richtung Basisdemokratie).<br />

Einzelne Methoden für Meeting/ Treffen, die auf hohe Mitarbeit/ Gleichwertigkeit Wert<br />

legen wie z.B. World-Cafe, Openspace, Dynamic facilitation.<br />

UNTERNEHMENSSPEZIFISCHE BESONDERHEITEN<br />

Je kleiner das Unternehmen, desto leichter lassen sich innerbetriebliche Transparenz und<br />

Demokratie leben. Deshalb ist es relativ leicht, die innerbetriebliche Demokratie bei<br />

Kleinstunternehmen umzusetzen.<br />

Innerbetriebliche Demokratie ist wesentlich mehr als die Mitbestimmung über den<br />

Betriebsrat. Es umfasst vor allem die Entscheidungen konkret im eigenen Team und für die<br />

tägliche Arbeit entweder als Grundsatz- und Rahmenentscheidungen oder konkrete<br />

operativen Entscheidungen.<br />

Der GWÖ-Bericht kann umfassend genug ausgefüllt 60-100% des Transparenzanteiles<br />

abdecken.<br />

BEST PRACTISES<br />

Soziokratie, Semco, Wagner Solar<br />

LITERATUR<br />

Fenton, Traci: The democratic Company. Four Organizations Transforming our Workplace<br />

and our World, 2002 (PDF)<br />

Ungericht, Bernhard-Mark: [Wirtschaft, 2011] Wirtschaft und Demokratie – eine Illusion.<br />

Vorlesungsskript, als PDF downloadbar<br />

Weber, Wolfgang G.: [Demokratie, 1999] Organisationale Demokratie. Anregungen für<br />

innovative Arbeitsformen jenseits bloßer Partizipation, als PDF downloadbar<br />

Wolfgang Weber G.: Wirtschaftsdemokratie von Unten (PPT)<br />

Redakteur: Christian Rüther chrisruether@gmail.com<br />

29


D1 ETHISCHES VERKAUFEN<br />

HINTERGRUND<br />

Oftmals gibt es einen deutlichen Widerspruch zwischen der gezeigten Kundenorientierung<br />

nach dem Prinzip „Der Kunde ist König!“ und der wirklichen Einstellung zum Kunden nach<br />

dem Prinzip „Der Kunde ist eine Kuh und gehört gemolken“. Gerade in Großkonzernen<br />

besteht die Gefahr, dass der Kunde immer wieder mit der Brille des Shareholder-Values<br />

betrachtet wird und lediglich als Mittel zum Zweck dient (mehr Gewinne zu machen). Ein<br />

weiteres Problem ist die „Kultur“ der Massenwerbung, die auf Manipulation und Weckung<br />

von nicht nachhalitgen Kaufimpulsen und Aufrechterhaltung von diskriminierenden<br />

Stereotypen zurückgreift.<br />

ZIEL<br />

Das Ziel bei diesem Indikator ist es, die KundInnen als gleichwertige PartnerInnen zu sehen,<br />

einen Kontakt auf Augenhöhe zu gestalten und das Wohlergehen und die Bedürfniserfüllung<br />

der KundInnen im Blick zu haben (im Gegensatz zur Steigerung der eigenen Verkäufe). Die<br />

optimale Bedürfnisbefriedigung basiert für uns auf den Werten der Suffizienz 21 und<br />

Sinnhaftigkeit, d.h. eine erfolgreiche Beratung kann auch in die Empfehlung münden, kein<br />

Produkt zu kaufen oder das Bedürfnis anders zu erfüllen. Es geht also auch um die Frage<br />

des Wozu: Wozu brauche ich wirklich ein Produkt und gibt es nicht andere Möglichkeiten,<br />

sinnerfüllt zu leben?<br />

Idealerweise werden die KundInnen in alle Prozesse rund um die Produktgestaltung<br />

eingebunden.<br />

21<br />

Suffizienz ist das Bemühen, möglichst wenig Rohstoffe zu verbrauchen und bedeutet z.B. auf<br />

persönlicher Ebene Enthaltsamkeit, Genügsamkeit und nachhaltige Produktnutzung: Brauche ich ein neues<br />

Produkt? Brauche ich es wirklich? Reicht das alte oder ein gebrauchtes Produkt aus? Oder kann ich meine<br />

Bedürfnisse auch anders erfüllen? Dabei sind Bedürfnisse ident mit Werten wie z.B. Wertschätzung,<br />

Verlässlichkeit etc. (vgl. E1).<br />

30


ABSTUFUNGEN UND MESSUNGEN<br />

Für alle Unternehmen gültig:<br />

Kategorie (je 20%)<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Institutionalisierung<br />

(Verankerung im<br />

Unternehmen)<br />

Erstes<br />

Grundkonzept +<br />

Testphase<br />

Umfassende Strategie,<br />

Gesamtausrichtung,<br />

Richtlinien vorhanden<br />

Umsetzung der<br />

Strategie zu 100%,<br />

Richtlinien werden<br />

sanktioniert<br />

Mehrjährige Praxis<br />

und<br />

Weiterentwicklung<br />

Umfang Ethisch.<br />

Marketing<br />

Grundkonzept und<br />

Testphase<br />

Mehr als 10% des<br />

Marketing Budgets<br />

Mehr als 25% des<br />

Marketing Budgets<br />

Mehr als 50% des<br />

Marketing Budgets<br />

Schulungen für<br />

Ethisch. Verkauf/<br />

Marketing<br />

Info-Veranstaltung<br />

für alle<br />

MitarbeiterInnen<br />

Mind. 2 Tage für >50%<br />

der Beteiligten<br />

Jeder Verkäufer hat<br />

mind. 2 Tage<br />

Schulung<br />

Jeder Verkäufer > 2<br />

Tage Schulung, regelmäß.<br />

Supervision<br />

Alternative zu<br />

Provisionszahlg.<br />

Verkauf/Marketing<br />

Grundkonzept und<br />

Testphase<br />

Grundgehalt unabhängig<br />

vom Verkaufszahlen<br />

+ alternative Kennzahlen<br />

z.B. Kundenzufriedenheit<br />

Länger als drei Jahre<br />

praktiziert<br />

Umfang der<br />

KundInnen-Mitbestimmung,<br />

z.B.<br />

KundInnenbeirat/<br />

gemeinsame<br />

Produktentwicklg<br />

Erste Maßnahmen<br />

zum Beirat<br />

angedacht, +<br />

Pilotprojekte<br />

gemeinsame<br />

Produktentwicklg<br />

Beirat vorhanden,<br />

Transparenz der<br />

Ergebnisse + bis 25%<br />

der Produkte<br />

gemeinsame<br />

Produktentwicklung<br />

Beirat = Umsetzung<br />

der Empfehlungen bis<br />

50% + bis 50%<br />

gemeinsame<br />

Produktentwicklung<br />

Beirat Umsetzung bis<br />

75%, mind.<br />

monatliche Treffen +<br />

bis 75% gemeinsame<br />

Produktentwicklung<br />

Nur für Unternehmen mit Waren im Einzelhandel/ für Endverbraucher:<br />

Kategorie (je 10%) Erste Schritte Fortgeschritten Erfahren Vorbildlich<br />

Produkttransparenz<br />

*<br />

Produkttransparenz<br />

über dem<br />

Branchendurchschnitt<br />

Produkttransparenz weit<br />

über dem Branchendurchschnitt<br />

Umfassend, nach<br />

einheitlichen<br />

Branchen Standards<br />

+ Verknüpfung GWÖ-<br />

Bericht<br />

Über mehrere Jahre<br />

hinweg erfolgt<br />

Zusammenarbeit<br />

mit Verbraucherschutz<br />

Vereinzelte<br />

Gespräche<br />

Regelmäßige Gespräche,<br />

Beauftragter vorhanden<br />

+ aktive und konstruktive<br />

Zusammenarbeit<br />

Über mehrere Jahre<br />

hinweg erfolgt<br />

Reklamationswes<br />

en + unabhängige<br />

Beschwstelle +<br />

positive Service-<br />

Maßnahmen<br />

Passiv:<br />

Erste Konzepte +<br />

Testphase, mind.<br />

Hotline<br />

Aktiv:<br />

Beschwerdestelle<br />

vorhanden, einfaches<br />

Reklameprocedere,<br />

umfassende Servicemaß.<br />

Proaktiv:<br />

+ Sanktionsmaßnahmen<br />

bei<br />

Beschwerden + transparentes<br />

Reporting<br />

Über mehrere Jahre<br />

hinweg vorhanden<br />

* Damit sind Angaben über Inhaltstoffe, Schadstoffe, Gefahren und Benutzerhinweise nach den höchsten<br />

verfügbaren Standards gemeint.<br />

31


UNTERNEHMENSSPEZIFISCHE BESONDERHEITEN<br />

Die letzten drei Kriterien gelten nur für Unternehmen, die Produkte über den Einzelhandel an<br />

EndverbraucherInnen anbieten. Dann gelten die oberen fünf Kriterien jeweils 14% (5x14=<br />

70%), die andere drei jeweils 10%.<br />

Die ersten fünf Kriterien dürften für alle Angebote (Produkte/Dienstleistungen) und alle<br />

möglichen Kunden (Businesskunden/Endverbraucher) jeweils mit Modifikationen gültig sein.<br />

Der KundInnenbeirat gilt vor allem für Unternehmen mit Produkten für Endverbraucher,<br />

während die gemeinsame Produktgestaltung auch schon bei Kleinstunternehmen bedeutsam<br />

werden kann (und in der Regel zum Normalfall gehört).<br />

Werden mehr als 75% der Produkte gemeinsam entwickelt, gibt es hauptsächlich<br />

Empfehlungsmarketing und Werbung über Homepage, Infoveranstaltungen sowie geringen<br />

Printmedieneinsatz, dann können Kleinstunternehmen schon nah an die Stufe „Vorbildlich“<br />

herankommen.<br />

Die Kriterien, die für das eigene Unternehmen nicht zutreffen, einfach aus der Bewertung<br />

streichen.<br />

BEST PRACTISE<br />

Kundenorientierung: Zappos und Southwest Airlines (SWA)<br />

KundInnenmitbestimmung: SMUD<br />

LITERATUR<br />

Dietl, Claudia: [Ethisch, 2010] Ethisch handeln – Erfolgreich verkaufen. Mit Mut zu neuen<br />

Verkaufsstrategien, Acabus, 2010.<br />

Gaffney, Steven: [Honesty, 2009] Honesty sells. How to make more money and increase<br />

business profits, Ney Jersey: Hohn Wiley & Sons, 2009.<br />

Kotler, Philip/ Kartajaya, Haermanawan/ Setiwan, Iwan: [Dimension, 2010] Die neue<br />

Dimension des Marketings. Vom Kunden zum Menschen, Frankfurt a.M./ New York: Campus<br />

Verlg, 2010.<br />

Morgen, Sharon Drew: [Integrity, 1999] Selling with integrity. Reinventing Sales through<br />

collaboration, respect, and serving, Ney York: Berkley books, 1999.<br />

Prahalad, C.K.: [Zukunft, 2003] Die Zukunft des Wettbewerbs. Einzigartige Werte mit dem<br />

Kunden gemeinsam schaffen, Wien: Linde, 2003<br />

Rupprecht, Susanne/ Parlow, Georg: Ethisches Marketing. Nachhaltige Strategien für Kleinund<br />

Mikro-Unternehmen, Wien: Festland-Verlag, 2008.<br />

Redakteur: Christian Rüther: chrisruether@gmail.com<br />

32


D2 SOLIDARITÄT MIT MITUNTERNEHMEN<br />

HINTERGRUND<br />

Konkurrenz führe zu mehr Leistung, Effizienz, Innovation und Wohlstand, so das<br />

herrschende Verständnis. Zahlreiche Studien bestätigen das Gegenteil: Das Gegeneinander<br />

ist weniger effizient als ein Miteinander. 87% von fast 500 ausgewerteten Studien belegen,<br />

Kooperation motiviert Menschen stärker und führt zu höheren Leistungen als Konkurrenz (s.<br />

Buchtipp 1).<br />

Die stärksten Motive im Rahmen der Kooperation sind Wertschätzung, Anerkennung und<br />

das Gelingen von Beziehungen; in Rahmen der Konkurrenz ist das stärkste Motiv die Angst<br />

(s. Buchtipp 1 und 2).<br />

ZIEL<br />

Unternehmen sollen für kooperatives und solidarisches Verhalten belohnt werden. Aus<br />

ruinöser Konkurrenz soll eine Lern- und Solidargemeinschaft der Unternehmen werden.<br />

ABSTUFUNGEN UND MESSUNGEN<br />

Belohnt werden:<br />

a) kooperatives Marketing, z. B. Aufbau eines gemeinsamen Produktinformationssystems<br />

b) die Offenlegung relevanter Information (z. B. Kostenkalkulation, Zulieferquellen)<br />

c) die Weitergabe von Know-How (Open Source-Prinzip)<br />

d) die Überlassung von Arbeitskräften bei schwacher Auftragslage<br />

e) die Weiterreichung von Aufträgen<br />

f) die Unterstützung mit kostenlosen Krediten<br />

g) die Beteiligung an einer kooperativen Krisenbewältigung (Branchentisch): Bricht der Markt<br />

ein (Nachfragerückgang) oder treten plötzlich mehrere neue AnbieterInnen auf<br />

(Angebotsschwemme), reagieren Unternehmen heute mit einer Verschärfung des<br />

Wettbewerbs; in Zukunft könnten sie sich am Branchentisch versammeln und gemeinsam<br />

nach Lösungen suchen wie zum Beispiel: a) Reduktion der Arbeitszeit aller, b) Abbau<br />

einzelner Arbeitsplätze bei allen, c) solidarische Umschulung eines Teils der Beschäftigten,<br />

d) solidarische Spezialisierung eines Betriebes, e) unterstützte Schließung eines Betriebes<br />

33


Kategorie<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Offenlegung von<br />

Informationen +<br />

Weitergabe von<br />

Technologie (25%)<br />

Offenlegung<br />

finanzieller und<br />

technischer<br />

Information<br />

Umfassende<br />

Offenlegung von<br />

Kostenkalkulation,<br />

Bezugsquellen<br />

und Technologie<br />

Zusätzlich:<br />

Kostenlose<br />

Weitergabe<br />

einzelner<br />

Technologien<br />

vollständige<br />

Transparenz und<br />

Open source-Prinzip<br />

Weitergabe von<br />

Arbeitskräften,<br />

Aufträgen, ...<br />

kooperative<br />

Marktteilnahme<br />

(50%)<br />

Kooperation nur<br />

auf Anfrage<br />

Kooperation in<br />

Randbereichen<br />

des Geschäfts<br />

Kooperation im<br />

gesamten<br />

Geschäftsbereich<br />

+ Beteiligung an<br />

kooperativer<br />

Marktteilnahme<br />

Kooperatives<br />

Marketing (25%)<br />

Verzicht auf<br />

Schlechtmachung<br />

der Konkurrenz<br />

Verzicht auf<br />

massenmediale<br />

Werbung (TV,<br />

Radio, Plakate)<br />

Mitaufbau eines<br />

gemeinsamen<br />

Produktinformation<br />

ssystem (PIS)<br />

Mittragen der<br />

Brancheninitiative für<br />

ethisch-kooperatives<br />

Marketing<br />

HILFE FÜR UMSETZUNG<br />

Kooperationsbeauftragter. SpezialistIn für Solidarische <strong>Ökonomie</strong>.<br />

BEST PRACTISE/LITERATUR/LINKS/EXPTEREN<br />

Buchtipp 1: Alfie Kohn: „No Contest. The Case against Competition. Why we lose in our race<br />

to win“, Houghton Mifflin Company, Boston/New York.<br />

Buchtipp 2: Joachim Bauer: “Das Prinzip Menschlichkeit”, Hoffmann und Campe, Hamburg.<br />

Solidarische <strong>Ökonomie</strong>: http://de.wikipedia.org/wiki/Solidarische_%C3%96konomie<br />

Multi-Kooperative Mondragón: http://www.mondragon-corporation.com<br />

Redakteur: Christian Felber: info@christian-felber.at<br />

34


D3 ÖKOLOGISCHE GESTALTUNG DER<br />

PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN<br />

HINTERGRUND<br />

Die derzeit global angebotenen und nachgefragten Produkte und Dienstleistungen<br />

übersteigen die vorhandenen Ressourcen sowie die ökologische Tragkraft und<br />

Regenerierbarkeit der Erde. Bisher auf Effizienz und Teilaspekte (z.B.: Einsatz<br />

nachwachsender Rohstoffe) abzielende Maßnahmen zeigen bisher nur kosmetische Effekte,<br />

welche unter anderem auf den sogenannten Rebound-Effekt 22 zurückzuführen sind. Die<br />

notwendige Trendwende im Sinne einer massiven und absoluten Reduktion des<br />

Ressourcenverbrauchs, von Emissionen und Rückständen findet nicht statt. Eine reine<br />

„Ökologisierung“ des gegenwärtig konsumierten Ausmaßes an Gütern und Dienstleistungen<br />

alleine würde das Problem des globalen Überkonsums nicht lösen. Ein Wandel hin zu einer<br />

ökologisch tragfähigen Wirtschaft muss auch in der KundInnensphäre liegenden Aspekte im<br />

Sinne einer maß- und sinnvollen Nutzung (siehe auch E1) sowie eine absolute Reduktion der<br />

konsumierten Gütern mit einschließen.<br />

ZIEL<br />

„Es gibt zumindest ein Quartett von Bedingungen der ökologischen Nachhaltigkeit zu<br />

beachten: Konsistenz- Effizienz - Suffizienz und Resilienz. Unter Konsistenz-Bedingung<br />

wird die Notwendigkeit verstanden, alle (wirtschaftlichen) Tätigkeiten so zu gestalten, dass<br />

sie sich mittelfristig in natürliche Kreisläufe einfügen können, also ungiftig, erneuerbar,<br />

abbaubar,… sind. (Kreislaufwirtschaft, Cyclonomy oder das „cradle to cradle-Konzept“ (C2C)<br />

konzentrieren sich auf diese Aspekte.). Unter Effizienz-Bedingung wird die Notwendigkeit<br />

verstanden, Energie, Material, Flächen (und Geld-Mittel) effizient einzusetzen, d.h. möglichst<br />

viel Nutzung pro eingesetztem Gut zu erzielen, da diese begrenzt sind. Unter Suffizienz-<br />

Bedingung wird die Notwendigkeit verstanden, mit dem physisch Vorhandenen<br />

auszukommen. Dies kann pro Haushalt, pro Nationalstaat, aber am sinnvollsten natürlich pro<br />

Planet betrachtet werden. Unter Resilienz–Bedingung wird die Notwendigkeit verstanden,<br />

das Puffervermögen unserer Systeme (natürliche wie technische oder wirtschaftliche) soweit<br />

zu festigen, dass die Systeme auch bei Störungen halbwegs stabil bleiben können. Zur<br />

Resilienz der Ökosysteme tragen ganz entscheidend Artenvielfalt, Boden- und<br />

Wasserqualität bei. Auch bei technischen und wirtschaftlichen Systemen ist Vielfalt ein<br />

stabilisierender Faktor, ebenso wie Transparenz und der Grad der Beteiligung aller<br />

Betroffenen.“ (Plattform Footprint: Die vier Säulen - Zukunftsfähig statt nachhaltig!;<br />

http://www.footprint.at/index.php?id=8032)<br />

Das Produkt / Dienstleistungsportfolio eines Unternehmens sollte folglich diesen<br />

Anforderungen mit folgender grober Zielsetzung entsprechen: Unternehmen bieten im<br />

Branchenvergleich ökologisch hochwertige Produkte / Dienstleistungen an und ermöglichen<br />

22<br />

Madlener, R; Alcott, B. 2007: Steigerung der Effizienz: Problem oder Lösung; Energiewirtschaftliche<br />

Tagesfragen 57. Jg, Heft 10; http://www.blakealcott.org/pdf/et-problem-oder-loesung.pdf<br />

35


und fördern eine möglichst suffiziente, maßvolle Nutzung sowie sinnvolle Anwendung Ihrer<br />

Produkte und Dienstleistungen.<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Belohnt wird eine aktive Herangehensweise in Bezug auf alle drei Kriterien, wobei<br />

Unternehmens- und Branchenspezifika große Bedeutung auf die Relevanz der einzelnen<br />

Aspekte haben (siehe weiter unten).<br />

Hinsichtlich ökologischer Aspekte überdurchschnittliche Produkte / Dienstleistungen im<br />

Vergleich mit zu anderer MitwerberInnen bzw. alternativen Möglichkeiten vergleichbarer<br />

Bedürfnisbefriedigung (Effizienz, Konsistenz und Resilienz). Zu berücksichtigende Aspekte<br />

reichen von Ressourcen- und Energieverbrauch, der Vermeidung kritischer Substanzen,<br />

Rezyklierbarkeit und Schließung von Produktions-Stoffkreisläufen, etc.<br />

aktive Gestaltung der Rahmenbedingungen für suffiziente Konsummuster (Suffizienz):<br />

Hierunter fallen Aspekte welche eine suffiziente Bedürfnisbefriedigung in den Vordergrund<br />

rücken (Verlängerung der Produktnutzung, Forcierung gemeinschaftliche Produktnutzung,<br />

Integration der Kunden in Re- und Upcycling-Prozesse, Vermeidung kritischer<br />

Einsatzgebiete der Produkte und Dienstleistungen). Produkte / Dienstleistungen, die in den<br />

Absatzmärkten des Unternehmens durch eine Übernutzung charakterisiert sind (z.B.: fossile<br />

Energieträger, tierische Produkte) können demnach nur eine sehr geringe Beurteilung<br />

bekommen. Umgekehrt sind Produkte und Dienstleistungen, denen eine suffiziente Nutzung<br />

inhärent sind positiv zu beurteilen (z.B.: Geschäftsmodelle, welche auf gemeinschaftlicher<br />

Nutzung, Re- und Upcycling und ähnlichem basieren)<br />

Aktive Kommunikation ökologischer Aspekte: Bewusstsein über ökologische Aspekte von<br />

Produkten und Dienstleistungen den KundInnen gegenüber ist gegenwärtig schwach<br />

ausgeprägt. Eine aktive die KundInnen miteinbeziehende Kommunikationspolitik kann einen<br />

kulturellen Wandel zusätzlich stimulieren.<br />

Je nach Branche können hierbei unterschiedliche Aspekte in ihrer Gewichtung von<br />

Bedeutung sein: Bei Produkten beispielsweise die Reduktion der ökologischen<br />

Auswirkungen in der Herstellung und Nutzung (Energieverbrauch, Emissionen) oder die<br />

Erhöhung der Lebensdauer durch langlebige Konstruktionen sowie umfassende<br />

Reparaturdienstleistungen. Dienstleister verfügen, wenngleich durch einen geringeren<br />

direkten Ressourcenverbrauch gekennzeichnet, über ein großes ökologisches<br />

Gestaltungspotential. Bei einer Bank beispielsweise über das „was“ finanziert wird, bei einem<br />

Unternehmensberater darüber „wer“ in „welchen inhaltlichen Fragestellungen“ beraten wird,<br />

bei Weiterbildungsprogrammen und Veranstaltungen etwa über die Mobilitätsauswirkungen<br />

der TeilnehmerInnen oder die konkreten Bildungsinhalte. Zukünftig gilt es die relativ vage<br />

umschriebenen Messkriterien auf Branchen- und Produktebene näher zu definieren:<br />

36


Kriterien<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

EFFIZIENZ &<br />

KONSISTENZ:<br />

Produkte /<br />

Dienstleistungen<br />

sind im ökol.<br />

Vergleich zu<br />

MitwerberInnen<br />

bzw. Alternativen<br />

mit vergleichbarem<br />

Nutzen<br />

(40-70%)<br />

sind durch einen im<br />

Vergleich<br />

geringeren<br />

ökologischen<br />

Fußabdruck bzw.<br />

durch erste Ansätze<br />

einer überdurchschnittlichen,<br />

ökologische<br />

Gestaltung<br />

gekennzeichnet<br />

Das Unternehmen<br />

verfügt über eine<br />

klare,<br />

nachvollziehbare<br />

Strategie und<br />

erkennbare<br />

Maßnahmen zur<br />

Ökologisierung der<br />

Produkte /<br />

Dienstleistungen<br />

P / D weit über<br />

Branchendurchschnitt<br />

(z.B.:<br />

BAT = Best<br />

Available<br />

Technology; )<br />

P / D<br />

branchenführend<br />

(z.B.: Cradle-to-<br />

Cradle)<br />

SUFFIZIENZ: Aktive<br />

Gestaltung für eine<br />

ökol. Nutzung und<br />

suffizientem<br />

Konsum<br />

(20-40%)<br />

Das Unternehmen<br />

setzt sich mit nichtsuffizienten<br />

/<br />

potentiell<br />

schädlichen<br />

Anwendungsgebiete<br />

n seiner P / D 23 aktiv<br />

auseinander (z.B.:<br />

interne Analyse der<br />

eigenen Produkte /<br />

Dienstleistungen)<br />

Produkte sind nicht<br />

widersprüchlich zu<br />

einem suffizienten<br />

Lebensstil<br />

Erste Maßnahmen<br />

für suffiziente<br />

Lebensstile<br />

(Anwendung von<br />

Ausschlusskriterien,<br />

P/D für ökologisch<br />

orientierte<br />

Absatzmärkte)<br />

Das Unternehmen<br />

fördert eine<br />

nachhaltige Nutzung<br />

aktiv durch bessere<br />

Konditionen und<br />

Services (z.B.:<br />

(Preisvorteile,<br />

Anreizsysteme,<br />

längere<br />

Gewährleistung,<br />

kostengünstige<br />

Reparatur)<br />

Umfassende<br />

Förderung eines<br />

ökologisch<br />

suffizienten<br />

Kundenverhaltens:<br />

(Preisvorteile &<br />

Anreiz-systeme;<br />

Reparatur,<br />

Wiederverwendung<br />

und<br />

gemeinschaftliche<br />

Nutzung<br />

wesentlicher<br />

Bestandteil des<br />

Geschäftsmodells)<br />

KOMMUNIKATION<br />

Aktive<br />

Kommunikation<br />

ökologischer<br />

Aspekte den<br />

KundInnen<br />

gegenüber (10%-<br />

20%)<br />

Das Unternehmen<br />

weist aktiv auf<br />

höherwertige<br />

Alternativen (auch<br />

bei MitwerberInnen)<br />

hin<br />

Explizite und<br />

umfassende<br />

Informationen über<br />

die ökologischen<br />

und Lebensstil-<br />

Aspekte der P / D<br />

hin<br />

Von Kunden wird<br />

aktiv -Feedback zu<br />

ökologischen und<br />

Lebensstil-Aspekten<br />

eingeholt (z.B.:<br />

Nutzungsverhalten,<br />

Verbesserungspotentiale,<br />

etc. )<br />

Ökologische und<br />

Lebensstil-Aspekte<br />

wesentlicher Inhalt<br />

der KundInnenbeziehungen<br />

UMSETZUNG<br />

Siehe Handbuch<br />

Redakteur: Christian Loy: christian.loy@gmx.at<br />

23<br />

P / D = Produkte und Dienstleistungen<br />

37


D4 SOZIALE GESTALTUNG DER PRODUKTE UND<br />

DIENSTLEISTUNGEN<br />

HINTERGRUND<br />

Dieser Indikator zielt in erster Linie auf die Wahrnehmung sozialer Verantwortung von in der<br />

KundInnensphäre liegenden Aspekten ab. Hierunter fällt sowohl die Herabsetzung von<br />

Hindernissen für benachteiligte VerbraucherInnen als auch die Verantwortungsübernahme<br />

für ethische / soziale Standards.<br />

ZIEL<br />

Unternehmen berücksichtigen bei der Gestaltung ihrer Produkte und Dienstleistungen die<br />

Bedürfnisse benachteiligter KundInnen. Dies kann über unterschiedliche Maßnahmen<br />

erfolgen: soziale Preisstaffelung, besondere Produktgestaltung, barrierefreien Zugang zu<br />

Produkten/Dienstleistungen/Information/Beratung, aber auch auf die Bedürfnisse<br />

benachteiligter KundInnen angepasste Produkte und Dienstleistungen. Darüber hinaus setzt<br />

sich das Unternehmen aktiv mit potentiell kritischen, ethischen Aspekten in der<br />

KundInnensphäre auseinander und versucht diese effektive zu vermeiden.<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Im Rahmen dieses Indikators werden mehrere Themenfelder getrennt voneinander bewertet:<br />

a) Die Berücksichtigung ökonomischer Barrieren in der Kundensphäre: Neben<br />

einkommensschwache Haushalte fallen hierunter auch ökonomischen Limitierungen<br />

unterworfenen Unternehmungen (z.B.: NGOs, Bildungseinrichtung, Universitäten,<br />

Gesundheits- und Sozialwesen, etc.). b) Der barrierefreier Zugang zu bzw. Gestaltung von<br />

Produkten und Dienstleistungen sowie c) Prozesse / Maßnahmen bezüglich ethischer<br />

Risiken und sozialer Aspekte in der Kundensphäre: Neben potentiell problematischen<br />

Geschäftsbeziehungen zu kritischen Branchen 24 und Unternehmen 25 bzw. den Umgang mit<br />

kritischen Anwendungsbereichen (Gesundheitsrisiken, Suchtpotential, Schuldenfalle,<br />

missbräuchliche Nutzung, etc.)<br />

24<br />

25<br />

z.B.: Rüstung, Atomkraft, Suchtmittel, Prostitution, Gentechnik, etc.<br />

Menschenrechtsverletzungen, Korruption, pol. Einflussnahme, massive Umweltverschmutzung, etc.<br />

38


Kriterium<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Berücksichtigung<br />

ökonomischer<br />

Barrieren in der<br />

Kundensphäre<br />

(B2C: 30-40%;<br />

B2B: 5-40%)<br />

Das Unternehmen<br />

bietet einkommensschwachen<br />

Kunden<br />

gelegentlich P/D zu<br />

günstigere<br />

Konditionen an<br />

(betrifft mind. 1%<br />

der Umsätze / des<br />

Produktionsoutput).<br />

Das Angebot ist<br />

transparent<br />

dargestellt (z.B.: auf<br />

der Webseite)<br />

Das Unternehmen<br />

bietet einkommensschwachen<br />

Kundinnengruppen<br />

gelegentlich P/D zu<br />

günstigere<br />

Konditionen an<br />

(betrifft 3-5% der<br />

Umsätze / des<br />

Produktionsoutputs)<br />

KundInnengruppen<br />

werden aktiv<br />

angesprochen<br />

Regelmäßige und<br />

umfangreiche<br />

soziale<br />

Preisstaffelung<br />

(betrifft 5-10% der<br />

Umsätze / des<br />

Produktionsoutputs)<br />

Etablierte,<br />

ausgeprägte soziale<br />

Preisstaffelung<br />

(betrifft >10% der<br />

Umsätze / des<br />

Produktionsoutput)><br />

Barrierefreier<br />

Zugang zu und<br />

Gestaltung von<br />

Produkten und<br />

Dienstleistungen;<br />

4 Dimensionen:<br />

physisch, visuell,<br />

sprachlich,<br />

intellektuell (B2C:<br />

40-60%; B2B: 5-<br />

40%)<br />

Barrierefreier<br />

Zugang in einer der<br />

vier Dimensionen<br />

sichergestellt (z.B.:<br />

Alle wesentlichen<br />

Standorte / Produkte<br />

/ Dienstleistungen<br />

physisch<br />

barrierefrei)<br />

Barrierefreier<br />

Zugang in zwei der<br />

vier Dimensionen<br />

sichergestellt (z.B.:<br />

+ Sicherstellung des<br />

Informationszugang<br />

e bei reduziertem<br />

Seh- und<br />

Hörvermögen)<br />

Benachteiligte<br />

KundInnengruppen<br />

werden aktiv<br />

angesprochen<br />

Das Unternehmen<br />

stellt einen<br />

barrierefreien<br />

Zugang in drei der<br />

vier Dimensionen<br />

sicher<br />

(z.B.: + Information /<br />

Beratung ist in den<br />

Sprachen von<br />

Minderheiten /<br />

MigrantInnengruppe<br />

n verfügbar )<br />

Das Unternehmen<br />

stellt einen<br />

barrierefreien<br />

Zugang in drei der<br />

vier Dimensionen<br />

sicher (z.B.: +<br />

Wesentliche<br />

Informationen sind<br />

in einer Easy-2-<br />

Read Version<br />

verfügbar)<br />

Prozesse und<br />

Maßnahmen<br />

bezüglich<br />

ethischer Risiken<br />

und sozialer<br />

Aspekte in der<br />

Kundensphäre<br />

(B2C: 10-30%;<br />

B2B: 30-50%)<br />

Keine<br />

Geschäftsbeziehung<br />

en mit ethisch<br />

kritischen<br />

Unternehmen<br />

Regelmäßige<br />

Evaluierung<br />

potentiell kritischer<br />

Aspekte in der<br />

KundenInnen-<br />

Sphäre<br />

Durchführung erster<br />

Maßnahmen<br />

Reduzierte Risken<br />

der P/D im Vergleich<br />

zu<br />

Alternativprodukten<br />

Ausformuliertes<br />

Konzept, Strategie<br />

und etablierte<br />

Maßnahmen zur<br />

Adressierung<br />

potentiell kritischer<br />

Aspekte in der<br />

KundInnen-Sphäre<br />

(z.B.: Integration<br />

von Experten)<br />

Umfassende<br />

Auseinandersetzung<br />

mit sozialen<br />

Aspekten in den<br />

KundInnenbeziehun<br />

g (z.B.:<br />

Institutionalisierte<br />

Überprüfung über<br />

die Wirksamkeit der<br />

Maßnahmen)<br />

UMSETZUNG<br />

Siehe Handbuch<br />

Redakteure: Christian Loy, Christoph Spahn: spahn@christophspahn.de<br />

39


D5 ERHÖHUNG DES SOZIALEN UND ÖKOLOGISCHEN<br />

BRANCHENSTANDARDS<br />

HINTERGRUND<br />

Obwohl es derzeit nicht wenige ordnungspolitische Standards für soziale Sicherheit,<br />

Nachhaltigkeit oder Offenlegung der Lobbying-Aktivitäten gibt, verschlechtern sich global<br />

viele soziale und ökologische Probleme. Viele Faktoren erschweren eine Umsetzung höherer<br />

sozialer und ökologischer Branchenstandards, wobei meist die Wettbewerbsfähigkeit des<br />

Standortes (im Falle lokaler, nationaler oder supranationaler Regulierungen) bzw.<br />

ökonomische Restriktionen bei Unternehmen (im Falle von Branchenstandards) eine<br />

wesentliche Rolle spielen. Die freiwillige Anhebung von ökologischen oder sozialen<br />

Standards führt in der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung oftmals zu einem<br />

Wettbewerbsnachteil.<br />

ZIEL<br />

Ziel ist, dass Unternehmen einer Branche bezüglich der für sie relevanten sozialen und<br />

ökologischen Aspekte kooperieren, innovative Lösungen finden bzw. bereits bestehenden<br />

Initiativen (z.B.: Label, freiwillige Branchenstandards) beitreten und diesbezügliche<br />

Informationen transparent anderen MitwerberInnen zugänglich machen, um hiermit zu einer<br />

Erhöhung der Standards beizutragen. Auf politischer Ebene setzen sie sich – mit ihrer Größe<br />

und ihrem politischen Gewicht entsprechenden Maßnahmen - öffentlich und transparent für<br />

strengere gesetzliche Rahmenbedingungen ein.<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Drei unterschiedliche Ansätze finden hinsichtlich der Erhöhung der sozialen und<br />

ökologischen Branchenstandards Berücksichtigung: Die Zielerreichung kann über<br />

Kooperationen mit MitwerberInnen und Wertschöpfungspartnern sowie die aktive,<br />

transparente Partizipation am politischen Prozess und die Offenlegung aller Lobbying-<br />

Aktivitäten erfolgen. Initiativen zur Erhöhung der Branchenstandards sind sowohl hinsichtlich<br />

ihrer unternehmensinternen Reichweite als auch ihrer inhaltlichen Qualität zu beurteilen.<br />

Reichweite ist hierbei im Sinne des Umsatz-, Produktions- oder Leistungsanteils der<br />

Produkte und Dienstleistungen, für welche die höheren Standards tatsächlich gelten, zu<br />

verstehen. Hinsichtlich der inhaltlichen Qualität geht es um Breite und Tiefe beinhaltenden<br />

Aspekte – handelt es sich nur um einzelne soziale bzw. ökologische Randaspekte der<br />

Branche oder werden mehrere, branchenrelevante Risiken durch die Standarderhöhung<br />

adressiert.<br />

40


Kriterium<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Kooperation mit<br />

MitwerberInnen und<br />

Partner der<br />

Wertschöpfungsket<br />

te (20%-40%)<br />

Erste Pilotprojekte<br />

zur gemeinsamen<br />

Entwicklung höherer<br />

Standards mit<br />

Marktpartnern (z.B.:<br />

F&E-Kooperation)<br />

Aktive<br />

Kommunikation<br />

höherer Standards<br />

nach Außen (z.B.:<br />

Webseite)<br />

Regelmäßige,<br />

etablierte<br />

Mechanismen zur<br />

gemeinsamen<br />

Entwicklung höherer<br />

Standards<br />

Höhere Standards<br />

wesentlichen<br />

Bestandteil der<br />

Kommunikationspoliti<br />

k des Unternehmen<br />

Selbstverpflichtung<br />

auf Branchenebene<br />

Sicherstellung und<br />

Überprüfbarkeit der<br />

höheren Standards<br />

(z.B.: externe Audits<br />

und unabhängige<br />

Kontrollen;<br />

Kooperation mit<br />

NGOs)<br />

Aktiver Beitrag zur<br />

Erhöhung<br />

legislativer<br />

Standards (5%-20%)<br />

Transparente<br />

Offenlegung der<br />

politischen Aktivitäten<br />

Kein Widerstand<br />

gegen höhere soziale<br />

und ökologische<br />

legislative Standards<br />

Brancheninternes<br />

Engagement für<br />

höhere legislative<br />

Standards<br />

(z.B.: im Kooperation<br />

mit<br />

Branchenvertretung)<br />

Über die Branche<br />

hinausgehendes<br />

Engagement für<br />

höhere legislative<br />

Standards<br />

(z.B.: Kooperation mit<br />

NGOs)<br />

Transparente,<br />

wesentliche<br />

Berührungsgruppen<br />

inkludierender<br />

Lobbying-Prozess<br />

(z.B.: Ausformulierte<br />

Gesetzesinitiativen,)<br />

Reichweite,<br />

inhaltliche Breite<br />

und Tiefe (40%-<br />

60%)<br />

Ein sozial oder<br />

ökologischer<br />

Randaspekt betroffen<br />

Ein wesentlicher<br />

sozial oder<br />

ökologischer Aspekt<br />

betroffen<br />

Tatsächliche<br />

Umsetzung höherer<br />

Standards betrifft ><br />

25% des Umsatzes<br />

Mehrere, wesentliche<br />

sozial oder<br />

ökologische Aspekte<br />

betroffen<br />

Tatsächliche<br />

Umsetzung höherer<br />

Standards > 50%<br />

Alle wesentlichen<br />

sozialökologischen<br />

Aspekte<br />

Erhöhung der<br />

Branchenstandards<br />

ist inhärenter<br />

Bestandteil der<br />

Unternehmenspositionierung<br />

(><br />

90%)<br />

Redakteure: Christoph Spahn, Christian Loy: christian.loy@gmx.at<br />

41


E1 SINN UND GESELLSCHAFTLICHE WIRKUNG DER<br />

PRODUKTE / DIENSTLEISTUNGEN<br />

HINTERGRUND<br />

Produkte und Dienstleistungen stiften bis dato primär für Kunden und Kundinnen Nutzen. Bei<br />

Betrachtung des Gesamtsystems unseres Planeten kann eine reine Nachfragebefriedigung<br />

nicht Ziel gemeinwohlorientierter Unternehmen sein. Es gilt die gesellschaftliche Wirkung<br />

sowie die Sinnhaftigkeit der Produkte und Dienstleistungen zu bewerten. Neben der<br />

allgemeinen Frage, welches Grundbedürfnis das Produktportfolio direkt und indirekt<br />

befriedigt, ist darüber hinaus die Natur-, Sozial- und Kulturverträglichkeit zu berücksichtigen.<br />

Die heutigen Konsummuster sind unter dem Aspekt limitierter Ressourcen, sozialer globaler<br />

Gerechtigkeit und ökologischer Folgewirkungen zu betrachten. Neben dem<br />

grundsätzlichen Produktsinn kommt hierbei der sinnvollen und der maßvollen Nutzung<br />

(Suffizienz) eine wesentliche Bedeutung zu.<br />

ZIEL<br />

Zielsetzung der <strong>Gemeinwohl</strong>ökonomie ist es, dass global nur noch das produziert wird, was<br />

die Menschen wirklich benötigen und das auf so ökologisch schonende Weise wie möglich.<br />

Unternehmen sollen Impulse erhalten, sinnvolle und sozial wie ökologisch schonende<br />

Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten. Zweck der <strong>Gemeinwohl</strong>-<br />

Unternehmen ist es, sämtliche Mitglieder der Gesellschaft mit dem rechten Maß an<br />

nützlichen, d.h. für ein physisch und psychisch gesundes und suffizientes Leben nötigen<br />

Produkten und Dienstleistungen zu versorgen und diese so sozial und ökologisch wie<br />

möglich zu erzeugen.<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Um der Komplexität dieses Indikators gerecht zu werden, gilt es die Produkte und<br />

Dienstleistungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten:<br />

−<br />

−<br />

Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse: Der Sinn eines Produktes oder einer<br />

Dienstleistung kann darin erkannt werden, ob ein P/D zur Deckung menschlicher<br />

Grundbedürfnisse dient und in welcher Form Nutzen gestiftet wird. Max-Neef’s Human-<br />

Scale-Development-Ansatz26 gibt Hilfestellung zur Messung von neun<br />

Grundbedürfnissen des Menschen sowie zur Klassifizierung unterschiedliche Arten von<br />

Nutzen (Details siehe Handbuchbeitrag zu E1).<br />

Indirekte Bedürfnisbefriedigung im B2B-Bereich: eine an sich sinnvolle Dienstleistung<br />

kann sowohl einem <strong>Gemeinwohl</strong> orientierten als auch für eine/n das <strong>Gemeinwohl</strong><br />

verletzenden Kunden/in erbracht werden. Hier sind die direkte und eine indirekte<br />

Bedürfnisbefriedigung zu unterscheiden. Einerseits befriedigen Anbieter direkt ein<br />

Bedürfnis bei seinen AbnehmerInnen, andererseits tragen diese indirekt zur Leistung<br />

des Unternehmens und damit indirekt zur Wirkung dessen<br />

Produkt/Dienstleistungsportfolios bei.<br />

26<br />

Human Scale Development: Conception, application and further reflections – Manfred A. Max-Neef<br />

http://www.max-neef.cl/download/Max-neef_Human_Scale_development.pdf<br />

42


−<br />

−<br />

−<br />

Die gesellschaftliche Wirkung der Produkte und Dienstleistungen kann speziell bewertet<br />

werden durch den sozialen (Sozial- und Kulturverträglichkeit) und ökologischen<br />

Vergleich (Naturverträglichkeit, Suffizienz, Genügsamkeit) zu Alternativen mit<br />

ähnlichem Endnutzen. Beispielsweise ist ein Auto nicht nur im Vergleich zu anderen<br />

Autos zu sehen, sondern mit sämtlichen Alternativen hinsichtlich Mobilität (Zug, Bus,<br />

Bahn, etc.). Betrachtet wird hierbei der gesamte Lebenszyklus / die gesamte<br />

Wertschöpfungskette „vom Rohstoff bis zur Entsorgung bzw. Wiederverwertung“ sowie<br />

die soziale und kulturelle Wirkung des Produkts. Hierbei verweisen wir auch auf die<br />

andere Indikatoren A1, D3 und D4.<br />

Sozial- und Kulturverträglichkeit: Neben den sozialen Effekten über den gesamten<br />

Lebenszyklus geht es um eine Betrachtung der Produkte und Dienstleistungen<br />

hinsichtlich Einsatzbereich, Gesundheitswirkung, Suchtgefahr oder nutzungsfremde<br />

Statusfunktion.<br />

Naturverträglichkeit, Suffizienz, Genügsamkeit: Derzeitige westliche Konsummuster,<br />

speziell „welche Produkte und Dienstleistungen wir in welchem Ausmaß“ konsumieren,<br />

sind aus ökologischer Sicht (Klimawandel, Ressourcenknappheit, ökologischer<br />

Fußabdruck, etc.) sowie aus sozialer Sicht (globale Gerechtigkeit) nicht zukunftsfähig<br />

(siehe auch D3 Ökologische Produktgestaltung). Viele Produkte und Dienstleistungen<br />

entfalten erst durch die gegenwärtige Nutzungsintensität ihre destruktive Kraft (z.B.<br />

fossile Energieträger, tierische Nahrungsmittel).<br />

43


Kriterien<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Unternehmensinterne<br />

Prozesse<br />

Evaluierung der<br />

direkten und<br />

indirekten Wirkung<br />

der P/D<br />

Konzept und<br />

Strategie zur<br />

Reduktion negativer<br />

Produktwirkungen<br />

Institutionalisierte<br />

Überprüfung der<br />

Wirksamkeit der<br />

Maßnahmen<br />

Regelmäßige<br />

Berichterstattung über<br />

die gesellschaftliche<br />

Wirkung der P/D<br />

Welche positiven Nutzen<br />

oder negative<br />

Folgewirkungen<br />

entstehen direkt oder<br />

indirekt durch unsere<br />

P/D?<br />

Mehrheitlich positive<br />

Wirkungen unserer<br />

Produkte auf<br />

KundInnen<br />

Keine primäre<br />

Statusfunktion,<br />

Ersatzbefriedigung<br />

oder Suchtwirkung.<br />

Mehrheitlich positive<br />

Produktwirkungen<br />

und aktive<br />

Bearbeitung<br />

möglicher negativer<br />

Folgen.<br />

Ausschließlich<br />

positive<br />

Produktwirkungen.<br />

P/D befriedigt<br />

Grundbedürfnisse und<br />

löst wesentliche<br />

gesellschaftliche<br />

Probleme, z.B. Armut,<br />

Gesundheit, Bildung<br />

Kulturverträglichkeit:<br />

Wie sind soziale<br />

Aspekte im<br />

Wertschöpfungsprozess<br />

im Vergleich zu<br />

Alternativen mit<br />

ähnlichem Endnutzen zu<br />

beurteilen? (Siehe<br />

soziale Aspekte bei A1<br />

sowie D4)<br />

Punktuelle Ansätze<br />

über<br />

Branchendurchschnitt<br />

Hinsichtlich sozialen<br />

Aspekte<br />

überdurchschnittlich<br />

e, P/D<br />

Hinsichtlich<br />

sozialer Aspekte<br />

wesentlich besser<br />

als Branchendurchschnitt<br />

Im Vergleich zu<br />

Alternativen sozial<br />

hochwertigste P/D<br />

Naturverträglichkeit,<br />

Suffizienz /<br />

Genügsamkeit:<br />

Wie sind ökologische<br />

Aspekte unserer P/D im<br />

Vergleich zu P/D mit<br />

ähnlichen Endnutzen zu<br />

beurteilen? (siehe D3)<br />

Punktuelle Ansätze<br />

über<br />

Branchendurchschnitt<br />

Hinsichtlich<br />

ökologischer<br />

Aspekte<br />

überdurchschnittlich<br />

e, P/D<br />

Hinsichtlich<br />

ökologischer<br />

Aspekte wesentlich<br />

besser als<br />

Branchendurchschnitt<br />

Im Vergleich zu<br />

Alternativen<br />

ökologisch<br />

hochwertigste P/D<br />

HILFEN FÜR DIE UMSETZUNG<br />

Für eine systematische Auseinandersetzung können tiefer gehende Fragestellungen den<br />

Diskurs im Unternehmen unterstützen. (siehe Handbuchbeitrag E1)<br />

RedakteurInnen: Angela Drosg-Plöckinger: a.drosg@mehrwerte.at , Christian Loy<br />

44


E2 BEITRAG ZUM GEMEINWESEN<br />

HINTERGRUND<br />

Der Begriff „Unternehmensbürgerschaft“ beschreibt das aktive Engagement des<br />

Unternehmens als Bürger für das Gemeinwesen. Ähnlich wie ein normaler Bürger sich<br />

ehrenamtlich engagieren kann, kann auch eine Organisation einen (nicht profitorientierten)<br />

Beitrag für die Gesellschaft leisten.<br />

ZIEL<br />

Jedes Unternehmen soll seine gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und im<br />

Rahmen seiner Möglichkeiten einen angemessen Beitrag leisten um gesellschaftliche<br />

Defizite auszugleichen und/oder die Fähigkeiten der Gesellschaft insgesamt zu heben.<br />

Neben den von den Unternehmen erbrachten Leistungen soll in verstärktem Ausmaß auch<br />

die Wirkung dieser Maßnahmen (der „gesellschaftliche Footprint“) bewertet werden.<br />

DEFINITION<br />

Der Beitrag zum Gemeinwesen beruht auf einer freiwilligen Leistung, die vorwiegend der<br />

Allgemeinheit zugute kommt, auch wenn ein gewisser Eigennutzen des Unternehmens damit<br />

verbunden sein kann. Es handelt sich dabei aber z.B. nicht um Sponsoring von Profi-Sport<br />

oder Großveranstaltungen, die Trennlinien sind allerdings nicht immer leicht zu ziehen.<br />

Leistungen sind z.B.<br />

− finanzielle Mittel, insbesondere Geldspenden, zinslose oder zinsgünstige Kredite oder<br />

Einzahlungen an Stiftungen oder Förderpreise<br />

− Arbeitsleistungen oder die Zurverfügungstellung von materiellen Ressourcen<br />

− Bereitstellung immateriellen Vermögens wie Wissen (Beratung, Schulung,<br />

Qualifizierung) oder die Zurverfügungstellung von Kontakten und Einfluss<br />

Wirkungen sind z.B.<br />

− die Verbesserung individuellen Wohlbefindens, der Gesundheit und<br />

Beschäftigungsfähigkeit, Lösung gesellschaftlicher Probleme (siehe z.B.: UN Human<br />

Development Goals)<br />

− die Reduktion sozialer Kosten, die z.B. als Folge wirtschaftlicher Tätigkeit entstehen<br />

(z.B. Kosten durch Rehabilitationsmaßnahmen, Beseitigung ökologischer Schäden)<br />

− die Steigerung der Leistungsfähigkeit gesellschaftlicher Einrichtungen oder die<br />

bessere Verfügbarkeit kollektiver Güter wie Raum, Kapital oder Wissen für die<br />

Allgemeinheit<br />

Zusätzlich werden dabei das Wirkungsspektrum der Maßnahmen und die zeitliche Wirkung<br />

bewertet.<br />

Zusatzfaktoren können die Bewertung nach oben oder unten korrigieren, diese sind z.B.<br />

− die Ausgewogenheit zwischen den faktischen Möglichkeiten des Unternehmens und<br />

den tatsächlich erbrachten Leistungen<br />

− die „Stimmigkeit“ der angestrebten Wirkungen mit der Gesamtstrategie und den<br />

wirtschaftlichen Aktivitäten des Unternehmens<br />

− die Übernahme konkreter Verantwortung und die Nachhaltigkeit des Engagement<br />

45


BANDBREITE UND MESSUNG<br />

Kategorie<br />

Anteil<br />

Erste Schritte<br />

(0-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Leistungen<br />

27 70% 0-0,5% 0,5-1,5 1,5-2,5 % > 2,5%<br />

Wirkungen 30%<br />

+/-<br />

20%<br />

Zusatzfaktor<br />

(maximal)<br />

28<br />

Vereinzelt spürbare<br />

Wirkungen mit<br />

vorwiegendem<br />

Symptomcharakter<br />

Vereinzelte<br />

Maßnahmen, nicht<br />

institutionalisiert,<br />

geringe<br />

Verantwortungsübernahme<br />

Vertiefte Wirkungen ohne<br />

Nachhaltigkeit oder erste<br />

breitenwirksame<br />

Maßnahmen<br />

Regelmäßig einzelne<br />

Maßnahmen, erste<br />

Strategie erkennbar,<br />

Verantwortlichkeit<br />

erkennbar<br />

Vertiefte und<br />

nachhaltige Wirkung in<br />

einzelnen Feldern<br />

Umfassende Strategie,<br />

institutionalisierte<br />

Umsetzung,<br />

weitgehende<br />

Verantwortungsübernahme<br />

Nachhaltige<br />

Wirkung in<br />

mehreren Feldern<br />

dementsprechen<br />

de Praxis seit<br />

mind. drei Jahren<br />

Redakteur: Manfred Kofranek: manfred.kofranek@inode.at<br />

27 Geldwerter Umfang aller Maßnahmen (% vom Jahresumsatz bzw. der Jahresarbeitszeit)<br />

28 Additiv zum Gesamtergebnis aus Leistungen und Wirkungen, wobei insgesamt 100% nicht<br />

überschritten werden dürfen.<br />

46


E3 REDUKTION ÖKOLOGISCHER AUSWIRKUNGEN<br />

HINTERGRUND<br />

Sowohl auf globaler als auch regionaler Ebene haben gesellschaftliche Aktivitäten zu einer<br />

massiven Degradation und Störung der Ökosysteme beigetragen. 29 Für eine Transformation<br />

zu einer ökologisch nachhaltigen <strong>Ökonomie</strong> ist jede Branche und jedes Unternehmen<br />

gefordert zu einer signifikanten Reduktion der ökologischen Auswirkungen beizutragen. 30<br />

ZIEL<br />

Ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen a) setzt sich aktiv mit seinen ökologischen<br />

Auswirkungen auseinander, b) erhebt und dokumentiert seine direkten und indirekten<br />

Umweltauswirkungen - angemessen für der Unternehmensgröße und -aktivitäten und<br />

versucht c) seine Auswirkungen kontinuierlich zu reduzieren. Zielsetzung ist, dass die<br />

Unternehmensaktivitäten den vier Bedingungen der Effizienz, Konsistenz, Suffizienz und<br />

Resilienz entsprechen (siehe D3 – Ökologische Produktgestaltung).<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Für die Bewertung sind sowohl die absolute Umweltauswirkungen als auch die relative (im<br />

Branchenvergleich) zu beachten. Je nach Branche können sehr unterschiedliche Aspekte<br />

von Relevanz sein, weshalb zukünftig auf Branchenebene eine Präzisierung notwendig ist:<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Ressourcen: absoluter Materialeinsatz (Rohstoffe, Vorprodukte, Papier, etc.), Einsatz<br />

von Sekundärrohstoffe, Substitution durch ökologisch höherwertige Rohstoffe,<br />

Wasserverbrauch, Recycling und stoffliche Wiederverwendung, etc.<br />

Energie & Klima: Treibhausgas-Emissionen im Branchenvergleich; %-erneuerbarer<br />

Energieträger; Reduktion Energieverbrauch pro Mitarbeiter; Mobilitätsstatistiken<br />

Sonstige Emissionen in Luft, Wasser und Boden: SO²; NOx, VOC, PM, Schwermetalle,<br />

kanzerogene / mutagene / radioaktive Stoffe, Allergene, Dioxine, Furane, etc.<br />

Für die Beurteilung spielt der Branchenhintergrund eine wesentliche Rolle, eine Präzisierung<br />

erfolgt auf dieser Ebene. Für ein Unternehmen mit hohen ökologischen Auswirkungen (z.B.:<br />

Rohstoffexploration und -produktion) sind die Anforderungen sowohl hinsichtlich des<br />

Informationsbedarfs als auch die tatsächlichen Aktivitäten zur Reduktion weitaus<br />

anspruchsvoller zu sehen.<br />

29 Siehe u.a. das Millenium Ecosystem Assessment des UNEP (United Nations Environmental<br />

Program) - www.maweb.org/<br />

30 Z.B.: Verringerung der klimawirksamen Emissionen in Mitteleuropa um > 75% (vgl. Sondergutachten<br />

2009 des WBGU; www.wbgu.de), absolute Reduktion des Ressourcenverbrauches bzw. dessen<br />

Auswirkungen (vgl. UNEP 2011, Decoupling Natural Resource Use and Environmental Impacts from<br />

Economic Growth; www.unep.org), Vermeidung von Risiko-Stoffen (vgl. The International Chemical<br />

Secretariat; www.sinlist.org/), etc.<br />

47


Kriterien<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Absolute Auswirkungen:<br />

Für die Beurteilung der absoluten Auswirkungen gilt es<br />

noch ein geeignetes Indikatorenset zu erarbeiten (z.B.:<br />

ökologischer Fußabdruck für Unternehmen) 31<br />

Relative<br />

Auswirkungen: Im<br />

Branchenvergleich<br />

liegt das<br />

Unternehmen ...<br />

… hinsichtlich einiger<br />

ökol. Aspekte über<br />

dem Branchendurchschnitt<br />

… hinsichtlich<br />

einiger ökol. Aspekte<br />

über dem<br />

Branchendurchschnitt<br />

mit klar<br />

erkennbaren<br />

Maßnahmen zur<br />

Verbesserung<br />

… hinsichtlich<br />

wesentlicher ökol.<br />

Aspekte über dem<br />

Branchendurchschnitt<br />

mit klar<br />

erkennbaren<br />

Maßnahmen zur<br />

Verbesserung<br />

… hinsichtlich<br />

wesentlicher ökol.<br />

Aspekte weit über<br />

dem Durchschnitt<br />

(Innovationsführer,<br />

Branchenleader, etc.)<br />

Management und<br />

Strategie (mit<br />

zunehmender Größe<br />

von Relevanz, bei<br />

Branchen mit hohen<br />

ökol. Auswirkungen<br />

Grundvoraussetzung):<br />

Das<br />

Unternehmen …<br />

… setzt erste Schritte<br />

zur Identifikation der<br />

wesentlichen<br />

ökologischen<br />

Aspekte und Risiken<br />

(klare<br />

Verantwortlichkeiten,<br />

institutionalisierte<br />

Prozesse mit<br />

Unternehmensführung)<br />

+ … erhebt seinem<br />

Unternehmensgegen<br />

stand entsprechend<br />

Kennzahlen und<br />

verfügt über klare<br />

Strategien /<br />

Maßnahmen zu<br />

mehreren relevante<br />

Aspekte (z.B.: CO²-<br />

Footprint, Wasserund<br />

Ressourcenverbrauch,<br />

branchenspezifische<br />

Aspekte)<br />

+ … erhebt seinem<br />

Unternehmensgegen<br />

stand entsprechend<br />

Kennzahlen und<br />

verfügt über klare,<br />

ambitionierte<br />

Strategien / Maßnahmen<br />

zu allen<br />

relevanten Aspekten<br />

(z.B.: CO²-Footprint,<br />

Ressourcenverbrauch,<br />

branchenspezifische<br />

Aspekte)<br />

+ … verfügt über<br />

ambitionierte<br />

qualitative und<br />

quantitative Ziele und<br />

Strategien inkl.<br />

Fristen hinsichtlich<br />

wesentlicher<br />

Umweltaspekte<br />

UMSETZUNG<br />

„You can’t manage what you don’t measure.” Zu Evaluierung und Reduktion der<br />

ökologischen Auswirkungen des Unternehmens ist eine prozessorientierte<br />

Herangehensweise in Form eines an Größe und Branche angepassten<br />

Umweltmanagementsystems notwendig. Hier kann auf etablierte Standards zurückgegriffen<br />

werden. Nachfolgend eine Auflistung der wichtigsten Umweltmanagementsysteme:<br />

− ISO 14001: Information des ÖkoBusinessPlan Wien zu ISO14001 -<br />

http://www.wien.gv.at/umweltschutz/oekobusiness/modul-iso.html<br />

−<br />

−<br />

EMAS (eco-management and audit scheme): Informationen des österreichischen<br />

Lebensministeriums zu EMAS - http://www.emas.gv.at/article/articleview/52454/1/16769<br />

easyEMAS: ein auf die Bedürfnisse von KMUs zugeschnittenes, an EMAS orientiertes<br />

Umweltmanagement: www.emaseasy.eu<br />

Für EPUs und Kleinstunternehmen ohne klassische Produktionsprozesse (z.B.:<br />

Beratungsunternehmen) ist der Informationsbedarf geringer ausgeprägt, für eine Beurteilung<br />

sollten zumindest quantitative Angaben zum Energieverbrauch (Strom, Gas),<br />

Mobilitätsaufwand (ungefähre km / Verkehrsmittel) und Ressourcenverbrauch (z.B.: Papier,<br />

Wasser, etc. siehe E1) für eine Beurteilung vorliegen.<br />

Redakteur: Christian Loy: christian.loy@gmx.at<br />

31<br />

Auf EU-Ebene wird gegenwärtig an einem Handbuch zur Berechnung der ökologischen Auswirkungen<br />

von Organisationen gearbeitet. (Fertigstellung Herbst 2012):<br />

http://ec.europa.eu/environment/eussd/corporate_footprint.htm<br />

48


E4 MINIMIERUNG DER<br />

GEWINNAUSSCHÜTTUNG AN EXTERNE<br />

HINTERGRUND<br />

Einer der wichtigsten Gründe für die zunehmende Ungleichheit bei Einkommen ist, dass ein<br />

wachsender Anteil des Volkseinkommens aus (arbeitslosen) Kapitaleinkommen stammt und<br />

ein sinkender Anteil aus Arbeitseinkommen (Löhne, Gehälter). Da das Finanzvermögen in<br />

den Händen einer Minderheit konzentriert ist, bezieht diese Minderheit den Großteil aller<br />

Kapitaleinkommen. Die Mehrheit wird zu Gunsten der KapitalbesitzerInnen strukturell<br />

enteignet – über Zinsen, Dividenden und Kursgewinne.<br />

Langfristig ist eine Verzinsung des gesamten Finanzvermögens gar nicht möglich, weil<br />

dieses ein immer größeres Vielfaches der Wirtschaftsleistung (BIP) ausmacht und<br />

Finanzvermögen aber nur vermehrt werden kann, wenn es in die Wirtschaft investiert wird.<br />

ZIEL<br />

Einkommen sollen ausschließlich an Arbeitsleistungen gekoppelt werden. Kapitalbesitz soll<br />

nicht mehr zu einem Anspruch auf ein Einkommen führen.<br />

ABSTUFUNG & MESSUNG<br />

Belohnt wird der Rückgang der Gewinnausschüttung an „externe“ EigentümerInnen, die nicht<br />

im Unternehmen mitarbeiten gegen null.<br />

Kategorie<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbild<br />

(61-100%)<br />

Sinkende<br />

Dividendenausschüttung<br />

an<br />

Externe<br />

5-Jahresschnitt:<br />

Dividende nicht<br />

höher als<br />

Inflation plus 5%<br />

5-Jahresschnitt:<br />

Dividende nicht<br />

höher als Inflation<br />

plus 2,5%<br />

5-Jahresschnitt:<br />

Dividende nicht<br />

höher als Inflation<br />

Keine<br />

Gewinnausschüttung<br />

an externe<br />

EigentümerInnen<br />

HILFEN FÜR DIE UMSETZUNG<br />

Studium von Bürgerbeteiligungsmodellen wie der Regionalwert AG in Freiburg, der taz<br />

(tageszeitung), diverser Energiegenossenschaften oder des Projekts Demokratische Bank.<br />

49


BEST PRACTISE/LITERATUR/LINKS/EXPERTEN<br />

UNTERNEHMEN:<br />

Die in Gründung befindliche Demokratische Bank will „grundsätzlich keine Gewinne<br />

ausschütten“ (Auszug aus der Vision): http://www.demokratische-bank.at<br />

Die Regionalwert AG weist eine Fülle nichtmonetärer Gewinnaspekte aus:<br />

http://www.regionalwertag.de/index.php?option=com_content&view=article&id=15:gewinn&c<br />

atid=29:aktie&Itemid=15<br />

Düsselsolar: http://www.buefem.de/duessel-solar<br />

ZUM THEMA WACHSTUMSZWANG:<br />

De-growth-Bewegung: http://www.degrowth.net<br />

Casse: http://steadystate.org<br />

Redakteur: Christian Felber: info@christian-felber.at<br />

50


E5 GESELLSCHAFTLICHE<br />

TRANSPARENZ UND MITBESTIMMUNG<br />

ZIEL<br />

Ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen informiert umfassend und aktiv die Öffentlichkeit<br />

über alle wesentlichen Aspekte ihrer geschäftlichen Tätigkeiten. Damit haben alle<br />

Berührungsgruppen (Zivilgesellschaft, Anrainer, etc.) einen Einblick in das Unternehmen,<br />

können ihre Interessen einbringen und das Unternehmen im Sinne des <strong>Gemeinwohl</strong>s positiv<br />

beeinflussen. Die Glaubwürdigkeit dieser Transparenz steigt, wenn die Angaben extern<br />

verifiziert werden können oder unabhängige Institutionen einen uneingeschränkten Zugang<br />

zu den Informationen haben.<br />

Die Mitbestimmung des gesellschaftlichen Umfeldes ist bei allen wesentlichen Grundsatzund<br />

Rahmenentscheidungen notwendig, die massive Auswirkungen auf die<br />

Berührungsgruppen haben. Dabei geht das Unternehmen aktiv vor der Entscheidungsfindung<br />

auf die betroffenen Berührungsgruppen zu und bindet sie konsensual ein. Eine breite<br />

Beteiligung bei alltäglichen, operativen Entscheidungen erscheint uns weder praktikabel<br />

noch zielführend.<br />

Der demokratischen Mitbestimmung wird in der GWÖ-Matrix hohen Wert beigemessen und<br />

findet sich in unterschiedlichen Indikatoren wieder, je nach betroffenen Berührungsgruppen<br />

in C5, D1, A1, B1, D2 und D5.<br />

Es bleiben „nur“ noch folgende Berührungsgruppen für diesen Indikator übrig:<br />

−<br />

−<br />

−<br />

Anrainer/ Bevölkerung der Region (d.h. im nahen Umkreis zum Betriebsstandort)<br />

Das politische System in der Region (Gemeinde-, Landes- und Bundesebene)<br />

Natur, d.h. Pflanzen und Tierwelt der Region<br />

−<br />

Die zukünftigen Generationen<br />

Meistens haben diese Berührungsgruppen zivilgesellschaftliche Vertreter oder Anwälte, wie<br />

z.B. z.B. den Amnesty International, Caritas oder Greenpeace.<br />

51


BANDBREITE UND MESSUNGEN<br />

TRANSPARENZ<br />

Kriterium<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Inhaltl. Umfang Einzelne Aspekte Wichtige Aspekte<br />

Großteil wichtiger Aspekte,<br />

v.a. die kritischen 32<br />

Alle<br />

Reichweite<br />

Berührungsgruppen<br />

Interne Transparenz<br />

(Intranet)<br />

Stakeholder<br />

spezif.Transparenz<br />

(Extranet)<br />

Allgemein passive<br />

Transparenz (Internet)<br />

Allgemein aktive<br />

Transparenz (Kommunikationspolitik)<br />

Reichweite<br />

Standorte<br />

Mind. ein wesentlicher<br />

Standort<br />

Einige wesentliche<br />

Standorte<br />

Großteil der wesentliche<br />

Standorte, v.a. die<br />

kritischen<br />

Alle<br />

Bei Unterneh <<br />

100 Mitarbeit.<br />

Oberflächlicher GWÖ-<br />

Bericht<br />

Umfangreiche<br />

Beschreibung jedes<br />

Indikators<br />

Detaillierte Beschreibung<br />

jedes Indikators<br />

Detaillierte<br />

Beschreibung jedes<br />

Kriteriums von jedem<br />

Indikator<br />

Bei Unterneh ><br />

100 Mitarbeit. 33 GRI Level C GRI Level B GRI Level A<br />

GRI Level A und<br />

Sector Supplement<br />

Verifizierung ><br />

100 Mitarbeit.<br />

Punktuell, indirekt<br />

extern verifiziert<br />

Externe Evaluation<br />

der Risiken<br />

Externe Verifikation aller<br />

wesentl. Kriterien, low<br />

level of assurance<br />

High level of assurance<br />

+ umfassende<br />

Kooperation mit NGOs<br />

MITBESTIMMUNG<br />

Kriterium<br />

Erste Schritte<br />

(1-10%)<br />

Fortgeschritten<br />

(11-30%)<br />

Erfahren<br />

(31-60%)<br />

Vorbildlich<br />

(61-100%)<br />

Art der Mitbestimmung<br />

+<br />

Dokumentation<br />

Reaktiv:<br />

Anhörung von<br />

Beschwerden +<br />

Reaktion<br />

Aktiv:<br />

Dialog mit<br />

hochrang. Unternehmensvertretern<br />

+ umfassende<br />

Dokumentation<br />

Aktiv +:<br />

Konsensorientierte<br />

Entscheidungen,<br />

Dokumentation mit<br />

Konsequenzen<br />

öffentlich zugänglich<br />

Proaktiv/ innovativ:<br />

mind. 50% Konsensuale<br />

Entscheidungen<br />

Umfang der<br />

Mitbestimmg<br />

Einzelne Maßnahmen/<br />

Projekte über<br />

begrenzte Zeit<br />

Immer wieder umfassende<br />

Mitbestimmungsprozesse<br />

Regelmäßige Einbeziehung<br />

bei wichtigen<br />

Themen, bei strategischen<br />

Entscheidungen<br />

Permanenter Dialog und<br />

Mitbestimmung bei<br />

wesentlichen Themen/<br />

strategischen Entsch.<br />

Umfang einbezogener<br />

Berührungsgruppen<br />

Einige Die wichtigsten Alle Alle<br />

32<br />

Kritische Daten sind z.B. Beteiligungen an anderen Unternehmen und Tochtergesellschaften in<br />

Steueroasen, Lobbyingzahlungen an politische Entscheidungsträger/ - institutionen (Parteien/ Verbände),<br />

Produktionsprozesse mit Risikostoffen sowie potentiellen Beeinträchtigungen der Anrainer durch Emissionen (in<br />

Luft, Wasser, Boden), Lärm, Geruch, Lichtverschmutzung etc., Eingriffe in die Natur, Standortverlagerungen und<br />

der damit im Zusammenhang stehende Arbeitsplatzabbau<br />

33<br />

Auf Basis der Vorgaben des GRI = Global Reporting Initiative – derzeitiger Standard in der<br />

Nachhaltigkeitsberichterstattung, siehe auch www.globalreporting.org<br />

52


PROZENTUALE GEWICHTUNG TRANSPARENZ/ MITBESTIMMUNG NACH<br />

UNTERNEHMENSGRÖßE<br />

Prinzipiell gilt: Je größer das Unternehmen ist, desto höher ist die Bewertung der wirklichen<br />

Mitbestimmung im Vergleich zur Transparenz.<br />

Mitarbeiterzahl Gewichtung Transparenz Gewichtung Mitbestimmung<br />

1-2 80% 20%<br />

3-10 70% 30%<br />

11-50 60% 40%<br />

51-250 50% 50%<br />

251-1.000 40% 60%<br />

Über 1.000 30% 70%<br />

Auch hier wäre noch detaillierter zu differenzieren, ob es sich um Dienstleistungs- oder<br />

Produktionsbetriebe handelt. Dienstleistungsunternehmen haben prinzipiell eher geringere<br />

Auswirkungen auf die Umwelt als Produktionsunternehmen. Ausnahmen sind z.B.<br />

Architekten, Banken und PR-Agenturen<br />

UNTERNEHMENSSPEZIFISCHE BESONDERHEITEN<br />

Sowohl für EPUs als auch für alle anderen Unternehmen kann ein umfassend ausgefüllter<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>-Bericht bis zu 100% des Transparenz-Anteiles ausmachen. Allerdings gehört<br />

bei größeren Unternehmen das Einhalten der GRI-Vorgaben auch dazu bzw. eine<br />

vergleichbare Transparenz im GWÖ-Bericht.<br />

Die Global Reporting Initiative (GRI) hat sich als Standard der<br />

Nachhaltigkeitsberichterstattung etabliert, nähere Infos auf www.globalreporting.org. Neben<br />

den allgemeinen Hinweisen gibt es auch branchenspezifische Aspekte (Sector<br />

Supplements). Für hierin nicht adressierte Aspekte können sonstige Standards und Labels<br />

einer Branche eine erste Orientierung bieten.<br />

Für EPUs kommt der Aspekt der Mitbestimmung kaum in Betracht, weil die Auswirkungen<br />

von EPUs sehr gering sind. Je kleiner ein Unternehmen, desto unwesentlicher ist der Aspekt<br />

der gesellschaftlichen Mitbestimmung.<br />

Redakteur: Christian Rüther: chrisruether@gmail.com<br />

53


MENSCHENWÜRDE<br />

NEGATIV-KRITERIEN<br />

VERLETZUNG DER ILO-ARBEITSRECHTENORMEN / MENSCHENRECHTE<br />

Menschenrechte und Kernarbeitsnormen der ILO (International Labour Organization) bilden<br />

wesentliche gesellschaftliche Grundpfeiler des globalen Zusammenlebens. Eine globale<br />

Ratifizierung ist ebenso wie eine gelebte Umsetzung in vielen Staaten bis heute nicht<br />

gegeben. In Staaten ohne Ratifizierung der Kernnormen (z.B.: China, USA) ist demnach ein<br />

proaktiver Zugang des Unternehmens im Rahmen der lokalen Möglichkeiten notwendig, um<br />

deren Einhaltung sicherzustellen. Auch mögliche menschenrechtsverletzende Auswirkungen<br />

und Effekte von Produkten und Dienstleistungen eines Unternehmens sind zu<br />

berücksichtigen.<br />

Kernarbeitsnormen:<br />

http://www.ilo.org/public/german/region/eurpro/bonn/kernarbeitsnormen/index.htm<br />

MENSCHENUNWÜRDIGE PRODUKTE<br />

Unter menschenunwürdig werden jene Produkte verstanden, die in scharfem Widerspruch zu<br />

den Werten einer <strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong> stehen. Hierunter fallen u.a. Waffen,<br />

Atomkraftwerke, ethisch problematische Gen-Technologien und Luxusgüter. Um eine<br />

Pauschalverurteilung ganzer Produktsparten zu vermeiden, gilt es, diesen Aspekt in Zukunft<br />

präziser zu formulieren und etwaige Ausnahmen zu benennen (z.B.: Jagdwaffen).<br />

BESCHAFFUNG BEI BZW. KOOPERATION MIT UNTERNEHMEN, WELCHE<br />

DIE MENSCHENWÜRDE VERLETZEN<br />

Die Produktion vieler Güter des täglichen Gebrauchs ist mit großen sozialen und<br />

ökologischen Problemen verbunden (z.B.: fossile Energieträger, agrarische Erzeugnisse,<br />

Telekommunikation und Elektronik). Folglich ist es für fast kein Unternehmen möglich,<br />

Verletzungen der Menschenwürde in der Lieferantensphäre auszuschließen.<br />

SOLIDARITÄT<br />

FEINDLICHE ÜBERNAHME<br />

Auf dem globalen Markt gilt derzeit: fressen und gefressen werden. Aktiengesellschaften<br />

beispielsweise können sowohl gegen den Willen der Geschäftsführung als auch der<br />

Beschäftigten „feindlich“ übernommen werden. In der <strong>Gemeinwohl</strong>-<strong>Ökonomie</strong> soll der<br />

Stärkere den Schwächeren nicht fressen dürfen. Eine einvernehmliche Verbindung ist<br />

hingegen kein Problem: Es müssen aber sowohl die Geschäftsführung als auch die<br />

Beschäftigten zustimmen. Liegt diese Zustimmung nicht vor, gilt die Übernahme als feindlich.<br />

SPERRPATENTE<br />

Manche Unternehmen melden sehr viel mehr Innovationen zum Patent an, als sie<br />

kommerziell verwerten, mit dem Ziel, die Forschung um ihr Patent „runtherum“ zu blockieren.<br />

54


Das plakativste Beispiel Autofirmen, welche Patente für verbrauchsarme oder<br />

Solarautomobile seit langem halten, aber nicht verwerten, weil dies einem<br />

Paradigmenwechsel von der fossilen in die postfossile Ära einleiten und bestehende<br />

Machtstrukturen angreifen würde. Im Regelfall handelt es sich um weniger spektakuläre<br />

Fälle, die nur einen längeren und größeren Vorsprung zur Konkurrenz sichern. Der Effekt ist<br />

die Blockade von Innovation und die Schädigung anderer Unternehmen. Derzeit sind uns<br />

keine Methoden bekannt, durch die Sperrpatente ausfindig gemacht werden könnten,<br />

deshalb wollen wir als ersten Schritt das Bewusstsein für diese unsolidarische Praxis<br />

wecken.<br />

DUMPINGPREISE<br />

Manche Unternehmen bieten Produkte in für sie neuen Märkten zu Preisen an, die unter den<br />

Produktionskosten liegen, um Marktanteile zu erobern. Das widerpsricht der Kostenwahrheit<br />

und dem fairen Mitbewerb. Dupingpreise könnten ausfindig gemacht werden, indem die<br />

Preise derselben Produkte an unterschiedlichen Standorten verglichen werden oder die<br />

Unternehmen ihre Kostenrechnung offen legen.<br />

ÖKOLOGISCHE NACHHALTIGKEIT<br />

MASSIVE UMWELTBELASTUNGEN FÜR ÖKOSYSTEME<br />

Unternehmen greifen durch ihre Aktivitäten mitunter massiv in Ökosysteme ein, u.a. durch<br />

Zerstörung wichtiger Lebensräume, Rodung, Rückstände in Wasser, Luft und Boden.<br />

Verursacht ein Unternehmen nachgewiesenermaßen Umweltbelastungen oder wird deshalb<br />

sogar verurteilt (z. B.: Belo Monte Staudamm in Brasilien) gilt das Negativkriterium.<br />

GROBE VERSTÖßE GEGEN UMWELTAUFLAGEN (Z.B.: GRENZWERTE)<br />

Das Kriterium gilt als erfüllt, wenn ein Unternehmen vorsätzlich gegen Umweltauflagen<br />

verstößt, wie zum Beispiel durch wiederholtes Überschreiten von Grenzwerten.<br />

GEPLANTE OBSOLESZENZ<br />

Unter „geplanter Obsoleszenz“ wird die produktionstechnisch vorgenommene Verkürzung<br />

der Lebensdauer von Produkten durch den Hersteller verstanden. Hierunter fallen neben der<br />

eigentlichen Gestaltung auch die Nicht-Reparierfähigkeit von Produkten. Bekanntestes<br />

Beispiel des 20.Jahrhunderts war die Glühbirne, deren Lebenszeit von den Herstellern<br />

zwecks Umsatzsteigerung künstlich verkürzt wurde.<br />

SOZIALE GERECHTIGKEIT<br />

UNGLEICHBEZAHLUNG VON FRAUEN UND MÄNNERN<br />

Unter Missachtung des Grundsatzes: gleicher Lohn für gleiche Arbeit erhalten viele Frauen<br />

immer noch für die gleiche Arbeitsleistung wie Männer geringeren Lohn oder geringeres<br />

Gehalt – obwohl es gesetzwidrig ist. Doch nicht immer wird geklagt. Angst und immer noch<br />

wirksame Rollenbilder und patriarchale Denk- und Handlungsmuster verhindern im dritten<br />

Jahrtausend die soziale und ökonomische Gleichstellung von Mann und Frau. Unternehmen<br />

sollten ihren Beitrag leisten, dass Männer und Frauen vollkommen gleich behandelt und für<br />

55


gleiche Leistung gleich bezahlt werden. Wird ein Unternehmen rechtskräftig verurteilt wegen<br />

Ungleichbehandlung und Ungleichbezahlung oder gibt es massive und glaubwürdige<br />

Hinweise, dass diese der Fall ist (z. B. Wal Mart:<br />

http://www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/frauen-scheitern-mit-sexismus-klage/ und<br />

http://www.sueddeutsche.de/karriere/usa-klage-wegen-diskriminierung-frauen-scheitern-mitsammelklage-gegen-wal-mart-1.1110904)<br />

gilt das als gravierendes Negativkriterium. Die<br />

<strong>Gemeinwohl</strong>-Bilanz will hier den Gesetzgeber nicht ersetzen, sondern ergänzen und<br />

verstärken.<br />

ARBEITSPLATZABBAU ODER STANDORTVERLAGERUNG TROTZ GEWINN<br />

Ein Unternehmen, das dem <strong>Gemeinwohl</strong> dient, wird bei stabiler Gewinnlage weder<br />

Arbeitsplätze abbauen noch Standorte schließen. Bei rein gewinnorientierten Unternehmen<br />

stehen solche Maßnahmen auf der Tagesordnung. Das Wohl der EigentümerInnen wird über<br />

das Wohl aller anderen Berührungsgruppen gestellt. Das sollte nicht sein, weil ein<br />

Unternehmen nicht dazu da ist, nur das Wohl einer bestimmten Berührungsgruppe zu<br />

maximieren.<br />

UNTERNEHMEN IN STEUEROASEN<br />

Zahlreiche Großunternehmen errichten Zweigstellen oder Briefkastenfirmen in Steueroasen,<br />

um ihre Steuerleistung zu „optimieren“. Doch das ist ein Vergehen am Gemeinwesen:<br />

einerseits alle Leistungen der Gesellschaft in Anspruch zu nehmen – Bildung, Ausbildung,<br />

Gesundheitsdienste, Verkehrsinfrastruktur, Rechtsstaat und Verwaltung – und andererseits<br />

keinen fairen Beitrag zu leisten. Zudem haben vor allem Großunternehmen die Möglichkeit<br />

der Steuervermeidung, das K.o.-Foul wird auch das ist kleineren Unternehmen unfair. Die<br />

OECD weist eine Liste von Steueroasen aus:<br />

http://www.oecd.org/document/57/0,3343,en_2649_33745_30578809_1_1_1_37427,00.html<br />

Das „Global Tax Justice Network“ hat den Finanzschattenindex erstellt:<br />

http://www.financialsecrecyindex.com/<br />

www.taxjustice.net/cms/upload/pdf/FSI-Einfuehrung_Final.pdf<br />

EIGENKAPITALVERZINSUNG ÜBER 10%<br />

Kapitaleinkommen sind per se problematisch weil sie a) die Wirtschaft zum Wachstum<br />

zwingen: Jede Erwartung, für ein zur Verfügung gestelltes Kapital ein Einkommen zu<br />

erzielen, und sei es auch nur im Ausmaß der Inflation, zwingt die Wirtschaft zum Wachstum;<br />

und b) Zwei Drittel des Vermögens, auch des Finanzvermögens sind in den Händen von<br />

zehn Prozent der Bevölkerung. Folglich strömen auch mindestens zwei Drittel der<br />

Kapitaleinkommen nur zehn Prozent der Bevölkerung zu. Es ist sogar ein höherer Anteil, weil<br />

die Kapitaleinkommen umso höher sind, je reicher jemand ist. Der Kapitalismus ist ein<br />

„positiv rückgekoppeltes System“: Je reicher jemand ist, desto leichter wird das weitere<br />

Reichwerden, auch wenn keine Arbeitsleistung erbracht wird. Die Mehrheit der<br />

Großvermögen wurde ererbt, nicht erarbeitet. Deshalb sind a) der Wachstumszwang umso<br />

größer und b) die Verteilung umso ungerechter, je höher die Kapitaleinkommen sind. Im<br />

Durchschnitt können bei einem realen zweiprozentigen Wirtschaftswachstum alle<br />

Einkommen um zwei Prozent wachsen. Höhere Zuwachsraten sind in nur<br />

Ausnahmeunternehmen und -branchen möglich, aber nicht in Durchschnittsunternehmen<br />

56


und -branchen. Alle Unternehmen können einen Beitrag zur Lösung dieser Probleme leisten,<br />

indem sie die Kapitaleinkommen minimieren. Extremes Zuwiderverhalten wie etwa durch die<br />

dauerhafte Ausschüttung zweistelliger Renditen auf das Eigentum über einen Zeitraum von<br />

fünf Jahren sind als Negativkriterium zu werten.<br />

DEMOKRATISCHE MITBESTIMMUNG UND TRANSPARENZ<br />

NICHTOFFENLEGUNG ALLER BETEILIGUNGEN UND<br />

TOCHTERUNTERNEHMEN<br />

Transparenz ist eine Grundvoraussetzung für Vertrauen, Kontrolle, Demokratie und die<br />

Verhinderung von Machtkonzentration. Unternehmenseigentum ist nicht reine Privatsache,<br />

sondern betrifft auch die Allgemeinheit. Es sollte offengelegt werden, welche Sub-Firmen<br />

überhaupt bestehen und wer (Mit-) Eigentümer welchen Unternehmens ist. Gibt es hier keine<br />

Transparenz, wird Steuerhinterziehung (z. B. anonyme Trusts oder Briefkastenfirmen in<br />

Steueroasen), Umweltzerstörung (z. B. Tankschiffe von EU-Unternehmen fahren unter<br />

panamesischer Flagge), Kriminalität (z. B. Korruption über Scheinfirmen) und<br />

Demokratieuntergrabung (z. B. versteckte Parteispenden) Tür und Tor geöffnet. Auch<br />

Unternehmen sind soziale Gebilde und an deren Regeln (Lizenzvergabe, Rechtsgrundlage<br />

für „juristische Personen“) gebunden - deshalb müssen sie sich transparent zeigen und<br />

deklarieren. Der Datenschutz hat hier Nachrang. Auch „natürliche Personen“ müssen ganz<br />

selbstverständlich ihren jeweiligen Wohnsitz den Behörden melden.<br />

VERHINDERUNG EINES BETRIEBSRATS<br />

Voraussetzung für die Errichtung eines Betriebsrats ist, dass in einem Betrieb (im Sinne des<br />

§ 34 Abs. 1 ArbVG) mindestens fünf ArbeitnehmerInnen dauernd beschäftigt sind.<br />

Eine Verhinderung des Betriebsrates liegt vor, wenn die Geschäftsführung durch<br />

unterschiedliche Maßnahmen der Konstituierung bzw. Wahl eines Betriebsrates<br />

entgegenwirkt.<br />

Belegbar ist die Verhinderung nur teilweise:<br />

−<br />

−<br />

Hilfreich könnte eine anonyme MitarbeiterInnenbefragung sein, in der abgefragt wird,<br />

wer sich einen Betriebsrat wünscht, ob es Maßnahmen der Verhinderung gab und wie<br />

mit MitarbeiterInnen umgegangen wurde, die sich dafür eingesetzt haben.<br />

Ebenso hilfreich sind Äußerungen von gekündigten MitarbeiterInnen, wenn sie in einem<br />

Zusammenhang mit einer Betriebsratsgründung sehen.<br />

− Auch könnte man sich bei der Arbeiterkammer oder den jeweiligen Gewerkschaften<br />

informieren, ob gegen den Betrieb Beschwerden vorliegen oder einschlägige negative<br />

Erfahrungen dokumentiert sind.<br />

Die Beweislast könnte aber auch umgekehrt werden, dass die Geschäftsführung beweisen<br />

muss, dass es keine Verhinderungen gab.<br />

Letztendlich obliegt es dem Auditor, ein ausgewogenes Urteil zu fällen.<br />

Skripten zum Arbeitsrecht/ Betriebsrat (VOEGB)<br />

Infoplattform der OEGB: www.betriebsraete.at<br />

57


NICHTOFFNICHTOFFENLEGUNG ALLER FINANZFLÜSSE AN LOBBYISTEN<br />

UND LOBBY-ORGANISATIONEN / NICHTEINTRAGUNG INS LOBBY-<br />

REGISTER DER EU<br />

Lobbying im Eigeninteresse – und nicht im Allgmeininteresse – ist eine der größten<br />

Bedrohung der Demokratie. Ein wichtiger Schritt zur Offenlegung sämtlicher Lobbying-<br />

Aktivitäten ist die Offenlegung aller Finanzflüsse eines Unternehmens an Lobby-<br />

AkteuerInnen. Wer dies nicht tut, unterstützt hier eine Praxis der Intransparenz zum Schaden<br />

der Demokratie. Unternehmen in der EU können diese Intransparenz beenden, indem sie<br />

sich in das EU-Lobbyregister eintragen. Falls dieses Register nicht zutreffen sollte, können –<br />

insbesondere kleinere Unternehmen – alternativ sämtliche Finanzflüsse offenlegen.<br />

Link: www.gemeinwohl-oekonomie.org<br />

Stand: 5. März 2012<br />

58

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