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ANHANG - Georg Britting

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266 SANKT-ANNA-PLATZ 10<br />

<strong>ANHANG</strong>


<strong>ANHANG</strong> 267<br />

Brief der Oma Brey Seite 18


268 SANKT-ANNA-PLATZ 10


<strong>ANHANG</strong> 269<br />

Zu Seite 18 und 267-268<br />

Lb.Frau <strong>Britting</strong>!<br />

Ich danke Ihnen herzlich für den so lb. Brief. Freue mich<br />

recht, habe ihn schon mehrmals gelesen. Habe immer für Sie<br />

um Kraft gebetet und ist es Ihnen wirklich nicht zu schwer<br />

gefallen. Nun haben Sie das Schwerste hinter Ihnen. Ich bin<br />

so froh für Sie. Verband abmachen wird auch noch sehr geschmerzt<br />

haben, gell Und jetzt dann noch die Übungen und<br />

schmerzhaftes gehen. Sie sind ja so tapfer. Hoffentlich heilt<br />

die Wunde wieder gut und was das schönste ist, wünsche ich<br />

Ihnen, daß Sie bald das Krankenhaus verlassen dürfen. Uns<br />

geht es gut. Bei mir happert es ja immer wie Sie wissen. Aber<br />

im stillen danke ich Gott daß ich noch so bin. Die Frau Marx<br />

ist immer noch im Krankenhaus. Ihr Sohn war neulich da und<br />

erzählte uns daß die Mutter recht bös ist. Über die Schwestern<br />

schimpft sie über den Dr. Hofmann, weil er sie ins Krankenhaus<br />

thut, der Hami [Hammel] sagt sie und so weiter. Ob sie<br />

nochmal heimkommt oder gleich in ein Pflegeheim ist noch<br />

nicht bestimmt. Sie macht ins Bett und meine ich daß sie<br />

nicht mehr recht bei Sinnen ist. Herrn Marx [jun.] seine Frau<br />

wurde am Blinddarm operiert und hat auch Kummer. Er<br />

schaut auch nicht gut aus. Tonerl freut sich, wenn Sie mal mit<br />

Ihnen zum schwimmen gehen. Maria ist immer unterwegs.<br />

Heute ist sie jetzt Samstag Nachmittag wieder auf der Brücke.<br />

Sie läßt Sie bestens grüßen und alles Gute wünschen. Abends<br />

ist sie auch halt immer müd. Soeben war Ihre Schwester da,<br />

trug eine Schale in der Hand. Sie brachte Ihrem lb. Mann einen<br />

eingelegten Hering. Vielleicht mag er ihn, sagte sie. Ist<br />

nett von ihr gell. Jetzt lb. Frau <strong>Britting</strong> Alles alles Gute gell<br />

und daß wir uns bald wiedersehen! Denke weiter an Sie! Bestens<br />

grüßt Sie<br />

Ihre Oma.<br />

Gruß deine Antonie.


270 SANKT-ANNA-PLATZ 10<br />

Zu Seite 76<br />

WESPEN-SONETTE<br />

Das Stroh ist gelb. Das ist Septembers Farbe.<br />

Die fette Birne ist so gelb wie er,<br />

Und für die Wespe da, daß sie nicht darbe:<br />

Verspätete, sonst flögen viele her!<br />

Die goldne Sonne hängt am Himmel schwer,<br />

Gelb wie die Birne, die zersprungen klafft.<br />

Die Wespe trinkt bedächtig von dem Saft:<br />

Die Birne, weiß sie, wird so schnell nicht leer<br />

Und trocken sein, und nichts als dürre Haut!<br />

Vom Himmel oben, der gewaltig blaut,<br />

Strömt überreifes, süßes Licht hernieder.<br />

Die Wespe trinkt. Bei jedem Zuge rührt<br />

Die Brust sich ihr, spannt sich das enge Mieder,<br />

Das ihre fräuleinshafte Hüfte schnürt.


<strong>ANHANG</strong> 271<br />

Zu Seite 98<br />

13.Nov. 1941<br />

Lieber Wehner,<br />

nun ists also auch bei Ihnen so weit, Sie sind 50! Ich habe<br />

mir Ihren schönen Brief wieder hervorgeholt, den Sie mir<br />

zum 50.Geburtstag schrieben - einen der wenigen Briefe ü-<br />

berhaupt, die ich aufbewahre, fünf oder sechs sinds, seit meiner<br />

Jugendzeit - und ich will gar nicht erst versuchen, mit den<br />

paar Zeilen hier es Ihnen gleich zu tun, und will Ihnen nur<br />

von Herzen danken für das, was Sie mir schon gegeben, und<br />

Ihnen Glück und Segen und Schaffenskraft für die Zukunft in<br />

Fülle wünschen.<br />

Und dann, irgendwann einmal, wollen wir doch auch unsere<br />

Scheu überwinden, und uns einmal zusammensetzen, zu<br />

einem Glas Wein und zu einem guten Wort. Zwei Fünfziger,<br />

mit grauen Schläfen, ein wenig lächert es mich, Sie<br />

wahrscheinlich auch.<br />

Ich schicke Ihnen mein neues Buch. Und bitte Sie um Ihr<br />

neues Buch. Und es wär schön, wenn wirs auch in Zukunft so<br />

hielten.<br />

Ihr <strong>Georg</strong> <strong>Britting</strong>


272 SANKT-ANNA-PLATZ 10<br />

Zu Seite 125<br />

Aufkommender Wind<br />

Zu beugen die Halme des Rieds<br />

Ist dem Wind ein Leichtes;<br />

Desgleichen den Spiegel der Bläue<br />

Geschwind zu raffen.<br />

Aber die Kolben des Schilfs<br />

Stehn wie reglos;<br />

Nicht erfährt’s ein im Spiegel<br />

Vergehender Riedhalm.


<strong>ANHANG</strong> 273<br />

Zu Seite 125<br />

Wo ich hergekommen bin<br />

Wo ich hergekommen bin,<br />

Hat niemand Gedichte gemacht.<br />

Sie haben abends bei Licht gelesen,<br />

Und dann: Gute Nacht.<br />

Aber sie hatten ein zartes Herz,<br />

Sagten zu mancher Zeit<br />

Worte – ich habe sie nicht verstanden,<br />

Ob Leid, oder Streit.<br />

Männer, die weinten, gab es auch;<br />

Andere sannen still,<br />

Schwiegen durchs Jahr, die Frauen sprachen<br />

Laut und schrill.<br />

Zu uns, den Kindern, war man gut,<br />

Heilige Nacht und der Baum<br />

Kamen vom Himmel. Ein altes Klavier<br />

Klang im Raum.<br />

Auch da schlang vielleicht ein Arm<br />

Herzlich und bitterlich<br />

Bei den schönen gerollten Kuchen<br />

Sich um mich.<br />

Auch da flog vielleicht ein Wort<br />

Leise und federleicht<br />

Mir in das Herz – ein Wort, von wannen,<br />

Das man verschweigt.<br />

Dies und wie´s immer geschah,<br />

Als ich ein Kind noch war,<br />

Klein die Hände und klein die Füße,<br />

Braun das Haar –<br />

Dies und wie´s vergangen ganz,<br />

Anders ich selber auch –<br />

Einmal, von wannen, fliegen von dannen<br />

Verse wie Rauch.<br />

<strong>Georg</strong> von der Vring


274 SANKT-ANNA-PLATZ 10<br />

Zu Seite 186<br />

Das Windlicht<br />

Im Garten,<br />

Zur schwarzen Mitternacht,<br />

Unter den Sternen,<br />

Wenn es raschelt Im Strauch:<br />

Zünde das Windlicht an!<br />

Die Fledermaus taumelt vorbei<br />

Und der bläuliche Falter,<br />

Und der Igel,<br />

Starrend von Stacheln,<br />

Geht über den Weg,<br />

Und die goldäugige Kröte.<br />

Es ist die Nacht nur<br />

Der schwarze Bruder des Tags,<br />

Und bis der dir wieder erscheint:<br />

Es brennt ja das Windlicht.<br />

Leere den Weinkrug!<br />

Schau der Flamme goldnes Gesicht!<br />

Weißt du es nicht?<br />

Kein Bild ist Betrug.<br />

Hör, was das Windlicht spricht:<br />

Unter der Sterne Gang,<br />

Falterflug, Adlerflug,<br />

Kurz oder lang:<br />

Genug.


<strong>ANHANG</strong> 275<br />

Zu Seite 191<br />

4.V.54<br />

Lieber Herr <strong>Britting</strong>,<br />

ich muß Ihnen gestehn, dass ich eben in der kleinen Anthologie<br />

von Jancke zum ersten Mal in meinem Leben Ihr<br />

Gedicht: „Was hat, Achill“ gelesen und kennen gelernt habe.<br />

Ich kann diese Lesung nicht hinnehmen, ohne Ihnen zu<br />

sagen, daß das ein wahrhaft großartiges Gedicht ist, einfach<br />

hinreissend.<br />

Und damit Dank und Gruß von Ihrem<br />

Gottfried Benn<br />

_______________________________________________<br />

__<br />

Zu Seite 192<br />

Lieber Alverdes,<br />

im Frühling dichten die Dichter. Ich auch. Ich schicke dir<br />

drei Gedichte, 2 müssten aber noch ins Mai-Heft, aus thematischen<br />

Gründen. Am liebsten wärs mir, wenn alle 3 auf einmal<br />

kämen. Aber wie du meinst.<br />

Du wunderst dich immer, wo all das Blumenzeug im Winter<br />

steckt. In Erinnerung daran und an dein Haus und deinen<br />

Garten und deine Knaben hab ich das dir gewidmete Gedicht<br />

geschrieben.<br />

Nimm es mit meinem Dank! Oder lass die Widmung weg,<br />

wenn du sie, als an den Herausgeber der Zeitschrift gerichtet,<br />

nicht recht angängig findest. Dann soll sie später einmal über<br />

dem Gedicht stehen, wenn es in ein Buch aufgenommen wird.<br />

Herzlich dein <strong>Britting</strong>


276 SANKT-ANNA-PLATZ 10<br />

Zu Seite 206<br />

KRÄHEN IM SCHNEE<br />

Die schwarzen Krähen auf dem weißen Feld:<br />

Der Anblick macht mein Herz erregt.<br />

Es stäubt der Schnee. In Wirbeln kreist die<br />

Welt.<br />

Sie sitzen auf den Bäumen unbewegt.<br />

Die Zaubertiere aus der alten Zeit,<br />

Sie sind bei uns nur zu Besuch.<br />

Sie tragen noch das Galgenvogelkleid,<br />

Sie hörten einst den rauhen Henkerfluch.<br />

Was denken sie? Ach, du errätst es nicht<br />

Sie starren einsam vor sich hin.<br />

Der Himmel hat ein milchig trübes Licht.<br />

So war die Welt im ersten Anbeginn.<br />

Nun naht vom Wald her sich ein neuer Gast.<br />

Die andern sehen ihm nicht zu.<br />

Er läßt sich nieder auf dem weißen Ast.<br />

Und dann ertönt auch durch die Winterruh<br />

So rauh wie hohl der alte Krähenschrei.<br />

In ihm ist Langweil und Verdruß.<br />

So hocken sie, das schwarze Einerlei,<br />

Und wirbelnd fällt der Schnee, wohin er muß.<br />

[Autorisierte Fassung]


<strong>ANHANG</strong> 277<br />

Zu Seite 241<br />

Vom Südende Siciliens, wo ich durch einige Zeit der Welt<br />

„verschollen“ lebte, sende ich Ihnen , verehrter Herr <strong>Britting</strong>,<br />

und Ihrer Frau Gemahlin die ergebensten Grüße! Und bitte<br />

Sie gleichzeitig, mich den Herren der Donnerstag - Runde im<br />

„Leopold“, Herrn <strong>Georg</strong> von der Vring, Herrn Schneider und<br />

allen anderen bestens zu empfehlen.<br />

Stets der Ihre<br />

Heimito Doderer<br />

15 Nov.56

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