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UZ Unsere Zeit - Berliner Anstoß - DKP Berlin

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Monatszeitung der Landesorganisation <strong>Berlin</strong> der Deutschen Kommunistischen Partei (<strong>DKP</strong>)<br />

Ausgabe Februar 2008<br />

Wir erwarten eine Entschuldigung<br />

3<br />

Erklärung des Landesvorstandes der<br />

<strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> zu den Angriffen auf Hans<br />

Heinz Holz in der <strong>UZ</strong><br />

Arbeitsgrundlage beschlossen<br />

4<br />

Die <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> beschloss auf ihrer<br />

Landesmitgliederversammlung im<br />

Dezember ihre Entschließung<br />

Spende 50 Cent<br />

Tarifrunde im öffentlichen Dienst<br />

6<br />

Das Ende der Bescheidenheit - die Tarifauseinandersetzung<br />

wird hart. Auch<br />

die <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> ist gefordert<br />

Die <strong>DKP</strong> vor dem 18. Parteitag:<br />

90 Jahre KPD - 40 Jahre <strong>DKP</strong><br />

<strong>DKP</strong> in Bewegung - <strong>DKP</strong> für Sozialismus<br />

Nur kurz nach den LL-Aktivitäten<br />

in <strong>Berlin</strong>, an der sich hunderte<br />

<strong>DKP</strong>-Mitglieder aus dem ganzen<br />

Bundesgebiet beteiligten, wird die<br />

Deutsche Kommunistische Partei am<br />

23./24. Februar im Bürgerhaus Mörfelden<br />

ihren 18. Parteitag durchführen.<br />

Auch aus <strong>Berlin</strong> nehmen sechs<br />

Delegierte an dem Parteitag teil.<br />

Bereits am Vorabend findet im Gemeinschaftssaal<br />

des Bürgerhauses<br />

eine Internationale Konferenz der<br />

<strong>DKP</strong> statt. Mit Vertretern der Kommunistischen<br />

Parteien verschiedener<br />

Länder wird zu den „Herausforderungen<br />

und Positionsbestimmungen zur<br />

notwendigen internationalen Zusammenarbeit<br />

kommunistischer Parteien<br />

diskutiert.<br />

Dem Parteitag liegen zwei Hauptanträge<br />

des Parteivorstandes vor. Zum<br />

einen die Arbeitsvorhaben 2008/2009<br />

und ein Antrag zur internationalen Tätigkeit<br />

der <strong>DKP</strong>. Dazu werden die Delegierten<br />

an dem Wochenende über 70<br />

Änderungs- und weitere Anträge entscheiden<br />

müssen, die in den Gruppenund<br />

Bezirkskonferenzen im Bundesgebiet<br />

an den Parteitag beschlossen<br />

wurden. Die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Landesmitgliederversammlung<br />

beschloss einen Antrag<br />

an den Parteitag zur Internationalen<br />

Tätigkeit, der zur Qualifizierung<br />

des PV-Antrages beitragen soll.<br />

Die Hauptdiskussion wird sich an<br />

dem Antrag des Parteivorstandes<br />

zu den Arbeitsvorhaben 2008/2009<br />

entzünden. Hierzu legten zehn Parteivorstandsmitglieder,<br />

darunter die<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> PV-Mitglieder Rainer Perschewski<br />

und Wera Richter, auf der<br />

letzen Tagung des Vorstandes eine<br />

Handlungsorientierung als Alternativantrag<br />

vor. Erwartungsgemäß lehnte<br />

der Parteivorstand dieses Anliegen<br />

mit Mehrheit ab. Die Minderheit von<br />

etwa einem Viertel der PV-Mitglieder<br />

macht mit diesem Antrag deutlich,<br />

was die Parteizeitung in ihrer Berichterstattung<br />

zu den Tagungen bisher<br />

immer verschwiegen hatte: Es gibt<br />

eine qualifizierte Minderheit, die für<br />

andere Positionen und Schwerpunktsetzungen<br />

in der Partei streitet. Diese<br />

Minderheit geht davon aus, dass der<br />

schwierigen Situation der Partei, wie<br />

sie auf der Parteivorstandstagung im<br />

September 2006 in Auswertung des<br />

Mitgliedsbuchumtausches beschrieben<br />

wurde, Rechnung getragen werden<br />

muss. Die Daten hatten verdeutlicht,<br />

dass die Stärkung der <strong>DKP</strong> zur<br />

Existenzfrage der Partei geworden ist.<br />

Aus Sicht der Antragsteller der Handlungsorientierung<br />

kann sie nur durch<br />

eine Konzentration auf zwei wesentliche<br />

Handlungsfelder, nämlich der<br />

Politik der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit<br />

und der Kommunalpolitik,<br />

erreicht werden. Dazu müssen<br />

verstärkte Anstrengungen hinsichtlich<br />

der Reorganisation der Partei und der<br />

Stärkung der Grundorganisationen<br />

unternommen werden.<br />

Es wird aber auch deutlich, dass es zu<br />

einigen Einschätzungen unterschiedliche<br />

Positionen gibt. So lehnen es die<br />

Antragsteller der Handlungsorientierung<br />

ab, die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen<br />

nur noch entlang<br />

vermeintlicher Produktionsketten<br />

der transnationalen Konzerne zu organisieren<br />

und dabei den nationalen<br />

Kämpfen nicht ihren Platz einzuräumen.<br />

Die Verfasser der Handlungsorientierung<br />

gehen nach wie vor davon<br />

aus, dass es zunächst und in erster<br />

Linie darum gehen muss, in diesem<br />

Land in der Arbeiterklasse zu wirken,<br />

sich wieder in ihr zu verankern und<br />

Klassenbewusstsein zu entwickeln.<br />

So wie es die Aufgabe der Kommunistischen<br />

Parteien, Bewegungen und<br />

Belegschaften in anderen Ländern ist,<br />

dort den Widerstand zu entwickeln.<br />

Erst wenn das geschieht, ist ein Austausch<br />

fruchtbar, lassen sich Erfahrungen<br />

auswerten, Kräfte bündeln und<br />

gemeinsame Kämpfe führen.<br />

Fortsetzung Seite 2


Seite 2 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

Mit der Berichterstattung in der <strong>UZ</strong><br />

über die letzte PV Tagung wurde der<br />

Konflikt öffentlich. Entgegen der<br />

sonstigen Gewohnheiten wurden die<br />

Antragsteller des „Antrages der 10“<br />

öffentlich kritisiert und der Vorwurf<br />

konstruiert, dass diese sich nicht auf<br />

dem Boden des Parteiprogramms der<br />

<strong>DKP</strong> befänden. Belege für diesen<br />

Vorwurf wurden nicht angeführt. Der<br />

„Antrag der 10“ wurde inzwischen<br />

von einer Hamburger Betriebsgruppe<br />

übernommen und wird daher auf dem<br />

Parteitag zur Abstimmung stehen.<br />

Der Parteitag hat auch die Aufgabe<br />

einen neuen Vorstand zu wählen. Als<br />

Vorsitzendem schlägt der Parteivorstand<br />

erneut die Wahl des Genossen<br />

Heinz Stehr vor. Als stellvertretende<br />

Parteivorsitzende werden Nina Hager<br />

und Leo Meier vorgeschlagen. Olaf<br />

Harms aus Hamburg, Mitunterzeichner<br />

des „Antrags der 10“ kündigte<br />

ebenfalls seine Kandidatur für diese<br />

Position an. Der Parteivorstand soll<br />

von 40 auf 37 Mitglieder verkleinert<br />

werden. Die bisherigen Mitglieder des<br />

Parteivorstandes aus <strong>Berlin</strong>, Rainer<br />

Perschewski und Wera Richter, werden<br />

vor allem wegen ihrer Aufgaben<br />

in der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Landesorganisation<br />

nicht mehr für das Gremium kandidieren.<br />

Der 18. Parteitag findet im 40. Jahr<br />

der <strong>DKP</strong> statt und hat die Aufgabe,<br />

die Weichen für eine Stärkung der<br />

<strong>DKP</strong> zu stellen. Wir gehen davon aus,<br />

dass es darum sowohl den Autoren der<br />

Arbeitsvorhaben als auch denen der<br />

Handlungsorientierung geht. Um den<br />

Weg, wie die Stärkung gelingen kann,<br />

gibt es unterschiedliche Auffassun-<br />

gen. Das sollte als Chance begriffen<br />

werden und kann durchaus zu einem<br />

produktiven Streit führen. Voraussetzung<br />

ist, dass der Streit inhaltlich und<br />

ohne unnötige Zuspitzungen und Personalisierungen<br />

geführt wird.<br />

Nur wenn es gelingt, die <strong>DKP</strong> als die<br />

kommunistische Kraft in Deutschland<br />

zu stärken und wieder eine Partei zu<br />

etablieren, die für eine sozialistische<br />

Gesellschaftsordnung eintritt, können<br />

wir auch wieder von einer sozialgerechten<br />

und humanistischen Gesellschaft<br />

träumen und dafür kämpfen.<br />

* Die Arbeitsvorhaben 2008/2009, die<br />

Handlungsorientierung sowie die Anträge<br />

zur Internationalen Arbeit sind<br />

auf der Homepage der <strong>DKP</strong>-<strong>Berlin</strong> zu<br />

finden. www.dkp-berlin.info<br />

Helmut Dunkhase<br />

1848 und das Kommunistische Manifest<br />

Für den deutschen Proletarier lag<br />

1848 das sozialistische Ziel des<br />

Manifests noch zu weit ab, war seine<br />

Sprache zu kühn, seine Gedankenfracht<br />

allzu gewaltig. So konnte denn<br />

auch die Generalversammlung eines<br />

deutschen Arbeitervereins zu Offenbach<br />

1848 noch feierlich erklären:<br />

„Die deutschen Arbeiter sind noch<br />

keine Kommunisten, sie wollen keinen<br />

Krieg gegen die Reichen und<br />

das Eigentum, sie verlangen nur Beschäftigung,<br />

ausreichenden Lohn ...<br />

persönliche Freiheit, freie Presse und<br />

Gleichheit der Rechte.“<br />

Das Kommunistische Manifest war<br />

ein Aufruf zur revolutionären Aktion.<br />

Es war und ist das Programm<br />

der kommunistischen Bewegung. Es<br />

war auch das großzügige Abc-Buch<br />

zum politisch-sozialistischen Lesenlernen<br />

für das Riesenkind Weltproletariat,<br />

das da so mächtig, aber doch<br />

geistig noch viel zu langsam heranwuchs.<br />

Immerhin konnte der Mitverfasser<br />

des Manifests, Friedrich<br />

Engels, 1890 freudig ausrufen:<br />

„Die Geschichte des Manifestes spiegelt<br />

bis zu einem gewissen Grade die Geschichte<br />

der modernen Arbeiterbewegung<br />

seit 1848 wider. Gegenwärtig ist es unzweifelhaft<br />

das weitestverbreitete, das<br />

internationalste Produkt der gesamten<br />

sozialistischen Literatur, das gemeinsame<br />

Programm vieler Millionen von Arbeitern<br />

aller Länder von Sibirien bis Kalifornien.“<br />

(S. 21.)<br />

Es gibt in der gesamten Weltliteratur<br />

keine zweite politische Programm- und<br />

Kampfschrift von so grandiosem Wurf, so<br />

genialer weltgeschichtlicher Zeichnung,<br />

solcher ökonomischer und sozialpsychologischer<br />

Einsicht und so weittragender<br />

Einladung des DGB Tempelhof Schöneberg<br />

zur Matinee<br />

am Sonntag, den 24.02.2008, 11.00 Uhr im DGB Gewerkschaftshaus,<br />

Keithstr.1, 10787 <strong>Berlin</strong>, Wilhelm-Leuschner-Saal<br />

politischer Zielsetzung. Auch sprachlich<br />

ist das Manifest eine Schöpfung<br />

von eigenartiger Kraft und Schönheit.<br />

Da hämmert ein aufwühlender Rhythmus,<br />

da blitzen einprägsame Wortbilder<br />

auf, da klingen Alliterationen und<br />

eindrucksvolle Antithesen. Das Manifest<br />

ist stellenweise einem Gedicht in<br />

Prosa vergleichbar - wissenschaftliche<br />

Erkenntnis in dichterischer Wucht und<br />

Offenbarung. Manche seiner Partien<br />

sollten laut vorgelesen werden, um ihren<br />

stilistischen Reiz ganz zu erschließen.<br />

Und viele Sätze muß man wieder<br />

und wieder lesen, um ihren Sinn voll<br />

auszuschöpfen.<br />

Hermann Duncker (1948), aus: Einführungen<br />

in den Marxismus, <strong>Berlin</strong><br />

1958)<br />

Erster Teil: Das Manifest von Bertolt Brecht, in der Fassung von Prof. Dr. Manfred<br />

Wekwerth, begleitende Musik von Syman, mit Renate Richter, Hendrik Duryn<br />

Zweiter Teil: Berichte zu Brecht, wie man ihn wenig kennt.<br />

Die Veranstaltung wird organisiert vom BüSGM und unterstützt von der Tageszeitung junge welt, der<br />

GBM, der GRH, dem Dt. Freidenkerverband, der Marx-Engels-Stiftung, der KPD, der KPF, dem RotFuchs<br />

Förderverein, der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> und der <strong>DKP</strong> Tempelhof-Schöneberg.<br />

Der Eintritt ist frei. Es wird um eine Spende gebeten.


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Seite 3<br />

Wir erwarten eine Entschuldigung!<br />

Erklärung des Landesvorstandes <strong>Berlin</strong> der <strong>DKP</strong> zur Berichterstattung über die<br />

Rosa-Luxemburg-Konferenz in der Wochenzeitung „unsere zeit“ vom 18. 01. 2008<br />

Wir weisen die Diffamierung<br />

des Genossen Hans Heinz<br />

Holz durch die <strong>UZ</strong>, die mit der<br />

unsachlichen Berichterstattung<br />

über die Rosa-Luxemburg-Konferenz<br />

der <strong>Zeit</strong>ung „junge Welt“<br />

in die Öffentlichkeit getragen<br />

wurde, entschieden zurück. Genosse<br />

Holz hat zur Fragestellung<br />

der Podiumsdiskussion auf dieser<br />

Konferenz nach der Bedeutung<br />

einer marxistischen Organisation<br />

vor einem breiten Publikum für<br />

die Notwendigkeit einer kommunistischen<br />

Partei und für die <strong>DKP</strong><br />

gestritten. Zwei Teilnehmer des<br />

Podiums, darunter Helmut Laakmann,<br />

haben, ohne über weite<br />

Strecken zu argumentieren, die<br />

Frage eindeutig verneint. Die dritte<br />

Teilnehmerin dieser Diskussion,<br />

Sarah Wagenknecht, hat sich darauf<br />

beschränkt, die Gelegenheit zu<br />

nutzen, um für die Partei „Die Linke“<br />

mit dem Hinweis zu werben,<br />

daß diese Linke noch die Chance<br />

habe, sich zu einer marxistisch-leninistischen<br />

Partei zu entwickeln.<br />

Darauf war zu reagieren. Und Genosse<br />

Holz hat das ausgesprochen<br />

sachlich, qualifiziert und parteilich<br />

getan.<br />

Das, was der Berichterstatter<br />

Geisler daraus macht, ist in der<br />

damit praktizierten Theorie- und<br />

Intellektuellenfeindlichkeit für die<br />

<strong>DKP</strong> in hohem Maße schädlich.<br />

Der „Bürgersohn und Vollblutakademiker“<br />

habe die <strong>DKP</strong> verteidigt<br />

„so gut er konnte“, heißt es. Nach<br />

Auffassung der <strong>UZ</strong> aber nicht gut<br />

genug, weil „ein guter Philosoph<br />

noch lange kein guter Politiker<br />

sein muss“. Von dem „kämpferischen<br />

Alltag“ der <strong>DKP</strong> und ihrer<br />

Mitglieder habe er eben keine Ahnung.<br />

Warum geschieht das? Ganz offensichtlich<br />

nutzt die <strong>UZ</strong> die Berichterstattung<br />

über die Rosa-Luxemburg-Konferenz<br />

zur Vorbereitung<br />

des bevorstehenden Parteitags der<br />

<strong>DKP</strong>.<br />

Was sollen Erklärungen, die zum<br />

Thema und zu den Zielen der Konferenz<br />

keine Beziehung haben?<br />

Warum wird in diesem Konferenzbericht<br />

eine Front aufgemacht<br />

gegen die „kleine Minderheit, die<br />

sich mit ihm (H.H. Holz) hinter<br />

seiner Autorität verschanzt, sich<br />

aufführt wie die `Kommunistische<br />

Plattform der <strong>DKP</strong>´ und uneinlösbar<br />

das Heil verspricht, alles werde<br />

kommunistischer und besser,<br />

wenn man Führungsköpfe austausche?“<br />

Mit diesen Erklärungen und mit<br />

dieser Denunziation wird das zunichte<br />

gemacht, worum Genosse<br />

Holz auf der Konferenz gestritten<br />

hat: Eine lebendige Partei. Er hat<br />

es gewagt zu sagen, daß die <strong>DKP</strong><br />

Schwächen und Unzulänglichkeiten<br />

hat, daß sie auch manchmal<br />

versagt hat. Wer will das ernsthaft<br />

bestreiten? Er hat in seinem<br />

Beitrag auf der Konferenz es als<br />

etwas Positives gekennzeichnet,<br />

daß in dieser Partei auch gestritten<br />

wird und sie kein „monolithischer,<br />

homogener Haufen“ ist. Das wurde<br />

im Publikum durchaus - und<br />

positiv – wahrgenommen. Der<br />

Auftritt des Genossen Holz war<br />

eine Werbung für die <strong>DKP</strong> und<br />

nicht, wie die <strong>UZ</strong> es darzustellen<br />

versucht, eine Provokation im<br />

Vorfeld des Parteitags der <strong>DKP</strong>.<br />

Es gibt vor dem Parteitag Debatten<br />

um den besten Weg zur Stärkung<br />

der Partei. Sie aber, wie die<br />

<strong>UZ</strong>, als atmosphärische Belastung<br />

darzustellen, ist nichts weiter als<br />

der Versuch zur Unterdrückung<br />

jeglicher Kritik. Dazu muß auch<br />

die sogenannte Minderheit an den<br />

Pranger gestellt werden. Wenn<br />

das gelingt, dann gibt tatsächlich<br />

Ruhe in der Partei, nur, das wäre<br />

eine Totenruhe.<br />

Den Parteitag der <strong>DKP</strong> mit Spaltungsvorwürfen<br />

vorzubereiten, ist<br />

im genannten Sinne in höchstem<br />

Maße kontraproduktiv. Wenn dazu<br />

auch noch die „junge Welt“ benutzt<br />

wird, die der <strong>DKP</strong> mit dem Thema<br />

der Podiumsdiskussion eine Möglichkeit<br />

geboten hat, ihre Positionen<br />

darzustellen, dann darf man<br />

sich nicht wundern, wenn man als<br />

Partner in den aktuellen Auseinandersetzungen<br />

der Gegenwart nicht<br />

mehr Ernst genommen wird.<br />

Wir erwarten von der Redaktion<br />

der <strong>UZ</strong>, daß sie sich für die Geislersche<br />

Berichterstattung beim<br />

Genossen Holz entschuldigt.<br />

Allen Mitgliedern der <strong>DKP</strong> und<br />

allen, die sich für ihre Politik interessieren,<br />

raten wir, anhand der<br />

Veröffentlichungen von „junge<br />

Welt“ zur Podiumsdiskussion auf<br />

der Rosa-Luxemburg-Konferenz<br />

sich ein eigenes Bild zu machen.<br />

Landesvorstand der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong>


Seite 4 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Arbeitsgrundlage beschlossen<br />

Landesmitgliederversammlung der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> verabschiedete am 8.12. Entschließung<br />

Widerstand gegen den imperialistischen<br />

Krieg! Kampf gegen<br />

Demokratie- und Sozialabbau! Kampf<br />

gegen Neofaschismus und Überwachungsstaat!<br />

Für eine sozialistische<br />

Zukunft! Diese Losung bestimmte die<br />

Zielrichtung der Entschließung, die<br />

die Landesmitgliederversammlung<br />

am 8. Dezember 2007 als Arbeitsgrundlage<br />

für die neue Wahlperiode<br />

nach intensiver und solidarischer Diskussion<br />

verabschiedete.<br />

Wir dokumentieren hier die Konkretisierung<br />

der beiden Arbeitsschwerpunkte<br />

„Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit“<br />

und „Sozial- und<br />

Stadtpolitik“.<br />

Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit<br />

Entscheidend für die Möglichkeiten<br />

gesellschaftlicher Veränderung ist<br />

die Entwicklung von Widerstand in<br />

Belegschaften und Gewerkschaften<br />

durch die Stärkung ihres Klassenbewusstseins.<br />

Der <strong>DKP</strong> muss es gelingen,<br />

als Vertreterin der Interessen der<br />

Arbeiterklasse und der vom kapitalistischen<br />

System in ihrer Existenz Betroffenen<br />

wahrgenommen und anerkannt<br />

zu werden. Entscheidend sind<br />

für uns die Aktivitäten der Arbeiterklasse<br />

und ihrer größten Organisation,<br />

der Gewerkschaften. Die Mitarbeit in<br />

den Gewerkschaften ist unabdingbar.<br />

Die Arbeit der Bezirksorganisation<br />

ist hauptsächlich territorial orientiert.<br />

Aber auch unter diesen Bedingungen<br />

sind Anstrengungen zu unternehmen,<br />

um auch in Betrieben und in Gewerkschaften<br />

Fuß zu fassen. Beispielhaft<br />

dafür ist die Arbeit mit dem Schrittmacher<br />

und in der IG BAU.<br />

Die Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit<br />

wird im Bezirksvorstand verankert.<br />

Der Bezirksvorstand diskutiert,<br />

ob eine Schwerpunktsetzung auf<br />

den Gesundheitsbereich dazu führen<br />

kann, einen gemeinsamen Anknüpfungspunkt<br />

für alle Gruppen für die<br />

betriebliche Arbeit zu schaffen. In<br />

Zusammenarbeit mit der Sammelbetriebsgruppe<br />

organisiert der Bezirksvorstand<br />

Veranstaltungen zu aktuellen<br />

Fragen der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit.<br />

Die Beteiligung an der<br />

entsprechenden Kommission des Parteivorstandes<br />

wird sichergestellt.<br />

Die Gruppen diskutieren über Möglichkeiten<br />

einer betriebsorientierten<br />

Arbeit in ihren Stadtbezirken. Wo es<br />

möglich ist, soll ein Betrieb im Wirkungsbereich<br />

der Gruppe systematisch<br />

betreut und betriebliche bzw. gewerkschaftliche<br />

Probleme regelmäßig<br />

auf Mitgliederversammlungen behandelt<br />

werden.<br />

Sozial- und Stadtpolitik<br />

Die territoriale Orientierung der Bezirksorganisation<br />

erfordert, dass wir<br />

dort, wo die Menschen leben, lernen,<br />

ihre Kinder erziehen und ihre Freizeit<br />

gestalten, also dort, wo sie täglich mit<br />

den Folgen des Kapitalismus konfrontiert<br />

werden, unsere politische<br />

Wirksamkeit erhöhen. Wo die Kürzungsprogramme<br />

des Senats wirken,<br />

gilt es gemeinsam<br />

mit den Betroffenen<br />

und den gesellschaftlichen<br />

Kräften<br />

Widerstand zu<br />

entwickeln.<br />

Im Bereich Sozial-<br />

und Stadtpolitik<br />

müssen wir unsere<br />

Forderungsprogramme<br />

qualifizieren<br />

und überzeugender<br />

in die<br />

Öffentlichkeit bringen. Dabei konzentrieren<br />

wir uns auf Fragen der Haushalts-<br />

und Finanzlage <strong>Berlin</strong>s und<br />

die Auswirkungen des als „Sparprogramm“<br />

verkleideten Abbaus sozialer<br />

Leistungen. Im Mittelpunkt stehen<br />

Fragen der Antiprivatisierungspolitik,<br />

der Sozial- und Gesundheitspolitik.<br />

Auf der Grundlage der stadtpolitischen<br />

Forderungen sind die Aktivitäten auf<br />

zentraler Ebene und insbesondere in<br />

den Stadtbezirken zu intensivieren.<br />

Die Zusammenarbeit mit allen fortschrittlichen<br />

Organisationen, die sich<br />

der Privatisierung widersetzen, insbesondere<br />

dem Antiprivatisierungsbündnis,<br />

wird weiterhin gesucht und<br />

fortgesetzt.<br />

Menschen mit Migrationshintergrund<br />

bilden in einigen Stadtteilen einen beachtlichen<br />

Anteil an der Bevölkerung.<br />

Sie sind auf dem Arbeitsmarkt, bei<br />

der Bildung und Ausbildung massiv<br />

benachteiligt. Migranten sind rassistischer<br />

Gewalt durch Neofaschisten und<br />

den Staat (Abschiebepraxis) ausgesetzt.<br />

Bezirksvorstand und AK Stadtpolitik<br />

prüfen, inwieweit die <strong>DKP</strong> ihre<br />

Arbeit auf diesem Feld reorganisieren<br />

kann.<br />

Der Arbeitskreis Stadtpolitik koordiniert<br />

die Arbeit der Gruppen, organisiert<br />

den Erfahrungsaustausch und<br />

verbreitet die Positionen der Partei<br />

unter anderem durch inhaltliche Veranstaltungen<br />

und die Erarbeitung von<br />

Öffentlichkeitsmaterialien. Der Arbeitskreis<br />

soll den Gruppen vor allem<br />

dabei helfen, in ihren Stadtbezirken<br />

wirksam zu werden und Anknüpfungspunkte<br />

für die stadtpolitische<br />

Arbeit zu finden.<br />

Die Gruppen bestimmen politische<br />

Schwerpunkte für ihre Bezirke und<br />

sichern die regelmäßige Teilnahme an<br />

den Sitzungen des Arbeitskreises ab.


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Seite 5<br />

Erfolgsaussicht für Wasser-Begehren<br />

Über 28.000 unterstützen Volksbegehren!<br />

Über 28.000 Bürger <strong>Berlin</strong>s haben<br />

sich in das Volksbegehren zur<br />

Offenlegung privater Renditeabsprachen<br />

in einem Bereich der Grundversorgung<br />

eingetragen.<br />

Die erste Phase des Volksbegehrens<br />

gegen Privatisierung „Schluß mit dem<br />

Geheimverträgen – Wir <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> wollen<br />

unser Wasser zurück!“ schließt<br />

am 31. Januar mit über 28.000 eingeschriebenen<br />

Unterstützern ab. Das<br />

geforderte Mindestquorum für eine<br />

Gesetzesinitiative des „<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wassertischs“<br />

dürfte damit sicher erreicht<br />

werden. Der Landesverband der <strong>DKP</strong><br />

<strong>Berlin</strong> hatte die aktive Mitwirkung im<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Bündnis gegen die Privatisierung<br />

öffentlicher Güter zu einem<br />

Schwerpunkt der politischen Arbeit<br />

erklärt und dafür seit Juni 2007 entsprechend<br />

in den Gruppen mobilisiert.<br />

Zuletzt mit der Beteiligung an den unwirtlichen<br />

Straßenmarathons seit Mitte<br />

November in mehreren Stadtteilen<br />

sowie mit gezielten Schlußpunkten an<br />

den Samstagssammlungen vor Weihnachten<br />

und im neuen Jahr.<br />

In der zweiten Februarwoche werden<br />

nun die ansehnlichen Stapel dem Landeswahlleiter<br />

zur amtlichen Prüfung<br />

nach der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Landesverfassung<br />

ausgehändigt. Kommen für sechs zusammenhängende<br />

Monate 20.000 gültige<br />

Unterschriften zusammen, müsste<br />

das <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Abgeordnetenhaus binnen<br />

vier Monaten darüber entscheiden, ob<br />

es den Gesetzentwurf zur Offenlegung<br />

der 30-Jahres-Verträge aus Privatkanzleien<br />

und von fünf unveröffentlichten<br />

Änderungsvereinbarungen in der teilprivatisierten<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wasserwirtschaft<br />

übernehmen will. Die geheim<br />

gehaltenen Klauseln begünstigen die<br />

Kapitalseite extrem und benachteiligen<br />

die zahlenden <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>: direkt bei den<br />

Kosten für die öffentliche Daseinsvorsorge,<br />

dann noch einmal auf dem Umweg<br />

über garantierte Ausgleichszahlungen<br />

für entgangene Profite aus dem<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Landeshaushalt. Offenbar hat<br />

der Rechtstaat für RWE und Veolia<br />

keine Gültigkeit, deshalb bevorzugen<br />

sie Verträge über öffentliche Angelegenheiten<br />

im entgegengesetzten privaten<br />

Rechtsparadigma. Wo Privatbesitz<br />

über Produktion und Aneignung von<br />

öffentlichen Gütern triumphiert, hat<br />

die öffentliche Hand selbst als formaler<br />

Mehrheitseigner nichts mehr zu sagen.<br />

Wir Sammler haben niemanden getroffen,<br />

der daran glaubt, der SPD-/Linke-<br />

Senat werde aus der nächstliegenden<br />

politischen Einsicht handeln und binnen<br />

vier Monaten den Abgeordneten<br />

eine positive Entscheidung der Gesetzesinitiative<br />

von unten empfehlen.<br />

Erst dann können Juristen nämlich<br />

die speziellen, mehrere hundert Seiten<br />

umfassenden „Vertragswerke“ sichten<br />

und dagegen vorgehen. Das taktische<br />

Manöver von Wirtschaftssenator<br />

Harald Wolf, er wolle mit RWE und<br />

Veolia über freiwillige Schritte verhandeln,<br />

ist von seiner Verwaltung im<br />

geltenden Vertragszeitraum bis 2028<br />

nicht verbindlich befristet. Die vom<br />

Sozialdemokraten Thilo Sarrazin geführte<br />

Senatsverwaltung für Finanzen<br />

stellt sich aus „grundsätzlicher Erwägung“<br />

sogar „eindeutig dagegen“. Es<br />

gibt also kaum Entwarnung. So wird<br />

in der zweiten Phase erneut und unter<br />

viel schwierigeren Bedingungen ein<br />

Volksbegehren hin zu einem Volksentscheid<br />

in <strong>Berlin</strong> starten müssen.<br />

Vorausgesetzt, die Initiative wird nach<br />

dem aktuellen Votum der Unterstützer<br />

für zulässig erklärt.<br />

Auch wenn die Ergebnisse der anfänglichen<br />

Sammlungen im Juni und Juli<br />

– 2300 Unterschriften – für die zuende<br />

gehende Phase leider entfielen und<br />

der eigentliche Start auf August 2007<br />

verlegt werden mußte: Die vergangenen<br />

acht Monate mit oftmals intensiven<br />

Gesprächen bei Veranstaltungen<br />

und auf der Straße, im Kiez und bei<br />

Podien waren für alle Beteiligten ein<br />

Gewinn. So<br />

mancher Dialog<br />

hat mehr<br />

zu politischer<br />

Bewußtseins-<br />

bildung in der Stadt beigetragen als bei<br />

Wahlkämpfen davor. Organisch kam<br />

die Rede dabei oft auch auf die sehr<br />

aktive Rolle des Staates bei jeglicher<br />

Privatisierung. Die liberale staatliche<br />

oder kommunale Verwaltung als Ausverkäufer<br />

(von Fugmann-Heesings<br />

wiederholten Verkäufen des <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

„Tafelsilbers“ in den neunziger Jahren<br />

bis zu Wowereits „Sparen bis es<br />

quietscht“) kam ebenso anschaulich<br />

ins Gespräch wie jene als Krisenmanager<br />

für Rückabwicklungen. Es gibt<br />

solche Fälle durchaus im Bundesgebiet,<br />

wenn es mal nicht so reibungslos<br />

lief. Für darin besonders „fähige“ Helfershelfer<br />

erweist sich das auch als ein<br />

Ausweis zum direkten Wechsel in die<br />

privatwirtschaftliche Manager-Anstellung.<br />

Es ist gewiss nicht übertrieben, wenn<br />

sich der „<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wassertisch“ wegen<br />

möglicher direkter Auswirkungen auf<br />

den Umgang mit dem Wasser-Volksbegehren<br />

sogar mit Personalwechseln<br />

beschäftigt. Eine oberpingelige<br />

Prüfung der Unterschriftensammlung<br />

dürfte bei genauerem Hinsehen nämlich<br />

garantiert sein: Mit Jahresbeginn<br />

hat der private französische Teilhaber<br />

die Leitung Unternehmenskommunikation<br />

und Politik von Veolia Wasser<br />

und auch den Pressesprecherposten mit<br />

zwei gewieften Damen aus Verwaltung<br />

und Politik neu besetzt. Die erste<br />

war bisher Leiterin der Zentralstelle<br />

und Leiterin des Ministerbüros im<br />

Umweltministerium Baden-Württemberg,<br />

einer Institution, die lange <strong>Zeit</strong><br />

eine aktive Rolle im Kartell der Vertuscher<br />

von Pannenserien in EnBeWe-<br />

Atomkraftwerken und bei Transporten<br />

aus der Wiederaufbereitungsanlage<br />

Karlsruhe spielte. Die zweite kommt<br />

aus dem direkten Kadernachwuchs<br />

der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> SPD: Sie war rechte Hand


Seite 6 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

ÖD-Tarifrunde 2008 Cash in de Täsch!<br />

Das Ende der Bescheidenheit – die Tarifauseinandersetzung wird hart. Auch die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>DKP</strong> ist gefordert.<br />

Im öffentlichen Dienst haben die<br />

Kolleginnen und Kollegen jetzt<br />

buchstäblich den Kaffee auf: nach<br />

jahrelangen Einkommensverlusten<br />

wollen sie jetzt endlich mehr Geld<br />

sehen: »Cash in de Täsch!« heißt das<br />

allgemein geteilte Motto. Bei den sehr<br />

intensiven Diskussionen in den Ver.<br />

di-Landesbezirken hat sich vor allem<br />

die Forderung nach einem Mindestbetrag<br />

von 200 Euro herauskristallisiert.<br />

Davon würden vor allem die unteren<br />

Lohngruppen profitieren.<br />

Am 10./11. Januar hat nun die erste<br />

Verhandlungsrunde für die rund 160.<br />

000 Beschäftigten beim Bund und die<br />

rund 1,15 Millionen Beschäftigten bei<br />

den Kommunen stattgefunden. Neben<br />

dem 200-Euro-Mindestbetrag fordert<br />

Ver.di acht Prozent mehr Lohn. Mit<br />

im Boot sind erstmals auch der dbb<br />

beamtenbund und die tarifunion.<br />

Die öffentlichen Arbeitgeber hatten<br />

bei der ersten Runde erwartungsgemäß<br />

auf stur geschaltet. Die Forderungen<br />

seien nicht verhandlungsfähig,<br />

erklärte Bundesinnenminister Wolfgang<br />

Schäuble (CDU). Daher könnten<br />

die Arbeitgeber auch kein Ange-<br />

bot vorlegen. Der Verhandlungsführer<br />

der Kommunen, Münchens Personaldezernent<br />

Thomas Böhle, legte noch<br />

eins drauf. Die Positionen lägen zu<br />

weit auseinander, sagte er – in der<br />

Frage der Lohnerhöhung ebenso wie<br />

beim geforderten Mindestbetrag.<br />

Die Kommunen bestünden zudem<br />

»auf Arbeitszeitverlängerung und<br />

den Ausbau der leistungsbezogenen<br />

Bezahlung«. Die Beschäftigten der<br />

Krankenhäuser sollen gar mit einer<br />

Nullrunde abgespeist werden.<br />

Ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske hingegen<br />

verwies vor Journalisten auf<br />

das Beispiel der Bundestagsabgeordneten,<br />

die sich im Schnellverfahren<br />

9,4 Prozent höhere Diäten genehmigt<br />

hätten, während die Beschäftigten im<br />

öffentlichen Dienst über mehrere Jahre<br />

hinweg Reallohnverluste erlitten<br />

hätten. Ver.di kann zudem auf eine<br />

erheblich verbesserte Finanzsituation<br />

der Kommunen durch mehr Steuereinnahmen<br />

verweisen.<br />

Eins ist jetzt schon klar: Allein auf<br />

dem Verhandlungswege wird es wohl<br />

kaum keinen Tarifabschluß geben,<br />

obwohl bis zum 7. März noch mehrere<br />

Gesprächstermine angesetzt sind.<br />

Und so wird es Ostern wohl weniger<br />

zu einem gemütlichen Frühjahrsspaziergang<br />

kommen als zum Beginn<br />

eines schweren Tarifkonflikts. Die<br />

öffentliche Meinung ist laut ARD-<br />

Umfrage zur <strong>Zeit</strong> noch auf Seiten der<br />

Gewerkschaften und der Beschäftig-<br />

ten, denn alle Argumente sprechen<br />

für eine kräftige Lohnerhöhung. Die<br />

würde auch volkswirtschaftlich Sinn<br />

machen, weil der Binnenmarkt dadurch<br />

einen kräftigen <strong>Anstoß</strong> bekäme.<br />

Doch gute Argumente müssen auch<br />

durchgesetzt werden – und das geht<br />

nur durch die Mobilisierung der Beschäftigen.<br />

Ver.di muss daher die<br />

Lehren aus den Tarifauseinandersetzungen<br />

des letzten Jahres ziehen.<br />

Darin war deutlich geworden, dass<br />

die Arbeitgeber alles andere als einen<br />

Kompromiß anstreben – sie wollen<br />

die Gewerkschaften in die Knie zwingen.<br />

Einen solchen Frontalangriff kann<br />

man aber nicht allein auf der betrieblichen<br />

Ebene beantworten. Nötig ist<br />

das gemeinsame Agieren mit anderen<br />

fortschrittlichen Kräften. Und dazu<br />

brauchen die Kolleginnen und Kollegen<br />

in den Kindergärten, in Verwaltungen<br />

und Krankenhäusern die aktive<br />

Solidarität der Bevölkerung.<br />

Tariferfolge im öffentlichen Dienst<br />

haben schon häufiger den Weg für<br />

Verbesserungen in anderen Branchen<br />

gebahnt. Hier ist auch die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

<strong>DKP</strong> gefordert. Solidaritätsadressen<br />

wären schon ein guter Anfang – wir<br />

sollten uns aber rechtzeitig beraten,<br />

in welcher Form wir die Kolleginnen<br />

und Kollegen zusätzlich unterstützen<br />

können.<br />

Klara Mariposa<br />

Fortsetzung von Seite 5<br />

des Fraktionschefs Michael Müller,<br />

Büroleiterin bei Parlamentspräsident<br />

Momper und seit einem knappen Jahr<br />

Pressesprecherin in der Justizverwaltung.<br />

Im Hinblick aufs Volksbegehren:<br />

„Beste Bedingungen“ im Sinne Veolias<br />

und Sarrazins!<br />

Ach ja, die CDU- bzw. SPD-geführten<br />

Bundesministerien für Forschung<br />

bzw. für Umwelt unterstützen die Initiative<br />

der deutschen Wasserwirtschaft<br />

zur stärkeren Positionierung auf dem<br />

internationalen Markt. Was natürlich<br />

den internationalen Druck hin zu einer<br />

Privatisierung der Wasserwirtschaft<br />

verstärkt. Wasser sei „Zukunftsmarkt“,<br />

heißt es im jüngsten Strategiedialog<br />

„German Water Partnership“, und der<br />

Investitionsbedarf etwa in Osteuropa,<br />

in den Schwellenländern Asiens und<br />

nicht zuletzt in den Entwicklungsländern<br />

sei enorm. Forschungs-Staatssekretär<br />

Meyer-Krahmer setzt sich für<br />

die „Verwirklichung des Millenniums-<br />

Ziels“ an die Spitze aller Bestrebungen<br />

deutscher Konzerne: „Für die Menschen<br />

in möglichst allen Regionen der<br />

Welt muss eine sichere und gesunde<br />

Versorgung mit Wasser gewährleistet<br />

sein.“<br />

Der untrennbare Zusammenhang zwischen<br />

Lebensbedürfnissen und allgemeinem<br />

Zugang zu den natürlichen<br />

Ressourcen ist dabei gewiss kein Thema.<br />

Hilmar Franz


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Seite 7<br />

Privatisierungtendenzen im Bildungssektor<br />

1.600 Schulen lassen sich von Bertelsmann<br />

evaluieren<br />

Im Oktober beriet der Hauptausschuss<br />

des Abgeordnetenhauses über<br />

einen Antrag des Finanzsenats, die<br />

Gebäude von 14 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Schulen<br />

im Rahmen von PPP-Pilotprojekten<br />

(PPP= Public Private Partnership) in<br />

eine private Trägerschaft zu überführen.<br />

Die Schulen und Klassen sollten<br />

saniert und umgebaut werden, neue<br />

Sport- und Schulspeisungsmöglichkeiten<br />

sollten entstehen. Die angeforderten<br />

Wirtschaftlichkeitsgutachten<br />

wie sen für alle Realisierungsvarianten<br />

eine Einsparung zwischen fünf<br />

und sechs Prozent gegenüber einem<br />

alleinigen Engagement der öffentlichen<br />

Hand aus. Allerdings gehört die<br />

pspcGmbH, die das Gutachten verfasste,<br />

gemeinsam mit der Bauwirtschaft<br />

zu den Protagonisten von PPP.<br />

Es ist eine simple Wahrheit, dass Effizienz<br />

stets begleitet wird von Arbeitsverdichtung,<br />

Niedriglohn, Konkurrenzdruck<br />

und Demokratieabbau.<br />

Bei PPP-Projekten bekommen die<br />

Veränderungen zunächst diejenigen<br />

zu spüren, die direkt mit der Gebäudebewirtschaftung<br />

zu tun haben. Die<br />

Gebäude befinden sich über einen<br />

langen <strong>Zeit</strong>raum nicht mehr im Zugriff<br />

derer, die darin tätig sind. Wer<br />

bestimmt dann über die Nutzung und<br />

die Vergabe der Gebäude, Räume,<br />

Anlagen? Wird künftig für Treffen,<br />

Besprechungen und sonstige Veranstaltungen<br />

Miete zu zahlen sein,<br />

was schon heute keine Seltenheit<br />

mehr ist? Obwohl die Bezirke bei der<br />

Schulentwicklungsplanung ein Stück<br />

ihres Gestaltungsspielraumes ohne<br />

langfristige Gegenleistung aufgeben,<br />

trägt letztendlich der Steuerzahler die<br />

Kosten für die langfristig zu garantierenden<br />

Gewinne.<br />

Das Totschlagargument<br />

Wenn die öffentliche Hand das Projekt<br />

ohnehin bezahlen muss, warum<br />

kann sie die Gebäude dann nicht<br />

gleich in Eigenregie sanieren? Und<br />

hier schließt sich der Kreis dann mit<br />

dem Totschlagargument, dass dafür<br />

das Geld in den öffentlichen Kassen<br />

fehlt. Dies ist ein wesentlicher Teil<br />

der Gesamtkonstellation, in der politisch<br />

zielgerichtet agiert wird. Die<br />

Privatisierungsversuche von öffentlichen<br />

Gebäuden und Einrichtungen<br />

sind Teil einer politischen Strategie<br />

zur Vermarktwirtschaftlichung des<br />

gesamten öffentlichen Lebens. Wir<br />

kennen das von den Betrieben der<br />

Wasserversorgung, der Energieversorgung<br />

und beispielsweise dem<br />

ÖPNV.<br />

Die leeren öffentlichen Kassen zeigen<br />

sich im pädagogischen Alltag in einer<br />

zu dünnen Personaldecke, einer daraus<br />

resultierenden Arbeitsverdichtung<br />

und permanenten Überforderungen,<br />

im Druck der Personalverstärkung mit<br />

prekären Beschäftigungssverhältnissen<br />

und pädagogisch unausgebildeten<br />

Helfern, in maroden Schulgebäuden<br />

mit unzureichender Ausstattung.<br />

Markt statt Demokratie<br />

Als Heilsbringer tritt dann die Bertelsmann<br />

Stiftung auf den Plan. Sie<br />

beglückt unsere Schulen mit der Idee<br />

vom Projekt selbstständige Schulen<br />

(Start 2000, jetzt rund 300 Schulen<br />

in NRW) und liefert auch gleich die<br />

geeigneten Instrumente mit. SEIS (=<br />

Selbstevaluation in Schulen, Evaluationssoftware)<br />

sei ein modernes,<br />

international erprobtes Kontrollund<br />

Steuerungsinstrument, um den<br />

„Schulentwicklungsprozess effizienter,<br />

effektiver, ganzheitlicher und<br />

nachhaltiger zu gestalten. Bundesweit<br />

sollen sich 1.600 Schulen mit SEIS<br />

evaluieren.<br />

„Der Bertelsmann Stiftung verdanken<br />

wir die Idee des Niedriglohnsektors,<br />

die Ausgestaltung des Bündnisses<br />

für Arbeit, der Agenda 2010 und von<br />

Hartz IV.“ Bertelsmann gründete den<br />

international operierenden Kraken<br />

ARVATO AG, der mit seinen Armen<br />

nach öffentlichen Verwaltungsstrukturen<br />

langt, 1994 „das Centrum für<br />

Hochschulentwicklung (CHE), das<br />

seither die Verbetriebswirtschaftlichung<br />

der Hochschulen und Implementation<br />

des Bachelor-Master-Studiensystems<br />

moderiert.“<br />

Es ist nicht zu übersehen, dass die<br />

Bertelsmann Stiftung bei der Bewirtschaftung<br />

öffentlicher Gebäude<br />

zunächst nicht unerhebliche Einsparmöglichkeiten<br />

erkennt, die sich durch<br />

das Zusammenwirken von Privatwirtschaft<br />

und öffentlicher Hand erreichen<br />

lassen sollen. Das eigentliche<br />

Ziel der Bertelsmann Stiftung aber<br />

ist die Umwandlung unserer demokratischen<br />

Gesellschaft in einen privatwirtschaftlichen,<br />

ausschließlich<br />

an Marktmechanismen orientierten<br />

Staat.<br />

Der Hauptausschuss hat die PPP-<br />

Pilotprojekte mit den Stimmen der<br />

SPD und der LINKEN abgelehnt.<br />

Das Problem ist damit nicht endgültig<br />

ausgestanden, denn es werden weitere<br />

Versuche folgen, weil es einfach<br />

zu verlockend ist, mit staatlichen Einrichtungen<br />

eine so genannte Partnerschaft<br />

einzugehen, die jährlich Gewinne<br />

auf Kosten des Steuerzahlers<br />

garantiert.<br />

Hartmut Schurig<br />

aus: BLZ, <strong>Zeit</strong>schrift der GEW<br />

<strong>Berlin</strong>


Seite 8<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Kahlschlag-Telegramm<br />

Januar 08<br />

Die Gegensätze zwischen<br />

Arm und Reich werden<br />

in <strong>Berlin</strong> immer größer.<br />

Das ergab der neue Sozialatlas<br />

auf Basis der Daten<br />

bis 2006. Konsequenzen<br />

forderte der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Mieterverein und wies auf<br />

die Vernachlässigung der<br />

Wohnungspolitik durch<br />

den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Senat hin.<br />

Dieses trage zu einer Verschärfung<br />

der Situation<br />

bei.<br />

***<br />

Seit einigen Jahren werden<br />

in <strong>Berlin</strong> mit Hilfe<br />

von Bundesgeldern Ganztagsschulen<br />

eingerichtet.<br />

Der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Senat hat es<br />

groß gefeiert. Nun kehren<br />

einige Schulen wieder<br />

zum bekannten Konzept<br />

der Vormittagsbeschulung<br />

zurück. Grund: Die Personalausstattung<br />

reicht nicht<br />

um diese Konzepte umzusetzen.<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Antifaschisten erhielten Bußgeldbescheide<br />

Spendet für die Genossen!<br />

Wegen Teilnahme an einer<br />

Blockade an der Lipschitzallee<br />

in Neukölln-Rudow<br />

gegen den Naziaufmarsch<br />

am 1. Dezember vergangenen<br />

Jahres hat das Landeskriminalamt<br />

Bußgeldbescheide<br />

verschickt.<br />

NPD und Kameradschaften<br />

hatten bundesweit zu einer<br />

Demonstration unter dem<br />

Motto „Für ein nationales<br />

Jugendzentrum“ nach<br />

Neukölln mobilisiert. Über<br />

1000 Menschen beteiligten<br />

sich an Protestaktionen,<br />

während die Polizei den<br />

angereisten 600 Nazis den<br />

Weg durch den Süden Neukölln<br />

frei räumte.<br />

Mitte Januar erhielten nun<br />

Antifaschisten aus verschiedenen<br />

Zusammenhängen,<br />

darunter auch<br />

<strong>DKP</strong>ler und SDAJler, ein<br />

Schreiben des <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Landeskriminalamtes mit<br />

der Aufforderung 223 Euro<br />

wegen „Teilnahme an einer<br />

unerlaubten Ansammlung“<br />

zu zahlen. Hiergegen wurde<br />

nach Rücksprache mit<br />

der Roten Hilfe kollektiv<br />

Widerspruch eingelegt.<br />

„Ob es zu einer Hauptverhandlung<br />

kommt, ist heute<br />

noch nicht abzusehen. Nun<br />

ist aber <strong>Zeit</strong> gewonnen um<br />

Solidarität zu organisieren<br />

und Spenden zu sammeln,<br />

damit die betroffenen Genossen<br />

nicht im Regen stehen“<br />

so ein Sprecher der<br />

Roten Hilfe.<br />

<strong>DKP</strong> und SDAJ rufen ihre<br />

Mitglieder und Sympathisaten<br />

zu Spendenüberweisungen<br />

auf. <strong>DKP</strong>, <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Sparkasse, BLZ 100 500 00,<br />

Kto 004 341 31 37, Stichwort<br />

„Spende Antifa Demo“<br />

***<br />

Städtische Wohnungsbaugesellschaften<br />

sind vor<br />

ewigen <strong>Zeit</strong>en entstanden<br />

um günstigen Wohnraum<br />

zu bauen. Heute leben wir<br />

in einer <strong>Zeit</strong>, an dem die<br />

Verantwortlichen dieser<br />

Stadt auch von städtischen<br />

Gesellschaften verlangen,<br />

nach betriebswirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten zu<br />

arbeiten. Eine Untersuchung<br />

stellte nun fest, dass<br />

der Wohnraum in <strong>Berlin</strong><br />

teurer wird und die städtischen<br />

Wohnungsbaugesellschaften<br />

genauso zulangen<br />

wie private Investoren.<br />

***<br />

„Aktion Arbeitsscheu Reich“<br />

Seit Ende Januar findet<br />

in <strong>Berlin</strong> eine Veranstaltungsreihe<br />

statt: ASO-<br />

ZIAL – Wer ist „nützlich“<br />

– Wer ist „minderwertig“?<br />

– Kontinuitäten und Brüche.<br />

Aufhänger ist das<br />

Erinnern an den Erlaß<br />

zur Aktion “Arbeitsscheu<br />

Reich“ vom 26.1.1938, mit<br />

dem die Hetze gegen alle<br />

verschärft wurde, die dem<br />

Idealbild der deutschen<br />

Faschisten, was Leistung<br />

und Herkunft anging, nicht<br />

entsprachen. Die Veranstaltungsreihe<br />

ist für uns<br />

Kommunisten wichtig,<br />

auch wenn wir Ansätze der<br />

Gleichsetzung hinsichtlich<br />

der Behandlung Marginalisierter,<br />

wie sie von den<br />

Veranstaltern in Bezug auf<br />

Nazi-Deutschland, BRD<br />

und DDR vorgenommen<br />

werden, selbstverständlich<br />

nicht teilen können. Gerade<br />

für die Insassen von<br />

Heimen aller Art, psychiatrischen<br />

Krankenhäusern<br />

und ähnlichen Anstalten<br />

hat es eine Stunde Null<br />

nicht gegeben. Wohnungslose,<br />

Prostituierte, geistig<br />

und psychisch Behinderte<br />

trafen auf den Fürsorgeämtern<br />

dieselben Beamten<br />

und Sachbearbeiter<br />

wie vor dem 8. Mai 1945.<br />

Die Kontinuität betraf also<br />

nicht nur Kommunisten,<br />

die demselben Justizpersonal<br />

ausgesetzt waren wie<br />

vor der Befreiung.<br />

Ein Umdenken und Andershandeln<br />

setzte erst in<br />

den 70er Jahren ein – mit<br />

der großen Psychiatriereform<br />

und dem journalistischen<br />

Einsatz zum Beispiel<br />

einer Ulrike Meinhof.<br />

Weitere Infos unter:<br />

http://marginalisierte.de


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Gedenken an Otto Grüneberg<br />

Seit Jahren gedenken<br />

Antifaschisten<br />

des kommunistischen<br />

Arbeiters Otto Grüneberg,<br />

der in der Nacht<br />

zum 1. Februar 1931 von<br />

Faschisten erschossen<br />

wurde. Auch in diesem<br />

Jahr wollen wir mit seiner<br />

Ehrung wieder ein<br />

Zeichen gegen den Faschismus<br />

setzen. Das ist<br />

aktueller denn je - auch<br />

heute greifen Faschisten<br />

wieder Andersdenkende,<br />

Ausländer oder auch<br />

Obdachlose an. Seit Beginn<br />

der 90er Jahre sollen<br />

etwa 100 Menschen<br />

in ganz Deutschland<br />

ermordet worden sein -<br />

ohne daß der Ruf nach<br />

„Erziehungscamps“ oder<br />

einem Sonderstrafrecht<br />

für die Täter laut wird.<br />

Im Gegenteil: Überführte<br />

Gewalttäter werden von<br />

Polizei und Justiz oft mit<br />

Samthandschuhen angefaßt<br />

- wie früher.<br />

Auf meiner Laufstrecke<br />

im Park begegneten<br />

mir drei Einkaufswagen.<br />

Im ersten saß ein Kind,<br />

die Mutter schob ihn,<br />

offensichtlich statt Kinderwagen.<br />

Der zweite war beladen<br />

mit trockenen Ästen,<br />

ärmlichem Zeug, davor<br />

Grüneberg war Leiter der<br />

Roten Jungfront in Charlottenburg.<br />

Seine Mörder<br />

waren Angehörige des<br />

berüchtigten SA-Sturms<br />

33, die ihm auflauerten,<br />

als er mit Freunden von<br />

einer Nachtsitzung der<br />

Internationalen Arbeiterhilfe<br />

kam. An der Ecke<br />

Hebbelstraße / Schloßstraße<br />

verletzten sie ihn<br />

mit mehreren Schüssen.<br />

Grüneberg konnte sich<br />

gerade noch zu der Gaststätte<br />

im Erdgeschoß seines<br />

Wohnhauses in der<br />

Schloßstraße 22 schleppen.<br />

Dort starb er.<br />

Grüneberg hatte in der<br />

Woche vor seiner Ermordung<br />

Drohbriefe erhalten.<br />

Grund: Er sollte als<br />

Zeuge in einem Prozeß<br />

gegen Nazis aussagen,<br />

die wenige Tage zuvor<br />

den Arbeiter Max Schirmer<br />

durch Messerstiche<br />

so verwundet hatten, daß<br />

er am Tag darauf starb.<br />

Ungeachtet dieser Tatsache<br />

wurde in der Tagespresse<br />

der Mord an Otto<br />

Grüneberg als „Zufall“<br />

hingestellt. Seine Mörder<br />

bekamen fünf Jahre<br />

Haft - wurden aber<br />

schon nach zehn Monaten<br />

freigelassen. Zur<br />

Beerdigung kamen 60.<br />

000 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>innen und<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong>, um so auch gegen<br />

den Terror der SA zu<br />

protestieren. Otto Grüneberg<br />

war eines der ersten<br />

Opfer des Faschimus in<br />

Charlottenburg. Vor und<br />

nach der faschistischen<br />

Machtergreifung von<br />

1933 sollten ihm noch<br />

viele folgen.<br />

Wir treffen uns am Sonntag,<br />

3. Februar, um 10.00<br />

Uhr vor der Gaststätte<br />

„Kastanie“ in der Schloßstr.<br />

22 (Charlottenburg)<br />

Zu dieser Ehrung rufen<br />

auf:<br />

Vereinigung der Verfolgten<br />

des Naziregimes<br />

/ Bund der Antifaschisten<br />

(VVN / BdA), Antifaschistische<br />

Linke<br />

<strong>Berlin</strong> (ALB), <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Bündnis für soziale Gerechtigkeit<br />

und Menschenwürde<br />

(BüSGM),<br />

Deutsche Kommunistische<br />

Partei (<strong>DKP</strong>)<br />

- Ortsgruppe <strong>Berlin</strong>-<br />

Mitte<br />

Über Einkaufswagen<br />

eine alte Frau in noch<br />

ärmlicherer Kleidung,<br />

die Füße in schmutzigen<br />

Socken, zertretenen<br />

Hausschuhen.<br />

Der dritte stand im Gebüsch<br />

neben einer Plastikplane.<br />

Bei meiner<br />

letzten Runde sah ich<br />

einen Menschen in der<br />

Plane sitzen, die Haare<br />

verfilzt, nicht erkennbar,<br />

ob Mann oder Frau.<br />

Es war Winter. Achtet<br />

auf die Einkaufswagen.<br />

PL<br />

Seite 9<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Kahlschlag-Telegramm<br />

Januar 08<br />

„<strong>Berlin</strong>s Wirtschaft holt<br />

auf !“ Mit dieser Schlagzeile<br />

titelte die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Presse in der zweiten<br />

Januarwoche. Und tatsächlich:<br />

die Zahl der Erwerbstätigen<br />

ist 2007 um<br />

30.000 gestiegen und die<br />

Wirtschaft um 2 Prozent<br />

gewachsen. Dumm ist nur,<br />

dass die Deutsche Wirtschaft<br />

insgesamt um 2,5<br />

Prozent gewachsen ist und<br />

der Beschäftigtenzuwachs<br />

auch größer ist.<br />

***<br />

Sarrazin jubelt: <strong>Berlin</strong> erzielt<br />

erstmals einen Überschuss<br />

der Einnahmen<br />

über die Ausgaben. Satte<br />

80 Millionen Euro hatte<br />

der Senat zum Jahresende<br />

über. Bei gleich bleibender<br />

Entwicklung und wirtschaftlichen<br />

Wachstum<br />

sind es dann noch rechnerisch<br />

etwa 750 Jahre, bis<br />

der Schuldenberg abgetragen<br />

ist. Die anfallenden<br />

Zinsen nicht mitgerechnet.<br />

***<br />

Der SPD Landeschef Michael<br />

Müller macht deutlich,<br />

dass er einen möglichen<br />

Streik der öffentlichen<br />

Bediensteten durchstehen<br />

will. Der Haushalt sei beschlossen!<br />

Und die Linke?<br />

Die „muss sich mal dran<br />

gewöhnen, dass sie Regierungspartei<br />

sein.“ – Das<br />

hat ja bisher immer funktioniert.


Seite 10 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Olga Benario – eine deutsche Revolutionärin und Internationalistin<br />

Am 12. Februar 2008 jährt sich<br />

der 100.Geburtstag dieser ungewöhnlichen<br />

Frau. Geboren 1908 in<br />

München, ermordet 1942 in der Gaskammer<br />

von Bernburg. Dazwischen<br />

führte sie das Leben einer Revolutionärin,<br />

die von <strong>Berlin</strong> bis Moskau<br />

und Rio de Janeiro in den politischen<br />

Kämpfen ihrer <strong>Zeit</strong> verwickelt war.<br />

Olga Benario stammt aus einer wohlhabenden,<br />

jüdischen Münchner Familie.<br />

Ihr Vater ist ein für die Armen<br />

engagierter Anwalt. Sie besucht das<br />

Gymnasium, ist früh auffällig wegen<br />

hoher Begabung und „unbotmäßigem“<br />

Verhalten. Bereits als Fünfzehnjährige<br />

fasst sie einen Beschluß, der ihr Leben<br />

bestimmen wird. Sie wird Mitglied der<br />

Kommunistischen Jugend. Schon zu<br />

dieser <strong>Zeit</strong> wird sie in den Polizeiakten<br />

der Weimarer Republik als „kommunistische<br />

Agitatorin“ geführt.<br />

Im Herbst 1924 lernt Olga Otto Braun<br />

kennen, der Lehrer ist und unter einem<br />

Decknamen für kommunistische<br />

<strong>Zeit</strong>ungen schreibt. Mit ihm zieht<br />

Olga 1925 mit 17 Jahren nach <strong>Berlin</strong><br />

Neukölln. Am 30. September 1926<br />

werden beide im Zusammenhang mit<br />

der Kampagne zur Enteignung der<br />

Fürsten verhaftet und kommen mit der<br />

Beschuldigung der „Vorbereitung zum<br />

Hochverrat“ in die Untersuchungshaftanstalt<br />

Moabit in Einzelhaft. Während<br />

Olga nach 2 Monaten aus der Haft<br />

entlassen wird, drohen Otto Braun 20<br />

Jahre Gefängnis. Am 11.April 1928<br />

berichten die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Zeit</strong>ungen von<br />

einer spektakulären Gefangenenbefreiung.<br />

Gemeinsam mit mehreren<br />

Genossen des Kommunistischen Jugendverbandes<br />

befreit Olga in einer<br />

tollkühnen Aktion mit vorgehaltener<br />

Waffe Otto Braun aus der U-Haftanstalt<br />

Moabit. Olga und Otto Braun<br />

müssen untertauchen, wohnen in dieser<br />

<strong>Zeit</strong> getrennt und wechseln ständig<br />

ihr Quartier. Viele wissen um ihren<br />

Aufenthalt, aber es findet sich keiner,<br />

der sie an die Polizei, die fieberhaft<br />

nach ihnen sucht, verrät. Olga wird<br />

mit Hilfe der KPD in die Tschechoslowakei<br />

geschleust. Von dort gelangt<br />

sie, und auch Otto Braun, von dem sie<br />

sich 1931 trennt, nach Moskau.<br />

1934/35 lernt sie den Brasilianer Luiz<br />

Carlos Prestes kennen. Sie entschließt<br />

sich, mit ihm nach Brasilien zu gehen,<br />

um mit ihn für die Befreiung des Volkes<br />

zu kämpfen und die Revolution<br />

vorzubereiten. Im April 1935 treffen<br />

Am 10. Dezember wurde auf Initiative<br />

der Galerie Olga Benario in Neukölln,<br />

in der Innstr. 24, der letzten offiziellen<br />

Wohnanschrift von Olga in <strong>Berlin</strong>, ein<br />

Stolperstein für Olga verlegt. Am 12.<br />

Februar 2008 wird dieser in Anwesenheit<br />

der Tochter von Olga, Anita Prestes,<br />

eingeweiht.<br />

sie, nach einer komplizierten, wegen<br />

ihres zu strengen Illegalität verpflichteten<br />

Lebens nach langen Umwegen<br />

durch verschiedene Länder, und um<br />

die Suren ihrer wahren Identität zu<br />

verwischen, in Rio de Janeiro ein. Was<br />

nur Tarnung sein sollte, ist auf der langen<br />

Schiffsreise Wirklichkeit geworden,<br />

sie sind ein junges Liebespaar. Ab<br />

Mitte 1935 kommt es in Brasilien zu<br />

revolutionären Aufständen, so auch in<br />

Rio de Janeiro am 27.November 1935.<br />

Prestes ist zusammen mit Olga maßgeblich<br />

an der Organisierung dieser<br />

Aufstände beteiligt. Der Diktatur gelingt<br />

es, die Aufstände blutig niederzuschlagen.<br />

Olga und Prestes sind nun<br />

auf der Flucht, wechseln immer wieder<br />

ihr Versteck, im März 1936 werden sie<br />

aufgespürt und verhaftet.<br />

Hochschwanger wird Olga am 21.September<br />

1936 an das faschistische<br />

Deutschland ausgeliefert. Am 27.September<br />

bringt sie im Frauengefängnis<br />

Barnimstr. ihre Tochter Anita zur Welt.<br />

Bis zum Januar 1938 bleibt das Kind<br />

bei Olga. Durch eine internationale<br />

Kampagne gelingt es der Mutter von<br />

Prestes, deren Einspruch gegen die<br />

Abschiebung von Olga vom Obersten<br />

Gerichtshof in Brasilien abgelehnt<br />

wurde, ihre Enkelin frei zu bekommen.<br />

Prestes` Mutter erwirkt Papiere<br />

zur Ausreise Olgas nach Mexiko, die<br />

aber wegen des Kriegsbeginns von<br />

London aus nicht mehr zugestellt und<br />

zurückgesandt werden. Nach jahrelanger<br />

Haft in den Konzentrationslagern<br />

Lichtenburg und Ravensbrück wird<br />

Olga Benario im April 1942 in der<br />

Gaskammer der Euthanasie-Mordanstalt<br />

Bernburg umgebracht.<br />

Olgas Tochter Anita wächst in Mexiko<br />

bei ihrer Tante auf, nachdem ihre<br />

Großmutter 1943 stirbt. 1945 lernt<br />

sie ihren Vater kennen, der durch eine<br />

Amnestie freigelassen wird.<br />

Peter Wegner<br />

Veranstaltungen zum 100.<br />

Geburtstag von Olga Benario<br />

8. Februar 2008 17 Uhr „Ein Leben für<br />

die Revolution“, Dok.-Film von Galip<br />

Iytanir / 19 Uhr Gespräch mit Claudia<br />

v. Gélieu (Galerie Olga Benario), Museum<br />

Neukölln, Ganghoferstr. 3<br />

12. Februar 2008 17:00 Uhr Kundgebung<br />

am Stolperstein für Olga Benario.<br />

Eine gemeinsame Veranstaltung<br />

der VVN/VdA und der Galerie Olga<br />

Benario, Innstr. 24 / Ecke: Donaustraße,<br />

anschl. Gespräch mit Anita Prestes<br />

in der Galerie Olga Benario, Richardstr.<br />

104 (5 Min. von der Innstraße)<br />

14. Februar 2008, 19.00 Uhr<br />

Geburtstag: 27. November, Geburtsort:<br />

Frauengefängnis Barnimstraße<br />

Gespräch mit Anita Prestes und Hans<br />

Coppi. Eine Veranstaltung der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

VVN-BdA im Haus der Demokratie<br />

und Menschenrechte, Greifswalder<br />

Strasse 4


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Seite 11<br />

Benedikt XVI.<br />

und das Bündnis der Kurie mit Reaktion und Faschismus<br />

Unter diesem Titel hat der für<br />

seine Bücher zur jüngeren Geschichte<br />

Italiens, wie „Marsch auf<br />

Rom“, „Von Mussolini bis Fini“<br />

und „Der Mord an Aldo Moro, rote<br />

Brigaden und CIA“ bekannte Autor<br />

Gerhard Feldbauer eine neue Publikation<br />

vorgelegt, die als Sonderheft<br />

bei offen-siv erschienen ist.<br />

Er nimmt darin die Massen-Seligsprechung<br />

von 498 spanischen<br />

Geistlichen, die auf der Seite des<br />

Putschistenführers Franco während<br />

des Bürgerkrieges 1936-39 ums Leben<br />

kamen, zum Anlass, die Liaison<br />

des Vatikan mit reaktionären und<br />

faschistischen Kräften seit Pius IX<br />

(1846-1878) und Leo XIII (1878-<br />

1903) im Kampf gegen die sich<br />

organisierende Arbeiterklasse, die<br />

Kommunisten im Besonderen und<br />

jegliche progressiven, demokratischen<br />

Bestrebung zu untersuchen<br />

und die damit einhergehende Perversion<br />

der christlichen Moral- und<br />

Ethik-Lehre nachzuweisen.<br />

Dabei geht er von einem Brief an<br />

den Erzbischof von Köln aus. In<br />

diesem sicherte Leo XIII. dem Staat<br />

des Kapitals die Unterstützung der<br />

Kirche „zugunsten der durch die<br />

aufrührerischen und unmoralischen<br />

Doktrinen - den Marxismus - gefährdeten<br />

sozialen und politischen<br />

Ordnung“ zu. In seiner 1891 erlassenen<br />

Enzyklika „Rerum Novarum“,<br />

forderte er, „der Staat muss<br />

sich zum unerbittlichen Hüter des<br />

Privateigentums machen“ und ihm<br />

durch „die öffentlichen Gesetze ...<br />

Schirm und Schutz bieten“. Wer<br />

die Aufhebung des Privateigentums<br />

fordere, müsse „im Namen der Moral,<br />

deren Fundament er zerstört, als<br />

außerhalb des Gesetzes stehend erklärt<br />

werden“.<br />

Dieser Logik folgend ergriff der im<br />

Januar1922 als Pius XI. gewählte<br />

Papst offen die Partei des „Duce“<br />

und drängte die katholische Volkspartei,<br />

in dessen Regierung einzutreten<br />

und trug so dazu bei, dem<br />

Militärputsch einen Schein der Legalität<br />

und zu verschaffen.<br />

Die Parteinahme für die faschistischen<br />

Regierungen wurde auch<br />

in den Konkordatsverhandlungen<br />

deutlich, die die faschistischen Regimes<br />

in Italien<br />

und Deutschland<br />

innen- und<br />

außenpolitisch<br />

aufwerteten,<br />

die antifaschistische<br />

Bewegung<br />

schwächten,<br />

der<br />

italienischen<br />

D e m o k r a t i e<br />

noch über die<br />

<strong>Zeit</strong> der faschistischen<br />

Diktatur hinaus<br />

schadeten und<br />

entscheidend die Selbstauflösung<br />

des deutschen politischen Katholizismus<br />

bewirkte.<br />

Mit dem Einmarsch der italienischen<br />

Kolonialarmee in Addis Abeba im<br />

Mai 1936 ging ein barbarischer<br />

Feldzug zur Eroberung Äthiopiens<br />

zu Ende, der 275.000 Einwohnern<br />

des Landes das Leben kostete. Auf<br />

Befehl Mussolinis wurde völkerrechtswidrig<br />

das Giftgas Yperit eingesetzt.<br />

Der römische Klerus feierte<br />

Mussolini als „einen wunderbaren<br />

Duce, der das Kreuz Christi in alle<br />

Welt trägt.“<br />

Nach der Landung der Alliierten<br />

im Juli 1943 auf Sizilien brach die<br />

Krise des italienischen Faschismus<br />

offen aus und es kam zu einer Palast-Verschwörung.<br />

Triebkraft des<br />

Handelns der Verschwörer war die<br />

Furcht vor einem Sturz des Mussolini-Regimes<br />

durch einen antifaschistischen<br />

Volksaufstand.<br />

Sie holten die Zustimmung des Va-<br />

tikans ein, ohne den, wie 1922 der<br />

Machtantritt Mussolinis, 1943 auch<br />

sein Sturz nicht hätte stattfinden<br />

können. Der Vatikan stellte zur Bedingung,<br />

die Strukturen des faschistischen<br />

Regime zu erhalten. Giovanni<br />

Battista Montini, der spätere<br />

Papst Paul VI. signalisierte, dass<br />

der Vatikan ganz zur Verfügung stehe,<br />

wenn es gelte, zur Beibehaltung<br />

der „inneren Ordnung“ zu handeln.<br />

Es war offensichtlich, dass Pius XII.<br />

den von seinem Vorgänger proklamierten<br />

klerikalen Faschismus an<br />

die Stelle der gestürzten Mussolini-<br />

Diktatur setzen wollte.<br />

Bei Kriegsende 1945 fügte der<br />

Vatikan seiner Politik des Bündnisses<br />

mit dem Faschismus eine<br />

neue Seite hinzu. Für Tausende und<br />

Abertausende führende Faschisten,<br />

durchweg alle Kriegsverbrecher,<br />

organisierte er unter Pius XII. die<br />

Flucht über die im Geheimdienstjargon<br />

„Rattenlinie“ genannte Route<br />

nach Südamerika oder beteiligte<br />

sich aktiv daran und entzog die<br />

Flüchtlinge ihrer gerechten Bestrafung.<br />

Der Vatikan<br />

Kriegsende<br />

unterstützte nach<br />

die reaktionären und<br />

Fortsetzung Seite 12


Seite 12 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Aufruf :<br />

Keine Träne für Horst Wessel!<br />

Wir dokumentieren den Aufruf der Antifagruppe<br />

„North East Antifascits“:<br />

Vor 78 Jahren wurde der Antisemit,<br />

Faschist und Führer des SA-Sturmes<br />

5 von dem Rotfrontkämpfer Albrecht<br />

„Ali“ Höhler während eines Streits<br />

angeschossen, woran Wessel später<br />

starb, da er die Behandlung durch einen<br />

jüdischen Arzt verweigerte. Das<br />

nutzen Nazis, alt und jung, um sich<br />

an einen Opfermythos zu laben und<br />

Wessel als „Märtyrer“ zu stilisieren.<br />

Jährlich versuchen Nazis, vor allem in<br />

<strong>Berlin</strong> und Brandenburg, Gedenkveranstaltungen<br />

durchzuführen. In <strong>Berlin</strong><br />

spielten sich die neonazististischen<br />

Aktivitäten meist rund um Wessels<br />

Grabstätte, den Friedhof der St. Nicolai-Gemeinde<br />

(Mitte/Prenzlauer Berg)<br />

ab oder am Krankenhaus Friedrichshain<br />

(Landsberger Allee 49), in dem<br />

er verstarb. Durch das antifaschistische<br />

Engagement der letzten Jahre<br />

konnte das Gedenken so gestört oder<br />

verhindert werden, das sich Neonazis<br />

meist nur noch klammheimlich zum<br />

Kranzabwurf versammeln konnten.<br />

Egal ob bei den Großevents deutschnationaler<br />

Massentrauer in Wunsiedel,<br />

Mittenwald und Dresden oder lokalen<br />

rechten Gedenkaktionen im Prenzlauer<br />

Berg, Geschichtsrevisionismus und<br />

deutschen Opfermythen gilt es überall<br />

entgegenzutreten.<br />

Kommt und verhindert das Gedenken<br />

an einen Mörder und Nazi!<br />

No tears for Horst Wessel!<br />

Es ist möglich, das Nazis auch am<br />

Vorabend des 23. Februar oder am 24.<br />

Februar früh ihr Gedenken in Kleingruppen<br />

abhalten. Bildet darum Bezugsgruppen,<br />

schnappt euch Fahräder<br />

und haltet Ausschau. Für den 23. Februar<br />

wird es eine Infonummer geben<br />

wo ihr Naziaktivitäten melden könnt<br />

und selbst Infos erhaltet.<br />

Termine am 23.02.2008:<br />

Infopunkt: Meldet<br />

Nazi-Aktivitäten<br />

13:00 Uhr | Bandito<br />

Rosso (Lottumstraße<br />

10a)<br />

Anfahrt: U-Bahn:<br />

U2 | Tram: M8 |<br />

Bus: 240 - Rosa-<br />

Luxemburg-Platz<br />

Antifa-Kundgebung:<br />

Keine Träne<br />

für Wessel!<br />

15:00 Uhr | St.<br />

Nicolai-Friedhof<br />

(Prenzlauer Allee /<br />

Mollstraße)<br />

Filmabend: Dokumentarfilm<br />

über das<br />

Leben und Ableben<br />

von Horst Wessel<br />

19:30 Uhr | Bandito<br />

Rosso (Lottumstraße<br />

10a)<br />

Fortsetzung von Seite 11<br />

Rechtskräfte, die auch mit der wieder<br />

gegründeten Mussolinipartei<br />

MSI paktierten. Pius XII. ließ<br />

„zur Kontrolle der innenpolitischen<br />

Entwicklung und des Kampfes gegen<br />

den Kommunismus in Italien“<br />

im Vatikan ein Sonderbüro bilden.<br />

Durch einen Erlass des Heiligen Officiums<br />

ließ er massenweise Kommunisten<br />

und Sozialisten exkommunizieren,<br />

um von der Wahl der<br />

Arbeiterparteien abzuschrecken.<br />

Bei der Inszenierung der Entführung<br />

und späteren Ermordung des<br />

christdemokratischen Parteiführers<br />

Aldo Moro spielte der vatikanische<br />

Geheimdienst Pro Deo als Partner<br />

der CIA eine federführende Rolle.<br />

Nach nur 26 Stunden Konklave war<br />

der deutsche Kardinal Josef Ratzinger,<br />

allgemein als die „graue Eminenz“<br />

des Vatikans bekannt, zum<br />

265. Papst gewählt worden. Er hat<br />

an der Spitze der Nachfolgeorganisation<br />

der Inquisition unerbittlich<br />

über den „rechten Glauben“<br />

gewacht, fanatischen Antikommunismus<br />

ohne Abstriche vertreten,<br />

kompromisslos die sogenannte Theologie<br />

der Befreiung bekämpft und<br />

in den Fragen der Homosexualität,<br />

der Unantastbarkeit der Ehe und bei<br />

der klerikalen Moral und Ethik bedingungslos<br />

hinter seinem Vorgänger<br />

gestanden.<br />

Die Seligsprechung von 498 „Kreuzrittern<br />

Francos“ stellte einen weiteren<br />

Angriff Benedikts XVI. dar, der<br />

ausdrückt, um was es diesem Papst<br />

vor allem geht: Um die Rehabilitierung<br />

des Bündnisses von Faschismus<br />

und katholischer Kirche, wie es<br />

auch während der Niederschlagung<br />

der Volksfrontregierungen praktiziert<br />

wurde. (siehe auch <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

<strong>Anstoß</strong> 12/07, S.12).<br />

Die von G. Feldbauer gebotene und<br />

gewohnte gründliche Recherche<br />

wird ergänzt durch einen Anhang<br />

mit Termini der katholischen Kirche<br />

und einem Verzeichnis der verwendeten<br />

Literatur.<br />

Hartwig Strohschein


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Gegen Ende des Herumstromerns<br />

als Flüchtlinge, als sie 1945 in<br />

das sogenannte Niemandsland geraten<br />

waren, ein paradoxer Name, denn das<br />

Land war vollgestopft mit Flüchtlingen<br />

und Menschen aus vielen Ländern, aber<br />

nicht besetzt von den Alliierten, ein Gebiet,<br />

in dem offene Willkür und das<br />

Gesetz des Stärkeren herrschten, wäre<br />

Archie fast von einem eisernen, zentnerschweren<br />

Hakenkreuz erschlagen<br />

worden. Dieses Erzgebirgsland wurde<br />

gelegentlich noch bombardiert oder von<br />

Artillerie beschossen. Archie verließ<br />

das große öffentliche Gebäude, in dem<br />

der Flüchtlingskeller für die Übernachtung<br />

der Obdachlosen des Krieges untergebracht<br />

war, als eine Granate in das<br />

Dach einschlug und ein großer Mauerklumpen<br />

mit einem Hakenkreuz direkt<br />

vor dem offenen Hauseingang mit Getöse<br />

zerberstend herabfiel und fast den<br />

Eingang blockierte. Die Mutter, die sich<br />

schon auf der anderen Straßenseite befand,<br />

erstarrte vor Schreck. Sie schrie<br />

ihn an: - Du sollst doch an meiner Hand<br />

bleiben, Himmelherrgott noch mal! Für<br />

Archie und seine Mutter war das Hakenkreuz<br />

das Zeichen des Bösen, des<br />

Unheils, des Todes und der Vernichtung.<br />

Die Mutter starb 1985 in der DDR<br />

und sah zu ihren Lebzeiten nie wieder<br />

ein Hakenkreuz, und das war gut so für<br />

sie, und für die DDR auch.<br />

Wie war das ein Dutzend Jahre später ?<br />

In der Vorstadt von Strausberg erinnert<br />

sich Archie an eine Szene, auch schon<br />

ein paar Jahre her, wie aus einem Italo-Western.<br />

Neubaugebiet vor einer<br />

Einkaufshalle, die übliche Szenerie,<br />

Arbeitslose mit Bierbüchsen, sommerliche<br />

Wärme, eine Telefonzelle dicht<br />

neben der Halle, wo plötzlich gegen<br />

die Abendsonne auf der Glasscheibe<br />

ein großes schwarzes Hakenkreuz erscheint,<br />

wie von Geisterhand gemalt.<br />

Archie läßt erstarrt den Einkaufswagen<br />

los, geht um die Telefonzelle herum,<br />

wo ein junger stiernackiger, kahlköpfiger<br />

Mann mit nacktem Oberkörper<br />

auftaucht, mit Pinsel und schwarzem<br />

Eimerchen, offensichtlich Kaltteer. Er<br />

geht spontan auf den jungen Stiernacken<br />

zu, der eine Art Tarnuniformhose<br />

trägt, und sieht, wie der ein zweites<br />

Hakenkreuz auf die Telefonzelle malt,<br />

langsam und genüßlich. Der Jung-Nazi<br />

Seite 13<br />

Archie und das Hakenkreuz<br />

spuckt seine Zigarette aus und fragt<br />

provokant: - Na, Alter, willst du auch<br />

eins auf deine Glatze ? - Archie sieht<br />

sich betroffen und ratlos um. Die arbeitslosen<br />

Biertrinker, teils in Jogginghosen,<br />

sehen weg, grinsen, spucken auf<br />

die Erde. Einer sagt verächtlich: - Eh,<br />

Mann, verpiß dich lieber mit deinem<br />

„Wartburg“.- Archie, jäh aufbrausend,<br />

schreit plötzlich empört los: - Das ist ja<br />

einfach unerhört.- Eine jüngere Frau,<br />

eine Verkäuferin , zieht Archie beiseite<br />

in Richtung Halle und sagt zu ihm:<br />

- Junger Mann, ich kenne Sie doch, nun<br />

werden Sie mal nicht komisch, gehen<br />

Sie schnell rein, sonst kriegen Sie noch<br />

eins auf die Birne. Helfen tut Ihnen hier<br />

keiner. Und wenn Sie zu Schaden kommen,<br />

dafür kommt keiner auf. Glauben<br />

Sie mir, Anzeige bei der Polizei hat keinen<br />

Zweck. Die sagen noch, „Sie hätten<br />

die nicht provozieren dürfen“. Und<br />

wo sind die Zeugen? Hier gibt es keine<br />

Zeugen für so was. Ich habe auch nichts<br />

gesehen oder gehört. Als Archie wieder<br />

aus der Halle kommt, steht der Jung-<br />

Nazi bei den Arbeitslosen und trinkt<br />

mit ihnen Büchsenbier. Als er stolpert,<br />

aus Unsicherheit, wird das mit lautem<br />

Gelächter quittiert, und er steigt in seinen<br />

Wartburg und ist froh, ihn ohne<br />

Hakenkreuz vorzufinden. In dem Dorf<br />

in der Nähe, wo er sein Wochenendgrundstück<br />

hatte, fingen um dieselbe<br />

<strong>Zeit</strong> etwa einige ältere Herren an, sich<br />

schwarz gestrichene Wehrmachtsstahlhelme<br />

aufzusetzen und auf schweren<br />

Motorrädern mit demontierten Auspuffanlagen<br />

mit irrem Krach durchs<br />

Dorf zu donnern, Sonntag für Sonntag.<br />

Zu DDR-<strong>Zeit</strong>en hätte der ABV-er nach<br />

einer halben Stunde dem lärmenden<br />

Spuk ein Ende bereitet. Später fand in<br />

diesem Dorf die Jahreshauptversammlung<br />

der Neonazis mit Ober-Nazi Frey<br />

an der Spitze statt, in einer Gaststätte<br />

direkt an der Hauptstraße, ganz offiziell,<br />

begafft und bestaunt, aber nicht behindert,<br />

eine Handvoll linker Leute mit<br />

Protesten, die anderen hinter Gardinen,<br />

grinsend und feixend, eher hämisch. Ein<br />

NPD-Mann, übrigens Wachmann von<br />

Beruf, sagte in H. bei Strausberg einmal<br />

zu Archie, sich dabei im Gespräch als<br />

Rechter outend - Wenn es um freiwillige<br />

Gemeinschaftsarbeit geht für Sportplätze<br />

oder so, stehen wir immer auf der<br />

Matte, - mit wir meinte er die Rechten, -<br />

und ein paar von den Linken, die anderen<br />

glänzen durch Abwesenheit. - Den<br />

Wachmann kannte Archie schon vom<br />

Treptower Park her, vom Einkaufen bei<br />

„LIDL“, wo der dickliche, riesige, kahle<br />

Typ Dienst hatte und an seiner schicken<br />

Uniform die Aufschrift ASK trug.<br />

Archie war überrascht, weil ASK die<br />

Bezeichnung einer erfolgreichen Armee-Fußballmannschaft<br />

der DDR war,<br />

jetzt die Bezeichnung für einen Wachdienst.<br />

Der sog. Wachmann war in der<br />

anderen Armee, in der Bundesarmee,<br />

Langzeitsoldat, unehrenhaft demobilisiert<br />

und jetzt eben NPD, ganz normal.<br />

Seine Rede lautete etwa so: er habe im<br />

Prinzip nichts gegen die Linken, ihre<br />

Gesellschaftskritik könne er sogar verstehen,<br />

aber eine neue Gesellschaft stelle<br />

er sich anders vor. Er sei kein Neo-<br />

Nazi, sondern eben nur von nationaler,<br />

deutscher Gesinnung.<br />

Von Hakenkreuzen halte er nicht viel<br />

und KZs seien eine abscheuliche<br />

Einrichtung gewesen. Man müsse<br />

auch nicht die Fehler der Großväter-<br />

Generation wiederholen usw. So plauderte<br />

er munter weiter, war auch teilweise<br />

durchaus belesen , fühlte sich hier<br />

im Osten besser als früher im Westen,<br />

weil hier mehr Zusammenhalt unter<br />

den Leuten wäre und half Archie während<br />

des Gesprächs, einen schweren<br />

Karton im Wartburg zu verstauen. Er<br />

würde Archie auch gern mal auf dessen<br />

Grundstück besuchen und mit seinem<br />

VW-Transporter behilflich sein, wenn<br />

nötig. Archie dankte höflich für das<br />

Angebot und fing innerlich an zu frieren,<br />

weil er an die Hakenkreuze seiner<br />

Kindheit denken mußte. Neulich fragte<br />

ihn ein Ausländer, warum eigentlich die<br />

NPD nicht als mit der BRD - Verfassung<br />

unvereinbar und deshalb verboten<br />

sei. Archie konnte die Frage nicht<br />

beantworten. Nicht weit von Archies<br />

Wohnung steht ein großes Denkmal.<br />

Ein Sowjetsoldat hält ein gerettetes<br />

Kind im Arm, zu seinen Füßen liegt ein<br />

zerschlagenes Hakenkreuz.<br />

Manfred Hocke


Seite 14 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Alberts Kinotipps zur <strong>Berlin</strong>ale (7.-17.2.)<br />

Wettbewerb<br />

Hier dürfte der Eröffnungsfilm<br />

SHINE A LIGHT von Martin Scorsese<br />

mit den Rolling Stones ein<br />

Leckerbissen für die Stones-Gemeinde<br />

sein – wenn sie denn noch<br />

Karten bekommt. In Doris Dörries<br />

KIRSCHBLÜTEN – HANAMI,<br />

dem einzigen deutschen Film im<br />

Wettbewerb, brillieren die Hauptdarsteller<br />

Elmar Wepper und Hannelore<br />

Elsner in einer Geschichte<br />

über das Altwerden in einer Welt, in<br />

der nur die Karriere noch zählt. Mit<br />

Spannung erwarten darf man den<br />

brasilianischen Thriller ELITEEIN-<br />

HEIT über eine umstrittene Polizeitruppe,<br />

die beim „Aufräumen“ der<br />

Favelas wenig zimperlich vorgeht,<br />

und vor allem den Dokumentarfilm<br />

S.O.P. STANDARD OPERATING<br />

PROCEDURE, in der sich der<br />

mehrfach ausgezeichnete Regisseur<br />

Erroll Morris mit den „Standard“-<br />

Foltermethoden der US-„Terroristenjäger“<br />

befasst,<br />

Andere Sektionen:<br />

Meisterwerke der Filmgeschichte<br />

gibt es in der Retrospektive zu Luis<br />

Bunuel (besonders empfehlenswert<br />

sein antiklerikales Pamphlet L’AGE<br />

D’OR und sein Dokumentarfilm<br />

LAS HURDES) und in der Hommage<br />

für Francesco Rosi (vor allem<br />

HÄNDE ÜBER DER STADT und<br />

SALVATORE GIULIANO, die den<br />

sozialen Nährboden der Mafia untersuchen).<br />

Im Panorama führt Eran Riklis mit<br />

LEMON TREE Machtgehabe und<br />

Arroganz Israels gegenüber den Palestinensern<br />

humorvoll ad absurdum<br />

in einer wunderbaren Geschichte<br />

um einen Zitronenhain, der den<br />

nebenan einziehenden israelischen<br />

Verteidigungsminister „bedroht“.<br />

Sehenswert auch 3 WOMEN aus<br />

dem Iran, der anhand des Streits<br />

um einen historisch wertvollen Teppich<br />

Einblicke in drei Generationen<br />

iranischer Frauen liefert. Und<br />

wer Thomas Grubes Meisterwerk<br />

„Rhythm is it“ gesehen hat, wird die<br />

Sondervorstellung seines neuen Augen-<br />

und Ohrenschmauses TRIP TO<br />

ASIA nicht missen wollen, wieder<br />

mit Taktstockstar Simon Rattle und<br />

den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Philharmonikern – und<br />

doch ganz anders<br />

Völkerverständigung mit Blasmusik<br />

In den deutschen Kinos angelaufen: „Die Band von neben an“ (Israel 2007)<br />

Ein Bild von absurder Komik,<br />

an dem filmende Surrealisten<br />

wie Luis Bunuel sicher ihre Freude<br />

gehabt hätten: Mit Rollkoffern und<br />

Instrumentenkästen bepackt ziehen<br />

da acht Männer in schmucken hellblauen<br />

Uniformen im Gänsemarsch<br />

eine staubige Straße entlang – wie<br />

bestellt und nicht abgeholt. Dies<br />

sogar ganz wörtlich: Die Männer<br />

sind „Die Band von nebenan“, ein<br />

ägyptisches Polizeiorchester und<br />

sollten eigentlich am Flughafen<br />

von Tel Aviv abgeholt werden, um<br />

am nächsten Morgen in Israel zur<br />

Eröffnung eines ägyptischen Kulturzentrums<br />

in Petah Tikva aufzuspielen<br />

– nun bleibt ihnen nichts<br />

anderes übrig als sich auf eigene<br />

Faust zum Ort ihres Auftritts durchzuschlagen.<br />

Im Prinzip gelingt ihnen<br />

das auch – abgesehen von einer<br />

Kleinigkeit: Statt in Petah Tikva<br />

landen sie in einem trostlosen Kaff<br />

mit einem ähnlich klingenden Namen,<br />

wo es weder ein ägyptisches<br />

noch überhaupt ein Kulturzentrum<br />

gibt, ja sogar „überhaupt keine Kultur“,<br />

wie ihnen Dina, die Besitzerin<br />

eines kleinen Bistros am Ortsrand<br />

in holprigem Englisch und ohne<br />

Nationalstolz erklärt. Natürlich gibt<br />

es hier auch keine Hotels, und ganz<br />

nebenbei: Der letzte Bus, der sie in<br />

die nächste Stadt bringen könnte, ist<br />

gerade weg.<br />

Man kann sich leicht ausmalen,<br />

welch deftig-plumpe Komödie sich<br />

aus dieser Situation stricken ließe,<br />

denn hilf- und sprachlos durch<br />

ein fremdes Land irrende Männer<br />

sind allemal der Stoff, aus dem sich<br />

schadenfroh schallendes Gelächter<br />

zünden lässt. Dem israelischen<br />

Regieneuling Eran Kolirin aber<br />

geht es um mehr, um subtileren,<br />

eher schmunzelnden Humor, auch<br />

um einen Lerngewinn, der noch<br />

erhalten bleibt, wenn der schnelle<br />

Gag längst vergessen ist. Das beginnt<br />

schon mit dem wunderbaren<br />

Kontrast zwischen dem steifen, auf<br />

korrektes Benehmen seiner Männer<br />

achtenden Bandchef Tewfik und der<br />

lebensfrohen, resoluten Dina, die<br />

über den unerwarteten Zuwachs an<br />

Männern in dieser trostlosen Ge-<br />

gend nicht unglücklich ist und mit<br />

ihrer „praktischen Diplomatie“ die<br />

Situation auf ihre Art meistert, indem<br />

sie den Musikern für die Nacht<br />

Schlafplätze bei sich und ihren Gästen<br />

anbietet. Aber Kolirin zeichnet<br />

auch die übrigen Beteiligten dieser<br />

unfreiwilligen Völkerversöhnung<br />

mit ganz individuellen kleinen<br />

Schwächen und Ticks – und skizziert<br />

so aus genau beobachteten Details<br />

die Portraits zweier Nationen,<br />

deren „traditionelle“ Feindschaft in<br />

der Nahsicht kaum mehr verständlich<br />

bleibt.<br />

Dass die politischen Tagesereignisse<br />

Kolirins Film nun zum reichlich<br />

verspäteten Start in deutschen Kinos<br />

doch noch hohe Aktualität verschaffen,<br />

wird ihm hoffentlich zusätzliche<br />

Besucher bescheren. Dass<br />

er zuvor in seiner Heimat Israel fast<br />

alle wichtigen Preise abgeräumt hat,<br />

sollte man ihm nicht übel nehmen<br />

– Ehud Olmert und seine Hardliner<br />

saßen gewiss nicht in der Jury.<br />

<br />

Albert Ronnseiß


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Seite 15<br />

Betr.: Leserbrief von Armin Lufer<br />

in BA 1/08<br />

Da mein Name in einem Leserbrief<br />

an den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> auftaucht,<br />

möchte ich mich dazu äußern. Die<br />

„Archies“ bestehen zu 99,9 % aus<br />

einer einzigen Seite, wobei meist<br />

noch eine Illustration Platz hatte.<br />

0,1 % der Beiträge gingen über die<br />

Länge von einer Seite hinaus,wenn<br />

auch nicht erheblich. Es hätte auch<br />

gekürzt werden können, entweder<br />

auf Wunsch der Redaktion von mir<br />

selbst oder durch die Redaktion.<br />

Von Überlänge kann also überhaupt<br />

keine Rede sein, obwohl es so betont<br />

hervorgehoben wird. Die Figur<br />

des Archie ist auch kein abgehobener<br />

Kultur-Onkel, sondern er steht<br />

mitten in der Realität. Der Inhalt der<br />

Beiträge ist reine Politik, nur eben<br />

nicht im Stile eines Leitartikels.<br />

Reine Kulturpolitik kommt kaum<br />

vor. (...) Zum letzten „Archie“ in<br />

der vorletzten Nummer erhielt der<br />

Autor zustimmende Zuschriften aus<br />

Thüringen, Anrufe aus Treptow. Das<br />

ist keine Eigenwerbung.- Zum Film:<br />

Die Mainstream-Filme vorzustellen,<br />

hieße Eulen nach Athen tragen,<br />

denn aus jedem Rundfunk- und TV-<br />

Gerät ertönt pausenlos die raffinierteste<br />

Werbung mit allen Tricks und<br />

Täuschungen, Rätsel- und Gewinnangeboten,<br />

um die Leute ins Kino<br />

zu locken. Es gibt aber auch Filme,<br />

die werden verschwiegen, weil sie<br />

Gruppentermine der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Gruppe Tempelhof-Schöneberg<br />

12.02.08 - 18.00h<br />

26.02.08 - 18.00h<br />

Restaurant „Paloma Blanca“, Eisennacher Str. 23<br />

Gruppe Neukölln<br />

07.02.08 - 19.30h<br />

21.02.08 - 19.30h<br />

Chile Freundschaftsgesellschaft, Jonasstr. 29<br />

Betriebsgruppe „Gerhard Danelius“<br />

13.02.08 - 18.30h,<br />

Franz-Mehring-Platz 1<br />

Gruppe F’hain-Kreuzberg<br />

19.02.08 - 19.00h,<br />

Franz-Mehring-Platz 1<br />

sozialkritisch sind oder neue Wege<br />

gehen, sie finden erst gar keinen<br />

Verleiher. Wer kennt die ?<br />

Manfred Hocke<br />

Betr.: „Die <strong>DKP</strong> und die kommunistische<br />

Weltbewegung“<br />

(...) Die Volksrepublik China ist ein<br />

kapitalistischer Staat. Seit vielen Jahren<br />

pflegt die „Hans-Seidel-Stiftung<br />

(HSS)“ wirtschafts- und gesellschaftspolitische<br />

Beziehungen mit China,<br />

auch seit 1982 auf bildungspolitischem<br />

Gebiet. Seit vielen Jahren ist die „Konrad-Adenauer-Stiftung<br />

(KAS)“ in China<br />

präsent, auch auf gesellschafts- und<br />

wirtschaftspolitischem transformatorischem<br />

Gebiet. Auch vergibt die „KAS“<br />

seit Jahren Stipendien für Studienaufenthalte<br />

in Deutschland. Dies auch<br />

in Interessen-Abstimmung mit dem<br />

Deutschen Außenministerium und den<br />

Konzern- und Monopolunternehmen.<br />

Seit Jahren ist auch der Bertelsmann-<br />

Konzern und die „Bertelsmann-Stiftung“<br />

(führend) aktiv in China. Bereits<br />

im Jahr 2003 hat Bertelsmann ein<br />

wissenschaftliches Gutachten über die<br />

Gesellschaftsentwicklung und deren<br />

Transformation (- „Konterrevolution“)<br />

in den Kapitalismus erstellt. Übrigens,<br />

dieses Gutachten mit Empfehlungen<br />

für einen sozialdemokratischen<br />

Entwicklungsweg - und gegen einen<br />

brachial-kapitalistischen Umbruch<br />

der chinesischen Gesellschaft. - Die<br />

Administration der Konzern- und Monopolbourgeoisie<br />

besteht eben nicht<br />

(nur) aus Idioten. Die Siemens AG,<br />

Gruppe Lichtenberg<br />

19.02.08 - 19.00 Uhr, Jahresarbeitsplan<br />

Franz-Mehring-Platz 1, Raum 341<br />

Gruppe Pankow<br />

12.02.08 - 19.00h<br />

28.02.08 - 19.00h<br />

Franz-Mehringplatz 1<br />

Gruppe Treptow-Köpenick<br />

04.02.08 - 19.00h<br />

Franz-Mehring-Platz 1<br />

Leserbriefe<br />

Gruppe Mitte<br />

11.02.08 - 19.00h<br />

25.02.08 - 19.00h<br />

Club der Volkssolidarität, Torstr. 203-205<br />

Metro AG, Allianz AG, BMW, VW,<br />

Deutsche Bank u.a.m., sie wissen was<br />

sie von ihrer Staats- und Parteiführung<br />

haben - auch in Deutschland und Europa,<br />

USA und Japan! Seit vielen Jahren<br />

pflegt auch die SPD und deren „Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

(FES)“ erfolgreiche<br />

transformatorische Beziehungen<br />

zur Staatsführung und zur ‚KPCh‘.<br />

Analoges gilt für schwedische, französische,<br />

italienische und andere europäische<br />

Einrichtungen: Parteien, - Stiftungen,<br />

auch Konzern-Stiftungen; ebenso<br />

für nordamerikanische und asiatische<br />

(auch japanische) Einrichtungen.<br />

In den zurückliegenden Jahrzehnten<br />

wurden viele Milliarden US- Dollar,<br />

Deutsche Mark und Euro etc. in die<br />

Transformation -zugleich gesellschaftspolitische<br />

Konterrevolution und Korruption-<br />

in China erfolgreich investiert.<br />

Auch der chinesische Gewerkschaftsbund<br />

- „All Chinese Federation of<br />

Trade Unions (ACFTU)“ - befindet<br />

sich auf dem Weg der Eingliederung in<br />

den sozialdemokratischen „Internationalen<br />

Gewerkschaftsbund (IGB)“, dies<br />

auch mit Unterstützung der IG Metall<br />

und anderer DGB- Gewerkschaften,<br />

analog, u.a. schwedischer, französischer,<br />

nordamerikanischer Gewerkschaften<br />

(und staatlicher Organisationen<br />

und Einrichtungen)! (...)<br />

Reinhold Schramm


Seite 16 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> ■ Februar 2008<br />

Dr. Seltsams Wochenschau<br />

Sonntag, 3. Februar 2008. Film: Aus der Reihe „Neue<br />

Wut 3“ von Martin Kessler über G8-Heiligendamm<br />

„Das war der Gipfel“ mit Commander Stardust über<br />

die Ausstrahlung von Heiligendamm in die kommenden<br />

Aktionen des nächsten Jahres.<br />

Sonntag, 10. Februar 2008. „Kunst als Waffe“ mit dem<br />

Maler und Bildhauer ROLF BIEBL, Schöpfer der in <strong>Berlin</strong><br />

herumgestoßenen Rosa-Luxemburg-Statue.<br />

Sonntag, 17. Februar 2008 .Krieg gegen Iran? Wann,<br />

warum, wer mit wem gegen wen? Mit PEDRAM SHA-<br />

YAR. (Attac)<br />

Sonntag, 24. Februar 2008. <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Armutsökonomie<br />

und Kapitalspekulation. Mit Sergej Goryanoff, Ökonom<br />

und Stadtplaner.<br />

Kundgebung<br />

anlässlich des 75. Jahrestages der illegalen Tagung des<br />

ZKs der KPD<br />

im Sporthaus Ziegenhals, am 7. Februar 1933<br />

Es spricht:<br />

Heinz Kessler (Armeegeneral a.D.)<br />

Es wirken mit:<br />

Dieter Dehm (Liedermacher) und Michael Letz (musikalische Begleitung<br />

am Piano)<br />

Sonntag, 10. Februar 2008<br />

11:30 Uhr<br />

Veranstalter: Freundeskreis „Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals“<br />

e.V.<br />

________________________________________<br />

Busverbindung (geänderte Fahrtzeiten!):<br />

Ab S-Bahnhof Königs Wusterhausen/ Storkower Str.: 11:07 Uhr.<br />

Rückfahrt: Ab 13.58 Uhr, alle zwei Stunden.<br />

Ab Alt-Schmöckwitz: 10.10 Uhr. Rückfahrt: Ab 13.25 Uhr stündlich.<br />

Wir werden uns bemühen, eine Fahrgelegenheit vor 11:07 Uhr zu<br />

organisieren.<br />

DR. SELTSAMS WOCHENSCHAU jeden Sontag 13-<br />

15 Uhr im Wirtshaus Max & Moritz, Oranienstraße 162,<br />

10969 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg. Bus M 29, U 8 Moritzplatz.<br />

Danach Tafeln mit den Künstlern. Vorbestellung M&M:<br />

695 15 911. Programm-Infos unter 691 99 22.<br />

<strong>UZ</strong><br />

<strong>Unsere</strong> <strong>Zeit</strong><br />

Sozialistische Wochenzeitung<br />

<strong>Zeit</strong>ung der <strong>DKP</strong><br />

10 Wochen<br />

kostenlos Probeabo<br />

Zu beziehen über:<br />

CommPressVerlag<br />

Hoffnungsstr. 18<br />

45127 Essen<br />

Telefon 0201/2486482<br />

E-mail: <strong>UZ</strong>Abo@t-online.de<br />

http//www.unsere-zeit.de<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber: Deutsche Kommunistische Partei (<strong>DKP</strong>)<br />

Bezirksorganisation <strong>Berlin</strong><br />

Anschrift der Redaktion „<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong>“ und des Herausgebers<br />

<strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong>, Franz-Mehringplatz 1, 10243 <strong>Berlin</strong><br />

Internet: www.anstoß.dkp-berlin.info V.i.S.d.P.: Dr.Hartwig Strohschein<br />

e-mail: berliner.anstoss@web.de Layout: RF<br />

Tel.: 030/29783132<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge können von der Auffassung der Redaktion abweichen. Die Redaktion<br />

behält sich vor, Zuschriften sinngemäß zu kürzen. Sämtliche Autoren schreiben ohne Honorar.<br />

Spenden an den „<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong>“ bzw. die <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> bitte an:<br />

Konto: <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Sparkasse, BLZ 100 500 00, Kto 004 341 31 37<br />

Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe: 20.02.2008

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