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klaus-peter hammers - GEW

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-Zeitung<br />

Rheinland-Pfalz<br />

7-8/10<br />

Fotos: Küssner<br />

ERSTER WARNSTREIK<br />

FÜR EINEN LEHRKRÄFTE-TARIFVERTRAG (S. 4 - 5)


EDITORIAL / POLITNOVIZE / INHALT<br />

QUO VADIS, CDU?<br />

Dass Bewegung in die Parteienlandschaft<br />

gekommen ist, wie in der Kolumne unten<br />

ironisch angesprochen wird, hat wie<br />

so fast alles im Leben seine zwei Seiten:<br />

Einerseits ist es begrüßenswert, wenn sich<br />

demokratische politische Parteien als Konkurrenten<br />

und nicht als Feinde sehen, andererseits<br />

steigt die Politikverdrossenheit,<br />

wenn die Konturen verschwimmen und<br />

keine Alternativen in der Praxis erkennbar sind; dass Polarisierung im<br />

Wahlkampf meist nur Masche ist, weiß auch der Ahnungsloseste.<br />

Und wer nicht ganz ahnungslos ist, weiß auch, dass Bildungspolitik<br />

aufgrund des Föderalismus immer ein zentrales Thema ist, wenn<br />

Landtagswahlen anstehen - für dreiviertel der WählerInnen in<br />

NRW im Mai war das übrigens das entscheidende. Hilfreich wäre<br />

da schon, wenn wir uns auf klare Aussagen bezüglich der konkreten<br />

Pläne verlassen könnten.<br />

Aus dem Leben eines Politnovizen<br />

ANSTRENGUNGSLOSER WOHLSTAND<br />

(gh) Wie peinlich, wenn man vergisst, manchmal selbstkritisch in<br />

den Spiegel oder zumindest in seinen Ausweis zu schauen. Der in<br />

der letzten Ausgabe dieser Serie angekündigte Plan, dem Schulalltag<br />

durch einen Aufstieg in eine echte Spitzenposition zu entkommen,<br />

hätte sich dadurch erübrigt.<br />

Aber so schlecht war die Idee doch nicht. Meine inzwischen gar<br />

nicht mehr so unbedeutende kleine Partei der formal Gebildeten<br />

hat nach der Landtagswahl im kommenden Frühjahr alle Optionen,<br />

eine wichtige Rolle zu spielen. Schließlich können wir (ich<br />

eher mit Bauchschmerzen) inzwischen mit (fast) allen. Rot-Grün,<br />

Ampel, Jamaika, Schwarz-Grün, mit uns ist alles drin, mit mir<br />

sogar Rot-Rot-Grün. Da bin ich übrigens ein echter Vorreiter und<br />

Tabubrecher, nachdem ich mit meiner linken Kollegin in unserem<br />

Ortbeirat eine Fraktionsgemeinschaft gebildet habe. (Natürlich<br />

mit mir als Vorsitzendem, weshalb diese Kolumne auch ausläuft,<br />

denn zwischenzeitlich bin ich kein Politnovize mehr, sondern ein<br />

abgezockter Politprofi...)<br />

Und ohne anzugeben, ich wäre schon der richtige Mann für die<br />

Hausspitze gewesen: In meinem Verein hat niemand ansatzweise<br />

Im Vordergrund steht dabei leider immer noch das absolute Dilemma<br />

unseres Bildungswesen: die frühe Auslese. SPD, Grüne und<br />

Linke haben das Problem zumindest erkannt, die FDP als Partei<br />

der Privilegierten hält stur am gegliederten System fest, nur bei der<br />

CDU weiß man nicht so recht, wohin der Hase läuft.<br />

Positive Signale gibt es von dort, wo die Union in Koalitionen mit<br />

den Grünen ist. Was sich in Hamburg und im Saarland getan hat,<br />

wirkt bemerkenswert, auch wenn es noch lange nicht das ist, was<br />

die <strong>GEW</strong> mit einer Schule für alle anstrebt und dabei das Gros der<br />

Experten hinter sich hat.<br />

Wenig positiv kommen dagegen erste Äußerungen im sich anbahnenden<br />

Wahlkampf an. Wenn die RS+ als Weg zur Einheitsschule<br />

gegeißelt und die IGS als Angriff auf das Gymnasium dargestellt<br />

wird, so passt diese Rhetorik in den kalten Krieg und nicht ins 21.<br />

Jahrhundert. Immer noch Ängste vor angeblicher Gleichmacherei<br />

zu schüren, ist schlichtweg eine Beleidigung all jener engagierter<br />

Menschen, die endlich Schluss machen wollen mit der Abhängigkeit<br />

des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft.<br />

Eigentlich sollte dies eine Herzensangelegenheit einer jeden Volkspartei<br />

sein.<br />

Günter Helfrich<br />

so viel Ahnung von Bildungspolitik wie ich, wobei das noch hätte<br />

kommuniziert werden müssen, da mein aufreibendes Leben als<br />

Lehrer, Redakteur und Lokalpolitiker leider keine Zeit lässt, mich<br />

in den entsprechenden Gremien zu tummeln. Kultur könnte ich<br />

übrigens auch, schließlich ist mein Name im „Lexikon berühmter<br />

Pfälzer“ und auch im „Rheinland-pfälzischen Literaturlexikon“ zu<br />

finden.<br />

Aber meine Perspektive ist eine ganz andere: In wenigen Jahren erwartet<br />

mich ganz im Westerwelleschen Antisinne anstrengungsloser<br />

Wohlstand. Okay, mit relativem Wohlstand, jedoch mit völliger<br />

Anstrengungslosigkeit. Wenn dann der Dienstwagen bei denen, die<br />

statt mir den Job übernehmen, vorfährt, drehe ich mich nochmals<br />

um und schlafe gemütlich weiter, schließlich sind lange Nächte<br />

ohne Politikerverpflichtungen sehr wahrscheinlich. Und wenn in<br />

der Schule die zweite Pause vorbei ist, beginne ich mein Frühstück<br />

mit ausgiebiger Zeitungslektüre, um dann entweder ein bisschen<br />

zu schreiben, zu redigieren oder einen interessanten Termin völlig<br />

freiwillig wahrzunehmen - falls es mich nicht direkt zum Frühschoppen<br />

ziehen wird.<br />

Jetzt muss ich nur noch in den o.g. Lexika nachschauen, was ich<br />

dann bin: ganz bestimmt kein Ruhestandsbeamter, sondern Autor,<br />

Publizist oder Bildungsjournalist. Wahrscheinlich letzteres, denn es<br />

soll doch wirklich völlig anstrengungslos ablaufen!<br />

AUS DEM INHALT <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz Nr. 7-8 / 2010: Generation 60+<br />

Editorial / Politnovize Seite 2<br />

Kommentar<br />

• Frauenpolitik - noch aktuell? - noch gefragt? Seite 3<br />

Tarifpolitik<br />

• Erster Warnstreik für einen Lehrkräfte-Tarifvertrag Seiten 4 - 5<br />

<strong>GEW</strong> im Gespräch<br />

• Min. Doris Ahnen: Wünschenswertes und Machbares Seiten 6 - 7<br />

• FG Haupt- u. Realschule bei CDU und Grünen Seite 7<br />

• Gespräch zur Ausbildungsmesse „Sprungbrett“ in LU Seiten 8 - 9<br />

• Klaus-Peter Hammers „Halbzeitbilanz“ als Landesvors. Seiten 10 - 11<br />

Bildungspolitik / Kindertagesstätten Seiten 11 - 13<br />

Tag der Interkulturellen Bildung Seiten 14 - 17<br />

Berufliche Bildung / Weiterbildung Seiten 18 - 19<br />

• Fachtagung: Aktiv sein - aktiv bleiben Seiten 20 - 22<br />

• <strong>GEW</strong>-Jubilare im August und September 2010 Seite 23<br />

Politik / Recht Seite 24<br />

Sozialstudien beim Sport Seite 25<br />

Tipps + Termine Seiten 26 - 30<br />

Kreis + Region Seiten 30 - 31<br />

Schulgeist Seiten 32<br />

<strong>GEW</strong>-Info:<br />

UN-Behindertenrechtskonvention<br />

Die deutsche Übersetzung der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

kann auf der Homepage der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz unter Informationen<br />

bzw. <strong>GEW</strong>-Informationen heruntergeladen werden.<br />

2 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


FRAUENPOLITIK - NOCH AKTUELL? - NOCH GEFRAGT?<br />

KOMMENTAR<br />

Ein Generationswechsel in der <strong>GEW</strong> steht<br />

an und spiegelt eine gesellschaftliche Entwicklung<br />

wider: Die Frauengeneration,<br />

welche in den 70er Jahren die Frauenbewegung<br />

gebildet und vorangetrieben hat,<br />

ist am Ende ihrer Berufszeit angelangt, der<br />

Staffelstab müsste an die nächste Generation<br />

weitergegeben werden. Dies stellt sich jedoch<br />

als schwierig heraus: „Aktivistinnen“ in<br />

Frauenfragen sind kaum noch zu finden,<br />

Gremien, die Frauenpolitik betreiben,<br />

werden gemieden.<br />

Ein Zeichen dafür, dass alle Ziele erreicht<br />

sind? Oder ein allgemeiner Trend, nicht mehr die „Systemfrage“ zu<br />

stellen, sondern die eigenen Lebens- und Arbeitssituationen als individuell<br />

gewählt und ebenso zu bewältigen anzusehen? Sind „nur“ die<br />

Arbeitsformen überholt oder unattraktiv?<br />

Gleichstellung - Ziel erreicht?<br />

Die gesellschaftliche Analyse ergibt ein differenziertes Bild zur Lage der<br />

Frauen -keineswegs ein durchweg positives. Beste Materialien bieten übrigens<br />

die Gewerkschaften selbst, es fehlt nicht an Forschungen, Projekten<br />

und Veröffentlichungen z.B. der Hans-Böckler-Stiftung.<br />

• Frauen und Politik<br />

„Die nach wie vor zu geringe Repräsentanz von Frauen in politischen<br />

Entscheidungsprozessen ist ein Demokratiedefizit.“ - So die EU-Kommission<br />

2006 in ihrem „Fahrplan für die Gleichstellung von Männern<br />

und Frauen“.<br />

Klarer kann man nicht ausdrücken, dass nicht nur die Hälfte der Bevölkerung<br />

sich Gedanken machen muss über Mädchen und Frauen und<br />

deren politische Beteiligung. Parteien haben durchaus unterschiedliche<br />

Ansprüche, was Frauen auf aussichtsreichen Listenplätzen und in den<br />

Vorständen angeht. Ob das den Frauen bescheinigte hohe gesellschaftliche<br />

Engagement auch in „Spitzenämter“ führt und ob Frauen dies<br />

anstreben, ist sicher auch eine Frage der politischen Kultur.<br />

• Recht und soziale Wirklichkeit<br />

Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich sukzessive in Richtung<br />

einer Gleichstellung von Mann und Frau verändert, Namensrecht,<br />

Sorgerecht, Unterhaltsrecht sind zu nennen. Allerdings sieht die soziale<br />

Wirklichkeit oft anders aus. Wie viele Frauen in Ihrem Kollegium<br />

behalten ihren Familiennamen bei der Eheschließung? Mindestens der<br />

Nachname der Kinder muss doch der des Schwiegervaters sein, oder?<br />

Gemeinsames Sorgerecht ist möglich, jedoch sind 85 Prozent der<br />

Alleinerziehenden Frauen. 2009 waren nur 20,7 Prozent der Elterngeldbezieher<br />

Väter, die vorübergehend aus dem Beruf ausstiegen, um<br />

hauptverantwortlich die Kinderbetreuung zu übernehmen (BMFSFJ).<br />

Unter dem Titel „Allein mit dem Kind und Hartz IV“ veröffentlichte<br />

das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung eine Studie, nach<br />

der 2009 40 Prozent aller Alleinerziehenden in Deutschland auf<br />

Hartz IV angewiesen waren und nur langsam wieder auf eigene Beine<br />

kommen, obwohl sich die Mütter schon mit Kleinkind als arbeitssuchend<br />

melden und nicht erst - wie vorgeschrieben -, wenn das Kind<br />

drei Jahre alt ist. Aber: Je jünger das Kind, desto schwieriger ist es, eine<br />

Betreuung zu finden.<br />

Schwung in die Diskussion um „Frauen und Familien“ brachten in erster<br />

Linie Visionen vom drohenden „Aussterben der Deutschen“, weniger<br />

das Streben nach Gleichberechtigung und Chancengleichheit.<br />

• Frauen und Wirtschaftsleben<br />

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - ein häufig verletzter Grundsatz,<br />

besonders, was Frauen betrifft. Der Lohnabstand von Frauen zu<br />

Männern in den gleichen Branchen ist in allen europäischen Ländern<br />

vorhanden und beträgt in Deutschland 23 Prozent. Solange noch nicht<br />

einmal durchgehend ein Auskunftsrecht für Betriebsräte darüber besteht,<br />

welchen Verdienst die Kollegen haben, sind wir noch meilenweit von<br />

einer gerechten Bezahlung entfernt.<br />

In der „freien Wirtschaft“ drücken Männer hohe Wertschätzung<br />

gegenüber kompetenten und ambitionierten Frauen aus, aber diese<br />

„gender-political-correctness“ erhöht die realen Beförderungschancen<br />

nicht. Je höher das Börsensegment, desto niedriger der Frauenanteil im<br />

Top-Management. Der Frauenanteil in den Vorständen der 30 Unternehmen,<br />

die im Deutschen Aktienindex DAX zusammengefasst werden,<br />

betrug 2009 0,6 Prozent. In den Aufsichtsräten waren es immerhin<br />

12,8 Prozent - diese „hohe Zahl“ kommt aber deshalb zustande, weil<br />

die Arbeitnehmerseite zu ca. 74 Prozent Frauen als ihre Vertreterinnen<br />

in die DAX-Aufsichtsräte schickte.<br />

Kann oder soll man die Unternehmen hier unter Druck setzen? In<br />

Norwegen entschied man sich für eine gesetzliche Frauenquote für<br />

Aufsichtsräte mit der Folge, dass der Anteil der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder<br />

von unter 10 Prozent (2004) auf 41 Prozent (2009)<br />

gewachsen ist. „Ein kleines Land wie Norwegen“ könne „es sich nicht<br />

leisten, auf das Potential der Hälfte der Bevölkerung zu verzichten“,<br />

so ein Vertreter des dortigen Gleichstellungsministeriums.<br />

Im öffentlichen Dienst brachten Quoten Veränderungen. Jedoch sind<br />

im Hochschulbereich nur 15 Prozent der Professorenstellen mit Frauen<br />

besetzt, bei den höher dotierten C4-Stellen beträgt der Frauenanteil<br />

gerade einmal 10 Prozent.<br />

Frauenpolitik in der Gewerkschaft<br />

Für die Gewerkschaften ist es Pflichtaufgabe, „gendersensibel“ zu<br />

handeln, z.B. sollen Tarifverträge auf „Gendergerechtigkeit“ überprüft<br />

werden. Die Vorgaben auf dem Papier sind da, und Gewerkschaften wie<br />

die <strong>GEW</strong>, deren Mitgliedermehrheit Frauen sind, sind dabei besonders<br />

gefordert. Der Bundesfrauenausschuss der <strong>GEW</strong> mit der Vorsitzenden<br />

Anne Jenter repräsentiert diesen Arbeitsbereich.<br />

Was ist in Rheinland-Pfalz möglich?<br />

Ziel ist es, Probleme zu benennen und ein Forum darzustellen, das<br />

Frauen nutzen, um sich eine Stimme zu verschaffen. Anliegen können<br />

in die Öffentlichkeit gebracht und verhandelt werden. Kleine, aber<br />

konkrete Schritte machen den Anfang: eine Themenreihe in der <strong>GEW</strong>-<br />

Zeitung, bei der Frauen ihre Alltagssituation beschreiben, Herausarbeiten<br />

von Fragen und Forderungen, die Beteiligte bzw. Betroffene haben.<br />

Wie geht es Frauen, die in den Kitas und Grundschulen arbeiten? Wie<br />

erleben sie die Teilzeitsituation? Wie werden Sie bei Beförderungen und<br />

Höhergruppierungen berücksichtigt? Wie geht es Frauen in den Schulleitungen?<br />

Welche Netzwerke gibt es bzw. werden gebraucht? Frauen<br />

und Jungenpädagogik, Frauen in der Ganztagsschule ...<br />

Wir wollen eine Diskussion anregen und daran erinnern: Privates<br />

ist politisch.<br />

Sybilla Hoffmann<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

3


TARIFPOLITIK<br />

ERSTER WARNSTREIK FÜR EINEN LEHRKRÄFTE-TARIFVERTRAG<br />

Seit Dezember 2009 verhandeln die <strong>GEW</strong> und die dbb-Tarifunion<br />

mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) über einen<br />

Entgeltordnung-Tarifvertrag für tariflich beschäftigte Lehrkräfte<br />

im Landesdienst. Nachdem die ersten fünf Verhandlungsrunden<br />

keine greifbaren Ergebnisse gebracht hatten, ist es in der Woche<br />

vom 3. bis 7. Mai in mehreren Bundesländern zu ersten Warnstreiks<br />

gekommen.<br />

Erster Warnstreik am 4. Mai 2010<br />

Die <strong>GEW</strong>-Landesverbände Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg<br />

und Saarland hatten die Tarifbeschäftigten im Schuldienst ihrer<br />

Länder gemeinsam für den 4. Mai 2010 zu einem eintägigen<br />

Warnstreik und zu einer gemeinsamen Kundgebung nach Karlsruhe<br />

aufgerufen. Rund 800 Kolleginnen und Kollegen, darunter fast<br />

300 aus Rheinland-Pfalz, zogen in Karlsruhe vom DGB-Gewerkschaftshaus<br />

zum Marktplatz, wo die Arbeitgeber im Rahmen einer<br />

Protestkundgebung zu ernsthaften und zügigen Verhandlungen aufgefordert<br />

wurden. An dem Streik beteiligten sich in Rheinland-Pfalz<br />

u.a. Schulen aus Trier, Schweich, Birkenfeld, Neuwied, Koblenz,<br />

Kastellaun, Worms, Grünstadt, Landau, Kaiserslautern sowie den<br />

Großräumen Mainz und Ludwigshafen.<br />

Entgeltordnung-Tarifvertrag - was ist das übehaupt?<br />

Etwa 44.000 Lehrkräfte arbeiten im Schuldienst des Landes Rheinland-Pfalz,<br />

ganz überwiegend und traditionell im Beamtenstatus.<br />

Aber rund 7.000 von ihnen sind mit Arbeitsverträgen beschäftigt,<br />

bundesweit sind von 800.000 Lehrkräften sogar über 200.000 tariflich<br />

Beschäftigte. Für eine derartig große Anzahl von Arbeitnehmern<br />

besteht gewerkschaftlicher Regelungsbedarf. Für alle im öffentlichen<br />

Dienst Beschäftigten, die nicht den Beamtenstatus haben, gilt der<br />

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), der<br />

seit 2006 den BAT abgelöst hat. Der TV-L enthält zwar die Entgeltgruppen,<br />

regelt aber beispielsweise nicht, warum pädagogische<br />

Fachkräfte an den unterschiedlichen Schularten oder Kolleginnen<br />

und Kollegen, die muttersprachlichen Unterricht erteilen, in<br />

die Entgeltgruppen (EG) 6, 7, 8 oder 9 oder Diplomsportlehrer<br />

oder Technische Lehrer oder Musikerzieher oder Werklehrer oder<br />

Kunsterzieher oder Religionslehrer oder Fachlehrer usw. in EG 9,<br />

10 oder 11 eingruppiert werden. Geregelt ist dort auch nicht, warum<br />

angestellte Lehrkräfte mit zwei Staatsexamina an Grund- und<br />

Hauptschulen in die EG 11, die der anderen Schularten aber in<br />

die EG 13 eingruppiert werden. Um dies zu regeln, bedarf es einer<br />

tariflichen Entgeltordnung.<br />

Für den TV-L ist - noch - keine tarifliche Entgeltordnung ausgehandelt<br />

worden, mit der die tarifliche Wertigkeit der unterschiedlichen<br />

Berufe im öffentlichen Dienst aufgelistet wird. Für Lehrkräfte hat<br />

es solch eine Entgeltordnung noch nie gegeben. Seit über 50 Jahren<br />

regeln die Länder-Arbeitgeber deren tarifliche Zuordnung nach eigenem<br />

Gutdünken, niedergelegt in den sog. „TdL-Richtlinien“, also<br />

in einseitig von den Arbeitgebern verfügten Richtlinien, an denen<br />

sie die Gewerkschaften nicht beteiligt haben. Während vor 20, 30<br />

oder 40 Jahren die Anzahl der im Schuldienst tariflich Beschäftigten<br />

noch so verschwindend gering war, dass die Arbeitgeber kaum unter<br />

Druck gesetzt werden konnten, um an ihrer gutsherrlichen Haltung<br />

etwas zu ändern, sieht dies heute bei bundesweit einem Viertel tariflich<br />

beschäftigter Lehrkräfte schon anders aus. Dies wissen auch<br />

die Arbeitgeber, die sich aus reiner Wohlfahrt niemals mit der <strong>GEW</strong><br />

und der dbb-Tarifunion an den Verhandlungstisch gesetzt hätten,<br />

um über eine Lehrkräfte-Entgeltordnung zu verhandeln.<br />

Was wollen die Gewerkschaften aushandeln?<br />

Für die <strong>GEW</strong> ist eine gerechte und diskriminierungsfreie Eingruppierungsregelung<br />

Grundlage ihrer Verhandlungen mit den Arbeitgebern.<br />

Den Forderungen, welche die <strong>GEW</strong> am 30. September 2009<br />

beschlossen und den Arbeitgebern unterbreitet hat, hat sich die<br />

dbb-Tarifunion im Übrigen im vollen Umfang angeschlossen, sodass<br />

es auf Gewerkschafts- und Verbandsseite an sich keine Differenzen<br />

geben dürfte. Nur der Philologenverband versucht einmal mehr, ein<br />

eigenes Gymnasialsüppchen zu kochen, lässt aber dennoch die dbb-<br />

Tarifunion für ihn im Sinne der <strong>GEW</strong>-Forderung verhandeln.<br />

Gerecht und diskriminierungsfrei ist eine Lehrkräfte-Entgeltordnung<br />

für die <strong>GEW</strong> dann, wenn es in ihr keine sachfremden benachteiligenden<br />

Elemente mehr gibt. Warum sollen etwa pädagogische<br />

Fachkräfte an den diversen Schularten unterschiedlich vergütet<br />

werden und weswegen soll es für sie keine Zusatzausbildungen<br />

mehr geben dürfen? Womit nehmen sich die Arbeitgeber das Recht<br />

heraus, nicht in Deutschland ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer<br />

mit voller Ausbildung ihres Heimatlandes geringer zu bewerten und<br />

zu vergüten als in Deutschland Ausgebildete, und dies selbst bei<br />

Lehrkräften innerhalb der Europäischen Union? Wieso werden Lehrkräfte<br />

in den in Deutschland üblichen unterschiedlichen Schularten<br />

ungleich vergütet, warum in Rheinland-Pfalz an den Realschulen<br />

plus und an den Integrierten Gesamtschulen sogar in einer Schulart?<br />

Warum regelt man nicht die in Einzelfällen vorliegenden besonderen<br />

konkreten Belastungen (Korrekturfächer, besonders schwierige<br />

Schülerinnen und Schüler an Förder-, Haupt- oder anderen Schulen<br />

usw.) beispielsweise über Zulagen oder Entlastungsstunden? Die<br />

Arbeitgeber machen sich darüber keine Gedanken und erfreuen<br />

sich an ihrer am Beamtenrecht festgezurrten Ideologie. Freiwillig<br />

werden sie davon keinen Zentimeter abweichen.<br />

Die <strong>GEW</strong> will und fordert, dass die Lehrkräfte an allen Schularten<br />

grundsätzlich gleich bezahlt werden, Unterschiede soll es nur noch<br />

nach der Ausbildung und der auszuübenden Tätigkeit geben. So<br />

sollen z.B. mit zwei Staatsexamina Ausgebildete oder mit einer<br />

anerkannt gleichwertigen ausländischen Ausbildung nach der<br />

EG 14, Lehrkräfte mit einer Hochschulausbildung (z.B. Musik-,<br />

Kunst- oder Sportlehrkräfte) nach EG 13, Fachlehrer/innen nach<br />

EG 12 oder Lehrkräfte als Pädagogische Fachkräfte mit diversen<br />

4 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


TARIFPOLITIK<br />

Ausbildungsvoraussetzungen nach EG 10 oder EG 11 vergütet<br />

werden. Durch ein Weiterbildungs- und Qualifikationsrecht soll<br />

ein Aufstieg in die nächst höhere Entgeltgruppe möglich werden.<br />

Die Tarifforderung im Einzelnen kann unter www.gew.de auf der<br />

Homepage des <strong>GEW</strong>-Hauptvorstandes nachgelesen werden.<br />

Ist die Tarifvorstellung der <strong>GEW</strong> nicht zu hoch gegriffen? Für<br />

Arbeitgeber sind alle höhere Kosten verursachende Zielvorstellungen<br />

der Gewerkschaften unrealistisch. Diesen Schuh müssen sich<br />

Arbeitnehmer nicht auch noch selbst anziehen. Aber jedermann<br />

weiß: Eine gewerkschaftliche Tarifforderung ist noch nicht der<br />

spätere Tarifabschluss. Erfahrungsgemäß ist sie eine wichtige Basis<br />

für einen im Laufe der Verhandlungen mit den Arbeitgebern zu<br />

erzielenden Kompromiss. Konkret geht es der <strong>GEW</strong> nicht nur um<br />

höhere Bezahlung der im Schuldienst tätigen Tarifbeschäftigten,<br />

sondern auch um deren gerechte Bezahlung, mit der die alten Zöpfe<br />

der sachfremden Ungleichbehandlung diverser vergleichbarer Gruppen<br />

von Lehrkräften abgeschnitten werden. Schon allein für dieses<br />

Ziel lohnt es sich zu kämpfen. Außerdem gibt es bei der Bezahlung<br />

der angestellten Lehrkräfte im Vergleich zu ihren Kolleginnen und<br />

Kollegen im Beamtenverhältnis seit Jahren durchaus Nachholbedarf,<br />

sodass schon deswegen auch eine Forderung nach höherer Vergütung<br />

ihren Sinn hat. Hinzu kommt, dass neueingestellte Tarifbeschäftigte<br />

aufgrund der neuen Entgeltstruktur seit 2006 schlechter bezahlt<br />

werden als früher nach dem BAT. Hier haben die öffentlichen Arbeitgeber<br />

bundesweit seitdem schon Milliarden eingespart.<br />

Die Verhandlungen schleppen sich voran<br />

Die Arbeitgeber haben in den bisherigen sechs Verhandlungsrunden<br />

nur wenig inhaltlich gearbeitet und beziehen sich immer wieder<br />

auf die ihnen liebe, aber in der Praxis schon lange nicht mehr<br />

stimmige Vergleichbarkeit mit den beamteten Lehrkräften - eine<br />

Ideologie, von der sie sich nicht gern trennen wollen. Immer wieder<br />

schwingt in den Verhandlungen auch mit, dass die Arbeitgeber<br />

ja keinen Tarifvertrag benötigten, denn für sie sei mit ihren Arbeitgeberrichtlinien<br />

schließlich alles geregelt, egal ob gerecht und<br />

diskriminierungsfrei. Um einen ersten „Warnschuss“ in Richtung<br />

Arbeitgeberlager abzugeben, waren deshalb in der Woche vom 03.<br />

bis 07. Mai 2010 Warnstreiks durchgeführt worden. Die weitere<br />

Entwicklung und ob weitere Streiks erforderlich werden, hängt<br />

vorwiegend davon ab, ob die Arbeitgeber in Zukunft seriös und<br />

zielführend verhandeln.<br />

Vielleicht weitere Streiks - warum?<br />

Zurzeit deutet alles darauf hin, dass nach den Sommerferien weitere<br />

Arbeitskampfmaßnahmen erforderlich werden, sollten die Arbeitgeber<br />

nicht von ihrer Ideologie ablassen und sich nicht ernsthaft<br />

auf die Verhandlung der einzelnen gewerkschaftlichen Forderungen<br />

einlassen. Obwohl die Beteiligung am 04. Mai für einen Auftakt<br />

durchaus zufriedenstellend war, werden die Arbeitgeber jetzt sicher<br />

noch nicht mit offenen Armen auf die Gewerkschaften zugehen.<br />

Hierzu wird mehr öffentlicher Druck notwendig sein, d.h. es werden<br />

sich mehr tariflich beschäftigte Lehrkräfte an Streikmaßnahmen<br />

beteiligen müssen, um von den Arbeitgebern mehr zu erreichen als<br />

ihnen lediglich ein Zeichen zu setzen, wie dies noch am 04. Mai<br />

der Fall war.<br />

Streiks sind legitime und grundgesetzlich geschützte Druckmittel<br />

im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen. Viele Pädagoginnen<br />

und Pädagogen im Schuldienst haben mit Arbeitskämpfen wenig<br />

Erfahrung und sie fühlen Unbehagen, ihren Arbeitsplatz Schule<br />

zu verlassen, ihre Schülerinnen und Schüler oder ihre beamteten<br />

Kolleginnen und Kollegen „im Stich zu lassen“. Auf eine solche<br />

Haltung der Beschäftigten bauen die Arbeitgeber, denn sie wissen,<br />

damit schon die halbe Miete für ihre Position eingefahren zu haben.<br />

Verhandlungsbereitschaft stellt sich dagegen oft erst dann ein,<br />

wenn möglichst viele Arbeitnehmer gemeinsame Sache machen<br />

und gemeinsam Druck ausüben. Arbeitgeber in der Privatwirtschaft<br />

befürchten Produktionsausfälle durch Streiks, die Arbeitgeber im<br />

öffentlichen Dienst eher die öffentliche Meinung, in der Regel<br />

beeinflusst durch die Medien. Schon bei dem ersten Warnstreik am<br />

04. Mai hat sich gezeigt, dass die Presse, insbesondere Rundfunk<br />

und Fernsehen, breites Interesse an den Streikmaßnahmen im<br />

Schuldienst und Verständnis für die Tarifforderungen gezeigt haben.<br />

Darauf müssen die tarifbeschäftigten Lehrkräfte aufbauen, wenn<br />

weitere Arbeitskampfmaßnahmen nach den Sommerferien erforderlich<br />

werden sollten, sofern die Arbeitgeber die Verhandlungen dann<br />

weiterhin nicht mit dem Ziel einer baldigen Einigung führen.<br />

Dürfen Lehrkräfte überhaupt streiken?<br />

Die Beteiligung an gewerkschaftlich organisierten Arbeitskampfmaßnahmen<br />

ist auch in Schulen ein von der Verfassung geschütztes<br />

Grundrecht, durch dessen Inanspruchnahme tariflich beschäftigte<br />

Lehrkräfte nicht benachteiligt oder verfolgt werden dürfen. Dies<br />

hat das Bundesarbeitsgericht in Fällen angestellter Lehrkräfte ausdrücklich<br />

bestätigt. Der Arbeitsplatz Schule ist insoweit kein anderer<br />

Arbeitsplatz als jeder andere Arbeitsplatz in der Privatwirtschaft oder<br />

im öffentlichen Dienst. Das in Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes<br />

verbürgte Streikrecht gilt jedenfalls für arbeitsvertraglich Beschäftigte<br />

auch hier und steht über dem Bildungsauftrag der Schule.<br />

Text und Fotos: Udo Küssner<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

5


<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />

DAS WÜNSCHENSWERTE UND DAS MACHBARE<br />

Bildungsministerin Doris Ahnen im Gespräch mit der <strong>GEW</strong><br />

(gh) Um die Themen Schulstrukturentwicklung, Lehrerbesoldung,<br />

Gymnasien, Grundschulen und Kindertagesstätten<br />

ging es in einem Gedankenaustausch zwischen Bildungsministerin<br />

Doris Ahnen und dem Geschäftsführenden Vorstand<br />

der <strong>GEW</strong> in der Mainzer Geschäftsstelle der Bildungsgewerkschaft.<br />

Dabei wurde sehr viel Übereinstimmung im<br />

Grundsätzlichen deutlich; unterschiedliche Auffassungen<br />

gab es bei der Frage, was vom Wünschenswerten auch realpolitisch<br />

machbar ist.<br />

Die Schulstruktur<br />

Ludwig Julius von der Fachgruppe Realschule führte<br />

eingangs aus, die <strong>GEW</strong> sehe die vom Land als Erfolg<br />

verbuchte Realschule plus zwiespältig: Zwar gebe es mehr<br />

gemeinsames Lernen, doch sei die Beibehaltung der unterschiedlichen<br />

Schularten ab Klasse 7 in der kooperativen<br />

Form enttäuschend. Für die <strong>GEW</strong> liege die Zukunft in der<br />

weiteren Ausweitung der Gesamtschullandschaft.<br />

In ihrer Antwort auf die Frage nach den Perspektiven der<br />

Schulstrukturentwicklung wies Doris Ahnen zu Beginn<br />

auf unterschiedliche Betrachtungsweisen auch wegen<br />

unterschiedlicher Rollen hin. Sie betonte, in Rheinland-<br />

Pfalz sei die Selektivität des Bildungswesens im Vergleich<br />

zu anderen Bundesländern deutlich zurückgegangen. Als<br />

Ursachen führte sie u. a die flächendeckende Einführung<br />

von Ganztagsschulen (mit zunehmender Tendenz zur<br />

Rhythmisierung), die Realschule plus und die Neugründungen<br />

von Integrierten Gesamtschulen an. Aus Realschulen<br />

plus könnten nach ihrer Meinung unter bestimmten<br />

Voraussetzungen auch weitere Gesamtschulen entstehen,<br />

wobei sie großen Wert auf „echte IGSen“ lege, in denen<br />

auch das obere Leistungsspektrum vertreten ist.<br />

Eine ähnliche Linie gelte auch für die für das Image der<br />

Realschule plus wichtigen Fachoberschulen. Hier würden<br />

nur „gute Fachoberschulen“ genehmigt mit einem<br />

ausgereiften Konzept, ausreichenden Anmeldezahlen<br />

und guten Kooperationsmöglichkeiten mit den Unternehmen<br />

vor Ort. Die Absolventinnen und Absolventen<br />

der Fachoberschulen hätten dann auch die Option, über<br />

die Berufsoberschule 2 die allgemeine Hochschulreife zu<br />

erlangen. Mit dem mittleren Bildungsabschluss der RS+<br />

seien darüber hinaus wie bisher Wege in die Oberstufen<br />

von Integrierten Gesamtschulen und Gymnasien, in die<br />

Beruflichen Gymnasien, die Höheren Berufsfachschulen<br />

und selbstverständlich in die duale Ausbildung offen.<br />

Die Besoldung<br />

Nun in der Funktion als HPR-Vorsitzender sprach Ludwig<br />

Julius die überaus erfolgreiche Postkartenaktion von<br />

<strong>GEW</strong>, VBE und VDR an, in der die gleiche Besoldung<br />

nach A 13 für alle Lehrkräfte an Realschulen plus gefor-<br />

dert wird. Bildungsministerin Doris Ahnen bezeichnete<br />

die Forderung als verständlich, aber aus finanziellen<br />

Gründen für nicht machbar. Sie wies darauf hin, dass<br />

mit dem neuen Lehramt RS+ alle künftigen Lehrkräfte<br />

nach A 13 bezahlt werden. Im Übrigen kosteten allein<br />

die neuen Beförderungsmöglichkeiten, die im Rahmen<br />

der Dienstrechtsreform geschaffen würden, bei Lehrern<br />

in A 12, die auch für die Grundschulen gälten, 12 Millionen<br />

Euro.<br />

Die Gymnasien<br />

Die stellvertretende <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Sybilla<br />

Hoffmann charakterisierte vor ihrer Frage nach Möglichkeiten<br />

zur Entlastung die Situation an den Gymnasien<br />

des Landes: Der Run, gerade in Großstädten, sei ungebrochen;<br />

es kämen immer mehr Kinder mit Förderbedarf<br />

und / oder aus schwierigen sozialen Verhältnissen an die<br />

Gymnasien. Problematisch seien auch sehr große Schulen<br />

mit über 50 Klassen. Von daher seien u. a. Schulsozialarbeit<br />

auch an ihrer Schulart sowie die Erhöhung der<br />

Entlastungspauschale dringend erforderlich.<br />

Doris Ahnen antwortete, sie sehe die Probleme, bitte aber<br />

um Verständnis, dass Verbesserungen nur schrittweise<br />

möglich seien. Zur Frage der Ausweitung der Schulsozialarbeit<br />

verwies sie auf ihre Initiative im Vorfeld des<br />

letzten Bildungsgipfels, mit zwei Milliarden Euro von<br />

Bund und Ländern jeder Schule eine Schulsozialarbeiterin<br />

oder einen Schulsozialarbeiter zu finanzieren. Leider sei<br />

dieser Vorstoß am Bund gescheitert.<br />

Die Grundschulen / Der Lehrkräftebedarf<br />

Klaus-Peter Hammer, <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzender und<br />

Mitglied im HPR-Grundschulen, beschrieb die schwierigen<br />

Rahmenbedingungen für Lehrkräfte an Grundschulen.<br />

Hier sei zumindest eine Senkung der Klassenmesszahlen<br />

auf 25 wie in der Orientierungsstufe der RS<br />

+ überfällig.<br />

Die Bildungsministerin verwies darauf, dass nach der<br />

Senkung der Klassenmesszahl in der Orientierungsstufe<br />

der Realschule plus auch in Grundschulen schrittweise<br />

Verbesserungen umgesetzt würden. Die Klassengröße in<br />

den Grundschulen sei bereits bei den Eingangsklassen auf<br />

28 Kinder abgesenkt worden und diese Klassenmesszahl<br />

wachse nun durch.<br />

Was den Lehrkräftebedarf an allen Schularten angehe,<br />

könne - so das Fazit einer Studie von Prof. Dr. Klaus<br />

Klemm - in Rheinland-Pfalz rechnerisch der Bedarf künftig<br />

gedeckt werden. Damit entkopple sich das Land ein<br />

Stück weit von der bundesweiten Entwicklung. Allerdings<br />

sei für die konkrete Personalplanung eine differenzierte<br />

Betrachtung nach Schularten und Fächern nötig, die im<br />

Rahmen einer auf KMK-Ebene abgestimmten Prognose<br />

angestellt werden solle.<br />

6 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />

Die Kindertagesstätten<br />

Gewerkschaftssekretär und Kita-Experte Bernd Huster<br />

vom Regionalbüro Nord lobte die enormen strukturellen<br />

und inhaltlichen Anstrengungen des Landes im Kindertagesstättenbereich.<br />

Dennoch gebe es noch Baustellen: der<br />

Personalschlüssel, die Freistellung für Leitungstätigkeiten<br />

und der Fachkräftebedarf.<br />

Doris Ahnen dazu: „Ich könnte mir natürlich noch mehr<br />

für die Kindertagesstätten vorstellen, aber es ist wahnsinnig<br />

viel Geld in die Kitas geflossen. Rheinland-Pfalz ist in<br />

diesem Bereich bundesweit überall führend.“<br />

Wie schon in seinem Eingangsstatement pflichtete Bernd<br />

Huster dem dabei, wies jedoch darauf hin, dass die Investitionen<br />

gemessen an der Zielstellung immer noch zu<br />

gering seien.<br />

Klaus-Peter Hammer bedankte sich abschließend bei<br />

Bildungsministerin Doris Ahnen für das offene und faire<br />

Gespräch. Beim nächsten Treffen soll u. a. auch das Thema<br />

berufliche Bildung auf die Tagesordnung.<br />

„GLEICHES GELD FÜR GLEICHE ARBEIT“<br />

Die Fachgruppen Haupt- und Realschule bei CDU und Grünen<br />

Im Rahmen ihrer Aktivitäten für eine einheitliche<br />

Eingangsbesoldung aller Lehrämter und gegen die<br />

Besoldungsdiskriminierung an der Realschule plus<br />

führten Vertreter der Landesfachgruppen Haupt- und<br />

Realschule der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz, unterstützt durch<br />

den Landesvorsitzenden Klaus-Peter Hammer, Gespräche<br />

mit Vertretern der GRÜNEN (17.5.10) und der CDU<br />

(18.5.10).<br />

Mit Daniel Köbler, dem Landesvorstandssprecher der<br />

GRÜNEN, war sich die <strong>GEW</strong> schnell einig darin, dass die<br />

Entwicklung von Strukturen für ein längeres gemeinsames<br />

Lernen nur dann wirklich gelingen wird, wenn die pädagogische<br />

Arbeit aller Lehrkräfte als grundsätzlich gleichwertig<br />

anerkannt wird. Und daraus folgt zwangsläufig die<br />

einheitliche Eingangsbesoldung aller Lehrämter. Für die<br />

<strong>GEW</strong> sind damit die GRÜNEN, die sich gute Chancen<br />

ausrechnen, im nächsten Landtag wieder vertreten zu sein,<br />

auch in der Frage der Besoldungsgerechtigkeit wichtige<br />

Bündnispartner. Sie teilen die Forderung der <strong>GEW</strong>, dass<br />

es darum gehen muss, auch den Lehrkräften, die bereits<br />

jetzt im Dienst einer Realschule plus sind, eine Perspektive<br />

zu eröffnen. Diskutiert wurde daher die Möglichkeit<br />

eines Stufenplans, durch den von Jahr zu Jahr ein immer<br />

größerer Anteil von Kolleginnen und Kollegen, auch an<br />

Grundschulen und Integrierten Gesamtschulen, auf A<br />

13 angehoben wird.<br />

Im Gespräch mit den bildungspolitischen Spitzen<br />

der CDU-Landtagsfraktion und ihrem Vorsitzenden<br />

Christian Baldauf war sofort klar, dass für die rheinland-<br />

pfälzische CDU Bildung ein zentrales Thema des Landtagswahlkampfs<br />

sein wird. Wichtigstes Gesprächsziel der<br />

<strong>GEW</strong> war es, die CDU für das Gerechtigkeitsproblem an<br />

der Realschule plus zu sensibilisieren und die Gleichwertigkeit<br />

aller Lehrämter zu fordern. Als Erfolg ist zu werten,<br />

dass die Vertreter der CDU ihre Bereitschaft erklärt haben,<br />

den „richtigen Ansatz“ „gleiche Arbeit - gleicher Lohn“ auf<br />

die Lehrerbesoldung zu übertragen, und folglich zugesagt<br />

haben, auch das Problem der Ungleichbehandlung an der<br />

Realschule plus „anzugehen“. Auf Dauer könne nicht<br />

ungleich bezahlt werden!<br />

Der Weg dort hin wurde dann allerdings strittig diskutiert.<br />

Die Vorstellung der CDU, eine Höherstufung<br />

von A 12 auf A 13 müsse man sich „verdienen“, dem<br />

müsse auch die Leistung entsprechen und beispielsweise<br />

mit der Wahrnehmung von Zusatzfunktionen in der<br />

Schule verknüpft sein, wurde von den <strong>GEW</strong>-Vertretern<br />

entschieden zurückgewiesen. Wenn schon die CDU über<br />

einen von Kriterien gestützten Stufenplan nachdenkt, so<br />

ist nach Meinung der <strong>GEW</strong> die berufliche Erfahrung<br />

die entscheidende Qualifikation, und damit hat das<br />

Dienstalter maßgebliche Priorität. Für die <strong>GEW</strong> war<br />

erkennbar, dass sie damit wichtige Denkanstöße für den<br />

an dieser Stelle noch offenen Diskussionsprozess in der<br />

Partei gegeben haben.<br />

Im nächsten Schritt werden die beiden Landesfachgruppen<br />

der <strong>GEW</strong> ihre seit März laufende Postkartenaktion<br />

zum Abschluss bringen und der Landesregierung präsentieren.<br />

Ludwig Julius / Fotos: Julius / Riegler<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

7


<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />

UNTERSTÜTZUNG AUF DEM WEG IN DEN BERUF<br />

Gespräch zur Ausbildungsmesse „Sprungbrett“ in Ludwigshafen<br />

Sylvia Kuntz ist bei<br />

der LUKOM Ludwigshafen<br />

stellvertretende<br />

Abteilungsleiterin<br />

„Management der<br />

Veranstaltungshäuser“<br />

und Projektleiterin der<br />

„Sprungbrettmesse - Die<br />

Ludwigshafener Messe<br />

für Ausbildung, Studium<br />

und Weiterbildung“.<br />

Frau Kuntz, die Ausbildungsmesse „Sprungbrett“ der Lukom<br />

in Ludwigshafen hat sich bislang als wahre Erfolgsstory erwiesen:<br />

Ein Jahr für Jahr steigendes Angebot an Ausstellern,<br />

parallel dazu auch steigende Besucherzahlen haben die Messe<br />

zu einer „Marke“ in der Metropolregion Rhein-Neckar gemacht.<br />

Bitte stellen Sie unseren Leserinnen und Lesern kurz<br />

vor, was „Sprungbrett“ jungen Menschen auf dem Weg in<br />

eine Ausbildung zu bieten hat.<br />

Sprungbrett ist eine Informations- und Kommunikationsplattform<br />

rund um die Themenbereiche Ausbildung,<br />

Studium und Weiterbildung. Sie gibt ein umfassendes<br />

Bild über die verschiedensten Ausbildungsberufe und<br />

Studiengänge. Die Schüler und Schülerinnen können in<br />

einer ungezwungenen Atmosphäre persönliche Gespräche<br />

mit Ausbildungsleitern führen. Sie können außerdem<br />

derzeitige Auszubildende nach ihren Erfahrungen fragen.<br />

Anhand praktischer Vorführungen werden Berufsbilder<br />

erfahrbar und vorstellbar. Man kann feststellen, wo die eigenen<br />

Neigungen und Talente liegen. Und man kann erste<br />

Kontakte zu seinem Wunschunternehmen knüpfen.<br />

Entscheidend für den nachhaltigen Erfolg solch einer Ausbildungsmesse<br />

ist nach meiner Meinung, ob Aussteller und<br />

Besucher kompatibel sind. Überspitzt gesagt: Wenn 80 Prozent<br />

der angebotenen Ausbildungen Abitur als Voraussetzung<br />

verlangen und aber 80 Prozent der Besucher gerade mal den<br />

Hauptschulabschluss bekommen, bringt das ja nichts. Wie<br />

sind in dieser Hinsicht Ihre Erfahrungen in Ludwigshafen?<br />

Leider ist es in unserer hochtechnologischen Zeit so, dass<br />

viele Ausbildungsberufe mittlerweile als Voraussetzung das<br />

Abitur verlangen. Wir haben mit „Sprungbrett“ allerdings<br />

eine Messe geschaffen, bei der geeignete Ausbildungsplatzangebote<br />

für alle Schultypen vorgestellt werden.<br />

Natürlich gibt es viele Angebote für Abiturienten. Aber<br />

auch für Realschüler und Hauptschüler sind geeignete<br />

Ausbildungsberufe vorhanden. Darauf legen wir Wert.<br />

In unseren Messeleitfäden 2009 hatten wir 45 spezielle<br />

Ausbildungsangebote für Hauptschüler und 85 für Realschüler<br />

aufgelistet. Wir haben auch eine Vielzahl von<br />

Einrichtungen, die über eine Zusatzqualifizierung nach<br />

der eigentlichen Schulzeit informieren. Denn es gilt: Für<br />

eine Weiterbildung ist es nie zu spät!<br />

Wenn man wie ich selbst schon seit Jahren an einem Stand tätig<br />

ist, lassen sich die Erfahrungen ganz schlicht formulieren:<br />

Die Freitagvormittage sind kaum auszuhalten, weil Horden<br />

von oft noch sehr jungen Schülern wie Schnäppchenjäger<br />

durch die Halle toben und alles abgreifen, was sie in die<br />

Finger bekommen. Freitagnachmittag und Samstag sind<br />

super, weil viele motivierte, gut informierte junge Menschen,<br />

oft auch mit Eltern, kommen und intensive Beratungsgespräche<br />

entstehen. Gibt es Überlegungen, den Freitagvormittag<br />

irgendwie besser in den Griff zu bekommen?<br />

Der Freitagvormittag ist in der Tat problematisch, da viele<br />

Schulklassen zur selben Zeit kommen. Wir setzten hier<br />

auch weiterhin auf die Kommunikation mit den Schulen<br />

bezüglich einer optimalen Vorbereitung wie auch auf die<br />

Wahl eines späteren Termins für den Messebesuch. Wir<br />

werden auch von uns aus zukünftig mehr Personal stellen,<br />

die den Freitagvormittag in geordnete Bahnen lenken und<br />

Jugendlichen mit Rat und Tat zur Seite stehen soll. Wir<br />

denken über ein neues Anmeldeverfahren nach, das uns<br />

die Möglichkeit gibt, steuernd einzugreifen. Nichtsdestotrotz<br />

möchten wir am Freitagvormittag als Messetermin<br />

festhalten, da es für manche Jugendliche die einzige<br />

Möglichkeit ist, eine solche Messe zu besuchen.<br />

Auffällig ist auch, dass relativ wenige Gymnasialklassen<br />

auftauchen. Woran liegt das Ihres Erachtens, wie könnte<br />

dieser Anteil gesteigert werden?<br />

Anders als bei Haupt- und Realschulen gibt es an Gymnasien<br />

leider selten einen verantwortlichen Fachlehrer für<br />

Berufskunde und -orientierung. Oft wird die Meinung<br />

vertreten, dass Gymnasialschüler selbstständig genug sind,<br />

sich alleine um ihre weitere berufliche Planung zu kümmern.<br />

Sieht man jedoch die Quoten von Studien- und<br />

Ausbildungsabbrecher wünscht man sich, dass hier ein<br />

Umdenken stattfindet. Jungen Menschen sollte, unabhängig<br />

vom Bildungsniveau, am Start der Berufsplanung<br />

jemand zur Seite stehen, der Ihnen den richtigen Weg<br />

zeigt bzw. die richtigen Informationen zuleitet, damit<br />

eine so weit reichende Entscheidung qualifiziert getroffen<br />

werden kann. Die Sprungbrett-Messe kann hier als eine<br />

solche Orientierungs- und Informationsquelle dienen, da<br />

sie die Gelegenheit bietet sich über Ausbildungsberufe,<br />

aber auch Studiengänge parallel zu informieren. Wir<br />

würden uns daher für die Zukunft wünschen, dass sich<br />

auch an Gymnasien Lehrkräfte finden, die einen Messebesuch<br />

für ihre Schüler organisieren und mit ihnen im<br />

Unterricht vorbereiten.<br />

Was tun Sie, um den Schulen Hilfestellungen vor bzw. bei<br />

dem Messebesuch zu geben?<br />

Zur Sprungbrett-Messe wird eigens eine Messezeitung<br />

angefertigt, die alles Wissenswerte rund um diese Messe<br />

und darüber hinaus enthält. Sie kann als nützlicher Ratgeber<br />

im Vorfeld sowie als Nachschlagewerk im Nachgang<br />

der Messe verwendet werden. Dort sind alle Aussteller<br />

mit Kontaktdaten für eine Bewerbung aufgeführt. Die<br />

Messezeitung wird bereits im Vorfeld (ca. 3-4 Wochen vor<br />

Messestart) an alle Schulen der Region verteilt und kann<br />

im Unterricht oder zu Hause genutzt werden, um sich ein<br />

Bild über die anwesenden Aussteller oder die angebotenen<br />

Ausbildungsberufe und Studiengänge zu verschaffen. Anhand<br />

des Messeplans kann ein konkreter Messerundgang<br />

geplant werden. Ebenfalls sehr interessant ist der Besuch<br />

des Vortragsprogramms. Dort kann man sich Tipps und<br />

Tricks zum Vorstellungsgespräch, zur Bewerbung oder In-<br />

8 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />

formationen zu einzelnen Berufsbildern bzw. Studiengänge<br />

direkt vom Experten holen. Unsere schultypenspezifischen<br />

Messeleitfäden geben an, welche Aussteller Angebote und<br />

Vorträge zum jeweiligen Abschluss anbieten und enthalten<br />

weitere nützliche Tipps und Tricks, wie man sich beim<br />

ersten Kontakt auf der Messe verhält.<br />

Natürlich sind alle unsere Informationen auch über unsere<br />

Homepage www.sprungbrett-lu.de sechs bis acht Wochen<br />

vor der Messe abrufbar.<br />

Auf der Messe selbst weisen Hinweistafeln auf das Programm<br />

bzw. die Standaufteilung hin. Auch die Standnummern<br />

dienen als Orientierung. Selbstverständlich steht den<br />

Besuchern das Sprungbrett-Messeteam am Infoschalter<br />

mit Rat und Tat zur Seite.<br />

Abschließend die eigentlich entscheidende Frage: Was sollten<br />

Lehrkräfte tun, um den Besuch der Sprungbrettmesse für alle,<br />

die daran beteiligt sind, zu einem Erfolg werden zu lassen?<br />

Lehrer sollten den Messebesuch mit ihren Schülern im<br />

Unterricht vorbereiten oder zumindest auf die Notwendigkeit<br />

einer Vorbereitung daheim hinweisen. Nur bei einem<br />

gut vorgebereiteten Messebesuch kann der größtmögliche<br />

Nutzen einer solchen Messe erzielt werden.<br />

Interview: Günter Helfrich<br />

Was ist die LUKOM?<br />

Die LUKOM Ludwigshafener Kongress- und Marketing-Gesellschaft mbH<br />

ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der Stadt Ludwigshafen. Sie ist mit dem<br />

Stadtmarketing und der Verwaltung und Vermietung von Veranstaltungshäusern<br />

und Parkhäusern im Stadtgebiet betraut. Die Friedrich-Ebert-Halle und der<br />

Pfalzbau sind die beiden größten Veranstaltungshäuser der LUKOM. In diesen<br />

Häusern führt die LUKOM auch seit Jahren erfolgreiche Eigenveranstaltungen<br />

in den Bereichen Publikums-Messen, Sportveranstaltungen, kulturelle und<br />

gesellschaftliche Veranstaltungen durch.<br />

Seit 2004 veranstaltet sie die Ausbildungs- und Studienmesse „Sprungbrett“.<br />

Begonnen hat die Messe 2004 im Pfalzbau mit 64 Ausstellern und 7.000 Besuchern.<br />

Durch den Wechsel in die Friedrich-Ebert-Halle ist die Messe deutlich<br />

gewachsen. Zuletzt beteiligten sich 119 Aussteller.<br />

Auch bei der siebten Auflage der Sprungbrettmesse wird wieder ein breites Angebot<br />

aus den Bereichen Ausbildung, Studium und Weiterbildung erwartet.<br />

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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

9


<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH<br />

KLAUS-PETER HAMMERS „HALBZEITBILANZ“ ALS LANDESVORSITZENDER<br />

Klaus-Peter, vergleiche einmal deine Erwartungen an Amt<br />

und Arbeit vor deiner Wahl mit der jetzigen Amtsausübung?<br />

Vor meiner Wahl war mir sehr bewusst, dass es eine große<br />

Aufgabe sein wird, Vorsitzender der <strong>GEW</strong> zu sein. Das<br />

Amt kostet viel Zeit und Energie. Für Hobbys bleibt da<br />

immer weniger Zeit, daran muss ich noch arbeiten. Wir<br />

haben sehr viele Bildungs- und Organisationsbereiche,<br />

für die ich mitverantwortlich bin und für die ich mich<br />

verantwortlich fühle. Hier gibt es nach wie vor viel zu<br />

bewegen. Meine Erwartungen an mich sind sehr hoch<br />

bezogen auf das, was ich erreichen und umsetzen möchte.<br />

Doch habe ich auch gelernt, dass manche Entwicklungen<br />

Zeit brauchen und zum Teil auch viel Geduld, bis sie<br />

erreicht werden können. Ich finde mein Amt sehr herausfordernd<br />

und vielseitig, es macht zwar nicht immer,<br />

doch meist großen Spaß in dieser Funktion tätig zu sein<br />

und für die Kolleginnen und Kollegen Verbesserungen<br />

zu erwirken.<br />

Zwei, drei Beispiele.<br />

Sich einzusetzen für längeres gemeinsames Lernen, ist<br />

ein wichtiges Ziel für die <strong>GEW</strong>. Wichtig ist es auch, an<br />

unserem Profil als die Interessensvertretung für unsere<br />

Mitglieder weiter zu arbeiten, in dem wir uns vehement<br />

für die Arbeitsbedingungen und die Interessen der<br />

Kolleginnen und Kollegen an den Schulen einsetzen.<br />

Durch die Schulstrukturprozesse gibt es vor Ort viele<br />

Veränderungen, die verunsichern und Unzufriedenheit<br />

schaffen, ja Ungerechtigkeit herstellen. So ist z.B. das<br />

Thema der gleichen und gerechten Bezahlung von<br />

Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften an allen<br />

Schularten zurzeit besonders im Fokus. Ohne deutliche<br />

Veränderungen der Rahmen - und Arbeitsbedingungen<br />

gibt es keine guten Reformen im Bildungsbereich. Dies<br />

geht nicht zum Nulltarif und nicht auf dem Rücken<br />

der Beschäftigten. Die <strong>GEW</strong> hat in den letzten beiden<br />

Jahren gezeigt, dass wir eine ernstzunehmende Tarifgewerkschaft<br />

sind. Der Erzieherinnenstreik und der Streik<br />

der angestellten Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte<br />

hat dies deutlich gezeigt. Darauf können wir stolz sein,<br />

und daran gilt es natürlich weiterzuarbeiten. Die derzeitige<br />

positive Mitgliederentwicklung spricht für sich.<br />

Eine große innergewerkschaftliche Aufgabe ist es, den<br />

Generationenwechsel vorzubereiten und neue Mitstreiterinnen<br />

und Mitstreiter für unsere gewerkschaftlichen<br />

Gremien auf Landes-, Bezirks- und Kreisebene und für<br />

die Stufenvertretungen zu finden.<br />

Bist du dir treu geblieben, oder musstest du Kompromisse<br />

eingehen?<br />

Im Großen und Ganzen bin ich meiner Linie und meinen<br />

bildungspolitischen Positionen treu geblieben. Doch ohne<br />

Kompromisse geht es sicherlich nicht, dies gilt besonders<br />

für eine Gewerkschaft, die so vielfältig und facettenreich<br />

ist wie die <strong>GEW</strong>. Auch sind Kompromisse notwendig, um<br />

manche politische Zielsetzungen zu erreichen.<br />

Gibt es Erfahrungen, mit denen du nicht gerechnet hast?<br />

So richtig überrascht hat mich bisher kaum etwas. Doch<br />

gibt es manche Situationen, die ich mir so nicht vorgestellt<br />

habe. Es ist klar, dass man als Vorsitzender öfters im Fokus<br />

der Kritik steht, dies gehört ja auch dazu. Schwierig ist<br />

es manchmal, wenn die Kritik unsachlich ist und man<br />

persönlich angegriffen wird. Doch habe ich in erster<br />

Linie positive Erfahrungen gemacht. Auch finde ich die<br />

Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in<br />

der <strong>GEW</strong> insgesamt gut, wenn auch noch mehr getan<br />

werden könnte und müsste.<br />

Es gibt nicht wenige Leute in der <strong>GEW</strong>, die einen Kuschelkurs<br />

gegenüber der derzeitigen Regierung beklagen und ein<br />

entschiedeneres Auftreten von dir wünschen, gerade angesichts<br />

der Schulreform in Richtung Realschule plus. Stelle dir vor,<br />

die CDU hätte die Realschule plus beschlossen.<br />

Nun ich glaube nicht, dass man mir einen Kuschelkurs<br />

vorwerfen kann, und wer unsere Presseerklärungen in den<br />

letzten zwei Jahren gelesen und mitverfolgt hat, fand und<br />

findet dort einen klaren Beleg dafür. Was die Realschule<br />

plus angeht, hatten wir von Anfang an einen klaren und<br />

deutlichen Kurs gefahren, was der <strong>GEW</strong> auch Kritik<br />

eingebracht hat. Aber es ist wie in vielen Dingen, es gibt<br />

unterschiedliche Erwartungen und Wahrnehmungen.<br />

Und wer mich kennt, weiß, dass ich entschlossen bin<br />

und dass ich beharrlich bin, besonders was das Verfolgen<br />

von unseren Zielsetzungen angeht. Ich persönlich halte<br />

allerdings nichts davon, einfach nur mal so auf den Tisch<br />

zu hauen, nur dass es mal laut war. Dies ist nicht meine<br />

Art. Ich bin davon überzeugt, dass man durch Dialog<br />

und Gesprächsbereitschaft auf die Dauer mehr erreichen<br />

kann. Dies gilt für alle Parteien. Hierzu gehört, dass wir<br />

uns klar positionieren. Und dies haben wir bezüglich der<br />

Realschule plus und in anderen Bereichen deutlich getan.<br />

Wenn es sein muss, dann gehen wir auf die Straße und<br />

zeigen deutlich unseren Unmut und werden laut. Maxime<br />

unseres Handelns sind hierbei unsere gewerkschaftlichen<br />

Interessen. Dies gilt ebenfalls für alle Parteien und deren<br />

Zielsetzungen. Was die Realschule plus angeht, glaube ich<br />

nicht, dass die CDU diese Reform auf die Beine gestellt<br />

hätte, sie hätte die Schulstruktur nicht geändert und wir<br />

würden sie dafür kritisieren. Nun ist es unsere Aufgabe,<br />

uns in den Schulen für die Kolleginnen und Kollegen und<br />

die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit einzusetzen.<br />

Aber ist es nicht deprimierend, dass die Regierung mit der<br />

Realschule plus eine Schule auf den Weg bringt, die von dem<br />

Ziel des längeren gemeinsamen Lernens und der integrativen<br />

Schule, wie es auf dem Hamburger Parteitag der SPD<br />

formuliert worden ist, weit entfernt ist?<br />

Da gebe ich dir vollständig recht, und das ist auch etwas,<br />

10 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


<strong>GEW</strong> IM GESPRÄCH / BILDUNGSPOLITIK<br />

Unser Redaktionsmitglied<br />

Dr. Paul Schwarz<br />

sprach mit Klaus-Peter<br />

Hammer über seine<br />

ersten beiden Jahre<br />

als <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzender.<br />

was mich enttäuscht hat. Ich hätte mir hier mehr gewünscht.<br />

Die Realschule plus ist keine adäquate Antwort<br />

auf diese Forderung. Was die Umgestaltung der Hauptschule<br />

und Realschule zur Realschule plus angeht, so hätte<br />

ich mir von der SPD einen mutigeren Schritt gewünscht,<br />

zumindest eine Realschule plus nur in integrativer Form.<br />

Nun ist es wichtig, dass man den flächendeckenden Ausbau<br />

von Gesamtschulen politisch aktiv unterstützt und<br />

nicht - wie so oft der Fall - behindert. Dazu gehört, dass<br />

alle Schulen, die sich im Aufbau befinden, besserer Rahmenbedingungen<br />

z.B. für die Planungsgruppen erhalten,<br />

denn diese entscheiden über wichtige Grundlagen der<br />

zukünftigen Schule und auch damit, dass sie erfolgreich<br />

an den Start gehen können.<br />

„Eine Schule für alle“ ist nach wie vor das erklärte Ziel der<br />

<strong>GEW</strong>. Wie können wir diesem Ziel näher kommen, gerade<br />

auch im Hinblick auf die kommende Landtagswahl, wie<br />

kann man z.B. über Lehrkräfte die Eltern stärker mobilisieren?<br />

Was diese Frage angeht, haben wir als Bildungsgewerkschaft<br />

eine klare und eindeutige Beschlusslage, hinter<br />

der stehe ich, und ich finde es nach wie vor wichtig und<br />

richtig, dass wir uns für längeres gemeinsames Lernen<br />

einsetzen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der<br />

wir uns stellen, damit möglichst alle Kinder gemeinsam<br />

unterrichtet werden können.<br />

Wir werden uns stärker in die politische Diskussion einmischen<br />

und sowohl den Weg als auch das Ziel „längeres<br />

gemeinsames Lernen“ nicht aus dem Blick verlieren,<br />

vor und nach der Landtagswahl nicht. Klar ist, dass die<br />

Rahmenbedingungen stimmen müssen. Da haben wir<br />

auch die Eltern auf unserer Seite. Sicherlich haben die<br />

Elternvertreter verständlicherweise nicht unbedingt die<br />

gleichen Ansichten wie wir, aber doch ähnliche und<br />

überschneidende Interessen. Hier sehe ich große Chancen,<br />

um für gemeinsame Ziele zu streiten, was ja auch in<br />

den vergangenen Jahren schon erfolgreich geschehen ist.<br />

Durch entsprechende Informationsveranstaltungen kann<br />

es gelingen, noch mehr Eltern, aber auch Kolleginnen und<br />

Kollegen und Politiker zu überzeugen und mitzunehmen<br />

auf dem Weg zum längeren gemeinsamen Lernen. Wie<br />

schon gesagt, eines wird hierbei sehr deutlich sein: Ohne<br />

gute Rahmenbedingungen geht es nicht. Eine Reform,<br />

kann nicht zu Lasten der Kolleginnen und Kollegen umgesetzt<br />

werden. Da werden wir uns in den Weg stellen.<br />

Wie sehen die nächsten Schritte aus vor der Landtagswahl. Ist<br />

da an eine stärkere Mobilisierung gedacht, wenn es um die<br />

Schule für alle geht oder um die inklusive Schule?<br />

Beide Forderungen und Ziele haben wir ja schon länger<br />

thematisiert, deshalb wird es keine konkrete Kampagne<br />

dafür geben, auch deshalb nicht, weil wir damit nichts<br />

gewinnen. Die Schulstruktur ist eingetütet, die SPD wird<br />

daran nichts verändern und die CDU vermutlich auch<br />

nicht. Wir müssen uns dort, wo Entscheidungen vor Ort<br />

getroffen werden, stärker einmischen, doch dies habe ich<br />

ja schon dargestellt. Was wir stärker thematisieren wollen,<br />

auch im Wahlkampf, ist die Frage der Bildungsfinanzierung.<br />

Da hängt alles dran. Wenn wir uns die derzeitige<br />

wirtschaftliche Entwicklung ansehen und den Sparkurs,<br />

der überall gefahren wird, vor allem und von der Bundesregierung,<br />

hat das gravierende Auswirkungen auf den<br />

ganzen Bildungsbereich und damit auf die Umsetzbarkeit<br />

aller unserer Forderungen. Auf keinen Fall werden wir<br />

Kürzungen im Bildungsbereich zustimmen.<br />

Und wer sich mit Bildungsfinanzierung beschäftigt, stellt<br />

fest, dass die Bildungsausgaben in Deutschland dem internationalen<br />

Vergleich deutlich hinterher hinken. Nicht<br />

nur deshalb werden wir keinen Kürzungen zustimmen, wir<br />

werden vielmehr deutlich mehr Ausgaben im Bildungsbereich<br />

fordern, allen Sparfüchsen und Sparzwängen zum<br />

Trotz. Dies ist die entscheidende und wichtige Investition<br />

für die Zukunft unseres Landes.<br />

<strong>GEW</strong>: SCHULSTRUKTURREFORM IN RLP NICHT KONSEQUENT GENUG!<br />

„Für die <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz ist die von der Landesregierung<br />

auf den Weg gebrachte Schulstrukturreform ein Schritt in die<br />

richtige Richtung. Dies gilt vor allem für die erkennbaren Ansätze<br />

zu längerem gemeinsamen Lernen in der Orientierungsstufe<br />

der Realschule plus und bei der Realschule plus in integrativer<br />

Form. Auch die positiv zu bewertende große Anzahl<br />

von Anträgen vieler Schulträger auf Einrichtung neuer Integrierter<br />

Gesamtschulen ist mittelbar eine Folge des politischen<br />

Beschlusses, die Hauptschulen in Rheinland-Pfalz abzuschaffen“,<br />

sagte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer<br />

zu der vor der Presse geäußerten Ansicht von Bildungsministerin<br />

Doris Ahnen, die Schulstruktur gehe in Rheinland-Pfalz zügig<br />

voran.<br />

Für Hammer ist aber die Trennung der Schülerinnen und<br />

Schüler, die nach der 6. Klasse im kooperativen Modell<br />

in den Bildungsgang der Berufsreife „einsortiert“ würden,<br />

nicht nur eine soziale Abwertung, damit werde faktisch<br />

auch wieder ein Hauptschulzweig geschaffen. Wenn die<br />

Landesregierung konsequent sein und die Hauptschule<br />

endgültig abschaffen wolle, müsse sie von dem kooperative<br />

Modell der Realschule plus so schnell wie möglich<br />

Abstand nehmen, meinte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />

Die vorher gegenüber der Hauptschule skeptischen Eltern<br />

würden bald merken, dass das kooperative Modell eine<br />

„Mogelpackung“ sei.<br />

Da die bildungspolitische Zielsetzung, mehr Jugendliche<br />

zu höheren Abschlüssen zu führen, grundsätzlich richtig<br />

ist, lehne die <strong>GEW</strong> eine auf der Grundlage der KMK-Vereinbarung<br />

vom 6.5.2008 aufgebaute Fachoberschule an<br />

der RS plus nicht ab. Allerdings dürften die Entwicklung<br />

und Errichtung von Fachoberschulen nicht in direkter<br />

Konkurrenz zu den Angeboten der berufsbildenden<br />

Schulen vorangetrieben werden. In Städten mit vielfäl-<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

11


BILDUNGSPOLITIK / KINDERTAGESSTÄTTEN<br />

tigem berufschulischen Angebot seien Fachoberschulen<br />

zumindest fragwürdig. Im Rahmen der Schulentwicklungsplanung<br />

müsse daher der Bedarf geprüft und die<br />

mögliche Fachrichtung einer Fachoberschule darüber<br />

hinaus mit der regionalen Wirtschaft abgeklärt werden,<br />

bevor Genehmigungen erfolgten.<br />

Hammer wies auch kritisch darauf hin, dass mit der<br />

Zusammenlegung zweier Schularten in einer Reihe von<br />

Realschulen plus die formale Trennung keineswegs erledigt<br />

sei. Nicht selten gebe es in der Praxis nicht nur bei<br />

den Schülerinnen und Schülern, sondern auch bei den<br />

Lehrkräften noch eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“, die<br />

in einigen Schulen darin gipfele, dass nach wie vor zwei<br />

getrennte Lehrerzimmer existierten. „Die Hauptschulkolleginnen<br />

und -kollegen fühlen sich in diesen Fällen zu<br />

Recht benachteiligt, einmal abgesehen davon, dass sie für<br />

gleiche Arbeit in derselben Schule und Schulart weniger<br />

Geld erhalten, wie übrigens ihre Kolleginnen und Kollegen<br />

an den Gesamtschulen auch. Für die <strong>GEW</strong> wäre es skandalös,<br />

wenn die Landesregierung dies nicht in absehbarer<br />

Zukunft ändert“, meinte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />

pm<br />

<strong>GEW</strong> FORDERT KONKRETE AKTIONEN ZUR VERMEIDUNG EINES<br />

FACHKRÄFTEMANGELS IN DEN KINDERTAGESSTÄTTEN<br />

„Um dem drohenden Fachkräftemangel in den rheinlandpfälzischen<br />

Kindertagesstätten zu entgehen, gleichzeitig<br />

aber den Bildungsauftrag ungeschmälert zu erfüllen, müssen<br />

das Land Rheinland-Pfalz und die Träger der Einrichtungen<br />

dringend konkrete Maßnahmen ergreifen“, das forderte<br />

der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer als<br />

Reaktion auf die Mitte Juni der Öffentlichkeit vorgestellte<br />

Studie von Prof. Dr. Sell von der Fachhochschule Koblenz.<br />

Hammer warnte eindringlich davor, aus Kostengründen<br />

bessere Ergebnisse durch Verschlechterungen bei der<br />

Ausbildung der Fachkräfte oder durch Hinterfragen<br />

erreichter oder notwendig werdender Standards erzielen<br />

zu wollen. Insbesondere dürften der beschlossene Ausbau<br />

der Kinderbetreuung nicht wieder in Frage gestellt bzw.<br />

die Rahmenbedingungen (Gruppengrößen, Personalbemessung<br />

etc.) verschlechtert werden.<br />

Nach Auffassung der <strong>GEW</strong> müssen unverzüglich folgende<br />

Maßnahmen in die Wege geleitet werden:<br />

• Die Ausbildungskapazitäten müssen schnell erhöht und<br />

eine Werbekampagne für den ErzieherInnenberuf muss<br />

gestartet werden.<br />

• Die Ausbildung darf keineswegs gekürzt, sie muss vielmehr<br />

dem Bildungsauftrag entsprechend weiterentwickelt<br />

werden, um auf diesem Weg eine größere Attraktivität für<br />

den Beruf zu erreichen.<br />

• SeiteneinsteigerInnen sollen nur zugelassen werden,<br />

wenn sie für diesen Beruf geeignet sind und ausreichend<br />

qualifiziert werden (Maßstab für Umfang und Inhalte von<br />

Umschulungen ist die ErzieherInnenausbildung).<br />

• Die <strong>GEW</strong> fordert, dass die Träger von Einrichtungen<br />

zukünftig alle Stellen unbefristet und ohne Zwangsteilzeit<br />

vergeben.<br />

• Um die Verweildauer im Beruf zu erhöhen (späteres<br />

Renteneintrittsalter), müssen Arbeitsbedingungen altersgerecht<br />

gestaltet werden (Entlastungsmöglichkeiten für<br />

ältere Erzieherinnen und Erzieher).<br />

• Um genügend neue BewerberInnen zu finden und die<br />

Beschäftigten im Beruf zu halten, muss die Bezahlung<br />

der Beschäftigten in den Kindertagesstätten grundlegend<br />

verbessert werden.<br />

Hammer bedauerte, dass die - insgesamt lobenswerte -<br />

Studie nicht schon früher in Auftrag gegeben wurde.<br />

pm-gew<br />

12 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


KINDERTAGESSTÄTTEN<br />

ORGANISATORISCHES<br />

ORGANISATORISCHES<br />

Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

Tagungsgebühr:<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglieder kostenfrei.<br />

Nichtmitglieder 20 €.<br />

Die Tagungsgebühr wird vor Ort in bar erhoben.<br />

Alle TeilnehmerInnen erhalten ein Mittagessen<br />

inklusive ein Getränk in der Mensa.<br />

Anmeldung auch unter www.gew-rlp.de möglich.<br />

Tag der frühkindlichen<br />

Bildung 2010<br />

Gemeinsam wachsen -<br />

klein und groß!<br />

VERANSTALTER<br />

VERANSTALTER<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Neubrunnenstraße 8 · 55116 Mainz<br />

Tel.: 06131 28988-0<br />

Fax: 06131 28988-80<br />

E-Mail: gew@gew-rlp.de<br />

www.gew-rlp.de<br />

Es gibt nur eins was auf<br />

Dauer teurer ist als Bildung:<br />

Keine Bildung.<br />

John. F. Kennedy<br />

mit freundlicher Unterstützung von<br />

Bildungs- und Förderungswerk der<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

im DGB e.V.<br />

Reifenberger Straße 21<br />

60489 Frankfurt am Main<br />

ABLAUF<br />

ABLAUF<br />

Donnerstag, 07. Oktober 2010<br />

9.00 - 15.30 Uhr<br />

Universität Koblenz-Landau<br />

Campus Koblenz<br />

INHALT<br />

INHALT<br />

08.30-09.30 Uhr<br />

ankommen, anmelden, informieren, stöbern<br />

<strong>GEW</strong>-Infostand, Fachbücher, Ansprechpartner TVöD<br />

und kirchliches Arbeitsrecht ...<br />

09.30-09.45 Uhr<br />

Begrüßung<br />

Klaus-Peter Hammer<br />

Vorsitzender der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz<br />

09.45-10.00 Uhr<br />

Grußwort<br />

Ministerin Doris Ahnen oder<br />

Staatssekretärin Vera Reiß<br />

10.00-12.00 Uhr<br />

Gemeinsam wachsen - klein und groß!<br />

Kornelia Schneider<br />

Deutsches Jugendinstitut München (DJI)<br />

12.00-13.30 Uhr<br />

essen, ausruhen, informieren, stöbern<br />

13.30-15.00 Uhr<br />

Kindertagesstätten qualitätsorientiert<br />

weiterentwickeln<br />

Prof. Dr. Stefan Sell<br />

Institut für Bildungs- und Sozialpädagogik (ibus)<br />

FH Koblenz<br />

15.00-15.30 Uhr<br />

Forderung an die Politik<br />

Resümee des Tages<br />

Norbert Hocke<br />

<strong>GEW</strong> Hauptvorstand,<br />

Vorstandsbereich Jugendhilfe und Sozialarbeit<br />

Gemeinsam wachsen -<br />

klein und groß!<br />

Fachvortrag von Kornelia Schneider<br />

Junge Kinder profitieren in ihrer Entwicklung, wenn sie in<br />

den Kindertagesstätten früh mit anderen Kindern zusammen<br />

aufwachsen. Die Referentin geht der Frage nach,<br />

wie die Arbeit in den Einrichtungen organisiert sein muss,<br />

damit gemeinsames Aufwachsen auch bei einer größeren<br />

Altersspanne der Kinder gut funktioniert. Sie empfiehlt<br />

eine Kindertagesstätte als lernende Organisation, in der<br />

die Fachkräfte gemeinsam mit den Kindern deren Entwicklung<br />

betreiben. Dabei geht es um die Gestaltung von<br />

Räumen, eine Ziel führende Arbeitsteilung von Fachkräften,<br />

deren Qualifikationsbedarfe sowie andere wichtige<br />

Eckpunkte eines pädagogischen Konzeptes, das die<br />

besonderen Anforderungen einer breiten Altersspanne<br />

berücksichtigt.<br />

Kindertagesstätten qualitätsorientiert<br />

weiterentwickeln<br />

Fachvortrag von Prof. Dr. Stefan Sell<br />

Die Arbeit mit Bildungs- und Erziehungsempfehlungen<br />

sowie die Aufnahme von Kindern zwischen null und drei<br />

Jahren stehen für einen Wandel in den Kindertagesstätten.<br />

Der Referent geht der Frage nach, welche Rahmenbedingungen<br />

notwendig sind, damit dieser Wandel bei<br />

zunehmender Altersheterogenität der Kinder erfolgreich<br />

gestaltet werden kann. Es geht dabei um pädagogische<br />

und organisatorische Veränderungen in den Kindertagesstätten,<br />

um deren Finanzierung, um eine angemessene<br />

personelle Ausstattung und die Arbeitsbedingungen der<br />

Beschäftigten. Prof. Sell spricht über Fachkräftebedarf,<br />

ein in die Zukunft gerichtetes Berufsbild und Rollenverständnis<br />

von Erziehungsfachkräften und andere Fragen,<br />

die das Arbeitsfeld Kindertagesstätte betreffen.<br />

Anmeldung zum<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

13


TAG DER INTERKULTURELLEN BILDUNG<br />

MIGRATION, INTEGRATION, KONFUSION<br />

Paul Schwarz berichtet vom Tag der Interkulturellen Bildung<br />

„Wie die Pädagogik im Migrationshintergrund versinkt und<br />

wie sie wieder herauskommt“, so lautete der leicht ironische<br />

Untertitel des Einführungsreferates von Prof. Dr. Franz<br />

Hamburger vom Mainzer Zentrum für Bildungs- und Hochschulforschung<br />

beim <strong>GEW</strong>-Tag der Interkulturellen Bildung<br />

in der Universität Mainz. Auf den Vortrag folgten die Aussprache<br />

darüber, Foren sowie eine Podiumsdiskussion.<br />

Prof. Dr.<br />

Franz Hamburger<br />

bei seinem einleitenden<br />

Vortrag.<br />

82,4 Millionen Menschen leben in Deutschland, davon<br />

15,3 Millionen mit Migrationshintergrund, ein Fünftel<br />

der bundesdeutschen Bevölkerung ist damit ausländischer<br />

Herkunft oder hat Eltern oder Großeltern, die aus dem<br />

Ausland stammen. Die junge Politikerin gilt als Vorzeige-Migrantin<br />

und Paradebeispiel für eine gelungene<br />

Integration. „Hier in dieser Gesellschaft kann man alles<br />

werden, nicht nur in der Nationalmannschaft, sondern<br />

auch Ministerin, wenn man gut ist, wenn man fleißig<br />

ist“, sagte Regierungschef Wulff Ende April dieses Jahres.<br />

Die Wirklichkeit sieht anders aus. Während 14,7 Prozent<br />

der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund keinen<br />

beruflichen Abschluss erreicht, sind es bei den Migranten<br />

44,1 Prozent. Die Gymnasialquote der Migranten liegt<br />

bei 6,1 Prozent in Rheinland-Pfalz, die Hauptschulquote<br />

viermal höher (25,8 Prozent). Bei den Ausländern haben<br />

9,5 Prozent Abitur, bei den Deutschen 26,8 Prozent,<br />

Hauptschulabschluss 24,8 Prozent der Deutschen und<br />

44,6 Prozent der Ausländer.<br />

Widersprüche, z.B. Islam<br />

Die Integrationsbeauftragte im Kanzleramt, Maria Böhmer,<br />

behauptet, bei Klassen mit vielen muslimischen<br />

Schülerinnen gebe es keinen Turnunterricht mehr,<br />

auch keine Klassenfahrten, Giordano spricht von einer<br />

„schleichenden Islamisierung“. Dagegen: In Berlin gab<br />

es zwei Freistellungen vom Schwimmunterricht in sechs<br />

Monaten. Eine Umfrage bei allen Schulministerien ergab:<br />

Schwimmunterricht ist kein drängendes Problem.<br />

Die vorschulische Sprachförderung in Hessen weist eine<br />

Beteiligungsquote von 94 Prozent auf. Widersprüche, z.B.<br />

Kopftuch. Es gilt als politisches Symbol und als Symbol<br />

der Frauenunterdrückung. Eine Befragung bei türkischen<br />

Frauen, warum sie ein Kopftuch tragen, ergab jedoch:<br />

97 Prozent betrachten es als religiöse Verpflichtung, 87<br />

Prozent tragen es, weil es mehr Selbstvertrauen gebe. Die<br />

Männer der Familie, so die Umfrage, würden keine Rolle<br />

bei der Entscheidung spielen.<br />

Armutsquote und Armutsrisiko<br />

Vergleicht man die Lebensziele bei muslimischen und<br />

deutschen Frauen, so ergibt sich folgendes Bild: Gute<br />

Partnerschaft: 82 Prozent muslimische und 78 Prozent<br />

deutsche Frauen. Freisein: 79 und 78 Prozent, Heim/<br />

Gemütlichkeit 70 und 68 Prozent,<br />

Kinder haben 52 und 58<br />

Prozent, Glauben leben 95 und<br />

30 Prozent, erfolgreich sein 71<br />

und 35 Prozent, gepflegt aussehen<br />

68 und 45 Prozent<br />

Zur Armutsquote der Migrantenhaushalte<br />

legte Hamburger folgende Zahlen vor:<br />

1998 waren es 22,2 Prozent (12,3 bei den Deutschen),<br />

2006 33,7 Prozent (18.3 Prozent bei den Deutschen).<br />

Das Armutsrisiko in Deutschland liegt bei Migranten<br />

bei 28,2 Prozent, bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund<br />

bei 11,26 Prozent. Die Erwerbslosenquote<br />

in Rheinland-Pfalz ist bei Migranten mehr als doppelt<br />

so hoch, bei Frauen und bei Männern, verglichen mit<br />

Nichtmigranten. Bei den Bildungswünschen der Eltern<br />

sieht es bei Migranten so aus: Während in der deutschen<br />

Mittel- und Oberschicht 51 Prozent bzw. 81 Prozent<br />

das Gymnasium anstreben, sind es bei den Migranten,<br />

ebenfalls schichtbezogen, 60 und 86 Prozent. Leider<br />

bleiben die Migranteneltern mit ihren Wünschen allein,<br />

denn es schaffen nicht mal 10 Prozent, das Gymnasium<br />

zu besuchen. Als einen Grund nannte Hamburger die<br />

Tatsache, dass bei den Lehrerempfehlungen der soziale<br />

Status der Eltern eine große Rolle spielt.<br />

Hamburger: „Die Herausforderungen des Bildungswesens<br />

durch Migration haben vor vier Jahrzehnten begonnen<br />

und wurden ganz unterschiedlich und immer gegensätzlich<br />

bearbeitet. Konzeptionelle Überlegungen haben auch<br />

heute noch mit heftigen Ungleichzeitigkeiten zu kämpfen.<br />

Wer hat Angst vor dem Aufstieg der Benachteiligten?“<br />

Filme von Paul Schwarz zum Thema<br />

1. „Ohne Deutsch kann man hier nichts machen.<br />

Sprachförderung von Migrantenkindern in Deutschland“<br />

(45 min), 15,00 Euro. Dieses von der Stiftung<br />

Mercator geförderte Projekt läuft in zahlreichen deutschen<br />

Städten: Studierende gehen nach kurzer Ausbildung<br />

an den Hochschulen nachmittags in Schulen, um<br />

dort Gruppen von Migrantenkindern zu unterrichten.<br />

2. „Der Erfolg in der Schule beginnt zu Hause. Das<br />

HIPPY-Projekt“ (home instruction for parents of<br />

preescool youngsters), 30 min, 12,00 Euro, auch ein<br />

Projekt in zahlreichen deutschen Städten. Die Idee: Migrantenmütter<br />

unterrichten nach kurzer Unterweisung<br />

bzw. Ausbildung in den Familien ihres Kulturkreises.<br />

Die deutsch lernenden Frauen haben Kinder unter sechs<br />

Jahren. Auch dieses Projekt läuft sehr gut.<br />

Bezug der Filme über schwarzpaul@t-online.de<br />

14 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


TAG DER INTERKULTURELLEN BILDUNG<br />

BERICHTE AUS DEN ARBEITSGRUPPEN<br />

- Von Gerlinde und Paul Schwarz -<br />

Alle Fotos von<br />

der Veranstaltung:<br />

Paul Schwarz<br />

Arbeitsgruppe: Mehrsprachigkeit und muttersprachlicher<br />

Unterricht in der Praxis<br />

Nicole Küpelikilinc (Verband Binationaler Familien und<br />

Patenschaften),<br />

Hikmet Köse (MU-Lehrer, Leiter des Vorstandsbereiches<br />

Interkulturelle Bildung der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz)<br />

Es ist kein Problem für ein Kind, mehrere Sprachen zu<br />

lernen. Es muss nur eine gemeinsame Verantwortung<br />

für die gesamte Sprachentwicklung da sein. Erwachsene<br />

müssen wegkommen von der Vorstellung, ich kümmere<br />

mich um Deutsch und du kümmerst Dich um Türkisch.<br />

Wenn ein Kind spürt, mein Sprechen ist nichts wert in<br />

dieser Gesellschaft, schwindet die Motivation. In einer<br />

mehrsprachigen Schule muss die Sprache auch visuell<br />

präsent sein und wertgeschätzt werden - in der Klasse,<br />

bei den LehrerInnen und in der gesamten Schule. Alle<br />

PädagogInnen haben eine gemeinsame Verantwortung.<br />

Arbeitsgruppe: Interkulturelle Kompetenzen<br />

für pädagogische Berufe<br />

Peimaneh Nemazi-Lohfink (INBI)<br />

Interkulturelle Kompetenz war lange Zeit ein Synonym<br />

für Internationalität. Heute bedeutet interkulturelle Kompetenz<br />

die Überholung einer Nationalkultur, bedeutet,<br />

unterschiedliche Kommunikationsstile zu verstehen und<br />

ihnen zu entsprechen, heißt aber auch Ausgrenzungsmechanismen<br />

zu erkennen und den zunächst Fremden zu<br />

akzeptieren. Interkulturelle Kompetenzen schließt auch<br />

ein Wissen über verschiedene Weltanschauungen und<br />

deren unterschiedlichen Werte und Normen ein. Empathie<br />

und helfende Begegnungen gehören dazu. Die eigene<br />

Denkweise ist eine von vielen und darf nicht verabsolutiert<br />

werden. Zwar sind unsere LehrerInnen gegen Rassismus,<br />

aber Interkulturalität wird zu wenig in den Schulen<br />

thematisiert und gelebt, es sei denn bei Schulfesten und<br />

Folklore oder wenn in der Literatur gerade zufällig mal<br />

davon die Rede ist.<br />

Die Referentin berichtet aus einer Hauptschule, wo<br />

sie arbeitet und an der 20 - 30 Prozent der Kinder und<br />

Jugendlichen mit russischem Hintergrund lernen. Die<br />

Eltern sind in den 90er Jahren eingewandert. Die jungen<br />

Aussiedler, so meint sie, seien nicht in der Lage, etwas<br />

auszudiskutieren. Stattdessen werde geprügelt. Die Lehrkräfte<br />

müssten die interkulturelle Thematik gemeinsam<br />

mit den SchülerInnen diskutieren, die Lehrpläne müssten<br />

Interkulturalität, Migration und Integration thematisch<br />

ausweisen, „denn die Schule hat einen Bildungs- und<br />

Erziehungsauftrag. In den Ganztagsklassen gelingt das<br />

Gespräch eher, in den Morgenklassen fehle dafür oft die<br />

Zeit. Besonders wichtig sei es, auch über die Kompetenzen<br />

und Bereicherung durch die MigrantInnen für die<br />

deutsche Mehrheitsgesellschaft zu sprechen.<br />

Arbeitsgruppe: Kooperation mit außerschulischen<br />

Partnern im Bereich der interkulturellen<br />

Bildung an Ganztagsschulen<br />

Luciano Becht, Sozialarbeiter (Neustadt-Projekt. Interkulturelle<br />

Stadtteileinrichtung von Arbeit und Leben<br />

Mainz)<br />

Gabriele Erlewein (Rektorin der Goethe-Grundschule<br />

Mainz)<br />

In die Goethe-Grundschule gehen 320 Kinder in 17<br />

Klassen, 170 GanztagsschülerInnen. Die Schule liegt in<br />

einem sozialen Brennpunkt, und der Anteil der Migrationskinder<br />

beträgt 88 Prozent. Rektorin Erlewein: „Es<br />

ist nicht der Migrationshintergrund, der die Problemlage<br />

darstellt, sondern die Schichtzugehörigkeit. Wir haben es<br />

mit Menschen zu tun, die auch in ihren Ländern zu den<br />

bildungsfernen Schichten gehören.“ Armut spiele eine<br />

zunehmende Rolle. Bei den eingeschulten Kindern ist<br />

die Adipositas (Fettleibigkeit) dreimal so hoch wie bei<br />

deutschen Kindern, das gleiche gelte für Asthmaerkrankungen.<br />

Armut und Arbeitslosigkeit bei den Eltern führen<br />

zu psychischen Erkrankungen, vor allem die Mütter<br />

seien davon betroffen, so Erlewein. Spracharbeit gebe es<br />

nicht nur intentional, sondern in allen Fächern, auch im<br />

Sportunterricht und in der Bildenden Kunst. Die Kinder<br />

miteinander ins Gespräch zu bringen, sei ein wichtiges<br />

Ziel, z.B. über bestimmte Begriffe in mehreren Sprachen.<br />

Einmal im Monat vereinbaren Klassenlehrer und Muttersprachlehrer<br />

ein gemeinsames Thema. Kernanliegen der<br />

Arbeitsgruppe: Wie kann man die Migrationseltern an<br />

die Schule heranführen und deren Teilhabe ermöglichen?<br />

Wichtig sei es auch, ziemlich viele Professionen an der<br />

Schule zusammenführen, gerade in der Ganztagsschule.<br />

Lobende Worte für die Projekte „Fit für die Schule“,<br />

„Die beste Schule für mein Kind“ und das Projekt<br />

„Soziale Stadt“, eine sozialpädagogische Flankierung an<br />

der Schule. Luciano berichtet von Schulinterventionsprogrammen<br />

und Hausaufgabenbetreuung für Kinder<br />

mit Migrationshintergrund, aber auch von erfolgreichen<br />

Feriensprachkursen mit der Volkshochschule für<br />

Kinder mit geringen Sprachkenntnissen. „Arbeit und<br />

Leben“ bemüht sich überdies, Personen aus dem Kiez zu<br />

rekrutieren, um einen Zugang zu den fremdländischen<br />

Familien zu schaffen.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

15


TAG DER INTERKULTURELLEN BILDUNG<br />

Arbeitsgruppe: Berufsorientierung und Bildungsberatung<br />

in der Schule für SchülerInnen<br />

und Familien mit Migrationshintergrund<br />

Mehmet Kilic (Vorsitzender des Ausschusses für Interkulturelle<br />

Angelegenheiten der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz),<br />

Michael Brand (Berufsberater Job-Fuchs KH)<br />

Die Ausbildungssituation der Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

zeichnete Mehmet Kilic eher düster. Die<br />

Zahl der Ausbildungsplätze sinke, die Anforderungen<br />

in den einzelnen Ausbildungsgängen stiegen. Durch<br />

das selektive Bildungssystem und eine unzureichende<br />

Sprachförderung sei ein Teil der Jungen und Mädchen<br />

mit Migrationshintergrund in Schularten gelandet, die<br />

ihrer Begabung nicht entsprächen. Es mangele ihnen an<br />

Selbstbewusstsein, an Wissen und an den Fähigkeiten, den<br />

höheren beruflichen Anforderungen zu genügen. Sie hätten<br />

keine Aussichten auf einen Ausbildungsplatz, auf eine<br />

erfolgreiche Zukunft, Null-Bock-Mentalität mache sich<br />

breit, Harz IV sei bei manchen das Berufsziel. Eine Gesellschaft,<br />

die ihnen keine Chancen eröffne, lehnten sie aber<br />

ab, hassten sie vielleicht. Diese Situation berge, so meinte<br />

Kilic: „Zündstoff für gesellschaftliche Konflikte“.<br />

Diese unbefriedigende, unheilschwangere Situation muss<br />

geändert werden. Kilic fragte: „Wo packen wir an und<br />

wie?“ Seine Lösung heißt „Hand in Hand“, d.h. durch<br />

gemeinsames Handeln von Schule, Elternhaus und außerschulischen<br />

Partnern wie Betrieben, Ämtern, Ausländerbeiräten,<br />

Politik, Hochschulen usw. die SchülerInnen<br />

zu stärken, zu Leistung zu motivieren und sie für andere<br />

Menschen und Kulturen zu sensibilisieren. Kilic verlangte,<br />

die interkulturelle Bildung als Unterrichtsprinzip einzuführen<br />

und sie in den schulischen Qualitätsprogrammen<br />

zu verankern. Er forderte die Aufnahme dieses Moduls<br />

in die Lehrerausbildung. Sein Vorschlag war, an den<br />

Schulen interkulturelle Kerngruppen zu bilden, denen<br />

Mitglieder der Schulleitung, des Schulelternbeirats, der<br />

SchülerInnen, der LehrerInnen angehören sollten. Eine<br />

der wesentlichen Aufgaben dieser Kerngruppen sei es,<br />

Aktivitäten zu planen, die interkulturelle Kompetenzen<br />

vermitteln. Aktivitäten, diese Ziele zu erreichen, sind<br />

z.B. die Informationen über Feste und Feiertage der unterschiedlichen<br />

Religionen, das gemeinsame Feiern von<br />

Festen und die Zubereitung und das Verkosten leckerer<br />

landestypischer Speisen. Verschiedene Arbeitsgruppen<br />

wie „Interkulturelle Bildung“, „Internationale Lieder“,<br />

„Internationale Tänze und Spiele“, „Theater“ oder „Literatur“<br />

bieten die Möglichkeit, Kulturen anderer Länder<br />

besser kennen und verstehen zu lernen. Unerlässlicher<br />

Teil der interkulturellen Bildung ist ebenso die gezielte<br />

Sprachförderung, sowohl die Förderung der Landessprache<br />

als auch die der Muttersprache. „Die Sprache ist der<br />

Generalschlüssel zur Kultur“, sagte Kilic.<br />

Kilic und Brand betonten die Bedeutung einer gründlichen<br />

Berufsorientierung und einer individuellen Berufsberatung<br />

in den weiterführenden Schulen. Sie forderten<br />

für die SchülerInnen die Teilnahme an der „Lernwerkstatt<br />

Berufsorientierung“ und an einem „Berufsorientierungs-<br />

Camp“. Sie empfahlen, die Jugendlichen mit den wichtigsten<br />

Regeln der Arbeitswelt bekannt zu machen und<br />

mit ihnen ein Bewerbungstraining durchzuführen. Sie<br />

wiesen auf die Vorbildfunktion von erfolgreichen Migrantinnen<br />

und Migranten hin und rieten, diese soweit<br />

möglich als Expertinnen und Experten einzusetzen. Sie<br />

unterstrichen die Rolle der Eltern im Berufsfindungsprozess<br />

und schlugen z.B. vor, dass sie gemeinsam mit ihren<br />

jugendlichen Mädchen und Jungen einen Besuch beim<br />

Berufsinformationszentrum durchführen sollten.<br />

Arbeitsgruppe: Sprachförderung<br />

Deutsch als Zweitsprache<br />

Dr. Mariangela Baiano (<strong>GEW</strong>-Bundesausschuss Multikulturelle<br />

Angelegenheiten) und Stefanie Huber (Fachmoderatorin<br />

FaMoS)<br />

Ein Schwerpunkt der AG bildete die Szenariendidaktik.<br />

Das Arbeiten in einem Lernszenario erlaubt den Kindern,<br />

ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechend eine<br />

Aufgabe zur Erarbeitung eines gemeinsamen Themas<br />

auszuwählen und zu erarbeiten. Dass sich dabei Kinder<br />

mit unterschiedlichen Deutschkenntnissen - solche mit<br />

Deutsch als Muttersprache und solche, die das Deutsche<br />

als Zweitsprache erwerben - in Arbeitsgruppen zusammenfinden,<br />

schafft eine besondere Lernsituation. Alle Kinder<br />

bringen zunächst ihre Vorerfahrungen und fachlichen<br />

Vorkenntnisse zum Thema ein. In der gemeinsamen Beschäftigung<br />

mit dem Thema werden einerseits die Inhalte<br />

mündlich versprachlicht, andererseits findet notwendigerweise<br />

eine rege Kommunikation rund um die Bearbeitung<br />

der gewählten Aufgaben statt. Darüber hinaus profitieren<br />

die Kinder vom natürlichen Vorhandensein anderer Sprachen<br />

und nehmen Einblicke in verschiedene Kulturen;<br />

interkulturelle Lernprozesse werden so initiiert.<br />

Für die Präsentation, die ein wesentliches Element in der<br />

Szenariendidaktik darstellt, werden die in den Gruppen<br />

erarbeiteten Ergebnisse in eine besondere Fassung gebracht.<br />

So entstehen Poster, Texte, Tonaufzeichnungen,<br />

grafische Darstellungen etc., in dieser Phase wird intensiv<br />

an der Sprache gearbeitet. Jedes Kind, ob deutschsprachig<br />

oder Deutsch lernend, erweitert hierbei individuell seine<br />

Ausdrucksfähigkeit.<br />

16 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


TAG DER INTERKULTURELLEN BILDUNG<br />

Mit dem Angebot an Aufgabenstellungen zu einem bestimmten<br />

Thema kann die Lehrkraft im Vorfeld fachliche<br />

und sprachliche Lernprozesse steuern.<br />

Die Vorteile der Szenarienarbeit:<br />

* Sprachanwendung erfolgt zu einem echten kommunikativen<br />

Zweck<br />

* Individueller Sprachzuwachs für alle SchülerInnen<br />

* Wortschatz und Grammatik sind semantisch im<br />

Kernthema verankert<br />

* Nutzen von Vorwissen<br />

* Selbstständiges Lernen wird gefördert<br />

* SchülerInnen lernen von- und miteinander<br />

* Einblicke in verschiedene Kulturen<br />

* Lernszenarien erfüllen die Anforderungen des neuen<br />

Rahmenplanes DaZ<br />

PODIUMSDISKUSSION:<br />

BEI SCHULREFORMEN UND MIGRATION FEHLT DER BLICK INS AUSLAND<br />

Eine Debatte über offene und kontroverse Fragen beendete<br />

die Tagung. Das Gespräch leitete die stellvertretende<br />

<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Sybilla Hoffmann.<br />

Mehmed Kilic sprach von Verbesserungen von Integration<br />

in Deutschland, aber „es brennt noch immer an mehreren<br />

Stellen“. In der Lehrerausbildung müsse endlich ein Modul<br />

der interkulturellen Bildung aufgenommen werden.<br />

Kilic mahnte die besseren Rahmenbedingungen an. „Eine<br />

Kollegin mit dem Doktortitel, die muttersprachlichen<br />

Unterricht an mehreren Schulen erteilt, wird nach A 10<br />

bezahlt, andere arbeiten ebenfalls in mehreren Schulen<br />

ohne eigenen Raum und eigenes Material.“<br />

Ingeborg Sahler-Fesel, Landtagsabgeordnete der SPD,<br />

sprach von den Vorurteilen, die den Blick auf die Wirklichkeit<br />

verstellten, z.B. dass die Deutschen glauben, alles<br />

über die Ausländer zu wissen oder dass deutsche Kinder<br />

besser Deutsch sprächen als Migrantenkinder.<br />

Die Integrationsbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz,<br />

Maria Weber, machte mit Blick auf die junge Generation<br />

Hoffnung. Sie lobte deren weitgehend vorurteilsfreien<br />

Umgang mit den Fremden und begründete dieses Verhalten<br />

mit der zunehmenden Internationalisierung und<br />

Globalisierung. Deshalb sei es auch geboten, von der<br />

früheren Ausländerpädagogik abzurücken.<br />

Der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer bekräftigte<br />

diese Sicht und wünschte sich für Kindergarten<br />

und Schule eine vorurteilsfreie und gleichberechtigte<br />

Behandlung der Migrationskinder. Im Sinne der Chancengleichheit<br />

bräuchten wir eine Schule mit längerem<br />

gemeinsamen Lernen. Die Realschule plus sei nur ein<br />

erster kleiner Schritt. Hammer forderte auch eine Jungenförderung,<br />

„weil die Vorbilder fehlen“.<br />

Prof. Hamburger prangerte die soziale Selektivität im<br />

Schulwesen an, die vor allem auch Migrationskinder<br />

benachteiligte. Er vermisst bei der Schulreform und der<br />

Förderung der Migrationskinder in Deutschland vor<br />

allem den Blick ins Ausland, z.B. könne man viel lernen<br />

von Kanada. „Von der Lehrerbildung erwarte ich nicht<br />

soviel wie von der Schulveränderung, wir brauchen die<br />

autonome Schule, die das durchführen kann, was sie für<br />

richtig hält.“<br />

Paul Schwarz<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

17


BERUFLICHE BILDUNG<br />

DEMOKRATIE UND MITBESTIMMUNG<br />

Angebote der DGB-Jugend für Berufsbildende Schulen<br />

Vom 30. August bis zum 1. Oktober ist es wieder soweit:<br />

Die DGB-Jugend Rheinland-Pfalz geht unter dem Motto<br />

„Gemeinsam Gewinnen“ auf Berufsschultour. Rund<br />

zwanzig Berufsbildende Schulen aus ganz Rheinland-<br />

Pfalz werden wir wieder mit einem intensiven Bildungsund<br />

Informationsprogramm besuchen:<br />

• „Projekttag Demokratie und Mitbestimmung“ in drei<br />

Ausbildungsklassen<br />

• Gewerkschaftliches Hofteam für Information und<br />

Beratung<br />

Im Mai wurden alle BBS in Rheinland-Pfalz zur Teilnahme<br />

eingeladen.<br />

Partnerschaft Gewerkschaft und Berufsbildende<br />

Schule<br />

Mit unseren kostenfreien Angeboten wollen wir Vernetzung<br />

und Partnerschaft zwischen Schulen und Gewerkschaften<br />

als Teil ihres regionalen Umfelds fördern<br />

und Auszubildenden sinnvolle Unterstützungsangebote<br />

machen. Unsere Bildungsarbeit hat eine Vielzahl von<br />

Anschlusspunkten an berufsschulische Inhalte, z.B. mit<br />

den Themen Tarifverträge, Mitbestimmung, Rechte<br />

und Pflichten, und stellt daher eine sinnvolle Ergänzung<br />

des Unterrichts dar. Wir ermutigen junge Leute dazu,<br />

Mitbestimmungsmöglichkeiten zu nutzen und sich zu<br />

engagieren. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt der<br />

Berufsschultour auf den Wahlen zu den Jugend- und<br />

Auszubildendenvertretungen (JAV), die im Herbst stattfinden.<br />

Der externe Sachverstand der Gewerkschaften<br />

kann so durch die Schule effektiv genutzt werden - nicht<br />

nur während der „Berufsschultour“, sondern auch das<br />

ganze Jahr über im Rahmen von Einzelveranstaltungen.<br />

Projekttag Demokratie und Mitbestimmung<br />

der DGB-Jugend<br />

Der sechsstündige Projekttag ist unser zentrales Bildungsangebot<br />

an Berufsschulen. Durchgeführt mit bundesweit<br />

einheitlichen Qualitätsstandards, richtet er sich an Auszu-<br />

bildende in der dualen Ausbildung. Thematisch schlägt<br />

der Tag einen Bogen von der gesellschaftlichen Verteilung<br />

von Chancen und Reichtum hin zu einem lösungsorientierten<br />

Umgehen mit Problemen in der Ausbildung:<br />

1. Einstieg, „Hochhaus der Möglichkeiten“<br />

2. „Die Gesellschaft und ich“, Interessenvertretung<br />

3. „Solidarität gewinnt!“, Tarifverträge<br />

4. „Probleme in der Ausbildung - So könnt ihr damit<br />

umgehen“, Mitbestimmung<br />

5. Gewerkschaften, Unterstützungsmöglichkeiten, Rechte<br />

und Pflichten<br />

6. „Gemeinsam statt einsam“, selbst aktiv werden<br />

Im Projekttag arbeiten unsere ehrenamtlichen TeamerInnen<br />

mit beteiligungs- und handlungsorientierten<br />

Methoden. Wichtig ist uns, dass der Wert von Solidarität<br />

als Mittel zur Lösung von Problemen und zur Vertretung<br />

von Interessen in Ausbildung, Arbeit und Schule<br />

vermittelt wird.<br />

Kontakt und Terminvereinbarungen:<br />

Wenn Sie Interesse an der Terminvereinbarung<br />

für einen Projekttag haben oder mit Ihrer Schule<br />

an der „Berufsschultour“ teilnehmen wollen,<br />

freuen wir uns über eine Kontaktaufnahme:<br />

DGB Rheinland-Pfalz, Daniel Hard, Tel.<br />

06131 2816-28, Daniel.Hard@dgb.de, www.<br />

berufsschultour.de<br />

Daniel Hard, DGB-Jugendbildungsreferent<br />

Lukas Bläsius, Berufsschultour-Koordination<br />

18 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


WEITERBILDUNG<br />

KURZGUTACHTEN ZUM FINANZIERUNGSSYSTEM DER INTEGRATIONSKURSE<br />

Seit Januar 2010 liegt das Kurzgutachten zum Finanzierungssystem der<br />

Integrationskurse der Ramboll-Management-Gruppe auf dem Tisch. Die<br />

schwedischen Experten machen deutlich, wie gering die Vergütung der<br />

Lehrkräfte in Integrationskursen ist. Sie unternehmen den Versuch, die<br />

Vergütung der Lehrkräfte mit den Gehältern anderer Berufsgruppen zu vergleichen.<br />

Nach Berechnungen der Gutachter sind die Einstiegsgehälter von<br />

angestellten Lehrkräften im Schuldienst um 71 % höher. Eine Anpassung<br />

an diese Gehälter wäre nur durch eine massive Erhöhung der finanziellen<br />

Mittel zu leisten.<br />

Die Experten der Ramboll-Management-Gruppe wurden<br />

vom Bundesministeriums des Inneren (BMI) und dem<br />

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)<br />

beauftragt, ein Gutachten zur Weiterentwicklung des<br />

Finanzierungssystems der Integrationskurse zu erstellen,<br />

um eine Verbesserung der Vergütung der Lehrkräfte zu<br />

erreichen. Was seit Einführung der Integrationskurse<br />

2005 von Lehrkräften und Gewerkschaften beklagt<br />

wird - die geringe Vergütung der Lehrkräfte - , kann<br />

auch das neue Gutachten nur bestätigen. Es ist längst<br />

allen Verantwortlichen bekannt, dass sich mit Einführung<br />

der Integrationskurse 2005 die Einkommenslage<br />

der Lehrkräfte in Kursen für Zuwanderer dramatisch<br />

verschlechtert hat. Durch die Unterfinanzierung waren<br />

die Träger gezwungen, feste Verträge in Honorarverträge<br />

umzuwandeln und Honorare zu senken. Seither kämpfen<br />

Lehrkräfte und Gewerkschaften für eine Verbesserung der<br />

Vergütung und eine soziale Absicherung.<br />

Wie prekär die Beschäftigungssituation der Lehrkräfte<br />

ist, wurde von den Experten der Ramboll-Management-<br />

Gruppe bereits in ihrem ersten Evaluationsgutachten<br />

aufgezeigt, das im Januar 2007 veröffentlicht wurde.<br />

Schon damals forderten die Experten eine bessere Finanzierung<br />

der Integrationskurse. Eine Anhebung der Sätze<br />

pro Kursteilnehmerstunde von 2,05 € auf 2,35 € erfolgte<br />

zwar im Juli 2007, aber sie war zu gering, als dass sie bei<br />

den Lehrenden angekommen wäre.<br />

Nun liegt wieder ein Gutachten vor, das die katastrophalen<br />

Beschäftigungsbedingungen aufzeigt. Detailliert<br />

wird in dem Gutachten die Vergütung der Lehrkräfte<br />

betrachtet. Die Gutachter errechnen auf der Grundlage<br />

einer Datenabfrage des Bundesamtes für Migration und<br />

Flüchtlinge (BAMF) von insgesamt 1146 Kursträgern, die<br />

Honorare zwischen unter 15 € und über 30 € aufzeigt,<br />

ein Durchschnittshonorar von 18,35 €. Des Weiteren<br />

errechnen sie - eingeschlossen einer Vor- und Nachbereitungszeit<br />

von 22,5 Minuten pro Unterrichtseinheit<br />

- ein monatliches Nettoeinkommen von 1.168 € und ein<br />

Bruttoeinkommen von 1.775 €. Bei diesen Berechnungen<br />

zeigen sich die Schwächen des Gutachtens. Nicht das<br />

Durchschnittshonorar von 18,35 € ist die entscheidende<br />

Größe, sondern der Medianwert. Es ist auch nicht<br />

nachvollziehbar, welche Faktoren bei der Berechnung des<br />

Netto- und Bruttoeinkommens berücksichtigt wurden.<br />

Diese sind auf der Grundlage des Medianwertes und der<br />

Einbeziehung aller relevanten Faktoren in der Realität<br />

niedriger.<br />

Trotzdem ist der Vergleich der Vergütung von Lehrkräften<br />

in Integrationskursen mit den Einstiegsgehältern<br />

anderer Berufsgruppen aussagekräftig. Der Vergleich<br />

zeigt ganz eindeutig, wie unterdurchschnittlich niedrig<br />

das Honorareinkommen ist. So liegen laut Gutachten<br />

die Einstiegsgehälter von angestellten Lehrkräften im<br />

Schuldienst um 71 % höher, von Sozialpädagogen und<br />

Sozialpädagoginnen um 30 %, von Erzieherinnen und<br />

Erziehern um 15 %. Auch die Mindestlohnforderung<br />

der Gewerkschaft wäre höher, nämlich um 17 %. Es ist<br />

eine Stärke des Gutachtens und als kleiner politischer<br />

Fortschritt zu bewerten, dass in diesem Zusammenhang<br />

die Entgeltvariante der Bezahlung von Lehrkräften an<br />

öffentlichen Schulen überhaupt vorgerechnet wird.<br />

Es geht den Gutachtern aber nicht nur um eine angemessene<br />

Honorierung der Lehrkräfte, sondern auch um die<br />

Verbesserung der Kursqualität. Die Experten benennen<br />

folgende Gründe für ihre Annahme, dass mit einer höheren<br />

Vergütung auch die Kursqualität gesteigert werden<br />

kann: Für ein auskömmliches Einkommen bedarf es<br />

einer zu hohen Stundenzahl, bei einer als unangemessen<br />

empfundenen Vergütung sinkt die Bereitschaft zum<br />

Einsatz, eine unterdurchschnittliche Vergütung hat eine<br />

hohe Fluktuation zur Folge. Es ist gut, dass die Gutachter<br />

sich das Argument der Gewerkschaften zueigen machen,<br />

dass gute Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen eine<br />

gute Arbeit wahrscheinlich machen.<br />

Das Gutachten hebt sehr deutlich die unterdurchschnittliche<br />

Bezahlung der Lehrkräfte in Integrationskursen<br />

hervor. Dennoch: Das volle Ausmaß der prekären Beschäftigungsverhältnisse<br />

und die Folgen für den Einzelnen und<br />

die Gesellschaft werden verschwiegen. An keiner Stelle des<br />

Gutachtens werden die fehlende soziale Absicherung, die<br />

unverhältnismäßig hohen Beiträge zu den Sozialversicherungen<br />

und die drohende Altersarmut erwähnt.<br />

Wie kann nun eine angemessene Vergütung der Lehrkräfte<br />

sichergestellt werden? Welche Haushaltsmittel werden<br />

benötigt? Für eine Erhöhung des Stundensatzes und eine<br />

bessere Vergütung der Lehrkräfte berechnen die Gutachter<br />

folgende zusätzliche Haushaltsmittel: Für das Niveau der<br />

Mindestlohnforderung 13 Mill., was einem Stundensatz<br />

von 2,56 € entspricht; für das Niveau von Sozialpädagogen/<br />

Sozialpädagoginnen 22,2 Mill. (Stundensatz 2,96 €),<br />

für das Niveau von Lehrkräften im Schuldienst 53,5 Mill.<br />

(Stundensatz 4,05 €). Das Gutachten schließt mit den<br />

eben aufgezeigten Finanzierungsmodellen. Hinzugefügt<br />

werden muss, dass eine Erhöhung des Stundensatzes nur<br />

dann an die Lehrkräfte weitergegeben wird, wenn dies<br />

verbindlich formuliert ist. Damit sich die Träger nicht<br />

wieder hinter die unternehmerische Freiheit zurückziehen,<br />

muss gelten: Eine wirtschaftlich und rechtlich gesicherte<br />

Stellung der Lehrkräfte muss wie bei privaten Ersatzschulen<br />

zum Zulassungsmerkmal erhoben werden.<br />

Inge Müller<br />

Mehr zu dem Gutachten unter http://www.integration-in-deutschland.<br />

de/nn_1330658/SharedDocs/Anlagen/DE/Integration/Downloads/Integrationskurse/Kurstraeger/Sonstiges/ramboll-finanzierungsgutachten-2009.<br />

html<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

19


GENERATION 60 PLUS<br />

AKTIV SEIN - AKTIV BLEIBEN<br />

Fachtagung der Generation 60 plus<br />

Eine Premiere! Zum ersten Mal veranstaltete die <strong>GEW</strong><br />

Rheinland-Pfalz eine Tagung für die Generation 60 plus mit<br />

dem Titel „Aktiv sein - Aktiv bleiben“. Am 03. Mai 2010<br />

strömten unerwartet viele „junge Alte“ in das Bildungszentrum<br />

Erbacher Hof in Mainz. Die Organisatorin Hedda<br />

Lungwitz, Vorsitzende des Landesausschusses für SeniorInnen,<br />

zeigte sich hocherfreut. Sie hatte eingeladen, um über<br />

aktuelle Themen der Älteren ab 60, über die Bewältigung<br />

der letzten Dienstjahre, über die Vorbereitung auf den Ruhestand,<br />

über die Fitness und den gesunden Lebensstil im<br />

Alter, über Pflege und Pflegeversicherung, über alternative<br />

Wohnformen zu informieren und zu diskutieren.<br />

Fotos:<br />

Hedda Lungwitz<br />

Hedda Lungwitz begrüßte die zahlreichen Gäste und<br />

eröffnete die Tagung. Sie begann mit der Lebenssituation<br />

der über 60-Jährigen, auf die nicht nur viele Veränderungen<br />

und neue Aufgaben einstürmten, sondern die<br />

auch zunehmend mit gesundheitlichen Beschwerden zu<br />

kämpfen hätten. Ziel sei, so meinte sie, auch in diesem<br />

Alter noch aktiv zu sein und aktiv zu bleiben, und stellte<br />

heraus, dass für dieses Aktivsein Körper, Geist und Seele<br />

mitspielen müssten. Sie nannte zwei zentrale Fragen: „Wie<br />

können wir unsere Gesundheit unterstützen? Wie können<br />

wir uns im Ruhestand betätigen?“.<br />

Die Grußworte des Landesvorstands sprach die Stellvertretende<br />

Vorsitzende Sylvia Sund. Sie betonte, dass die<br />

<strong>GEW</strong> zum ersten Mal solch eine Veranstaltung für Aktive<br />

60+ durchführe und hob hervor: „Wir haben die Altersgruppe<br />

60+ stark im Blick. Sie spielt eine immer größere<br />

Rolle.“ Sie führte aus, dass zahlreiche Mitglieder dieser<br />

Altersgruppe verantwortungsvolle Ämter übernommen<br />

und sie sehr zuverlässig über einen längeren Zeitraum<br />

ausgeübt hätten. Als Beispiel für aktive über Sechzigjährige<br />

nannte sie die <strong>GEW</strong> Gruppe der „Jungen Alten“, deren<br />

jahrelange Zuarbeit in Bezug auf die Personalratstätigkeit<br />

für den Vorstand wichtig und hilfreich gewesen sei. Sie<br />

erklärte: „Wir sind überaus dankbar für die aktiven jungen<br />

Altern.“ Mit Blick auf die Übergangsphase in den Ruhestand<br />

forderte sie die Anwesenden auf: „Wir wünschen<br />

uns, dass ihr eure Interessen einbringt. Wir wollen, dass<br />

ihr eine bleibende, anregende Gruppe seid!“<br />

Den Leitvortrag hielt Ursula Lenz, Referentin für Presseund<br />

Öffentlichkeitsarbeit in der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der Seniorenorganisationen ( BAGSO ) mit dem<br />

Titel: „Aktiv sein - Aktiv bleiben: Die Bewältigung der<br />

letzten Dienstjahre und Ausblick in das nachberufliche<br />

Leben“.<br />

1. Wie bewältigen wir die letzten Dienstjahre?<br />

Die letzten Dienstjahre liegen in einer Lebensphase, in der<br />

mit dem Alter zusammenhängende Veränderungen und<br />

Krankheiten in zunehmendem Maße auftreten. Der Prozess<br />

des Alterns ist aber kein schicksalhaft unabänderlich<br />

festgelegter Prozess. ErzieherInnen und LehrerInnen über<br />

60 können ihn vielmehr durch eine kluge und gesundheitsorientierte<br />

Lebensführung positiv beeinflussen. In<br />

diesem Zusammenhang wies Lenz auf die Verantwortung<br />

der Generation 60+ hin und unterstrich, dass die Älteren<br />

alles in ihrer Macht Stehende tun müssten, um möglichst<br />

lange gesund zu bleiben. Sie zitierte die Gerontologin<br />

Prof. Dr. Ursula Lehr: „Dass wir älter werden, darauf<br />

haben wir keinen Einfluss, aber wie wir älter werden, das<br />

liegt auch in unserer Hand.“<br />

Als Maßnahmen, die helfen, das Schulleben mit sechzig<br />

noch zu meistern und dem Älterwerden gerecht zu werden,<br />

führte sie an:<br />

• gesunde Ernährung und körperliche Bewegung,<br />

• „Nein“- sagen und loslassen können,<br />

• eine Berufstätigkeit, die weder überfordert noch unterfordert,<br />

• die Balance von Anspannung und Entspannung,<br />

Bei ihren Ausführungen machte Lenz deutlich, dass die<br />

Pädagoginnen und Pädagogen eine zweifache Verantwortung<br />

tragen würden, einmal den anvertrauten Kindern<br />

und Jugendlichen gegenüber, zum andern aber auch sich<br />

selbst gegenüber. Und beiden Verantwortungen müssten<br />

sie genügen.<br />

2. Warum sollen wir uns auf den Ruhestand vorbereiten?<br />

Der Ruhestand ist heute eine Lebensphase, die es in der<br />

vorindustriellen Zeit gar nicht gab. Die meisten Menschen<br />

arbeiteten hart bis ins hohe Alter, oft bis zum Tod. Die<br />

Industrialisierung brachte gravierende Veränderungen.<br />

Die Menschen mussten sich den Maschinen anpassen,<br />

auf die sich verändernde Leistungsfähigkeit im Verlauf<br />

des Lebens wurde keine Rücksicht genommen. Ältere,<br />

verbrauchte Arbeiter wurden entlassen. Lenz stellte heraus,<br />

dass dies der Beginn des Ruhestandes gewesen sei.<br />

Allerdings handelte es sich damals um eine relativ kurze<br />

Lebensphase ohne genügend finanzielle und soziale Absicherung.<br />

Im heutigen Deutschland, so die Angaben von<br />

Lenz, beträgt das tatsächliche Renteneintrittsalter 61,5<br />

Jahre, die Lebenserwartung der Männer liegt bei 76,6<br />

und die der Frauen bei 82,1 Jahren. Diese Daten zeigen,<br />

dass gegenwärtig die über Sechzigjährigen zu Beginn ihres<br />

20 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


GENERATION 60 PLUS<br />

Ruhestandes im Durchschnitt noch fast ein Viertel ihres<br />

Lebens vor sich haben. Lenz unterstrich: „Eine längere<br />

Lebensdauer, eine bessere gesundheitliche Verfassung<br />

und nicht zuletzt auch ein differenziertes und nicht ausschließlich<br />

negativ gefärbtes Altersbild bewirkt, dass der<br />

Ruhestand einen anderen Stellenwert erhält, jedoch leider<br />

nicht immer verbunden mit der Konsequenz, sich auch<br />

auf diesen wirklich vorzubereiten.“<br />

Eine gründliche Vorbereitung auf den Ruhestand hat Lenz<br />

in ihrer jahrzehntelangen Arbeit mit SeniorInnen immer<br />

wieder vermisst. Sie erklärte, viele Menschen verwendeten<br />

auf die Vorbereitung ihres Drei-Wochen-Urlaubs<br />

mehr Zeit und Energie als auf die Planung ihres Lebens<br />

im Ruhestand. Mit Vehemenz vertrat sie die Bedeutung<br />

einer imaginativen Vorbereitung und sagte: „Wir wissen<br />

aus vielen psychologischen Studien, dass das gedankliche<br />

Vorwegnehmen einer auf uns zukommenden Situation<br />

uns hilft, diese besser zu bewältigen.“ Mit diesen Worten<br />

wurde klar, dass hier Vorbereitung gleichzusetzen ist mit<br />

der Antizipation des Lebens im Ruhestand, mit dem<br />

Einbinden der Kraft menschlicher Imagination.<br />

Für diese Vorbereitung schlug Lenz zwei Schritte vor. „Der<br />

erste und wichtigste Schritt der Antizipation des Lebens<br />

im Ruhestand ist es, sich die eigenen, von Vorfreude<br />

getragenen Erwartungen und die von Unsicherheit und<br />

Angst gespeisten Befürchtungen bewusst zu machen,<br />

sich mit ihnen auseinander zu setzen und sie nicht zu<br />

verdrängen.“ Sie riet eine Liste anzulegen, in die die Älteren<br />

auf der einen Seite das schreiben, was sie persönlich<br />

durch die Berufsaufgabe verlieren werden und was sie<br />

befürchten; auf der anderen Seite das notieren, was sie<br />

durch die Berufsaufgabe gewinnen und worüber sie sich<br />

freuen können. Nach der Erarbeitung dieser persönlich<br />

erwarteten „Gewinn- und Verlustrechnung“ kommt der<br />

zweite Schritt. Lenz führte aus: „Im nächsten Schritt geht<br />

es darum, ernsthaft zu überlegen - und das am besten<br />

wieder schriftlich - was wir tun müssen, damit sich unsere<br />

Hoffnungen erfüllen.“<br />

3. Bedeutet Ruhestand und Altsein Rückzug<br />

oder Aktivsein?<br />

In der Gerontologie herrschten lange Zeit zwei gegensätzliche<br />

Theorien für die Lebensgestaltung im Alter. Die eine<br />

nannte sich Aktivitätstheorie, die andere war die Disengagement-<br />

oder Rückzugstheorie. Die Aktivitätstheorie<br />

sah in einer aktiven Lebensgestaltung den Weg zu einem<br />

gelingenden, erfolgreichen Altern, die Rückzugstheorie<br />

vertrat die Auffassung, dass geglücktes Altern im Rückzug<br />

liegt. Zum heutigen Stand der Wissenschaft meinte Lenz:<br />

„Die Entscheidung zugunsten der Aktivitätstheorie ist<br />

inzwischen längst und wohlbegründet gefallen. Sie redet<br />

keinesfalls einem blinden Aktivismus das Wort, einem<br />

atemlosen Hetzen von Termin zu Termin, von Veranstaltung<br />

zu Veranstaltung... Sie plädiert für ein kontinuierliches<br />

am Ball bleiben, denn es ist eindeutig erwiesen:<br />

Fähigkeiten und Funktionen, die nicht gebraucht werden,<br />

verkümmern.“<br />

Lenz präsentierte das dreistufige Modell nachberuflicher<br />

Aktivitäten von Richard Nelson Balles, das er<br />

im Zusammenhang mit seinem von ihm entwickelten<br />

„Wohlfühlmodell für den Ruhestand“ entworfen hat.<br />

Balles unterscheidet drei Tätigkeitsebenen, die er in einer<br />

Pyramide darstellt:<br />

1. Ebene: Tätigkeiten, die Vergnügen bereiten<br />

2. Ebene: Tätigkeiten, die Engagement ermöglichen<br />

3. Ebene: Tätigkeiten, die Sinn stiften<br />

Tätigkeiten, die Vergnügen bereiten, werden gern von<br />

SeniorInnen gewählt, die in ihrem beruflichen Leben sehr<br />

eingespannt waren. Glücklich machen Aktivitäten, die<br />

während des Berufslebens ein Gegengewicht zur Arbeit<br />

darstellten. Sie wollen endlich einmal Zeit haben, pflegen<br />

Hobbys, suchen Unterhaltung, machen Reisen, probieren<br />

etwas Neues aus oder erfüllen sich einen Traum. Dieses<br />

eher auf Vergnügen und Spaß ausgerichtete Handeln kann<br />

viele auf Dauer nicht befriedigen. Sie stellen fest: „Es muss<br />

doch noch mehr im Leben geben.“ Dieses Mehr suchen<br />

sie in Tätigkeiten, die Engagement ermöglichen. Oftmals<br />

sind dies interessante Aufgaben, und zwar solche, die zu<br />

den Fähigkeiten und Stärken des Handelnden passen.<br />

Lenz machte klar: „Erfahrungsgemäß wird nämlich nur<br />

das Engagement als beglückend und befriedigend empfunden,<br />

das uns interessiert und in das wir unsere Kompetenzen<br />

einbringen können.“ Das Spektrum möglicher<br />

Handlungsfelder ist sehr groß, dazu gehören politische<br />

Parteien, Gewerkschaften, Kirchengemeinden, Seniorenorganisationen,<br />

Vereine u.a.m. Besonders wichtig für Ältere<br />

sind Tätigkeiten, die Sinn stiften, d.h. die dem älteren<br />

Menschen einen Lebenssinn geben. Lenz zitiert Simone de<br />

Beauvoir, die in ihrem Buch „Das Alter“ schreibt: „Wollen<br />

wir vermeiden, dass das Alter zu einer spöttischen Parodie<br />

unserer früheren Existenz wird, so gibt es nur eine einzige<br />

Lösung: nämlich weiterhin Ziele zu verfolgen, die unserem<br />

Leben einen Sinn verleihen: das hingebungsvolle Tätigsein<br />

für Einzelne, für Gruppen oder für eine Sache, soziale,<br />

politische, geistige oder schöpferische Arbeit.“<br />

Nach all diesen aufgezeigten Aktivitätsmöglichkeiten<br />

jenseits der 60 ging die Referentin auf die zentrale Frage<br />

des Blickwinkels ein, den wir bei allen Überlegungen zum<br />

Altwerden und Altsein einnehmen sollten: Es ist der Blick<br />

„weg von den Defiziten, hin zu den Kompetenzen“. Sie<br />

erklärte: „Es geht nicht darum, die mit dem Älterwerden<br />

verbundenen Einschränkungen zu negieren.....Es geht<br />

darum, nicht länger und schwerpunktmäßig zu fragen:<br />

Was können alte Menschen alles nicht mehr? Sondern: Was<br />

können sie noch?“ Und sie fügte hinzu: „Der Blick auf die<br />

Kompetenzen ist der bessere, weil er motiviert.“<br />

In der anschließenden Aussprache zeigten sich die TeilnehmerInnen<br />

beeindruckt von den Ausführungen über<br />

die Vorbereitung des Ruhestands und über die vielfältigen<br />

Aktivitäten, die im Alter noch möglich sind und einen Ruhestand<br />

ermöglichen, in dem man sich wohlfühlt. Zu dem<br />

Anfangsteil des Vortrages über die Bewältigung der letzten<br />

Dienstjahre hätten viele gern mehr gehört. Es blieben<br />

eine Menge Fragen offen. Zahlreiche ältere LehrerInnen<br />

verlangten nach Strategien, die ihnen helfen können, die<br />

letzten Jahre im Schuldienst erfolgreich durchzustehen.<br />

Das ist ein Thema, das in einer Folgeveranstaltung durchaus<br />

aufgegriffen werden sollte.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

21


GENERATION 60 PLUS<br />

Fachforen<br />

Forum 1: Fit im Alter - Bewegung, Gesundheit,<br />

Prävention<br />

Referntin: Miriam Thormann, Dipl. -Sporttherapeutin<br />

„Bitte, stehen Sie auf! Auf der Stelle gehen!“ Im Halbrund<br />

begann die Gruppe mit Aufwärmübungen. Praktische<br />

Bewegung und Theorie waren aufeinander abgestimmt<br />

und wechselten sich im Lauf der Forumsarbeit immer<br />

wieder ab. Die Therapeutin erklärte das Altern als einen<br />

bio-psycho-sozialen Prozess. Sie zeigte auf, was sich<br />

im menschlichen Körper alles verändert, und ging auf<br />

psycho-soziale Aspekte wie auf schwindendes Selbstbewusstsein,<br />

auf Unlust, Trägheit und soziale Isolation<br />

ein. Danach hob sie die positiven Auswirkungen von<br />

Bewegung und Sport auf den Menschen hervor und<br />

betonte: „Ein dem Alter und der individuellen Situation<br />

entsprechendes Training verzögert den Alterungsprozess<br />

und kann Lebensfreude länger erhalten.“ Sie informierte<br />

über die sieben Säulen eines gesunden Trainings (Herz-<br />

Kreislauf, Kraft, Koordination, Dehnung, Mentaler<br />

Faktor, Entspannung, sozialer Faktor) und wies darauf<br />

hin, dass man sich auch im Alltag immer wieder bewusst<br />

bewegen sollte. Thormann beendete die Arbeit mit dem<br />

Wunsch: „Viel Spaß beim Aktivsein ein Leben lang und<br />

ganz besonders in der zweiten Lebenshälfte!“<br />

Forum 2: Ist Pflege noch bezahlbar?<br />

Referentin: Rechtsanwältin Ulla Wald<br />

Die Rechtsanwältin gab eine gründliche Information über<br />

die Pflegeversicherung, besonders über die Stufen der<br />

Pflegebedürftigkeit, über unterschiedliche Pflegesituationen,<br />

über die Pflegeleistungen und über das Beihilferecht.<br />

Anhand von Rechenbeispielen veranschaulichte sie die<br />

Pflegekosten.<br />

Wald begann mit der Geschichte Ulla, die sich in einer<br />

Zeit ereignete, in der es noch keine Leistungen zur<br />

Deckung der Pflegekosten gab und das Vermögen aufgebraucht<br />

werden musste. Solche schrecklichen Notfälle<br />

gibt es heute dank der Einführung der Pflegeversicherung<br />

1995 nicht mehr. Diese Versicherung ist neben<br />

der Rentenversicherung, der Krankenversicherung, der<br />

Arbeitslosenversicherung und der Unfallversicherung<br />

die 5. Säule der Sozialversicherung. Sie gewährt eine von<br />

Einkommen und Vermögen unabhängige Sozialleistung<br />

bei Entritt der Pflegebedürftigkeit. Der Begriff der Pflegebedürftigkeit<br />

ist genau bestimmt. Für die Gewährung<br />

von Leistungen (Pflegegeld und Pflegesachleistungen) sind<br />

die pflegebedürftigen Personen einer von drei Pflegestufen<br />

( erheblich Pflegebedürftige, Schwerpflegebedürftige,<br />

Schwerstpflegebedürftige ) zuzuordnen. Die Höhe der<br />

Leistungen ist ebenfalls abhängig von der Pflegesituation.<br />

Es wird unterschieden zwischen häuslicher Pflege, teilstationärer<br />

Pflege, Kurzzeitpflege und vollstationärer Pflege.<br />

Zusammenfassend stellte Wald am Ende fest: „Für die<br />

durch Beihilfe und Pflegeversicherung nicht gedeckten<br />

Pflegekosten muss der Pflegebedürftige grundsätzlich<br />

selbst aufkommen.“<br />

Forum 3: Wohnen und Wohnformen<br />

Referentin: Berit Herger, Beratungsstelle<br />

LebensWohnraum, DRK Mainz<br />

Herger, die wie kaum eine andere Person die Situation<br />

des „Gemeinschaftlichen Wohnens“ in Rheinland-Pfalz<br />

kennt, machte deutlich, dass das Thema „Wohnen im<br />

Alter“ die Menschen immer stärker beschäftige. Sie<br />

stellte einige wegweisende Leuchtturmprojekte vor und<br />

meinte: „Im Kern geht es um Nachbarschaftsnetzwerke,<br />

die ihre gegenseitige Unterstützung in einem Konzept<br />

festgeschrieben haben. Denn man hat erkannt, dass das<br />

‚sich kümmern‘ umeinander dort funktioniert, wo man<br />

sich kennt, wo man gerne ein Stück Verantwortung füreinander<br />

übernimmt und wo man im persönlichen Kontakt<br />

steht.“ Es geht um Hausgemeinschaften, die miteinander<br />

essen und feiern, die sich gegenseitig zur Hand gehen, aber<br />

auch privates Leben und private Rückzugsräume haben.<br />

In der Praxis haben diese neuen Wohnprojekte allerdings<br />

sehr unterschiedliche Konzepte und Gesichter. Die Entwicklung<br />

solch eines Wohnprojekts „Gemeinschaftlichen<br />

Wohnens“ vollzieht sich in vielen kleinen Schritten.<br />

Herger zählte auf: „Eigeninitiative, Informieren, Kontakte<br />

suchen, sich zusammenschließen, eine Initiative gründen,<br />

Fortbildungen besuchen, ein Konzept schreiben, in Objekt<br />

oder Grundstück suchen, Kostenermittlung, Partner<br />

suchen (Kommune, Investor), Bauphase, die Wohnphase<br />

gestalten.“ Die Fachfrau sagte, für ein großes Projekt brauche<br />

man fünf bis zehn Jahre. Am Schluss gab sie eine Reihe<br />

von Hinweisen, wo Interessierte Informationen, Beratung<br />

und Unterstützung bekommen können.<br />

Dr. Gerlinde Schwarz<br />

Bienvenue à Strasbourg<br />

Am 2. September besuchen die SeniorInnen des Kreises<br />

Ludwigshafen/Speyer für einen Tag die Stadt des Europaparlamentes,<br />

Straßburg. Zu Fuß und mit der Mini-Tram<br />

wird diese geschichtsträchtige Stadt erkundet. Abfahrt zu<br />

diesem großen Tagesausflug ist um 8.20 Uhr am Busbahnhof<br />

LU und um 8.30 Uhr am Haupteingang des<br />

Ebertparks.<br />

Wer an diesem großen Tagesausflug teilnehmen möchte,<br />

melde sich bei den Kollegen Otto Leiner, Tel. 0621/674752,<br />

e-mail: otto.leiner.@web.de oder Robert Ludwig, Tel:<br />

06233/1255, e-mail:robert.e.ludwig@googlemail.com<br />

U.K.<br />

22 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


GENERATION 60 PLUS<br />

DIE <strong>GEW</strong> GRATULIERT …<br />

im August 2010<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Frau Gemma Rest<br />

01.08.1940<br />

Im Dinkerich 6 · 56179 Vallendar<br />

Herr Klaus Schoeneberger<br />

03.08.1940<br />

Colmarer Str. 9 · 76829 Landau<br />

Herr Hansmartin Weber<br />

06.08.1940<br />

Roemerweg 3 · 67134 Birkenheide<br />

Herr Walther Zapp<br />

09.08.1940<br />

Schlittweg 4 · 67098 Bad Dürkheim<br />

Frau Christel Loch<br />

17.08.1940<br />

Frinkenstr 37 · 55743 Idar-Oberstein<br />

Herr Wilfried Thielecke<br />

20.08.1940<br />

Utestr. 34 · 67069 Ludwigshafen<br />

Frau Nurden Gueler<br />

28.08.1940<br />

Korellengarten 5 · 55543 Bad Kreuznach<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Herr Guenter Rinck<br />

03.08.1935<br />

Rosenstr. 4 · 66955 Pirmasens<br />

Herr Detlef Bojak<br />

06.08.1935<br />

In der Kehr 2 · 66887 Jettenbach<br />

Herr Erwin Wambsganß<br />

12.08.1935<br />

Heinestr. 4 a · 76887 Bad Bergzabern<br />

Herr Karl Klensch<br />

18.08.1935<br />

Hochwaldstr. 29a · 55767 Rinzenberg<br />

Herr Gerhard Ziegler<br />

31.08.1935<br />

Beinde 2 · 55559 Bretzenheim<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Frau Annie Bruchmann<br />

28.08.1930<br />

Rödelstück 22 · 55129 Mainz<br />

zum 85. Geburtstag<br />

Herr Rudolf Eschenfelder<br />

04.08.1925<br />

Stresemannstr. 63 · 67663 Kaiserslautern<br />

Herr Herbert Orschiedt<br />

04.08.1925<br />

Elisenhöhe 26 · 55411 Bingen<br />

Frau Waltraud Schank<br />

05.08.1925<br />

Alten- u. Pflegeheim, Ramsener Str. 28<br />

67310 Hettenleidelheim<br />

Frau Irene Staudt<br />

10.08.1925<br />

Friedr August Str 41 · 55765 Birkenfeld<br />

Frau Katharina Bayer<br />

18.08.1925<br />

Fruchthallstr. 6 · 67655 Kaiserslautern<br />

zum 86. Geburtstag<br />

Frau Adelheid Hagen<br />

02.08.1924<br />

Luisenstr. 4 · 77709 Wolfach<br />

Frau Renate Booms<br />

30.08.1924<br />

Wismarer Str. 1 · 56075 Koblenz<br />

zum 90. Geburtstag<br />

Herr Heinrich Kraemer<br />

30.08.1920<br />

Parkstr. 36 · 57610 Altenkirchen<br />

im September 2010<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Frau Ute Herrmann<br />

14.09.1940<br />

Konrad-Adenauer-Str. 35 · 67663 Kaiserslautern<br />

Herr Bernd Schwenk<br />

21.09.1940<br />

Hofackerstr. 8 - 10 · 56412 Nieder-Erbach<br />

Herr Hans-Adalbert Proelß<br />

23.09.1940<br />

Grainstr. 25 · 67434 Neustadt<br />

Frau Ilse Preiss<br />

23.09.1940<br />

Riehlweg 9 56462 Höhn<br />

Frau Lieselotte Mueller<br />

25.09.1940<br />

Dr.-Goerdeler-Str. 51 · 67433 Neustadt<br />

Herr Klaus Schwarz<br />

25.09.1940<br />

Brenschelbacher Str. 33 · 66500 Hornbach<br />

Herr Kurt Müller<br />

25.09.1940<br />

Reiheichen 1 · 66869 Kusel<br />

Herr Peter Deuchert<br />

28.09.1940<br />

Geschwister-Scholl-Str. 15 · 55232 Alzey<br />

Herr Horst Knieriemen<br />

29.09.1940<br />

Langer Wingert 11 · 67098 Bad Dürkheim<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Herr Roettker Feigel<br />

03.09.1935<br />

Oberstr 2 A · 65558 Langenscheid<br />

Frau Waltraud Schnoerringer<br />

08.09.1935<br />

Zum Rotbrunnen 5 · 67707 Schopp<br />

Frau Ursula Ebersohl<br />

22.09.1935<br />

Fr.-Ebert-Str. 19 · 66482 Zweibrücken<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Herr Karlheinz Schoenrock<br />

15.09.1930<br />

Bonifatiusweg 2 · 56377 Nassau<br />

Herr Gotthard Schael<br />

30.09.1930<br />

Doernberg-Huette 19 · 56379 Holzappel<br />

zum 86. Geburtstag<br />

Frau Gertrud Scherer<br />

06.09.1924<br />

Stresemannstr. 86 · 67663 Kaiserslautern<br />

Frau Trude Munzinger<br />

19.09.1924<br />

Turnstr 19 · 66999 Hinterweidenthal<br />

zum 87. Geburtstag<br />

Frau Liselotte Ludwig<br />

08.09.1923<br />

Kirchheimbolander Str. 15 · 67294 Stetten<br />

Herr Rolf Meissner<br />

24.09.1923<br />

Hohe Anwand 40 · 56269 Dierdorf<br />

zum 88. Geburtstag<br />

Herr Karl-Heinz Rimmel<br />

01.09.1922<br />

Friedrichstr. 15 · 67655 Kaiserslautern<br />

zum 90. Geburtstag<br />

Frau Hilde Goettel<br />

29.09.1920<br />

Bahnhofstr. 5 · 66871 Theisbergstegen<br />

Der Landesvorstand<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

23


POLITIK / RECHT<br />

<strong>GEW</strong> RHEINLAND-PFALZ UNTERSTÜTZT BILDUNGSSTREIK!<br />

Die <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz unterstützt die bundesweiten Bildungsstreiks<br />

und begrüßt insbesondere das große Engagement von Seiten<br />

der Studierenden, aber auch von Schülerinnen und Schülern, denn<br />

die Bildungsstreiks des vergangen Jahres haben trotz großer Aufmerksamkeit<br />

leider nur kleine Zugeständnisse gebracht.<br />

„Seit Jahren“, so Klaus-Peter Hammer, Vorsitzender der <strong>GEW</strong><br />

Rheinland-Pfalz, „macht die <strong>GEW</strong> darauf aufmerksam, dass der<br />

Bildungsbereich in Deutschland chronisch unterfinanziert ist. Nun<br />

stecken wir in einer tiefen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise.<br />

Das Falscheste, was in dieser Situation gemacht werden kann, ist,<br />

sich einem pauschalen Spardiktat zu unterwerfen. Investitionen in<br />

unsere Bildungseinrichtungen und damit in die Zukunftschancen<br />

junger Menschen sind ein hervorragendes, langfristig wirkendes<br />

Konjunkturprogramm. Wir dürfen uns mit den mehr als mangelhaften<br />

Rahmenbedingungen, beginnend bei den Kindertagesstätten,<br />

hinweg über alle Schularten bis in die Hochschulen und den Bereich<br />

der Erwachsenenbildung, nicht mehr abfinden.“<br />

Als Ziel nennt Hammer die Herstellung von Chancengleichheit für<br />

alle junge Menschen durch u. a. personell deutlich besser ausgestattete<br />

Kindertagesstätten, eine gute Schule für alle, die die Auslese der<br />

Kinder stoppt und ihre individuelle Förderung gewährleistet, eine<br />

leistungsfähige Ausbildungsförderung für alle Studierenden sowie<br />

die Gewährleistung geeigneter Rahmenbedingungen an den Hochschulen.<br />

Bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses mahnt Hammer<br />

einen Kurswechsel an. Gebraucht werden u. a. eine uneingeschränkte<br />

Durchlässigkeit beim Übergang vom Bachelor zum Master sowie die<br />

Verbesserung der Qualität von Lehre und Studium. Als gesamtgesellschaftliche<br />

Aufgabe seien alle Bildungsbereiche, insbesondere auch<br />

die Kindertagesstätten, grundsätzlich beitragsfrei zu gestalten.<br />

pm<br />

<strong>GEW</strong>-ERFOLG VOR DEM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT:<br />

QUOTIERUNG DER AUSBILDUNGS- UND ZURECHNUNGSZEITEN RECHTSWIDRIG<br />

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom<br />

25.03.2010 (2 C 72.08) in einem mit dem <strong>GEW</strong>-Rechtsschutz<br />

geführten Verfahren bestätigt, dass die sog. „Quotierung“ der<br />

Ausbildungs- und Zurechnungszeiten europarechtswidrig ist und<br />

die entsprechenden gesetzlichen Regelungen daher nicht mehr<br />

angewandt werden dürfen. Diese Regelung betraf Beamtinnen und<br />

Beamte, deren Beamtenversorgung nach dem „neuen Recht“ festgesetzt<br />

wurde und die nach dem 1.7.1997 Teilzeit oder Beurlaubung<br />

in Anspruch genommen hatten.<br />

Leitsatz des BVerwG:<br />

Nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) sind Ausbildungsund<br />

Studienzeiten ruhegehaltfähig und erhöhen das Ruhegehalt.<br />

Dem selben Zweck dienen Zurechnungszeiten, die Beamten<br />

gutgeschrieben werden, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres<br />

wegen Dienstunfähigkeit in Pension gehen. Bei Teilzeitbeschäftigten<br />

wurden diese Zeiten in bestimmten Fällen mit einem Kürzungsfaktor<br />

belegt, so dass ihr Ruhegehalt stärker gekürzt wurde. Die<br />

Ausbildungszeiten wurden dann nur in dem zeitlichen Umfang als<br />

ruhegehaltsfähig berücksichtigt, der dem Verhältnis der tatsächlichen<br />

ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu der ruhegehaltfähigen Dienstzeit<br />

entsprach, die ohne die Freistellung erreicht worden wäre.<br />

Wer ist betroffen?<br />

Die Kürzung in der Gestalt der Quotelung kann nur die treffen,<br />

• deren Urlaub/TZBeschäftigung nach dem 30.06.1997 bewilligt<br />

und/oder angetreten worden ist<br />

• und deren Urlaub/TZBeschäftigung mehr als ein Jahr betragen<br />

hat<br />

• und bei denen das Ruhegehalt nach neuem Recht berechnet<br />

worden ist.<br />

Dieses neue Recht wird für alle Beamtinnen und Beamten angewandt,<br />

die erst ab dem 01.01.1992 oder später in das Beamtenverhältnis<br />

eingetreten sind. Ausnahmsweise kann für die vor dem<br />

01.01.1992 in das Beamtenverhältnis bereits Eingetretenen das neue<br />

Recht einschließlich der Quotelung gelten, wenn dieses höher ist,<br />

als das modifizierte alte Recht mit Besitzstandswahrung.<br />

Wie erkenne ich das in den Anlagen zum Versorgungsbescheid?<br />

Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten, nach denen das Ruhegehalt<br />

ermittelt wird:<br />

• Ermittlung nach dem neuen Recht (nach dem ab 01.07.1997<br />

geltenden Recht)<br />

• Ermittlung nach dem Übergangsrecht<br />

• Ermittlung nach § 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG<br />

Am Ende der Anlage 3 findet sich der Hinweis in Fettdruck: Maßgeblicher<br />

Ruhegehaltssatz. Wenn der dort ausgewiesene Prozentsatz<br />

dem in der Anlage 1 B berechneten Ruhegehaltssatz nach neuem<br />

Recht entspricht und es eine Anteilberechnung von Ausbildungszeiten<br />

in einer Anlage 1 a gibt, ergibt sich eine Betroffenheit bezüglich<br />

der Quotelung.<br />

Was ist zu tun?<br />

Wenn ein aktueller Versorgungsbescheid vorliegt, muss gegen diesen<br />

innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden.<br />

Liegt der Versorgungsbescheid schon länger zurück, sollte ein Antrag<br />

auf Neufestsetzung der Versorgung an die Oberfinanzdirektion<br />

gerichtet werden.<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglieder können entsprechende Musterschreiben von uns<br />

erhalten.<br />

bsm<br />

24 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


GESELLSCHAFT / POLITIK<br />

Sozialstudien beim Sport<br />

LIEBER HERR<br />

MINISTERPRÄSIDENT!<br />

Gestatten Sie mir bitte, dass ich Sie auf diesem Wege<br />

anschreibe. Ich tue dies, weil mir Ihre Sportbegeisterung<br />

authentisch und nicht so aufgesetzt erscheint wie bei<br />

anderen Politikern. (Neulich habe ich mal einen Ihrer<br />

Parteifreunde beobachtet, der sich großartig begrüßen<br />

ließ und dann während fast des kompletten Spiels an<br />

seinem i-phone herumfummelte.) Dieser Spruch damals<br />

von Rathino, dass auf dem Betze Spiele erst angepfiffen<br />

werden, wenn Sie im Stadion sind, war werbemäßig<br />

einfach genial. Und ich nehme es Ihnen absolut ab, dass<br />

Sie Ihrem Lieblingsverein auch in der Oberliga die Treue<br />

halten würden.<br />

Bestimmt hat es sich bis in die Südpfalz und sogar nach<br />

Mainz herumgesprochen, dass wir in unserem Bundesland<br />

nach dem FCK mit den Eulen von der TSG Friesenheim<br />

einen zweiten Erstbundesligaaufstieg feiern durften. Ich<br />

würde Sie daher gerne mal zu einem Spiel in die Eberthalle<br />

einladen und vor lauter Freude über Ihr Kommen nicht<br />

nur den Eintritt, sondern auch eine Bratwurst mitsamt<br />

einer Weinschorle zahlen.<br />

Mir ist es natürlich klar: Ein eingefleischter Fußballer tut<br />

sich mit Handball schwer. Bei mir war´s anfangs auch<br />

so. Inzwischen hat sich das total gewandelt. Ein enges<br />

Handballmatch ist durch nichts zu überbieten. Diese<br />

manchmal fast schon unerträgliche Spannung, das Tempo,<br />

die Technik, die Athletik und die toughen, so ganz<br />

und gar nicht verpienzten Jungs auf dem Spielfeld machen<br />

jeden Spieltag zu einem echten Ereignis. Leerlauf gibt<br />

es da nicht (und auch kein Aufgeben). Jede Szene lässt<br />

mitfiebern: Steht die Abwehr, ist unser Torwart wieder<br />

überragend, gelingt ein Konterangriff, ein Anspiel an den<br />

Kreisläufer, ein satter Schuss aus dem Rückraum oder ein<br />

akrobatischer Wurf von einem Außenspieler?<br />

Was auch Ihnen gefallen wird: Der Verein ist durch und<br />

durch seriös, professionell geführt und hat viel ehrenamtliches<br />

Engagement sowie einer glänzende Jugendarbeit<br />

vorzuweisen. Wenn die nicht gerade prickelnde<br />

Eberthalle voll ist, kann die Stimmung absolut mit dem<br />

Betze mithalten.<br />

Lieber Herr Beck, falls ich Sie überzeugt haben sollte:<br />

ein Anruf oder eine Mail genügt. Ich besorge dann die<br />

Karten und reserviere uns einen schönen Platz so mitten<br />

drin im heißen Geschehen.<br />

Günter Helfrich<br />

Wie schön wäre es, wenn journalistische Initiativen immer so<br />

schnell erfolgreich wären: Noch vor Erscheinen dieses Artikels,<br />

der der Staatskanzlei als Vorabdruck zugegangen war, kam Kurt<br />

Beck zum letzten Heimspiel und zur Meisterschaftsfeier der Eulen<br />

nach Friesenheim. Und nicht nur das: Er brachte auch gleich<br />

einen Scheck für die Jugendarbeit mit, trat in den Verein ein und<br />

erwarb eine Dauerkarte für die kommende Spielzeit in der 1. Liga.<br />

So was nennt man echte Sportbegeisterung.<br />

Fotos: Franz Reindel<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

25


TIPPS + TERMINE<br />

BÜCHERTIPPS VON ANTJE FRIES<br />

Ideen für die Praxis<br />

Ein neuer Praxisband aus der „Lehrerbücherei Grundschule“<br />

ist „Ganztagsschule - Chancen zur individuellen Förderung“.<br />

Mit verschiedenen Konzepten und Unterrichtsbeispielen<br />

wird gezeigt, wie es gehen kann, was vielerorts<br />

noch einfach der einzelnen Schule überlassen wird: Neben<br />

Schulpsychologie in Ganztagsklassen, der Organisation an<br />

sich und auch den Chancen z.B. für die Sprachentwicklung<br />

für Migrantenkinder oder Leseförderung allgemein<br />

beschreiben auch mehrere Fachfrauen aus Grundschulen<br />

ihren Weg von der Idee bis zur Umsetzung des Vorhabens<br />

an ihrer Schule. Weiterhin geht es um Qualitätssicherung<br />

und -steigerung und Möglichkeiten der Evaluation. Ein<br />

Praxis-Ratgeber, der vom Ausprobieren über das ständige<br />

Verändern bis hin zur Erkenntnis „Ganztagsschule bei uns<br />

: ein Glücksgriff!“ reicht.<br />

Gabriele Cwik / Klaus Metzger (Hg.): Ganztagsschule -<br />

Chancen zur individuellen Förderung. Berlin 2010. 112<br />

Seiten, 14,95 Euro. ISBN 978-3-589-05149-6<br />

Grundschul-Methoden<br />

Das neue „Methodenmagazin Lesen und Schreiben in<br />

der Grundschule“ ist eine Kombination der Kenntnisse<br />

von Wolfgang Endres in der Methodik und den Erkenntnissen<br />

des Instituts für Diagnostik und Lerntraining<br />

(I.D.L.) in LRS-Förderung und Fortbildung. Es kann<br />

dank der umfangreichen Sammlung an Kopiervorlagen<br />

für Lese- und Schreibspiele sofort eingesetzt werden,<br />

aber gleichzeitig auch zur Diagnostik benutzt werden,<br />

um den eventuellen Förderbedarf zu ermitteln. Dazu<br />

werden dann auch Möglichkeiten zur weiteren Arbeit in<br />

der Folge aufgezeigt. Inklusive LRS-Training enthält das<br />

Buch 33 Unterrichtsideen.<br />

Wolfgang Endres: Methodenmagazin Lesen und Schreiben<br />

in der Grundschule. Weinheim 2010. 128 Seiten, 19,95<br />

Euro. ISBN 978-3-407-62676-9<br />

Studienreisen / Klassenfahrten<br />

8-Tage-Busreise z.B. nach<br />

WIEN ÜF ab 192,-- €<br />

BUDAPEST ÜF ab 192,-- €<br />

LONDON ÜF ab 254,-- €<br />

PRAG ÜF ab 199,-- €<br />

PARIS ÜF ab 224,-- €<br />

ROM ÜF ab 258,-- €<br />

8-Tage-Busreise z.B. nach<br />

Costa Brava Ü ab 210,-- €<br />

Gardasee Ü ab 220,-- €<br />

Südfrankreich Ü ab 230,-- €<br />

(Unterbringung in Selbstversorgerunterkünften)<br />

Alle Ausflugsfahrten inklusive. Flug- und Bahnanreise sowie andere Ziele<br />

(z.B. Ferienparks in den Niederlanden oder Belgien) auf Anfrage möglich!<br />

REISEBÜRO KRAUSE GMBH · MÜNSTERSTR. 55a · 44534 LÜNEN<br />

Tel: 0 23 06/7 57 55-0 · Fax: 0 23 06/7 57 55-49<br />

E-Mail: info@rsb-krause.de · www.rsb-krause.de<br />

Leseförderung<br />

Für die Klassen 3 bis 6 ist das neue Lesetraining-Buch von<br />

Frank Müller gedacht. Es beinhaltet direkt einsatzfähige<br />

Materialien mit abwechslungsreichen Aufgabenstellungen.<br />

So könnte der motivierende Einstieg in zu lesende Texte<br />

gelingen. Klassische Techniken wie Gliedern und Markieren<br />

werden mit adäquaten Vorlese-Übungen kombiniert.<br />

Dabei sind die Aufgaben nach Schwierigkeitsgrad sortiert<br />

und können dadurch bequem der Reihe nach und ganz<br />

gezielt verwendet werden. Für Schulklassen wie Fördergruppen<br />

geeignet!<br />

Frank Müller: Lesetraining: Lern- und Arbeitstechniken<br />

in den Klassen 3-6. Weinheim 2010. 96 Seiten, 19,95<br />

Euro. ISBN 978-3-407-62677-6<br />

Auf dem Weg in die Schule<br />

Im neuen „Übergangsbuch“ dokumentieren Kinder,<br />

Eltern und Pädagogen den Übergang von der Kita in<br />

die Grundschule. In einem „Sieben-Ebenen-Modell“<br />

stellen die Autorinnen (erfreulich kurz und gut lesbar!)<br />

professionelles Handeln zur Erleichterung des Übergangs<br />

vor. Danach werden Entstehung und Nutzung des Übergangsbuches<br />

beschrieben, es folgen Strategien für bereits<br />

als gelingend erfahrene Übergangsprozesse. Dabei ist<br />

die Theorie immer mit von Kindern gestalteten bunten<br />

Beispielen aus Kita und Grundschule unterlegt, zum<br />

Beispiel über „Mathe in Bewegung“, eine Schulrallye oder<br />

einen Vorlesetag der Grundschüler bei den Kita-Kindern.<br />

Großformatige und bunte (Kopier-) Vorlagen regen zum<br />

Nachmachen an, was die beiliegende CD erleichtert, von<br />

der die Vorlagen direkt ausgedruckt werden können.<br />

Sabine Lingenauber / Janina von Niebelschütz: Das<br />

Übergangsbuch. Berlin 2010. 72 Seiten mit CD-Rom,<br />

19,95 Euro. ISBN 978-3-589-24513-0<br />

Fundgrube mit Tipps für besondere Tage<br />

Auf der Basis einer Bedarfsumfrage unter Lehramtsanwärtern<br />

entstand „99 Tipps: Besondere Schultage“. Es<br />

richtet sich daher auch in erster Linie an Berufsanfänger<br />

und Quereinsteiger. Zehn „Top-Tipps“ sollen jeden Tag<br />

zu einem besonderen Tag werden lassen, sind also für den<br />

Alltag gedacht: Hier geht es z.B. um Klassentagebuch,<br />

Lesepaten, bewegte Pausen und gemeinsames Frühstück.<br />

Danach kommen Ideen zur Neugestaltung der<br />

Rahmenbedingungen, die sich mit Raumnutzung und<br />

-gestaltung, Gesprächsmethoden und Zusammenarbeit<br />

mit außerschulischen Helfern befassen. Den Großteil<br />

des Buches füllen jedoch die „besonderen Tage“ für die<br />

Schule (wie Sporttag, Fahrradtraining, Zirkusfeste, Ausstellungen<br />

usw.) und die Klasse (Klassenfest, Geburtstage,<br />

Klassenarbeiten, Wandertage, Hörspielproduktion etc.).<br />

Auch an Tipps für Besonderes zusammen mit den Eltern<br />

und in der Schulgemeinde ist gedacht. Das schmale<br />

Buch ist eine umfangreiche Fundgrube - nicht nur die<br />

Berufsanfänger!<br />

Martin Kohn (Hg.): 99 Tipps: Besondere Schultage.<br />

Berlin 2010. 128 Seiten, 14,95 Euro. ISBN 978-3-<br />

589-23079-2<br />

Grundwissen Mädchen-Pädagogik<br />

Das dicke „Handbuch Mädchen-Pädagogik“ soll ErzieherInnen,<br />

LehrerInnen, Lehrenden und SozialpädagogInnen<br />

aufzeigen, wie in Kita, Schule und Ausbildung<br />

geschlechtsspezifisch differenziert werden kann. Aktuelle<br />

Erkenntnisse aus Biologie und Hirnforschung sind neben<br />

26 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


TIPPS + TERMINE<br />

GRENZÜBERSCHREITUNG:<br />

Psychologie ins Werk eingebunden. Nach einem Interview<br />

mit Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard äußern<br />

sich 28 AutorInnen zum Thema: Sozial- und naturwissenschaftliche<br />

Voraussetzungen der Mädchenpädagogik<br />

machen den Anfang, eine Beschreibung der Mädchen<br />

in Kita, Schule und Ausbildung (auch zu Bereichen wie<br />

z.B. Migration und Hochbegabung) folgt. Um Mädchen<br />

und Naturwissenschaften geht es im dritten Schwerpunkt<br />

des Buches, während sich der vierte mit sozialpädagogischen<br />

Angeboten befasst. Außerdem gibt es Beiträge zum<br />

Thema „Körper, Gesundheit und Bewegung“, die etwa<br />

Essstörungen, Mädchengewalt oder Sexualität beschreiben.<br />

Das Handbuch ist natürlich die sinnvolle Ergänzung<br />

zum „Handbuch Jungen-Pädagogik“, das sicher schon im<br />

Lehrerzimmer steht ...<br />

Michael Matzner / Irit Wyrobnik (Hg.): Handbuch<br />

Mädchen-Pädagogik. Weinheim 2010. 416 Seiten, 39,95<br />

Euro. ISBN 978-3-407-83166-8<br />

AUSSTELLUNG IM KREUZGANG DER STIFTSKIRCHE KYLLBURG<br />

Annamalt:<br />

Nach Ladenschluss<br />

(2009)<br />

Dass Kunst etwas zu „sagen“ hat, und zwar im Sinne einer<br />

aufklärerischen Haltung, ist weithin in Vergessenheit<br />

geraten.<br />

Eine Ausstellung in Kyllburg zeigt die Möglichkeiten von<br />

nicht-dekorativer Kunst bei der kritischen Durchdringung<br />

unserer Wirklichkeit.<br />

Aktuelle Politik, Menschenrechtsverletzungen, Krieg<br />

und Verfolgung sind die Themen der Künstlerin Annamalt.<br />

Nach aufwändigen Recherchen übersetzt sie<br />

die unterschiedlichen Informationen und Aspekte in<br />

großformatige, expressive Bildcollagen. Zu den Bildern<br />

treten als ergänzende Informationsträger Texttafeln von<br />

Edward Naujok. Sie sollen den Betrachter begleiten und<br />

ihm helfen, sich im Bild zurecht zu finden und dessen<br />

Aussage zu verstehen.<br />

Helmut Schwickerath, der vor drei Jahren in Trier die „Gegenausstellung“<br />

zu Konstantin organisiert hat, beteiligt<br />

sich mit einer monumentalen Objektinstallation an der<br />

Thematik. Am Beispiel der historischen „Stiftsfreyheit“<br />

problematisiert er das gebrochene Freiheits- und Asylversprechen<br />

unseres Grundgesetzes.<br />

Die Atmosphäre des Ausstellungsortes trägt entscheidend<br />

dazu bei, dass sich die Besucher meditierend in die Themen<br />

einarbeiten können.<br />

Text und Foto: Schwickerath<br />

Ausstellung im Rahmen des Kultursommers Rheinland-<br />

Pfalz vom 4. Juli bis 31. Juli 2010. Geöffnet täglich von<br />

10 bis 19 Uhr. Eintritt frei. Eröffnung am 4. Juli um<br />

12 Uhr.<br />

DEM STRESS AUF DER SPUR<br />

Uni Trier erprobt neue Stressdiagnostik<br />

Nach zehnjähriger Entwicklungsarbeit erprobt die<br />

Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dirk Hellhammer an der<br />

Universität Trier eine neue Methode der Stressdiagnostik.<br />

Sie soll Ärzten und Patienten ermöglichen, stressbezogene<br />

Gesundheitsstörungen frühzeitig zu erkennen und<br />

effektiv zu behandeln: Eine angemessene Behandlung<br />

von stressbezogenen Beschwerden ist nur möglich, wenn<br />

das gesundheitliche Problem diagnostisch richtig eingeordnet<br />

wird.<br />

Auch bei Lehrkräftern sind steigende berufliche Anforderungen,<br />

Zeitdruck, Unkontrollierbarkeit oder Unvorhersehbarkeit<br />

von Arbeitsabläufen und -strukturen nicht<br />

selten die Ursache von Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen,<br />

Burnout oder einem anhaltenden Stimmungstief.<br />

In Folge können u.a. Störungen von Funktionen<br />

des Herz-Kreislauf-Systems, des Verdauungstrakts oder<br />

Schmerzstörungen auftreten. Von stressbezogenen Gesundheitsstörungen<br />

Betroffene und ihren behandelnden<br />

Ärzten fällt es oft schwer, die sehr komplexen Zusammenhänge<br />

und Ursachen für diese Art von Beschwerden<br />

auszumachen.<br />

Die in Trier entwickelte neue Methode soll das ändern. Sie<br />

misst biologische Signale und setzt diese in Beziehung zu<br />

psychischen und körperlichen Stressreaktionen. So sollen<br />

Muster (Neuropattern) erfasst werden, welche Hinweise<br />

auf Krankheitsursachen geben können. Diese Messungen<br />

führen die Teilnehmer selbst zuhause durch. Dazu erhalten<br />

sie dieses Testset: Das Testset enthält vier Fragebögen,<br />

16 Gefäße zur Messung des Stresshormons Cortisol im<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

27


TIPPS + TERMINE jede Woche neue Angebote<br />

schulfahrt.de<br />

Speichel, eine Testsubstanz sowie ein kleines EKG-Gerät, Minuten, um diese Anforderungen zu erfüllen. Arzt und<br />

welches die Herzratenvariabilität erfasst.<br />

Patient erhalten dann das Ergebnis der Untersuchung und<br />

Die Fragebögen sollten möglichst online ausgefüllt bekommen damit eine konkrete Idee, wie eine optimale<br />

werden.<br />

Behandlung erreicht werden kann. Die Patienten erhalten<br />

Vorab prüft der Hausarzt die Ein- und Ausschlusskriterien.<br />

An der Studie 190,– können Euro Personen nicht teilnehmen, zur Selbsthilfe.<br />

zur Unterstützung der Behandlung auch Empfehlungen<br />

B & W Baden-Württemberg,<br />

die regelmäßig Psychopharmaka oder Cortisonpräparate Interessenten können sich an das Studienbüro der Universität<br />

wenden und dort weitere Informationen erhalten.<br />

einnehmen sowie Schwangere und Patienten mit schweren<br />

Herzrhythmusstörungen. Der Arzt füllt dann einen Fragebogen<br />

und die Bestellung für das Testset aus. Es besteht h - 17.00 h unter Tel.-Nr. 0651/201-3680 oder Email:<br />

Das Studienbüro ist von montags bis freitags von 9.00<br />

auch die Möglichkeit an einer genetischen Zusatzuntersuchung<br />

teilzunehmen. Der Hausarzt benötigt 15-20<br />

pm<br />

office@neuropattern.de erreichbar.<br />

jede Woche neue Angebote<br />

AUF DEN SPUREN DER WILDKATZE<br />

schulfahrt.de<br />

Im Rahmen des von der Stiftung Kunst, Kultur und<br />

Soziales der Sparda-Bank Südwest eG geförderten und<br />

vom Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz<br />

des Landes Rheinland-Pfalz koordinierten<br />

<strong>GEW</strong> Bayern, Projektes 90,– Euro „Die Wildkatze in Rheinland-Pfalz“ wurde eine<br />

Umweltbildungsmappe rund um die Wildkatze und ihren<br />

Lebensraum erstellt.<br />

Die Mappe richtet sich als Ideensammlung an alle Personen,<br />

die mit Kindern und Jugendlichen zusammen die<br />

Biologie und den Lebensraum der Wildkatze erforschen<br />

www.wildkatze-rlp.de möchten. Durch die Kombination verschiedener Medien<br />

Foto: H.-M. Braun jede und Aktionsformen Woche neue möchte Angebote<br />

sie Familien, PädagogInnen<br />

und NaturpädagogInnen begeistern und mit geeigneten<br />

Materialien und Ideen versorgen.<br />

Weitere Informationen über das Projekt:<br />

www.wildkatze-rlp.de<br />

Die Mappe kann für 5,00 Euro Versandkosten bestellt<br />

werden unter: BUND Rheinland-Pfalz, Hindenburgplatz<br />

3, 55118 Mainz, Tel.: 06131-62706-0, Fax: 06131-<br />

62706-66 , info@bund-rlp.de<br />

schulfahrt.de<br />

PISA hat die Bildungspolitik unter Druck gesetzt. Mit<br />

Bildungsstandards, Vergleichsarbeiten (VERA), Schulinspektion<br />

und anderem mehr versucht diese seither, für<br />

Neue Deutsche Qualitätssteigerung Schule, 99,– Euro zu sorgen. In vielen Schulen wird<br />

das alles jedoch als steigender Druck erlebt: Zahlreiche<br />

Lehrerinnen und Lehrer brennen aus, weil die Politik sie<br />

verheizt; Schülerinnen und Schüler entwickeln psychosomatische<br />

Symptome in besorgniserregendem Ausmaß.<br />

„Schule unter Druck“ heißt folgerichtig die aktuelle Ausgabe<br />

der Woche Zeitschrift neue „Humane Angebote Schule“. Der Leitartikel<br />

jede<br />

„Druck machen - für mehr Menschlichkeit“ von Detlef<br />

schulfahrt.de<br />

Erstmalig in Deutschland werden Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

und aus Nicht-Akademikerfamilien<br />

ab der Klassenstufe 9 und 10 bis zum Bachelorabschluss<br />

Berliner Zeitung, gezielt 84,– gefördert. EuroDie Stiftung Mercator schiebt das neue<br />

Programm „Chance 2 “ an der Universität Duisburg-Essen<br />

mit 2,3 Millionen Euro für einen Zeitraum von sieben<br />

Jahren an. Ziel ist, den Anteil von Abiturienten sowie<br />

SCHULE UNTER DRUCK<br />

CHANCE 2<br />

jede Woche neue Angebote<br />

schulfahrt.de<br />

Träbert ermutigt die Leser, dem Druck zu widerstehen<br />

und sich für humane Schule einzusetzen. Mit klaren<br />

Worten unterstützen Autoren wie Otto Herz, Prof. Dr.<br />

Renate Valtin, Prof. Dr. Peter Paulig und weitere engagierte<br />

Pädagogen dieses Anliegen.<br />

Ein Interview mit Prof. Brügelmann, ein Kommentar<br />

sowie fünf Besprechungen aktueller Bücher runden das<br />

nicht-kommerzielle 28-seitige Heft ab. „Schule unter<br />

Druck“ kann für 3,- Euro plus Versand über info@aktionhumane-schule.de<br />

oder telefonisch unter 02208 / 921<br />

99- 47 (Fax: - 46) bestellt werden.<br />

Mehr Informationen zum Heft und zur Aktion Humane<br />

Schule gibt es auf www.aktion-humane-schule.de<br />

pm<br />

Hochschulabsolventen mit Migrationshintergrund und<br />

aus nicht-akademischen Familien zu erhöhen. Das zweistufige<br />

Förderprogramm richtet sich vor allem an Schulkinder<br />

mit Migrationshintergrund und aus Familien ohne<br />

akademischen Hintergrund, die ein vielversprechendes<br />

Potential aufweisen.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.uni-due.de/chancehoch2<br />

www.stiftung-mercator.de/chancehoch2<br />

Klassenfahrten nach Berlin<br />

(incl. Transfer, Unterkunft, Programmgestaltung nach Absprache).<br />

Broschüre anfordern bei:<br />

Berliner Informations- und Studienservice e.V. (BISS e.V.)<br />

Fichtestr. 30 · 10967 Berlin, Tel. (030) 6 93 65 30<br />

www.berlin-mit-biss.de · Email: kontakt@berlin-mit-biss.de<br />

<strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz, 50,40 Euro<br />

28 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


TIPPS + TERMINE<br />

KOPIERVORLAGEN ZUR MOTIVATIONSFÖRDERUNG<br />

Parallel zum Erscheinen seines Buches „Null Bock auf<br />

Lernen?“ (Beltz-Verlag 2010) hat Schulberater und<br />

Lehrerfortbildner Detlef Träbert elf Kopiervorlagen zur<br />

Motivationsförderung ins Netz gestellt. Kostenlos kann<br />

sich jede und jeder Interessierte diese Anregungen von<br />

www.schulberatungsservice.de aus der Rubrik „Infos/<br />

Download“ herunterladen. Darunter finden sich Mo-<br />

tivationssprüche für Schüler/-innen, ein Formular zur<br />

Steigerung der Mitarbeit im Unterricht, Ankreuzzettel<br />

zur Selbstvergewisserung nach den Hausaufgaben und am<br />

Ende einer Unterrichtsstunde u.a.m. Der Diplom-Pädagoge<br />

ist bundesweit mit Elternvorträgen und Lehrerfortbildungen<br />

zu diesem und weiteren Themen aktiv.<br />

pm<br />

WEITERBILDUNGSSTUDIUM EUROPÄISCHE MIGRATION<br />

Veranstaltungen im 2. Halbjahr 2010<br />

Entwicklung interkultureller Kompetenzen:<br />

Vertiefung (T5)<br />

27./28.09.2010, 10.00 - 17.30 Uhr<br />

Anmeldeschluss: 06.09.2010<br />

Seminarnummer: 20100068<br />

Leitung: Peimaneh Nemazi-Lofink, Diplom-Pädagogin,<br />

Institut zur Förderung von Bildung und Integration<br />

(INBI)<br />

Zielgruppe: Fachkräfte der sozialen Dienste, Lehrkräfte,<br />

Erzieher/innen, Mitarbeiter/innen der Aus- und<br />

Weiterbildung, in der Migrationsarbeit Tätige sowie<br />

Studierende<br />

Ort: Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />

IFB-Nr.: 02UM11101<br />

Interkulturelle Elternarbeit für die Schule und<br />

den Elementarbereich (T3)<br />

25./26.10.2010, 10.00 - 17.30 Uhr<br />

Anmeldeschluss: 04.10.2010<br />

Seminarnummer: 20100069<br />

Leitung: Christiane Böhm, Diplom-Sozialpädagogin<br />

(FH), Mediatorin, Centrum für Migration und Bildung<br />

e.V. und Saideh Morabbi, Diplom-Pädagogin, Analytische<br />

Kinder und Jugendlichen- Psychotherapeutin<br />

Zielgruppe: Lehrkräfte, Lehramtsstudierende, Mitarbeiter/innen<br />

Elementarbereich, Mitarbeiter/innen in<br />

Diese Vorteile bietet Ihnen nur Agaria Tours:<br />

- Kostenlos: Sie erhalten Ihren<br />

persönlichen Gruppenreiseplaner Prag<br />

bereits mit unserem Angebot!<br />

- Wirtschaftlich: Sie zahlen die<br />

gesamte Reise erst nach der Fahrt!<br />

- Serviceorientiert: Wir betreuen Sie<br />

auch in Prag rund um die Uhr!<br />

- Individuell und kompetent:<br />

Wir erarbeiten das Programm mit<br />

unserem exklusiven Agaria-Büro in<br />

Prag nach Ihren Wünschen!<br />

das tschechische team · Tel. 040/280 95 90 · prag@agaria.de · www.agaria.de<br />

pädagogischen Einrichtungen<br />

Ort: Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />

IFB-Nr.: 02UM11201<br />

Migrationssensibler Kinderschutz (T4)<br />

10./11.11.2010, 10.00 - 17.30 Uhr<br />

Anmeldeschluss: 20.10.2010<br />

Seminarnummer: 20100070<br />

Leitung: Britta Sievers, M.A. in Vergleichender europäischer<br />

Sozialforschung, Diplomsozialarbeiterin (FH),<br />

Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V.<br />

(ISM)<br />

Zielgruppe: Mitarbeiter/innen von Jugendämtern und<br />

freien Trägern, wie z.B. Familien und Erziehungsberatungsstellen<br />

oder Migrationsberatungsstellen, Fachkräfte<br />

der sozialen Dienste, im Migrationsbereich Tätige<br />

Ort: Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />

IFB-Nr.: 02UM11301<br />

Beratung<br />

und<br />

Anmeldung:<br />

Johannes Gutenberg-Universität Mainz -<br />

Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung, Kathrin Hanik<br />

M.A., 55099 Mainz, Tel.: 06131/ 39-26191, Fax: 06131/<br />

39-24714, E-mail: hanik@zww.uni-mainz.de<br />

http://www.zww.uni-mainz.de<br />

(Anmeldung über Seminarshop online möglich)<br />

Zu allen Veranstaltungen wird im Vorfeld eine ausführliche<br />

Programmbeschreibung im Internet unter www.zww.unimainz.de/135.php<br />

abrufbar sein.<br />

Teilnahmegebühren: 130,00 Euro, (85,00 Euro ermäßigt)<br />

inkl. Pausengetränke; ohne Übernachtung.<br />

Eine Ermäßigung von 35% wird Studierenden, Arbeitslosen<br />

nach Vorlage der jeweiligen Bescheinigungen sowie Personen,<br />

die sich ehrenamtlich oder in Selbsthilfegruppen engagieren,<br />

bei Angabe der Organisation bzw. Gruppe gewährt.<br />

Sie können sich außerdem mit der angegebenen IFB-Nummer<br />

direkt über das Fortbildungsportal des Landes Rheinland-<br />

Pfalz (https://fortbildung-online.bildung-rp.de) anmelden.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

29


TIPPS + TERMINE / KREIS + REGION<br />

DEMOKRATIETAG<br />

IN INGELHEIM<br />

Der 5. Demokratietag Rheinland-Pfalz<br />

findet am 23.9.2010 am Sebastian-Münster-Gymnasium<br />

in Ingelheim statt.<br />

Workshops gibt es für Schülerinnen und<br />

Schüler ab Sek. I sowie Lehrerinnen und<br />

Lehrer aller Schularten (SV-Arbeit, Projekt<br />

Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage,<br />

Klassenrat, Inklusion u.a.).<br />

Anmeldung: www.demokratietag-rlp.de<br />

sh<br />

Vorankündigung:<br />

Fachtagung Lehrergesundheit<br />

(Arbeits- und Gesundheitsschutz)<br />

am Dienstag, dem 02.11.2010,<br />

in Mainz im Erbacher Hof<br />

von 9.00 bis 16.30 Uhr<br />

• Referat „Erhebung psychischer Belastungen bei<br />

Lehrkräften im Schulbereich im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen“<br />

• 8 Arbeitsgruppen<br />

• Podiumsdiskussion: Staatssekretär Ebling, Prof.<br />

Dr. Dipl.-Ing. Letzel, <strong>GEW</strong>-HPR-Vertreterin Sylvia<br />

Sund, <strong>GEW</strong>-Bund Anne Jenter<br />

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Hausratversicherungsbeitrag im ersten Versicherungsjahr.<br />

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und Rheinland-Pfalz.<br />

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Jahresbeitrag 40,– D 47,50 D<br />

Tarifzone 2 (z. B. Darmstadt, Mainz, Stuttgart)<br />

Jahresbeitrag 60,– D 67,50 D<br />

Tarifzone 3 (z. B. Frankfurt, Offenbach)<br />

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Kreis Trier<br />

<strong>GEW</strong>-Trier wählte neuen Vorstand<br />

Der Kreisverband Trier hatte am 20. April 2010 zu einer Mitgliederversammlung<br />

eingeladen. Klaus-Peter Hammer referierte zum<br />

Thema „Erste Erfahrungen mit der neuen Schulstruktur“. Die Umgestaltung<br />

der Schullandschaft durch die schrittweise Überführung<br />

der Haupt- und Realschulen in das neue Modell Realschule plus sei<br />

ein Schritt in die richtige Richtung. Leider würden jedoch mehr kooperative<br />

als integrative Formen dieses Schultyps errichtet. Durch ein<br />

bloßes Nebeneinander von Realschul- und Hauptschulzweig nach<br />

der Orientierungsstufe werde die Chance des längeren gemeinsamen<br />

Lernens verpasst. Ein Problem stelle auch die unterschiedliche Bezahlung<br />

der Lehrkräfte an Realschulen plus dar. Die <strong>GEW</strong> kämpfe<br />

für gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Er bedauere auch sehr, so<br />

der Landesvorsitzende, dass die Landesregierung nicht mutig genug<br />

sei, die große Nachfrage an Integrierten Gesamtschulen ausreichend<br />

zu bedienen. In der anschließenden Diskussion sprachen sich die<br />

Anwesenden für mehr integrative Schulformen in Trier aus. Denkbar<br />

wäre eine zweite IGS, wünschenswert wären auch mehr Realschulen<br />

plus in integrativer als in kooperativer Form.<br />

Die bisherige Vorsitzende Henny Weber berichtete über die Arbeit<br />

des Vorstandes in der vergangenen Amtsperiode und begrüßte insbesondere<br />

den starken Zuwachs an Mitgliedern im Kreisverband Trier.<br />

Sie äußerte den Wunsch, dass im neuen Vorstand besonders auch<br />

jüngere Mitglieder mitarbeiten sollten, und wies darauf hin, dass an<br />

den Sitzungen des Vorstandes alle interessierten <strong>GEW</strong>-Mitglieder<br />

teilnehmen können. Aus dem Personenkreis dieser „Gäste“ seien in<br />

der Vergangenheit oft neue Vorstandsmitglieder hervorgegangen.<br />

Der alte Vorstand wurde einstimmig entlastet. Zum neuen Vorsitzenden<br />

wurde Markus Häusler gewählt, stellvertretende Vorsitzende<br />

wurden Michael Frien und Henny Weber. Das Amt des Rechners<br />

führt Reinhold Terres weiter. Außerdem gehören dem Vorstand<br />

an: Karin Grebe, Marianne Welter, Hartmut Koch, Wolfgang<br />

Butterbach, Anne Hübner, Markus Nöhl, Gerd Tiator und Adolf<br />

Morbach.<br />

pm<br />

Hilfe für Haiti<br />

Tausende Opfer des verheerenden Erdbebens<br />

stehen vor dem Nichts. Bitte helfen<br />

Sie den Menschen mit Ihrer Spende!<br />

Impressum <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz<br />

(118. Jahrgang)<br />

Stichwort »Erdbeben Haiti«<br />

Spendenkonto 700 800 700<br />

Volksbank Osnabrück eG<br />

BLZ 265 900 25<br />

Online-Spende: www.tdh.de<br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rheinland-Pfalz, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />

Mainz, Tel.: 0 61 31 28988-0, Fax: 0 61 31 28988-80, E-mail: gew@gew-rlp.de<br />

Redaktion: Günter Helfrich (verantw.), Dr. Paul Schwarz (Stellvertr./Bildungspolitik), Ursel Karch<br />

(Gewerkschaftspolitik), Dr. Gerlinde Schwarz (Reportagen), Karin Helfrich (Redaktionsmanagement)<br />

Redaktionsanschrift: <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen, Tel./<br />

Fax: 06 21 564995, e-mail: guenter.helfrich@gew-rlp.de<br />

Verlag und Anzeigen, Satz und Druck: Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt<br />

a.d.W., Tel.: 063 21 8 03 77; Fax: 0 63 21 8 62 17; e-mail: vpp.nw@t-online.de<br />

Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen nicht in<br />

jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

oder zugemailte Daten wird keine Gewähr übernommen.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich Euro 18,-- incl. Porto +<br />

MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres. Im<br />

anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />

Anzeigenpreisliste Nr. 14 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 1. des Vormonats.<br />

30 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010


KREIS + REGION / IMPRESSUM<br />

Kreis Westerwald<br />

Mitgliederversammlung<br />

mit Sylvia Sund<br />

Zur diesjährigen Mitgliederversammlung im Hotel Paffhausen,<br />

Wirges, hatte der Kreisverband Westerwald die Stellvertretende<br />

Landesvorsitzende Sylvia Sund eingeladen.<br />

Für den Kreisvorstand begrüßte Hartmut Lehmann die Gäste,<br />

er freute sich besonders über Sylvias Zusage in Anbetracht ihrer<br />

erheblichen Fahrtstrecken. Aus der Arbeit des Kreisvorstands hob<br />

er die Teilbereiche hervor, die nicht per Lokalzeitung oder Mitgliederschreiben<br />

bekannt geworden waren: Diskussion des Kreis-Schulentwicklungsplans<br />

mit der SPD-Fraktion und dem Arbeitskreis<br />

Schule des CDU-Kreisverbands, Situation der Hauptschullehrer an<br />

den Regionalen Schulen und der künftigen Realschule plus sowie<br />

neue Bewertungsformen an den Grundschulen.<br />

Silvia Sund referierte über die Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz<br />

und erläuterte an einigen Beispielen die Positionen der <strong>GEW</strong>. Die<br />

Bildungsgewerkschaft sieht in der neuen Schulform Realschule<br />

plus einen halbherzigen Schritt hin zu mehr integrativem Arbeiten,<br />

der allerdings das Problem des frühen Selektierens nicht beseitigt.<br />

Leider ist die Landesregierung noch nicht bereit, mit der Gewerkschaft<br />

in Gespräche mit dem Ziel einer einheitlichen Besoldung<br />

einzutreten.<br />

Auch die Einführung der neuen Bewertungsvorschriften an den<br />

Grundschulen sind ein Beispiel dafür, wie Reformen auf dem<br />

Rücken der Lehrkräfte ausgetragen werden. Zeitaufwändige Zusatzarbeiten<br />

(wie auch VERA-Erhebungen, Qualitätsentwicklung usw.)<br />

werden den Lehrkräften aufgetragen, ohne dass weitere personelle<br />

Ressourcen bereitgestellt werden. Sylvia dazu: „Das Kerngeschäft<br />

der Schule, Erziehungsarbeit und guter Unterricht, muss unter<br />

diesen Arbeitsbedingungen leiden.“<br />

Auf dem Feld der Tarif- und Besoldungsverhandlungen kommt<br />

die Arbeit der Gewerkschaft praktisch nie zur Ruhe. Sylvia Sund<br />

berichtete von dem in den meisten Zeitungen nur knapp erwähnten<br />

Warnstreik angestellter Lehrer der Landesverbände Baden-<br />

Württemberg, Saarland und Rheinland-Pfalz in Karlsruhe. Hier<br />

wurde Druck auf die öffentlichen Arbeitgeber gemacht, endlich in<br />

Verhandlungen über einen verbindlichen Tarifvertrag einzutreten.<br />

Derzeit werden die Angestellten von Land zu Land unterschiedlich<br />

nach von oben verordneten Richtlinien bezahlt, was zu erheblichen<br />

Ungerechtigkeiten führt.<br />

In diesem Zusammenhang verwies die Stellvertretende Landesvorsitzende<br />

auf unseren insgesamt unterfinanzierten Bildungsbereich.<br />

In Deutschland, dem wirtschaftlich stärksten Land in Europa, liegen<br />

die Bildungsausgaben, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt,<br />

weiterhin deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. Zwar betonen<br />

Politiker immer wieder den hohen Stellenwert der Bildung in einem<br />

Land mit nur wenigen Rohstoffen, ziehen jedoch nicht die fälligen<br />

Konsequenzen.<br />

Im Anschluss an ihre Ausführungen trat Silvia in einen lebhaften<br />

Gedankenaustausch mit den Mitgliedern des Kreisverbands ein.<br />

Für das 2. Halbjahr kündigte Hartmut Lehmann zwei Veranstaltungen<br />

des Kreisverbands an.<br />

Besonders für Lehrkräfte der Sekundarstufe I und der Berufsbildenden<br />

Schulen sollte der Besuch der Fuhrländer Windkraftanlagen<br />

AG am 10. September von Interesse sein.<br />

Neben Informationen über Technik und wirtschaftlichen Erfolg<br />

werden die TeilnehmerInnen auch Einblick in die vorbildliche<br />

Ausbildungsarbeit des Unternehmens erhalten.<br />

Örtliche Personalräte können am 23. Oktober im Europa-Haus<br />

Bad Marienberg an einer Schulung teilnehmen.<br />

Zur Ehrung für langjährige Mitgliedschaft konnten nicht alle Angesprochenen<br />

erscheinen. Es gehören der <strong>GEW</strong> 25 Jahre an: Edith<br />

Detzler, Helmut Burkey, Beate Reuter, Thekla Greiner, Klaus-Peter<br />

Lohmann und Hedi Meffert.<br />

40jährige Mitgliedschaft: Renate Schwella, Wolfgang Teutsch, die<br />

früheren Vorstandsmitglieder Peter Backes und Gerd Luxem sowie<br />

der Kreisvorsitzende von 1992 bis 2003, Erwin Wolf.<br />

Unser Ehrenvorsitzender Edmund Theiß trat bereits 1950 in die<br />

<strong>GEW</strong> ein. Inge Dreyer war 1949 sogar eines der Gründungsmitglieder<br />

im damaligen Oberwesterwaldkreis.<br />

Im Anschluss an die Ehrungen kam es zum stimmungsvollen Höhepunkt<br />

des Abends.<br />

Ein Quartett aus Schülerinnen und Schülern des Landesmusikgymnasiums<br />

Montabaur trug gekonnt einige Lieder aus verschiedenen<br />

Epochen vor.<br />

Hartmut Lehmann<br />

Nachruf<br />

Wir trauern um unsere Kollegin<br />

Margit Hauer<br />

Förderschullehrerin<br />

die nach kurzer schwerer Krankheit am 31.05.2010 verstorben<br />

ist.<br />

Über viele Jahre unterrichtete sie im berufsbildenden Bereich der<br />

Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige Neuwied und war<br />

in Prüfungsausschüssen tätig. Im örtlichen Personalrat war sie<br />

zunächst Mitglied und dann langjährige Vorsitzende.<br />

Seit Jahren stand sie dem Hauptpersonalrat Förderschulen als<br />

Ersatzmitglied zur Verfügung. In der <strong>GEW</strong> war sie aktiv im<br />

Kreisvorstand Neuwied und in der Bezirksfachgruppe sonderpädagogische<br />

Berufe. Darüber hinaus engagierte sie sich auch<br />

kommunalpolitisch.<br />

Margit hat sich immer vehement für die Belange ihrer Kolleginnen<br />

und Kollegen eingesetzt. Sie hat keine Konflikte gescheut<br />

und dabei stets konstruktiv an Lösungen gearbeitet.<br />

Im Februar 2011 hätte die Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit<br />

begonnen.<br />

Uns wird ihr lebendiges Wesen und ihre Freundlichkeit in Erinnerung<br />

bleiben.<br />

für den <strong>GEW</strong>-Kreis Neuwied<br />

Waltraud Heckmann<br />

für den <strong>GEW</strong>-Bezirk Koblenz<br />

Elmar Ihlenfeld<br />

für den Hauptpersonalrat Förderschulen<br />

Sylvia Sund<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010<br />

31


SCHULGEIST<br />

VIRTUELLE FREUDEN<br />

Ich lese in meinem Mail-Postfach grundsätzlich alles. Mein Neffe<br />

Jonas ist entsetzt: „Du öffnest Spam-Mails? Wie beknackt ist das<br />

denn? Damit fängst du dir nur Viren ein! Unbekannter Absender<br />

- sofort löschen!“<br />

Das wäre in meinem Fall eigentlich schade: Zahllose begeisterte<br />

Leserbriefe blieben ungelesen. Abdruckgesuche aus aller Welt<br />

würden im virtuellen Papierkorb landen, die Benachrichtigung des<br />

Pulitzer-Preis-Komitees, mit der ich stündlich rechne, einfach so<br />

im Orkus verschwinden. Ich würde viele aufregende Nachrichten<br />

verpassen, Einladungen zu Internetforen nicht wahrnehmen und<br />

nie erfahren, dass meine ehemalige Schülerin Nadine-Chantal jetzt<br />

zwei Kinder hat: Britney-Cheyenne und Luther-Jerome. Mir würden<br />

die tiefgründigen Gedanken einer tiefgläubigen Frau aus dem<br />

tiefen Süden der Republik entgehen, die massenhaft Eingaben und<br />

Aufrufe an Politiker produziert, damit arme deutsche Schulkinder<br />

nicht im Ganztagsknast landen und das seit Kaiserzeiten bewährte<br />

fünfgliedrige Schulsystem (?) unbedingt beibehalten wird.<br />

Soll ich etwa auf die ergreifenden Kettenbriefe verzichten, die mich<br />

häufig aus den USA erreichen? Reizende Menschen schicken mir Lebensweisheiten<br />

und Gebete, die ich aufsagen und weiterleiten muss,<br />

Die <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz wünscht ihren<br />

Leserinnen und Lesern erholsame Urlaubswochen<br />

– auch ohne eigenen Flieger …<br />

will ich Schaden von mir abwenden. Martha aus Massachusetts hat<br />

so eine Mail ignoriert. Innerhalb einer Woche hat sie ihren Ehering<br />

im Müllschlucker verloren. Wenig später sind ihr Hund und ihr<br />

Mann entlaufen. Ihr Rasenmäher wurde gestohlen und ihre Festplatte<br />

verschmorte. Um persönliches Unglück zu vermeiden, habe<br />

ich die Kettenbotschaft „Du bist eine wunderbare Frau!“ umgehend<br />

weitergeleitet, auch an meine Schwager und Neffen.<br />

Unlängst erhielt ich von Christiane aus Winsen an der Luhe folgende<br />

Nachricht: „Bist du auch gelangweilt und frustriert? Hast<br />

du die Nase voll davon, im Bett seit 20 Jahren immer dasselbe zu<br />

erleben? Schick einfach deinen Mann an die obige Adresse, leite<br />

diese Mail an zehn ebenso frustrierte Freundinnen weiter, und in<br />

sechs Wochen werden Hunderte von Männern vor deiner Tür stehen!“<br />

Darauf warte ich gespannt. Bisher ist allerdings weder mein<br />

Partner zurückgekehrt noch sind die angekündigten Fremdmänner<br />

eingetroffen.<br />

Dafür erhalte ich regelmäßig Mails mit dem vielversprechenden<br />

Betreff „Hi“. Vertrauensvolle Menschen wollen mir Teile ihres<br />

Vermögens übertragen. In Form von Geld, Gold, Containerschiffen<br />

oder Diamanten. Sie wohnen in Ohio, Okaputa oder Osaka. Sie sind<br />

verwitwet, verfolgt oder kinderlos. Sie bitten mich um Hilfe. Dazu<br />

müsste ich nur ein Zehntel ihres Vermögens übernehmen - oder<br />

auch das ganze. Aber mein Steuerberater wittert überall Fallen: Mit<br />

der Übernahme von Diamanten und Containerschiffen käme ich<br />

nur in eine ungünstigere Steuerklasse. Er warnt mich auch davor,<br />

mir all die Lottogewinne auszahlen zu lassen, die mich wöchentlich<br />

per Mail erreichen. Zu viel Geld macht unglücklich.<br />

Interessant auch die Mails mit den medizinischen Sonderangeboten.<br />

Zu meinem Bedauern habe ich aber keine Zeugungsorgane, die ich<br />

preisgünstig verlängern lassen könnte. Ich habe dafür Hunderte<br />

dieser Boykott-Mails gegen eine Tankstellenkette weitergeleitet<br />

und meine Benzinmarke gewechselt. Trotzdem ist der Benzinpreis<br />

nicht - wie versprochen - um 50 Cent gesunken. Hin und wieder<br />

bedauern in meinem Mail-Postfach „alte Freundinnen“, dass wir<br />

lange nichts voneinander gehört hätten, und laden mich auf ihre<br />

Websites ein. Ein paar dieser Phoebes und Maggies habe ich mir<br />

angesehen. Ich kannte sie jedoch gar nicht und fand es seltsam,<br />

dass sie nackt bügeln.<br />

Mit einem einfachen Klick kann ich sämtliche Mails an mein<br />

soziales Netzwerk weiterleiten. Ruckzuck, und halb Deutschland<br />

kennt denselben Witz. Anscheinend kursieren manche Texte in<br />

allen Büros dieses Planeten. Beispielsweise erhalte ich den Brief<br />

„Wir waren Helden“ von ganz unterschiedlichen Absendern. Der<br />

unbekannte Verfasser wundert sich darin, dass unsere Generation<br />

ganz ohne Fahrradhelm und Handy-Ortung überlebt hat.<br />

Die Möglichkeit, im Internet blitzschnell zu agieren, hat allerdings<br />

auch Nachteile. So habe ich bei einer Billig-Airline im Handumdrehen<br />

sieben Flüge nach Tallinn gebucht, obwohl ich eigentlich<br />

nur einen brauche, - statt eines Buches bei Amazon mit einem<br />

Klick fünf weitere bestellt, deren Titel verheißungsvoll klangen.<br />

Schon dreimal habe ich jemandem eine Mail geschickt, die absolut<br />

nicht für ihn bestimmt war. Meine Freundin mailt mir seit<br />

Wochen nicht mehr, nachdem ich ihr aus Versehen die lästerlichen<br />

Gedanken einer anderen Freundin geschickt habe. Vielleicht sollte<br />

ich lieber wieder Briefe per Post schreiben, da hat man mehr Zeit<br />

zum Nachdenken...<br />

Gabriele Frydrych<br />

32 Beilage zur E&W: <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 7-8 / 2010

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