Stadt Hemmoor S ta d t H e m m o o r
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gewesen war, hatte zu Protokoll gegeben, dass Karl<br />
Rosenthal und seine Frau Henriette, Gelea, die<br />
zweijährige Tochter Adolfs und Lina Rosenthals,<br />
vermutlich auch ihr nur ein Jahr älterer Bruder<br />
Sally sowie Sophia Rosenthal und ihr Sohn Benno<br />
zu diesem Zeitpunkt bereits im Ghetto an Entkräftung<br />
gestorben waren.<br />
Nur Adolf und seine Frau Lina Rosenthal hätten noch<br />
gelebt. Nachdem der Zeuge aus Minsk abtransportiert<br />
worden war, will er laut der gerichtlichen Aufzeichnung<br />
erfahren haben, dass auch diese beiden letzten Überlebenden<br />
der verschleppten Familie im September oder<br />
Oktober 1943 von der Ges<strong>ta</strong>po umgebracht worden seien.<br />
Suche nach den Zeitzeugen<br />
Dokumen<strong>ta</strong>tion über Familie Rosenthal geplant<br />
seine Mutter Jüdin ist und ein großer Teil seiner Familie<br />
während der Naziherrschaft in einem Vernichtungsghetto<br />
umgekommen ist hat nur in seiner eigenen Erinnerung<br />
eine wichtige Rolle gespielt.<br />
Seine Umwelt hat diesen Teil seiner Biographie größtenteils<br />
ausgeblendet Umso bemerkenswerter ist es, dass<br />
Plage gemeinsam mit Basbecks Pastor Dr. Wilfried Behr<br />
und dem <strong>Hemmoor</strong>er Heinz Plagmann die Geschichte<br />
seiner Familie aufarbeiten möchte. Geplant ist die Zusammenstellung<br />
einer Dokumen<strong>ta</strong>tion.<br />
Die Spurensuche, Gespräche mit noch lebenden Zeitzeugen<br />
haben bereits viele Anhaltspunkte ergeben, die Erinnerung<br />
lebendiger werden lassen. Doch das Bild ist noch<br />
nicht annähernd komplett. Wer seinen Beitrag zu der<br />
Dokumen<strong>ta</strong>tion leisten möchte, kann sich - auch vertraulich<br />
- an Pastor Behr, Heinz Plagmann oder Helmut Plage<br />
wenden.<br />
Helmut Plage, der heute 72 Jahre alt ist, hat fast<br />
sein gesamtes Leben in <strong>Hemmoor</strong> verbracht. Dass<br />
„…und gesehen werden durften sie schon gar nicht“<br />
Seit 1937 geriet die Familie in Bedrängnis / Karl und Adolf Rosenthal mussten in einer Ziegelei arbeiten<br />
Die Schlinge zog sich immer enger zu. Es lag<br />
Angst in der Luft. Die Leute fürchteten sich<br />
davor, etwas Falsches zu sagen. An den Bäumen<br />
hingen Zettel, auf denen s<strong>ta</strong>nd geschrieben:<br />
Nörglern und Spießbürgern drehen wir den<br />
Hahn zu. Seit 1937 war es für die Familie Rosenthal<br />
in Basbeck zunehmend schwieriger geworden.<br />
Sie geriet immer mehr in Bedrängnis.<br />
Familienoberhaupt Karl, im Ersten Weltkrieg mit<br />
dem Eisernen Kreuz dekoriert, und Sohn Karl Rosenthal,<br />
die mit ihren Familien in Basbeck als<br />
Viehhändler tätig waren, wurden an der Berufsausübung<br />
gehindert. „Se arbeid nu op de Hütt‘n“, hieß<br />
es. Sie mussten in der nahe gelegenen Ziegelei<br />
schuften. Auch das Auto durften sie nicht behalten.<br />
Die Ges<strong>ta</strong>po zog es ein. „Wir dürfen ja nicht mehr<br />
los“, hatte Karl Rosenthal, damals schon weit über<br />
60, zu dem Lehrling in einer Schmiede gesagt. Der<br />
kleine Mann mit den krummen Beinen fuhr Tag für<br />
Tag auf seinem Fahrrad zur beschwerlichen Plackerei<br />
in der Ziegelei, zu der er und sein Sohn gezwungen<br />
worden waren.<br />
Die Rosenthals wurden bespitzelt, sie wurden als „dreckige<br />
Juden“ beschimpft. Für die Nachbarn wurde es<br />
komplizierter, Kon<strong>ta</strong>kt mit ihnen zu halten. Dennoch<br />
fanden sich immer noch Menschen, die die einstmals<br />
wohlhabende und als großzügig geltende Familie heimlich<br />
mit Nahrungsmitteln versorgten.<br />
Die Rosenthals hatten sich als Händler um das Jahr 1869<br />
zunächst in Lamstedt niedergelassen. Sie waren ursprünglich<br />
aus Haren in Westfalen gekommen. Benjamin<br />
Rosenthal, er s<strong>ta</strong>rb 1927 87-jährig, und auch sein 1873<br />
geborener Sohn Karl waren „Productenhändler“, die<br />
Garn, Lumpen, Federn, Me<strong>ta</strong>lle, Felle und Häute in den<br />
Dörfern aufkauften und an Großhändler weitergaben. Im<br />
Gegenzug verkauften oder <strong>ta</strong>uschten sie „Manufacturwaren“.