Piendl Franz, 04, Abbruch der Gilla-Kirche 1813 - Gillamoos
Piendl Franz, 04, Abbruch der Gilla-Kirche 1813 - Gillamoos
Piendl Franz, 04, Abbruch der Gilla-Kirche 1813 - Gillamoos
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Ursprung des <strong>Gilla</strong>moos:<br />
Vor 200 Jahren wurde die Filialkirche St. Aegid abgebrochen<br />
© Von <strong>Franz</strong> <strong>Piendl</strong>, Abensberg<br />
Die Ägidius o<strong>der</strong> <strong>Gilla</strong>-<strong>Kirche</strong> bestand seit etwa 1250; <strong>1813</strong> wurde sie auf Anweisung <strong>der</strong><br />
Regierung des Regenkreises von Regensburg abgebrochen.<br />
Der älteste Beleg über die Existenz einer Gilgen- o<strong>der</strong> Ägidiuskirche befindet sich in einem<br />
Kopialbuch des Klosters Weltenburg von <strong>der</strong> Mitte des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts und bezieht sich auf<br />
einen Vertrag vom 5. Februar 1313, in dem Wernhard und Ulrich von Abensberg auf das<br />
Heurecht auf einer Wiese verzichtet haben, die da gelegen ist bei Sankt Gilgen in dem Moos.<br />
Das Original dieses Dokuments befindet sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München.<br />
1313 hatte die Steinkirche schon etwa 60 Jahre bestanden.<br />
Dieser Kalkstein vom Jahr 1250 mit dem eingemeißelten Kopf ist <strong>der</strong> einzige Stein, <strong>der</strong> von<br />
<strong>der</strong> ursprünglichen Ägidiuskirche am <strong>Gilla</strong>hof noch übrig geblieben ist. Die <strong>Kirche</strong> wurde<br />
nach <strong>der</strong> Säkularisation im Jahre <strong>1813</strong> abgebrochen. Einige Steine <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> wurden im<br />
benachbarten Schillhof verbaut. Der oben abgebildete Stein befindet sich seit <strong>der</strong> Eröffnung<br />
des Stadtmuseums Abensberg im Juli 2006 im Herzogskasten Abensberg. Das Beson<strong>der</strong>e ist,<br />
dass dieser Stein „auf Augenhöhe“ im Stadtmuseum eingebaut wurde. Dies verlangte von den<br />
Innenarchitekten umfangreiche Planungen und Fertigkeiten. Der Kalkstein ist 45 cm breit und<br />
34 cm hoch. Die tiefste Stelle nach hinten beträgt 41 cm.<br />
Dr. Friedrich Fuchs vom Diözesanmuseum Regensburg beschreibt diesen Stein wie folgt:<br />
„Der querrechteckige Qua<strong>der</strong>block ist an <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>seite plan zugerichtet, war also ursprünglich<br />
in einer Wand verbaut. Mittig zeigt er als erhabenes Relief einen frontal ausgerichteten<br />
Kopf mit schlichter Pagenfrisur. Kinnpartie und Halsansatz sind fragmentiert, ein Bart ist<br />
wohl auszuschließen.
Im Scheitelbereich des Stirnbogens ist die Darstellung etwas gekappt. Augen, Nase und Mund<br />
sind unkenntlich fragmentiert. Die eher rundlich weichen Gesamtformen des Gesichtes sowie<br />
die Haartracht sprechen für eine Bestimmung als Kopf eines jugendlichen Mannes.<br />
Aristokratische Kopftypen dieser Art sind in <strong>der</strong> Kunst <strong>der</strong> Romanik weit verbreitet und dienen<br />
als symbolhafte Repräsentation <strong>der</strong> höfischen Stände. Für eine weiter reichende Deutung,<br />
etwa als Christuskopf, fehlen entsprechende Indizien“.<br />
Im Staatsarchiv Landshut existieren über den <strong>Abbruch</strong> <strong>der</strong> Ägidiuskirche mehrere Akten.<br />
Es handelt sich dabei um die Akte „Landgericht ä. O. (älterer Ordnung) Abensberg Nr. 144“<br />
mit <strong>der</strong> Bezeichnung „Polizei-Akt des Königlichen Landgerichts Abensberg. Die Demolierung<br />
<strong>der</strong> Filialkirche <strong>Gilla</strong> o<strong>der</strong> St. Aegid betreffend. Abgebrochen im Jahr 1812“. Darin geht<br />
es um die Entbehrlichkeit <strong>der</strong> beiden <strong>Kirche</strong> <strong>Gilla</strong>, wie in einem Schreiben vom 31. März<br />
1812 ausgeführt ist.<br />
Mit Schreiben <strong>der</strong> Königlichen Regierung vom 9. März <strong>1813</strong> wurde schließlich das Landgericht<br />
Abensberg angewiesen, dem Auftrag zum <strong>Abbruch</strong> bis zum 25. des Monats zu<br />
genügen.<br />
In den Akten ist auch die Rede davon, dass die <strong>Kirche</strong>nsteine ursprünglich zum Bau einer<br />
Brücke in Landshut verwendet werden sollen, aber gegenwärtig (also <strong>1813</strong>) bedarf man <strong>der</strong><br />
Steine zum Bau des Pfarrkirchturms in Siegenburg. Allein das mag belegen, dass es sich nicht<br />
nur um eine Kapelle gehandelt haben kann, son<strong>der</strong>n mindestens um eine kleinere <strong>Kirche</strong>, die<br />
eine beträchtliche Kubatur an guten Steinen gehabt haben muss.<br />
Zu welchem Zweck und wo dann die abgebrochenen Steine verwendet wurden, kann nicht<br />
mit letztendlicher Sicherheit gesagt werden. Die Rede ist auch davon, dass diese im benachbarten<br />
Schillhof verwendet wurden.<br />
Am Ende des Kurfürstentums Bayern (bis 1806) hat eine offensichtlich staatlicherseits sehr<br />
antireligiöse Stimmung geherrscht, aus <strong>der</strong> auch die Säkularisation in den Jahren 1802 und<br />
1803 kräftig genährt worden ist.<br />
So schreibt z.B. die Churfürstliche Landesdirektion von Baiern in München am 21. Mai 18<strong>04</strong><br />
an das Landgericht Abensberg:<br />
„Hinwegschaffung <strong>der</strong> Feldkapellen, Heiligen und Martersäulen: Es kommt vor, dass <strong>der</strong> vorherige<br />
Landrichter im Hinwegräumen <strong>der</strong> Religionsaushangschilde nichts getan habe, und<br />
eine Menge Figuren, Kreuze und Martersäulen zur Schande <strong>der</strong> Gegend und Nachbarschaft<br />
noch bestehen: In Zeit 8 Tagen müssen sie alle bei … Strafe für jedes <strong>der</strong>lei Überbleibsel<br />
hinweggeschafft sein.“<br />
Darüber hinaus existiert eine Akte mit dem Titel: „<strong>Abbruch</strong> <strong>der</strong> entbehrlichen Filialkirchen<br />
und Kapellen 1807 bis 1815“.
Aus dem Schriftverkehr dieser Akte von 1811 bis <strong>1813</strong> ist ersichtlich, dass insgesamt 18 <strong>Kirche</strong>n<br />
und Kapellen aus dem Landgericht Abensberg für entbehrlich angesehen wurden. Mit<br />
dabei aufgeführt sind u.a. die <strong>Kirche</strong>n in Altdürnbuch, Gasseltshausen, <strong>Gilla</strong>, Heiligenstadt,<br />
Neukirchen, Oberulrain, Tollach und Unterhörlbach. Die meisten dieser <strong>Kirche</strong>n sind dann<br />
letzten Endes doch nicht abgetragen worden und bestehen heute noch.<br />
Was den <strong>Abbruch</strong> <strong>der</strong> Ägidiuskirche anbelangt, hat auch <strong>der</strong> Abensberger Stadtpfarrer mit<br />
Schreiben vom 2. November 1811 bestätigt, dass die „St. Ägid-<strong>Kirche</strong> gänzlich entbehrlich“<br />
ist.<br />
So einfach hat sich <strong>der</strong> Staat den <strong>Abbruch</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong>n jedoch auch nicht gemacht. Für den<br />
<strong>Abbruch</strong> von <strong>Kirche</strong>n überhaupt in dieser Zeit wurden Kriterien zugrunde gelegt wie z.B.<br />
- Zahl <strong>der</strong> Einwohner<br />
- Entfernung zur Mutterkirche<br />
- Befindet sich an dem <strong>Kirche</strong>nort eine Schule<br />
- Welche Stiftungen existieren bei <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong>, welches Vermögen liegt vor, wie hoch sind die<br />
jährlichen Einnahmen und Opfergel<strong>der</strong><br />
- Befindet sich bei <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> ein Begräbnisplatz<br />
- Finden in <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> Gottesdienste statt<br />
- Baulicher Zustand <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> usw.<br />
- Kostenaufwand des <strong>Abbruch</strong>s im Verhältnis zum Verkauf des Materials usw.<br />
Was das konkrete <strong>Abbruch</strong>datum und die <strong>Abbruch</strong>kosten anbelangt, befinden sich die<br />
Dokumente in <strong>der</strong> Akte Stiftungsadministration Abensberg: „Filialgotteshaus St. Egid in <strong>Gilla</strong><br />
1810 bis 1817“. Darin sind vollständige Übersichten enthalten über die Einnahmen und<br />
Ausgaben, welche bei <strong>der</strong> königlich bairischen Allgemeinen Stiftungs Administration<br />
Abensberg für die Etatsjahre 1810 bis 1817 abgelegt worden sind.<br />
Unterm 15ten November <strong>1813</strong> sind auf Abtragung dieser entbehrlichen <strong>Kirche</strong> genehmigt<br />
worden: 146 Gulden 40 Kreuzer.<br />
Die Ägidius-<strong>Kirche</strong> vom Abensberger Maurermeister Zeller mit 10 Arbeitern vom 28. Juli bis<br />
zum 14. August <strong>1813</strong> abgebrochen worden.<br />
Ausgaben auf Gebäude und Reparationen vielmehr Abbrechung dieser entbehrlichen<br />
<strong>Kirche</strong>
In Folge höchsten Befehles des königlichen General Commissariats des Regenkreises als<br />
Kreis Administration (Das Königreich Bayern übernahm von 1807 bis 1817 die staatliche<br />
Aufsicht über alle Stiftungen und Kommunen. Zentrale Behörde war die Generaladministration<br />
des Stiftungs- und Kommunalvermögens beim Innenministerium. Diese war die für<br />
das gesamte Stiftungswesen zuständige Behörde, sie beaufsichtigte ab 1808 die gebildeten 57<br />
Stiftungsadministrationen) <strong>der</strong> Stiftungen und Communen vom 15ten November <strong>1813</strong> werden<br />
die auf Abrechnung dieser entbehrlichen <strong>Kirche</strong> bestrittenen Ausgaben worüber die Scheine<br />
angelegt werden angesetzt mit 160 Gulden 35 Kreuzern und wie folgt nachgewiesen:<br />
Josef Zellner Landgerichts Maurermeister von Abensberg empfing nach den anliegenden<br />
Wochenlisten folgende Tagschichten als<br />
vom 28. – 31. Juli <strong>1813</strong> 26 Gulden<br />
2. – 7. August 40 Gulden 20 Kreuzer<br />
9. – 14. August 37 Gulden<br />
Andreas Hagn Landgerichts Zimmermeister daselbst erhielt fünf Tagschichten<br />
vom 28ten – 31. Juli <strong>1813</strong> 11 Gulden 40 Kreuzer<br />
gedachter Maurermeister Zeller empfing für Tagschichten laut Wochenliste vom 16 ten bis<br />
21. August <strong>1813</strong> 36 Gulden<br />
Der Wagner Glaß in Abensberg für Wagnerarbeit 1 Gulden 54 Kreuzer<br />
Martin E<strong>der</strong> Schmid daselbst empfing für die in <strong>der</strong> Anlage enthaltenen Schmidarbeiten<br />
3 Gulden 11 Kreuzer<br />
Summa 160 Gulden 35 Kreuzer<br />
Der <strong>Abbruch</strong> <strong>der</strong> St. Ägidius-<strong>Kirche</strong> <strong>1813</strong> Kosten hat insgesamt 160 Gulden und 35 Kreuzer<br />
gekostet.<br />
Um <strong>1813</strong> hatte ein Gulden 60 Kreuzer und ein Kreuzer hatte 4 Pfennig; ein Gulden hatte<br />
somit 240 Pfennig.<br />
Was war damals <strong>der</strong> sonstige Gegenwert von einem Gulden?<br />
1 Scheffel Weizen (ca. 5 Zentner) kostete 14 Gulden und 1 Scheffel Gerste (ca. 5 Zentner)<br />
kostete 11 Gulden.<br />
1 Pfund Ochsenfleisch kostete 10 Kreuzer, 1.000 Ziegelsteine kosteten 12 Gulden und 1 Fuhre<br />
Sand kostete 65 Kreuzer.<br />
Der Jahresverdienst eines Baumeisters betrug 58 Gulden, <strong>der</strong> eines Oberknechts 55 Gulden,<br />
<strong>der</strong> eines Stallbuben 27 Gulden.<br />
Der Jahresverdienst einer Oberdirn war 40 Gulden und <strong>der</strong> einer Hausmagd betrug 20 Gulden.<br />
Im Vergleich dazu betrug das Jahresgehalt eines Lehrers 40 Gulden.
Diese vier <strong>Kirche</strong>n im Landgericht Abensberg sollten <strong>1813</strong> auch abgebrochen werden.<br />
<strong>Kirche</strong> Unterhörlbach <strong>Kirche</strong> Altdürnbuch <strong>Kirche</strong> Neukirchen <strong>Kirche</strong> Oberulrain<br />
Figur des Hl. Ägidius im Stadtmuseum Abensberg. Diese Plastik wurde um 1520 aus Lindenholz<br />
geschnitzt. Nach dem <strong>Abbruch</strong> <strong>der</strong> Ägidiuskirche ging die Figur in Privatbesitz über. Das<br />
Bayerische Nationalmuseum erwarb den Hl. Ägidius 1896. Seit 2006 ist <strong>der</strong> Hl. Ägidius als<br />
Dauerleihgabe im Stadtmuseum Abensberg im Herzogskasten ausgestellt.<br />
<strong>Gilla</strong>moos.eu bedankt sich herzlich beim Verfasser dieses Dokumentes, Herrn <strong>Franz</strong> <strong>Piendl</strong>. Alle<br />
Urheberrechte für Text und Bildmaterial liegen bei ihm. Nachdruck, kopieren, vervielfältigen o<strong>der</strong><br />
elektronische Verwendung ist untersagt.