klaus-peter hammers - GEW
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-Zeitung<br />
Rheinland-Pfalz<br />
7-8/10<br />
Fotos: Küssner<br />
ERSTER WARNSTREIK<br />
FÜR EINEN LEHRKRÄFTE-TARIFVERTRAG (S. 4 - 5)
EDITORIAL / POLITNOVIZE / INHALT<br />
QUO VADIS, CDU?<br />
Dass Bewegung in die Parteienlandschaft<br />
gekommen ist, wie in der Kolumne unten<br />
ironisch angesprochen wird, hat wie<br />
so fast alles im Leben seine zwei Seiten:<br />
Einerseits ist es begrüßenswert, wenn sich<br />
demokratische politische Parteien als Konkurrenten<br />
und nicht als Feinde sehen, andererseits<br />
steigt die Politikverdrossenheit,<br />
wenn die Konturen verschwimmen und<br />
keine Alternativen in der Praxis erkennbar sind; dass Polarisierung im<br />
Wahlkampf meist nur Masche ist, weiß auch der Ahnungsloseste.<br />
Und wer nicht ganz ahnungslos ist, weiß auch, dass Bildungspolitik<br />
aufgrund des Föderalismus immer ein zentrales Thema ist, wenn<br />
Landtagswahlen anstehen - für dreiviertel der WählerInnen in<br />
NRW im Mai war das übrigens das entscheidende. Hilfreich wäre<br />
da schon, wenn wir uns auf klare Aussagen bezüglich der konkreten<br />
Pläne verlassen könnten.<br />
Aus dem Leben eines Politnovizen<br />
ANSTRENGUNGSLOSER WOHLSTAND<br />
(gh) Wie peinlich, wenn man vergisst, manchmal selbstkritisch in<br />
den Spiegel oder zumindest in seinen Ausweis zu schauen. Der in<br />
der letzten Ausgabe dieser Serie angekündigte Plan, dem Schulalltag<br />
durch einen Aufstieg in eine echte Spitzenposition zu entkommen,<br />
hätte sich dadurch erübrigt.<br />
Aber so schlecht war die Idee doch nicht. Meine inzwischen gar<br />
nicht mehr so unbedeutende kleine Partei der formal Gebildeten<br />
hat nach der Landtagswahl im kommenden Frühjahr alle Optionen,<br />
eine wichtige Rolle zu spielen. Schließlich können wir (ich<br />
eher mit Bauchschmerzen) inzwischen mit (fast) allen. Rot-Grün,<br />
Ampel, Jamaika, Schwarz-Grün, mit uns ist alles drin, mit mir<br />
sogar Rot-Rot-Grün. Da bin ich übrigens ein echter Vorreiter und<br />
Tabubrecher, nachdem ich mit meiner linken Kollegin in unserem<br />
Ortbeirat eine Fraktionsgemeinschaft gebildet habe. (Natürlich<br />
mit mir als Vorsitzendem, weshalb diese Kolumne auch ausläuft,<br />
denn zwischenzeitlich bin ich kein Politnovize mehr, sondern ein<br />
abgezockter Politprofi...)<br />
Und ohne anzugeben, ich wäre schon der richtige Mann für die<br />
Hausspitze gewesen: In meinem Verein hat niemand ansatzweise<br />
Im Vordergrund steht dabei leider immer noch das absolute Dilemma<br />
unseres Bildungswesen: die frühe Auslese. SPD, Grüne und<br />
Linke haben das Problem zumindest erkannt, die FDP als Partei<br />
der Privilegierten hält stur am gegliederten System fest, nur bei der<br />
CDU weiß man nicht so recht, wohin der Hase läuft.<br />
Positive Signale gibt es von dort, wo die Union in Koalitionen mit<br />
den Grünen ist. Was sich in Hamburg und im Saarland getan hat,<br />
wirkt bemerkenswert, auch wenn es noch lange nicht das ist, was<br />
die <strong>GEW</strong> mit einer Schule für alle anstrebt und dabei das Gros der<br />
Experten hinter sich hat.<br />
Wenig positiv kommen dagegen erste Äußerungen im sich anbahnenden<br />
Wahlkampf an. Wenn die RS+ als Weg zur Einheitsschule<br />
gegeißelt und die IGS als Angriff auf das Gymnasium dargestellt<br />
wird, so passt diese Rhetorik in den kalten Krieg und nicht ins 21.<br />
Jahrhundert. Immer noch Ängste vor angeblicher Gleichmacherei<br />
zu schüren, ist schlichtweg eine Beleidigung all jener engagierter<br />
Menschen, die endlich Schluss machen wollen mit der Abhängigkeit<br />
des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft.<br />
Eigentlich sollte dies eine Herzensangelegenheit einer jeden Volkspartei<br />
sein.<br />
Günter Helfrich<br />
so viel Ahnung von Bildungspolitik wie ich, wobei das noch hätte<br />
kommuniziert werden müssen, da mein aufreibendes Leben als<br />
Lehrer, Redakteur und Lokalpolitiker leider keine Zeit lässt, mich<br />
in den entsprechenden Gremien zu tummeln. Kultur könnte ich<br />
übrigens auch, schließlich ist mein Name im „Lexikon berühmter<br />
Pfälzer“ und auch im „Rheinland-pfälzischen Literaturlexikon“ zu<br />
finden.<br />
Aber meine Perspektive ist eine ganz andere: In wenigen Jahren erwartet<br />
mich ganz im Westerwelleschen Antisinne anstrengungsloser<br />
Wohlstand. Okay, mit relativem Wohlstand, jedoch mit völliger<br />
Anstrengungslosigkeit. Wenn dann der Dienstwagen bei denen, die<br />
statt mir den Job übernehmen, vorfährt, drehe ich mich nochmals<br />
um und schlafe gemütlich weiter, schließlich sind lange Nächte<br />
ohne Politikerverpflichtungen sehr wahrscheinlich. Und wenn in<br />
der Schule die zweite Pause vorbei ist, beginne ich mein Frühstück<br />
mit ausgiebiger Zeitungslektüre, um dann entweder ein bisschen<br />
zu schreiben, zu redigieren oder einen interessanten Termin völlig<br />
freiwillig wahrzunehmen - falls es mich nicht direkt zum Frühschoppen<br />
ziehen wird.<br />
Jetzt muss ich nur noch in den o.g. Lexika nachschauen, was ich<br />
dann bin: ganz bestimmt kein Ruhestandsbeamter, sondern Autor,<br />
Publizist oder Bildungsjournalist. Wahrscheinlich letzteres, denn es<br />
soll doch wirklich völlig anstrengungslos ablaufen!<br />
AUS DEM INHALT <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz Nr. 7-8 / 2010: Generation 60+<br />
Editorial / Politnovize Seite 2<br />
Kommentar<br />
• Frauenpolitik - noch aktuell? - noch gefragt? Seite 3<br />
Tarifpolitik<br />
• Erster Warnstreik für einen Lehrkräfte-Tarifvertrag Seiten 4 - 5<br />
<strong>GEW</strong> im Gespräch<br />
• Min. Doris Ahnen: Wünschenswertes und Machbares Seiten 6 - 7<br />
• FG Haupt- u. Realschule bei CDU und Grünen Seite 7<br />
• Gespräch zur Ausbildungsmesse „Sprungbrett“ in LU Seiten 8 - 9<br />
• Klaus-Peter Hammers „Halbzeitbilanz“ als Landesvors. Seiten 10 - 11<br />
Bildungspolitik / Kindertagesstätten Seiten 11 - 13<br />
Tag der Interkulturellen Bildung Seiten 14 - 17<br />
Berufliche Bildung / Weiterbildung Seiten 18 - 19<br />
• Fachtagung: Aktiv sein - aktiv bleiben Seiten 20 - 22<br />
• <strong>GEW</strong>-Jubilare im August und September 2010 Seite 23<br />
Politik / Recht Seite 24<br />
Sozialstudien beim Sport Seite 25<br />
Tipps + Termine Seiten 26 - 30<br />
Kreis + Region Seiten 30 - 31<br />
Schulgeist Seiten 32<br />
<strong>GEW</strong>-Info:<br />
UN-Behindertenrechtskonvention<br />
Die deutsche Übersetzung der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
kann auf der Homepage der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz unter Informationen<br />
bzw. <strong>GEW</strong>-Informationen heruntergeladen werden.<br />
2 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
FRAUENPOLITIK - NOCH AKTUELL? - NOCH GEFRAGT?<br />
KOMMENTAR<br />
Ein Generationswechsel in der <strong>GEW</strong> steht<br />
an und spiegelt eine gesellschaftliche Entwicklung<br />
wider: Die Frauengeneration,<br />
welche in den 70er Jahren die Frauenbewegung<br />
gebildet und vorangetrieben hat,<br />
ist am Ende ihrer Berufszeit angelangt, der<br />
Staffelstab müsste an die nächste Generation<br />
weitergegeben werden. Dies stellt sich jedoch<br />
als schwierig heraus: „Aktivistinnen“ in<br />
Frauenfragen sind kaum noch zu finden,<br />
Gremien, die Frauenpolitik betreiben,<br />
werden gemieden.<br />
Ein Zeichen dafür, dass alle Ziele erreicht<br />
sind? Oder ein allgemeiner Trend, nicht mehr die „Systemfrage“ zu<br />
stellen, sondern die eigenen Lebens- und Arbeitssituationen als individuell<br />
gewählt und ebenso zu bewältigen anzusehen? Sind „nur“ die<br />
Arbeitsformen überholt oder unattraktiv?<br />
Gleichstellung - Ziel erreicht?<br />
Die gesellschaftliche Analyse ergibt ein differenziertes Bild zur Lage der<br />
Frauen -keineswegs ein durchweg positives. Beste Materialien bieten übrigens<br />
die Gewerkschaften selbst, es fehlt nicht an Forschungen, Projekten<br />
und Veröffentlichungen z.B. der Hans-Böckler-Stiftung.<br />
• Frauen und Politik<br />
„Die nach wie vor zu geringe Repräsentanz von Frauen in politischen<br />
Entscheidungsprozessen ist ein Demokratiedefizit.“ - So die EU-Kommission<br />
2006 in ihrem „Fahrplan für die Gleichstellung von Männern<br />
und Frauen“.<br />
Klarer kann man nicht ausdrücken, dass nicht nur die Hälfte der Bevölkerung<br />
sich Gedanken machen muss über Mädchen und Frauen und<br />
deren politische Beteiligung. Parteien haben durchaus unterschiedliche<br />
Ansprüche, was Frauen auf aussichtsreichen Listenplätzen und in den<br />
Vorständen angeht. Ob das den Frauen bescheinigte hohe gesellschaftliche<br />
Engagement auch in „Spitzenämter“ führt und ob Frauen dies<br />
anstreben, ist sicher auch eine Frage der politischen Kultur.<br />
• Recht und soziale Wirklichkeit<br />
Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich sukzessive in Richtung<br />
einer Gleichstellung von Mann und Frau verändert, Namensrecht,<br />
Sorgerecht, Unterhaltsrecht sind zu nennen. Allerdings sieht die soziale<br />
Wirklichkeit oft anders aus. Wie viele Frauen in Ihrem Kollegium<br />
behalten ihren Familiennamen bei der Eheschließung? Mindestens der<br />
Nachname der Kinder muss doch der des Schwiegervaters sein, oder?<br />
Gemeinsames Sorgerecht ist möglich, jedoch sind 85 Prozent der<br />
Alleinerziehenden Frauen. 2009 waren nur 20,7 Prozent der Elterngeldbezieher<br />
Väter, die vorübergehend aus dem Beruf ausstiegen, um<br />
hauptverantwortlich die Kinderbetreuung zu übernehmen (BMFSFJ).<br />
Unter dem Titel „Allein mit dem Kind und Hartz IV“ veröffentlichte<br />
das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung eine Studie, nach<br />
der 2009 40 Prozent aller Alleinerziehenden in Deutschland auf<br />
Hartz IV angewiesen waren und nur langsam wieder auf eigene Beine<br />
kommen, obwohl sich die Mütter schon mit Kleinkind als arbeitssuchend<br />
melden und nicht erst - wie vorgeschrieben -, wenn das Kind<br />
drei Jahre alt ist. Aber: Je jünger das Kind, desto schwieriger ist es, eine<br />
Betreuung zu finden.<br />
Schwung in die Diskussion um „Frauen und Familien“ brachten in erster<br />
Linie Visionen vom drohenden „Aussterben der Deutschen“, weniger<br />
das Streben nach Gleichberechtigung und Chancengleichheit.<br />
• Frauen und Wirtschaftsleben<br />
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - ein häufig verletzter Grundsatz,<br />
besonders, was Frauen betrifft. Der Lohnabstand von Frauen zu<br />
Männern in den gleichen Branchen ist in allen europäischen Ländern<br />
vorhanden und beträgt in Deutschland 23 Prozent. Solange noch nicht<br />
einmal durchgehend ein Auskunftsrecht für Betriebsräte darüber besteht,<br />
welchen Verdienst die Kollegen haben, sind wir noch meilenweit von<br />
einer gerechten Bezahlung entfernt.<br />
In der „freien Wirtschaft“ drücken Männer hohe Wertschätzung<br />
gegenüber kompetenten und ambitionierten Frauen aus, aber diese<br />
„gender-political-correctness“ erhöht die realen Beförderungschancen<br />
nicht. Je höher das Börsensegment, desto niedriger der Frauenanteil im<br />
Top-Management. Der Frauenanteil in den Vorständen der 30 Unternehmen,<br />
die im Deutschen Aktienindex DAX zusammengefasst werden,<br />
betrug 2009 0,6 Prozent. In den Aufsichtsräten waren es immerhin<br />
12,8 Prozent - diese „hohe Zahl“ kommt aber deshalb zustande, weil<br />
die Arbeitnehmerseite zu ca. 74 Prozent Frauen als ihre Vertreterinnen<br />
in die DAX-Aufsichtsräte schickte.<br />
Kann oder soll man die Unternehmen hier unter Druck setzen? In<br />
Norwegen entschied man sich für eine gesetzliche Frauenquote für<br />
Aufsichtsräte mit der Folge, dass der Anteil der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder<br />
von unter 10 Prozent (2004) auf 41 Prozent (2009)<br />
gewachsen ist. „Ein kleines Land wie Norwegen“ könne „es sich nicht<br />
leisten, auf das Potential der Hälfte der Bevölkerung zu verzichten“,<br />
so ein Vertreter des dortigen Gleichstellungsministeriums.<br />
Im öffentlichen Dienst brachten Quoten Veränderungen. Jedoch sind<br />
im Hochschulbereich nur 15 Prozent der Professorenstellen mit Frauen<br />
besetzt, bei den höher dotierten C4-Stellen beträgt der Frauenanteil<br />
gerade einmal 10 Prozent.<br />
Frauenpolitik in der Gewerkschaft<br />
Für die Gewerkschaften ist es Pflichtaufgabe, „gendersensibel“ zu<br />
handeln, z.B. sollen Tarifverträge auf „Gendergerechtigkeit“ überprüft<br />
werden. Die Vorgaben auf dem Papier sind da, und Gewerkschaften wie<br />
die <strong>GEW</strong>, deren Mitgliedermehrheit Frauen sind, sind dabei besonders<br />
gefordert. Der Bundesfrauenausschuss der <strong>GEW</strong> mit der Vorsitzenden<br />
Anne Jenter repräsentiert diesen Arbeitsbereich.<br />
Was ist in Rheinland-Pfalz möglich?<br />
Ziel ist es, Probleme zu benennen und ein Forum darzustellen, das<br />
Frauen nutzen, um sich eine Stimme zu verschaffen. Anliegen können<br />
in die Öffentlichkeit gebracht und verhandelt werden. Kleine, aber<br />
konkrete Schritte machen den Anfang: eine Themenreihe in der <strong>GEW</strong>-<br />
Zeitung, bei der Frauen ihre Alltagssituation beschreiben, Herausarbeiten<br />
von Fragen und Forderungen, die Beteiligte bzw. Betroffene haben.<br />
Wie geht es Frauen, die in den Kitas und Grundschulen arbeiten? Wie<br />
erleben sie die Teilzeitsituation? Wie werden Sie bei Beförderungen und<br />
Höhergruppierungen berücksichtigt? Wie geht es Frauen in den Schulleitungen?<br />
Welche Netzwerke gibt es bzw. werden gebraucht? Frauen<br />
und Jungenpädagogik, Frauen in der Ganztagsschule ...<br />
Wir wollen eine Diskussion anregen und daran erinnern: Privates<br />
ist politisch.<br />
Sybilla Hoffmann<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
3
TARIFPOLITIK<br />
ERSTER WARNSTREIK FÜR EINEN LEHRKRÄFTE-TARIFVERTRAG<br />
Seit Dezember 2009 verhandeln die <strong>GEW</strong> und die dbb-Tarifunion<br />
mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) über einen<br />
Entgeltordnung-Tarifvertrag für tariflich beschäftigte Lehrkräfte<br />
im Landesdienst. Nachdem die ersten fünf Verhandlungsrunden<br />
keine greifbaren Ergebnisse gebracht hatten, ist es in der Woche<br />
vom 3. bis 7. Mai in mehreren Bundesländern zu ersten Warnstreiks<br />
gekommen.<br />
Erster Warnstreik am 4. Mai 2010<br />
Die <strong>GEW</strong>-Landesverbände Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg<br />
und Saarland hatten die Tarifbeschäftigten im Schuldienst ihrer<br />
Länder gemeinsam für den 4. Mai 2010 zu einem eintägigen<br />
Warnstreik und zu einer gemeinsamen Kundgebung nach Karlsruhe<br />
aufgerufen. Rund 800 Kolleginnen und Kollegen, darunter fast<br />
300 aus Rheinland-Pfalz, zogen in Karlsruhe vom DGB-Gewerkschaftshaus<br />
zum Marktplatz, wo die Arbeitgeber im Rahmen einer<br />
Protestkundgebung zu ernsthaften und zügigen Verhandlungen aufgefordert<br />
wurden. An dem Streik beteiligten sich in Rheinland-Pfalz<br />
u.a. Schulen aus Trier, Schweich, Birkenfeld, Neuwied, Koblenz,<br />
Kastellaun, Worms, Grünstadt, Landau, Kaiserslautern sowie den<br />
Großräumen Mainz und Ludwigshafen.<br />
Entgeltordnung-Tarifvertrag - was ist das übehaupt?<br />
Etwa 44.000 Lehrkräfte arbeiten im Schuldienst des Landes Rheinland-Pfalz,<br />
ganz überwiegend und traditionell im Beamtenstatus.<br />
Aber rund 7.000 von ihnen sind mit Arbeitsverträgen beschäftigt,<br />
bundesweit sind von 800.000 Lehrkräften sogar über 200.000 tariflich<br />
Beschäftigte. Für eine derartig große Anzahl von Arbeitnehmern<br />
besteht gewerkschaftlicher Regelungsbedarf. Für alle im öffentlichen<br />
Dienst Beschäftigten, die nicht den Beamtenstatus haben, gilt der<br />
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), der<br />
seit 2006 den BAT abgelöst hat. Der TV-L enthält zwar die Entgeltgruppen,<br />
regelt aber beispielsweise nicht, warum pädagogische<br />
Fachkräfte an den unterschiedlichen Schularten oder Kolleginnen<br />
und Kollegen, die muttersprachlichen Unterricht erteilen, in<br />
die Entgeltgruppen (EG) 6, 7, 8 oder 9 oder Diplomsportlehrer<br />
oder Technische Lehrer oder Musikerzieher oder Werklehrer oder<br />
Kunsterzieher oder Religionslehrer oder Fachlehrer usw. in EG 9,<br />
10 oder 11 eingruppiert werden. Geregelt ist dort auch nicht, warum<br />
angestellte Lehrkräfte mit zwei Staatsexamina an Grund- und<br />
Hauptschulen in die EG 11, die der anderen Schularten aber in<br />
die EG 13 eingruppiert werden. Um dies zu regeln, bedarf es einer<br />
tariflichen Entgeltordnung.<br />
Für den TV-L ist - noch - keine tarifliche Entgeltordnung ausgehandelt<br />
worden, mit der die tarifliche Wertigkeit der unterschiedlichen<br />
Berufe im öffentlichen Dienst aufgelistet wird. Für Lehrkräfte hat<br />
es solch eine Entgeltordnung noch nie gegeben. Seit über 50 Jahren<br />
regeln die Länder-Arbeitgeber deren tarifliche Zuordnung nach eigenem<br />
Gutdünken, niedergelegt in den sog. „TdL-Richtlinien“, also<br />
in einseitig von den Arbeitgebern verfügten Richtlinien, an denen<br />
sie die Gewerkschaften nicht beteiligt haben. Während vor 20, 30<br />
oder 40 Jahren die Anzahl der im Schuldienst tariflich Beschäftigten<br />
noch so verschwindend gering war, dass die Arbeitgeber kaum unter<br />
Druck gesetzt werden konnten, um an ihrer gutsherrlichen Haltung<br />
etwas zu ändern, sieht dies heute bei bundesweit einem Viertel tariflich<br />
beschäftigter Lehrkräfte schon anders aus. Dies wissen auch<br />
die Arbeitgeber, die sich aus reiner Wohlfahrt niemals mit der <strong>GEW</strong><br />
und der dbb-Tarifunion an den Verhandlungstisch gesetzt hätten,<br />
um über eine Lehrkräfte-Entgeltordnung zu verhandeln.<br />
Was wollen die Gewerkschaften aushandeln?<br />
Für die <strong>GEW</strong> ist eine gerechte und diskriminierungsfreie Eingruppierungsregelung<br />
Grundlage ihrer Verhandlungen mit den Arbeitgebern.<br />
Den Forderungen, welche die <strong>GEW</strong> am 30. September 2009<br />
beschlossen und den Arbeitgebern unterbreitet hat, hat sich die<br />
dbb-Tarifunion im Übrigen im vollen Umfang angeschlossen, sodass<br />
es auf Gewerkschafts- und Verbandsseite an sich keine Differenzen<br />
geben dürfte. Nur der Philologenverband versucht einmal mehr, ein<br />
eigenes Gymnasialsüppchen zu kochen, lässt aber dennoch die dbb-<br />
Tarifunion für ihn im Sinne der <strong>GEW</strong>-Forderung verhandeln.<br />
Gerecht und diskriminierungsfrei ist eine Lehrkräfte-Entgeltordnung<br />
für die <strong>GEW</strong> dann, wenn es in ihr keine sachfremden benachteiligenden<br />
Elemente mehr gibt. Warum sollen etwa pädagogische<br />
Fachkräfte an den diversen Schularten unterschiedlich vergütet<br />
werden und weswegen soll es für sie keine Zusatzausbildungen<br />
mehr geben dürfen? Womit nehmen sich die Arbeitgeber das Recht<br />
heraus, nicht in Deutschland ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer<br />
mit voller Ausbildung ihres Heimatlandes geringer zu bewerten und<br />
zu vergüten als in Deutschland Ausgebildete, und dies selbst bei<br />
Lehrkräften innerhalb der Europäischen Union? Wieso werden Lehrkräfte<br />
in den in Deutschland üblichen unterschiedlichen Schularten<br />
ungleich vergütet, warum in Rheinland-Pfalz an den Realschulen<br />
plus und an den Integrierten Gesamtschulen sogar in einer Schulart?<br />
Warum regelt man nicht die in Einzelfällen vorliegenden besonderen<br />
konkreten Belastungen (Korrekturfächer, besonders schwierige<br />
Schülerinnen und Schüler an Förder-, Haupt- oder anderen Schulen<br />
usw.) beispielsweise über Zulagen oder Entlastungsstunden? Die<br />
Arbeitgeber machen sich darüber keine Gedanken und erfreuen<br />
sich an ihrer am Beamtenrecht festgezurrten Ideologie. Freiwillig<br />
werden sie davon keinen Zentimeter abweichen.<br />
Die <strong>GEW</strong> will und fordert, dass die Lehrkräfte an allen Schularten<br />
grundsätzlich gleich bezahlt werden, Unterschiede soll es nur noch<br />
nach der Ausbildung und der auszuübenden Tätigkeit geben. So<br />
sollen z.B. mit zwei Staatsexamina Ausgebildete oder mit einer<br />
anerkannt gleichwertigen ausländischen Ausbildung nach der<br />
EG 14, Lehrkräfte mit einer Hochschulausbildung (z.B. Musik-,<br />
Kunst- oder Sportlehrkräfte) nach EG 13, Fachlehrer/innen nach<br />
EG 12 oder Lehrkräfte als Pädagogische Fachkräfte mit diversen<br />
4 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
TARIFPOLITIK<br />
Ausbildungsvoraussetzungen nach EG 10 oder EG 11 vergütet<br />
werden. Durch ein Weiterbildungs- und Qualifikationsrecht soll<br />
ein Aufstieg in die nächst höhere Entgeltgruppe möglich werden.<br />
Die Tarifforderung im Einzelnen kann unter www.gew.de auf der<br />
Homepage des <strong>GEW</strong>-Hauptvorstandes nachgelesen werden.<br />
Ist die Tarifvorstellung der <strong>GEW</strong> nicht zu hoch gegriffen? Für<br />
Arbeitgeber sind alle höhere Kosten verursachende Zielvorstellungen<br />
der Gewerkschaften unrealistisch. Diesen Schuh müssen sich<br />
Arbeitnehmer nicht auch noch selbst anziehen. Aber jedermann<br />
weiß: Eine gewerkschaftliche Tarifforderung ist noch nicht der<br />
spätere Tarifabschluss. Erfahrungsgemäß ist sie eine wichtige Basis<br />
für einen im Laufe der Verhandlungen mit den Arbeitgebern zu<br />
erzielenden Kompromiss. Konkret geht es der <strong>GEW</strong> nicht nur um<br />
höhere Bezahlung der im Schuldienst tätigen Tarifbeschäftigten,<br />
sondern auch um deren gerechte Bezahlung, mit der die alten Zöpfe<br />
der sachfremden Ungleichbehandlung diverser vergleichbarer Gruppen<br />
von Lehrkräften abgeschnitten werden. Schon allein für dieses<br />
Ziel lohnt es sich zu kämpfen. Außerdem gibt es bei der Bezahlung<br />
der angestellten Lehrkräfte im Vergleich zu ihren Kolleginnen und<br />
Kollegen im Beamtenverhältnis seit Jahren durchaus Nachholbedarf,<br />
sodass schon deswegen auch eine Forderung nach höherer Vergütung<br />
ihren Sinn hat. Hinzu kommt, dass neueingestellte Tarifbeschäftigte<br />
aufgrund der neuen Entgeltstruktur seit 2006 schlechter bezahlt<br />
werden als früher nach dem BAT. Hier haben die öffentlichen Arbeitgeber<br />
bundesweit seitdem schon Milliarden eingespart.<br />
Die Verhandlungen schleppen sich voran<br />
Die Arbeitgeber haben in den bisherigen sechs Verhandlungsrunden<br />
nur wenig inhaltlich gearbeitet und beziehen sich immer wieder<br />
auf die ihnen liebe, aber in der Praxis schon lange nicht mehr<br />
stimmige Vergleichbarkeit mit den beamteten Lehrkräften - eine<br />
Ideologie, von der sie sich nicht gern trennen wollen. Immer wieder<br />
schwingt in den Verhandlungen auch mit, dass die Arbeitgeber<br />
ja keinen Tarifvertrag benötigten, denn für sie sei mit ihren Arbeitgeberrichtlinien<br />
schließlich alles geregelt, egal ob gerecht und<br />
diskriminierungsfrei. Um einen ersten „Warnschuss“ in Richtung<br />
Arbeitgeberlager abzugeben, waren deshalb in der Woche vom 03.<br />
bis 07. Mai 2010 Warnstreiks durchgeführt worden. Die weitere<br />
Entwicklung und ob weitere Streiks erforderlich werden, hängt<br />
vorwiegend davon ab, ob die Arbeitgeber in Zukunft seriös und<br />
zielführend verhandeln.<br />
Vielleicht weitere Streiks - warum?<br />
Zurzeit deutet alles darauf hin, dass nach den Sommerferien weitere<br />
Arbeitskampfmaßnahmen erforderlich werden, sollten die Arbeitgeber<br />
nicht von ihrer Ideologie ablassen und sich nicht ernsthaft<br />
auf die Verhandlung der einzelnen gewerkschaftlichen Forderungen<br />
einlassen. Obwohl die Beteiligung am 04. Mai für einen Auftakt<br />
durchaus zufriedenstellend war, werden die Arbeitgeber jetzt sicher<br />
noch nicht mit offenen Armen auf die Gewerkschaften zugehen.<br />
Hierzu wird mehr öffentlicher Druck notwendig sein, d.h. es werden<br />
sich mehr tariflich beschäftigte Lehrkräfte an Streikmaßnahmen<br />
beteiligen müssen, um von den Arbeitgebern mehr zu erreichen als<br />
ihnen lediglich ein Zeichen zu setzen, wie dies noch am 04. Mai<br />
der Fall war.<br />
Streiks sind legitime und grundgesetzlich geschützte Druckmittel<br />
im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen. Viele Pädagoginnen<br />
und Pädagogen im Schuldienst haben mit Arbeitskämpfen wenig<br />
Erfahrung und sie fühlen Unbehagen, ihren Arbeitsplatz Schule<br />
zu verlassen, ihre Schülerinnen und Schüler oder ihre beamteten<br />
Kolleginnen und Kollegen „im Stich zu lassen“. Auf eine solche<br />
Haltung der Beschäftigten bauen die Arbeitgeber, denn sie wissen,<br />
damit schon die halbe Miete für ihre Position eingefahren zu haben.<br />
Verhandlungsbereitschaft stellt sich dagegen oft erst dann ein,<br />
wenn möglichst viele Arbeitnehmer gemeinsame Sache machen<br />
und gemeinsam Druck ausüben. Arbeitgeber in der Privatwirtschaft<br />
befürchten Produktionsausfälle durch Streiks, die Arbeitgeber im<br />
öffentlichen Dienst eher die öffentliche Meinung, in der Regel<br />
beeinflusst durch die Medien. Schon bei dem ersten Warnstreik am<br />
04. Mai hat sich gezeigt, dass die Presse, insbesondere Rundfunk<br />
und Fernsehen, breites Interesse an den Streikmaßnahmen im<br />
Schuldienst und Verständnis für die Tarifforderungen gezeigt haben.<br />
Darauf müssen die tarifbeschäftigten Lehrkräfte aufbauen, wenn<br />
weitere Arbeitskampfmaßnahmen nach den Sommerferien erforderlich<br />
werden sollten, sofern die Arbeitgeber die Verhandlungen dann<br />
weiterhin nicht mit dem Ziel einer baldigen Einigung führen.<br />
Dürfen Lehrkräfte überhaupt streiken?<br />
Die Beteiligung an gewerkschaftlich organisierten Arbeitskampfmaßnahmen<br />
ist auch in Schulen ein von der Verfassung geschütztes<br />
Grundrecht, durch dessen Inanspruchnahme tariflich beschäftigte<br />
Lehrkräfte nicht benachteiligt oder verfolgt werden dürfen. Dies<br />
hat das Bundesarbeitsgericht in Fällen angestellter Lehrkräfte ausdrücklich<br />
bestätigt. Der Arbeitsplatz Schule ist insoweit kein anderer<br />
Arbeitsplatz als jeder andere Arbeitsplatz in der Privatwirtschaft oder<br />
im öffentlichen Dienst. Das in Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes<br />
verbürgte Streikrecht gilt jedenfalls für arbeitsvertraglich Beschäftigte<br />
auch hier und steht über dem Bildungsauftrag der Schule.<br />
Text und Fotos: Udo Küssner<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
5
<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />
DAS WÜNSCHENSWERTE UND DAS MACHBARE<br />
Bildungsministerin Doris Ahnen im Gespräch mit der <strong>GEW</strong><br />
(gh) Um die Themen Schulstrukturentwicklung, Lehrerbesoldung,<br />
Gymnasien, Grundschulen und Kindertagesstätten<br />
ging es in einem Gedankenaustausch zwischen Bildungsministerin<br />
Doris Ahnen und dem Geschäftsführenden Vorstand<br />
der <strong>GEW</strong> in der Mainzer Geschäftsstelle der Bildungsgewerkschaft.<br />
Dabei wurde sehr viel Übereinstimmung im<br />
Grundsätzlichen deutlich; unterschiedliche Auffassungen<br />
gab es bei der Frage, was vom Wünschenswerten auch realpolitisch<br />
machbar ist.<br />
Die Schulstruktur<br />
Ludwig Julius von der Fachgruppe Realschule führte<br />
eingangs aus, die <strong>GEW</strong> sehe die vom Land als Erfolg<br />
verbuchte Realschule plus zwiespältig: Zwar gebe es mehr<br />
gemeinsames Lernen, doch sei die Beibehaltung der unterschiedlichen<br />
Schularten ab Klasse 7 in der kooperativen<br />
Form enttäuschend. Für die <strong>GEW</strong> liege die Zukunft in der<br />
weiteren Ausweitung der Gesamtschullandschaft.<br />
In ihrer Antwort auf die Frage nach den Perspektiven der<br />
Schulstrukturentwicklung wies Doris Ahnen zu Beginn<br />
auf unterschiedliche Betrachtungsweisen auch wegen<br />
unterschiedlicher Rollen hin. Sie betonte, in Rheinland-<br />
Pfalz sei die Selektivität des Bildungswesens im Vergleich<br />
zu anderen Bundesländern deutlich zurückgegangen. Als<br />
Ursachen führte sie u. a die flächendeckende Einführung<br />
von Ganztagsschulen (mit zunehmender Tendenz zur<br />
Rhythmisierung), die Realschule plus und die Neugründungen<br />
von Integrierten Gesamtschulen an. Aus Realschulen<br />
plus könnten nach ihrer Meinung unter bestimmten<br />
Voraussetzungen auch weitere Gesamtschulen entstehen,<br />
wobei sie großen Wert auf „echte IGSen“ lege, in denen<br />
auch das obere Leistungsspektrum vertreten ist.<br />
Eine ähnliche Linie gelte auch für die für das Image der<br />
Realschule plus wichtigen Fachoberschulen. Hier würden<br />
nur „gute Fachoberschulen“ genehmigt mit einem<br />
ausgereiften Konzept, ausreichenden Anmeldezahlen<br />
und guten Kooperationsmöglichkeiten mit den Unternehmen<br />
vor Ort. Die Absolventinnen und Absolventen<br />
der Fachoberschulen hätten dann auch die Option, über<br />
die Berufsoberschule 2 die allgemeine Hochschulreife zu<br />
erlangen. Mit dem mittleren Bildungsabschluss der RS+<br />
seien darüber hinaus wie bisher Wege in die Oberstufen<br />
von Integrierten Gesamtschulen und Gymnasien, in die<br />
Beruflichen Gymnasien, die Höheren Berufsfachschulen<br />
und selbstverständlich in die duale Ausbildung offen.<br />
Die Besoldung<br />
Nun in der Funktion als HPR-Vorsitzender sprach Ludwig<br />
Julius die überaus erfolgreiche Postkartenaktion von<br />
<strong>GEW</strong>, VBE und VDR an, in der die gleiche Besoldung<br />
nach A 13 für alle Lehrkräfte an Realschulen plus gefor-<br />
dert wird. Bildungsministerin Doris Ahnen bezeichnete<br />
die Forderung als verständlich, aber aus finanziellen<br />
Gründen für nicht machbar. Sie wies darauf hin, dass<br />
mit dem neuen Lehramt RS+ alle künftigen Lehrkräfte<br />
nach A 13 bezahlt werden. Im Übrigen kosteten allein<br />
die neuen Beförderungsmöglichkeiten, die im Rahmen<br />
der Dienstrechtsreform geschaffen würden, bei Lehrern<br />
in A 12, die auch für die Grundschulen gälten, 12 Millionen<br />
Euro.<br />
Die Gymnasien<br />
Die stellvertretende <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Sybilla<br />
Hoffmann charakterisierte vor ihrer Frage nach Möglichkeiten<br />
zur Entlastung die Situation an den Gymnasien<br />
des Landes: Der Run, gerade in Großstädten, sei ungebrochen;<br />
es kämen immer mehr Kinder mit Förderbedarf<br />
und / oder aus schwierigen sozialen Verhältnissen an die<br />
Gymnasien. Problematisch seien auch sehr große Schulen<br />
mit über 50 Klassen. Von daher seien u. a. Schulsozialarbeit<br />
auch an ihrer Schulart sowie die Erhöhung der<br />
Entlastungspauschale dringend erforderlich.<br />
Doris Ahnen antwortete, sie sehe die Probleme, bitte aber<br />
um Verständnis, dass Verbesserungen nur schrittweise<br />
möglich seien. Zur Frage der Ausweitung der Schulsozialarbeit<br />
verwies sie auf ihre Initiative im Vorfeld des<br />
letzten Bildungsgipfels, mit zwei Milliarden Euro von<br />
Bund und Ländern jeder Schule eine Schulsozialarbeiterin<br />
oder einen Schulsozialarbeiter zu finanzieren. Leider sei<br />
dieser Vorstoß am Bund gescheitert.<br />
Die Grundschulen / Der Lehrkräftebedarf<br />
Klaus-Peter Hammer, <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzender und<br />
Mitglied im HPR-Grundschulen, beschrieb die schwierigen<br />
Rahmenbedingungen für Lehrkräfte an Grundschulen.<br />
Hier sei zumindest eine Senkung der Klassenmesszahlen<br />
auf 25 wie in der Orientierungsstufe der RS<br />
+ überfällig.<br />
Die Bildungsministerin verwies darauf, dass nach der<br />
Senkung der Klassenmesszahl in der Orientierungsstufe<br />
der Realschule plus auch in Grundschulen schrittweise<br />
Verbesserungen umgesetzt würden. Die Klassengröße in<br />
den Grundschulen sei bereits bei den Eingangsklassen auf<br />
28 Kinder abgesenkt worden und diese Klassenmesszahl<br />
wachse nun durch.<br />
Was den Lehrkräftebedarf an allen Schularten angehe,<br />
könne - so das Fazit einer Studie von Prof. Dr. Klaus<br />
Klemm - in Rheinland-Pfalz rechnerisch der Bedarf künftig<br />
gedeckt werden. Damit entkopple sich das Land ein<br />
Stück weit von der bundesweiten Entwicklung. Allerdings<br />
sei für die konkrete Personalplanung eine differenzierte<br />
Betrachtung nach Schularten und Fächern nötig, die im<br />
Rahmen einer auf KMK-Ebene abgestimmten Prognose<br />
angestellt werden solle.<br />
6 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />
Die Kindertagesstätten<br />
Gewerkschaftssekretär und Kita-Experte Bernd Huster<br />
vom Regionalbüro Nord lobte die enormen strukturellen<br />
und inhaltlichen Anstrengungen des Landes im Kindertagesstättenbereich.<br />
Dennoch gebe es noch Baustellen: der<br />
Personalschlüssel, die Freistellung für Leitungstätigkeiten<br />
und der Fachkräftebedarf.<br />
Doris Ahnen dazu: „Ich könnte mir natürlich noch mehr<br />
für die Kindertagesstätten vorstellen, aber es ist wahnsinnig<br />
viel Geld in die Kitas geflossen. Rheinland-Pfalz ist in<br />
diesem Bereich bundesweit überall führend.“<br />
Wie schon in seinem Eingangsstatement pflichtete Bernd<br />
Huster dem dabei, wies jedoch darauf hin, dass die Investitionen<br />
gemessen an der Zielstellung immer noch zu<br />
gering seien.<br />
Klaus-Peter Hammer bedankte sich abschließend bei<br />
Bildungsministerin Doris Ahnen für das offene und faire<br />
Gespräch. Beim nächsten Treffen soll u. a. auch das Thema<br />
berufliche Bildung auf die Tagesordnung.<br />
„GLEICHES GELD FÜR GLEICHE ARBEIT“<br />
Die Fachgruppen Haupt- und Realschule bei CDU und Grünen<br />
Im Rahmen ihrer Aktivitäten für eine einheitliche<br />
Eingangsbesoldung aller Lehrämter und gegen die<br />
Besoldungsdiskriminierung an der Realschule plus<br />
führten Vertreter der Landesfachgruppen Haupt- und<br />
Realschule der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz, unterstützt durch<br />
den Landesvorsitzenden Klaus-Peter Hammer, Gespräche<br />
mit Vertretern der GRÜNEN (17.5.10) und der CDU<br />
(18.5.10).<br />
Mit Daniel Köbler, dem Landesvorstandssprecher der<br />
GRÜNEN, war sich die <strong>GEW</strong> schnell einig darin, dass die<br />
Entwicklung von Strukturen für ein längeres gemeinsames<br />
Lernen nur dann wirklich gelingen wird, wenn die pädagogische<br />
Arbeit aller Lehrkräfte als grundsätzlich gleichwertig<br />
anerkannt wird. Und daraus folgt zwangsläufig die<br />
einheitliche Eingangsbesoldung aller Lehrämter. Für die<br />
<strong>GEW</strong> sind damit die GRÜNEN, die sich gute Chancen<br />
ausrechnen, im nächsten Landtag wieder vertreten zu sein,<br />
auch in der Frage der Besoldungsgerechtigkeit wichtige<br />
Bündnispartner. Sie teilen die Forderung der <strong>GEW</strong>, dass<br />
es darum gehen muss, auch den Lehrkräften, die bereits<br />
jetzt im Dienst einer Realschule plus sind, eine Perspektive<br />
zu eröffnen. Diskutiert wurde daher die Möglichkeit<br />
eines Stufenplans, durch den von Jahr zu Jahr ein immer<br />
größerer Anteil von Kolleginnen und Kollegen, auch an<br />
Grundschulen und Integrierten Gesamtschulen, auf A<br />
13 angehoben wird.<br />
Im Gespräch mit den bildungspolitischen Spitzen<br />
der CDU-Landtagsfraktion und ihrem Vorsitzenden<br />
Christian Baldauf war sofort klar, dass für die rheinland-<br />
pfälzische CDU Bildung ein zentrales Thema des Landtagswahlkampfs<br />
sein wird. Wichtigstes Gesprächsziel der<br />
<strong>GEW</strong> war es, die CDU für das Gerechtigkeitsproblem an<br />
der Realschule plus zu sensibilisieren und die Gleichwertigkeit<br />
aller Lehrämter zu fordern. Als Erfolg ist zu werten,<br />
dass die Vertreter der CDU ihre Bereitschaft erklärt haben,<br />
den „richtigen Ansatz“ „gleiche Arbeit - gleicher Lohn“ auf<br />
die Lehrerbesoldung zu übertragen, und folglich zugesagt<br />
haben, auch das Problem der Ungleichbehandlung an der<br />
Realschule plus „anzugehen“. Auf Dauer könne nicht<br />
ungleich bezahlt werden!<br />
Der Weg dort hin wurde dann allerdings strittig diskutiert.<br />
Die Vorstellung der CDU, eine Höherstufung<br />
von A 12 auf A 13 müsse man sich „verdienen“, dem<br />
müsse auch die Leistung entsprechen und beispielsweise<br />
mit der Wahrnehmung von Zusatzfunktionen in der<br />
Schule verknüpft sein, wurde von den <strong>GEW</strong>-Vertretern<br />
entschieden zurückgewiesen. Wenn schon die CDU über<br />
einen von Kriterien gestützten Stufenplan nachdenkt, so<br />
ist nach Meinung der <strong>GEW</strong> die berufliche Erfahrung<br />
die entscheidende Qualifikation, und damit hat das<br />
Dienstalter maßgebliche Priorität. Für die <strong>GEW</strong> war<br />
erkennbar, dass sie damit wichtige Denkanstöße für den<br />
an dieser Stelle noch offenen Diskussionsprozess in der<br />
Partei gegeben haben.<br />
Im nächsten Schritt werden die beiden Landesfachgruppen<br />
der <strong>GEW</strong> ihre seit März laufende Postkartenaktion<br />
zum Abschluss bringen und der Landesregierung präsentieren.<br />
Ludwig Julius / Fotos: Julius / Riegler<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
7
<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />
UNTERSTÜTZUNG AUF DEM WEG IN DEN BERUF<br />
Gespräch zur Ausbildungsmesse „Sprungbrett“ in Ludwigshafen<br />
Sylvia Kuntz ist bei<br />
der LUKOM Ludwigshafen<br />
stellvertretende<br />
Abteilungsleiterin<br />
„Management der<br />
Veranstaltungshäuser“<br />
und Projektleiterin der<br />
„Sprungbrettmesse - Die<br />
Ludwigshafener Messe<br />
für Ausbildung, Studium<br />
und Weiterbildung“.<br />
Frau Kuntz, die Ausbildungsmesse „Sprungbrett“ der Lukom<br />
in Ludwigshafen hat sich bislang als wahre Erfolgsstory erwiesen:<br />
Ein Jahr für Jahr steigendes Angebot an Ausstellern,<br />
parallel dazu auch steigende Besucherzahlen haben die Messe<br />
zu einer „Marke“ in der Metropolregion Rhein-Neckar gemacht.<br />
Bitte stellen Sie unseren Leserinnen und Lesern kurz<br />
vor, was „Sprungbrett“ jungen Menschen auf dem Weg in<br />
eine Ausbildung zu bieten hat.<br />
Sprungbrett ist eine Informations- und Kommunikationsplattform<br />
rund um die Themenbereiche Ausbildung,<br />
Studium und Weiterbildung. Sie gibt ein umfassendes<br />
Bild über die verschiedensten Ausbildungsberufe und<br />
Studiengänge. Die Schüler und Schülerinnen können in<br />
einer ungezwungenen Atmosphäre persönliche Gespräche<br />
mit Ausbildungsleitern führen. Sie können außerdem<br />
derzeitige Auszubildende nach ihren Erfahrungen fragen.<br />
Anhand praktischer Vorführungen werden Berufsbilder<br />
erfahrbar und vorstellbar. Man kann feststellen, wo die eigenen<br />
Neigungen und Talente liegen. Und man kann erste<br />
Kontakte zu seinem Wunschunternehmen knüpfen.<br />
Entscheidend für den nachhaltigen Erfolg solch einer Ausbildungsmesse<br />
ist nach meiner Meinung, ob Aussteller und<br />
Besucher kompatibel sind. Überspitzt gesagt: Wenn 80 Prozent<br />
der angebotenen Ausbildungen Abitur als Voraussetzung<br />
verlangen und aber 80 Prozent der Besucher gerade mal den<br />
Hauptschulabschluss bekommen, bringt das ja nichts. Wie<br />
sind in dieser Hinsicht Ihre Erfahrungen in Ludwigshafen?<br />
Leider ist es in unserer hochtechnologischen Zeit so, dass<br />
viele Ausbildungsberufe mittlerweile als Voraussetzung das<br />
Abitur verlangen. Wir haben mit „Sprungbrett“ allerdings<br />
eine Messe geschaffen, bei der geeignete Ausbildungsplatzangebote<br />
für alle Schultypen vorgestellt werden.<br />
Natürlich gibt es viele Angebote für Abiturienten. Aber<br />
auch für Realschüler und Hauptschüler sind geeignete<br />
Ausbildungsberufe vorhanden. Darauf legen wir Wert.<br />
In unseren Messeleitfäden 2009 hatten wir 45 spezielle<br />
Ausbildungsangebote für Hauptschüler und 85 für Realschüler<br />
aufgelistet. Wir haben auch eine Vielzahl von<br />
Einrichtungen, die über eine Zusatzqualifizierung nach<br />
der eigentlichen Schulzeit informieren. Denn es gilt: Für<br />
eine Weiterbildung ist es nie zu spät!<br />
Wenn man wie ich selbst schon seit Jahren an einem Stand tätig<br />
ist, lassen sich die Erfahrungen ganz schlicht formulieren:<br />
Die Freitagvormittage sind kaum auszuhalten, weil Horden<br />
von oft noch sehr jungen Schülern wie Schnäppchenjäger<br />
durch die Halle toben und alles abgreifen, was sie in die<br />
Finger bekommen. Freitagnachmittag und Samstag sind<br />
super, weil viele motivierte, gut informierte junge Menschen,<br />
oft auch mit Eltern, kommen und intensive Beratungsgespräche<br />
entstehen. Gibt es Überlegungen, den Freitagvormittag<br />
irgendwie besser in den Griff zu bekommen?<br />
Der Freitagvormittag ist in der Tat problematisch, da viele<br />
Schulklassen zur selben Zeit kommen. Wir setzten hier<br />
auch weiterhin auf die Kommunikation mit den Schulen<br />
bezüglich einer optimalen Vorbereitung wie auch auf die<br />
Wahl eines späteren Termins für den Messebesuch. Wir<br />
werden auch von uns aus zukünftig mehr Personal stellen,<br />
die den Freitagvormittag in geordnete Bahnen lenken und<br />
Jugendlichen mit Rat und Tat zur Seite stehen soll. Wir<br />
denken über ein neues Anmeldeverfahren nach, das uns<br />
die Möglichkeit gibt, steuernd einzugreifen. Nichtsdestotrotz<br />
möchten wir am Freitagvormittag als Messetermin<br />
festhalten, da es für manche Jugendliche die einzige<br />
Möglichkeit ist, eine solche Messe zu besuchen.<br />
Auffällig ist auch, dass relativ wenige Gymnasialklassen<br />
auftauchen. Woran liegt das Ihres Erachtens, wie könnte<br />
dieser Anteil gesteigert werden?<br />
Anders als bei Haupt- und Realschulen gibt es an Gymnasien<br />
leider selten einen verantwortlichen Fachlehrer für<br />
Berufskunde und -orientierung. Oft wird die Meinung<br />
vertreten, dass Gymnasialschüler selbstständig genug sind,<br />
sich alleine um ihre weitere berufliche Planung zu kümmern.<br />
Sieht man jedoch die Quoten von Studien- und<br />
Ausbildungsabbrecher wünscht man sich, dass hier ein<br />
Umdenken stattfindet. Jungen Menschen sollte, unabhängig<br />
vom Bildungsniveau, am Start der Berufsplanung<br />
jemand zur Seite stehen, der Ihnen den richtigen Weg<br />
zeigt bzw. die richtigen Informationen zuleitet, damit<br />
eine so weit reichende Entscheidung qualifiziert getroffen<br />
werden kann. Die Sprungbrett-Messe kann hier als eine<br />
solche Orientierungs- und Informationsquelle dienen, da<br />
sie die Gelegenheit bietet sich über Ausbildungsberufe,<br />
aber auch Studiengänge parallel zu informieren. Wir<br />
würden uns daher für die Zukunft wünschen, dass sich<br />
auch an Gymnasien Lehrkräfte finden, die einen Messebesuch<br />
für ihre Schüler organisieren und mit ihnen im<br />
Unterricht vorbereiten.<br />
Was tun Sie, um den Schulen Hilfestellungen vor bzw. bei<br />
dem Messebesuch zu geben?<br />
Zur Sprungbrett-Messe wird eigens eine Messezeitung<br />
angefertigt, die alles Wissenswerte rund um diese Messe<br />
und darüber hinaus enthält. Sie kann als nützlicher Ratgeber<br />
im Vorfeld sowie als Nachschlagewerk im Nachgang<br />
der Messe verwendet werden. Dort sind alle Aussteller<br />
mit Kontaktdaten für eine Bewerbung aufgeführt. Die<br />
Messezeitung wird bereits im Vorfeld (ca. 3-4 Wochen vor<br />
Messestart) an alle Schulen der Region verteilt und kann<br />
im Unterricht oder zu Hause genutzt werden, um sich ein<br />
Bild über die anwesenden Aussteller oder die angebotenen<br />
Ausbildungsberufe und Studiengänge zu verschaffen. Anhand<br />
des Messeplans kann ein konkreter Messerundgang<br />
geplant werden. Ebenfalls sehr interessant ist der Besuch<br />
des Vortragsprogramms. Dort kann man sich Tipps und<br />
Tricks zum Vorstellungsgespräch, zur Bewerbung oder In-<br />
8 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />
formationen zu einzelnen Berufsbildern bzw. Studiengänge<br />
direkt vom Experten holen. Unsere schultypenspezifischen<br />
Messeleitfäden geben an, welche Aussteller Angebote und<br />
Vorträge zum jeweiligen Abschluss anbieten und enthalten<br />
weitere nützliche Tipps und Tricks, wie man sich beim<br />
ersten Kontakt auf der Messe verhält.<br />
Natürlich sind alle unsere Informationen auch über unsere<br />
Homepage www.sprungbrett-lu.de sechs bis acht Wochen<br />
vor der Messe abrufbar.<br />
Auf der Messe selbst weisen Hinweistafeln auf das Programm<br />
bzw. die Standaufteilung hin. Auch die Standnummern<br />
dienen als Orientierung. Selbstverständlich steht den<br />
Besuchern das Sprungbrett-Messeteam am Infoschalter<br />
mit Rat und Tat zur Seite.<br />
Abschließend die eigentlich entscheidende Frage: Was sollten<br />
Lehrkräfte tun, um den Besuch der Sprungbrettmesse für alle,<br />
die daran beteiligt sind, zu einem Erfolg werden zu lassen?<br />
Lehrer sollten den Messebesuch mit ihren Schülern im<br />
Unterricht vorbereiten oder zumindest auf die Notwendigkeit<br />
einer Vorbereitung daheim hinweisen. Nur bei einem<br />
gut vorgebereiteten Messebesuch kann der größtmögliche<br />
Nutzen einer solchen Messe erzielt werden.<br />
Interview: Günter Helfrich<br />
Was ist die LUKOM?<br />
Die LUKOM Ludwigshafener Kongress- und Marketing-Gesellschaft mbH<br />
ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der Stadt Ludwigshafen. Sie ist mit dem<br />
Stadtmarketing und der Verwaltung und Vermietung von Veranstaltungshäusern<br />
und Parkhäusern im Stadtgebiet betraut. Die Friedrich-Ebert-Halle und der<br />
Pfalzbau sind die beiden größten Veranstaltungshäuser der LUKOM. In diesen<br />
Häusern führt die LUKOM auch seit Jahren erfolgreiche Eigenveranstaltungen<br />
in den Bereichen Publikums-Messen, Sportveranstaltungen, kulturelle und<br />
gesellschaftliche Veranstaltungen durch.<br />
Seit 2004 veranstaltet sie die Ausbildungs- und Studienmesse „Sprungbrett“.<br />
Begonnen hat die Messe 2004 im Pfalzbau mit 64 Ausstellern und 7.000 Besuchern.<br />
Durch den Wechsel in die Friedrich-Ebert-Halle ist die Messe deutlich<br />
gewachsen. Zuletzt beteiligten sich 119 Aussteller.<br />
Auch bei der siebten Auflage der Sprungbrettmesse wird wieder ein breites Angebot<br />
aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Weiterbildung erwartet.<br />
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Im Auftrag Ihrer Finanzen:<br />
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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
9
<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />
KLAUS-PETER HAMMERS „HALBZEITBILANZ“ ALS LANDESVORSITZENDER<br />
Klaus-Peter, vergleiche einmal deine Erwartungen an Amt<br />
und Arbeit vor deiner Wahl mit der jetzigen Amtsausübung?<br />
Vor meiner Wahl war mir sehr bewusst, dass es eine große<br />
Aufgabe sein wird, Vorsitzender der <strong>GEW</strong> zu sein. Das<br />
Amt kostet viel Zeit und Energie. Für Hobbys bleibt da<br />
immer weniger Zeit, daran muss ich noch arbeiten. Wir<br />
haben sehr viele Bildungs- und Organisationsbereiche,<br />
für die ich mitverantwortlich bin und für die ich mich<br />
verantwortlich fühle. Hier gibt es nach wie vor viel zu<br />
bewegen. Meine Erwartungen an mich sind sehr hoch<br />
bezogen auf das, was ich erreichen und umsetzen möchte.<br />
Doch habe ich auch gelernt, dass manche Entwicklungen<br />
Zeit brauchen und zum Teil auch viel Geduld, bis sie<br />
erreicht werden können. Ich finde mein Amt sehr herausfordernd<br />
und vielseitig, es macht zwar nicht immer,<br />
doch meist großen Spaß in dieser Funktion tätig zu sein<br />
und für die Kolleginnen und Kollegen Verbesserungen<br />
zu erwirken.<br />
Zwei, drei Beispiele.<br />
Sich einzusetzen für längeres gemeinsames Lernen, ist<br />
ein wichtiges Ziel für die <strong>GEW</strong>. Wichtig ist es auch, an<br />
unserem Profil als die Interessensvertretung für unsere<br />
Mitglieder weiter zu arbeiten, in dem wir uns vehement<br />
für die Arbeitsbedingungen und die Interessen der<br />
Kolleginnen und Kollegen an den Schulen einsetzen.<br />
Durch die Schulstrukturprozesse gibt es vor Ort viele<br />
Veränderungen, die verunsichern und Unzufriedenheit<br />
schaffen, ja Ungerechtigkeit herstellen. So ist z.B. das<br />
Thema der gleichen und gerechten Bezahlung von<br />
Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften an allen<br />
Schularten zurzeit besonders im Fokus. Ohne deutliche<br />
Veränderungen der Rahmen - und Arbeitsbedingungen<br />
gibt es keine guten Reformen im Bildungsbereich. Dies<br />
geht nicht zum Nulltarif und nicht auf dem Rücken<br />
der Beschäftigten. Die <strong>GEW</strong> hat in den letzten beiden<br />
Jahren gezeigt, dass wir eine ernstzunehmende Tarifgewerkschaft<br />
sind. Der Erzieherinnenstreik und der Streik<br />
der angestellten Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte<br />
hat dies deutlich gezeigt. Darauf können wir stolz sein,<br />
und daran gilt es natürlich weiterzuarbeiten. Die derzeitige<br />
positive Mitgliederentwicklung spricht für sich.<br />
Eine große innergewerkschaftliche Aufgabe ist es, den<br />
Generationenwechsel vorzubereiten und neue Mitstreiterinnen<br />
und Mitstreiter für unsere gewerkschaftlichen<br />
Gremien auf Landes-, Bezirks- und Kreisebene und für<br />
die Stufenvertretungen zu finden.<br />
Bist du dir treu geblieben, oder musstest du Kompromisse<br />
eingehen?<br />
Im Großen und Ganzen bin ich meiner Linie und meinen<br />
bildungspolitischen Positionen treu geblieben. Doch ohne<br />
Kompromisse geht es sicherlich nicht, dies gilt besonders<br />
für eine Gewerkschaft, die so vielfältig und facettenreich<br />
ist wie die <strong>GEW</strong>. Auch sind Kompromisse notwendig, um<br />
manche politische Zielsetzungen zu erreichen.<br />
Gibt es Erfahrungen, mit denen du nicht gerechnet hast?<br />
So richtig überrascht hat mich bisher kaum etwas. Doch<br />
gibt es manche Situationen, die ich mir so nicht vorgestellt<br />
habe. Es ist klar, dass man als Vorsitzender öfters im Fokus<br />
der Kritik steht, dies gehört ja auch dazu. Schwierig ist<br />
es manchmal, wenn die Kritik unsachlich ist und man<br />
persönlich angegriffen wird. Doch habe ich in erster<br />
Linie positive Erfahrungen gemacht. Auch finde ich die<br />
Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in<br />
der <strong>GEW</strong> insgesamt gut, wenn auch noch mehr getan<br />
werden könnte und müsste.<br />
Es gibt nicht wenige Leute in der <strong>GEW</strong>, die einen Kuschelkurs<br />
gegenüber der derzeitigen Regierung beklagen und ein<br />
entschiedeneres Auftreten von dir wünschen, gerade angesichts<br />
der Schulreform in Richtung Realschule plus. Stelle dir vor,<br />
die CDU hätte die Realschule plus beschlossen.<br />
Nun ich glaube nicht, dass man mir einen Kuschelkurs<br />
vorwerfen kann, und wer unsere Presseerklärungen in den<br />
letzten zwei Jahren gelesen und mitverfolgt hat, fand und<br />
findet dort einen klaren Beleg dafür. Was die Realschule<br />
plus angeht, hatten wir von Anfang an einen klaren und<br />
deutlichen Kurs gefahren, was der <strong>GEW</strong> auch Kritik<br />
eingebracht hat. Aber es ist wie in vielen Dingen, es gibt<br />
unterschiedliche Erwartungen und Wahrnehmungen.<br />
Und wer mich kennt, weiß, dass ich entschlossen bin<br />
und dass ich beharrlich bin, besonders was das Verfolgen<br />
von unseren Zielsetzungen angeht. Ich persönlich halte<br />
allerdings nichts davon, einfach nur mal so auf den Tisch<br />
zu hauen, nur dass es mal laut war. Dies ist nicht meine<br />
Art. Ich bin davon überzeugt, dass man durch Dialog<br />
und Gesprächsbereitschaft auf die Dauer mehr erreichen<br />
kann. Dies gilt für alle Parteien. Hierzu gehört, dass wir<br />
uns klar positionieren. Und dies haben wir bezüglich der<br />
Realschule plus und in anderen Bereichen deutlich getan.<br />
Wenn es sein muss, dann gehen wir auf die Straße und<br />
zeigen deutlich unseren Unmut und werden laut. Maxime<br />
unseres Handelns sind hierbei unsere gewerkschaftlichen<br />
Interessen. Dies gilt ebenfalls für alle Parteien und deren<br />
Zielsetzungen. Was die Realschule plus angeht, glaube ich<br />
nicht, dass die CDU diese Reform auf die Beine gestellt<br />
hätte, sie hätte die Schulstruktur nicht geändert und wir<br />
würden sie dafür kritisieren. Nun ist es unsere Aufgabe,<br />
uns in den Schulen für die Kolleginnen und Kollegen und<br />
die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit einzusetzen.<br />
Aber ist es nicht deprimierend, dass die Regierung mit der<br />
Realschule plus eine Schule auf den Weg bringt, die von dem<br />
Ziel des längeren gemeinsamen Lernens und der integrativen<br />
Schule, wie es auf dem Hamburger Parteitag der SPD<br />
formuliert worden ist, weit entfernt ist?<br />
Da gebe ich dir vollständig recht, und das ist auch etwas,<br />
10 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH / BILDUNGSPOLITIK<br />
Unser Redaktionsmitglied<br />
Dr. Paul Schwarz<br />
sprach mit Klaus-Peter<br />
Hammer über seine<br />
ersten beiden Jahre<br />
als <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzender.<br />
was mich enttäuscht hat. Ich hätte mir hier mehr gewünscht.<br />
Die Realschule plus ist keine adäquate Antwort<br />
auf diese Forderung. Was die Umgestaltung der Hauptschule<br />
und Realschule zur Realschule plus angeht, so hätte<br />
ich mir von der SPD einen mutigeren Schritt gewünscht,<br />
zumindest eine Realschule plus nur in integrativer Form.<br />
Nun ist es wichtig, dass man den flächendeckenden Ausbau<br />
von Gesamtschulen politisch aktiv unterstützt und<br />
nicht - wie so oft der Fall - behindert. Dazu gehört, dass<br />
alle Schulen, die sich im Aufbau befinden, besserer Rahmenbedingungen<br />
z.B. für die Planungsgruppen erhalten,<br />
denn diese entscheiden über wichtige Grundlagen der<br />
zukünftigen Schule und auch damit, dass sie erfolgreich<br />
an den Start gehen können.<br />
„Eine Schule für alle“ ist nach wie vor das erklärte Ziel der<br />
<strong>GEW</strong>. Wie können wir diesem Ziel näher kommen, gerade<br />
auch im Hinblick auf die kommende Landtagswahl, wie<br />
kann man z.B. über Lehrkräfte die Eltern stärker mobilisieren?<br />
Was diese Frage angeht, haben wir als Bildungsgewerkschaft<br />
eine klare und eindeutige Beschlusslage, hinter<br />
der stehe ich, und ich finde es nach wie vor wichtig und<br />
richtig, dass wir uns für längeres gemeinsames Lernen<br />
einsetzen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der<br />
wir uns stellen, damit möglichst alle Kinder gemeinsam<br />
unterrichtet werden können.<br />
Wir werden uns stärker in die politische Diskussion einmischen<br />
und sowohl den Weg als auch das Ziel „längeres<br />
gemeinsames Lernen“ nicht aus dem Blick verlieren,<br />
vor und nach der Landtagswahl nicht. Klar ist, dass die<br />
Rahmenbedingungen stimmen müssen. Da haben wir<br />
auch die Eltern auf unserer Seite. Sicherlich haben die<br />
Elternvertreter verständlicherweise nicht unbedingt die<br />
gleichen Ansichten wie wir, aber doch ähnliche und<br />
überschneidende Interessen. Hier sehe ich große Chancen,<br />
um für gemeinsame Ziele zu streiten, was ja auch in<br />
den vergangenen Jahren schon erfolgreich geschehen ist.<br />
Durch entsprechende Informationsveranstaltungen kann<br />
es gelingen, noch mehr Eltern, aber auch Kolleginnen und<br />
Kollegen und Politiker zu überzeugen und mitzunehmen<br />
auf dem Weg zum längeren gemeinsamen Lernen. Wie<br />
schon gesagt, eines wird hierbei sehr deutlich sein: Ohne<br />
gute Rahmenbedingungen geht es nicht. Eine Reform,<br />
kann nicht zu Lasten der Kolleginnen und Kollegen umgesetzt<br />
werden. Da werden wir uns in den Weg stellen.<br />
Wie sehen die nächsten Schritte aus vor der Landtagswahl. Ist<br />
da an eine stärkere Mobilisierung gedacht, wenn es um die<br />
Schule für alle geht oder um die inklusive Schule?<br />
Beide Forderungen und Ziele haben wir ja schon länger<br />
thematisiert, deshalb wird es keine konkrete Kampagne<br />
dafür geben, auch deshalb nicht, weil wir damit nichts<br />
gewinnen. Die Schulstruktur ist eingetütet, die SPD wird<br />
daran nichts verändern und die CDU vermutlich auch<br />
nicht. Wir müssen uns dort, wo Entscheidungen vor Ort<br />
getroffen werden, stärker einmischen, doch dies habe ich<br />
ja schon dargestellt. Was wir stärker thematisieren wollen,<br />
auch im Wahlkampf, ist die Frage der Bildungsfinanzierung.<br />
Da hängt alles dran. Wenn wir uns die derzeitige<br />
wirtschaftliche Entwicklung ansehen und den Sparkurs,<br />
der überall gefahren wird, vor allem und von der Bundesregierung,<br />
hat das gravierende Auswirkungen auf den<br />
ganzen Bildungsbereich und damit auf die Umsetzbarkeit<br />
aller unserer Forderungen. Auf keinen Fall werden wir<br />
Kürzungen im Bildungsbereich zustimmen.<br />
Und wer sich mit Bildungsfinanzierung beschäftigt, stellt<br />
fest, dass die Bildungsausgaben in Deutschland dem internationalen<br />
Vergleich deutlich hinterher hinken. Nicht<br />
nur deshalb werden wir keinen Kürzungen zustimmen, wir<br />
werden vielmehr deutlich mehr Ausgaben im Bildungsbereich<br />
fordern, allen Sparfüchsen und Sparzwängen zum<br />
Trotz. Dies ist die entscheidende und wichtige Investition<br />
für die Zukunft unseres Landes.<br />
<strong>GEW</strong>: SCHULSTRUKTURREFORM IN RLP NICHT KONSEQUENT GENUG!<br />
„Für die <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz ist die von der Landesregierung<br />
auf den Weg gebrachte Schulstrukturreform ein Schritt in die<br />
richtige Richtung. Dies gilt vor allem für die erkennbaren Ansätze<br />
zu längerem gemeinsamen Lernen in der Orientierungsstufe<br />
der Realschule plus und bei der Realschule plus in integrativer<br />
Form. Auch die positiv zu bewertende große Anzahl<br />
von Anträgen vieler Schulträger auf Einrichtung neuer Integrierter<br />
Gesamtschulen ist mittelbar eine Folge des politischen<br />
Beschlusses, die Hauptschulen in Rheinland-Pfalz abzuschaffen“,<br />
sagte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer<br />
zu der vor der Presse geäußerten Ansicht von Bildungsministerin<br />
Doris Ahnen, die Schulstruktur gehe in Rheinland-Pfalz zügig<br />
voran.<br />
Für Hammer ist aber die Trennung der Schülerinnen und<br />
Schüler, die nach der 6. Klasse im kooperativen Modell<br />
in den Bildungsgang der Berufsreife „einsortiert“ würden,<br />
nicht nur eine soziale Abwertung, damit werde faktisch<br />
auch wieder ein Hauptschulzweig geschaffen. Wenn die<br />
Landesregierung konsequent sein und die Hauptschule<br />
endgültig abschaffen wolle, müsse sie von dem kooperative<br />
Modell der Realschule plus so schnell wie möglich<br />
Abstand nehmen, meinte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />
Die vorher gegenüber der Hauptschule skeptischen Eltern<br />
würden bald merken, dass das kooperative Modell eine<br />
„Mogelpackung“ sei.<br />
Da die bildungspolitische Zielsetzung, mehr Jugendliche<br />
zu höheren Abschlüssen zu führen, grundsätzlich richtig<br />
ist, lehne die <strong>GEW</strong> eine auf der Grundlage der KMK-Vereinbarung<br />
vom 6.5.2008 aufgebaute Fachoberschule an<br />
der RS plus nicht ab. Allerdings dürften die Entwicklung<br />
und Errichtung von Fachoberschulen nicht in direkter<br />
Konkurrenz zu den Angeboten der berufsbildenden<br />
Schulen vorangetrieben werden. In Städten mit vielfäl-<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
11
BILDUNGSPOLITIK / KINDERTAGESSTÄTTEN<br />
tigem berufschulischen Angebot seien Fachoberschulen<br />
zumindest fragwürdig. Im Rahmen der Schulentwicklungsplanung<br />
müsse daher der Bedarf geprüft und die<br />
mögliche Fachrichtung einer Fachoberschule darüber<br />
hinaus mit der regionalen Wirtschaft abgeklärt werden,<br />
bevor Genehmigungen erfolgten.<br />
Hammer wies auch kritisch darauf hin, dass mit der<br />
Zusammenlegung zweier Schularten in einer Reihe von<br />
Realschulen plus die formale Trennung keineswegs erledigt<br />
sei. Nicht selten gebe es in der Praxis nicht nur bei<br />
den Schülerinnen und Schülern, sondern auch bei den<br />
Lehrkräften noch eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“, die<br />
in einigen Schulen darin gipfele, dass nach wie vor zwei<br />
getrennte Lehrerzimmer existierten. „Die Hauptschulkolleginnen<br />
und -kollegen fühlen sich in diesen Fällen zu<br />
Recht benachteiligt, einmal abgesehen davon, dass sie für<br />
gleiche Arbeit in derselben Schule und Schulart weniger<br />
Geld erhalten, wie übrigens ihre Kolleginnen und Kollegen<br />
an den Gesamtschulen auch. Für die <strong>GEW</strong> wäre es skandalös,<br />
wenn die Landesregierung dies nicht in absehbarer<br />
Zukunft ändert“, meinte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />
pm<br />
<strong>GEW</strong> FORDERT KONKRETE AKTIONEN ZUR VERMEIDUNG EINES<br />
FACHKRÄFTEMANGELS IN DEN KINDERTAGESSTÄTTEN<br />
„Um dem drohenden Fachkräftemangel in den rheinlandpfälzischen<br />
Kindertagesstätten zu entgehen, gleichzeitig<br />
aber den Bildungsauftrag ungeschmälert zu erfüllen, müssen<br />
das Land Rheinland-Pfalz und die Träger der Einrichtungen<br />
dringend konkrete Maßnahmen ergreifen“, das forderte<br />
der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer als<br />
Reaktion auf die Mitte Juni der Öffentlichkeit vorgestellte<br />
Studie von Prof. Dr. Sell von der Fachhochschule Koblenz.<br />
Hammer warnte eindringlich davor, aus Kostengründen<br />
bessere Ergebnisse durch Verschlechterungen bei der<br />
Ausbildung der Fachkräfte oder durch Hinterfragen<br />
erreichter oder notwendig werdender Standards erzielen<br />
zu wollen. Insbesondere dürften der beschlossene Ausbau<br />
der Kinderbetreuung nicht wieder in Frage gestellt bzw.<br />
die Rahmenbedingungen (Gruppengrößen, Personalbemessung<br />
etc.) verschlechtert werden.<br />
Nach Auffassung der <strong>GEW</strong> müssen unverzüglich folgende<br />
Maßnahmen in die Wege geleitet werden:<br />
• Die Ausbildungskapazitäten müssen schnell erhöht und<br />
eine Werbekampagne für den ErzieherInnenberuf muss<br />
gestartet werden.<br />
• Die Ausbildung darf keineswegs gekürzt, sie muss vielmehr<br />
dem Bildungsauftrag entsprechend weiterentwickelt<br />
werden, um auf diesem Weg eine größere Attraktivität für<br />
den Beruf zu erreichen.<br />
• SeiteneinsteigerInnen sollen nur zugelassen werden,<br />
wenn sie für diesen Beruf geeignet sind und ausreichend<br />
qualifiziert werden (Maßstab für Umfang und Inhalte von<br />
Umschulungen ist die ErzieherInnenausbildung).<br />
• Die <strong>GEW</strong> fordert, dass die Träger von Einrichtungen<br />
zukünftig alle Stellen unbefristet und ohne Zwangsteilzeit<br />
vergeben.<br />
• Um die Verweildauer im Beruf zu erhöhen (späteres<br />
Renteneintrittsalter), müssen Arbeitsbedingungen altersgerecht<br />
gestaltet werden (Entlastungsmöglichkeiten für<br />
ältere Erzieherinnen und Erzieher).<br />
• Um genügend neue BewerberInnen zu finden und die<br />
Beschäftigten im Beruf zu halten, muss die Bezahlung<br />
der Beschäftigten in den Kindertagesstätten grundlegend<br />
verbessert werden.<br />
Hammer bedauerte, dass die - insgesamt lobenswerte -<br />
Studie nicht schon früher in Auftrag gegeben wurde.<br />
pm-gew<br />
12 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
KINDERTAGESSTÄTTEN<br />
ORGANISATORISCHES<br />
ORGANISATORISCHES<br />
Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
Tagungsgebühr:<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglieder kostenfrei.<br />
Nichtmitglieder 20 €.<br />
Die Tagungsgebühr wird vor Ort in bar erhoben.<br />
Alle TeilnehmerInnen erhalten ein Mittagessen<br />
inklusive ein Getränk in der Mensa.<br />
Anmeldung auch unter www.gew-rlp.de möglich.<br />
Tag der frühkindlichen<br />
Bildung 2010<br />
Gemeinsam wachsen -<br />
klein und groß!<br />
VERANSTALTER<br />
VERANSTALTER<br />
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Neubrunnenstraße 8 · 55116 Mainz<br />
Tel.: 06131 28988-0<br />
Fax: 06131 28988-80<br />
E-Mail: gew@gew-rlp.de<br />
www.gew-rlp.de<br />
Es gibt nur eins was auf<br />
Dauer teurer ist als Bildung:<br />
Keine Bildung.<br />
John. F. Kennedy<br />
mit freundlicher Unterstützung von<br />
Bildungs- und Förderungswerk der<br />
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
im DGB e.V.<br />
Reifenberger Straße 21<br />
60489 Frankfurt am Main<br />
ABLAUF<br />
ABLAUF<br />
Donnerstag, 07. Oktober 2010<br />
9.00 - 15.30 Uhr<br />
Universität Koblenz-Landau<br />
Campus Koblenz<br />
INHALT<br />
INHALT<br />
08.30-09.30 Uhr<br />
ankommen, anmelden, informieren, stöbern<br />
<strong>GEW</strong>-Infostand, Fachbücher, Ansprechpartner TVöD<br />
und kirchliches Arbeitsrecht ...<br />
09.30-09.45 Uhr<br />
Begrüßung<br />
Klaus-Peter Hammer<br />
Vorsitzender der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz<br />
09.45-10.00 Uhr<br />
Grußwort<br />
Ministerin Doris Ahnen oder<br />
Staatssekretärin Vera Reiß<br />
10.00-12.00 Uhr<br />
Gemeinsam wachsen - klein und groß!<br />
Kornelia Schneider<br />
Deutsches Jugendinstitut München (DJI)<br />
12.00-13.30 Uhr<br />
essen, ausruhen, informieren, stöbern<br />
13.30-15.00 Uhr<br />
Kindertagesstätten qualitätsorientiert<br />
weiterentwickeln<br />
Prof. Dr. Stefan Sell<br />
Institut für Bildungs- und Sozialpädagogik (ibus)<br />
FH Koblenz<br />
15.00-15.30 Uhr<br />
Forderung an die Politik<br />
Resümee des Tages<br />
Norbert Hocke<br />
<strong>GEW</strong> Hauptvorstand,<br />
Vorstandsbereich Jugendhilfe und Sozialarbeit<br />
Gemeinsam wachsen -<br />
klein und groß!<br />
Fachvortrag von Kornelia Schneider<br />
Junge Kinder profitieren in ihrer Entwicklung, wenn sie in<br />
den Kindertagesstätten früh mit anderen Kindern zusammen<br />
aufwachsen. Die Referentin geht der Frage nach,<br />
wie die Arbeit in den Einrichtungen organisiert sein muss,<br />
damit gemeinsames Aufwachsen auch bei einer größeren<br />
Altersspanne der Kinder gut funktioniert. Sie empfiehlt<br />
eine Kindertagesstätte als lernende Organisation, in der<br />
die Fachkräfte gemeinsam mit den Kindern deren Entwicklung<br />
betreiben. Dabei geht es um die Gestaltung von<br />
Räumen, eine Ziel führende Arbeitsteilung von Fachkräften,<br />
deren Qualifikationsbedarfe sowie andere wichtige<br />
Eckpunkte eines pädagogischen Konzeptes, das die<br />
besonderen Anforderungen einer breiten Altersspanne<br />
berücksichtigt.<br />
Kindertagesstätten qualitätsorientiert<br />
weiterentwickeln<br />
Fachvortrag von Prof. Dr. Stefan Sell<br />
Die Arbeit mit Bildungs- und Erziehungsempfehlungen<br />
sowie die Aufnahme von Kindern zwischen null und drei<br />
Jahren stehen für einen Wandel in den Kindertagesstätten.<br />
Der Referent geht der Frage nach, welche Rahmenbedingungen<br />
notwendig sind, damit dieser Wandel bei<br />
zunehmender Altersheterogenität der Kinder erfolgreich<br />
gestaltet werden kann. Es geht dabei um pädagogische<br />
und organisatorische Veränderungen in den Kindertagesstätten,<br />
um deren Finanzierung, um eine angemessene<br />
personelle Ausstattung und die Arbeitsbedingungen der<br />
Beschäftigten. Prof. Sell spricht über Fachkräftebedarf,<br />
ein in die Zukunft gerichtetes Berufsbild und Rollenverständnis<br />
von Erziehungsfachkräften und andere Fragen,<br />
die das Arbeitsfeld Kindertagesstätte betreffen.<br />
Anmeldung zum<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
13
TAG DER INTERKULTURELLEN BILDUNG<br />
MIGRATION, INTEGRATION, KONFUSION<br />
Paul Schwarz berichtet vom Tag der Interkulturellen Bildung<br />
„Wie die Pädagogik im Migrationshintergrund versinkt und<br />
wie sie wieder herauskommt“, so lautete der leicht ironische<br />
Untertitel des Einführungsreferates von Prof. Dr. Franz<br />
Hamburger vom Mainzer Zentrum für Bildungs- und Hochschulforschung<br />
beim <strong>GEW</strong>-Tag der Interkulturellen Bildung<br />
in der Universität Mainz. Auf den Vortrag folgten die Aussprache<br />
darüber, Foren sowie eine Podiumsdiskussion.<br />
Prof. Dr.<br />
Franz Hamburger<br />
bei seinem einleitenden<br />
Vortrag.<br />
82,4 Millionen Menschen leben in Deutschland, davon<br />
15,3 Millionen mit Migrationshintergrund, ein Fünftel<br />
der bundesdeutschen Bevölkerung ist damit ausländischer<br />
Herkunft oder hat Eltern oder Großeltern, die aus dem<br />
Ausland stammen. Die junge Politikerin gilt als Vorzeige-Migrantin<br />
und Paradebeispiel für eine gelungene<br />
Integration. „Hier in dieser Gesellschaft kann man alles<br />
werden, nicht nur in der Nationalmannschaft, sondern<br />
auch Ministerin, wenn man gut ist, wenn man fleißig<br />
ist“, sagte Regierungschef Wulff Ende April dieses Jahres.<br />
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Während 14,7 Prozent<br />
der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund keinen<br />
beruflichen Abschluss erreicht, sind es bei den Migranten<br />
44,1 Prozent. Die Gymnasialquote der Migranten liegt<br />
bei 6,1 Prozent in Rheinland-Pfalz, die Hauptschulquote<br />
viermal höher (25,8 Prozent). Bei den Ausländern haben<br />
9,5 Prozent Abitur, bei den Deutschen 26,8 Prozent,<br />
Hauptschulabschluss 24,8 Prozent der Deutschen und<br />
44,6 Prozent der Ausländer.<br />
Widersprüche, z.B. Islam<br />
Die Integrationsbeauftragte im Kanzleramt, Maria Böhmer,<br />
behauptet, bei Klassen mit vielen muslimischen<br />
Schülerinnen gebe es keinen Turnunterricht mehr,<br />
auch keine Klassenfahrten, Giordano spricht von einer<br />
„schleichenden Islamisierung“. Dagegen: In Berlin gab<br />
es zwei Freistellungen vom Schwimmunterricht in sechs<br />
Monaten. Eine Umfrage bei allen Schulministerien ergab:<br />
Schwimmunterricht ist kein drängendes Problem.<br />
Die vorschulische Sprachförderung in Hessen weist eine<br />
Beteiligungsquote von 94 Prozent auf. Widersprüche, z.B.<br />
Kopftuch. Es gilt als politisches Symbol und als Symbol<br />
der Frauenunterdrückung. Eine Befragung bei türkischen<br />
Frauen, warum sie ein Kopftuch tragen, ergab jedoch:<br />
97 Prozent betrachten es als religiöse Verpflichtung, 87<br />
Prozent tragen es, weil es mehr Selbstvertrauen gebe. Die<br />
Männer der Familie, so die Umfrage, würden keine Rolle<br />
bei der Entscheidung spielen.<br />
Armutsquote und Armutsrisiko<br />
Vergleicht man die Lebensziele bei muslimischen und<br />
deutschen Frauen, so ergibt sich folgendes Bild: Gute<br />
Partnerschaft: 82 Prozent muslimische und 78 Prozent<br />
deutsche Frauen. Freisein: 79 und 78 Prozent, Heim/<br />
Gemütlichkeit 70 und 68 Prozent,<br />
Kinder haben 52 und 58<br />
Prozent, Glauben leben 95 und<br />
30 Prozent, erfolgreich sein 71<br />
und 35 Prozent, gepflegt aussehen<br />
68 und 45 Prozent<br />
Zur Armutsquote der Migrantenhaushalte<br />
legte Hamburger folgende Zahlen vor:<br />
1998 waren es 22,2 Prozent (12,3 bei den Deutschen),<br />
2006 33,7 Prozent (18.3 Prozent bei den Deutschen).<br />
Das Armutsrisiko in Deutschland liegt bei Migranten<br />
bei 28,2 Prozent, bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund<br />
bei 11,26 Prozent. Die Erwerbslosenquote<br />
in Rheinland-Pfalz ist bei Migranten mehr als doppelt<br />
so hoch, bei Frauen und bei Männern, verglichen mit<br />
Nichtmigranten. Bei den Bildungswünschen der Eltern<br />
sieht es bei Migranten so aus: Während in der deutschen<br />
Mittel- und Oberschicht 51 Prozent bzw. 81 Prozent<br />
das Gymnasium anstreben, sind es bei den Migranten,<br />
ebenfalls schichtbezogen, 60 und 86 Prozent. Leider<br />
bleiben die Migranteneltern mit ihren Wünschen allein,<br />
denn es schaffen nicht mal 10 Prozent, das Gymnasium<br />
zu besuchen. Als einen Grund nannte Hamburger die<br />
Tatsache, dass bei den Lehrerempfehlungen der soziale<br />
Status der Eltern eine große Rolle spielt.<br />
Hamburger: „Die Herausforderungen des Bildungswesens<br />
durch Migration haben vor vier Jahrzehnten begonnen<br />
und wurden ganz unterschiedlich und immer gegensätzlich<br />
bearbeitet. Konzeptionelle Überlegungen haben auch<br />
heute noch mit heftigen Ungleichzeitigkeiten zu kämpfen.<br />
Wer hat Angst vor dem Aufstieg der Benachteiligten?“<br />
Filme von Paul Schwarz zum Thema<br />
1. „Ohne Deutsch kann man hier nichts machen.<br />
Sprachförderung von Migrantenkindern in Deutschland“<br />
(45 min), 15,00 Euro. Dieses von der Stiftung<br />
Mercator geförderte Projekt läuft in zahlreichen deutschen<br />
Städten: Studierende gehen nach kurzer Ausbildung<br />
an den Hochschulen nachmittags in Schulen, um<br />
dort Gruppen von Migrantenkindern zu unterrichten.<br />
2. „Der Erfolg in der Schule beginnt zu Hause. Das<br />
HIPPY-Projekt“ (home instruction for parents of<br />
preescool youngsters), 30 min, 12,00 Euro, auch ein<br />
Projekt in zahlreichen deutschen Städten. Die Idee: Migrantenmütter<br />
unterrichten nach kurzer Unterweisung<br />
bzw. Ausbildung in den Familien ihres Kulturkreises.<br />
Die deutsch lernenden Frauen haben Kinder unter sechs<br />
Jahren. Auch dieses Projekt läuft sehr gut.<br />
Bezug der Filme über schwarzpaul@t-online.de<br />
14 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
TAG DER INTERKULTURELLEN BILDUNG<br />
BERICHTE AUS DEN ARBEITSGRUPPEN<br />
- Von Gerlinde und Paul Schwarz -<br />
Alle Fotos von<br />
der Veranstaltung:<br />
Paul Schwarz<br />
Arbeitsgruppe: Mehrsprachigkeit und muttersprachlicher<br />
Unterricht in der Praxis<br />
Nicole Küpelikilinc (Verband Binationaler Familien und<br />
Patenschaften),<br />
Hikmet Köse (MU-Lehrer, Leiter des Vorstandsbereiches<br />
Interkulturelle Bildung der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz)<br />
Es ist kein Problem für ein Kind, mehrere Sprachen zu<br />
lernen. Es muss nur eine gemeinsame Verantwortung<br />
für die gesamte Sprachentwicklung da sein. Erwachsene<br />
müssen wegkommen von der Vorstellung, ich kümmere<br />
mich um Deutsch und du kümmerst Dich um Türkisch.<br />
Wenn ein Kind spürt, mein Sprechen ist nichts wert in<br />
dieser Gesellschaft, schwindet die Motivation. In einer<br />
mehrsprachigen Schule muss die Sprache auch visuell<br />
präsent sein und wertgeschätzt werden - in der Klasse,<br />
bei den LehrerInnen und in der gesamten Schule. Alle<br />
PädagogInnen haben eine gemeinsame Verantwortung.<br />
Arbeitsgruppe: Interkulturelle Kompetenzen<br />
für pädagogische Berufe<br />
Peimaneh Nemazi-Lohfink (INBI)<br />
Interkulturelle Kompetenz war lange Zeit ein Synonym<br />
für Internationalität. Heute bedeutet interkulturelle Kompetenz<br />
die Überholung einer Nationalkultur, bedeutet,<br />
unterschiedliche Kommunikationsstile zu verstehen und<br />
ihnen zu entsprechen, heißt aber auch Ausgrenzungsmechanismen<br />
zu erkennen und den zunächst Fremden zu<br />
akzeptieren. Interkulturelle Kompetenzen schließt auch<br />
ein Wissen über verschiedene Weltanschauungen und<br />
deren unterschiedlichen Werte und Normen ein. Empathie<br />
und helfende Begegnungen gehören dazu. Die eigene<br />
Denkweise ist eine von vielen und darf nicht verabsolutiert<br />
werden. Zwar sind unsere LehrerInnen gegen Rassismus,<br />
aber Interkulturalität wird zu wenig in den Schulen<br />
thematisiert und gelebt, es sei denn bei Schulfesten und<br />
Folklore oder wenn in der Literatur gerade zufällig mal<br />
davon die Rede ist.<br />
Die Referentin berichtet aus einer Hauptschule, wo<br />
sie arbeitet und an der 20 - 30 Prozent der Kinder und<br />
Jugendlichen mit russischem Hintergrund lernen. Die<br />
Eltern sind in den 90er Jahren eingewandert. Die jungen<br />
Aussiedler, so meint sie, seien nicht in der Lage, etwas<br />
auszudiskutieren. Stattdessen werde geprügelt. Die Lehrkräfte<br />
müssten die interkulturelle Thematik gemeinsam<br />
mit den SchülerInnen diskutieren, die Lehrpläne müssten<br />
Interkulturalität, Migration und Integration thematisch<br />
ausweisen, „denn die Schule hat einen Bildungs- und<br />
Erziehungsauftrag. In den Ganztagsklassen gelingt das<br />
Gespräch eher, in den Morgenklassen fehle dafür oft die<br />
Zeit. Besonders wichtig sei es, auch über die Kompetenzen<br />
und Bereicherung durch die MigrantInnen für die<br />
deutsche Mehrheitsgesellschaft zu sprechen.<br />
Arbeitsgruppe: Kooperation mit außerschulischen<br />
Partnern im Bereich der interkulturellen<br />
Bildung an Ganztagsschulen<br />
Luciano Becht, Sozialarbeiter (Neustadt-Projekt. Interkulturelle<br />
Stadtteileinrichtung von Arbeit und Leben<br />
Mainz)<br />
Gabriele Erlewein (Rektorin der Goethe-Grundschule<br />
Mainz)<br />
In die Goethe-Grundschule gehen 320 Kinder in 17<br />
Klassen, 170 GanztagsschülerInnen. Die Schule liegt in<br />
einem sozialen Brennpunkt, und der Anteil der Migrationskinder<br />
beträgt 88 Prozent. Rektorin Erlewein: „Es<br />
ist nicht der Migrationshintergrund, der die Problemlage<br />
darstellt, sondern die Schichtzugehörigkeit. Wir haben es<br />
mit Menschen zu tun, die auch in ihren Ländern zu den<br />
bildungsfernen Schichten gehören.“ Armut spiele eine<br />
zunehmende Rolle. Bei den eingeschulten Kindern ist<br />
die Adipositas (Fettleibigkeit) dreimal so hoch wie bei<br />
deutschen Kindern, das gleiche gelte für Asthmaerkrankungen.<br />
Armut und Arbeitslosigkeit bei den Eltern führen<br />
zu psychischen Erkrankungen, vor allem die Mütter<br />
seien davon betroffen, so Erlewein. Spracharbeit gebe es<br />
nicht nur intentional, sondern in allen Fächern, auch im<br />
Sportunterricht und in der Bildenden Kunst. Die Kinder<br />
miteinander ins Gespräch zu bringen, sei ein wichtiges<br />
Ziel, z.B. über bestimmte Begriffe in mehreren Sprachen.<br />
Einmal im Monat vereinbaren Klassenlehrer und Muttersprachlehrer<br />
ein gemeinsames Thema. Kernanliegen der<br />
Arbeitsgruppe: Wie kann man die Migrationseltern an<br />
die Schule heranführen und deren Teilhabe ermöglichen?<br />
Wichtig sei es auch, ziemlich viele Professionen an der<br />
Schule zusammenführen, gerade in der Ganztagsschule.<br />
Lobende Worte für die Projekte „Fit für die Schule“,<br />
„Die beste Schule für mein Kind“ und das Projekt<br />
„Soziale Stadt“, eine sozialpädagogische Flankierung an<br />
der Schule. Luciano berichtet von Schulinterventionsprogrammen<br />
und Hausaufgabenbetreuung für Kinder<br />
mit Migrationshintergrund, aber auch von erfolgreichen<br />
Feriensprachkursen mit der Volkshochschule für<br />
Kinder mit geringen Sprachkenntnissen. „Arbeit und<br />
Leben“ bemüht sich überdies, Personen aus dem Kiez zu<br />
rekrutieren, um einen Zugang zu den fremdländischen<br />
Familien zu schaffen.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
15
TAG DER INTERKULTURELLEN BILDUNG<br />
Arbeitsgruppe: Berufsorientierung und Bildungsberatung<br />
in der Schule für SchülerInnen<br />
und Familien mit Migrationshintergrund<br />
Mehmet Kilic (Vorsitzender des Ausschusses für Interkulturelle<br />
Angelegenheiten der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz),<br />
Michael Brand (Berufsberater Job-Fuchs KH)<br />
Die Ausbildungssituation der Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />
zeichnete Mehmet Kilic eher düster. Die<br />
Zahl der Ausbildungsplätze sinke, die Anforderungen<br />
in den einzelnen Ausbildungsgängen stiegen. Durch<br />
das selektive Bildungssystem und eine unzureichende<br />
Sprachförderung sei ein Teil der Jungen und Mädchen<br />
mit Migrationshintergrund in Schularten gelandet, die<br />
ihrer Begabung nicht entsprächen. Es mangele ihnen an<br />
Selbstbewusstsein, an Wissen und an den Fähigkeiten, den<br />
höheren beruflichen Anforderungen zu genügen. Sie hätten<br />
keine Aussichten auf einen Ausbildungsplatz, auf eine<br />
erfolgreiche Zukunft, Null-Bock-Mentalität mache sich<br />
breit, Harz IV sei bei manchen das Berufsziel. Eine Gesellschaft,<br />
die ihnen keine Chancen eröffne, lehnten sie aber<br />
ab, hassten sie vielleicht. Diese Situation berge, so meinte<br />
Kilic: „Zündstoff für gesellschaftliche Konflikte“.<br />
Diese unbefriedigende, unheilschwangere Situation muss<br />
geändert werden. Kilic fragte: „Wo packen wir an und<br />
wie?“ Seine Lösung heißt „Hand in Hand“, d.h. durch<br />
gemeinsames Handeln von Schule, Elternhaus und außerschulischen<br />
Partnern wie Betrieben, Ämtern, Ausländerbeiräten,<br />
Politik, Hochschulen usw. die SchülerInnen<br />
zu stärken, zu Leistung zu motivieren und sie für andere<br />
Menschen und Kulturen zu sensibilisieren. Kilic verlangte,<br />
die interkulturelle Bildung als Unterrichtsprinzip einzuführen<br />
und sie in den schulischen Qualitätsprogrammen<br />
zu verankern. Er forderte die Aufnahme dieses Moduls<br />
in die Lehrerausbildung. Sein Vorschlag war, an den<br />
Schulen interkulturelle Kerngruppen zu bilden, denen<br />
Mitglieder der Schulleitung, des Schulelternbeirats, der<br />
SchülerInnen, der LehrerInnen angehören sollten. Eine<br />
der wesentlichen Aufgaben dieser Kerngruppen sei es,<br />
Aktivitäten zu planen, die interkulturelle Kompetenzen<br />
vermitteln. Aktivitäten, diese Ziele zu erreichen, sind<br />
z.B. die Informationen über Feste und Feiertage der unterschiedlichen<br />
Religionen, das gemeinsame Feiern von<br />
Festen und die Zubereitung und das Verkosten leckerer<br />
landestypischer Speisen. Verschiedene Arbeitsgruppen<br />
wie „Interkulturelle Bildung“, „Internationale Lieder“,<br />
„Internationale Tänze und Spiele“, „Theater“ oder „Literatur“<br />
bieten die Möglichkeit, Kulturen anderer Länder<br />
besser kennen und verstehen zu lernen. Unerlässlicher<br />
Teil der interkulturellen Bildung ist ebenso die gezielte<br />
Sprachförderung, sowohl die Förderung der Landessprache<br />
als auch die der Muttersprache. „Die Sprache ist der<br />
Generalschlüssel zur Kultur“, sagte Kilic.<br />
Kilic und Brand betonten die Bedeutung einer gründlichen<br />
Berufsorientierung und einer individuellen Berufsberatung<br />
in den weiterführenden Schulen. Sie forderten<br />
für die SchülerInnen die Teilnahme an der „Lernwerkstatt<br />
Berufsorientierung“ und an einem „Berufsorientierungs-<br />
Camp“. Sie empfahlen, die Jugendlichen mit den wichtigsten<br />
Regeln der Arbeitswelt bekannt zu machen und<br />
mit ihnen ein Bewerbungstraining durchzuführen. Sie<br />
wiesen auf die Vorbildfunktion von erfolgreichen Migrantinnen<br />
und Migranten hin und rieten, diese soweit<br />
möglich als Expertinnen und Experten einzusetzen. Sie<br />
unterstrichen die Rolle der Eltern im Berufsfindungsprozess<br />
und schlugen z.B. vor, dass sie gemeinsam mit ihren<br />
jugendlichen Mädchen und Jungen einen Besuch beim<br />
Berufsinformationszentrum durchführen sollten.<br />
Arbeitsgruppe: Sprachförderung<br />
Deutsch als Zweitsprache<br />
Dr. Mariangela Baiano (<strong>GEW</strong>-Bundesausschuss Multikulturelle<br />
Angelegenheiten) und Stefanie Huber (Fachmoderatorin<br />
FaMoS)<br />
Ein Schwerpunkt der AG bildete die Szenariendidaktik.<br />
Das Arbeiten in einem Lernszenario erlaubt den Kindern,<br />
ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechend eine<br />
Aufgabe zur Erarbeitung eines gemeinsamen Themas<br />
auszuwählen und zu erarbeiten. Dass sich dabei Kinder<br />
mit unterschiedlichen Deutschkenntnissen - solche mit<br />
Deutsch als Muttersprache und solche, die das Deutsche<br />
als Zweitsprache erwerben - in Arbeitsgruppen zusammenfinden,<br />
schafft eine besondere Lernsituation. Alle Kinder<br />
bringen zunächst ihre Vorerfahrungen und fachlichen<br />
Vorkenntnisse zum Thema ein. In der gemeinsamen Beschäftigung<br />
mit dem Thema werden einerseits die Inhalte<br />
mündlich versprachlicht, andererseits findet notwendigerweise<br />
eine rege Kommunikation rund um die Bearbeitung<br />
der gewählten Aufgaben statt. Darüber hinaus profitieren<br />
die Kinder vom natürlichen Vorhandensein anderer Sprachen<br />
und nehmen Einblicke in verschiedene Kulturen;<br />
interkulturelle Lernprozesse werden so initiiert.<br />
Für die Präsentation, die ein wesentliches Element in der<br />
Szenariendidaktik darstellt, werden die in den Gruppen<br />
erarbeiteten Ergebnisse in eine besondere Fassung gebracht.<br />
So entstehen Poster, Texte, Tonaufzeichnungen,<br />
grafische Darstellungen etc., in dieser Phase wird intensiv<br />
an der Sprache gearbeitet. Jedes Kind, ob deutschsprachig<br />
oder Deutsch lernend, erweitert hierbei individuell seine<br />
Ausdrucksfähigkeit.<br />
16 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
TAG DER INTERKULTURELLEN BILDUNG<br />
Mit dem Angebot an Aufgabenstellungen zu einem bestimmten<br />
Thema kann die Lehrkraft im Vorfeld fachliche<br />
und sprachliche Lernprozesse steuern.<br />
Die Vorteile der Szenarienarbeit:<br />
* Sprachanwendung erfolgt zu einem echten kommunikativen<br />
Zweck<br />
* Individueller Sprachzuwachs für alle SchülerInnen<br />
* Wortschatz und Grammatik sind semantisch im<br />
Kernthema verankert<br />
* Nutzen von Vorwissen<br />
* Selbstständiges Lernen wird gefördert<br />
* SchülerInnen lernen von- und miteinander<br />
* Einblicke in verschiedene Kulturen<br />
* Lernszenarien erfüllen die Anforderungen des neuen<br />
Rahmenplanes DaZ<br />
PODIUMSDISKUSSION:<br />
BEI SCHULREFORMEN UND MIGRATION FEHLT DER BLICK INS AUSLAND<br />
Eine Debatte über offene und kontroverse Fragen beendete<br />
die Tagung. Das Gespräch leitete die stellvertretende<br />
<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Sybilla Hoffmann.<br />
Mehmed Kilic sprach von Verbesserungen von Integration<br />
in Deutschland, aber „es brennt noch immer an mehreren<br />
Stellen“. In der Lehrerausbildung müsse endlich ein Modul<br />
der interkulturellen Bildung aufgenommen werden.<br />
Kilic mahnte die besseren Rahmenbedingungen an. „Eine<br />
Kollegin mit dem Doktortitel, die muttersprachlichen<br />
Unterricht an mehreren Schulen erteilt, wird nach A 10<br />
bezahlt, andere arbeiten ebenfalls in mehreren Schulen<br />
ohne eigenen Raum und eigenes Material.“<br />
Ingeborg Sahler-Fesel, Landtagsabgeordnete der SPD,<br />
sprach von den Vorurteilen, die den Blick auf die Wirklichkeit<br />
verstellten, z.B. dass die Deutschen glauben, alles<br />
über die Ausländer zu wissen oder dass deutsche Kinder<br />
besser Deutsch sprächen als Migrantenkinder.<br />
Die Integrationsbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz,<br />
Maria Weber, machte mit Blick auf die junge Generation<br />
Hoffnung. Sie lobte deren weitgehend vorurteilsfreien<br />
Umgang mit den Fremden und begründete dieses Verhalten<br />
mit der zunehmenden Internationalisierung und<br />
Globalisierung. Deshalb sei es auch geboten, von der<br />
früheren Ausländerpädagogik abzurücken.<br />
Der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer bekräftigte<br />
diese Sicht und wünschte sich für Kindergarten<br />
und Schule eine vorurteilsfreie und gleichberechtigte<br />
Behandlung der Migrationskinder. Im Sinne der Chancengleichheit<br />
bräuchten wir eine Schule mit längerem<br />
gemeinsamen Lernen. Die Realschule plus sei nur ein<br />
erster kleiner Schritt. Hammer forderte auch eine Jungenförderung,<br />
„weil die Vorbilder fehlen“.<br />
Prof. Hamburger prangerte die soziale Selektivität im<br />
Schulwesen an, die vor allem auch Migrationskinder<br />
benachteiligte. Er vermisst bei der Schulreform und der<br />
Förderung der Migrationskinder in Deutschland vor<br />
allem den Blick ins Ausland, z.B. könne man viel lernen<br />
von Kanada. „Von der Lehrerbildung erwarte ich nicht<br />
soviel wie von der Schulveränderung, wir brauchen die<br />
autonome Schule, die das durchführen kann, was sie für<br />
richtig hält.“<br />
Paul Schwarz<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
17
BERUFLICHE BILDUNG<br />
DEMOKRATIE UND MITBESTIMMUNG<br />
Angebote der DGB-Jugend für Berufsbildende Schulen<br />
Vom 30. August bis zum 1. Oktober ist es wieder soweit:<br />
Die DGB-Jugend Rheinland-Pfalz geht unter dem Motto<br />
„Gemeinsam Gewinnen“ auf Berufsschultour. Rund<br />
zwanzig Berufsbildende Schulen aus ganz Rheinland-<br />
Pfalz werden wir wieder mit einem intensiven Bildungsund<br />
Informationsprogramm besuchen:<br />
• „Projekttag Demokratie und Mitbestimmung“ in drei<br />
Ausbildungsklassen<br />
• Gewerkschaftliches Hofteam für Information und<br />
Beratung<br />
Im Mai wurden alle BBS in Rheinland-Pfalz zur Teilnahme<br />
eingeladen.<br />
Partnerschaft Gewerkschaft und Berufsbildende<br />
Schule<br />
Mit unseren kostenfreien Angeboten wollen wir Vernetzung<br />
und Partnerschaft zwischen Schulen und Gewerkschaften<br />
als Teil ihres regionalen Umfelds fördern<br />
und Auszubildenden sinnvolle Unterstützungsangebote<br />
machen. Unsere Bildungsarbeit hat eine Vielzahl von<br />
Anschlusspunkten an berufsschulische Inhalte, z.B. mit<br />
den Themen Tarifverträge, Mitbestimmung, Rechte<br />
und Pflichten, und stellt daher eine sinnvolle Ergänzung<br />
des Unterrichts dar. Wir ermutigen junge Leute dazu,<br />
Mitbestimmungsmöglichkeiten zu nutzen und sich zu<br />
engagieren. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt der<br />
Berufsschultour auf den Wahlen zu den Jugend- und<br />
Auszubildendenvertretungen (JAV), die im Herbst stattfinden.<br />
Der externe Sachverstand der Gewerkschaften<br />
kann so durch die Schule effektiv genutzt werden - nicht<br />
nur während der „Berufsschultour“, sondern auch das<br />
ganze Jahr über im Rahmen von Einzelveranstaltungen.<br />
Projekttag Demokratie und Mitbestimmung<br />
der DGB-Jugend<br />
Der sechsstündige Projekttag ist unser zentrales Bildungsangebot<br />
an Berufsschulen. Durchgeführt mit bundesweit<br />
einheitlichen Qualitätsstandards, richtet er sich an Auszu-<br />
bildende in der dualen Ausbildung. Thematisch schlägt<br />
der Tag einen Bogen von der gesellschaftlichen Verteilung<br />
von Chancen und Reichtum hin zu einem lösungsorientierten<br />
Umgehen mit Problemen in der Ausbildung:<br />
1. Einstieg, „Hochhaus der Möglichkeiten“<br />
2. „Die Gesellschaft und ich“, Interessenvertretung<br />
3. „Solidarität gewinnt!“, Tarifverträge<br />
4. „Probleme in der Ausbildung - So könnt ihr damit<br />
umgehen“, Mitbestimmung<br />
5. Gewerkschaften, Unterstützungsmöglichkeiten, Rechte<br />
und Pflichten<br />
6. „Gemeinsam statt einsam“, selbst aktiv werden<br />
Im Projekttag arbeiten unsere ehrenamtlichen TeamerInnen<br />
mit beteiligungs- und handlungsorientierten<br />
Methoden. Wichtig ist uns, dass der Wert von Solidarität<br />
als Mittel zur Lösung von Problemen und zur Vertretung<br />
von Interessen in Ausbildung, Arbeit und Schule<br />
vermittelt wird.<br />
Kontakt und Terminvereinbarungen:<br />
Wenn Sie Interesse an der Terminvereinbarung<br />
für einen Projekttag haben oder mit Ihrer Schule<br />
an der „Berufsschultour“ teilnehmen wollen,<br />
freuen wir uns über eine Kontaktaufnahme:<br />
DGB Rheinland-Pfalz, Daniel Hard, Tel.<br />
06131 2816-28, Daniel.Hard@dgb.de, www.<br />
berufsschultour.de<br />
Daniel Hard, DGB-Jugendbildungsreferent<br />
Lukas Bläsius, Berufsschultour-Koordination<br />
18 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
WEITERBILDUNG<br />
KURZGUTACHTEN ZUM FINANZIERUNGSSYSTEM DER INTEGRATIONSKURSE<br />
Seit Januar 2010 liegt das Kurzgutachten zum Finanzierungssystem der<br />
Integrationskurse der Ramboll-Management-Gruppe auf dem Tisch. Die<br />
schwedischen Experten machen deutlich, wie gering die Vergütung der<br />
Lehrkräfte in Integrationskursen ist. Sie unternehmen den Versuch, die<br />
Vergütung der Lehrkräfte mit den Gehältern anderer Berufsgruppen zu vergleichen.<br />
Nach Berechnungen der Gutachter sind die Einstiegsgehälter von<br />
angestellten Lehrkräften im Schuldienst um 71 % höher. Eine Anpassung<br />
an diese Gehälter wäre nur durch eine massive Erhöhung der finanziellen<br />
Mittel zu leisten.<br />
Die Experten der Ramboll-Management-Gruppe wurden<br />
vom Bundesministeriums des Inneren (BMI) und dem<br />
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)<br />
beauftragt, ein Gutachten zur Weiterentwicklung des<br />
Finanzierungssystems der Integrationskurse zu erstellen,<br />
um eine Verbesserung der Vergütung der Lehrkräfte zu<br />
erreichen. Was seit Einführung der Integrationskurse<br />
2005 von Lehrkräften und Gewerkschaften beklagt<br />
wird - die geringe Vergütung der Lehrkräfte - , kann<br />
auch das neue Gutachten nur bestätigen. Es ist längst<br />
allen Verantwortlichen bekannt, dass sich mit Einführung<br />
der Integrationskurse 2005 die Einkommenslage<br />
der Lehrkräfte in Kursen für Zuwanderer dramatisch<br />
verschlechtert hat. Durch die Unterfinanzierung waren<br />
die Träger gezwungen, feste Verträge in Honorarverträge<br />
umzuwandeln und Honorare zu senken. Seither kämpfen<br />
Lehrkräfte und Gewerkschaften für eine Verbesserung der<br />
Vergütung und eine soziale Absicherung.<br />
Wie prekär die Beschäftigungssituation der Lehrkräfte<br />
ist, wurde von den Experten der Ramboll-Management-<br />
Gruppe bereits in ihrem ersten Evaluationsgutachten<br />
aufgezeigt, das im Januar 2007 veröffentlicht wurde.<br />
Schon damals forderten die Experten eine bessere Finanzierung<br />
der Integrationskurse. Eine Anhebung der Sätze<br />
pro Kursteilnehmerstunde von 2,05 € auf 2,35 € erfolgte<br />
zwar im Juli 2007, aber sie war zu gering, als dass sie bei<br />
den Lehrenden angekommen wäre.<br />
Nun liegt wieder ein Gutachten vor, das die katastrophalen<br />
Beschäftigungsbedingungen aufzeigt. Detailliert<br />
wird in dem Gutachten die Vergütung der Lehrkräfte<br />
betrachtet. Die Gutachter errechnen auf der Grundlage<br />
einer Datenabfrage des Bundesamtes für Migration und<br />
Flüchtlinge (BAMF) von insgesamt 1146 Kursträgern, die<br />
Honorare zwischen unter 15 € und über 30 € aufzeigt,<br />
ein Durchschnittshonorar von 18,35 €. Des Weiteren<br />
errechnen sie - eingeschlossen einer Vor- und Nachbereitungszeit<br />
von 22,5 Minuten pro Unterrichtseinheit<br />
- ein monatliches Nettoeinkommen von 1.168 € und ein<br />
Bruttoeinkommen von 1.775 €. Bei diesen Berechnungen<br />
zeigen sich die Schwächen des Gutachtens. Nicht das<br />
Durchschnittshonorar von 18,35 € ist die entscheidende<br />
Größe, sondern der Medianwert. Es ist auch nicht<br />
nachvollziehbar, welche Faktoren bei der Berechnung des<br />
Netto- und Bruttoeinkommens berücksichtigt wurden.<br />
Diese sind auf der Grundlage des Medianwertes und der<br />
Einbeziehung aller relevanten Faktoren in der Realität<br />
niedriger.<br />
Trotzdem ist der Vergleich der Vergütung von Lehrkräften<br />
in Integrationskursen mit den Einstiegsgehältern<br />
anderer Berufsgruppen aussagekräftig. Der Vergleich<br />
zeigt ganz eindeutig, wie unterdurchschnittlich niedrig<br />
das Honorareinkommen ist. So liegen laut Gutachten<br />
die Einstiegsgehälter von angestellten Lehrkräften im<br />
Schuldienst um 71 % höher, von Sozialpädagogen und<br />
Sozialpädagoginnen um 30 %, von Erzieherinnen und<br />
Erziehern um 15 %. Auch die Mindestlohnforderung<br />
der Gewerkschaft wäre höher, nämlich um 17 %. Es ist<br />
eine Stärke des Gutachtens und als kleiner politischer<br />
Fortschritt zu bewerten, dass in diesem Zusammenhang<br />
die Entgeltvariante der Bezahlung von Lehrkräften an<br />
öffentlichen Schulen überhaupt vorgerechnet wird.<br />
Es geht den Gutachtern aber nicht nur um eine angemessene<br />
Honorierung der Lehrkräfte, sondern auch um die<br />
Verbesserung der Kursqualität. Die Experten benennen<br />
folgende Gründe für ihre Annahme, dass mit einer höheren<br />
Vergütung auch die Kursqualität gesteigert werden<br />
kann: Für ein auskömmliches Einkommen bedarf es<br />
einer zu hohen Stundenzahl, bei einer als unangemessen<br />
empfundenen Vergütung sinkt die Bereitschaft zum<br />
Einsatz, eine unterdurchschnittliche Vergütung hat eine<br />
hohe Fluktuation zur Folge. Es ist gut, dass die Gutachter<br />
sich das Argument der Gewerkschaften zueigen machen,<br />
dass gute Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen eine<br />
gute Arbeit wahrscheinlich machen.<br />
Das Gutachten hebt sehr deutlich die unterdurchschnittliche<br />
Bezahlung der Lehrkräfte in Integrationskursen<br />
hervor. Dennoch: Das volle Ausmaß der prekären Beschäftigungsverhältnisse<br />
und die Folgen für den Einzelnen und<br />
die Gesellschaft werden verschwiegen. An keiner Stelle des<br />
Gutachtens werden die fehlende soziale Absicherung, die<br />
unverhältnismäßig hohen Beiträge zu den Sozialversicherungen<br />
und die drohende Altersarmut erwähnt.<br />
Wie kann nun eine angemessene Vergütung der Lehrkräfte<br />
sichergestellt werden? Welche Haushaltsmittel werden<br />
benötigt? Für eine Erhöhung des Stundensatzes und eine<br />
bessere Vergütung der Lehrkräfte berechnen die Gutachter<br />
folgende zusätzliche Haushaltsmittel: Für das Niveau der<br />
Mindestlohnforderung 13 Mill., was einem Stundensatz<br />
von 2,56 € entspricht; für das Niveau von Sozialpädagogen/<br />
Sozialpädagoginnen 22,2 Mill. (Stundensatz 2,96 €),<br />
für das Niveau von Lehrkräften im Schuldienst 53,5 Mill.<br />
(Stundensatz 4,05 €). Das Gutachten schließt mit den<br />
eben aufgezeigten Finanzierungsmodellen. Hinzugefügt<br />
werden muss, dass eine Erhöhung des Stundensatzes nur<br />
dann an die Lehrkräfte weitergegeben wird, wenn dies<br />
verbindlich formuliert ist. Damit sich die Träger nicht<br />
wieder hinter die unternehmerische Freiheit zurückziehen,<br />
muss gelten: Eine wirtschaftlich und rechtlich gesicherte<br />
Stellung der Lehrkräfte muss wie bei privaten Ersatzschulen<br />
zum Zulassungsmerkmal erhoben werden.<br />
Inge Müller<br />
Mehr zu dem Gutachten unter http://www.integration-in-deutschland.<br />
de/nn_1330658/SharedDocs/Anlagen/DE/Integration/Downloads/Integrationskurse/Kurstraeger/Sonstiges/ramboll-finanzierungsgutachten-2009.<br />
html<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
19
GENERATION 60 PLUS<br />
AKTIV SEIN - AKTIV BLEIBEN<br />
Fachtagung der Generation 60 plus<br />
Eine Premiere! Zum ersten Mal veranstaltete die <strong>GEW</strong><br />
Rheinland-Pfalz eine Tagung für die Generation 60 plus mit<br />
dem Titel „Aktiv sein - Aktiv bleiben“. Am 03. Mai 2010<br />
strömten unerwartet viele „junge Alte“ in das Bildungszentrum<br />
Erbacher Hof in Mainz. Die Organisatorin Hedda<br />
Lungwitz, Vorsitzende des Landesausschusses für SeniorInnen,<br />
zeigte sich hocherfreut. Sie hatte eingeladen, um über<br />
aktuelle Themen der Älteren ab 60, über die Bewältigung<br />
der letzten Dienstjahre, über die Vorbereitung auf den Ruhestand,<br />
über die Fitness und den gesunden Lebensstil im<br />
Alter, über Pflege und Pflegeversicherung, über alternative<br />
Wohnformen zu informieren und zu diskutieren.<br />
Fotos:<br />
Hedda Lungwitz<br />
Hedda Lungwitz begrüßte die zahlreichen Gäste und<br />
eröffnete die Tagung. Sie begann mit der Lebenssituation<br />
der über 60-Jährigen, auf die nicht nur viele Veränderungen<br />
und neue Aufgaben einstürmten, sondern die<br />
auch zunehmend mit gesundheitlichen Beschwerden zu<br />
kämpfen hätten. Ziel sei, so meinte sie, auch in diesem<br />
Alter noch aktiv zu sein und aktiv zu bleiben, und stellte<br />
heraus, dass für dieses Aktivsein Körper, Geist und Seele<br />
mitspielen müssten. Sie nannte zwei zentrale Fragen: „Wie<br />
können wir unsere Gesundheit unterstützen? Wie können<br />
wir uns im Ruhestand betätigen?“.<br />
Die Grußworte des Landesvorstands sprach die Stellvertretende<br />
Vorsitzende Sylvia Sund. Sie betonte, dass die<br />
<strong>GEW</strong> zum ersten Mal solch eine Veranstaltung für Aktive<br />
60+ durchführe und hob hervor: „Wir haben die Altersgruppe<br />
60+ stark im Blick. Sie spielt eine immer größere<br />
Rolle.“ Sie führte aus, dass zahlreiche Mitglieder dieser<br />
Altersgruppe verantwortungsvolle Ämter übernommen<br />
und sie sehr zuverlässig über einen längeren Zeitraum<br />
ausgeübt hätten. Als Beispiel für aktive über Sechzigjährige<br />
nannte sie die <strong>GEW</strong> Gruppe der „Jungen Alten“, deren<br />
jahrelange Zuarbeit in Bezug auf die Personalratstätigkeit<br />
für den Vorstand wichtig und hilfreich gewesen sei. Sie<br />
erklärte: „Wir sind überaus dankbar für die aktiven jungen<br />
Altern.“ Mit Blick auf die Übergangsphase in den Ruhestand<br />
forderte sie die Anwesenden auf: „Wir wünschen<br />
uns, dass ihr eure Interessen einbringt. Wir wollen, dass<br />
ihr eine bleibende, anregende Gruppe seid!“<br />
Den Leitvortrag hielt Ursula Lenz, Referentin für Presseund<br />
Öffentlichkeitsarbeit in der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Seniorenorganisationen ( BAGSO ) mit dem<br />
Titel: „Aktiv sein - Aktiv bleiben: Die Bewältigung der<br />
letzten Dienstjahre und Ausblick in das nachberufliche<br />
Leben“.<br />
1. Wie bewältigen wir die letzten Dienstjahre?<br />
Die letzten Dienstjahre liegen in einer Lebensphase, in der<br />
mit dem Alter zusammenhängende Veränderungen und<br />
Krankheiten in zunehmendem Maße auftreten. Der Prozess<br />
des Alterns ist aber kein schicksalhaft unabänderlich<br />
festgelegter Prozess. ErzieherInnen und LehrerInnen über<br />
60 können ihn vielmehr durch eine kluge und gesundheitsorientierte<br />
Lebensführung positiv beeinflussen. In<br />
diesem Zusammenhang wies Lenz auf die Verantwortung<br />
der Generation 60+ hin und unterstrich, dass die Älteren<br />
alles in ihrer Macht Stehende tun müssten, um möglichst<br />
lange gesund zu bleiben. Sie zitierte die Gerontologin<br />
Prof. Dr. Ursula Lehr: „Dass wir älter werden, darauf<br />
haben wir keinen Einfluss, aber wie wir älter werden, das<br />
liegt auch in unserer Hand.“<br />
Als Maßnahmen, die helfen, das Schulleben mit sechzig<br />
noch zu meistern und dem Älterwerden gerecht zu werden,<br />
führte sie an:<br />
• gesunde Ernährung und körperliche Bewegung,<br />
• „Nein“- sagen und loslassen können,<br />
• eine Berufstätigkeit, die weder überfordert noch unterfordert,<br />
• die Balance von Anspannung und Entspannung,<br />
Bei ihren Ausführungen machte Lenz deutlich, dass die<br />
Pädagoginnen und Pädagogen eine zweifache Verantwortung<br />
tragen würden, einmal den anvertrauten Kindern<br />
und Jugendlichen gegenüber, zum andern aber auch sich<br />
selbst gegenüber. Und beiden Verantwortungen müssten<br />
sie genügen.<br />
2. Warum sollen wir uns auf den Ruhestand vorbereiten?<br />
Der Ruhestand ist heute eine Lebensphase, die es in der<br />
vorindustriellen Zeit gar nicht gab. Die meisten Menschen<br />
arbeiteten hart bis ins hohe Alter, oft bis zum Tod. Die<br />
Industrialisierung brachte gravierende Veränderungen.<br />
Die Menschen mussten sich den Maschinen anpassen,<br />
auf die sich verändernde Leistungsfähigkeit im Verlauf<br />
des Lebens wurde keine Rücksicht genommen. Ältere,<br />
verbrauchte Arbeiter wurden entlassen. Lenz stellte heraus,<br />
dass dies der Beginn des Ruhestandes gewesen sei.<br />
Allerdings handelte es sich damals um eine relativ kurze<br />
Lebensphase ohne genügend finanzielle und soziale Absicherung.<br />
Im heutigen Deutschland, so die Angaben von<br />
Lenz, beträgt das tatsächliche Renteneintrittsalter 61,5<br />
Jahre, die Lebenserwartung der Männer liegt bei 76,6<br />
und die der Frauen bei 82,1 Jahren. Diese Daten zeigen,<br />
dass gegenwärtig die über Sechzigjährigen zu Beginn ihres<br />
20 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
GENERATION 60 PLUS<br />
Ruhestandes im Durchschnitt noch fast ein Viertel ihres<br />
Lebens vor sich haben. Lenz unterstrich: „Eine längere<br />
Lebensdauer, eine bessere gesundheitliche Verfassung<br />
und nicht zuletzt auch ein differenziertes und nicht ausschließlich<br />
negativ gefärbtes Altersbild bewirkt, dass der<br />
Ruhestand einen anderen Stellenwert erhält, jedoch leider<br />
nicht immer verbunden mit der Konsequenz, sich auch<br />
auf diesen wirklich vorzubereiten.“<br />
Eine gründliche Vorbereitung auf den Ruhestand hat Lenz<br />
in ihrer jahrzehntelangen Arbeit mit SeniorInnen immer<br />
wieder vermisst. Sie erklärte, viele Menschen verwendeten<br />
auf die Vorbereitung ihres Drei-Wochen-Urlaubs<br />
mehr Zeit und Energie als auf die Planung ihres Lebens<br />
im Ruhestand. Mit Vehemenz vertrat sie die Bedeutung<br />
einer imaginativen Vorbereitung und sagte: „Wir wissen<br />
aus vielen psychologischen Studien, dass das gedankliche<br />
Vorwegnehmen einer auf uns zukommenden Situation<br />
uns hilft, diese besser zu bewältigen.“ Mit diesen Worten<br />
wurde klar, dass hier Vorbereitung gleichzusetzen ist mit<br />
der Antizipation des Lebens im Ruhestand, mit dem<br />
Einbinden der Kraft menschlicher Imagination.<br />
Für diese Vorbereitung schlug Lenz zwei Schritte vor. „Der<br />
erste und wichtigste Schritt der Antizipation des Lebens<br />
im Ruhestand ist es, sich die eigenen, von Vorfreude<br />
getragenen Erwartungen und die von Unsicherheit und<br />
Angst gespeisten Befürchtungen bewusst zu machen,<br />
sich mit ihnen auseinander zu setzen und sie nicht zu<br />
verdrängen.“ Sie riet eine Liste anzulegen, in die die Älteren<br />
auf der einen Seite das schreiben, was sie persönlich<br />
durch die Berufsaufgabe verlieren werden und was sie<br />
befürchten; auf der anderen Seite das notieren, was sie<br />
durch die Berufsaufgabe gewinnen und worüber sie sich<br />
freuen können. Nach der Erarbeitung dieser persönlich<br />
erwarteten „Gewinn- und Verlustrechnung“ kommt der<br />
zweite Schritt. Lenz führte aus: „Im nächsten Schritt geht<br />
es darum, ernsthaft zu überlegen - und das am besten<br />
wieder schriftlich - was wir tun müssen, damit sich unsere<br />
Hoffnungen erfüllen.“<br />
3. Bedeutet Ruhestand und Altsein Rückzug<br />
oder Aktivsein?<br />
In der Gerontologie herrschten lange Zeit zwei gegensätzliche<br />
Theorien für die Lebensgestaltung im Alter. Die eine<br />
nannte sich Aktivitätstheorie, die andere war die Disengagement-<br />
oder Rückzugstheorie. Die Aktivitätstheorie<br />
sah in einer aktiven Lebensgestaltung den Weg zu einem<br />
gelingenden, erfolgreichen Altern, die Rückzugstheorie<br />
vertrat die Auffassung, dass geglücktes Altern im Rückzug<br />
liegt. Zum heutigen Stand der Wissenschaft meinte Lenz:<br />
„Die Entscheidung zugunsten der Aktivitätstheorie ist<br />
inzwischen längst und wohlbegründet gefallen. Sie redet<br />
keinesfalls einem blinden Aktivismus das Wort, einem<br />
atemlosen Hetzen von Termin zu Termin, von Veranstaltung<br />
zu Veranstaltung... Sie plädiert für ein kontinuierliches<br />
am Ball bleiben, denn es ist eindeutig erwiesen:<br />
Fähigkeiten und Funktionen, die nicht gebraucht werden,<br />
verkümmern.“<br />
Lenz präsentierte das dreistufige Modell nachberuflicher<br />
Aktivitäten von Richard Nelson Balles, das er<br />
im Zusammenhang mit seinem von ihm entwickelten<br />
„Wohlfühlmodell für den Ruhestand“ entworfen hat.<br />
Balles unterscheidet drei Tätigkeitsebenen, die er in einer<br />
Pyramide darstellt:<br />
1. Ebene: Tätigkeiten, die Vergnügen bereiten<br />
2. Ebene: Tätigkeiten, die Engagement ermöglichen<br />
3. Ebene: Tätigkeiten, die Sinn stiften<br />
Tätigkeiten, die Vergnügen bereiten, werden gern von<br />
SeniorInnen gewählt, die in ihrem beruflichen Leben sehr<br />
eingespannt waren. Glücklich machen Aktivitäten, die<br />
während des Berufslebens ein Gegengewicht zur Arbeit<br />
darstellten. Sie wollen endlich einmal Zeit haben, pflegen<br />
Hobbys, suchen Unterhaltung, machen Reisen, probieren<br />
etwas Neues aus oder erfüllen sich einen Traum. Dieses<br />
eher auf Vergnügen und Spaß ausgerichtete Handeln kann<br />
viele auf Dauer nicht befriedigen. Sie stellen fest: „Es muss<br />
doch noch mehr im Leben geben.“ Dieses Mehr suchen<br />
sie in Tätigkeiten, die Engagement ermöglichen. Oftmals<br />
sind dies interessante Aufgaben, und zwar solche, die zu<br />
den Fähigkeiten und Stärken des Handelnden passen.<br />
Lenz machte klar: „Erfahrungsgemäß wird nämlich nur<br />
das Engagement als beglückend und befriedigend empfunden,<br />
das uns interessiert und in das wir unsere Kompetenzen<br />
einbringen können.“ Das Spektrum möglicher<br />
Handlungsfelder ist sehr groß, dazu gehören politische<br />
Parteien, Gewerkschaften, Kirchengemeinden, Seniorenorganisationen,<br />
Vereine u.a.m. Besonders wichtig für Ältere<br />
sind Tätigkeiten, die Sinn stiften, d.h. die dem älteren<br />
Menschen einen Lebenssinn geben. Lenz zitiert Simone de<br />
Beauvoir, die in ihrem Buch „Das Alter“ schreibt: „Wollen<br />
wir vermeiden, dass das Alter zu einer spöttischen Parodie<br />
unserer früheren Existenz wird, so gibt es nur eine einzige<br />
Lösung: nämlich weiterhin Ziele zu verfolgen, die unserem<br />
Leben einen Sinn verleihen: das hingebungsvolle Tätigsein<br />
für Einzelne, für Gruppen oder für eine Sache, soziale,<br />
politische, geistige oder schöpferische Arbeit.“<br />
Nach all diesen aufgezeigten Aktivitätsmöglichkeiten<br />
jenseits der 60 ging die Referentin auf die zentrale Frage<br />
des Blickwinkels ein, den wir bei allen Überlegungen zum<br />
Altwerden und Altsein einnehmen sollten: Es ist der Blick<br />
„weg von den Defiziten, hin zu den Kompetenzen“. Sie<br />
erklärte: „Es geht nicht darum, die mit dem Älterwerden<br />
verbundenen Einschränkungen zu negieren.....Es geht<br />
darum, nicht länger und schwerpunktmäßig zu fragen:<br />
Was können alte Menschen alles nicht mehr? Sondern: Was<br />
können sie noch?“ Und sie fügte hinzu: „Der Blick auf die<br />
Kompetenzen ist der bessere, weil er motiviert.“<br />
In der anschließenden Aussprache zeigten sich die TeilnehmerInnen<br />
beeindruckt von den Ausführungen über<br />
die Vorbereitung des Ruhestands und über die vielfältigen<br />
Aktivitäten, die im Alter noch möglich sind und einen Ruhestand<br />
ermöglichen, in dem man sich wohlfühlt. Zu dem<br />
Anfangsteil des Vortrages über die Bewältigung der letzten<br />
Dienstjahre hätten viele gern mehr gehört. Es blieben<br />
eine Menge Fragen offen. Zahlreiche ältere LehrerInnen<br />
verlangten nach Strategien, die ihnen helfen können, die<br />
letzten Jahre im Schuldienst erfolgreich durchzustehen.<br />
Das ist ein Thema, das in einer Folgeveranstaltung durchaus<br />
aufgegriffen werden sollte.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
21
GENERATION 60 PLUS<br />
Fachforen<br />
Forum 1: Fit im Alter - Bewegung, Gesundheit,<br />
Prävention<br />
Referntin: Miriam Thormann, Dipl. -Sporttherapeutin<br />
„Bitte, stehen Sie auf! Auf der Stelle gehen!“ Im Halbrund<br />
begann die Gruppe mit Aufwärmübungen. Praktische<br />
Bewegung und Theorie waren aufeinander abgestimmt<br />
und wechselten sich im Lauf der Forumsarbeit immer<br />
wieder ab. Die Therapeutin erklärte das Altern als einen<br />
bio-psycho-sozialen Prozess. Sie zeigte auf, was sich<br />
im menschlichen Körper alles verändert, und ging auf<br />
psycho-soziale Aspekte wie auf schwindendes Selbstbewusstsein,<br />
auf Unlust, Trägheit und soziale Isolation<br />
ein. Danach hob sie die positiven Auswirkungen von<br />
Bewegung und Sport auf den Menschen hervor und<br />
betonte: „Ein dem Alter und der individuellen Situation<br />
entsprechendes Training verzögert den Alterungsprozess<br />
und kann Lebensfreude länger erhalten.“ Sie informierte<br />
über die sieben Säulen eines gesunden Trainings (Herz-<br />
Kreislauf, Kraft, Koordination, Dehnung, Mentaler<br />
Faktor, Entspannung, sozialer Faktor) und wies darauf<br />
hin, dass man sich auch im Alltag immer wieder bewusst<br />
bewegen sollte. Thormann beendete die Arbeit mit dem<br />
Wunsch: „Viel Spaß beim Aktivsein ein Leben lang und<br />
ganz besonders in der zweiten Lebenshälfte!“<br />
Forum 2: Ist Pflege noch bezahlbar?<br />
Referentin: Rechtsanwältin Ulla Wald<br />
Die Rechtsanwältin gab eine gründliche Information über<br />
die Pflegeversicherung, besonders über die Stufen der<br />
Pflegebedürftigkeit, über unterschiedliche Pflegesituationen,<br />
über die Pflegeleistungen und über das Beihilferecht.<br />
Anhand von Rechenbeispielen veranschaulichte sie die<br />
Pflegekosten.<br />
Wald begann mit der Geschichte Ulla, die sich in einer<br />
Zeit ereignete, in der es noch keine Leistungen zur<br />
Deckung der Pflegekosten gab und das Vermögen aufgebraucht<br />
werden musste. Solche schrecklichen Notfälle<br />
gibt es heute dank der Einführung der Pflegeversicherung<br />
1995 nicht mehr. Diese Versicherung ist neben<br />
der Rentenversicherung, der Krankenversicherung, der<br />
Arbeitslosenversicherung und der Unfallversicherung<br />
die 5. Säule der Sozialversicherung. Sie gewährt eine von<br />
Einkommen und Vermögen unabhängige Sozialleistung<br />
bei Entritt der Pflegebedürftigkeit. Der Begriff der Pflegebedürftigkeit<br />
ist genau bestimmt. Für die Gewährung<br />
von Leistungen (Pflegegeld und Pflegesachleistungen) sind<br />
die pflegebedürftigen Personen einer von drei Pflegestufen<br />
( erheblich Pflegebedürftige, Schwerpflegebedürftige,<br />
Schwerstpflegebedürftige ) zuzuordnen. Die Höhe der<br />
Leistungen ist ebenfalls abhängig von der Pflegesituation.<br />
Es wird unterschieden zwischen häuslicher Pflege, teilstationärer<br />
Pflege, Kurzzeitpflege und vollstationärer Pflege.<br />
Zusammenfassend stellte Wald am Ende fest: „Für die<br />
durch Beihilfe und Pflegeversicherung nicht gedeckten<br />
Pflegekosten muss der Pflegebedürftige grundsätzlich<br />
selbst aufkommen.“<br />
Forum 3: Wohnen und Wohnformen<br />
Referentin: Berit Herger, Beratungsstelle<br />
LebensWohnraum, DRK Mainz<br />
Herger, die wie kaum eine andere Person die Situation<br />
des „Gemeinschaftlichen Wohnens“ in Rheinland-Pfalz<br />
kennt, machte deutlich, dass das Thema „Wohnen im<br />
Alter“ die Menschen immer stärker beschäftige. Sie<br />
stellte einige wegweisende Leuchtturmprojekte vor und<br />
meinte: „Im Kern geht es um Nachbarschaftsnetzwerke,<br />
die ihre gegenseitige Unterstützung in einem Konzept<br />
festgeschrieben haben. Denn man hat erkannt, dass das<br />
‚sich kümmern‘ umeinander dort funktioniert, wo man<br />
sich kennt, wo man gerne ein Stück Verantwortung füreinander<br />
übernimmt und wo man im persönlichen Kontakt<br />
steht.“ Es geht um Hausgemeinschaften, die miteinander<br />
essen und feiern, die sich gegenseitig zur Hand gehen, aber<br />
auch privates Leben und private Rückzugsräume haben.<br />
In der Praxis haben diese neuen Wohnprojekte allerdings<br />
sehr unterschiedliche Konzepte und Gesichter. Die Entwicklung<br />
solch eines Wohnprojekts „Gemeinschaftlichen<br />
Wohnens“ vollzieht sich in vielen kleinen Schritten.<br />
Herger zählte auf: „Eigeninitiative, Informieren, Kontakte<br />
suchen, sich zusammenschließen, eine Initiative gründen,<br />
Fortbildungen besuchen, ein Konzept schreiben, in Objekt<br />
oder Grundstück suchen, Kostenermittlung, Partner<br />
suchen (Kommune, Investor), Bauphase, die Wohnphase<br />
gestalten.“ Die Fachfrau sagte, für ein großes Projekt brauche<br />
man fünf bis zehn Jahre. Am Schluss gab sie eine Reihe<br />
von Hinweisen, wo Interessierte Informationen, Beratung<br />
und Unterstützung bekommen können.<br />
Dr. Gerlinde Schwarz<br />
Bienvenue à Strasbourg<br />
Am 2. September besuchen die SeniorInnen des Kreises<br />
Ludwigshafen/Speyer für einen Tag die Stadt des Europaparlamentes,<br />
Straßburg. Zu Fuß und mit der Mini-Tram<br />
wird diese geschichtsträchtige Stadt erkundet. Abfahrt zu<br />
diesem großen Tagesausflug ist um 8.20 Uhr am Busbahnhof<br />
LU und um 8.30 Uhr am Haupteingang des<br />
Ebertparks.<br />
Wer an diesem großen Tagesausflug teilnehmen möchte,<br />
melde sich bei den Kollegen Otto Leiner, Tel. 0621/674752,<br />
e-mail: otto.leiner.@web.de oder Robert Ludwig, Tel:<br />
06233/1255, e-mail:robert.e.ludwig@googlemail.com<br />
U.K.<br />
22 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
GENERATION 60 PLUS<br />
DIE <strong>GEW</strong> GRATULIERT …<br />
im August 2010<br />
zum 70. Geburtstag<br />
Frau Gemma Rest<br />
01.08.1940<br />
Im Dinkerich 6 · 56179 Vallendar<br />
Herr Klaus Schoeneberger<br />
03.08.1940<br />
Colmarer Str. 9 · 76829 Landau<br />
Herr Hansmartin Weber<br />
06.08.1940<br />
Roemerweg 3 · 67134 Birkenheide<br />
Herr Walther Zapp<br />
09.08.1940<br />
Schlittweg 4 · 67098 Bad Dürkheim<br />
Frau Christel Loch<br />
17.08.1940<br />
Frinkenstr 37 · 55743 Idar-Oberstein<br />
Herr Wilfried Thielecke<br />
20.08.1940<br />
Utestr. 34 · 67069 Ludwigshafen<br />
Frau Nurden Gueler<br />
28.08.1940<br />
Korellengarten 5 · 55543 Bad Kreuznach<br />
zum 75. Geburtstag<br />
Herr Guenter Rinck<br />
03.08.1935<br />
Rosenstr. 4 · 66955 Pirmasens<br />
Herr Detlef Bojak<br />
06.08.1935<br />
In der Kehr 2 · 66887 Jettenbach<br />
Herr Erwin Wambsganß<br />
12.08.1935<br />
Heinestr. 4 a · 76887 Bad Bergzabern<br />
Herr Karl Klensch<br />
18.08.1935<br />
Hochwaldstr. 29a · 55767 Rinzenberg<br />
Herr Gerhard Ziegler<br />
31.08.1935<br />
Beinde 2 · 55559 Bretzenheim<br />
zum 80. Geburtstag<br />
Frau Annie Bruchmann<br />
28.08.1930<br />
Rödelstück 22 · 55129 Mainz<br />
zum 85. Geburtstag<br />
Herr Rudolf Eschenfelder<br />
04.08.1925<br />
Stresemannstr. 63 · 67663 Kaiserslautern<br />
Herr Herbert Orschiedt<br />
04.08.1925<br />
Elisenhöhe 26 · 55411 Bingen<br />
Frau Waltraud Schank<br />
05.08.1925<br />
Alten- u. Pflegeheim, Ramsener Str. 28<br />
67310 Hettenleidelheim<br />
Frau Irene Staudt<br />
10.08.1925<br />
Friedr August Str 41 · 55765 Birkenfeld<br />
Frau Katharina Bayer<br />
18.08.1925<br />
Fruchthallstr. 6 · 67655 Kaiserslautern<br />
zum 86. Geburtstag<br />
Frau Adelheid Hagen<br />
02.08.1924<br />
Luisenstr. 4 · 77709 Wolfach<br />
Frau Renate Booms<br />
30.08.1924<br />
Wismarer Str. 1 · 56075 Koblenz<br />
zum 90. Geburtstag<br />
Herr Heinrich Kraemer<br />
30.08.1920<br />
Parkstr. 36 · 57610 Altenkirchen<br />
im September 2010<br />
zum 70. Geburtstag<br />
Frau Ute Herrmann<br />
14.09.1940<br />
Konrad-Adenauer-Str. 35 · 67663 Kaiserslautern<br />
Herr Bernd Schwenk<br />
21.09.1940<br />
Hofackerstr. 8 - 10 · 56412 Nieder-Erbach<br />
Herr Hans-Adalbert Proelß<br />
23.09.1940<br />
Grainstr. 25 · 67434 Neustadt<br />
Frau Ilse Preiss<br />
23.09.1940<br />
Riehlweg 9 56462 Höhn<br />
Frau Lieselotte Mueller<br />
25.09.1940<br />
Dr.-Goerdeler-Str. 51 · 67433 Neustadt<br />
Herr Klaus Schwarz<br />
25.09.1940<br />
Brenschelbacher Str. 33 · 66500 Hornbach<br />
Herr Kurt Müller<br />
25.09.1940<br />
Reiheichen 1 · 66869 Kusel<br />
Herr Peter Deuchert<br />
28.09.1940<br />
Geschwister-Scholl-Str. 15 · 55232 Alzey<br />
Herr Horst Knieriemen<br />
29.09.1940<br />
Langer Wingert 11 · 67098 Bad Dürkheim<br />
zum 75. Geburtstag<br />
Herr Roettker Feigel<br />
03.09.1935<br />
Oberstr 2 A · 65558 Langenscheid<br />
Frau Waltraud Schnoerringer<br />
08.09.1935<br />
Zum Rotbrunnen 5 · 67707 Schopp<br />
Frau Ursula Ebersohl<br />
22.09.1935<br />
Fr.-Ebert-Str. 19 · 66482 Zweibrücken<br />
zum 80. Geburtstag<br />
Herr Karlheinz Schoenrock<br />
15.09.1930<br />
Bonifatiusweg 2 · 56377 Nassau<br />
Herr Gotthard Schael<br />
30.09.1930<br />
Doernberg-Huette 19 · 56379 Holzappel<br />
zum 86. Geburtstag<br />
Frau Gertrud Scherer<br />
06.09.1924<br />
Stresemannstr. 86 · 67663 Kaiserslautern<br />
Frau Trude Munzinger<br />
19.09.1924<br />
Turnstr 19 · 66999 Hinterweidenthal<br />
zum 87. Geburtstag<br />
Frau Liselotte Ludwig<br />
08.09.1923<br />
Kirchheimbolander Str. 15 · 67294 Stetten<br />
Herr Rolf Meissner<br />
24.09.1923<br />
Hohe Anwand 40 · 56269 Dierdorf<br />
zum 88. Geburtstag<br />
Herr Karl-Heinz Rimmel<br />
01.09.1922<br />
Friedrichstr. 15 · 67655 Kaiserslautern<br />
zum 90. Geburtstag<br />
Frau Hilde Goettel<br />
29.09.1920<br />
Bahnhofstr. 5 · 66871 Theisbergstegen<br />
Der Landesvorstand<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
23
POLITIK / RECHT<br />
<strong>GEW</strong> RHEINLAND-PFALZ UNTERSTÜTZT BILDUNGSSTREIK!<br />
Die <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz unterstützt die bundesweiten Bildungsstreiks<br />
und begrüßt insbesondere das große Engagement von Seiten<br />
der Studierenden, aber auch von Schülerinnen und Schülern, denn<br />
die Bildungsstreiks des vergangen Jahres haben trotz großer Aufmerksamkeit<br />
leider nur kleine Zugeständnisse gebracht.<br />
„Seit Jahren“, so Klaus-Peter Hammer, Vorsitzender der <strong>GEW</strong><br />
Rheinland-Pfalz, „macht die <strong>GEW</strong> darauf aufmerksam, dass der<br />
Bildungsbereich in Deutschland chronisch unterfinanziert ist. Nun<br />
stecken wir in einer tiefen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise.<br />
Das Falscheste, was in dieser Situation gemacht werden kann, ist,<br />
sich einem pauschalen Spardiktat zu unterwerfen. Investitionen in<br />
unsere Bildungseinrichtungen und damit in die Zukunftschancen<br />
junger Menschen sind ein hervorragendes, langfristig wirkendes<br />
Konjunkturprogramm. Wir dürfen uns mit den mehr als mangelhaften<br />
Rahmenbedingungen, beginnend bei den Kindertagesstätten,<br />
hinweg über alle Schularten bis in die Hochschulen und den Bereich<br />
der Erwachsenenbildung, nicht mehr abfinden.“<br />
Als Ziel nennt Hammer die Herstellung von Chancengleichheit für<br />
alle junge Menschen durch u. a. personell deutlich besser ausgestattete<br />
Kindertagesstätten, eine gute Schule für alle, die die Auslese der<br />
Kinder stoppt und ihre individuelle Förderung gewährleistet, eine<br />
leistungsfähige Ausbildungsförderung für alle Studierenden sowie<br />
die Gewährleistung geeigneter Rahmenbedingungen an den Hochschulen.<br />
Bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses mahnt Hammer<br />
einen Kurswechsel an. Gebraucht werden u. a. eine uneingeschränkte<br />
Durchlässigkeit beim Übergang vom Bachelor zum Master sowie die<br />
Verbesserung der Qualität von Lehre und Studium. Als gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe seien alle Bildungsbereiche, insbesondere auch<br />
die Kindertagesstätten, grundsätzlich beitragsfrei zu gestalten.<br />
pm<br />
<strong>GEW</strong>-ERFOLG VOR DEM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT:<br />
QUOTIERUNG DER AUSBILDUNGS- UND ZURECHNUNGSZEITEN RECHTSWIDRIG<br />
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom<br />
25.03.2010 (2 C 72.08) in einem mit dem <strong>GEW</strong>-Rechtsschutz<br />
geführten Verfahren bestätigt, dass die sog. „Quotierung“ der<br />
Ausbildungs- und Zurechnungszeiten europarechtswidrig ist und<br />
die entsprechenden gesetzlichen Regelungen daher nicht mehr<br />
angewandt werden dürfen. Diese Regelung betraf Beamtinnen und<br />
Beamte, deren Beamtenversorgung nach dem „neuen Recht“ festgesetzt<br />
wurde und die nach dem 1.7.1997 Teilzeit oder Beurlaubung<br />
in Anspruch genommen hatten.<br />
Leitsatz des BVerwG:<br />
Nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) sind Ausbildungsund<br />
Studienzeiten ruhegehaltfähig und erhöhen das Ruhegehalt.<br />
Dem selben Zweck dienen Zurechnungszeiten, die Beamten<br />
gutgeschrieben werden, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres<br />
wegen Dienstunfähigkeit in Pension gehen. Bei Teilzeitbeschäftigten<br />
wurden diese Zeiten in bestimmten Fällen mit einem Kürzungsfaktor<br />
belegt, so dass ihr Ruhegehalt stärker gekürzt wurde. Die<br />
Ausbildungszeiten wurden dann nur in dem zeitlichen Umfang als<br />
ruhegehaltsfähig berücksichtigt, der dem Verhältnis der tatsächlichen<br />
ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu der ruhegehaltfähigen Dienstzeit<br />
entsprach, die ohne die Freistellung erreicht worden wäre.<br />
Wer ist betroffen?<br />
Die Kürzung in der Gestalt der Quotelung kann nur die treffen,<br />
• deren Urlaub/TZBeschäftigung nach dem 30.06.1997 bewilligt<br />
und/oder angetreten worden ist<br />
• und deren Urlaub/TZBeschäftigung mehr als ein Jahr betragen<br />
hat<br />
• und bei denen das Ruhegehalt nach neuem Recht berechnet<br />
worden ist.<br />
Dieses neue Recht wird für alle Beamtinnen und Beamten angewandt,<br />
die erst ab dem 01.01.1992 oder später in das Beamtenverhältnis<br />
eingetreten sind. Ausnahmsweise kann für die vor dem<br />
01.01.1992 in das Beamtenverhältnis bereits Eingetretenen das neue<br />
Recht einschließlich der Quotelung gelten, wenn dieses höher ist,<br />
als das modifizierte alte Recht mit Besitzstandswahrung.<br />
Wie erkenne ich das in den Anlagen zum Versorgungsbescheid?<br />
Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten, nach denen das Ruhegehalt<br />
ermittelt wird:<br />
• Ermittlung nach dem neuen Recht (nach dem ab 01.07.1997<br />
geltenden Recht)<br />
• Ermittlung nach dem Übergangsrecht<br />
• Ermittlung nach § 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG<br />
Am Ende der Anlage 3 findet sich der Hinweis in Fettdruck: Maßgeblicher<br />
Ruhegehaltssatz. Wenn der dort ausgewiesene Prozentsatz<br />
dem in der Anlage 1 B berechneten Ruhegehaltssatz nach neuem<br />
Recht entspricht und es eine Anteilberechnung von Ausbildungszeiten<br />
in einer Anlage 1 a gibt, ergibt sich eine Betroffenheit bezüglich<br />
der Quotelung.<br />
Was ist zu tun?<br />
Wenn ein aktueller Versorgungsbescheid vorliegt, muss gegen diesen<br />
innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden.<br />
Liegt der Versorgungsbescheid schon länger zurück, sollte ein Antrag<br />
auf Neufestsetzung der Versorgung an die Oberfinanzdirektion<br />
gerichtet werden.<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglieder können entsprechende Musterschreiben von uns<br />
erhalten.<br />
bsm<br />
24 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
GESELLSCHAFT / POLITIK<br />
Sozialstudien beim Sport<br />
LIEBER HERR<br />
MINISTERPRÄSIDENT!<br />
Gestatten Sie mir bitte, dass ich Sie auf diesem Wege<br />
anschreibe. Ich tue dies, weil mir Ihre Sportbegeisterung<br />
authentisch und nicht so aufgesetzt erscheint wie bei<br />
anderen Politikern. (Neulich habe ich mal einen Ihrer<br />
Parteifreunde beobachtet, der sich großartig begrüßen<br />
ließ und dann während fast des kompletten Spiels an<br />
seinem i-phone herumfummelte.) Dieser Spruch damals<br />
von Rathino, dass auf dem Betze Spiele erst angepfiffen<br />
werden, wenn Sie im Stadion sind, war werbemäßig<br />
einfach genial. Und ich nehme es Ihnen absolut ab, dass<br />
Sie Ihrem Lieblingsverein auch in der Oberliga die Treue<br />
halten würden.<br />
Bestimmt hat es sich bis in die Südpfalz und sogar nach<br />
Mainz herumgesprochen, dass wir in unserem Bundesland<br />
nach dem FCK mit den Eulen von der TSG Friesenheim<br />
einen zweiten Erstbundesligaaufstieg feiern durften. Ich<br />
würde Sie daher gerne mal zu einem Spiel in die Eberthalle<br />
einladen und vor lauter Freude über Ihr Kommen nicht<br />
nur den Eintritt, sondern auch eine Bratwurst mitsamt<br />
einer Weinschorle zahlen.<br />
Mir ist es natürlich klar: Ein eingefleischter Fußballer tut<br />
sich mit Handball schwer. Bei mir war´s anfangs auch<br />
so. Inzwischen hat sich das total gewandelt. Ein enges<br />
Handballmatch ist durch nichts zu überbieten. Diese<br />
manchmal fast schon unerträgliche Spannung, das Tempo,<br />
die Technik, die Athletik und die toughen, so ganz<br />
und gar nicht verpienzten Jungs auf dem Spielfeld machen<br />
jeden Spieltag zu einem echten Ereignis. Leerlauf gibt<br />
es da nicht (und auch kein Aufgeben). Jede Szene lässt<br />
mitfiebern: Steht die Abwehr, ist unser Torwart wieder<br />
überragend, gelingt ein Konterangriff, ein Anspiel an den<br />
Kreisläufer, ein satter Schuss aus dem Rückraum oder ein<br />
akrobatischer Wurf von einem Außenspieler?<br />
Was auch Ihnen gefallen wird: Der Verein ist durch und<br />
durch seriös, professionell geführt und hat viel ehrenamtliches<br />
Engagement sowie einer glänzende Jugendarbeit<br />
vorzuweisen. Wenn die nicht gerade prickelnde<br />
Eberthalle voll ist, kann die Stimmung absolut mit dem<br />
Betze mithalten.<br />
Lieber Herr Beck, falls ich Sie überzeugt haben sollte:<br />
ein Anruf oder eine Mail genügt. Ich besorge dann die<br />
Karten und reserviere uns einen schönen Platz so mitten<br />
drin im heißen Geschehen.<br />
Günter Helfrich<br />
Wie schön wäre es, wenn journalistische Initiativen immer so<br />
schnell erfolgreich wären: Noch vor Erscheinen dieses Artikels,<br />
der der Staatskanzlei als Vorabdruck zugegangen war, kam Kurt<br />
Beck zum letzten Heimspiel und zur Meisterschaftsfeier der Eulen<br />
nach Friesenheim. Und nicht nur das: Er brachte auch gleich<br />
einen Scheck für die Jugendarbeit mit, trat in den Verein ein und<br />
erwarb eine Dauerkarte für die kommende Spielzeit in der 1. Liga.<br />
So was nennt man echte Sportbegeisterung.<br />
Fotos: Franz Reindel<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
25
TIPPS + TERMINE<br />
BÜCHERTIPPS VON ANTJE FRIES<br />
Ideen für die Praxis<br />
Ein neuer Praxisband aus der „Lehrerbücherei Grundschule“<br />
ist „Ganztagsschule - Chancen zur individuellen Förderung“.<br />
Mit verschiedenen Konzepten und Unterrichtsbeispielen<br />
wird gezeigt, wie es gehen kann, was vielerorts<br />
noch einfach der einzelnen Schule überlassen wird: Neben<br />
Schulpsychologie in Ganztagsklassen, der Organisation an<br />
sich und auch den Chancen z.B. für die Sprachentwicklung<br />
für Migrantenkinder oder Leseförderung allgemein<br />
beschreiben auch mehrere Fachfrauen aus Grundschulen<br />
ihren Weg von der Idee bis zur Umsetzung des Vorhabens<br />
an ihrer Schule. Weiterhin geht es um Qualitätssicherung<br />
und -steigerung und Möglichkeiten der Evaluation. Ein<br />
Praxis-Ratgeber, der vom Ausprobieren über das ständige<br />
Verändern bis hin zur Erkenntnis „Ganztagsschule bei uns<br />
: ein Glücksgriff!“ reicht.<br />
Gabriele Cwik / Klaus Metzger (Hg.): Ganztagsschule -<br />
Chancen zur individuellen Förderung. Berlin 2010. 112<br />
Seiten, 14,95 Euro. ISBN 978-3-589-05149-6<br />
Grundschul-Methoden<br />
Das neue „Methodenmagazin Lesen und Schreiben in<br />
der Grundschule“ ist eine Kombination der Kenntnisse<br />
von Wolfgang Endres in der Methodik und den Erkenntnissen<br />
des Instituts für Diagnostik und Lerntraining<br />
(I.D.L.) in LRS-Förderung und Fortbildung. Es kann<br />
dank der umfangreichen Sammlung an Kopiervorlagen<br />
für Lese- und Schreibspiele sofort eingesetzt werden,<br />
aber gleichzeitig auch zur Diagnostik benutzt werden,<br />
um den eventuellen Förderbedarf zu ermitteln. Dazu<br />
werden dann auch Möglichkeiten zur weiteren Arbeit in<br />
der Folge aufgezeigt. Inklusive LRS-Training enthält das<br />
Buch 33 Unterrichtsideen.<br />
Wolfgang Endres: Methodenmagazin Lesen und Schreiben<br />
in der Grundschule. Weinheim 2010. 128 Seiten, 19,95<br />
Euro. ISBN 978-3-407-62676-9<br />
Studienreisen / Klassenfahrten<br />
8-Tage-Busreise z.B. nach<br />
WIEN ÜF ab 192,-- €<br />
BUDAPEST ÜF ab 192,-- €<br />
LONDON ÜF ab 254,-- €<br />
PRAG ÜF ab 199,-- €<br />
PARIS ÜF ab 224,-- €<br />
ROM ÜF ab 258,-- €<br />
8-Tage-Busreise z.B. nach<br />
Costa Brava Ü ab 210,-- €<br />
Gardasee Ü ab 220,-- €<br />
Südfrankreich Ü ab 230,-- €<br />
(Unterbringung in Selbstversorgerunterkünften)<br />
Alle Ausflugsfahrten inklusive. Flug- und Bahnanreise sowie andere Ziele<br />
(z.B. Ferienparks in den Niederlanden oder Belgien) auf Anfrage möglich!<br />
REISEBÜRO KRAUSE GMBH · MÜNSTERSTR. 55a · 44534 LÜNEN<br />
Tel: 0 23 06/7 57 55-0 · Fax: 0 23 06/7 57 55-49<br />
E-Mail: info@rsb-krause.de · www.rsb-krause.de<br />
Leseförderung<br />
Für die Klassen 3 bis 6 ist das neue Lesetraining-Buch von<br />
Frank Müller gedacht. Es beinhaltet direkt einsatzfähige<br />
Materialien mit abwechslungsreichen Aufgabenstellungen.<br />
So könnte der motivierende Einstieg in zu lesende Texte<br />
gelingen. Klassische Techniken wie Gliedern und Markieren<br />
werden mit adäquaten Vorlese-Übungen kombiniert.<br />
Dabei sind die Aufgaben nach Schwierigkeitsgrad sortiert<br />
und können dadurch bequem der Reihe nach und ganz<br />
gezielt verwendet werden. Für Schulklassen wie Fördergruppen<br />
geeignet!<br />
Frank Müller: Lesetraining: Lern- und Arbeitstechniken<br />
in den Klassen 3-6. Weinheim 2010. 96 Seiten, 19,95<br />
Euro. ISBN 978-3-407-62677-6<br />
Auf dem Weg in die Schule<br />
Im neuen „Übergangsbuch“ dokumentieren Kinder,<br />
Eltern und Pädagogen den Übergang von der Kita in<br />
die Grundschule. In einem „Sieben-Ebenen-Modell“<br />
stellen die Autorinnen (erfreulich kurz und gut lesbar!)<br />
professionelles Handeln zur Erleichterung des Übergangs<br />
vor. Danach werden Entstehung und Nutzung des Übergangsbuches<br />
beschrieben, es folgen Strategien für bereits<br />
als gelingend erfahrene Übergangsprozesse. Dabei ist<br />
die Theorie immer mit von Kindern gestalteten bunten<br />
Beispielen aus Kita und Grundschule unterlegt, zum<br />
Beispiel über „Mathe in Bewegung“, eine Schulrallye oder<br />
einen Vorlesetag der Grundschüler bei den Kita-Kindern.<br />
Großformatige und bunte (Kopier-) Vorlagen regen zum<br />
Nachmachen an, was die beiliegende CD erleichtert, von<br />
der die Vorlagen direkt ausgedruckt werden können.<br />
Sabine Lingenauber / Janina von Niebelschütz: Das<br />
Übergangsbuch. Berlin 2010. 72 Seiten mit CD-Rom,<br />
19,95 Euro. ISBN 978-3-589-24513-0<br />
Fundgrube mit Tipps für besondere Tage<br />
Auf der Basis einer Bedarfsumfrage unter Lehramtsanwärtern<br />
entstand „99 Tipps: Besondere Schultage“. Es<br />
richtet sich daher auch in erster Linie an Berufsanfänger<br />
und Quereinsteiger. Zehn „Top-Tipps“ sollen jeden Tag<br />
zu einem besonderen Tag werden lassen, sind also für den<br />
Alltag gedacht: Hier geht es z.B. um Klassentagebuch,<br />
Lesepaten, bewegte Pausen und gemeinsames Frühstück.<br />
Danach kommen Ideen zur Neugestaltung der<br />
Rahmenbedingungen, die sich mit Raumnutzung und<br />
-gestaltung, Gesprächsmethoden und Zusammenarbeit<br />
mit außerschulischen Helfern befassen. Den Großteil<br />
des Buches füllen jedoch die „besonderen Tage“ für die<br />
Schule (wie Sporttag, Fahrradtraining, Zirkusfeste, Ausstellungen<br />
usw.) und die Klasse (Klassenfest, Geburtstage,<br />
Klassenarbeiten, Wandertage, Hörspielproduktion etc.).<br />
Auch an Tipps für Besonderes zusammen mit den Eltern<br />
und in der Schulgemeinde ist gedacht. Das schmale<br />
Buch ist eine umfangreiche Fundgrube - nicht nur die<br />
Berufsanfänger!<br />
Martin Kohn (Hg.): 99 Tipps: Besondere Schultage.<br />
Berlin 2010. 128 Seiten, 14,95 Euro. ISBN 978-3-<br />
589-23079-2<br />
Grundwissen Mädchen-Pädagogik<br />
Das dicke „Handbuch Mädchen-Pädagogik“ soll ErzieherInnen,<br />
LehrerInnen, Lehrenden und SozialpädagogInnen<br />
aufzeigen, wie in Kita, Schule und Ausbildung<br />
geschlechtsspezifisch differenziert werden kann. Aktuelle<br />
Erkenntnisse aus Biologie und Hirnforschung sind neben<br />
26 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
TIPPS + TERMINE<br />
GRENZÜBERSCHREITUNG:<br />
Psychologie ins Werk eingebunden. Nach einem Interview<br />
mit Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard äußern<br />
sich 28 AutorInnen zum Thema: Sozial- und naturwissenschaftliche<br />
Voraussetzungen der Mädchenpädagogik<br />
machen den Anfang, eine Beschreibung der Mädchen<br />
in Kita, Schule und Ausbildung (auch zu Bereichen wie<br />
z.B. Migration und Hochbegabung) folgt. Um Mädchen<br />
und Naturwissenschaften geht es im dritten Schwerpunkt<br />
des Buches, während sich der vierte mit sozialpädagogischen<br />
Angeboten befasst. Außerdem gibt es Beiträge zum<br />
Thema „Körper, Gesundheit und Bewegung“, die etwa<br />
Essstörungen, Mädchengewalt oder Sexualität beschreiben.<br />
Das Handbuch ist natürlich die sinnvolle Ergänzung<br />
zum „Handbuch Jungen-Pädagogik“, das sicher schon im<br />
Lehrerzimmer steht ...<br />
Michael Matzner / Irit Wyrobnik (Hg.): Handbuch<br />
Mädchen-Pädagogik. Weinheim 2010. 416 Seiten, 39,95<br />
Euro. ISBN 978-3-407-83166-8<br />
AUSSTELLUNG IM KREUZGANG DER STIFTSKIRCHE KYLLBURG<br />
Annamalt:<br />
Nach Ladenschluss<br />
(2009)<br />
Dass Kunst etwas zu „sagen“ hat, und zwar im Sinne einer<br />
aufklärerischen Haltung, ist weithin in Vergessenheit<br />
geraten.<br />
Eine Ausstellung in Kyllburg zeigt die Möglichkeiten von<br />
nicht-dekorativer Kunst bei der kritischen Durchdringung<br />
unserer Wirklichkeit.<br />
Aktuelle Politik, Menschenrechtsverletzungen, Krieg<br />
und Verfolgung sind die Themen der Künstlerin Annamalt.<br />
Nach aufwändigen Recherchen übersetzt sie<br />
die unterschiedlichen Informationen und Aspekte in<br />
großformatige, expressive Bildcollagen. Zu den Bildern<br />
treten als ergänzende Informationsträger Texttafeln von<br />
Edward Naujok. Sie sollen den Betrachter begleiten und<br />
ihm helfen, sich im Bild zurecht zu finden und dessen<br />
Aussage zu verstehen.<br />
Helmut Schwickerath, der vor drei Jahren in Trier die „Gegenausstellung“<br />
zu Konstantin organisiert hat, beteiligt<br />
sich mit einer monumentalen Objektinstallation an der<br />
Thematik. Am Beispiel der historischen „Stiftsfreyheit“<br />
problematisiert er das gebrochene Freiheits- und Asylversprechen<br />
unseres Grundgesetzes.<br />
Die Atmosphäre des Ausstellungsortes trägt entscheidend<br />
dazu bei, dass sich die Besucher meditierend in die Themen<br />
einarbeiten können.<br />
Text und Foto: Schwickerath<br />
Ausstellung im Rahmen des Kultursommers Rheinland-<br />
Pfalz vom 4. Juli bis 31. Juli 2010. Geöffnet täglich von<br />
10 bis 19 Uhr. Eintritt frei. Eröffnung am 4. Juli um<br />
12 Uhr.<br />
DEM STRESS AUF DER SPUR<br />
Uni Trier erprobt neue Stressdiagnostik<br />
Nach zehnjähriger Entwicklungsarbeit erprobt die<br />
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dirk Hellhammer an der<br />
Universität Trier eine neue Methode der Stressdiagnostik.<br />
Sie soll Ärzten und Patienten ermöglichen, stressbezogene<br />
Gesundheitsstörungen frühzeitig zu erkennen und<br />
effektiv zu behandeln: Eine angemessene Behandlung<br />
von stressbezogenen Beschwerden ist nur möglich, wenn<br />
das gesundheitliche Problem diagnostisch richtig eingeordnet<br />
wird.<br />
Auch bei Lehrkräftern sind steigende berufliche Anforderungen,<br />
Zeitdruck, Unkontrollierbarkeit oder Unvorhersehbarkeit<br />
von Arbeitsabläufen und -strukturen nicht<br />
selten die Ursache von Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen,<br />
Burnout oder einem anhaltenden Stimmungstief.<br />
In Folge können u.a. Störungen von Funktionen<br />
des Herz-Kreislauf-Systems, des Verdauungstrakts oder<br />
Schmerzstörungen auftreten. Von stressbezogenen Gesundheitsstörungen<br />
Betroffene und ihren behandelnden<br />
Ärzten fällt es oft schwer, die sehr komplexen Zusammenhänge<br />
und Ursachen für diese Art von Beschwerden<br />
auszumachen.<br />
Die in Trier entwickelte neue Methode soll das ändern. Sie<br />
misst biologische Signale und setzt diese in Beziehung zu<br />
psychischen und körperlichen Stressreaktionen. So sollen<br />
Muster (Neuropattern) erfasst werden, welche Hinweise<br />
auf Krankheitsursachen geben können. Diese Messungen<br />
führen die Teilnehmer selbst zuhause durch. Dazu erhalten<br />
sie dieses Testset: Das Testset enthält vier Fragebögen,<br />
16 Gefäße zur Messung des Stresshormons Cortisol im<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
27
TIPPS + TERMINE jede Woche neue Angebote<br />
schulfahrt.de<br />
Speichel, eine Testsubstanz sowie ein kleines EKG-Gerät, Minuten, um diese Anforderungen zu erfüllen. Arzt und<br />
welches die Herzratenvariabilität erfasst.<br />
Patient erhalten dann das Ergebnis der Untersuchung und<br />
Die Fragebögen sollten möglichst online ausgefüllt bekommen damit eine konkrete Idee, wie eine optimale<br />
werden.<br />
Behandlung erreicht werden kann. Die Patienten erhalten<br />
Vorab prüft der Hausarzt die Ein- und Ausschlusskriterien.<br />
An der Studie 190,– können Euro Personen nicht teilnehmen, zur Selbsthilfe.<br />
zur Unterstützung der Behandlung auch Empfehlungen<br />
B & W Baden-Württemberg,<br />
die regelmäßig Psychopharmaka oder Cortisonpräparate Interessenten können sich an das Studienbüro der Universität<br />
wenden und dort weitere Informationen erhalten.<br />
einnehmen sowie Schwangere und Patienten mit schweren<br />
Herzrhythmusstörungen. Der Arzt füllt dann einen Fragebogen<br />
und die Bestellung für das Testset aus. Es besteht h - 17.00 h unter Tel.-Nr. 0651/201-3680 oder Email:<br />
Das Studienbüro ist von montags bis freitags von 9.00<br />
auch die Möglichkeit an einer genetischen Zusatzuntersuchung<br />
teilzunehmen. Der Hausarzt benötigt 15-20<br />
pm<br />
office@neuropattern.de erreichbar.<br />
jede Woche neue Angebote<br />
AUF DEN SPUREN DER WILDKATZE<br />
schulfahrt.de<br />
Im Rahmen des von der Stiftung Kunst, Kultur und<br />
Soziales der Sparda-Bank Südwest eG geförderten und<br />
vom Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz<br />
des Landes Rheinland-Pfalz koordinierten<br />
<strong>GEW</strong> Bayern, Projektes 90,– Euro „Die Wildkatze in Rheinland-Pfalz“ wurde eine<br />
Umweltbildungsmappe rund um die Wildkatze und ihren<br />
Lebensraum erstellt.<br />
Die Mappe richtet sich als Ideensammlung an alle Personen,<br />
die mit Kindern und Jugendlichen zusammen die<br />
Biologie und den Lebensraum der Wildkatze erforschen<br />
www.wildkatze-rlp.de möchten. Durch die Kombination verschiedener Medien<br />
Foto: H.-M. Braun jede und Aktionsformen Woche neue möchte Angebote<br />
sie Familien, PädagogInnen<br />
und NaturpädagogInnen begeistern und mit geeigneten<br />
Materialien und Ideen versorgen.<br />
Weitere Informationen über das Projekt:<br />
www.wildkatze-rlp.de<br />
Die Mappe kann für 5,00 Euro Versandkosten bestellt<br />
werden unter: BUND Rheinland-Pfalz, Hindenburgplatz<br />
3, 55118 Mainz, Tel.: 06131-62706-0, Fax: 06131-<br />
62706-66 , info@bund-rlp.de<br />
schulfahrt.de<br />
PISA hat die Bildungspolitik unter Druck gesetzt. Mit<br />
Bildungsstandards, Vergleichsarbeiten (VERA), Schulinspektion<br />
und anderem mehr versucht diese seither, für<br />
Neue Deutsche Qualitätssteigerung Schule, 99,– Euro zu sorgen. In vielen Schulen wird<br />
das alles jedoch als steigender Druck erlebt: Zahlreiche<br />
Lehrerinnen und Lehrer brennen aus, weil die Politik sie<br />
verheizt; Schülerinnen und Schüler entwickeln psychosomatische<br />
Symptome in besorgniserregendem Ausmaß.<br />
„Schule unter Druck“ heißt folgerichtig die aktuelle Ausgabe<br />
der Woche Zeitschrift neue „Humane Angebote Schule“. Der Leitartikel<br />
jede<br />
„Druck machen - für mehr Menschlichkeit“ von Detlef<br />
schulfahrt.de<br />
Erstmalig in Deutschland werden Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
und aus Nicht-Akademikerfamilien<br />
ab der Klassenstufe 9 und 10 bis zum Bachelorabschluss<br />
Berliner Zeitung, gezielt 84,– gefördert. EuroDie Stiftung Mercator schiebt das neue<br />
Programm „Chance 2 “ an der Universität Duisburg-Essen<br />
mit 2,3 Millionen Euro für einen Zeitraum von sieben<br />
Jahren an. Ziel ist, den Anteil von Abiturienten sowie<br />
SCHULE UNTER DRUCK<br />
CHANCE 2<br />
jede Woche neue Angebote<br />
schulfahrt.de<br />
Träbert ermutigt die Leser, dem Druck zu widerstehen<br />
und sich für humane Schule einzusetzen. Mit klaren<br />
Worten unterstützen Autoren wie Otto Herz, Prof. Dr.<br />
Renate Valtin, Prof. Dr. Peter Paulig und weitere engagierte<br />
Pädagogen dieses Anliegen.<br />
Ein Interview mit Prof. Brügelmann, ein Kommentar<br />
sowie fünf Besprechungen aktueller Bücher runden das<br />
nicht-kommerzielle 28-seitige Heft ab. „Schule unter<br />
Druck“ kann für 3,- Euro plus Versand über info@aktionhumane-schule.de<br />
oder telefonisch unter 02208 / 921<br />
99- 47 (Fax: - 46) bestellt werden.<br />
Mehr Informationen zum Heft und zur Aktion Humane<br />
Schule gibt es auf www.aktion-humane-schule.de<br />
pm<br />
Hochschulabsolventen mit Migrationshintergrund und<br />
aus nicht-akademischen Familien zu erhöhen. Das zweistufige<br />
Förderprogramm richtet sich vor allem an Schulkinder<br />
mit Migrationshintergrund und aus Familien ohne<br />
akademischen Hintergrund, die ein vielversprechendes<br />
Potential aufweisen.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.uni-due.de/chancehoch2<br />
www.stiftung-mercator.de/chancehoch2<br />
Klassenfahrten nach Berlin<br />
(incl. Transfer, Unterkunft, Programmgestaltung nach Absprache).<br />
Broschüre anfordern bei:<br />
Berliner Informations- und Studienservice e.V. (BISS e.V.)<br />
Fichtestr. 30 · 10967 Berlin, Tel. (030) 6 93 65 30<br />
www.berlin-mit-biss.de · Email: kontakt@berlin-mit-biss.de<br />
<strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz, 50,40 Euro<br />
28 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
TIPPS + TERMINE<br />
KOPIERVORLAGEN ZUR MOTIVATIONSFÖRDERUNG<br />
Parallel zum Erscheinen seines Buches „Null Bock auf<br />
Lernen?“ (Beltz-Verlag 2010) hat Schulberater und<br />
Lehrerfortbildner Detlef Träbert elf Kopiervorlagen zur<br />
Motivationsförderung ins Netz gestellt. Kostenlos kann<br />
sich jede und jeder Interessierte diese Anregungen von<br />
www.schulberatungsservice.de aus der Rubrik „Infos/<br />
Download“ herunterladen. Darunter finden sich Mo-<br />
tivationssprüche für Schüler/-innen, ein Formular zur<br />
Steigerung der Mitarbeit im Unterricht, Ankreuzzettel<br />
zur Selbstvergewisserung nach den Hausaufgaben und am<br />
Ende einer Unterrichtsstunde u.a.m. Der Diplom-Pädagoge<br />
ist bundesweit mit Elternvorträgen und Lehrerfortbildungen<br />
zu diesem und weiteren Themen aktiv.<br />
pm<br />
WEITERBILDUNGSSTUDIUM EUROPÄISCHE MIGRATION<br />
Veranstaltungen im 2. Halbjahr 2010<br />
Entwicklung interkultureller Kompetenzen:<br />
Vertiefung (T5)<br />
27./28.09.2010, 10.00 - 17.30 Uhr<br />
Anmeldeschluss: 06.09.2010<br />
Seminarnummer: 20100068<br />
Leitung: Peimaneh Nemazi-Lofink, Diplom-Pädagogin,<br />
Institut zur Förderung von Bildung und Integration<br />
(INBI)<br />
Zielgruppe: Fachkräfte der sozialen Dienste, Lehrkräfte,<br />
Erzieher/innen, Mitarbeiter/innen der Aus- und<br />
Weiterbildung, in der Migrationsarbeit Tätige sowie<br />
Studierende<br />
Ort: Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />
IFB-Nr.: 02UM11101<br />
Interkulturelle Elternarbeit für die Schule und<br />
den Elementarbereich (T3)<br />
25./26.10.2010, 10.00 - 17.30 Uhr<br />
Anmeldeschluss: 04.10.2010<br />
Seminarnummer: 20100069<br />
Leitung: Christiane Böhm, Diplom-Sozialpädagogin<br />
(FH), Mediatorin, Centrum für Migration und Bildung<br />
e.V. und Saideh Morabbi, Diplom-Pädagogin, Analytische<br />
Kinder und Jugendlichen- Psychotherapeutin<br />
Zielgruppe: Lehrkräfte, Lehramtsstudierende, Mitarbeiter/innen<br />
Elementarbereich, Mitarbeiter/innen in<br />
Diese Vorteile bietet Ihnen nur Agaria Tours:<br />
- Kostenlos: Sie erhalten Ihren<br />
persönlichen Gruppenreiseplaner Prag<br />
bereits mit unserem Angebot!<br />
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auch in Prag rund um die Uhr!<br />
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pädagogischen Einrichtungen<br />
Ort: Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />
IFB-Nr.: 02UM11201<br />
Migrationssensibler Kinderschutz (T4)<br />
10./11.11.2010, 10.00 - 17.30 Uhr<br />
Anmeldeschluss: 20.10.2010<br />
Seminarnummer: 20100070<br />
Leitung: Britta Sievers, M.A. in Vergleichender europäischer<br />
Sozialforschung, Diplomsozialarbeiterin (FH),<br />
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V.<br />
(ISM)<br />
Zielgruppe: Mitarbeiter/innen von Jugendämtern und<br />
freien Trägern, wie z.B. Familien und Erziehungsberatungsstellen<br />
oder Migrationsberatungsstellen, Fachkräfte<br />
der sozialen Dienste, im Migrationsbereich Tätige<br />
Ort: Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />
IFB-Nr.: 02UM11301<br />
Beratung<br />
und<br />
Anmeldung:<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz -<br />
Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung, Kathrin Hanik<br />
M.A., 55099 Mainz, Tel.: 06131/ 39-26191, Fax: 06131/<br />
39-24714, E-mail: hanik@zww.uni-mainz.de<br />
http://www.zww.uni-mainz.de<br />
(Anmeldung über Seminarshop online möglich)<br />
Zu allen Veranstaltungen wird im Vorfeld eine ausführliche<br />
Programmbeschreibung im Internet unter www.zww.unimainz.de/135.php<br />
abrufbar sein.<br />
Teilnahmegebühren: 130,00 Euro, (85,00 Euro ermäßigt)<br />
inkl. Pausengetränke; ohne Übernachtung.<br />
Eine Ermäßigung von 35% wird Studierenden, Arbeitslosen<br />
nach Vorlage der jeweiligen Bescheinigungen sowie Personen,<br />
die sich ehrenamtlich oder in Selbsthilfegruppen engagieren,<br />
bei Angabe der Organisation bzw. Gruppe gewährt.<br />
Sie können sich außerdem mit der angegebenen IFB-Nummer<br />
direkt über das Fortbildungsportal des Landes Rheinland-<br />
Pfalz (https://fortbildung-online.bildung-rp.de) anmelden.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
29
TIPPS + TERMINE / KREIS + REGION<br />
DEMOKRATIETAG<br />
IN INGELHEIM<br />
Der 5. Demokratietag Rheinland-Pfalz<br />
findet am 23.9.2010 am Sebastian-Münster-Gymnasium<br />
in Ingelheim statt.<br />
Workshops gibt es für Schülerinnen und<br />
Schüler ab Sek. I sowie Lehrerinnen und<br />
Lehrer aller Schularten (SV-Arbeit, Projekt<br />
Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage,<br />
Klassenrat, Inklusion u.a.).<br />
Anmeldung: www.demokratietag-rlp.de<br />
sh<br />
Vorankündigung:<br />
Fachtagung Lehrergesundheit<br />
(Arbeits- und Gesundheitsschutz)<br />
am Dienstag, dem 02.11.2010,<br />
in Mainz im Erbacher Hof<br />
von 9.00 bis 16.30 Uhr<br />
• Referat „Erhebung psychischer Belastungen bei<br />
Lehrkräften im Schulbereich im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen“<br />
• 8 Arbeitsgruppen<br />
• Podiumsdiskussion: Staatssekretär Ebling, Prof.<br />
Dr. Dipl.-Ing. Letzel, <strong>GEW</strong>-HPR-Vertreterin Sylvia<br />
Sund, <strong>GEW</strong>-Bund Anne Jenter<br />
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Tarifzone 2 (z. B. Darmstadt, Mainz, Stuttgart)<br />
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Kreis Trier<br />
<strong>GEW</strong>-Trier wählte neuen Vorstand<br />
Der Kreisverband Trier hatte am 20. April 2010 zu einer Mitgliederversammlung<br />
eingeladen. Klaus-Peter Hammer referierte zum<br />
Thema „Erste Erfahrungen mit der neuen Schulstruktur“. Die Umgestaltung<br />
der Schullandschaft durch die schrittweise Überführung<br />
der Haupt- und Realschulen in das neue Modell Realschule plus sei<br />
ein Schritt in die richtige Richtung. Leider würden jedoch mehr kooperative<br />
als integrative Formen dieses Schultyps errichtet. Durch ein<br />
bloßes Nebeneinander von Realschul- und Hauptschulzweig nach<br />
der Orientierungsstufe werde die Chance des längeren gemeinsamen<br />
Lernens verpasst. Ein Problem stelle auch die unterschiedliche Bezahlung<br />
der Lehrkräfte an Realschulen plus dar. Die <strong>GEW</strong> kämpfe<br />
für gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Er bedauere auch sehr, so<br />
der Landesvorsitzende, dass die Landesregierung nicht mutig genug<br />
sei, die große Nachfrage an Integrierten Gesamtschulen ausreichend<br />
zu bedienen. In der anschließenden Diskussion sprachen sich die<br />
Anwesenden für mehr integrative Schulformen in Trier aus. Denkbar<br />
wäre eine zweite IGS, wünschenswert wären auch mehr Realschulen<br />
plus in integrativer als in kooperativer Form.<br />
Die bisherige Vorsitzende Henny Weber berichtete über die Arbeit<br />
des Vorstandes in der vergangenen Amtsperiode und begrüßte insbesondere<br />
den starken Zuwachs an Mitgliedern im Kreisverband Trier.<br />
Sie äußerte den Wunsch, dass im neuen Vorstand besonders auch<br />
jüngere Mitglieder mitarbeiten sollten, und wies darauf hin, dass an<br />
den Sitzungen des Vorstandes alle interessierten <strong>GEW</strong>-Mitglieder<br />
teilnehmen können. Aus dem Personenkreis dieser „Gäste“ seien in<br />
der Vergangenheit oft neue Vorstandsmitglieder hervorgegangen.<br />
Der alte Vorstand wurde einstimmig entlastet. Zum neuen Vorsitzenden<br />
wurde Markus Häusler gewählt, stellvertretende Vorsitzende<br />
wurden Michael Frien und Henny Weber. Das Amt des Rechners<br />
führt Reinhold Terres weiter. Außerdem gehören dem Vorstand<br />
an: Karin Grebe, Marianne Welter, Hartmut Koch, Wolfgang<br />
Butterbach, Anne Hübner, Markus Nöhl, Gerd Tiator und Adolf<br />
Morbach.<br />
pm<br />
Hilfe für Haiti<br />
Tausende Opfer des verheerenden Erdbebens<br />
stehen vor dem Nichts. Bitte helfen<br />
Sie den Menschen mit Ihrer Spende!<br />
Impressum <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz<br />
(118. Jahrgang)<br />
Stichwort »Erdbeben Haiti«<br />
Spendenkonto 700 800 700<br />
Volksbank Osnabrück eG<br />
BLZ 265 900 25<br />
Online-Spende: www.tdh.de<br />
Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rheinland-Pfalz, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />
Mainz, Tel.: 0 61 31 28988-0, Fax: 0 61 31 28988-80, E-mail: gew@gew-rlp.de<br />
Redaktion: Günter Helfrich (verantw.), Dr. Paul Schwarz (Stellvertr./Bildungspolitik), Ursel Karch<br />
(Gewerkschaftspolitik), Dr. Gerlinde Schwarz (Reportagen), Karin Helfrich (Redaktionsmanagement)<br />
Redaktionsanschrift: <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen, Tel./<br />
Fax: 06 21 564995, e-mail: guenter.helfrich@gew-rlp.de<br />
Verlag und Anzeigen, Satz und Druck: Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt<br />
a.d.W., Tel.: 063 21 8 03 77; Fax: 0 63 21 8 62 17; e-mail: vpp.nw@t-online.de<br />
Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen nicht in<br />
jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />
oder zugemailte Daten wird keine Gewähr übernommen.<br />
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich Euro 18,-- incl. Porto +<br />
MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres. Im<br />
anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />
Anzeigenpreisliste Nr. 14 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 1. des Vormonats.<br />
30 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010
KREIS + REGION / IMPRESSUM<br />
Kreis Westerwald<br />
Mitgliederversammlung<br />
mit Sylvia Sund<br />
Zur diesjährigen Mitgliederversammlung im Hotel Paffhausen,<br />
Wirges, hatte der Kreisverband Westerwald die Stellvertretende<br />
Landesvorsitzende Sylvia Sund eingeladen.<br />
Für den Kreisvorstand begrüßte Hartmut Lehmann die Gäste,<br />
er freute sich besonders über Sylvias Zusage in Anbetracht ihrer<br />
erheblichen Fahrtstrecken. Aus der Arbeit des Kreisvorstands hob<br />
er die Teilbereiche hervor, die nicht per Lokalzeitung oder Mitgliederschreiben<br />
bekannt geworden waren: Diskussion des Kreis-Schulentwicklungsplans<br />
mit der SPD-Fraktion und dem Arbeitskreis<br />
Schule des CDU-Kreisverbands, Situation der Hauptschullehrer an<br />
den Regionalen Schulen und der künftigen Realschule plus sowie<br />
neue Bewertungsformen an den Grundschulen.<br />
Silvia Sund referierte über die Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz<br />
und erläuterte an einigen Beispielen die Positionen der <strong>GEW</strong>. Die<br />
Bildungsgewerkschaft sieht in der neuen Schulform Realschule<br />
plus einen halbherzigen Schritt hin zu mehr integrativem Arbeiten,<br />
der allerdings das Problem des frühen Selektierens nicht beseitigt.<br />
Leider ist die Landesregierung noch nicht bereit, mit der Gewerkschaft<br />
in Gespräche mit dem Ziel einer einheitlichen Besoldung<br />
einzutreten.<br />
Auch die Einführung der neuen Bewertungsvorschriften an den<br />
Grundschulen sind ein Beispiel dafür, wie Reformen auf dem<br />
Rücken der Lehrkräfte ausgetragen werden. Zeitaufwändige Zusatzarbeiten<br />
(wie auch VERA-Erhebungen, Qualitätsentwicklung usw.)<br />
werden den Lehrkräften aufgetragen, ohne dass weitere personelle<br />
Ressourcen bereitgestellt werden. Sylvia dazu: „Das Kerngeschäft<br />
der Schule, Erziehungsarbeit und guter Unterricht, muss unter<br />
diesen Arbeitsbedingungen leiden.“<br />
Auf dem Feld der Tarif- und Besoldungsverhandlungen kommt<br />
die Arbeit der Gewerkschaft praktisch nie zur Ruhe. Sylvia Sund<br />
berichtete von dem in den meisten Zeitungen nur knapp erwähnten<br />
Warnstreik angestellter Lehrer der Landesverbände Baden-<br />
Württemberg, Saarland und Rheinland-Pfalz in Karlsruhe. Hier<br />
wurde Druck auf die öffentlichen Arbeitgeber gemacht, endlich in<br />
Verhandlungen über einen verbindlichen Tarifvertrag einzutreten.<br />
Derzeit werden die Angestellten von Land zu Land unterschiedlich<br />
nach von oben verordneten Richtlinien bezahlt, was zu erheblichen<br />
Ungerechtigkeiten führt.<br />
In diesem Zusammenhang verwies die Stellvertretende Landesvorsitzende<br />
auf unseren insgesamt unterfinanzierten Bildungsbereich.<br />
In Deutschland, dem wirtschaftlich stärksten Land in Europa, liegen<br />
die Bildungsausgaben, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt,<br />
weiterhin deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. Zwar betonen<br />
Politiker immer wieder den hohen Stellenwert der Bildung in einem<br />
Land mit nur wenigen Rohstoffen, ziehen jedoch nicht die fälligen<br />
Konsequenzen.<br />
Im Anschluss an ihre Ausführungen trat Silvia in einen lebhaften<br />
Gedankenaustausch mit den Mitgliedern des Kreisverbands ein.<br />
Für das 2. Halbjahr kündigte Hartmut Lehmann zwei Veranstaltungen<br />
des Kreisverbands an.<br />
Besonders für Lehrkräfte der Sekundarstufe I und der Berufsbildenden<br />
Schulen sollte der Besuch der Fuhrländer Windkraftanlagen<br />
AG am 10. September von Interesse sein.<br />
Neben Informationen über Technik und wirtschaftlichen Erfolg<br />
werden die TeilnehmerInnen auch Einblick in die vorbildliche<br />
Ausbildungsarbeit des Unternehmens erhalten.<br />
Örtliche Personalräte können am 23. Oktober im Europa-Haus<br />
Bad Marienberg an einer Schulung teilnehmen.<br />
Zur Ehrung für langjährige Mitgliedschaft konnten nicht alle Angesprochenen<br />
erscheinen. Es gehören der <strong>GEW</strong> 25 Jahre an: Edith<br />
Detzler, Helmut Burkey, Beate Reuter, Thekla Greiner, Klaus-Peter<br />
Lohmann und Hedi Meffert.<br />
40jährige Mitgliedschaft: Renate Schwella, Wolfgang Teutsch, die<br />
früheren Vorstandsmitglieder Peter Backes und Gerd Luxem sowie<br />
der Kreisvorsitzende von 1992 bis 2003, Erwin Wolf.<br />
Unser Ehrenvorsitzender Edmund Theiß trat bereits 1950 in die<br />
<strong>GEW</strong> ein. Inge Dreyer war 1949 sogar eines der Gründungsmitglieder<br />
im damaligen Oberwesterwaldkreis.<br />
Im Anschluss an die Ehrungen kam es zum stimmungsvollen Höhepunkt<br />
des Abends.<br />
Ein Quartett aus Schülerinnen und Schülern des Landesmusikgymnasiums<br />
Montabaur trug gekonnt einige Lieder aus verschiedenen<br />
Epochen vor.<br />
Hartmut Lehmann<br />
Nachruf<br />
Wir trauern um unsere Kollegin<br />
Margit Hauer<br />
Förderschullehrerin<br />
die nach kurzer schwerer Krankheit am 31.05.2010 verstorben<br />
ist.<br />
Über viele Jahre unterrichtete sie im berufsbildenden Bereich der<br />
Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige Neuwied und war<br />
in Prüfungsausschüssen tätig. Im örtlichen Personalrat war sie<br />
zunächst Mitglied und dann langjährige Vorsitzende.<br />
Seit Jahren stand sie dem Hauptpersonalrat Förderschulen als<br />
Ersatzmitglied zur Verfügung. In der <strong>GEW</strong> war sie aktiv im<br />
Kreisvorstand Neuwied und in der Bezirksfachgruppe sonderpädagogische<br />
Berufe. Darüber hinaus engagierte sie sich auch<br />
kommunalpolitisch.<br />
Margit hat sich immer vehement für die Belange ihrer Kolleginnen<br />
und Kollegen eingesetzt. Sie hat keine Konflikte gescheut<br />
und dabei stets konstruktiv an Lösungen gearbeitet.<br />
Im Februar 2011 hätte die Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit<br />
begonnen.<br />
Uns wird ihr lebendiges Wesen und ihre Freundlichkeit in Erinnerung<br />
bleiben.<br />
für den <strong>GEW</strong>-Kreis Neuwied<br />
Waltraud Heckmann<br />
für den <strong>GEW</strong>-Bezirk Koblenz<br />
Elmar Ihlenfeld<br />
für den Hauptpersonalrat Förderschulen<br />
Sylvia Sund<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />
31
SCHULGEIST<br />
VIRTUELLE FREUDEN<br />
Ich lese in meinem Mail-Postfach grundsätzlich alles. Mein Neffe<br />
Jonas ist entsetzt: „Du öffnest Spam-Mails? Wie beknackt ist das<br />
denn? Damit fängst du dir nur Viren ein! Unbekannter Absender<br />
- sofort löschen!“<br />
Das wäre in meinem Fall eigentlich schade: Zahllose begeisterte<br />
Leserbriefe blieben ungelesen. Abdruckgesuche aus aller Welt<br />
würden im virtuellen Papierkorb landen, die Benachrichtigung des<br />
Pulitzer-Preis-Komitees, mit der ich stündlich rechne, einfach so<br />
im Orkus verschwinden. Ich würde viele aufregende Nachrichten<br />
verpassen, Einladungen zu Internetforen nicht wahrnehmen und<br />
nie erfahren, dass meine ehemalige Schülerin Nadine-Chantal jetzt<br />
zwei Kinder hat: Britney-Cheyenne und Luther-Jerome. Mir würden<br />
die tiefgründigen Gedanken einer tiefgläubigen Frau aus dem<br />
tiefen Süden der Republik entgehen, die massenhaft Eingaben und<br />
Aufrufe an Politiker produziert, damit arme deutsche Schulkinder<br />
nicht im Ganztagsknast landen und das seit Kaiserzeiten bewährte<br />
fünfgliedrige Schulsystem (?) unbedingt beibehalten wird.<br />
Soll ich etwa auf die ergreifenden Kettenbriefe verzichten, die mich<br />
häufig aus den USA erreichen? Reizende Menschen schicken mir Lebensweisheiten<br />
und Gebete, die ich aufsagen und weiterleiten muss,<br />
Die <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz wünscht ihren<br />
Leserinnen und Lesern erholsame Urlaubswochen<br />
– auch ohne eigenen Flieger …<br />
will ich Schaden von mir abwenden. Martha aus Massachusetts hat<br />
so eine Mail ignoriert. Innerhalb einer Woche hat sie ihren Ehering<br />
im Müllschlucker verloren. Wenig später sind ihr Hund und ihr<br />
Mann entlaufen. Ihr Rasenmäher wurde gestohlen und ihre Festplatte<br />
verschmorte. Um persönliches Unglück zu vermeiden, habe<br />
ich die Kettenbotschaft „Du bist eine wunderbare Frau!“ umgehend<br />
weitergeleitet, auch an meine Schwager und Neffen.<br />
Unlängst erhielt ich von Christiane aus Winsen an der Luhe folgende<br />
Nachricht: „Bist du auch gelangweilt und frustriert? Hast<br />
du die Nase voll davon, im Bett seit 20 Jahren immer dasselbe zu<br />
erleben? Schick einfach deinen Mann an die obige Adresse, leite<br />
diese Mail an zehn ebenso frustrierte Freundinnen weiter, und in<br />
sechs Wochen werden Hunderte von Männern vor deiner Tür stehen!“<br />
Darauf warte ich gespannt. Bisher ist allerdings weder mein<br />
Partner zurückgekehrt noch sind die angekündigten Fremdmänner<br />
eingetroffen.<br />
Dafür erhalte ich regelmäßig Mails mit dem vielversprechenden<br />
Betreff „Hi“. Vertrauensvolle Menschen wollen mir Teile ihres<br />
Vermögens übertragen. In Form von Geld, Gold, Containerschiffen<br />
oder Diamanten. Sie wohnen in Ohio, Okaputa oder Osaka. Sie sind<br />
verwitwet, verfolgt oder kinderlos. Sie bitten mich um Hilfe. Dazu<br />
müsste ich nur ein Zehntel ihres Vermögens übernehmen - oder<br />
auch das ganze. Aber mein Steuerberater wittert überall Fallen: Mit<br />
der Übernahme von Diamanten und Containerschiffen käme ich<br />
nur in eine ungünstigere Steuerklasse. Er warnt mich auch davor,<br />
mir all die Lottogewinne auszahlen zu lassen, die mich wöchentlich<br />
per Mail erreichen. Zu viel Geld macht unglücklich.<br />
Interessant auch die Mails mit den medizinischen Sonderangeboten.<br />
Zu meinem Bedauern habe ich aber keine Zeugungsorgane, die ich<br />
preisgünstig verlängern lassen könnte. Ich habe dafür Hunderte<br />
dieser Boykott-Mails gegen eine Tankstellenkette weitergeleitet<br />
und meine Benzinmarke gewechselt. Trotzdem ist der Benzinpreis<br />
nicht - wie versprochen - um 50 Cent gesunken. Hin und wieder<br />
bedauern in meinem Mail-Postfach „alte Freundinnen“, dass wir<br />
lange nichts voneinander gehört hätten, und laden mich auf ihre<br />
Websites ein. Ein paar dieser Phoebes und Maggies habe ich mir<br />
angesehen. Ich kannte sie jedoch gar nicht und fand es seltsam,<br />
dass sie nackt bügeln.<br />
Mit einem einfachen Klick kann ich sämtliche Mails an mein<br />
soziales Netzwerk weiterleiten. Ruckzuck, und halb Deutschland<br />
kennt denselben Witz. Anscheinend kursieren manche Texte in<br />
allen Büros dieses Planeten. Beispielsweise erhalte ich den Brief<br />
„Wir waren Helden“ von ganz unterschiedlichen Absendern. Der<br />
unbekannte Verfasser wundert sich darin, dass unsere Generation<br />
ganz ohne Fahrradhelm und Handy-Ortung überlebt hat.<br />
Die Möglichkeit, im Internet blitzschnell zu agieren, hat allerdings<br />
auch Nachteile. So habe ich bei einer Billig-Airline im Handumdrehen<br />
sieben Flüge nach Tallinn gebucht, obwohl ich eigentlich<br />
nur einen brauche, - statt eines Buches bei Amazon mit einem<br />
Klick fünf weitere bestellt, deren Titel verheißungsvoll klangen.<br />
Schon dreimal habe ich jemandem eine Mail geschickt, die absolut<br />
nicht für ihn bestimmt war. Meine Freundin mailt mir seit<br />
Wochen nicht mehr, nachdem ich ihr aus Versehen die lästerlichen<br />
Gedanken einer anderen Freundin geschickt habe. Vielleicht sollte<br />
ich lieber wieder Briefe per Post schreiben, da hat man mehr Zeit<br />
zum Nachdenken...<br />
Gabriele Frydrych<br />
32 Beilage zur E&W: <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010