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Ethik 18<br />
Bundesministerin Edelgard<br />
Bulmahn hielt die<br />
Eröffnungsrede<br />
Zur internationalen<br />
Konferenz kamen<br />
400 Teilnehmer<br />
Ethik in den Biowissenschaften (DRZE, Bonn)<br />
organisiert und von dessen Geschäftsführendem<br />
Direktor, Ludger Honnefelder, geleitet.<br />
In ihrer Eröffnungsrede hob Bundesministerin<br />
Edelgard Bulmahn den breiten Konsens hervor,<br />
das Klonen von Menschen zu Fortpflanzungszwecken<br />
zu verbieten. Diese Technik sei auch<br />
dann ethisch unakzeptabel, wenn sie zur Herstellung<br />
von Embryonen eingesetzt werde, die<br />
anschließend zur Gewinnung von Gewebe zerstört<br />
würden. Angesichts der noch nicht erzielten<br />
Einigung über ein von allen Staaten getragenes<br />
Klonverbot müsse die intensive öffentliche<br />
Debatte über die ethischen, rechtlichen und<br />
sozialen Aspekte des Klonens weiterentwickelt<br />
und um eine fundierte Erörterung der naturwissenschaftlichen<br />
Grundlagen ergänzt werden.<br />
Die Konferenz mit rund 400 Teilnehmern, darunter<br />
als Vortragende viele internationale Experten<br />
aus Naturwissenschaft und Medizin, aus Philosophie<br />
und Theologie sowie aus den Rechts- und<br />
Sozialwissenschaften, umfasste drei Sektionen.<br />
Im Folgenden ein Bericht über ausgewählte<br />
Beiträge.<br />
Die Sektion „Klonierung: Begriffsbestimmung<br />
und Verfahrensweisen“ galt einem Überblick<br />
über aktuelle Techniken und Anwendungen des<br />
Klonens sowie über allgemeine Probleme der<br />
ethischen Beurteilung neuer biowissenschaftlicher<br />
Forschungsfelder. Jean-Paul Renard (Institut<br />
National de la Recherche Agronomique, Jouy-en-<br />
Joas Cedex) beschrieb die Technik des Embryosplittings<br />
sowie die Kerntransfertechnik. Bei einigen<br />
Säugetierspezies, insbesondere der Maus,<br />
konnten mit Hilfe der Kerntransfertechnik zwar<br />
Tiere erzeugt werden, die sich physiologisch<br />
unauffällig entwickelten; viele der so erzeugten<br />
Tiere wiesen jedoch gravierende Physiopathologien<br />
auf. Anna M. Wobus (Institut für Pflanzengenetik<br />
und Kulturpflanzenforschung, Gatersleben)<br />
befasste sich mit Fragen des so genannten<br />
therapeutischen Klonens und der Stammzelltechnologie.<br />
Zur Zeit erfüllten weder embryonale<br />
noch somatische Stammzellen die für eine klinische<br />
Anwendung erforderlichen Voraussetzungen.<br />
So seien die Vermehrungs- und Differenzierungsmechanismen<br />
ebenso wenig geklärt, wie<br />
die Fragen der Gewebekompatibilität oder der<br />
möglichen Tumorgenität nach einer Transplantation.<br />
Forschungsanstrengungen seien daher<br />
sowohl mit embryonalen als auch mit somatischen<br />
Stammzellen erforderlich. Durch therapeutisches<br />
Klonen werde zwar kein lebender<br />
Nachkomme erzeugt, was nicht zu rechtfertigen<br />
wäre, dennoch sei es aus ethischer Sicht problematisch,<br />
da hier ein menschlicher Embryo vernichtet<br />
werde. Sören Holm (Institute of Medicine,<br />
Law and Bioethics, Manchester) sah die Kernprobleme<br />
einer ethischen Beurteilung des therapeutischen<br />
Klonens zum einen in der Unsicherheit<br />
über den moralischen Status des menschlichen<br />
Embryos, zum anderen in den beiden Fragen,<br />
ob die Ziele, die hiermit verfolgt werden, so<br />
überhaupt erreichbar sind, und ob diese Ziele<br />
nicht auch ohne embryonale Stammzellen, z.B.<br />
mit somatischen Stammzellen, erreicht werden<br />
können.<br />
In der Sektion „Klonierung und Reproduktion“<br />
berichtete Harry Griffin (Roslin Institut, Edingburgh)<br />
über die Effizienzraten des reproduktiven<br />
Klonens von Säugetieren durch Kerntransfer.<br />
Diese Raten variieren u.a. abhängig von der Spezies,<br />
dem Geschlecht und dem Zellkerntyp. Im<br />
Allgemeinen entwickeln sich jedoch nur 1-2%<br />
bis zur Geburt. Studien an Primaten zeigen, dass<br />
sich schon bei der ersten Zellteilung die Chromosomen<br />
nicht korrekt anordnen; genetische<br />
Fehlsteuerungen sind daher so gut wie unvermeidlich.<br />
Möglicherweise verhindern daher<br />
bereits rein biologische Schranken ein reproduktives<br />
Klonen von Menschen. Friedo Ricken<br />
(Hochschule für Philosophie, München) und Dan<br />
W. Brock (Department of Clinical Bioethics,<br />
Bethesda) befassten sich mit ethischen Aspekten<br />
des reproduktiven Klonens von Menschen. Brock<br />
fragte, wie dieses in der Perspektive moralischer<br />
Rechte, dem Recht auf eine einmalige Identität,<br />
dem Recht auf eine offene Zukunft, aber auch<br />
dem Recht auf reproduktive Freiheit zu beurteilen<br />
ist. Ferner erörterte er mögliche Vor- und<br />
Nachteile für den Klon selbst wie für die Gesellschaft.<br />
Er resümierte, dass noch kein überzeugendes<br />
Argument für ein unbedingtes Verbot<br />
vorgebracht worden sei, das auch dann gelte,<br />
wenn die derzeitigen technischen Risiken nicht<br />
mehr gegeben sein sollten. Demgegenüber formulierte<br />
Ricken, ausgehend von Kant, die These,<br />
die Idee einer unbedingten, von jeder menschlichen<br />
Setzung unabhängigen Selbstzwecklichkeit<br />
und Würde des Menschen sei nur unter der<br />
Bedingung aufrecht zu erhalten, dass der Akt der<br />
Zeugung selbst als Beginn eben dieser Selbstzwecklichkeit<br />
und Würde angesehen werde. Das<br />
therapeutische Klonen verstieße deshalb nur<br />
dann nicht gegen die Selbstzwecklichkeit, wenn<br />
dieses ohne den Verbrauch von Embryonen möglich<br />
sei. Das reproduktive Klonen widerspreche<br />
der Selbstzwecklichkeit auch dann, wenn sein<br />
Zweck nicht das genetische Duplikat wäre, sondern<br />
die Erfüllung des Kinderwunsches eines<br />
Paares, das weder durch natürliche Zeugung<br />
noch durch IVF ein Kind bekommen könne. Denn<br />
auch hier würden die genetischen Anlagen des<br />
Kindes von der nötigenden Willkür eines anderen<br />
bestimmt, wodurch auch das Sosein des Kindes<br />
in erheblichem Ausmaß beeinflusst werde.<br />
Hans Lilie (Martin-Luther-Universität, Halle)<br />
befasste sich mit forschungsrechtlichen Aspekten<br />
des reproduktiven Klonens. Er vertrat die<br />
Ansicht, dieses sei bereits aufgrund der beiden<br />
in der Deklaration von Helsinki formulierten Kriterien<br />
für die Zulässigkeit von Humanexperimenten<br />
– angemessenes Risiko-Nutzen-Verhältnis<br />
und aufgeklärte Zustimmung – abzulehnen.<br />
Gegenstand der letzten Sektion war die „Klonierung<br />
als Methode in der biowissenschaftlichen<br />
Forschung“. Rudolf Jaenisch (Whitehead<br />
Institute for Biomedical Research, Cambridge)<br />
trug vor, dass es derzeit nicht möglich sei, mit<br />
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