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Wolfgang Beinert Gott im Christentum - Kath.de

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<strong>Wolfgang</strong> <strong>Beinert</strong><br />

<strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong>


<strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong><br />

<strong>Wolfgang</strong> <strong>Beinert</strong><br />

em. Professor<br />

für Systematische Theologie,<br />

Dogmatik und Dogmengeschichte<br />

an <strong>de</strong>r Universität Regensburg<br />

Vortrag vom<br />

24. Oktober 2000<br />

in <strong>de</strong>r<br />

Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie<br />

Inhalt<br />

1 Problemfall <strong>Christentum</strong> 5<br />

2 Problemfall <strong>Gott</strong> 6<br />

3 <strong>Gott</strong> und seine Christen 9<br />

4 Die Christen und ihr <strong>Gott</strong> 16<br />

5 <strong>Gott</strong> durch das <strong>Christentum</strong>:<br />

Die Konsequenzen <strong>de</strong>s <strong>Gott</strong>esbil<strong>de</strong>s 22<br />

1 Caritas 24<br />

2 Kirche 25<br />

3 Kenosis 27<br />

6 <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 31<br />

Anmerkungen 32<br />

Ausgewählte Vorträge<br />

<strong>de</strong>r Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie 35<br />

Herausgeber<br />

Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie<br />

Jabachstraße 4-8<br />

50 676 Köln<br />

Fon 0221-23 42 22<br />

Fax 0221-24 93 30<br />

eMail<br />

karl.rahner.aka<strong>de</strong>mie@t-online.<strong>de</strong><br />

www.karl-rahner-aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />

Copyright 2000<br />

ISBN 3-9806702-5-2


5<br />

<strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong><br />

1 Problemfall <strong>Christentum</strong><br />

Die Überschrift »<strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong>« kommt daher harmlos wie ein<br />

Kätzchen, auf samtenen Pfoten, schnurrend. Nähert man sich aber,<br />

meint man ein Fauchen zu vernehmen und wird scharfer Krallen erschrocken<br />

gewahr. Keines <strong>de</strong>r drei Worte ist auch nur annähernd ein<strong>de</strong>utig<br />

gefaßt. Je<strong>de</strong> Antwort birgt also Gefahren. Ent schei<strong>de</strong>nd sind<br />

die Substantiva. Was be<strong>de</strong>utet <strong>Christentum</strong>? Ist damit das christ liche<br />

Dogma gemeint bzw. die christliche Dogmatik, also die systematische<br />

Lehre über <strong>Gott</strong>? O<strong>de</strong>r sollen wir unter <strong>Christentum</strong> die christ -<br />

liche Religion verste hen, die Leute, die sich Christen nennen? Im<br />

ersten Fall hätte <strong>de</strong>r Referent es leicht, schwer aber trügen die Rezipienten.<br />

Kein Konzil und kein Papst haben in <strong>de</strong>n letzten zweitausend<br />

Jahren je die I<strong>de</strong>e gehabt, die Existenz <strong>Gott</strong>es feier lich zu <strong>de</strong>finieren.<br />

Sie war <strong>im</strong>mer die selbstverständliche Geschäftsgrundlage, auf <strong>de</strong>r<br />

sich alles an<strong>de</strong>re aufbaute, auch die theologische <strong>Gott</strong>eslehre. Stellte<br />

man sie in <strong>de</strong>r traditionellen Weise <strong>de</strong>r klassischen Handbücher dar,<br />

ließe sich ein schöner Vortrag gestalten, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Reiz eines Oberseminars<br />

hätte - für vie le unverständlich, für mehr noch unverdaulich,<br />

weil nicht lebensför<strong>de</strong>rlich. Im zweiten Fall - <strong>Christentum</strong> <strong>im</strong> soziologischen<br />

Sinn - hätten die Rezipienten es leicht, schwer trüge <strong>de</strong>r<br />

Referent. Die christliche Religion ist auf diesem Glo bus eine drittelstarke<br />

Min<strong>de</strong>rheit, in unserem Lan<strong>de</strong> <strong>de</strong>mographisch zwar eine Mehrheit,<br />

aber politisch (das <strong>im</strong> weitesten Sinn gemeint) zunehmend eine<br />

quantité négligeable. Vom <strong>Gott</strong>esdienstbesuch bis zu <strong>de</strong>n kirchlichen<br />

Beerdigungen - seit Jahrzehnten sinken kontinuierlich die Zahlen; es<br />

steigen lediglich die <strong>de</strong>r Austritte aus <strong>de</strong>n Kirchen. Was aber glauben<br />

die, die bleiben, hinsichtlich <strong>Gott</strong>es? Es gibt eine Reihe von Umfragen<br />

mit beschämen<strong>de</strong>n Ergebnissen 1 , schl<strong>im</strong>mer aber ist die Tatsache<br />

zu bewerten, dass für die offiziellen Kirchen die <strong>Gott</strong>es frage eine<br />

marginale Rolle spielt. Sie re<strong>de</strong>n lieber über sich selber. In einer süd<strong>de</strong>utschen<br />

Diözese befassen sich die vom Bischof vorgeschriebenen<br />

Pflichtthe men für die 2. Dienstprüfung <strong>de</strong>s Klerus <strong>im</strong> Heiligen Jahr


6 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 7<br />

2000 mit <strong>de</strong>m Priester bild und <strong>de</strong>n priesterlichen Funktionen in Abgrenzung<br />

zu <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Kir chenglie<strong>de</strong>r anhand langatmiger<br />

vatikanischer Dokumente. Als Kür dürfen sich die jungen Priester<br />

auch noch mit <strong>de</strong>r Eucharistie und mit <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>esproblematik beschäftigen.<br />

Das geschieht <strong>im</strong> Heiligen Jahr 2000, in <strong>de</strong>m eigentlich<br />

nach päpstlichem Wollen - das offenbar an<strong>de</strong>rs als das an<strong>de</strong>rer<br />

Kirchenleiter ist - die Trinität das spirituelle und theologische Zentrum<br />

für die katholischen Gemein<strong>de</strong>n sein sollte. Zum zweiten Problemkreis<br />

wäre also wenig zu berichten, die Zuhörer wären bald entlassen.<br />

Doch da ist noch das Substantiv <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> Titel.<br />

2 Problemfall <strong>Gott</strong><br />

Der Begriff <strong>Gott</strong> umfaßt, rein formal gesehen, wenigstens zwei Elemente.<br />

Er ist erstens ein Erfahrungsbegriff, zweitens ein komparatistisch<br />

gewonnener Begriff. Einige tausend Jahre Philosophie haben<br />

gezeigt, dass es keinen an<strong>de</strong>ren Zugang zu <strong>de</strong>r damit gemeinten<br />

Gegebenheit gibt als die Erfahrung. Erfahrungen aber macht man<br />

o<strong>de</strong>r macht man nicht. Im Jahr 1909 schreibt Rainer Maria Rilke 2 :<br />

»Du darfst nicht warten, bis <strong>Gott</strong> zu dir geht und sagt: Ich bin.<br />

Ein <strong>Gott</strong>, <strong>de</strong>r seine Stärke eingesteht, hat keinen Sinn.<br />

Da mußt du wissen, dass <strong>Gott</strong> dich durchweht seit Anbeginn,<br />

und wenn das Herz dir glüht und nichts verrät, dann schafft<br />

er drin«.<br />

<strong>Gott</strong> entzieht sich daher jeglichen Beweises, und zwar pro wie contra.<br />

Man kann nicht schlußfolgern und nicht wi<strong>de</strong>rlegen, dass es ihn<br />

gibt. Was da aber zur De batte gestellt wird, kann ganz offensichtlich<br />

nicht unmittelbar erfahren wer <strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn nur durch Abstraktion:<br />

<strong>Gott</strong> ist nicht Mann, nicht Frau, nicht Leib, nicht sterblich - also durch<br />

Vergleich (Komparation), gesteigert durch Auslese aller Negativa<br />

(unendlich, unermeßlich) o<strong>de</strong>r Übersteigerung <strong>de</strong>r Positi va (allmächtig,<br />

allwissend), so dass am En<strong>de</strong> übrigbbleibt: <strong>Gott</strong> ist das höchste<br />

Wesen, <strong>de</strong>r grundlose Grund, das Sein aus sich, das absolute, das<br />

ganz an<strong>de</strong>re Sein - o<strong>de</strong>r ähnlich.<br />

Das erste Element bedingt wie<strong>de</strong>rum zwei Momente:<br />

a Weil die <strong>Gott</strong>eserfahrung nicht notwendig ist (man kann,<br />

muß sie nicht ma chen), kann man prinzipiell drei Haltungen<br />

gegenüber <strong>Gott</strong> einnehmen, die alle in sich begrün<strong>de</strong>t sind,<br />

sofern <strong>de</strong>r Begriff <strong>Gott</strong> nicht zwingend als realitätsge <strong>de</strong>ckt<br />

nachzuweisen ist:<br />

1 Es gibt keinen Realgrund dieser Erfahrung:<br />

Das ist die Einsicht <strong>de</strong>s Atheis mus.<br />

2 Es ist ungewiß, ob es ihn gibt:<br />

Das ist die Urteilssuspension <strong>de</strong>r Agnosti ker.<br />

3 Es gibt diesen Realgrund; <strong>Gott</strong> existiert:<br />

So entschei<strong>de</strong>n sich die Theisten.<br />

Offen bleibt in dieser Hypothese freilich, wer <strong>Gott</strong> ist. Durch<br />

die Antwort unterschei<strong>de</strong>n sich die Religionen und innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Religionen auch die Konfessionen.<br />

Die letzte Behauptung bedarf einer kurzen Erläuterung. Die <strong>Gott</strong>eslehre<br />

ist auf <strong>de</strong>n ersten Blick und in <strong>de</strong>r klassischen Diktion<br />

<strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> keine Kontro versmaterie. Der zweite Blick zeigt<br />

an<strong>de</strong>res: So setzt die klassische, heute als Diskussionspunkt,<br />

nicht als Trennungsgrund betrachtete Rechtfertigungslehre bei<br />

Lutheranern und <strong>Kath</strong>oliken ein je an<strong>de</strong>res <strong>Gott</strong>esbild voraus.<br />

Ein an<strong>de</strong>res Got tesbild liegt auch <strong>de</strong>r östlichen Mysterienschau<br />

und <strong>de</strong>r westlichen rationalen Glaubensaufarbeitung zugrun<strong>de</strong>.<br />

b Das zweite aus <strong>de</strong>m Erfahrungshorizont entspringen<strong>de</strong><br />

Moment ist die Ge schichtlichkeit <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>eslehre. Erfahrungen<br />

machen <strong>im</strong>mer nur Subjekte, d.h. konkrete Menschen in<br />

einer konkreten Situation mit einer konkreten Biographie in<br />

einer ganz best<strong>im</strong>mten Lebenswelt und mit <strong>de</strong>finierten Denk -<br />

horizonten. Es ex istieren also auch innerhalb einer gottgläubigen<br />

Gemeinschaft (Religion o<strong>de</strong>r Konfession) synchron wie<br />

erst recht diachron höchst unterschiedliche Perspekti ven <strong>de</strong>r<br />

<strong>Gott</strong>esnäherung. Die daraus gewonnene <strong>Gott</strong>eslehre ist mithin<br />

erheblichen Wandlungen unterworfen. Die christliche <strong>Gott</strong>eslehre<br />

kann es, so gesehen, gar nicht geben. <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong><br />

ist keine feste Größe.<br />

Die Komparativität <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>esre<strong>de</strong> <strong>im</strong>pliziert ebenfalls Probleme.<br />

Stillschwei gend setzt sie offenbar voraus, dass <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>r Erste,<br />

Oberste, Höchste einer Reihe ist, was zur Folge hätte, dass man ihn


8 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 9<br />

als Weltbestandteil <strong>de</strong>nken müßte. Die meisten so genannten <strong>Gott</strong>esbeweise<br />

sind daher aus <strong>de</strong>r Kausalität genommen: Das Frühstücksei<br />

stammt von einem Huhn, das seinerseits aus einem Ei stammt und so<br />

fort, bis am Anfang irgendwann <strong>de</strong>r Schöpfer steht. Ähnlich bei allen<br />

an<strong>de</strong>ren Eigenschaften (z.B. heilig) und Wirklichkeiten (z.B. Mensch).<br />

Genau genommen folgt aus solchen Überlegungen für <strong>Gott</strong>: Er wäre<br />

sozusagen das Ober-Ei, <strong>de</strong>r Su per-Heilige, <strong>de</strong>r Über-Mensch. Aber<br />

<strong>Gott</strong> wäre er dann nicht mehr. Nun sind alle unsere Begriffe und Vorstellungen<br />

empirisch gewonnen und daher empirisch gebun <strong>de</strong>n. <strong>Gott</strong><br />

aber ist empirisch nicht nachweisbar. Weil aber Ei, Heiliger, Mensch<br />

gleichfalls empirisch sind, muß man sagen: <strong>Gott</strong> ist überhaupt nicht Ei,<br />

heilig, Mensch. Er ist in keiner Kategorie unterzubringen, die wir kennen.<br />

Aber was ist er dann? Und woher gewinnen wir <strong>de</strong>n Begriff Ei,<br />

heilig, Mensch als begrün<strong>de</strong>te (und damit vom grundlosen Allgrund<br />

abhängige) Realitäten? Die philosophische <strong>Gott</strong>eslehre hat sich zu<br />

helfen versucht durch die Ausarbeitung <strong>de</strong>r Analogieleh re und <strong>de</strong>r<br />

theologischen Dreiphasenlehre <strong>de</strong>s Pseudo-Dionysius 3 , um die Differenziertheit<br />

möglicher <strong>Gott</strong>esprädikationen zu erklären. Am En<strong>de</strong><br />

aber kommen die Denker wie die Beter in allen Religionen und Konfessionen<br />

zum Ergebnis, das innerhalb <strong>de</strong>r christlichen Lehre sogar<br />

dogmatisch festgeschrieben ist: <strong>Gott</strong> ist unbegreifl ich 4 . Das ist nicht<br />

nur als gnoseologische Feststellung zu verstehen - wir sind zu dumm,<br />

um <strong>Gott</strong> zu begreifen -, son<strong>de</strong>rn als Wesensaus sage über <strong>Gott</strong>: Er<br />

ist in sich und darum nie und unter keinen Umstän<strong>de</strong>n (nicht einmal<br />

<strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r h<strong>im</strong>mlischen Gemeinschaft mit ihm) begreifbar. Denn was<br />

man be greifen kann, <strong>de</strong>ssen ist man mächtig; ein begriffener wäre<br />

ein bemächtigter <strong>Gott</strong> - und <strong>de</strong>r Begreifen<strong>de</strong> hätte ihn <strong>im</strong> gleichen<br />

Moment entthront. Wie aber kann man dann überhaupt nicht nur<br />

verantwortet, son<strong>de</strong>rn auch wahr, d.h. wirklich keitsge<strong>de</strong>ckt von ihm<br />

sprechen? Ist nicht je<strong>de</strong> <strong>Gott</strong>esre<strong>de</strong> und <strong>Gott</strong>eslehre <strong>de</strong>r Versuch<br />

einer <strong>Gott</strong>esbemächtigung, kurz und knapp: eine Blasphemie?<br />

Die christliche Religion hat aus Grün<strong>de</strong>n, die uns noch einsichtig<br />

wer<strong>de</strong>n sol len, diese Frage klipp und klar verneint. Sie hat aber in ihrer<br />

Geschichte ge zeigt, dass die <strong>Gott</strong>esre<strong>de</strong> ihrem Wesen nach stets Bildre<strong>de</strong><br />

ist. Das ist an sich selbstverständlich. Weil wir, wie gesagt, keine<br />

transempirische Sprache besit zen, sind wir bei <strong>de</strong>r Beschreibung transzen<strong>de</strong>nter<br />

Wirklichkeiten unumgänglich auf Bil<strong>de</strong>r und Vergleiche angewiesen.<br />

Eine alltägliche Bestätigung dieser Er kenntnis ist die Sprache<br />

<strong>de</strong>r Lieben<strong>de</strong>n. Liebe kann man schlecht messen (allen falls <strong>de</strong>n<br />

Hormonspiegel <strong>de</strong>r Lieben<strong>de</strong>n), wägen und nicht zählen, <strong>de</strong>nnoch existiert<br />

sie. In<strong>de</strong>m wir, übrigens wie<strong>de</strong>r komparatistisch, <strong>de</strong>rlei Dinge<br />

auf die geliebte Person referieren, sprechen wir verständlich (für diese<br />

wenigstens) unsere Beziehung aus: Du bist mein Ein und Alles, mein<br />

Schatz, mein Goldstück, mein Leben... In Bezug auf <strong>Gott</strong> kann es erst<br />

recht nicht an<strong>de</strong>rs sein. Keine <strong>Gott</strong>esre<strong>de</strong>, auch die christliche nicht,<br />

entkommt all <strong>de</strong>n Bedingungen, die wir genannt haben. Sie ist - ob<br />

wir es wahrhaben o<strong>de</strong>r nicht - höchst problematisch und kompliziert.<br />

Es ist ganz sicher einfacher und irgendwo auch ungefährlicher, über<br />

Amt, Autorität, Gehorsam und die Kompetenzen <strong>de</strong>s Papstes sich zu<br />

unterhalten als über <strong>Gott</strong>. Sollte man nicht überhaupt lieber von ihm<br />

schweigen? Die großen <strong>Gott</strong>seher <strong>de</strong>r Geschichte haben übrigens<br />

stets gewußt, dass gera<strong>de</strong> das Schweigen eine angemessene Form<br />

<strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>esreflexion sein kann.<br />

3 <strong>Gott</strong> und seine Christen<br />

<strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong>: Wenn <strong>Gott</strong> und <strong>Christentum</strong> sehr schillern<strong>de</strong><br />

Begriffe sind, dann oszilliert notwendig auch die sie verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Präposition<br />

<strong>im</strong> beträchtlich. Ist die Be<strong>de</strong>utung <strong>Gott</strong>es für die christliche<br />

Religion gemeint o<strong>de</strong>r seine Vereh rung durch die Christen o<strong>de</strong>r die<br />

Aussagen über <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> Lehrsystem <strong>de</strong>r Christen o<strong>de</strong>r die Vorstellung<br />

von <strong>Gott</strong>, die die an Christus Glauben<strong>de</strong>n haben? Wir be fassen uns<br />

<strong>im</strong> Zwang <strong>de</strong>r gegebenen Beschränkungen lediglich mit zwei Fragen:<br />

Wie stehen die Christen zu <strong>Gott</strong> und welche Rolle spielt er in <strong>de</strong>r<br />

christlichen Er fahrung? Es geht zunächst um das <strong>Gott</strong>esbild, dann<br />

um die <strong>Gott</strong>eslehre, durch die die Bil<strong>de</strong>r systematisiert wer<strong>de</strong>n. O<strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>rs formuliert: Wir behan<strong>de</strong>ln unmit telbar anschließend die Geschichte<br />

<strong>de</strong>r Reflexion über <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong>. Dann versuchen wir,<br />

die wesentlichen Züge <strong>de</strong>r christlichen Theo-Logie, <strong>de</strong>r Got tesdoktrin<br />

<strong>im</strong> strengen Sinn, <strong>im</strong> Kontext <strong>de</strong>r Gegenwart darzulegen. Dieser erste<br />

Gang ist wichtig aus <strong>de</strong>m schon genannten Grund: Weil Kenntnis von<br />

<strong>Gott</strong>es Sein und Wesen nur aus <strong>de</strong>r Erfahrung gewonnen wird, diese<br />

aber sich wan<strong>de</strong>lt, kann die <strong>Gott</strong>eslehre nur über die Entwicklung <strong>de</strong>r<br />

<strong>Gott</strong>eserfahrung verständlich ge macht wer<strong>de</strong>n.<br />

Hier muß ein elementarer Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Perspektiven in <strong>de</strong>r Geschichte<br />

konstatiert wer<strong>de</strong>n. Für die gesamte Antike und das Mittel-


10 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 11<br />

alter bis zum Beginn <strong>de</strong>r Neuzeit war das Problem <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>esre<strong>de</strong><br />

<strong>Gott</strong>es Wesen: Wer ist <strong>Gott</strong>? Die Existenz <strong>Gott</strong>es hingegen war - von<br />

ganz wenigen, nicht sehr klaren Ausnahmen vielleicht abgese hen -<br />

allen Menschen höchst selbstverständlich. Typisch sind die »Quinque<br />

viae« <strong>de</strong>s Thomas von Aquin, die in <strong>de</strong>r späteren Theologie als »<strong>Gott</strong>esbeweise«<br />

regi striert wor<strong>de</strong>n sind. Nach subtilen Erwägungen mün<strong>de</strong>n<br />

die fünf Gedankengänge (Wege) allesamt in die Erklärung: »Und<br />

das nennen alle <strong>Gott</strong>« 5 . Sie sind genau genommen keine Beweise,<br />

die etwas Unklares klären sollen, son<strong>de</strong>rn Verge wisserungen <strong>de</strong>r Vernünftigkeit<br />

<strong>de</strong>s Glaubens an <strong>Gott</strong>, <strong>de</strong>r selbstverständlich für alle Leser<br />

ist. Ein weiterer Beleg ist die Geschichte <strong>de</strong>r abendländischen Christologie.<br />

Das Konzil von Chalkedon hatte ›schon‹ 451 dogmatisch<br />

festgelegt, dass Jesus wahrer <strong>Gott</strong> und wahrer Mensch zugleich<br />

ist. Wie<strong>de</strong>rum bis in die Neuzeit hinein hatten die Theologen keine<br />

Schwierigkeiten, <strong>de</strong>n Christen Jesu <strong>Gott</strong>heit nahezubringen; mit <strong>de</strong>r<br />

Menschheit dagegen taten sie sich redlich schwer. Zeit weise war es,<br />

um nur ein drastisches Beispiel anzuführen, umstritten, ob <strong>de</strong>r Mann<br />

aus Nazaret einen normalen Stoffwechsel gehabt haben könnte.<br />

Unser Problem heute ist bekanntlich die Existenzfrage, nicht die<br />

Essenzfrage: Gibt es <strong>Gott</strong>? Wir haben kaum Nöte, Jesus als be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />

Menschen anzuerkennen, aber dass er <strong>Gott</strong> sein soll, ist uns<br />

sehr verdächtig. Die <strong>Gott</strong>gläubigen sind (noch) keine Min<strong>de</strong>rheit in<br />

unserem Lan<strong>de</strong>, aber auch ihnen ist das Dasein <strong>Gott</strong>es keine Selbstverständlichkeit<br />

mehr. Zum ersten Mal in <strong>de</strong>r Menschheitsgeschichte gibt<br />

es seit <strong>de</strong>m 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt in statistisch relevanter Zahl echte Atheisten.<br />

Wenn in vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rten Philosophen gegen <strong>de</strong>n<br />

<strong>Gott</strong>esglauben po lemisierten, wandten sie sich gewöhnlich gegen<br />

ein best<strong>im</strong>mtes <strong>Gott</strong>esbild; das schloß nicht aus, dass sie an einem<br />

an<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>finierten <strong>Gott</strong>esverständnis durchaus festgehalten haben.<br />

Der landläufige Atheist von heute dagegen interes siert sich gar nicht<br />

mehr für die <strong>Gott</strong>esfrage. Das A- seines Atheismus ist ein reines<br />

Alpha privativum: Es stellt schlicht und einfach in Abre<strong>de</strong>, dass ein Problem<br />

existiert, weil es für ihn kein Problemobjekt mehr gibt. Es bedarf<br />

nicht langer Ausführungen, dass damit eine vollkommen neue<br />

Situation entstan<strong>de</strong>n ist, die, wie ange<strong>de</strong>utet, auch die Christen tangiert.<br />

<strong>Christentum</strong> ist nicht <strong>de</strong>r Name einer weltabgelegenen Insel,<br />

son<strong>de</strong>rn einer Religion, die mitten in dieser Welt verortet und darum<br />

von <strong>de</strong>ren Denken affiziert ist. Das zwingt uns, <strong>de</strong>n grundstürzen<strong>de</strong>n<br />

Wan<strong>de</strong>l zu analysieren.<br />

In <strong>de</strong>n letzten Jahrzehnten hat die christliche Theologie mit zunehmen<strong>de</strong>r<br />

Klar heit bewußt gemacht, wie sehr die eigene Religion in <strong>de</strong>r<br />

jüdischen verankert und verwurzelt ist. Das gilt in forciertem Maß für<br />

die Anschauung <strong>Gott</strong>es. Vor allem zwei Momente <strong>de</strong>s altisraelischen<br />

<strong>Gott</strong>esbil<strong>de</strong>s, die grundsätzlichen, haben auch die ersten Christen<br />

geformt: <strong>Gott</strong> ist, erstens, ein einziger <strong>Gott</strong>; <strong>Gott</strong> ist, zweitens, ein<br />

geschichtlich sich <strong>de</strong>n Menschen zuneigen<strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>, <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s.<br />

Aus <strong>de</strong>r zweiten Erkenntnis erfuhr <strong>de</strong>r Glaube seine Bestärkung,<br />

dass <strong>Gott</strong>, so formuliert es normativ <strong>de</strong>r Hebräerbrief, »viele Male<br />

und auf vieler lei Weise einst zu <strong>de</strong>n Vätern gesprochen hat, in dieser<br />

Endzeit aber hat er ge sprochen durch <strong>de</strong>n Sohn«, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Autor »Abbild<br />

seines Wesens« nennt (Hebr 1, 1-3). Das ist das Neue <strong>de</strong>s Christlichen.<br />

Jesus Christus steht in <strong>de</strong>r Sphäre <strong>Gott</strong>es. Aber dieses Neue<br />

liegt quer zum ersten Grundsatz: Wie kann noch <strong>Gott</strong> ein einziger<br />

sein, wenn es einen <strong>Gott</strong>es-Sohn gibt? An dieser Frage schei<strong>de</strong>n sich<br />

die Christen von allen an<strong>de</strong>ren monotheistischen Religionen bis zur<br />

Stun<strong>de</strong>, von Ju<strong>de</strong>n wie von <strong>de</strong>n Musl<strong>im</strong>en, aber auch von allen übrigen<br />

Religionsformen, die wir kennen. Die Fragestellung wird noch<br />

komplizierter, sobald das Bewußtsein von <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>heit <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Geistes dogmatisch formuliert und <strong>de</strong>nnoch am Monothe ismus festgehalten<br />

wird. Wie kann ein <strong>Gott</strong> drei sein? Die Denkarbeit <strong>de</strong>r ersten<br />

fünf christlichen Jahrhun<strong>de</strong>rte beschäftigt sich mit diesen Problemen,<br />

die in summa das I<strong>de</strong>ntitätsproblem <strong>de</strong>s <strong>Christentum</strong>s bil<strong>de</strong>n.<br />

Sie tut es nicht <strong>im</strong> Vakuum. Die Lebens- und Denkform, in die die<br />

junge Kirche spätestens nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s jüdischen Staates <strong>im</strong> Jahr<br />

70 endgültig eingetreten ist, ist <strong>de</strong>r Hellenismus bzw. die platonische<br />

Philosophie. Sie ist dualistisch, spiritualistisch, vor allem aber kennt sie<br />

nicht die Kategorie <strong>de</strong>r Geschicht lichkeit, die für jüdisches Denken -<br />

<strong>de</strong>r Hebräerbrief setzt es selbstverständ lich voraus, wie unser Zitat<br />

zeigt - fundamental ist. Das christliche <strong>Gott</strong>es bild ließ sich mithin nur.<br />

dann <strong>de</strong>r neuen Lebenswelt verständlich machen, wenn es aus <strong>de</strong>n<br />

dynamisch-konkreten Kategorien <strong>de</strong>r Bibel in die statisch-abstrakte<br />

Kategorialität <strong>de</strong>r griechischen Weisheitslehre übersetzt wur<strong>de</strong>. Verstan<strong>de</strong>n<br />

die Ju<strong>de</strong>n Jahwe als <strong>de</strong>n »Ich wer<strong>de</strong> dasein, als <strong>de</strong>r ich<br />

dasein wer<strong>de</strong>« (Ex 3,14; Übs. Martin Buber), also als <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Volksund<br />

Menschheitsgeschichte je sich offenbaren<strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>sgott, so<br />

wird daraus bei Augustinus ein summum bonum, ein höchstes Gut,<br />

ein Neutrum, bei Thomas von Aquin ein ens a se und ein ipsum esse<br />

subsistens (Sein aus sich selber, subsistieren<strong>de</strong>s Sein) - wie<strong>de</strong>r neu-


12 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 13<br />

tral formu liert. Duns Scotus spricht in <strong>de</strong>r späten Scholastik von <strong>de</strong>r<br />

potentia absoluta, <strong>de</strong>r von allem gelösten Macht. Sicher gab es auch<br />

St<strong>im</strong>men, die gegen diesen Phi losophengott protestierten, die Mystiker<br />

aller Richtungen, Luther bei <strong>de</strong>n Re formatoren, Blaise Pascal in <strong>de</strong>r<br />

katholischen Kirche. Aber in <strong>de</strong>r Theologie, die die künftigen Kirchenleiter<br />

lernten, fan<strong>de</strong>n sie keinen Wi<strong>de</strong>rhall. Die Schultraktate dozierten<br />

erst lang und vor allem breit über <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> allgemeinen. Sie hoben<br />

an mit einer ausführlichen philosophischen Erörterung <strong>de</strong>r Erkennund<br />

Beweisbarkeit <strong>Gott</strong>es, um dann das Wesen <strong>Gott</strong>es zu explizieren.<br />

Dieses bestand, so etwa das vielbenutzte und vielaufgelegte<br />

»Lehrbuch <strong>de</strong>r Dogmatik« von Pohle- Gierens, in seiner Aseität. Sie<br />

»bezeichnet jene Eigentümlichkeit <strong>de</strong>s göttli chen Seins«, erläuterten<br />

die gelehrten Autoren, »vermöge <strong>de</strong>ren <strong>Gott</strong> von sich, aus sich, durch<br />

sich ist und darum mit <strong>de</strong>m Sein selbst i<strong>de</strong>ntisch ist 6 . Dar aus folgen<br />

dann die «transzen<strong>de</strong>ntalen« und »kategorialen Seinsattribute <strong>Gott</strong>es«,<br />

endlich sein Erkennen und Wollen. Nach 220 Seiten schließlich<br />

erfährt <strong>de</strong>r Leser, dass <strong>Gott</strong> dreifaltig ist; er muß sich nochmals in<br />

die Höhen <strong>de</strong>r Philo sophie aufschwingen, um die Notionen, Proprietäten<br />

und Appropriationen sowie die »Einheit <strong>de</strong>r Ineinan<strong>de</strong>rwohnung«<br />

<strong>de</strong>r Personen zu begreifen. Wenigstens geht das schneller. Mit<br />

gera<strong>de</strong> einmal 120 Seiten ist die Trinitätslehre absolviert. Bei einer<br />

<strong>de</strong>rartigen Darbietung mochte man sich wohl eine Erkältung zuziehen;<br />

das Herz konnte kaum verbrennen in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s <strong>Gott</strong>es, <strong>de</strong>n<br />

Luther einen »glü hen<strong>de</strong>n Backofen <strong>de</strong>r Liebe« genannt hatte.<br />

Inzwischen hatte sich vor <strong>de</strong>n Toren <strong>de</strong>r theologischen Lehranstalten<br />

eine Revo lution vollzogen. Mit <strong>de</strong>m Zerfall <strong>de</strong>s mittelalterlichen<br />

Ordnungs<strong>de</strong>nkens, <strong>de</strong>m Zerbrechen <strong>de</strong>r abendländischen Kircheneinheit,<br />

<strong>de</strong>m Siegeszug <strong>de</strong>r naturwissen schaftlichen Forschung,<br />

<strong>de</strong>r Emanzipation <strong>de</strong>s Denkens in <strong>de</strong>r Aufklärung, erwies sich das<br />

überlieferte <strong>Gott</strong>esbild mehr und mehr als fraglich - so fraglich, dass<br />

jetzt mit wachsen<strong>de</strong>r Deutlichkeit die Existenzfrage gestellt wird.<br />

<strong>Gott</strong> wird zur Hypothese - und siehe da, man bedurfte ihrer offensichtlich<br />

nicht, wie un verblümt Laplace zu Napoleon gesagt hat. <strong>Gott</strong><br />

ist laut Feuerbach nur eine Pro jektion menschlicher Sehnsüchte, Marx<br />

zufolge eine opiatische Vertröstung für die Asozialen, nach Freud ein<br />

Infantilismus. Die offizielle Theologie erschüt tert das überhaupt nicht.<br />

Sie än<strong>de</strong>rt kein Jota in <strong>de</strong>n Lehrbüchern. Feuerbach, Marx und Freud<br />

kommen <strong>im</strong> Namensregister <strong>de</strong>r Dogmatik von Pohle-Gierens nicht<br />

vor. Schl<strong>im</strong>mer noch ist, dass auch das Stichwort Theodizee o<strong>de</strong>r verwandte<br />

Lem mata (Stichworte) sich nicht fin<strong>de</strong>n lassen.<br />

Denn mehr noch als die <strong>de</strong>nkerischen Probleme wird die Erfahrung<br />

<strong>de</strong>s Lei<strong>de</strong>s zum »Fels <strong>de</strong>s Atheismus« (Büchner) in <strong>de</strong>r Neuzeit,<br />

und je weiter sie fortschreitet, <strong>de</strong>sto nachdrücklicher. Es gibt wohl<br />

keine knappere Darlegung <strong>de</strong>s Dilemmas als in <strong>de</strong>n 12 Versen Heinrich<br />

Heines aus <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts 7 :<br />

»Laß die heiligen Parabolen,<br />

Laß die frommen Hypothesen<br />

Suche die verdammten Fragen<br />

Ohne Umschweif uns zu lösen.<br />

Warum schleppt sich blutend, elend,<br />

Unter Kreuzlast <strong>de</strong>r Gerechte,<br />

Während glücklich als ein Sieger<br />

Trabt auf hohem Roß <strong>de</strong>r Schlechte?<br />

Woran liegt die Schuld? Ist etwa<br />

Unser Herr nicht ganz allmächtig?<br />

O<strong>de</strong>r treibt er selbst <strong>de</strong>n Unfug?<br />

Ach, das wäre nie<strong>de</strong>rträchtig.<br />

Also fragen wir beständig,<br />

Bis man uns mit einer Handvoll<br />

Er<strong>de</strong> endlich stopft die Mäuler -<br />

Aber ist das eine Antwort?«<br />

Nein, das ist keine Antwort auf die »verdammten Fragen« doch die<br />

Schultheolo gen geben sie so wenig wie die kirchlichen Repräsentanten.<br />

Die Erfahrungen mit <strong>de</strong>r Theodizeeproblematik, <strong>de</strong>ren Chiffre <strong>im</strong><br />

20. Jahrhun<strong>de</strong>rt »Auschwitz« heißt, wer<strong>de</strong>n nicht wirklich aufgegriffen.<br />

Auch die in <strong>de</strong>n siebziger Jahren virulente Perspektive <strong>de</strong>s befreien<strong>de</strong>n<br />

<strong>Gott</strong>es und <strong>de</strong>r weiblichen D<strong>im</strong>ension <strong>Gott</strong>es, ins Gespräch<br />

gebracht von <strong>de</strong>n südamerikanischen Befreiungstheologien respektive<br />

von <strong>de</strong>r Feministischen Theologie, erhalten schwache Akzeptanz<br />

und starken Wi<strong>de</strong>r stand. Das bekannte und oft beklagte Sprachproblem<br />

<strong>de</strong>r kirchlichen Theologie belastet Reformversuche <strong>de</strong>utlicher als<br />

an vielen an<strong>de</strong>ren Stellen <strong>de</strong>s kirchli chen Lehrgefüges.


14 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 15<br />

Es sind die Künstler, die Filmemacher vor allem und die Dich ter, die<br />

sich nun <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>esfrage annehmen. Mühselig und als Einzelgänger<br />

su chen sie einen gangbaren Pfad zwischen <strong>de</strong>r christlichen Traditionssehnsucht<br />

und <strong>de</strong>r Position <strong>de</strong>s säkularistischen Atheismus. Die<br />

Welt- und <strong>Gott</strong>eserfahrung aus <strong>de</strong>r Situation <strong>de</strong>r Neuzeit spiegelt<br />

sich in scharf konturierter Deutlichkeit wi<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Eingangsversen<br />

<strong>de</strong>r »Tutzinger Gedichte« <strong>de</strong>r Autorin Marie Luise Kaschnitz, entstan<strong>de</strong>n<br />

1951 8 :<br />

»Zu re<strong>de</strong>n begann ich mit <strong>de</strong>m Unsichtbaren.<br />

Anschlug meine Zunge das ungeheuere Du,<br />

Vorspiegelnd altgewesene Vertrautheit.<br />

Aber wen sprach ich an? Wessen Ohr<br />

Versuchte ich zu erreichen? Wessen Brust<br />

Zu rühren - eines Vaters?<br />

Vater, Du riesiger Sterben<strong>de</strong>r,<br />

Veren<strong>de</strong>nd hinter <strong>de</strong>m Milchfl uß,<br />

Vater, Du Flirren <strong>de</strong>r Luft,<br />

Herfunkelnd vom fl iehen<strong>de</strong>n Stern - «.<br />

In dieser Welt, die naturwissenschaftlich gesehen wird, veren<strong>de</strong>t die<br />

vertraute <strong>Gott</strong>esre<strong>de</strong>, ersetzt, wie es scheint, durch eine kosmologische<br />

Terminologie. Karl-Josef Kuschel, <strong>de</strong>r sich wie kein an<strong>de</strong>rer<br />

zeitgenössischer Theologe <strong>de</strong>m Ge spräch mit <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen <strong>de</strong>utschen<br />

Literatur gewidmet hat, hat in seinem gera<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>raufgelegten<br />

Buch »Im Spiegel <strong>de</strong>r Dichter« die theologischen Hauptthemen<br />

»Mensch, <strong>Gott</strong> und Jesus in <strong>de</strong>r Literatur <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts« sachkundig<br />

be sprochen 9 . Der Titel <strong>de</strong>s zweiten Teiles lautet lapidar »Abgrund<br />

<strong>Gott</strong>« 10 . Das ist nicht nur zu lesen als Angabe <strong>de</strong>r unzugänglichen<br />

Ortlosigkeit <strong>Gott</strong>es <strong>im</strong> Sinn <strong>de</strong>s Agnostizismus, son<strong>de</strong>rn auch<br />

in <strong>de</strong>r Tradition <strong>de</strong>r Mystik, die um die Abgründigkeit und Unverrechenbarkeit<br />

<strong>Gott</strong>es weiß, um die »Schwebe zwischen Ja und Nein<br />

über <strong>de</strong>m Abgrund <strong>de</strong>r Unbegreiflichkeit <strong>Gott</strong>es«, wie Karl Rahner,<br />

<strong>de</strong>r wohl größte katholische Theologe <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts, es in<br />

seiner Dankre<strong>de</strong> zum 80. Geburtstag ausgedrückt hat 11 . Wenige<br />

Wochen danach ist er gestorben, so dass diese Worte wie sein<br />

Vermächtnis gewor<strong>de</strong>n sind. Die Geschwätzigkeit <strong>de</strong>r traditionellen<br />

<strong>Gott</strong>es-Re<strong>de</strong> weicht <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n Größe <strong>de</strong>r Frage, ob man <strong>de</strong>nn<br />

heute überhaupt noch von ihm sprechen dürfe. Martin Walser notiert<br />

in seinem Roman »Halbzeit« - und vielen Zeitgenossen spricht er aus<br />

<strong>de</strong>r Seele 12 :<br />

»Die feierliche Amtssprache in <strong>de</strong>r Kirche klang fremd.<br />

Kunstgewerbe-Vo kabular. Luft aus einem Fön. Glauben die<br />

Frommen, <strong>Gott</strong> höre sie nur, wenn sie beten, er habe keine<br />

Ahnung von <strong>de</strong>n Worten, die sie sonst <strong>de</strong>n ken und sagen?<br />

Man kann sich nicht vorstellen, dass <strong>de</strong>r Pfarrer erlebt hat, was<br />

er in <strong>de</strong>r Predigt erzählt. Mein Leben ist in <strong>de</strong>r Gebetssprache<br />

nicht mehr unterzubringen. Ich kann mich nicht mehr so<br />

verrenken. Ich habe <strong>Gott</strong> mit diesen Formeln geerbt, aber jetzt<br />

verliere ich ihn durch diese Formeln. Man macht einen<br />

magischen Gehe<strong>im</strong>rat aus ihm, <strong>de</strong>ssen ver schrobenen Sprachgebrauch<br />

man ann<strong>im</strong>mt, weil <strong>Gott</strong> ja von gestern ist. Ich<br />

bin stumm, wenn ich beten will. Immer in Gefahr, abgelenkt<br />

zu wer <strong>de</strong>n von inneren Geräuschen«.<br />

Ein paar Seiten später mokiert sich eine Gestalt aus <strong>de</strong>m Roman über<br />

die Predigt eines Pfarrers,<br />

»aus <strong>de</strong>ssen Mund anstelle von Worten fromme Luftballons<br />

strömen, die über <strong>de</strong>n Köpfen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> lautlos zergehen.<br />

Edmund hat gesagt: Wenn es <strong>Gott</strong> gäbe, wie könnte es<br />

dann noch etwas Wichtigeres geben als <strong>Gott</strong>. Und er hat uns<br />

bewiesen, dass uns <strong>Gott</strong> bei weitem nicht das Wichtigste ist« 13 .<br />

Dagegen steht die Erkenntnis <strong>de</strong>s 1. T<strong>im</strong>otheusbriefes (6,4-16):<br />

»Erfülle <strong>de</strong>inen Auftrag rein und ohne Ta<strong>de</strong>l, bis zum Erscheinen<br />

Jesu Christi, unseres Herrn, das zur vorherbest<strong>im</strong>mten<br />

Zeit herbeiführen wird <strong>de</strong>r selige und einzige Herrscher, <strong>de</strong>r<br />

König <strong>de</strong>r Könige und Herr <strong>de</strong>r Herren, (und jetzt wird das<br />

Erste Testament zitiert) <strong>de</strong>r allein die Un sterblichkeit besitzt,<br />

<strong>de</strong>r in unzugänglichem Licht wohnt,<br />

<strong>de</strong>n kein Mensch gesehen hat<br />

noch je zu sehen vermag:<br />

Ihm gebührt Ehre und ewige Macht. Amen.«


16 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 17<br />

Das christliche Drama mit <strong>Gott</strong> ist in diesem einen Satz gültig zusammengefaßt:<br />

<strong>Gott</strong> ist unzugänglich, aber diese Unzugänglichkeit ist<br />

durch preisen<strong>de</strong> Re<strong>de</strong>, wie sie <strong>de</strong>r Verfasser in <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschrift <strong>de</strong>s<br />

Textes übt und seinem Schüler anempfiehlt, zugänglich zu machen.<br />

Wie soll das gehen?<br />

4 Die Christen und ihr <strong>Gott</strong><br />

Die Antwort muß von <strong>de</strong>r Frage aus starten: Wer ist <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>, von<br />

<strong>de</strong>m die Chri sten zu sprechen haben? Die verbindliche und maßgeben<strong>de</strong><br />

Orientierung für sie ist <strong>de</strong>r Rückgriff auf die Ursprungserfahrung<br />

<strong>de</strong>s Neuen o<strong>de</strong>r Zweiten Testamen tes. Die Entfaltung in<br />

<strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s <strong>Christentum</strong>s mit allen ihren Wechsel fällen und<br />

Bedingtheiten läßt sich nicht übergehen, aber wir können sie nicht<br />

einfach paraphrasierend wie<strong>de</strong>rholen, je<strong>de</strong>nfalls dann mit Sicherheit<br />

nicht, wenn sie eine Lebens- und Denkwelt verbalisiert, die vergangen<br />

ist. Was also erzählt von <strong>Gott</strong> die Urkun<strong>de</strong> christlichen Glaubens?<br />

Am Anfang steht in <strong>de</strong>n christlichen Gemein<strong>de</strong>n das Einschwingen<br />

in die <strong>Gott</strong>eser fahrung <strong>de</strong>r jüdischen Tradition. Wir haben sie bereits<br />

kurz beschrieben. Das prägen<strong>de</strong> Merkmal ist <strong>de</strong>r strenge Monotheismus,<br />

wodurch sie und damit das Chri stentum sich von allen polytheistischen<br />

Religionsformen abhebt. Dieser eine <strong>Gott</strong> ist kein Neutrum,<br />

son<strong>de</strong>rn Person: Der Eine. Ju<strong>de</strong>n- und <strong>Christentum</strong> sind durch diesen<br />

Zug unterschie<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n asiatischen Weltanschauungssystemen<br />

wie Hinduismus, Buddhismus und Taoismus. Er ist Schöpfer <strong>de</strong>s Alls,<br />

Herr <strong>de</strong>r Ge schichte, aber auch <strong>de</strong>n Menschen zugewandt, vor allem<br />

<strong>de</strong>nen seines Bun<strong>de</strong>svolkes Israel.<br />

Alle diese Züge <strong>de</strong>s <strong>Gott</strong>esbil<strong>de</strong>s wer<strong>de</strong>n übernommen, aber in ein<br />

vollkommen neu es, unvorgeahntes Licht getaucht durch die Gestalt<br />

Jesu von Nazaret. Sein Le ben, seine Predigt, seine wun<strong>de</strong>rbaren Taten,<br />

seine faszinieren<strong>de</strong> Persönlichkeit - und vor allem die Geschehnisse<br />

um seinen Tod und seine Auferstehung führen zur unausweichlichen<br />

Konsequenz: Dieser Mensch steht in einer einzig- und ei genartigen<br />

Beziehung zu <strong>Gott</strong>, <strong>de</strong>n er in abgehobener und differenzieren<strong>de</strong>r<br />

Weise seinen Vater nennt. Man kann in <strong>de</strong>n Worten <strong>de</strong>s Nazareners<br />

fast nichts über <strong>Gott</strong> fin<strong>de</strong>n, das nicht bereits <strong>im</strong> ersten Testament<br />

stün<strong>de</strong>. Aber die Re<strong>de</strong> bekommt durch <strong>de</strong>n Redner eine unvorgekannte<br />

Sinnspitze. Nicht dass <strong>Gott</strong> Vater ist, ist neu, son<strong>de</strong>rn wie er es<br />

ist, und zwar nicht nur in Bezug auf Jesus, son<strong>de</strong>rn ebenso auf die<br />

Menschen insgesamt. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn weist auf<br />

die bedingungslose, universale Liebe <strong>Gott</strong>es zu <strong>de</strong>n Menschen, <strong>de</strong>r<br />

keine Leistung verlangt, keine Sühne, son<strong>de</strong>rn einzig und allein <strong>de</strong>n<br />

Umkehrwillen (Lk 15,1-32). Den ersten Gemein<strong>de</strong>n wird klar: Der Erzähler<br />

bringt sich mit seinem Leben und seiner Lebenshingabe in diese<br />

Geschichte selber ein, die nun plötzlich aus <strong>de</strong>r Unbest<strong>im</strong>mtheit <strong>de</strong>r<br />

Parabel tritt und als historisches Geschehen, als tatsächli ches <strong>Gott</strong>eshan<strong>de</strong>ln<br />

an <strong>de</strong>n Sün<strong>de</strong>rn diagnostiziert wird. <strong>Gott</strong> ist <strong>de</strong>r Retter, und<br />

er ist es in seinem Sohn. Dieser wird erlebt als einer ganz auf <strong>Gott</strong>es<br />

Sei te, unlösbar von <strong>Gott</strong>es Sein und Wesen.<br />

Damit aber ist eine neue Wirklichkeit konstituiert, die es vor<strong>de</strong>m<br />

nicht gegeben hat. Der ferne <strong>Gott</strong> ist nahe gewor<strong>de</strong>n. Die Unzugänglichkeit<br />

<strong>de</strong>s Lichtes bleibt, doch es sen<strong>de</strong>t so viele Strahlen in diese<br />

Welt, dass die Konturen Jesu als <strong>de</strong>s göttlichen Retters sichtbar wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Evangelist Johannes hat das in <strong>de</strong>r Me tapher <strong>de</strong>s Wortes<br />

(Logos) in Integration mit <strong>de</strong>r Leben- und Lichtsymbolik plau sibilisiert<br />

(Joh. 1,1-4, 14):<br />

»Im Anfang war das Wort,<br />

Und das Wort war bei <strong>Gott</strong>,<br />

Und das Wort war <strong>Gott</strong>.<br />

Im Anfang war es bei <strong>Gott</strong>.<br />

Alles ist durch das Wort gewor<strong>de</strong>n,<br />

Und ohne das Wort wur<strong>de</strong> nichts, was gewor<strong>de</strong>n ist.<br />

In ihm war das Leben,<br />

Und das Leben war das Licht <strong>de</strong>r Menschen.<br />

…<br />

Und das Wort ist Fleisch gewor<strong>de</strong>n<br />

Und hat unter uns gewohnt,<br />

Und wir haben seine Herrlichkeit gesehen,<br />

Die Herrlichkeit <strong>de</strong>s einzigen Sohnes vom Vater,<br />

Voll Gna<strong>de</strong> und Wahrheit«.<br />

Noch eine dritte Erfahrung machen die ersten christlichen Generationen.<br />

Sie spüren, dass nun aus ihnen selber, durch ihr Leben, durch<br />

ihre Verkündigung ei ne dynamische Kraft wirkt, die irgendwie <strong>de</strong>r<br />

vergleichbar ist, die sie an <strong>de</strong>m Mann aus Nazaret erlebt hatten. Sie


18 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 19<br />

wer<strong>de</strong>n inne, dass sie getragen wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>m gleichen Impetus<br />

wie er, ja dass man sich das erklären muß dadurch, dass sein Geist,<br />

sein Leben in ihnen, <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n, am Werk ist. Das Kennwort dieser<br />

Erfahrung lautet Heiliger Geist. Auch er gehört als Geist Christi<br />

ganz und gar auf die Seite und in die Sphäre jenes <strong>Gott</strong>es, <strong>de</strong>r als<br />

einziger <strong>de</strong>r dre<strong>im</strong>al Heilige ist (Jes 6,3). In ihm ist <strong>Gott</strong> nicht nur <strong>de</strong>r<br />

Logos, die Re<strong>de</strong> über <strong>Gott</strong>, son<strong>de</strong>rn zugleich die göttliche Antwort<br />

auf diese Re<strong>de</strong>, die die Gemein<strong>de</strong> zur Kirche Jesu Christi, zur Familie<br />

<strong>Gott</strong>es wer<strong>de</strong>n läßt. Der Geist, so Paulus, <strong>de</strong>n die Christen empfangen<br />

haben, macht sie zu Söhnen und ruft in ihnen »Abba, Va ter« -<br />

das ist haargenau die <strong>Gott</strong>esanre<strong>de</strong> Jesu gewesen. »So bezeugt <strong>de</strong>r<br />

Geist unserem Geist, dass wir Kin<strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>es sind« (Röm 8,14-16). Das<br />

besagt nichts an<strong>de</strong>res als dass die Christen selber in die Gemeinschaft<br />

<strong>Gott</strong>es gerufen sind, <strong>de</strong>r sich als <strong>de</strong>r eine <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>s Alten Testamentes<br />

zeigt, aber <strong>de</strong>r sich uns in sehr unterschiedlichen Vollzügen als<br />

Sohn und Geist väterlich zuneigt. Er er weist sich als Gemeinschaft<br />

und Gabe, als Mitteilung und Teilgabe <strong>de</strong>s eigenen Seins und Lebens.<br />

Darin sehen die Christen nun auch die Ermächtigung zur Re<strong>de</strong> über<br />

diesen <strong>Gott</strong>. Sein Wort und ihre Antwort bil<strong>de</strong>n bereits einen Dialog,<br />

<strong>de</strong>r ihn in <strong>de</strong>r gelebten und bezeugten christlichen Existenz zu Wort<br />

bringt. Christ sein wird zur Bekundung <strong>Gott</strong>es als <strong>de</strong>s Vaters, <strong>de</strong>s Sohnes<br />

und <strong>de</strong>s Heiligen Gei stes in <strong>de</strong>r Welt.<br />

Damit haben wir das Spezifikum <strong>de</strong>s christlichen <strong>Gott</strong>esbil<strong>de</strong>s eruiert,<br />

<strong>de</strong>n Glau ben an <strong>de</strong>n trinitarischen <strong>Gott</strong>, an <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>n Einen und<br />

Dreieinen. Wir sehen zu gleich, dass dieses unterschei<strong>de</strong>nd Christliche,<br />

das diese Religion, wie schon gesagt, von Ju<strong>de</strong>ntum wie Islam scharf<br />

abhebt, keineswegs einer abstrakten phi losophischen Spekulation<br />

entsprungen ist, vielmehr die Formel für die durch das Auftreten Jesu<br />

von Nazaret und <strong>de</strong>n Glauben an ihn provozierte <strong>Gott</strong>eserfahrung ist.<br />

Gewiß ist diese Formel dann <strong>im</strong> hellenistischen Denkhorizont transponiert<br />

und schlußendlich dogmatisch in <strong>de</strong>r Sprache <strong>de</strong>r Philosophie<br />

fixiert wor<strong>de</strong>n. Das än<strong>de</strong>rt nichts daran, dass sie, übrigens auch von<br />

<strong>de</strong>n Theologen, die die Trans position erarbeitet haben, wie von<br />

<strong>de</strong>n Bischöfen, die sie sanktionierten, stets als geronnene Erfahrung<br />

verstan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> und gera<strong>de</strong> durch die Umformung als solche erhalten<br />

wer<strong>de</strong>n sollte. Sie wollten erklärtermaßen nicht aristotelice,<br />

also nach <strong>de</strong>s Philosophen Aristoteles Art, re<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn piscatorie,<br />

verständ lich für die kleinen Leute von damals, für die Fischer 14 .<br />

Wir hören das mit ungläubigem Staunen, weil wir we<strong>de</strong>r Fischer<br />

noch Aristoteliker sind. Es ist na türlich erlaubt zu fragen, ob die gute<br />

Meinung auch zur guten Tat gewor<strong>de</strong>n ist, am Wollen <strong>de</strong>r Lehrer <strong>de</strong>s<br />

Glaubens dürfen wir nicht zweifeln.<br />

Wenn die trinitarische <strong>Gott</strong>eserfahrung wirklich Erfahrung ist,<br />

dann gelten un bestreitbar auch alle Regeln und Gesetze, die für<br />

Erfahrung auszumachen sind. Die für uns wichtigste lautet: Erfahrungen<br />

muß man machen. Es wird also niemals genügen, nur über <strong>Gott</strong><br />

zu re<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn man muß mit ihm re<strong>de</strong>n, also beten. Man kommt<br />

<strong>Gott</strong> nicht ganz nahe, wenn man sich mit <strong>de</strong>r Dogmatik begnügt<br />

ohne sich <strong>de</strong>r Doxologie zu widmen, also <strong>Gott</strong> nicht nur zum Objekt<br />

<strong>de</strong>r Lehre, son<strong>de</strong>rn zum Subjekt <strong>de</strong>r Ehre wer<strong>de</strong>n zu lassen. <strong>Gott</strong>esre<strong>de</strong><br />

ist nie ganz zu trennen von <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>esanre<strong>de</strong>. Näherhin und konkret<br />

be<strong>de</strong>utet dies entsprechend <strong>de</strong>r Erfahrung <strong>de</strong>r ersten Gemein<strong>de</strong>n,<br />

dass man sich zuerst und zunächst voll und gänzlich auf Je sus<br />

einlassen muß. Die Grun<strong>de</strong>insicht ihrer Geschichte mit ihm lautet: Er<br />

ist <strong>de</strong>r bleiben<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r einzige Zugang zum <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>r Christen. Dieser<br />

ist <strong>de</strong>r Vater Jesu Christi und <strong>de</strong>r Geist Jesu Christi. Die christliche amtliche<br />

Liturgie be tet daher <strong>im</strong>mer durch unseren Herrn Jesus Christus -<br />

aber das doxologische ist auch ein dogmatisches Gesetz. Im Licht <strong>de</strong>s<br />

Herrn erschließt sich uns das unzugängliche Licht ein wenig zwar nur,<br />

aber sonst gar nicht.<br />

Was aber gibt es da zu sehen? Welche Erfahrungen wer<strong>de</strong>n uns<br />

in <strong>de</strong>r und durch die trinitarische Grun<strong>de</strong>rfahrung zuteil? Auch hier<br />

sagt das Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> die Ur-Kun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s christlichen Glaubens. Unter<br />

<strong>de</strong>n vielen <strong>Gott</strong>esprädikationen <strong>de</strong>r Bibel ist die Spitzenformulierung<br />

ohne Zweifel die Doppelaussage <strong>de</strong>s 1. Johan nesbriefes: »<strong>Gott</strong> ist<br />

die Liebe« (4,8. 16 b). Dabei ist entschei<strong>de</strong>nd, gera<strong>de</strong> auch unter<br />

<strong>de</strong>m Aspekt unserer Thematik, dass sie nicht als theoretischer Lehrsatz<br />

auftritt, son<strong>de</strong>rn <strong>im</strong> Kontext <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>eserkenntnis und <strong>de</strong>s<br />

Christusgesche hens. Vollständig heißen die bei<strong>de</strong>n Sätze:<br />

»Liebe Brü<strong>de</strong>r, wir wollen einan<strong>de</strong>r lieben; <strong>de</strong>nn die Liebe ist<br />

aus <strong>Gott</strong>, und je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r liebt, stammt von <strong>Gott</strong> und<br />

erkennt <strong>Gott</strong>. Wer nicht liebt, hat <strong>Gott</strong> nicht erkannt,<br />

<strong>de</strong>nn <strong>Gott</strong> ist die Liebe. Die Liebe Got tes wur<strong>de</strong> uns<br />

dadurch offenbart, dass <strong>Gott</strong> seinen einzigen Sohn in<br />

die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben« (7-9).<br />

»<strong>Gott</strong> ist die Liebe, und wer in <strong>de</strong>r Liebe bleibt, bleibt in <strong>Gott</strong><br />

und <strong>Gott</strong> bleibt in ihm« (16b).


20 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 21<br />

Man vermag mithin, so die Botschaft <strong>de</strong>s Johannes, <strong>Gott</strong> gar nicht<br />

spekulativ zu ergrün<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn nur durch die Praxis, die Praxis <strong>de</strong>r<br />

Menschenliebe. Er be wegt sich damit ganz und gar auf <strong>de</strong>r Linie Jesu<br />

selber. In <strong>de</strong>r Geschichte vom Weltgericht bil<strong>de</strong>n die Urteilskriterien<br />

nicht die Religionsgesetze, son<strong>de</strong>rn die pure Menschenfreundlichkeit.<br />

Heil o<strong>de</strong>r Unheil kommen uns zu entsprechend unse rem Verhalten zu<br />

<strong>de</strong>n Hungrigen, Durstigen, Kranken, Nackten etc. (Mt 25,31-46). Man<br />

kann gera<strong>de</strong>zu von atheistischen Maßstäben sprechen, die <strong>de</strong>r göttliche<br />

Rich ter anlegt. Denn er ist die Liebe. Der Text sagt nicht, <strong>Gott</strong><br />

habe die Liebe; er sei ein Lieben<strong>de</strong>r - zwischen <strong>de</strong>m Begriff Liebe und<br />

<strong>de</strong>m Begriff <strong>Gott</strong>, besser: zwischen <strong>de</strong>r Realität Liebe und <strong>de</strong>r Realität<br />

<strong>Gott</strong> ist ein schlichtes Gleich heitszeichen, <strong>im</strong> mathematischen Sinn, zu<br />

setzen. Wo also, <strong>im</strong> Maße also, in <strong>de</strong>r Weise also, wo Liebe in dieser<br />

Welt verwirklicht wird, wer<strong>de</strong>n wir einer Epipha nie <strong>Gott</strong>es gewürdigt.<br />

Es gibt die schöne Antiphon: »Ubi caritas et amor, Deus ibi est« - Wo<br />

die Güte und die Liebe ist, da ist <strong>Gott</strong>. So ist es! Daraus resul tiert<br />

zum einen die in <strong>de</strong>r Parabel vom verlorenen Sohn ansichtig gewor<strong>de</strong>ne<br />

Universalität qualitativer wie quantitativer Art <strong>de</strong>r Liebe <strong>Gott</strong>es,<br />

daraus auch <strong>de</strong>r eben angesprochene »Atheismus <strong>Gott</strong>es« in seinem<br />

Verhältnis zu <strong>de</strong>n Menschen. Die Tat <strong>de</strong>r Liebe bedarf nicht <strong>de</strong>r<br />

Namentlichkeit und nicht <strong>de</strong>r Namhaftigkeit; sie geschieht in <strong>de</strong>r<br />

Anonymität <strong>de</strong>s Sich-Verschenkens und dieses wird nicht gemes sen<br />

an <strong>de</strong>r Quantität <strong>de</strong>r Leistung, vielmehr an <strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>r Hingabe.<br />

Ein einziger Becher kalten Wassers kann einem da <strong>de</strong>n h<strong>im</strong>mlischen<br />

Lohn bringen (Mt 10, 42).<br />

Unversehens sind wir bereits in eine Analyse <strong>de</strong>r Liebe geraten.<br />

Wenn wir wissen wollen, wer <strong>Gott</strong> nach christlichem Verstehen ist,<br />

und wenn <strong>Gott</strong> die Liebe nach christlichem Verstehen ist, dann müssen<br />

wir hier weiterfahren: Wenn wir wissen, was Liebe ist, erahnen<br />

wir, wer <strong>Gott</strong> ist. Wir erahnen es, wir wissen es nicht voll umfänglich,<br />

sofern wir Liebe stets nur fragmentarisch erleben. Wir kennen <strong>im</strong>mer<br />

nur Lieben<strong>de</strong>, aber nicht die Liebe in Vollendung. Aber wir müssen<br />

in dieser Richtung weitergehen. Nochmals ist zu betonen, dass wir<br />

uns auch jetzt weigern, in die Tiefen philosophischer Spekulationen<br />

zu gehen - nicht, weil wir sie mißachteten, son<strong>de</strong>rn weil es nicht sein<br />

kann, dass vor die <strong>Gott</strong>eserkenntnis ein Philosophiestudium als conditio<br />

sine qua non geschaltet ist. Die Mehrzahl <strong>de</strong>r biblischen Autoren<br />

hat es sicherlich nicht besessen. Was sie taten und was auch wir einzig<br />

zu tun haben, ist eine Analyse unserer Erfahrungen, zuerst mit <strong>de</strong>r<br />

Liebe. Und <strong>de</strong>rlei Erfahrungen fehlen kaum einem Menschen. Liebe ist<br />

ein Prozeß, ein Vorgang in Akten, ein Geschehen in Schritten.<br />

Der er ste läßt sich verbal so darstellen: Ich bin <strong>de</strong>in. Das ist die Hingabe,<br />

das Ver schenken seiner selbst, das für sie konstitutiv ist. Liebe<br />

ist Entäußerung; <strong>de</strong> ren Maß ist auch <strong>de</strong>r Zeiger an <strong>de</strong>r Skala <strong>de</strong>r Liebe.<br />

Schritt Nummer zwei ist die Erklärung: Du sollst sein. Wer liebt, will<br />

nicht vergewaltigen<strong>de</strong> Vereinnahmung <strong>de</strong>r geliebten Person; er will<br />

<strong>de</strong>ren Vollendung. Sie soll ganz zu sich kommen. Der Mann, <strong>de</strong>r eine<br />

Frau liebt, möchte nicht, dass sie Mann, son<strong>de</strong>rn <strong>im</strong>mer weib licher<br />

wird. Der letzte Schritt ist eine Bitte: Sei du mein. Liebe ist sehn süchtig<br />

(da steckt »Sucht« drin!) nach Gegenliebe. Erst darin wird sie ganz sie<br />

selber und beglückt die in sie einbezogenen Personen. Wir nennen<br />

erst dieses Endstadium <strong>de</strong>s Prozesses <strong>im</strong> vollen Sinn Liebe.<br />

Die Zeitzeugen <strong>de</strong>s Jesusgeschehens, die ihre Erfahrungen <strong>im</strong><br />

Neuen Testament zu Protokoll gegeben haben, haben in <strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>nken<br />

und Reflektieren, in das sie ihre Leserinnen und Leser, die<br />

Glauben<strong>de</strong>n, einbezogen haben - zweiter Punkt <strong>de</strong>r Erfahrungsanalyse<br />

-, zwei Dinge erkannt: (1) Dieses Jesusgeschehen ist <strong>de</strong>r eschatologische,<br />

endgültige und unüberholbare Vollzug <strong>de</strong>r bereits in<br />

<strong>de</strong>r alttestamentlichen Erfahrung festgehaltenen Liebe <strong>Gott</strong>es zu <strong>de</strong>n<br />

Menschen. (2) Dieses Jesusgeschehen mit allen seinen Konsequenzen<br />

ist die Manifestation von drei in sich stehen<strong>de</strong>n, wiewohl untrennbaren<br />

<strong>Gott</strong>esvollzügen, die mit Vater, Sohn und Geist namhaft gemacht<br />

wer<strong>de</strong>n. Davon haben wir oben bereits ausführlicher ge sprochen.<br />

Von diesem Moment an war es nur noch eine Frage <strong>de</strong>r Zeit, bis die<br />

bei<strong>de</strong>n Erfahrungen synthetisiert wur<strong>de</strong>n in Richtung auf eine Aussage<br />

über <strong>Gott</strong> selber, über sein Sein und Wesen. Das war über die<br />

johanneische Erkenntnis, er sei die Liebe, leicht zu bewerkstelligen.<br />

Wenn <strong>Gott</strong> die Liebe ist und wenn die eine Liebe dreiförmig realisiert<br />

wird durch die Existenz von Lieben<strong>de</strong>m, Gelieb tem und <strong>de</strong>r sie verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Liebe, dann muß <strong>Gott</strong> nicht nur für uns, son<strong>de</strong>rn auch in sich<br />

eine Drei-Einheit sein. Diese kann nicht an<strong>de</strong>rs gedacht wer<strong>de</strong>n als absolute<br />

Hingabe (erster Schritt <strong>de</strong>r Liebe), als absolute Freiheit (zweiter<br />

Schritt), als absolute Offenheit von Schenken und Empfangen (dritter<br />

Schritt). Diese Dreiheit ist <strong>im</strong> menschlichen Horizont <strong>im</strong>mer eine numerische<br />

Pluralität. Genau darin liegt die Tragik menschlicher Liebe, das<br />

Scheitern, das En<strong>de</strong>n. Denn die mögliche Einheit ist stets unvollkommen,<br />

eine Approx<strong>im</strong>ation, nie absolut. Auch die innigste Umarmung<br />

löst sich, die Gleichst<strong>im</strong>migkeit <strong>de</strong>r Seelen klingt wie<strong>de</strong>r auseinan<strong>de</strong>r;


22 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 23<br />

vor allem aber: Der Tod ist stärker als die Präsenz <strong>de</strong>r Liebe. So können<br />

wir uns die Liebesdreiheit nur als Summation vorstellen. Dementsprechend<br />

erscheint die Trinitätslehre von außen als Tritheismus -<br />

<strong>de</strong>r Vor wurf vor allem <strong>de</strong>s Islam. Doch diese Konsequenz ist nicht<br />

sachlich zwingend. In <strong>de</strong>r absoluten Vollkommenheit <strong>Gott</strong>es liegt beschlossen,<br />

dass die drei »Schritte« keine zeitliche, son<strong>de</strong>rn nur eine<br />

logische Folge sein können, dass ferner die Einheit <strong>de</strong>s Unterschie<strong>de</strong>nen<br />

zwar das Unterschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> wahrt, aber <strong>de</strong>nnoch es zur rückhaltlosen<br />

Einigung bringt. Die christliche Trinitätslehre ist, so betrach tet,<br />

die Radikalisierung <strong>de</strong>s Monotheismus.<br />

Die Synthetisierung aller jener Erfahrungen nun ist das Geschäft<br />

<strong>de</strong>r Theologie <strong>de</strong>r ersten fünf christlichen Jahrhun<strong>de</strong>rte, begleitet und<br />

notfalls abgesichert durch das vor allem in <strong>de</strong>n Syno<strong>de</strong>n und Konzilien<br />

vorgetragene Glaubenszeugnis <strong>de</strong>r ganzen Kirche. Weil es unter<br />

<strong>de</strong>r Konstellation <strong>de</strong>s Hellenismus geleistet wer<strong>de</strong>n mußte, kommen<br />

jene hellenistische Formeln heraus, die für uns so unver daulich sind.<br />

Sofern die christliche <strong>Gott</strong>eslehre nun einmal historisch so aus gebil<strong>de</strong>t<br />

wor<strong>de</strong>n ist und die Resultate auch formal als verbindlich galten, geriet<br />

die <strong>Gott</strong>eslehre, vor allem die Trinitätslehre zu jenem unanschaulichen,<br />

höchst diffizilen Konstrukt. Im Kern aber, das sollte <strong>de</strong>utlich<br />

gewor<strong>de</strong>n sein, ist die <strong>Gott</strong>eslehre <strong>de</strong>s <strong>Christentum</strong>s nichts an<strong>de</strong>res<br />

als <strong>de</strong>r Ausdruck <strong>de</strong>r ge schichtlichen Erfahrung vom Han<strong>de</strong>ln <strong>Gott</strong>es<br />

an <strong>de</strong>n Menschen durch Jesus von Na zaret und <strong>de</strong>ren Analyse in <strong>de</strong>r<br />

Kategorie <strong>de</strong>r Menschheitserfahrung Liebe. Man kann es ganz dicht<br />

sagen: Seit Karfreitag und Ostern wissen wir, dass <strong>Gott</strong> uns radikal<br />

lieb hat - dann aber muß er <strong>de</strong>r drei-eine <strong>Gott</strong> sein.<br />

5 <strong>Gott</strong> durch das <strong>Christentum</strong>:<br />

Die Konsequenzen <strong>de</strong>s <strong>Gott</strong>esbil<strong>de</strong>s<br />

Erfahrungen macht man, man kann sie nieman<strong>de</strong>n aufoktroyieren.<br />

Aber Erfahrungen sind überprüfbar, das ist die Voraussetzung dafür,<br />

dass sich jemand auf sie einlassen kann. Die Überprüfung <strong>de</strong>r Wahrheit<br />

einer Erfahrung <strong>im</strong> empirischen Be reich ist das Exper<strong>im</strong>ent. Die<br />

Vergewisserung einer Erfahrung <strong>im</strong> Bereich <strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nz, zu <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Bereich <strong>Gott</strong>es gehört, ist die Bewährung. Ob ich ge liebt wer<strong>de</strong>,<br />

<strong>de</strong>ssen kann ich mich nur kundig machen durch die Beobachtung <strong>de</strong>s<br />

Verhaltens <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Person: Steht sie auf meiner Seite, sorgt sie in<br />

<strong>de</strong>n Ta gen <strong>de</strong>r Not für mich, ist sie bereit zu Verzicht und Opfer um<br />

meinetwillen, hält sie in <strong>de</strong>r Anfechtung die Treue? Ob also die christliche<br />

<strong>Gott</strong>eslehre nur ein kristallenes Konstrukt erhabenen Denkens<br />

ist o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r nüchternen Realität <strong>de</strong>r alltäglichen Erfahrung standhalten<br />

kann, ist an <strong>de</strong>n Auswirkungen zu sehen, die es hat. Differenzierend<br />

ist anzumerken: Bei <strong>de</strong>n Auswirkungen kann nicht al lein<br />

an <strong>de</strong>n Ist-Status gedacht wer<strong>de</strong>n; auch <strong>de</strong>r Soll-Stand ist wichtig.<br />

Wenn in einer Liebesbeziehung ein Partner untreu ist, <strong>de</strong>savouiert das<br />

nicht die Liebe, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Partner, <strong>de</strong>r sich ihr gegenüber, verfehlt.<br />

Mit an<strong>de</strong>ren Worten: Wir suchen nach <strong>de</strong>n Sachfolgerungen; dabei<br />

stellen wir in Rechnung, dass Menschen sich ihnen entziehen ohne sie<br />

damit Lügen zu strafen.<br />

Der Freiburger Dogmatiker Gisbert Greshake hat 1997 ein Werk<br />

mit mehr als einem halben Tausend Seiten auf <strong>de</strong>n Markt gebracht,<br />

<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n Titel gegeben hat: »Der dreieine <strong>Gott</strong>«. Aber davon unmittelbar<br />

han<strong>de</strong>lt lediglich <strong>de</strong>r erste Teil, weniger als die Hälfte <strong>de</strong>s<br />

Buches. Worum es genau geht, verrät <strong>de</strong>r Untertitel: »Eine trinitarische<br />

Theologie«. Der Autor hat sich die dankenswerte Mühe gemacht,<br />

ich zitiere die Überschrift über <strong>de</strong>n zweiten Teil, »Trinität<br />

als Mitte und Verstehensschlüssel <strong>de</strong>s christlichen Glaubens« zu zeigen.<br />

Er macht anschau lich, dass in <strong>de</strong>r Tat die großen theologischen<br />

Themen von <strong>de</strong>r Schöpfung über Sühne und Erlösung bis hin zu<br />

Kirche und Politik erst durch das christliche <strong>Gott</strong>esbild ins rechte Licht<br />

gebracht wer<strong>de</strong>n. Wir wollen und können nicht das umfangreiche<br />

Material neuerlich darbieten. Doch wenigstens exemplarisch soll an<br />

drei christlichen Lebens- und Lei<strong>de</strong>nsvollzügen, die zum Teil Greshake<br />

nicht sehr ausbreitet, illustriert wer<strong>de</strong>n, dass und wie sich die <strong>Gott</strong>eslehre<br />

<strong>de</strong>s <strong>Christentum</strong>s <strong>im</strong> Christsein bewährt - unter <strong>de</strong>n genannten<br />

Bedingtheiten. Wir sprechen von <strong>de</strong>r christlichen Caritas (1), vom Kirchenverständnis<br />

<strong>de</strong>r Christen (2) und von <strong>de</strong>r Theodizeeproblematik<br />

<strong>im</strong> Licht <strong>de</strong>r Trinitätstheologie (3). Es versteht sich, dass bei <strong>de</strong>r enormen<br />

Fülle <strong>de</strong>r Gedanken, die je<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r drei Stichworte wecken kann,<br />

nur einige wenige Hinweise, Assoziationen eher <strong>de</strong>nn Ex plikationen,<br />

gegeben wer<strong>de</strong>n können.


24 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 25<br />

(1) Caritas<br />

Im Jahr 1999 brachte <strong>de</strong>r Berliner Siedler Verlag die <strong>de</strong>utsche Übersetzung<br />

einer hochinteressanten Studie <strong>de</strong>s englischen Althistorikers<br />

James N. Davidson heraus: »Kurtisanen und Meeresfrüchte. Die<br />

verzehren<strong>de</strong>n Lei<strong>de</strong>nschaften <strong>im</strong> klassischen Athen«. Mit Witz und<br />

Tiefgründigkeit untersucht er die Geschichte <strong>de</strong>s Begehrens am<br />

Beispiel <strong>de</strong>r Hauptstadt Attikas. Dieses Begehren bezeichneten die<br />

Griechen als »Liebe« (philia). Davidson bemerkt:<br />

»Mit diesem Sprachgebrauch war man sich allgemein einig,<br />

daß Liebe in allen ihren Abstufungen und Variationen, von<br />

<strong>de</strong>r Anziehung durch einen schönen Menschen bis zur schieren<br />

tierischen Lust, in allen menschli chen Dingen die größte Macht<br />

ausübte. Konfrontiert mit <strong>de</strong>r Wahl zwi schen weltlicher Macht,<br />

militärischem Ruhm und einer weiblichen Schön heit, war es<br />

nur natürlich, daß Paris <strong>de</strong>r Helena verfiel und Aphrodite <strong>de</strong>n<br />

gol<strong>de</strong>nen Apfel überreichte. Und es war auch klar, daß dies<br />

ein ka tastrophales Unheil nach sich ziehen wür<strong>de</strong>. Liebe wur<strong>de</strong><br />

ganz und gar mit Verrücktheit assoziiert« 15 .<br />

Mit einer langen Zeugenliste von Platon bis Aristophanes erhärtet <strong>de</strong>r<br />

Gelehrte diese Feststellung. Liebe ist eine Mangelerscheinung, eigentlich<br />

ein Defekt, eine Betriebsstörung <strong>de</strong>s Humanum, vor <strong>de</strong>r man<br />

sich nach Möglichkeit hüten muß te. Und wenn schon nicht, dann<br />

kann man nur lieben, was man nicht hat, also das je Vollkommene.<br />

Schwaches, Min<strong>de</strong>res, Böses kann nicht Objekt <strong>de</strong>r Philia wer<strong>de</strong>n -<br />

das wäre pervers. Es ist dann sehr verständlich, dass <strong>Gott</strong> nicht<br />

lieben, ge schweige <strong>de</strong>nn die Liebe sein kann. So ist konsequenterweise<br />

<strong>de</strong>r <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>s Ari stoteles zwar »hôs erômenon«, wie ein<br />

Geliebtes (Neutrum!), aber selber kein Lie ben<strong>de</strong>r. Er zieht an, weil er<br />

Mangelauffüllung verheißt, aber er selber ruht in sich, ein unbeweglicher<br />

Beweger.<br />

Die christliche <strong>Gott</strong>esvorstellung zeigt <strong>de</strong>mgegenüber jenen revolutionären<br />

Zug, <strong>de</strong>r schon einmal erwähnt wor<strong>de</strong>n ist. Wenn <strong>Gott</strong><br />

die dreieine Liebe ist und als solche erfahren wird, dann muß Liebe<br />

Vollkommenheit und kann nicht mehr Mangel sein. Das ist eine<br />

Schubumkehr <strong>de</strong>r Kräfte <strong>de</strong>s Begehrens, die Kanonisierung <strong>de</strong>r nun<br />

nicht mehr süchtigen, weil verantworteten Sehnsucht nach <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren.<br />

Alle ihre Gestalten und Formen sind eine, keine ausgeschlossen:<br />

Agape, Eros und Se xus. Unverrückbar gilt: Wo die Güte und die<br />

Liebe ist, und sei es noch so abge schwächt und mangelhaft, da ist<br />

<strong>Gott</strong>. Der Weise ist also nicht <strong>de</strong>r Enthaltsame als solcher, son<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>r wahrhaft (das heißt: nicht egoistisch) Lieben<strong>de</strong>. Die se Weisheit<br />

vollen<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r Liebe zu <strong>de</strong>n Zu-Kurz-Gekommenen. Aus <strong>de</strong>r<br />

an tiken Torheit einer Fürsorge für die Alten wird die Klugheit <strong>de</strong>r<br />

biblischen Jungfrauen. »Sexagenarii <strong>de</strong> ponte« (wer 60 ist, gehört<br />

ins Wasser geworfen), sagten die Hei<strong>de</strong>n, die Christen sagten nichts,<br />

grün<strong>de</strong>ten aber Siechenkobel. Der ›Atheismus‹ <strong>de</strong>r matthäischen<br />

Gerichtsnormen erweist sich als nüchterner Ausdruck <strong>de</strong>r Realität<br />

trinitarischen <strong>Gott</strong>esglaubens.<br />

Was als Hilfsaktion für die akut Bedürftigen begann, hat sich inzwischen<br />

zu ei ner globalen Humanisierung wenigstens ten<strong>de</strong>ntiell entwickelt.<br />

In einem manchmal unerträglich langen, aber endlich doch<br />

vollzogenen Egalisierungsprozeß mit Sta tionen wie Sklavenbefreiung<br />

und Frauenemanzipation kristallisierte sich <strong>im</strong> westlichen (also<br />

herkunftsmäßig christlichen) Raum die Überzeugung von <strong>de</strong>r Universalität<br />

<strong>de</strong>r Menschenrechte heraus. Sie sind ohne ein trinitarisches<br />

<strong>Gott</strong>es <strong>de</strong>nken nicht vorstellbar. Das erklärt, um gewissermaßen die<br />

Gegenprobe zu ver suchen, <strong>de</strong>n Umstand, dass sie unter <strong>de</strong>r Ägi<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Islam kaum zu <strong>de</strong>nken sind.<br />

(2) Kirche<br />

Die be<strong>de</strong>utendste römisch-katholische lehramtliche Verlautbarung<br />

über Wesen und Funktion <strong>de</strong>r Glaubensgemeinschaft ist die dogmatische<br />

Konstitution »Lumen gen tium« <strong>de</strong>s 2. Vatikanischen Konzils<br />

von 1964. Das be<strong>de</strong>utendste Moment innerhalb dieses Dokumentes<br />

ist die Entscheidung <strong>de</strong>r Konzilsbischöfe gewesen, entgegen <strong>de</strong>n Plänen<br />

<strong>de</strong>r vorbereiten<strong>de</strong>n Kommission an <strong>de</strong>n Anfang eine Besinnung<br />

über »Das Mysterium <strong>de</strong>r Kirche« zu stellen. Einer <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten<br />

Sätze hinwie<strong>de</strong>rum in diesem Kapitel ist <strong>de</strong>r Satz in Nr.4: »So erscheint<br />

die ganze Kirche als ›das von <strong>de</strong>r Einheit <strong>de</strong>s Vaters und <strong>de</strong>s Sohnes<br />

und <strong>de</strong>s Heiligen Geistes her geeinte Volk‹«. Er ist <strong>im</strong> wesentlichen<br />

ein Sammelzitat, das ausweislich <strong>de</strong>r zugehörigen Anmerkung 4 die<br />

Summe <strong>de</strong>r patristischen Ekklesiologie darstellt.


26 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 27<br />

Aus dieser hat die Konstitution das altkirchliche Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r<br />

Glaubensgemein schaft rekonstruiert, das nicht von ihr, aber von<br />

<strong>de</strong>r nachfolgen<strong>de</strong>n theologi schen Reflexion als kommunional charakterisiert<br />

wor<strong>de</strong>n ist: Kirche ist communio o<strong>de</strong>r (in sehr annähern<strong>de</strong>r,<br />

aber nicht <strong>de</strong>ckungsgleicher Übersetzung) Gemein schaft. In <strong>de</strong>r<br />

Kirche, soll damit gesagt wer<strong>de</strong>n, vollzieht sich <strong>im</strong>mer neu und durch<br />

die gesamte Geschichte die Urerfahrung <strong>de</strong>r Jesusgemein<strong>de</strong>: Der<br />

Vater schenkt sich <strong>im</strong> göttlichen Wort <strong>de</strong>s Sohnes, das <strong>im</strong> Beten <strong>de</strong>s<br />

Geistes seinen Wi <strong>de</strong>rhall in <strong>de</strong>n Glauben<strong>de</strong>n fin<strong>de</strong>t. So geschehen Rettung<br />

und Erlösung, Freiheit und Liebe in <strong>de</strong>r Welt. Die Kirche ist mithin<br />

einbezogen in <strong>de</strong>n seit <strong>de</strong>r Schöp fung laufen<strong>de</strong>n Dialog <strong>Gott</strong>es mit<br />

<strong>de</strong>m Kosmos, repräsentiert durch das menschli che Geschlecht, das<br />

sich als Volk <strong>Gott</strong>es in <strong>de</strong>r Kirche sammelt. In<strong>de</strong>m es sich durch <strong>de</strong>n<br />

Geist, <strong>de</strong>r trinitarisch Gabe und Mitteilung als Personalität <strong>de</strong>r Lie be<br />

ist, in die göttliche Communio einbeziehen läßt, wird es selber zur<br />

<strong>Gott</strong>es gabe für die Welt, zum Sakrament <strong>de</strong>r göttlichen Einheit -<br />

auch das ist eine alte, vom Konzil wie<strong>de</strong>r aufgenommene Erkenntnis<br />

16 , zum Ort <strong>de</strong>s heilsgeschichtlichen Dialoges.<br />

Je<strong>de</strong>r weiß: Das ist aber nun wirklich nur schöner Schein. Die real<br />

existieren<strong>de</strong> Kirche erleben wir an<strong>de</strong>rs. Wir sind von <strong>de</strong>r kommunionalen<br />

I<strong>de</strong>e weit entfernt. Das ist richtig. Richtig aber ist auch, dass die<br />

Kirche in einer erheblichen Krise steckt. Und wenn das Konzil recht<br />

hat, ist überdies richtig, dass das et was mit <strong>de</strong>m Mangel an Kommunionalität<br />

zu tun haben muß. Die nachkonziliare Forschung hat<br />

schon lange nachgewiesen, dass innerhalb von ›Lumen gentium‹,<br />

eine folgenreiche Ambiguität besteht. Die Kirchenversammlung hat<br />

das patristische Mo<strong>de</strong>ll zwar aufgegriffen, aber <strong>de</strong>r vorkonziliaren<br />

Leib-Christi-I<strong>de</strong>ologie nicht <strong>de</strong>n konsequenten Abschied gegeben,<br />

<strong>de</strong>r sachlich unumgänglich gewesen wäre. Denn bei<strong>de</strong> Bil<strong>de</strong>r vertragen<br />

sich nicht. Die <strong>im</strong> Mittelalter unter <strong>de</strong>m Horizont <strong>de</strong>r feudalistischen<br />

Gesellschaftsordnung entwickelte, nur formal an Paulus<br />

anknüp fen<strong>de</strong> Leib-Christi-Vorstellung war einzig zentriert auf Christus,<br />

exakt: auf seine Hauptesfunktion, nicht ausgerichtet an <strong>de</strong>r<br />

Lehre über jenen Heiligen Geist, als <strong>de</strong>ssen Werk die Kirche seit alters<br />

in <strong>de</strong>n Symbola genannt wur<strong>de</strong>. Sie war daher monokausal, hierarchologisch,<br />

zentralistisch, dualistisch und eindi mensional - je<strong>de</strong>nfalls<br />

ganz und gar abseits von Wirklichkeiten <strong>de</strong>r christli chen <strong>Gott</strong>eslehre<br />

wie Dialog, Gemeinschaft, Gabe, Austausch, gegenseitiger gleichgeordneter<br />

Liebe. Die <strong>de</strong>rzeit überall in <strong>de</strong>r Kirche auftreten<strong>de</strong>n<br />

Probleme sind, wie an dieser Stelle nur aufgerufen wer<strong>de</strong>n kann, zu<br />

einem entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Teil durch die Favorisierung <strong>de</strong>s mittelalterlichen<br />

gegenüber <strong>de</strong>m patristischen Mo<strong>de</strong>ll verursacht. Erst wenn die<br />

Kirche wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Trinitätstheologie orientiert wird, gleicher-weise<br />

in Lehre wie in Leben, kann man eine positive Wen<strong>de</strong> erwarten. Das<br />

Leitbild einer kommen<strong>de</strong>n Kirchenerneuerung muß die <strong>Gott</strong>eslehre<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

(3) Kenosis<br />

Der letzte Prüfstein aller <strong>Gott</strong>esre<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Neuzeit ist das Böse. Das<br />

gilt in schärfster Weise dann, wenn sie als Analyse <strong>de</strong>r Liebe sich expliziert.<br />

Löst die Lehre von <strong>de</strong>r Trinität das Leid <strong>de</strong>r Welt? Darauf kann<br />

die Antwort nur Nein lau ten! Das Mysterium <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong> erscheint in<br />

<strong>de</strong>r faktischen Geschichte so unauflöslich mit <strong>de</strong>m Mysterium <strong>Gott</strong>es<br />

verflochten, dass das eine nur unter Auf<strong>de</strong>c kung <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren, in<br />

etwa wenigstens, einsichtig wer<strong>de</strong>n wird. Offensichtlich, so haben<br />

die unermüdlichen philosophischen und theologischen Spekulationen<br />

erbracht, ist gera<strong>de</strong> das innerhalb <strong>de</strong>r Geschichte nicht zu erreichen.<br />

Es könnte sein, dass <strong>de</strong>r innerste Sinn <strong>de</strong>ssen, was wir das Jüngste<br />

o<strong>de</strong>r Welt-Gericht nen nen, darin besteht, dass <strong>Gott</strong> uns in allen Einzelheiten<br />

<strong>de</strong>r Gesamtgeschichte wie je<strong>de</strong>r individuellen Biographie enthüllt,<br />

dass und in welcher Weise seine dreieine Liebe in je<strong>de</strong>m Moment<br />

auch <strong>de</strong>r abgründigen Bosheit helfend und rettend zugegen<br />

gewesen ist. Es läßt sich <strong>de</strong>nken, dass das übergroße Dunkel <strong>de</strong>r<br />

Ge schichte eigentlich übergrosses Licht ist - für unsere schwachen<br />

Augen hat bei <strong>de</strong>s die gleiche Wirkung. Wie <strong>im</strong>mer es ist, jetzt je<strong>de</strong>nfalls<br />

wer<strong>de</strong>n wir so oft nur <strong>de</strong>r Finsternis gewahr. Nur das kann zu<br />

fragen gewagt sein: Fällt von <strong>de</strong>r Herrlichkeit <strong>de</strong>s dreifaltigen <strong>Gott</strong>es<br />

wenigstens ein kleiner Strahl in sie?<br />

Die neutestamentliche Urerfahrung von <strong>Gott</strong> war eine Lei<strong>de</strong>sund<br />

Lei<strong>de</strong>nserfah rung. Schon das Erste Testament berichtet auf<br />

weite Strecken von <strong>de</strong>r Verstric kung <strong>Gott</strong>es mit <strong>de</strong>m menschlichen<br />

Geschick und damit mit <strong>de</strong>m Übel moralischer wie physischer Provenienz.<br />

Jack Miles hat in seinem Buch »<strong>Gott</strong>. Eine Biogra graphie« 17<br />

diese Tatsache mit stupen<strong>de</strong>r Kenntnis <strong>de</strong>s Tanak, <strong>de</strong>s jüdischen<br />

Bibel kanons, einläßlich beschrieben. Im Aufgreifen rabbinischer Texte


28 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 29<br />

habe ich die Referate <strong>de</strong>r Tagung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschsprachigen Dogmatiker<br />

und Fundamentaltheolo gen 1998, die sich mit <strong>de</strong>m »dunklen <strong>Gott</strong><br />

befaßten, unter <strong>de</strong>m Titel zusammen gefaßt: »<strong>Gott</strong> - ratlos vor <strong>de</strong>m<br />

Bösen?« 18 . Man kann - das ist gewollt - <strong>de</strong>n Titel so lesen, dass <strong>de</strong>r<br />

Ratlose <strong>Gott</strong> ist, aber auch so, dass angesichts <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>esfrage wir<br />

ratlos wer<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>r Faktizität <strong>de</strong>s Bösen. Angesichts <strong>de</strong>s Kreuzesto<strong>de</strong>s<br />

Jesu wird <strong>de</strong>r Fragenkomplex auf die <strong>de</strong>nkbare Spitze getrieben.<br />

Er stellt die Addition <strong>de</strong>s äußersten moralischen Bösen (<strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong>nlose<br />

erlei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Schandtod) und <strong>de</strong>s schrecklichsten physischen<br />

Bösen (Kreuzigung als damals schl<strong>im</strong>mstmögliche Tötungsart) dar.<br />

Wenn also die ersten Christen von <strong>de</strong>r Liebe <strong>Gott</strong>es re<strong>de</strong>n, dann ist<br />

das kein fromm-harmloses Gesäusel, son<strong>de</strong>rn vollzieht sich auf <strong>de</strong>r<br />

Folie <strong>de</strong>s konkreten Bösen in allen Formen, <strong>de</strong>m sie zeitlich noch sehr<br />

nahe stan<strong>de</strong>n. Leid und Liebe wer<strong>de</strong>n nicht als unvereinbare Daten<br />

erlebt, son<strong>de</strong>rn als etwas, das nicht nur in Juxtaposition, son<strong>de</strong>rn in<br />

Durchdringung 19 existiert. Wie aber läßt sich das aushalten?<br />

Die antiken Götter konnten nicht lieben und nicht lei<strong>de</strong>n 20 . Wer<br />

keinen Mangel kennt, <strong>de</strong>n er aufzufüllen trachtet, vermag auch<br />

keinen Schmerz zu emp fin<strong>de</strong>n, wenn das mißlingt. Muß dann wer<br />

liebt, auch lei<strong>de</strong>n? <strong>Gott</strong>fried von Straßburg dichtete um 1200 <strong>de</strong>n<br />

bekannten Vierzeiler 21 :<br />

Dem nie durch Liebe Leid geschah,<br />

<strong>de</strong>m ward auch Lieb durch Lieb nie nah;<br />

Leid kommt wohl ohne Lieb allein,<br />

Lieb kann nicht ohne Lei<strong>de</strong>n sein«.<br />

Denn auch wenn Liebe nicht - griechisch - Mangel, son<strong>de</strong>rn - christlich<br />

- Fülle ist, <strong>de</strong>r Lieben<strong>de</strong> muß sich allemal gemein und eins machen<br />

mit <strong>de</strong>m Geliebten, so er liebt. Lieben heißt sagen: »Ich bin <strong>de</strong>in«. Das<br />

ist nur dann keine Floskel, wenn er sich tatsächlich darangibt, wegschenkt,<br />

ausliefert an <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren. Wenn also <strong>Gott</strong> die Liebe ist, ist er<br />

auch <strong>de</strong>r sich Verströmen<strong>de</strong>. Liebe be<strong>de</strong>utet Entäuße rung; <strong>de</strong>r<br />

bibelgriechische Begriff dafür lautet ›kenosis‹. Das Substantiv hängt<br />

zusammen mit ›kenos‹ wie leer, ö<strong>de</strong>, nichtig, entblößt. Liebe ist also,<br />

wie<strong>de</strong>r ge raten wir zu Griechenland in Wi<strong>de</strong>rspruch, keineswegs aufzufüllen<strong>de</strong>r<br />

Mangel, son<strong>de</strong>rn sich entblößen<strong>de</strong> Fülle. Die Dreieinheit<br />

<strong>Gott</strong>es ist dann, gera<strong>de</strong> weil Realisierung <strong>de</strong>r Liebe <strong>Gott</strong>es, Entäußerung,<br />

ja Veräußerung <strong>Gott</strong>es selber. In<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Vater <strong>im</strong> Geist <strong>de</strong>n<br />

Sohn liebt, wird er selber gleichsam gottlos. Diese in nergöttliche<br />

Dramatik schil<strong>de</strong>rt Hans Urs von Balthasar 22 :<br />

»In <strong>de</strong>r Liebe <strong>de</strong>s Vaters liegt ein absoluter Verzicht, für<br />

sich allein <strong>Gott</strong> zu sein, ein Loslassen <strong>de</strong>s <strong>Gott</strong>seins und in<br />

diesem Sinne eine (göttliche) <strong>Gott</strong>-losigkeit (<strong>de</strong>r Liebe natürlich),<br />

die man keineswegs mit <strong>de</strong>r innerweltlichen <strong>Gott</strong>losigkeit<br />

vermengen darf, die aber doch <strong>de</strong>ren Möglichkeit (überholend)<br />

grundlegt«.<br />

Ist schon die innergöttliche Liebe Selbstverlorenheit, so gilt das erst<br />

recht dann, wenn <strong>Gott</strong> seine Liebe in <strong>de</strong>r Schöpfung veräußert, in<strong>de</strong>m<br />

er sich mit <strong>de</strong>n Geschöpfen gemein macht, <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong> Abrahams,<br />

Isaaks und Jakobs wird. Das Neue Testament bringt diesen Umstand<br />

auf die Formel: »So sehr hat <strong>Gott</strong> die Welt ge liebt, dass er seinen<br />

einzigen Sohn dahingab« (Joh 3,16; ähnlich Röm 8,32). So gibt es aus<br />

<strong>de</strong>r christlichen <strong>Gott</strong>eslehre keine Antwort darauf, warum es seine<br />

Liebe nicht möglich machen kann, dass doch eine freundlichere, eine<br />

leidlosere, eine lei<strong>de</strong>rträgliche Welt existiert. Aber sie versichert <strong>de</strong>n<br />

Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n, dass er in einer Leidgemeinschaft mit <strong>Gott</strong> selber steht<br />

und dass <strong>Gott</strong> an seinem Lei <strong>de</strong>n lei<strong>de</strong>t. <strong>Gott</strong> hat wirklich Mit-Leid -<br />

und nur er kann es wirklich haben. Wo wir Menschen von Mitleid<br />

sprechen, meinen wir lediglich Anteilnahme, besten falls Solidarisierung,<br />

aber nicht echte Kompassion. Man kann die Schmerzen ei nes<br />

an<strong>de</strong>ren, und sei er noch so sehr geliebt, nicht tatsächlich haben. Man<br />

kann <strong>de</strong>n Tod eines an<strong>de</strong>ren nicht sterben, son<strong>de</strong>rn nur Hinterbliebener<br />

wer<strong>de</strong>n. <strong>Gott</strong> aber wird eins mit <strong>de</strong>m Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n; er win<strong>de</strong>t<br />

sich unter allen Schmerzen, schreit in aller Unterdrückung, stirbt je<strong>de</strong>n<br />

Tod. Das gibt <strong>de</strong>m Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n die Möglich keit <strong>de</strong>s Ertragens. Ihm wird<br />

die Communio <strong>de</strong>s lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n <strong>Gott</strong>es angeboten, damit er auch die<br />

Teilhabe an <strong>de</strong>ssen Lei<strong>de</strong>süberwindung erfahre. Denn die neutestamentliche<br />

<strong>Gott</strong>eserfahrung kulminiert nicht auf <strong>de</strong>r Höhe von Golgotha,<br />

son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Lebensfülle <strong>de</strong>s Ostertages, in <strong>de</strong>r göttliche Höhe<br />

erreicht wird. In<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Sohn seinen Geist (<strong>de</strong>r <strong>im</strong> Innersten <strong>de</strong>r Heilige<br />

Geist ist, <strong>de</strong>m er seine ir dische Existenz verdankt) nach Joh 19,30<br />

aushaucht (das Bild <strong>de</strong>r Väter auch für das innergöttliche Liebeshan<strong>de</strong>ln<br />

<strong>de</strong>r ersten und zweiten zur dritten göttlichen Person), verliert er<br />

sein Leben und stirbt <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>r Menschen, aber zugleich ist das die<br />

Voraussetzung <strong>de</strong>r lebenwecken<strong>de</strong>n Tat <strong>de</strong>s Vaters. Aus <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>lo-


30 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 31<br />

sigkeit <strong>de</strong>s Sohnes erwächst die Fülle <strong>de</strong>s <strong>Gott</strong>seins. Das aber ist unser<br />

Schick sal, da er zufolge Paulus <strong>de</strong>r Erste unter <strong>de</strong>n Entschlafenen, also<br />

<strong>de</strong>r Grund ihres Schicksals mit <strong>Gott</strong> ist (1 Kor 15,20. 23).<br />

Man kann es auch ganz einfach sagen, so wie 1656 Paul Gerhardt,<br />

<strong>de</strong>r seinerseits auf Arnulf von Löwen in <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong>de</strong>s 13. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

zurückgriff. Die 10. und letzte Strophe <strong>de</strong>s Lie<strong>de</strong>s »0 Haupt<br />

voll Blut und Wun<strong>de</strong>n« lautet 23 :<br />

»Erscheine mir zum Schil<strong>de</strong>,<br />

Zum Trost in meinem Tod,<br />

Und laß mich sehn <strong>de</strong>in Bil<strong>de</strong><br />

In <strong>de</strong>iner Kreuzesnot.<br />

Da will ich nach dir blicken,<br />

Da will ich glaubensvoll<br />

Dich fest an mein Herz drücken.<br />

Wer so stirbt, <strong>de</strong>r stirbt wohl.«<br />

6 <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong><br />

<strong>Gott</strong>eskrise <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong>? Also kein <strong>Gott</strong> mehr <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong>?<br />

An <strong>de</strong>r Wand <strong>de</strong>r Kirchen leuchten Zeichen auf wie ein Menetekel.<br />

So mag es vielen erscheinen. Aber was dahinsiecht, vielleicht schon<br />

gestorben ist, ist nicht <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>r Väter, nicht <strong>de</strong>r Vater Jesu Christi,<br />

nicht die dreieinige Liebe. Es ist nur eine altgewor<strong>de</strong>ne Sprache,<br />

eine verblassen<strong>de</strong> Bil<strong>de</strong>rwelt, die versinkt. Viel leicht müssen wir uns<br />

wirklich ernstlich einlassen auf und einschwingen in die Erfahrung<br />

<strong>de</strong>r ersten österlichen Gemein<strong>de</strong>. Ich <strong>de</strong>nke, wir sind nicht am En<strong>de</strong><br />

<strong>Gott</strong>es angekommen, son<strong>de</strong>rn an einem neuen, Anfang mit ihm. Vor<br />

hun<strong>de</strong>rt Jahren wandte Rilke <strong>im</strong> »Stun<strong>de</strong>nbuch« (1899) sich an <strong>Gott</strong> 24 .<br />

Seine Worte sollen uns entlassen, auf dass wir uns einlassen auf<br />

<strong>Gott</strong>.<br />

»Daraus, daß Einer dich einmal gewollt hat,<br />

weiß ich, daß wir dich wollen dürfen.<br />

Wenn wir auch alle Tiefen verwürfen:<br />

wenn ein Gebirge Gold hat<br />

und keiner mehr es ergraben mag,<br />

trägt es einmal <strong>de</strong>r Fluß zutag,<br />

<strong>de</strong>r in die Stille <strong>de</strong>r Steine greift,<br />

<strong>de</strong>r vollen.<br />

Auch wenn wir nicht wollen:<br />

<strong>Gott</strong> reift.«


32 Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie Köln <strong>Beinert</strong> / <strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong> 33<br />

Anmerkungen<br />

1 Vgl. W. <strong>Beinert</strong>,<br />

<strong>Gott</strong> in unserer Gesellschaft.<br />

Situation Probleme - Wege:<br />

H. Bettschei<strong>de</strong>r (Hg.),<br />

Zugang zur Wirklichkeit<br />

<strong>Gott</strong>es. Die <strong>Gott</strong>esfrage in<br />

<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Welt<br />

(= Veröff. d. Missionspriester<br />

seminars<br />

St. Augustin b. Bonn 50),<br />

Nettetal 1999, 19-43.<br />

2 R. M. Rilke,<br />

Die Gedichte<br />

(= insel taschenbuch 2246),<br />

München 1998, 194.<br />

3 Die Analogielehre besagt,<br />

dass alle Aussagen über<br />

<strong>Gott</strong> aus <strong>de</strong>m empirischen<br />

Bereich nur näherungsweise<br />

auf ihn zutreffen <strong>de</strong>rgestalt,<br />

dass die Unähn lichkeit<br />

größer als die Ähnlichkeit<br />

bleibt. Nach <strong>de</strong>m<br />

unbekannten Autor, <strong>de</strong>r sich<br />

nach <strong>de</strong>m Areopagiten<br />

»Dionysius« nannte (um<br />

600), ist je<strong>de</strong> positive<br />

Aussage von <strong>Gott</strong> aufgrund<br />

<strong>de</strong>r Kompara tivität aller<br />

<strong>Gott</strong>esprädika tionen so fort<br />

zu verneinen, um endlich in<br />

einer absoluten Weise<br />

neuerlich behauptet zu<br />

wer<strong>de</strong>n. Zur philoso phischen<br />

<strong>Gott</strong>eslehre<br />

vgl. z.B. N. Fischer,<br />

Die philo sophische Frage<br />

nach <strong>Gott</strong>.<br />

Ein Gang durch ihre<br />

Stationen<br />

(= AMATECA 2),<br />

Pa <strong>de</strong>rborn 1995.<br />

4 IV. Laterankonzil (1215),<br />

Definition gegen die<br />

Albingenser und <strong>Kath</strong>arer<br />

(DH 800).<br />

5 STh. 1,2,3. Die Schlußformel<br />

lautet: … omnes intelligunt<br />

(I), omnes nomi nant (II),<br />

omnes dicunt (III), dic<strong>im</strong>us<br />

(IV/V) Deum.<br />

6 Pa<strong>de</strong>rborn, 8 1931, Bd. 1, 98 f.<br />

7 H. Heine,<br />

Gedichte 1853 und 1854,<br />

Nr. 8: Zum Lazarus:<br />

Werke, hg. v. P. Stapf,<br />

München o.J., 446.<br />

8 Gesammelte Werke, Band V:<br />

Die Gedichte,<br />

Frankfurt 1985, 245.<br />

9 Düsseldorf 2000.<br />

10 173-295.<br />

11 Erfahrungen eines<br />

katholischen Theologen:<br />

K. Lehmann (Hg.),<br />

Vor <strong>de</strong>m Gehe<strong>im</strong> nis <strong>Gott</strong>es<br />

<strong>de</strong>n Menschen verstehen.<br />

K. Rahner zum<br />

80. Geburts tag,<br />

München Zürich 1984, 108.<br />

12 Halbzeit. Roman.<br />

Revidierte Fassung<br />

(= st 2657),<br />

Frankfurt 1997, 312.<br />

13 A.a.0. 322 f.<br />

14 A. Grillmeier,<br />

Jesus <strong>de</strong>r Christus <strong>im</strong><br />

Glauben <strong>de</strong>r Kirche,<br />

Band 1:<br />

Von <strong>de</strong>r Apostolischen<br />

Zeit bis zum Konzil von<br />

Chalcedon (451),<br />

Freiburg-Basel-Wien<br />

31990, 763-765.<br />

1 5 184.<br />

16 LG 1.<br />

17 München-Wien 1996<br />

18 W. <strong>Beinert</strong> (Hg.),<br />

<strong>Gott</strong> - ratlos vor <strong>de</strong>m<br />

Bösen? (= Qd 177),<br />

Freiburg-Basel -Wien 1999.<br />

19 Der griechische Ausdruck<br />

lautet Perichorese und<br />

meint in <strong>de</strong>r Trinitätslehre<br />

das gegenseitige<br />

Sich durch dringen <strong>de</strong>r<br />

göttlichen Personen<br />

in ihrer Bezie hentlichkeit.<br />

20 Homer,<br />

Ilias 11,24, 525 f.<br />

21 Zit. nach L. Reiners,<br />

Der ewige Brunnen,<br />

München 1957, 118<br />

22 Theodramatik III:<br />

Die Handlung,<br />

Einsie<strong>de</strong>ln 1980, 300 f.<br />

23 GL 179; EGB 85.<br />

24 A.a.0. (Anm. 2), 208.


35<br />

Ausgewählte Vorträge<br />

<strong>de</strong>r Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie<br />

* diese Vorträge können <strong>im</strong><br />

Internet abgerufen wer<strong>de</strong>n<br />

www. karl-rahner-aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />

Bezug durch die<br />

Karl Rahner Aka<strong>de</strong>mie<br />

Jabachstraße 4-8<br />

50 676 Köln<br />

Fon 0221-23 42 22<br />

Fax 0221-24 93 30<br />

eMail<br />

karl.rahner.aka<strong>de</strong>mie<br />

@t-online.<strong>de</strong><br />

* Amery, Carl<br />

Das Kreuz und die Macht<br />

Bamberg, Corona<br />

Christliche Spiritualität am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s zweiten Jahrtausends<br />

* <strong>Beinert</strong>, <strong>Wolfgang</strong><br />

<strong>Gott</strong> <strong>im</strong> <strong>Christentum</strong><br />

Biser, Eugen<br />

Fallen wir ins Nichts?<br />

Bleistein SJ, Roman<br />

Alfred Delp<br />

Geopfert, nicht erschlagen<br />

Böckle, Franz<br />

»Humanae vitae« als Prüfstein<br />

<strong>de</strong>s wahren Glaubens?<br />

Zur kirchenpolitischen<br />

D<strong>im</strong>en sion moraltheologischer<br />

Fragen<br />

Braun, Edmund<br />

Forschung vor Ethik?<br />

Zur Wertfreiheit <strong>de</strong>r<br />

Wissenschaft<br />

<strong>de</strong>rs.<br />

Was kann die Diskursethik<br />

zur Diskussion über Lebensrecht<br />

und Lebensschutz beitragen?<br />

Burckhart, Holger<br />

Unterwegs zum Prinzip<br />

Verantwortung<br />

<strong>de</strong>rs.<br />

Warum moralisch sein?


36 37<br />

Devaux, André-A.<br />

S<strong>im</strong>one Weil und das<br />

<strong>Christentum</strong><br />

Dirscherl, Erwin<br />

Sakramente: Symbole <strong>de</strong>r Seele<br />

o<strong>de</strong>r Instrumente <strong>de</strong>r<br />

Gesellschaftsverän<strong>de</strong>rung?<br />

Göpfert, Michael<br />

Religion <strong>im</strong> Vorübergehen<br />

Urbanes <strong>Christentum</strong><br />

* Grom, Bernhard<br />

Wer bin ich?<br />

Reichweite und Grenzen<br />

von Charaktertypen in<br />

Psychologie und Esoterik<br />

Höfer SJ, Alfons<br />

Einsatz für Glauben und<br />

Gerechtigkeit<br />

Die Arbeit <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>n<br />

in <strong>de</strong>r Welt<br />

* Höhn, Hans-Joach<strong>im</strong><br />

Spurensicherung<br />

Erlebnisgesellschaft -<br />

Erlebnisreligion<br />

* Hünermann, Peter<br />

Papstamt und Petrusdienst<br />

Ein dringliches innerkirchliches<br />

und ökumenisches Problem<br />

* <strong>de</strong>rs.<br />

Die Geschichtlichkeit kirchlichen<br />

Lehrens und die Unfehlbarkeit<br />

<strong>de</strong>s Glaubens<br />

* Jüngel, Eberhard<br />

Der »Kruzifix-Beschluß«<br />

Staat Kirche und Gesellschaft<br />

in theologischer Perspektive<br />

Kämpchen, Martin<br />

Das indische <strong>Christentum</strong><br />

Kaiser-EI-Safti, Margret<br />

Robert Musil, <strong>de</strong>r Dichter und<br />

<strong>de</strong>r Psychologe<br />

Kasper, Walter<br />

Gibt es das christliche<br />

Menschenbild?<br />

Kehl SJ, Medard<br />

Ist innerkirchliche Demokratie<br />

mit <strong>de</strong>m Wesen <strong>de</strong>r katholischen<br />

Kirche unvereinbar?<br />

* Lesch, Harald<br />

Sind wir allein <strong>im</strong> Universum?<br />

* Löser SJ, Werner<br />

Theologische Positionen<br />

von Hans Urs von Balthasar<br />

<strong>im</strong> Blick auf Karl Rahner<br />

Metz, Johann Baptist<br />

Fehlt uns Karl Rahner?<br />

o<strong>de</strong>r: Wer retten will,<br />

muß wagen<br />

Merklein, Helmut<br />

Das paulinische Paradox<br />

<strong>de</strong>s Kreuzes<br />

Mittelstraß, Jürgen<br />

Brauchen wir einen neuen<br />

Bildungsbegriff?<br />

* Pesch, Otto Hermann<br />

Die »Gemeinsame Erklärung<br />

zur Rechtfertigungslehre«<br />

<strong>de</strong>rs.<br />

»Gemeinschaft be<strong>im</strong><br />

Herrenmahl«?<br />

Ernste Probleme,<br />

offene Möglichkeiten<br />

* Petzel, Paul<br />

Mahnmale<br />

Zur Ästhetik <strong>de</strong>s Erinnerns<br />

* Post, Werner<br />

Transzen<strong>de</strong>nz als Schranke<br />

* <strong>de</strong>rs.<br />

Michel Foucault:<br />

Technologien <strong>de</strong>s Selbst<br />

Schmitt, Karl Heinz<br />

Verdunstet <strong>de</strong>r Glaube in<br />

unseren Gemein<strong>de</strong>n?<br />

Schnä<strong>de</strong>lbach, Herbert /<br />

Oelmüller, Willi /<br />

Braun, Edmund<br />

Aufklärung heute<br />

Splett, Jörg<br />

»Seit ein Gespräch wir sind«<br />

Der Mensch<br />

als dialogisches Wesen<br />

* Seggewiß, Wilhelm<br />

Zu fernen Welten<br />

von <strong>de</strong>r Milchstraße ins Reich<br />

<strong>de</strong>r Galaxien und Quasare<br />

Lehmann, Karl<br />

Karl Rahner -<br />

Ein Leben für Theologie<br />

und Kirche<br />

<strong>de</strong>rs.<br />

Karl Rahner zum Gedächtnis<br />

(90. Geburtstag)<br />

Müller, Monika<br />

Trauer<br />

Peter OP, Tiemo Rainer<br />

Evangelische Räte<br />

Verrat am Menschen o<strong>de</strong>r<br />

Herausfor<strong>de</strong>rung?


38<br />

* Splett, Jörg<br />

Programm »Weltethos« -<br />

doch wie?<br />

Thierse, <strong>Wolfgang</strong><br />

Bewährungsproben für<br />

<strong>de</strong>utsche Politik<br />

* Ulrich, Peter<br />

Die Wirtschaft in einer<br />

wohl geordneten Gesellschaft<br />

eine wirtschaftsethische<br />

Perspektive<br />

* Vogel, Hans-Jochen<br />

Der »Kruzifix-Beschluß«<br />

Staat Kirche und Gesellschaft<br />

in politischer Perspektive<br />

* Vorgr<strong>im</strong>ler, Herbert<br />

<strong>Gott</strong> als »absolutes Gehe<strong>im</strong>nis«<br />

Zur Kritik eines vergegen -<br />

ständlichen<strong>de</strong>n <strong>Gott</strong><strong>de</strong>nkens<br />

* <strong>de</strong>rs.<br />

»Erlöse uns von <strong>de</strong>m Bösen«<br />

Die Aktualität<br />

einer Vaterunser-Bitte<br />

* <strong>de</strong>rs.<br />

Theologische Positionen<br />

Karl Rahners <strong>im</strong> Blick<br />

auf Hans Urs von Balthasar<br />

* Wacker, Bernd<br />

»Die wahre Einheit aller<br />

Gegensätze«<br />

Zum Spätwerk von<br />

Joseph Görres

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