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Versuch eines Dialogs - forum junge wissenschaft

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78 Viktor Velek<br />

<strong>eines</strong> Agenten der Bautzener Wendenabteilung. Aus dem zeitlichen Abstand heraus lässt<br />

sich erkennen, dass der Charakter der Reise teilweise auch politisch war. Eine Audienz bei<br />

Präsident Masaryk und ein Besuch beim Prager Bürgermeister Baxa riefen heftige Reaktionen<br />

in der sächsischen Presse hervor. Ebenso die Tatsache, dass im Publikum zweier Prager<br />

Konzerte Kanzler Pemysl Šámal, der Vorsitzende des Nationalrates Proupek, der Vorsitzende<br />

des Sokol-Turnvereins Josef Scheiner und andere Persönlichkeiten saßen.<br />

Noch lange, aber ohne Erfolg, stritt Krawc als Hauptorganisator den primär politischen<br />

Zweck der Reise ab. Er argumentierte, dass unter den Teilnehmern auch Deutsche waren<br />

und die einzige „politische“ Person Arnošt Bart war. Ein geplantes offizielles Treffen mit<br />

dem deutschen Konsul in Prag sagte die deutsche Seite ab. Die deutsche Presse gab als<br />

Hauptmotiv der Sorben für die Prager Reise den kostenlosen Aufenthalt und die Verpflegung<br />

an. Krawc wurde nach der Rückkehr in die Lausitz aufgefordert zu versprechen, dass<br />

er nie mehr eine ähnliche Reise nach Tschechien unternehmen würde. Nach seiner Ablehnung<br />

wurde er aus einigen deutschen Chören und Vereinen ausgeschlossen.<br />

Diese Konzertreise rief starke pro-sorbische Emotionen in Tschechien hervor, und<br />

stärkte das Selbstbewusstsein der Sorben. Sie war der letzte wichtige Schritt zur Eingliederung<br />

vieler sorbischen Gesangsvereine in die Struktur der P.O... Unter Leitung von Bjarnat<br />

Krawc und dem tschechischen Modell entsprechend entstand am 2. Juni 1923 der ZSST<br />

(Zwjazk serbskich spwarskich towarstwow – Verein der sorbischen Gesangsvereine).<br />

Vom 2. bis 6. Juni 1922 unternahm der Prager Gesangsverein Tovaovský eine erfolgreiche<br />

Konzertreise durch die Lausitz. Deutsche Nationalisten empfingen den Chor mit<br />

antitschechischen Plakaten:<br />

„Heraus mit den Tschechen! Deutsch bleibt [die] Lausitz. Alles rächt sich auf Erden. Hütet Euch<br />

ihr tschechenfreundliche[n] Pastoren und Lehrer, Vaterlandsverräter. Der Tag der Vergeltung<br />

kommt.“ 1<br />

Ideologisch waren die Konzertreisen in die Lausitz ähnlich denen, die tschechische Chöre<br />

in die Slowakei, die Karpatoukraine und in die von Deutschen dicht besiedelten Grenzgebiete<br />

veranstalteten, um die dortigen Vertreter des tschechoslowakischen Gedankens zu<br />

unterstützen.<br />

Als Vorbild für Denkmäler der wichtigsten Sorben, namentlich Korla Augus Kocor<br />

und Handrij Zejler, diente der Gedenksaal des Prager Museums. Zu den anderen Projekten,<br />

die aus der Euphorie erwuchsen, gehörte die Gründung des ständigen Sorbischen Nationalorchesters<br />

und Chores, sowie des sorbischen Konservatoriums und der zentralen Musikbibliothek<br />

mit slawischer Musikliteratur. Für die meisten Projekte fand Krawc wenig aktive<br />

Teilnehmer unter den Sorben; sie verfügten nicht über ein entsprechendes Potential.<br />

Als Erfolg gilt zweifellos Krawcs tschechische Vortragstournee im Jahre 1923. Auch<br />

später unternahm er, am häufigsten mit seiner Tochter Ruth, die Opersängerin war, ähnliche<br />

Reisen. Dieses Paar wurde schnell zum Symbol für die musikalische Seele der Lausitz<br />

und hatte großen Erfolg bei den Tschechen. Zwischen den Jahren 1924 und 1930 bereitete<br />

Krawc gemeinsam mit seiner Schülerin Mranka Lešawic für das Publikum in der Lausitz<br />

und in Tschechien instruktive Beispiele sorbischer Tänze vor.<br />

Bjarnat Krawc war, gemeinsam mit seinem Freund und Textautor Michal Nawka, dem<br />

wichtigsten Förderer der tschechischen Musik, in der Lausitz. Als großer Verehrer der<br />

1 Lidové listy, Nr. 134, 1922, Nr. 135, 1922. Artikel „Pvecký kruh „Tovaovský“ v Lužici (od zvláštního zpravodaje)“<br />

[„Gesangverein „Tovaovský“ in der Lausitz“ (von einem Sonderberichterstatter)]

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