Versuch eines Dialogs - forum junge wissenschaft

Der totale künstlerische Raum – Vom Sternenkind zum Cyberspace 65
Ansatz, der durchaus Ähnlichkeiten mit denen Otto Freundlichs oder Kasimir Malewitschs
besitzt.
Ich zitiere einen Ausschnitt aus seinem Kapitel über die visuellen Künste: „Offenes
Kunstwerk als Vorschlag eines ‚Feldes’ interpretativer Möglichkeiten, als Konfiguration
von mit substantieller Indeterminiertheit begabten Reizen, so dass der Perzipierende zu
einer Reihe stets veränderlicher ‚Lektüren’ veranlasst wird.“ 6 Genauso, wie ich die malerische
Perspektive benutzt habe, um die Wirklichkeitsproblematik des Filmes zu kommentieren,
möchte ich nun das Vokabular Ecos benutzen, um meine bisherigen Denkschritte zu
präzisieren.
Möglichkeitsfelder, die sich der Konfiguration durch den Wahrnehmenden öffnen. Offene
Räume, die sich den Wahrnehmungsbewegungen des Menschen hingeben. Wirklichkeit
ist in diesen Konzepten nur noch als Reaktion auf äußere Reize, als stets veränderliche
Lektüre einer unfertigen Umwelt verständlich. Wir haben es hier also mit dem Gegenteil
einer perspektivischen Wahrnehmung zu tun.
Der Mensch kann sich in diesen Möglichkeitsfeldern nur noch in der Reaktion auf äußere
Reize definieren und eben nicht auf eine durch einen mathematischen Raum konstruierte
Wirklichkeit. Er geht in den Rezeptionsprozessen seiner Umwelt auf, um darin seine
Wahrheit ständig neu zu gestalten. Er wäre so etwas wie ein Maler seiner sich ständig
ändernden Realität.
Abb. 14 Ted Nelson „Computer Lib“, 1974, Buchcover.
Entnommen aus: Nelson, Ted: Computer Lib. Los Angeles
1974, Buchcover.
6 Eco: Das offene Kunstwerk, S. 154.