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<strong>Leseclick</strong><br />
Schweizerinnen und Schweizern den Atem stocken lässt: Frauen sind<br />
Schlampen. Das Ganze wirkt auf hiesige Buben cool. Besteht die Gefahr,<br />
dass sie alle zu unverbesserlichen Machos werden?<br />
Das Machohafte erlebt einen generellen Aufschwung, auch bei Schweizer<br />
Jugendlichen. Das grösste Schimpfwort unter Jugendlichen ist ja «Feministin». Es<br />
ist fast schon auf der gleichen Ebene angesiedelt wie «Fascho». Untersuchungen<br />
haben gezeigt: Erzieht man eine Gruppe von Kindern geschlechtsneutral, indem<br />
man sagt, es sind alles Menschen, passiert paradoxerweise das Gegenteil. Sie<br />
werden zu Tussis und Machos. Darum plädiere ich dafür, dass man die<br />
Unterschiede zwischen Mann und Frau nicht verwischt. Wenn wir das tun,<br />
müssen die Kinder das Frau- und Mannsein später karikieren, um eine weibliche<br />
oder männliche Identität zu entwickeln. Indem wir so tun, als gebe es keine<br />
Unterschiede zwischen den Geschlechtern, produzieren wir Tussis und Machos.<br />
Das ist interessant. Bisher dachte ich immer, das archaische Männerbild<br />
gehe vor allem von den Immigranten aus dem Balkan und ihrer Kultur<br />
aus.<br />
Leute aus anderen Kulturen haben oft ein aus unserer Sicht urtümliches<br />
Männerbild. Und diese Männer werden attraktiv, weil es ein Bedürfnis danach<br />
gibt. Was es bei uns braucht, ist ein positives Männerbild, das wir diesem<br />
Machobild entgegensetzen können. Denn in unserer Gesellschaft entwerfen wir<br />
kein spezifisches Bild vom Mann. Wir sagen, es gibt den Menschen. Nur: Das<br />
stimmt nicht.<br />
An Zürcher Schulen wurde ein Projekt «Weder Tussi noch Macho»<br />
durchgeführt. Man versuchte Buben beizubringen, ihre weiblichen Seiten<br />
zuzulassen. Sie sollten lernen, schwach zu sein. Mädchen lernten in<br />
Selbstverteidigungskursen, stark zu sein und dreinzuschlagen, und es<br />
wurde ihnen vermittelt, dass Aussehen nicht alles sei.<br />
Im Rahmen des «doing gender» sollen die geschlechtlichen Stereotypien<br />
dekonstruiert werden. Es gibt viele geschlechtliche Vorurteile, die problematisch<br />
sind. Auch Knaben können zum Beispiel schwach sein. Wenn nun aber die<br />
psychologischen Geschlechtsunterschiede ausschliesslich als durch die<br />
Gesellschaft gemacht betrachtet werden, ist das ebenso problematisch. Es gibt<br />
nun halt Mädchen und Knaben. Das ist auch nicht schlimm. Wir müssen diese<br />
Unterschiede aufnehmen, zivilisieren und nicht dagegen ankämpfen. Wichtig ist<br />
natürlich die Gleichberechtigung, das Geschlecht darf kein Kriterium sein für<br />
soziale Positionen.<br />
www.elternmitwirkung.ch 28.05.06<br />
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