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100 Jahre - Berliner Anstoß - DKP Berlin

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Seite 4 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Der materielle Reichtum, der wesentlichvom Mann erzeugt wurde, gab ihmzum Einen eine wichtigere Stellung alsdie der Frau. Zum Anderen erzeugte dergeschaffene Reichtum die Möglichkeit,diese verstärkte Stellung zu nutzen, umdie bislang gültige mütterliche Abstammungsfolge(Mutterrecht) gegen dieväterliche Nachkommenschaft zu ersetzen.Das Mutterrecht behinderte also dieweitere Ansammlung von Reichtümernin den Händen einzelner Familien, dererst mit dem Übergang, der nicht produzierendenWirtschaftsweise der Jägerund Sammler zu Ackerbau und Viehzuchtentstehen konnte. „Der Umsturzdes Mutterrechts war die weltgeschichtlicheNiederlage des weiblichen Geschlechts“.(Engels: Der Ursprung derFamilie, des Privateigentums und desStaates) Die weitere gesellschaftlicheEntwicklung erzwang also die väterrechtlicheOrdnung und damit die Entwicklungder patriarchalischen Familieals selbstständige Reproduktionseinheitmit ihren spezifischen Merkmalen: väterlicheErbfolge, Ausschluss der Frauvon der gesellschaftlichen produktivenArbeit, Unterwerfung ihrer Arbeit unterden ökonomischen Zweck des privatenProduktionsmittelbesitzers.Mit dem Übergang zur familiären Einzelwirtschaftwirtschaftauf der Basisvon Privateigentum hat sich also dieHerrschaft des Mannes durchgesetzt,d.h., patriarchalische Mechanismenexistieren in allen Strukturen, die alleBereiche des menschlichen Lebens beeinflussen.In unserer Gesellschaft, also der bürgerlichenGesellschaft, die auf demWiderspruch zwischen Lohnarbeit undKapital basiert, werden Frauen in allenLebensbereichen sogar doppelt ausgebeutetund unterdrückt. Nämlich alsKlassenwesen und als Geschlechtswesen.Zur doppelten Unterdrückung derFrau im Kapitalismus meint AugustBebel: „Das weibliche Geschlecht inseiner Masse leidet in doppelter Beziehung:Einmal leidet es unter der sozialenund gesellschaftlichen Abhängigkeitvon der Männerwelt (...) und durch dieökonomische Abhängigkeit, in der sichdie Frauen im allgemeinen und die proletarischenFrauen im besonderen gleichder proletarischen Männerwelt.“Engels sieht den Zusammenhang vonder Verfügung über weibliche Arbeitskraftund Ausbeutung weiblicher Sexualitätdarin, das die monogame Familie,die auf der Sicherung der Herrschaft desMannes gegründet ist, „dem ausdrücklichenZweck der Erzeugung von Kindernmit unbestrittener Vaterschaft dient“, zurSicherung des väterlichen Vermögens.Der patriarchalische Zusammenhanginnerhalb der Familie in der kapitalistischenGesellschaft besteht darin, dassselbst die völlige Gleichstellung durchFamilien- und Scheidungsrecht ihreökonomische Abhängigkeit und diedamit gegebene sexuelle Verfügbarkeitnicht verhindern wird.Erst mit der Beseitigung der kapitalistischenEigentums- und Produktionsverhältnisseist die Überwindung derFrauenunterdrückung möglich. In demMaße wie Frau und Mann Einfluß aufdie Veränderungen der kapitalistischenUnterdrückungsverhältnisse nehmen,ändert sich ihr Verhältnis zueinander,ohne das die Ungleichheit grundsätzlichaufgehoben wird.Deswegen müssen Männer dafür gewonnenwerden, die besondere Unterdrückungder Frau zu erkennen unddie Bedeutung des Kampfes der Fraugegen ihre Diskriminierung in allengesellschaftlichen Bereichen zu begreifenund zu unterstützen. Und diebewussten Frauen der unterdrücktenund ausgebeuteten Klasse müssen dasZusammengehen mit den männlichenKampfgenossen gegen den gemeinsamenKlassenfeind bejahen!Filmvorführung zum Frauenkampftag„Bread & Roses“(Regie: Ken Loach)Brot und Rosen erzählt die Geschichte illegalisierter, ausgebeuteter mexikanischerArbeiterinnen und ihres Ringens um eine würdige Existenz in derkalifornischen Metropole.Mit einer Bande von Menschenschleusern gelangt die junge MexikanerinMaya über die Grenze in die USA und muss sich gleich dringend absetzen,denn die üblen Gesellen haben es darauf abgesehen, sich der hübschenFrau zudringlich zu nähern. Maya schlägt sich nach Los Angeles zu ihrerSchwester Rosa durch, die mit anderen heimlich Eingewanderten für einenHungerlohn als Putzfrau schuftet. Auch für Maya besorgt Rosa nun einenJob in der Reinigungskolonne, was sie allerdings sexuelle Gefälligkei-ten ihrem Boss gegenüber kostet, wovon Maya jedoch nichts weiß.Angesichts der erbärmlichen Lebensbedingungen der Arbeiterinnenerwacht wachsend Widerstand bei Maya, der durch das Auftauchendes engagierten Gewerkschafters Sam Shapiro in den organisiertenKampf gegen die Ausbeutung der Illegalisierten mündet. Während sichzwischen Maya und Sam eine Liebesbeziehung anbahnt, gerät Rosaauf Grund deren politischen Engagements ganz heftig mitihrer Schwester aneinander und verrät sie schließlich an ihrenBoss ...Veranstaltung derGruppe MitteMontag, 07. März 2011, 19.00 UhrVeranstaltungsort: Treff der Volkssolidarität, Torstraße203-205, 10115 <strong>Berlin</strong>SDAJ <strong>Berlin</strong>


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Seite 5Vor 80 <strong>Jahre</strong>n wurde der JungkommunistOtto Grüneberg ermordetm 06. Februar d.J. trafen sich inACharlottenburg AAntifaschisten, umder Ermordung Otto Grünebergs zu gedenken.Otto Grüneberg wurde vor 80 <strong>Jahre</strong>n, am01.02.1931, 22jährig, am frühen Morgenvor seinem Wohnhaus in der Schloßstraße22 auf offener Straße von dem berüchtigtenSA-Sturm 33 ermordet. Er war einesder ersten Opfer der Nazis, von unzähligen,die noch folgen sollten, auch in unsererStadt.In diesem Jahr hatte wieder ein Bündnis,initiiert von der VVN gemeinsam mit der<strong>DKP</strong> und Die LINKE aufgerufen. Mit solchenGedenkfeiern sollen nicht sinnentleerteRituale zelebriert werden, sondernsie sind eine Pflicht für Antifaschistinnenund Antifaschisten, deutlich zu machen,dass Faschismus kein Überbleibsel derGeschichte ist. Neofaschismus hat auchheute eine gesellschaftliche Funktion.Wenn wir der Opfer gedenken, müssenwir auch die Ursachen benennen und dieaktuellen Entwicklungen aufzeigen. Mitden geschichtlichen Erfahrungen der letzten80 <strong>Jahre</strong> können wir uns nicht damitherausreden, es ja nicht gewusst zu haben.Hans Coppi (VVN), Michael Grüß(<strong>DKP</strong>) und Marlene Cieschinger (DIELINKE. Charlottenburg-Wilmersdorf)stellten denn auch in ihren Beiträgen denBezug zur Gegenwart her.Uns Männe Grüß, <strong>DKP</strong> F´hain-XbergSie verwiesen auf die allein in den letztenMonaten verübten Brandanschläge in<strong>Berlin</strong> auf muslimische Kultureinrichtungenund Moscheen, neofaschistische Anschlägeauf linke Einrichtungen wie einenBuchladen in Kreuzberg, die Galerie OlgaBenario oder die Chile-Freundschaftsgesellschaftin Neukölln. Mit breiter Presseöffentlichkeitdarf ein ehemaliger Finanzsenatorund Banker ade ungeniert gegenHartz IV-Empfänger oder gegen Muslimehetzen. Während unter dem Deckmantelder Demokratie das offene Auftreten neofaschistischerBanden geschützt wird,werden Antifaschisten, die sich ihnen inden Weg stellen, kriminalisiert.Deshalb riefen auch alle drei RednerInnendie Anwesenden auf, hier keinen Millimeterzurückzuweichen und sich am 19.Februar dem faschistischen Aufmarsch inDresden entgegenzustellen.Michael (Männe) Grüß stellte in seinemRedebeitrag den Bezug zur Funktion desFaschismus bzw. Neofaschismus für dendeutschen Imperialismus dar: „Die Vertreterdieses Staates sind sich einig: DerFeind steht links. Sicherlich sind wir nocheinen Schritt davon entfernt, dass die wirtschaftlichenund politischen Eliten in diesemLand über eine Machtübertragungan neofaschistische Kräfte nachdenken.Und mit Sicherheit würde ein Faschismusheute auch anders aussehen als voreinem halben Jahrhundert. Und trotzdem:Das Erstarken neofaschistischer Kräftehat seine Funktion – eine Funktion fürden deutschen Imperialismus bei seinerOffensive nach innen und außen, um dendritten Anlauf für einen Platz an der Sonne.Deshalb: Nie wieder Faschismus – niewieder Krieg!“Karin MackFortsetzung von Seite 1<strong>Berlin</strong>. Diese erfolgreiche Mobilisierungdarf aber keine Illusionen befördern:Der Kampf gegen die Teilprivatisierungder <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wasserbetriebe gehtweiter!Konkret geht es jetzt darum, dass jeglicheVerhandlungen zwischen dem Senatund RWE über den Rückkauf derBWB-Anteile zu stoppen, solange nichtalle Verträge, Beschlüsse und Nebenabsprachenveröffentlicht wurden. Dassdas trotz aller Beteuerungen des Senatsnicht der Fall ist, zeigte sich in den letztenTagen. So berichtete die Nachrichtenagenturdapd wenige Tage vor demVolksentscheid, dass ihr ein Dokumentvorliege, aus dem hervorgehe, dass derSenat noch nicht alle Verträge veröffentlichthabe. So führe ein Bericht der WirtschaftsprüfungsgesellschaftKPMG von1999 neben dem bislang veröffentlichtenKonsortialvertrag noch fünf weitereVerträge aus dem <strong>Jahre</strong> 1999 auf, die bisheute nicht veröffentlicht sind. Ohne einevollständige Offenlegung und Prüfungder Verträge ist davon auszugehen, dassRWE sich seinen Ausstieg aus den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Wasserbetrieben teuer bezahlenläßt und somit seine Profite auf Kostender <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Bevölkerung sichern kann.Das alles zeigt: Es bedarf noch eineslangen Atems in dieser politischenAuseinandersetzung und alle fortschrittlichenKräfte in <strong>Berlin</strong> müssendiesen Volksentscheid als einen Weckrufbegreifen, sich in diesem Kampfeinzureihen. Das gilt im besonderenMaße für die DGB-Gewerkschaftenim Interesse der Beschäftigten – insbesondereim Öffentlichen Dienst. Nureine solche Verbreiterung des Widerstandeseröffnet die Perspektive, nebendem Mittel des Volksentscheidsmit weiteren Formen des Kampfes aufbetrieblicher Ebene die Schlagkraftder Bewegung zu erhöhen.


Seite 6 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011S-Bahn <strong>Berlin</strong> unter öffentlicher Kontrolle?BGH-Urteil verschärft die Diskussion um AusschreibungWie weiter mit der S-Bahnin <strong>Berlin</strong>? Diese Diskussionbeschäftigt weiter dieÖffentlichkeit. Durch ein Urteildes Bundesgerichtshofes(BGH) zur Auftragsvergabe imöffentlichen Nahverkehr ist dieDiskussion um die Ausschreibunglukrativer Teilstreckender <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> S-Bahn wieder neuentfacht worden. Das – bishernicht schriftlich vorliegende– Urteil des BGH gegen eineAuftragsvergabe im VerkehrsverbundRhein-Ruhr (VRR)wird von den Befürwortern derLiberalisierung des öffentlichenNahverkehrs so gedeutet, dasskünftig die Länder verpflichtetsind alle Leistungen ohne Ausnahmeauszuschreiben. Bisherwar es in den Ländern Praxis,Teile des Verkehrsangebotes inForm von einer Direktvergabean ein Verkehrsunternehmen zuvereinbaren. Hiervon profitiertenu.a. bundesweit die S-Bahnenim Stadtverkehr. Die „Oppositionsparteien“des <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Abgeordnetenhauses Grüne undCDU nutzten die Situation, umdie Ausschreibung der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>S-Bahn erneut zu fordern.Dies kommt Teilen des <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Senats, allen voran der StadtentwicklungssenatorinJunge-Reyer, sehr gelegen. Die SPDhatte nach langer Diskussioneine Ausschreibung der S-Bahn-Strecken auf ihrem letzten Parteitagvorerst ausgeschlossen.Gegen die Ausschreibung wandtesich vor allem der Betriebsratder <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> S-Bahn mit Unterstützungder Bahngewerkschaften.Vor dem Hintergrund,dass seit der „Bahnreform“ von1994 diese Praxis vor allem zuLohndumping geführt hat unddie Leistungen des ÖffentlichenNahverkehrs seitdem keine Verbesserungenerfahren haben, istdie Suche nach Alternativen angesagt.Der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Senat nutztedie Verhandlungen um denVerkehrsvertrag 2004 dazu, dieServiceleistungen im S-BahnAngebot zu reduzieren. So wurdenAufsichten auf den Bahnhöfenvom Senat als überflüssigangesehen und durch die Budgetreduzierungder Kostendruckbei der S-Bahn erhöht. Wie der„<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß“ in seiner letztenAusgabe berichtete ist fürdie Beschäftigten längst klar,dass die gesamte Privatisierungder Bahnen in Deutschland unddie damit verbundene Renditejagdder DB AG Ursache derProbleme ist. Als Problem istebenso erkannt, dass der DeutschenBahn AG und damit auchdem Management der S-Bahn<strong>Berlin</strong> GmbH insbesondere vonder Politik und der Bevölkerungaufgrund ihres Agierens seitdem Beginn des S-Bahn Chaoskein Vertrauen mehr entgegengebracht wird. Betriebsräte undengagierte Gewerkschaften tratensehr selbstbewusst auf undforderten von Anbeginn, dieeigentlichen Fachleute an derLösung der Probleme arbeitenzu lassen: die Beschäftigten der<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> S-Bahn. Nunmehr wurdeauf Initiative einiger Vertreterder kleinen Betriebsratsfraktionder Liste „Aktive Interessenvertretung“ein Sofortprogrammzur Sanierung des Betriebespräsentiert. Dieses beinhaltetu.a. die technische und personelleAusrüstung der Werkstätten,bspw. durch die Festeinstellungder inzwischen über 300beschäftigten Leiharbeiter, dieWiedereinführung einer vorausschauendenInstandhaltungdurch Aufstockung der Instandhaltungsmittelum 5 Mio. Euro.und die Wiederherstellung derBaureihe 485. Mittelfristig sollenauch durch andere Bahnbetriebewahrgenommene betrieblicheAufgaben im S-Bahn Netzund Bahnhöfe an die S-Bahn zurückgegebenwerden. Langfristigsind die Rechtsformen unddamit die Wiederherstellung derS-Bahn als öffentlicher Betriebanzustreben. Damit diese Maßnahmentransparent umgesetztwerden, soll ein öffentlicherKontrollausschuss aus Beschäftigten,Betriebsrat, Gewerkschaften,Verkehrsschüssen desBundes und der Länder <strong>Berlin</strong>und Brandenburg und Fahrgastverbändeninstalliert werden.Für diesen Vorschlag wird derzeitgeworben und zur Überraschungder betrieblichen Akteurentrifft er auf Interesse bei denParteien in <strong>Berlin</strong>. Um dem Betriebsratund den Beschäftigtender <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> S-Bahn den Rückenzu stärken, versucht derzeitigein neues Aktionsbündnis eineneue Kampagne zu entwickeln,mit der der Wahlkampf in diesemJahr begleitet werden soll.Friedrich Kastner


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Seite 7Liebe S-Bahn,ich weiß, dir geht es im Moment nicht so gut -trotzdem will ich dir mal schreiben.Weißt du noch? Die alten Zeiten?Damals in den zwanziger <strong>Jahre</strong>n?Als du das modernste VerkehrsmittelEuropas warst – das Rückrat des<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Nahnverkehrs?Ich habe dich erst in den sechziger<strong>Jahre</strong>n kennengelernt – als Lehrlingbei der Deutschen Reichsbahn. Damalshabe ich Fahrkarten verkauft– 20 Pfennig für die Preisstufe 1.Und ich stand auch mit der rotenMütze als Aufsicht auf dem Bahnsteig.Dann gab es auch noch einenSchaffner – der hat die Fahrkartengeknipst. Immer mindestens 3Beschäftigte pro Bahnhof. Ja, gut– deine Bänke waren aus Holz – esgab auch keine schicken Anzeigetafeln.Es gab nur einen plärrendenLautsprecher und die Beschäftigten.Aber unsere Fahrgäste wussten immerwann du wo lang fuhrst.Ja, Winter gab es damals auch. Mitviel Schnee, Eis und eingefrorenenWeichen. Aber das war ein geringesProblem. Wir waren ja genug Kollegen.Einer von uns ging zu derWeiche, befreite sie vom Schneeund goss noch einen Eimer heißesWasser drüber. Ging auch. Wirpassten auch immer auf, dass derWarteraum für unsere Fahrgäste gutgeheizt war.Gut, deine Wagen waren alt undnicht auf dem neuesten Stand. Esfiel schon mal eine Heizung ausoder die Bremse fror ein. Dann gabes das RAW – das Reichsbahn-Ausbesserungswerk.Mit genug Personal.Und es waren genug Ersatzwagenda.Na ja, leicht war es für dich nicht.Da war auch noch der kalte Krieg– der hat dir auf dem Gebiet vonWest-<strong>Berlin</strong> ganz schön zugesetzt.Aber die meisten <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> habendich gebraucht und geliebt.Auch meine Kinder haben noch imKindergarten begeistert das Lied.„Die S-Bahn ist nicht zum Essenda“ gesungen.Nach 1989 brauchten wir dich nochviel dringender. Denn wir musstenja jetzt „pendeln“, nach Potsdam,Hennigsdorf oder Wartenberg. Waswaren wir froh, als der Ring wiedergeschlossen war.Aber du weißt ja selbst, was dannpassierte – dann kam die DeutscheBahn. Die wollte an die Börse undbrauchte viel Geld. Das holte siesich von dir. So viel Geld, dass manaus dir die tollste und modernste S-Bahn der Welt hätte machen können.Hat man aber nicht. Man hatdich ausgeplündert.Jetzt hast du marode Technik, vielzu wenig Personal, zu wenig Werk-stätten, zu wenig Züge, aber sehrhohe Fahrpreise. Manchmal kannstdu gar nicht fahren. Niemand kannsich mehr darauf verlassen pünktlichzur Arbeit oder zur Schule zukommen. Wir sind verzweifelt. Wasist <strong>Berlin</strong> ohne seine S-Bahn!Wir versprechen dir, um dich zukämpfen. Du bist doch unsere S-Bahn. Du musst wieder den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>ngehören. Du bist für uns da– nicht um Aktionären die Taschenzu füllen.Wir brauchen Dich!!Deine Ingelohse GeserickAuftaktveranstaltung für eine S-Bahn-KampagneWie kann das Sofortprogramm umgesetzt werden?Welche Rolle kann der Kontrollausschuss spielen?Unsere ZeitSozialistische WochenzeitungZeitung der <strong>DKP</strong>Telefon 0201/2486482E-mail: UZAbo@t-online.http//www.unsere-zeit.de8. März, um 19 Uhrim Havemann-Saal,Haus d. Demokratie & Menschenrechte, Greifswalder Str. 4Podium:Winfried Wolf, Bahnexperte, Bahn für AlleCarl Waßmuth ProBahn <strong>Berlin</strong>Jörg Kronberg, EVG, GewerkschaftssekretärPeter Polke, Mitglied d. Betriebsrats d. S-BahnVertreterIn des Krisenbündnisses <strong>Berlin</strong>


Seite 8<strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Kahlschlag-TelegrammFebruar 2010In Stadtbezirk Marzahn – Hellersdorfswaren wegen desRückgangs der Bevölkerungseit 2003 rund 4.500 Wohnungenund 70 öffentlicheGebäude abgerissen worden.Die öffentlichen Gebäude warenhauptsächlich Schulen undKitas. Das rächt sich jetzt. Stattder geplanten 1.900 Schulanmeldungensind 2.<strong>100</strong> Kinderan den Schulen und die Prognosensagen weiter steigendenBedarf voraus. Abzusehen istjetzt, dass sowohl in Schulenals auch Kitas Plätze fehlenwerden.***Die Zahl der freien Wohnungenin <strong>Berlin</strong> sinkt. Derzeitigbeläuft sie sich auf ca. 96.000.Dieser Umstand ist nicht nurauf dauernden Leerstand, sondernauch auf Fluktuationenzurückzuführen. Fakt ist, dassdie <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Mieterorganisationenschon seit <strong>Jahre</strong>n vorWohnungsknappheit in <strong>Berlin</strong>warnen. Dieser Umstand ziehtvermehrt Investoren an, die aufsteigende Mieten spekulieren.Allein für 1,4 Milliarden Eurowechselten zwischen Januarund August 2010 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> inden Mietshäuser ihre Eigentümer.Die zu erwartende Renditeist im Vergleich zu anderenGegenden hoch.***Dem Chaos im öffentlichenNahverkehr <strong>Berlin</strong>s stehenweiter steigende Touristenzahlenund Übernachtungen gegenüber.Mit 20,8 MillionenÜbernachtungen von 9,1 Mio.Touristen stellt <strong>Berlin</strong> einenneuen Rekord auf.***<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Kein Platz für alternatives Wohnen„Rot-Rot“ will weiter räumen lassenDas in <strong>Berlin</strong>-Friedrichshaingelegene alternative Hausprojekt„Liebigstraße 14“ist seit Anfang FebruarGeschichte.Mehrere HundertschaftenderPolizei – darunterauch Spezialeinheiten– warenam 2. Februargewaltsam in dasWohnprojekt eingedrungenund hattenes gewaltsamgeräumt.Über den ganzenTag hinweg kames zu Solidaritätsaktionender linkenSzene nichtnur in <strong>Berlin</strong>,in dessenRahmenauchdie vom„rot-ro-ten“<strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Senatbeförderte zunehmende Vertreibungsozial Deklassierteraus den Innenstadtbezirkenkritisiert wurde. Am Abendkam es zu weiteren spontanenProtesten und Demonstrationen,an denen sich insgesamtmehrere tausend Menschenbeteiligten.Nachdem eine Demonstrationder Räumungsgegner auf derWarschauer Straße von derPolizei gestoppt worden warund daraufhin von den Organisatorenaufgelöst werdenmusste, ließen die Protestierendenihre Wut unter andereman städtischen Prestigeobjektenaus. Barrikaden wurdenerrichtet, unter anderem an der„O2-Arena“ am Spreeufer undeinem Kaufhaus am Ostbahnhofwurden Scheibeneingewo r f e n .Insgesamtn a h m e ndie Beamten82 Personenfest.Linkspartei-ChefinGesineLötzschwarfi h r e nBer-l i n e rG e -nossenindesvor, zurEskala- tion derL a g e beigetragenzu haben. „Die Verantwortungfür diese Entwicklungliegt natürlich bei denpolitisch Verantwortlichen,dem Senat“, sagte sie demNeuen Deutschland. Dem widerspracherwartungsgemäßdie zum sogenannten Reformerflügelder Partei gehörendeBundestagsabgeordneteHalina Wawzyniak.Bereits 1992 hatten die Bewohnerdes in der Liebigstraßegelegenen Hauses, welcheszwei <strong>Jahre</strong> zuvor besetzt wordenwar, Einzelmietverträgeerhalten. Diese wurden jedochim Frühjahr 2007 durch dessenEigentümergesellschaft, dieLiLa GbR, gekündigt. Zwarhatte die Hausgemeinschaft inder Vergangenheit mehrfachversucht, mit der LiLa GbRzu verhandeln. Auch der Kaufdes Gebäudes war der Eigentümergesellschaftangebotenworden. Diese zeigte sich jedochnicht gesprächsbereit.Während die CDU im Rahmeneiner Aktuellen Stundeim Bundestag die üblicheStimmungsmache gegen diepolitische Linke und alternativeLebensformen propagierte,nutzte das Gros der Hauptstadtpressedie Auseinandersetzungen,um die sattsambekannte antikommunistischeGewalt- und Extremismusdebattewiederholt anzufeuern.Indes dürfte es im „rot-rot“regierten <strong>Berlin</strong> in dennächsten Wochen undMonaten zu weiterenRäumungen linksalternativerProjekte kommen. Sosoll nach bisherigen Informationenam 3. März das Erdgeschossder Scharnweberstraße29 geräumt werden, in demsich ein nichtkommerzieller„Schenkladen“ befindet. Auchdem Kulturptojekt „Köpi“ ander Köpenicker Straße in <strong>Berlin</strong>-Mittedroht erneut die polizeilicheRäumung.Grund genug, den Widerstandgegen Gentrifizierungzu verstärken und auch zu einemSchwerpunktthema derdiesjährigen Revolutionären1. Mai-Demonstration in derBundeshauptstadt zu machen.Darüber hinaus gilt es, demaus SPD und Linkspartei bestehendenSenat bei den inwenigen Monaten stattfindendenWahlen zum Abgeordnetenhausdie rote Karte für seineasoziale Wohnungsbau- undStadtpolitik zu zeigen.Markus Bernhardt


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Die Rote Kapelle (2)Arvid Harnack wurdeam 24. 5. 1901in Darmstadt als ältestesvon vierK i n d e r ngeboren.Die MutterwarMalerin,der VaterL i t e r a -t u r h i s -t o r i k e r.N a c hdem Jura s t u -d i u mpromovi e r t eer undwar von 1926 bis 1928Rockefellerstipendiat ander Universität von Wisconsinin Madison/USA.Einem Volkswirtschaftsstudiumfolgte die zweitePromotion. Nach derTätigkeit als Referendarund Kommunalpolitikerlegte Arvid Harnack1935 die Große JuristischeStaatsprüfung ab,wurde zum Gerichtsassistentenernannt undals Referent ins Reichswirtschaftsministeriumberufen. Um als regimetreuerMitarbeiter zuerscheinen, war er 1937Mitglied der NSDAPgeworden, 1938 wurdeer zum Regierungsrat,1942 zum Oberregierungsraternannt.Arvid Harnack undMildred Fish hatten sichin den USA kennen gelerntund 1928 geheiratet.Mildred war am 16.9. 1902 in Milwaukeeals jüngstes von vierKindern in einer Kaufmannsfamiliegeborenworden und studierteenglische Philologie undLiteraturgeschichte.Sie erwarb mehrereakademische Grade undarbeitete als Dozentinund Lektorin.Arvid und MildredHarnackUm Mildred Harnackversammelte sich ab1932 ein Kreis von Gegnerndes Nationalsozialismus,in dem möglichepolitische und ökonomischeEntwicklungennach dem Sturz des NS-Regimes diskutiert wurden.Harnack erhofftesich für Deutschlandeine Rolle als geistigeund wirtschaftliche Brückezwischen Ost undWest. Nach Beginn desZweiten Weltkrieges arbeitetedie Gruppe umHarnack eng mit demKreis um Schulze-Boysenzusammen. Sie verhalfenvom NS-RegimeVerfolgten zur Flucht,verteilten illegale Flugschriftenund hieltenFunkkontakt mit der Sowjetunion.Verbindungbestand zu der kommunistischen<strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Widerstandsgruppe umWalter Husemann unddem Ehepaar Coppi.Am 7. 9. 1942 wurdendie Harnacks verhaftet.Der 2. Senat des ReichskriegsgerichtsverurteilteArvid Harnack am 19.12. 1942 zusammen mitanderen Widerstandskämpfernder „RotenKapelle“ zum Tode.Drei Tage später wurdensie in Plötzenseehingerichtet. MildredHarnack, zunächst zusechs <strong>Jahre</strong>n Zuchthausverurteilt, wurde aufdie Intervention Hitlershin am 13. 1. 1943 zumTode verurteilt und am16. 2. hingerichtet.Manfred Klunker(Interessengemeinschaftder Bürger FrankfurterAllee Süd)Seite 9<strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Kahlschlag-TelegrammFebruar 2010Der für den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Bankenskandalmitverantwortlicheehemalige CDU Spitzenpolitikerist einem der letztenUrteile zum Bankenprozessmangels konkreter Beweisegegen das ehemaligen Vorstandsmitgliedder <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Hyp freigesprochen gesprochenworden. Die Staatsanwaltschaftlegt allerdingsRevision ein.***Der Weiterbau der umstrittenenA<strong>100</strong> soll Bestandteildes Wahlprogramms der<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> SPD werden. Diesbeschloss jetzt der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Landesvorstand. Vergessenist anscheinend ein Parteitagsbeschluss,der sich gegenden Ausbau ausgesprochenhatte.***Im Mai 2011 findet inDeutschland eine Volkszählungstatt. Derzeitig findenintensive Vorbereitungenstatt und das statistische Landesamtsucht derzeitig auchin <strong>Berlin</strong> nach Helfern. Dieletzte große Volkszählungvor 23 <strong>Jahre</strong>n in der Alt-BRDsorgte für gewaltige Proteste.In Sachsen wurde bekannt,dass sich NPD Mitglieder alsHelfer meldeten, um Datenüber „die persönlichen Lebensverhältnissedes einenoder anderen Antifaschistenzu bekommen“.***


Seite 10 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Mehr als eine AffäreAuseinandersetzungen in der KP der USARoger Keeran und Thomas Kenny,langjährige Mitglieder der KPUSA,und Autoren eines international beachtetenund in verschiedene Sprachenübersetzten Buches, „Socialismbetrayed“ (Verratener Sozialismus),wurden von der KP Canadas nach Torontoeingeladen, um eben über diesesBuch zu referieren. In den einleitendenWorten eines der beiden Autorenfielen ein paar sarkastische Bemerkungenüber die augenblickliche Strategieder KPUSA, insbesondere gemünztauf die nahezu bedingungslose UnterstützungObamas.Der nationalen Leitung der KPUSAmissfiel der Auftritt der beiden Autoren.Sie sah darin eine „Verletzung desdemokratischen Zentralismus“ (wasumso seltsamer erscheint als der VorsitzendeSam Webb in einem jüngstveröffentlichten Artikel selbst für dieAufgabe dieses Prinzips plädiert) undbeschwerte sich bei den kanadischenGenossen über die „unangebrachteAktion bei einer Bruderpartei“. IhreEinschätzung beruhte auf dem Berichteines Genossen der KPUSA, der inToronto ebenfalls anwesend war. DieLeitung hatte ihn offenbar zu diesemZweck dorthin geschickt. Auch dieserGenosse, C. J. Atkins, hatte etwas Bemerkenswertesgeschrieben, nämlicheinen Artikel mit dem Titel „Living inan Era of Change“ (Leben in einer Ärades Wandels) in „Political Affairs“,dem theoretischen Organ der Partei.Er plädiert hierin für die Aufgabe derersten Hälfte des Namens der Partei,also „kommunistisch“, mit der Option,auch die zweite Hälfte, also die Parteiselbst, zur Disposition zu stellen. ZurBegründung des ersten Schrittes heißtes: „Die Partei muss den Mut aufbringen,kollektiv der Realität ins Auge zusehen, dass - gleichgültig wie richtiges sein mag, wenn Theorie oder Strategieund Taktik zur Sprache kommen- solange sie den Namen „kommunistisch“trägt, sie sich selbst den Weg zuvielen fortschrittlichen Aktivitäten undFührern abschneidet. Viele in der Linkenstimmen mit der vonder KPUSA praktiziertenBetonung der Mitte-Links-Einheit, der Fokussierungauf die Bekämpfung derUltra-Rechten und mit ihrerTendenz zur politischenUnabhängigkeit überein.Kommunismus wird im öffentlichenBewusstsein jedochgleichgesetzt mit Stalin,Ceauşescu und Mao.“Zur Rechtfertigung deszweiten Schritts beruft sichAtkins auf die Realität desZweiparteien-Systems inden USA, in die das historischeVerständnis dessen,was eine politische Parteiist, nämlich eine Akteurinin einem Vielparteiensystem,nicht hineinpasse. Dereinzige realistische Weg,fortschrittliche Prinzipien(wahl-)wirksam werdenzu lassen, sei die Organisierung„als Strömung imDunstkreis der DemokratischenPartei“.Die hier propagierte Liquidierung derPartei nimmt durchaus handgreiflicheFormen an: die nahezu bedingungsloseUnterstützung Obamas, die Einstellungder Printausgabe der ParteizeitungPeople‘s Weekly World (jetzt People‘sWorld als Webpräsenz), die Übergabedes Parteiarchivs an eine private Universität...Um was geht es nun aber bei demBuch „Socialism betrayed“ der beidenmisstrauisch beäugten Autoren? Es erschienzunächst 2004 bei dem mit derPartei verbundenen Verlag InternationalPublishers, allerdings gegen dasVotum des Parteivorsitzenden SamWebb, war bald ausverkauft und wurde2010 bei einem anderen Verlag neuaufgelegt. Es geht den Autoren darum,den Gründen für den Zusammenbruchauf die Spur zu kommen. Ihre Thesen:- Die Sowjetunion ist nicht wegen unlösbarerökonomischer und politischerProbleme untergegangen (noch in denfrühen 1980er <strong>Jahre</strong>n lag das Wirtschaftswachstummit 3,2 % über demder US-Ökonomie), sondern durchdie Art und Weise ihrer Behandlungdurch die Führung der KPdSU unterGorbatschow. Äußere Feinde konntendie Sowjetunion nicht besiegen; es warder in Revisionismus einmündendeOpportunismus, der sie zerstörte.- Die Auflösungserscheinungen vonStaat und Partei am Ende der UdSSRkonnten so wirkmächtig werden, weilGorbatschow zunächst - bis 1986- an Andropows Reformansätze (Beschleunigungdes wisenschaftlich-


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011technischen Fortschritts, Verbesserungder Verwaltungsmethoden undder Wiederherstellung leninistischerParteinormen) anknüpfte und sich explizitgegen den Einsatz von Marktmechanismenan Stelle der Planungaussprach.- In der Art und Weise, wie unter Gorbatschowdann die Probleme „gelöst“wurden, reflektieren sich (wie zu allenZeiten) materielle soziale und ökonomischeInteressen. Hier waren esvor allem die eigenständig operierendenBetriebsleitungen, die durch dieSchattenwirtschaft (der die Autoreneine wichtige, verhängnisvolle Rollezusprechen) wachsende Kleinbürgerschichtund korrumpierte Parteimitglieder,die von der „sozialistischen“zur „freien“ Marktwirtschaft drängten.- Gorbatschows Spur lässt sich auf dieLinie Chruschtschow-Bucharin zurückverfolgen(die für die Autoren fürNachlassen im Klassenkampf, Aufweichender Planwirtschaft zugunstenvon Marktkräften, laxe Handhabungder Parteimitgliedschaft, Ritualisierungdes Parteilebens steht), der die LinieLenin-Stalin entgegengestellt ist.- Gorbatschow konnte die Sowjetunionzerstören, weil im Sozialismus dersubjektive Faktor bedeutend wichtigerist als im Kapitalismus: „Kapitalismuswächst; Sozialismus wird gebaut.“- Die Geschichte lehrt, dass Sozialismuszentrale Planwirtschaft, öffentlichesEigentum und restriktive Märkteerfordert.Über diese Sicht auf die Geschichteder Sowjetunion fand in der von dem- in der <strong>DKP</strong> wohlbekannten - ErwinMarquit herausgegebenen ZeitschriftNature, Society, and Thought eine Debattestatt (die in ihrer Offenheit undSachlichkeit ein Vorbild für uns seinkönnte). Marquits Kritik an Keeran/Kenny ist im Wesentlichen auch aufDeutsch nachzulesen in der Flugschrift20 der Marxistischen Blätter.Marquit verlegt den Schwerpunkt derDebatte auf die Auseinandersetzungenin der KPdSU über die Lösung derProbleme in der Landwirtschaft Endeder 1920er <strong>Jahre</strong>. Er hält BucharinsVorschläge, sich in der Landwirtschaftauf den freien Markt zu stützen, für dierichtigen. Sein Argument ist ein ökonomisches:Durch Besteuerung derBauern hätte das Ziel, die nötigen Ressourcenfür die Industrialisierung desLandes zu gewinnen, erreicht werdenkönnen, ohne dass es zu den katastrophalenFolgen der erzwungenen Kollektivierunggekommen wäre. Marquitwählt diese Phase der Geschichte wohl,weil es ihm um eine grundsächlichereKlärung des Verhältnisses von Planund Markt geht. Er hält eine Kollektivierungder Landwirtschaft überhauptfür ineffektiv und verlegt auch für diegesamte Ökonomie die Aufhebung desMarktes in den grauen Horizont einesvollendeten Kommunismus, wo dasPrinzip „Jedem nach seinen Bedürfnissen“gilt. In diesem Sinne hält erden chinesischen und vietnamesischenWeg nicht trotz, sondern gerade wegenihrer „sozialistischen“ Marktwirtschaftfür verheißungsvoll.So reproduziert sich in der Debatteinnerhalb der KPUSA nicht nur dievon Keeran/Kenny aufgezeigte Linieder Auseinandersetzung, die die Geschichteder UdSSR durchzog, sonderndie in der heutigen kommunistischenWeltbewegung insgesamt virulent ist.Es ist sicherlich kein Zufall, dass es inEuropa die griechische und die portugiesischeKPn waren, die Keeran/Kennyeingeladen bzw. ihr Buch übersetzthaben.Helmut DunkhaseNeue Öffnungszeiten:Jeden Samstag 11 - 14 UhrBücher von Bebel bis Zetkin, vonGewerkschaftsbewegung bisFrauenbefreiung, sozialistischerLänderkunde, marxistischerÖkonomie und Philosopieund und undKaffee gibts gratis,Bücherspenden werden gerneentgegen genommen,Elli FuchsEureZum Nachlesen:Jonasstr. 29, Neuköllnhttp://Leihbuechereiellifuchs.blogsport.demail: leihbuecherei_ellifuchs@web.deSeite 11Roger Keeran, Thomas Kenny, SocialismBetrayed. Behind the Collapseof the Soviet Union, iUniverse,New York/Bloomington 2010Domenico Losurdo, Erwin Marquit,Zur Geschichte der kommunistischenBewegung, MarxistischeBlätter, Flugschriften 20 (ähnlichauch Marquits Beitrag in Philosophieund Politik, Festschrift für RobertSteigerwald)C. J. Atkins, Living in an Era ofChange, www.politicalaffairs.net/living-in-an-era-of-change/Die Sicht des Parteivorsitzendenauf eine „Partei des Sozialismus im21. Jahrhundert“:Sam Webb, A Party of Socialismin the 21st Century: What it lookslike, what it says, and what it does,politicalaffairs.net/a-party-of-socialism-in-the-21st-century-what-itlooks-like-what-it-says-and-whatit-does/Verschiedene Beiträge, die auf dieWebsite www.mltoday.com/ gepostetwurden.


Seite 12 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Vor 30 <strong>Jahre</strong>n enttarnt, aber nicht unschädlich gemacht:Die faschistische Putschistenloge P2 in ItalienSie hievte den heutigen Regierungschef Silvio Berlusconi an die Machton der berüchtigten faschistischenVPutschloge V Propaganda due (P2) istim Italien der Gegenwart kaum noch dieRede. Allenfalls Historiker und ein paarPolitologen befassen sich damit. Und dochreicht ihr Wirken bis in die Gegenwart, istBasis der seit zwei Jahrzehnten unter denRegierungen des Mediendiktators SilvioBerlusconi vor sich gehenden schleichendenFaschisierung der politischen Machtund entsprechender Bereiche der Gesellschaft.Denn besagter Berlusconi warMitglied des Dreierdirektorium der P2,die ihn an die Macht hievte. Neben ihmsaß der Sozialistenchef Bettino Craxi indiesem Dreigestirn. Er hatte sich mit Hilfeder P2 1976 in der sogenannten „Midas-Verschwörung“ (genannt nach dem luxuriösenHotel Midas in Rom, in dem dieParteiführung tagte) an die Spitze der SozialistischenPartei geputscht. Die P2 hieltihn in den 1980er <strong>Jahre</strong>n als einen „neuenDuce“ in Reserve. Dieser Plan scheiterte,als er Anfang der 1990er <strong>Jahre</strong> wegenKorruption zu 26 <strong>Jahre</strong>n Gefängnis verurteiltwurde. Seine Stelle nahm danachBerlusconi ein.Die P2 wurde von einem AltfaschistenNamens Licio Gelli im Auftrag der CIAund von NATO-Mililitärs gegründet.Gelli konnte als Agent des GeheimdienstesMussolinis nach der Niederlage desFaschismus 1945 auf der berüchtigten„Rattenlinie“ unerkannt nach Argentinienflüchten. Anfang der 1970er <strong>Jahre</strong> nachItalien zurückgekehrt, baute ihn die CIAals einen großen Politiker auf, der eineBeteiligung der Kommunisten an derRegierung verhindern und dagegen einrechtsextremes Regime an die Machtbringen und gegebenenfalls sogar selbstanführen sollte. Nachdem 1964, 1970und 1974 offen faschistische Putschversuchegescheitert waren, wollte die CIAmittels eines „Colpo bianco“, eines kaltenStaatsstreiches, einen als „demokratischeUmgestaltung“ getarnten Umsturz herbeiführen.An die Stelle bis dahin offenfaschistisch-militärischer Führungszentralentrat die P2, die ihre Leute in allenBereichen der Gesellschaft unterbrachte.Auch unter der Regie der Loge blieb derSicherheitsapparat das herausragende Instrument,den sie über den hohen Anteilan Militärs und Geheimdienstlern unterihren Mitgliedern zum großen Teil kontrollierteund beeinflusste. Die Initiativefür den Aufbau der Putschloge ging 1969von dem damaligen NATO-OberbefehlshaberGeneral Alexander Haig undAußenminister Henry Kissinger aus. Haigstellte Gelli für die Anwerbung eine Listemit den Namen von 400 hohen italienischenNATO-Offizieren zur Verfügung.Als die P2 am 17. März 1981 mehr zufällig(die Finanzaufsicht ermittelte gegenGelli wegen Steuerhinterziehung)aufgedeckt wurde, musste eine Untersuchungskommissiondes Parlamentssich mit ihr befassen. Es kam ans Licht,dass die Geheimloge weit über 2.500eingeschriebene Mitglieder zählte und„ein Machtzentrum innerhalb der staatlichenEinrichtungen, in den Lebensaderndes Landes“ bildete. Da nur ein Teil derMitgliederlisten gefunden wurde, bliebenviele der Logenbrüder unerkannt. DasMitglied der UntersuchungskommissionSergio Flamigni (PCI, später Linkspartei)führte in dem Buch „Trame atlantice.Storia della Loggia Massonica secreta P2“an: 47 Großindustrielle, 119 Bankiersund Leute der Hochfinanz, 30 Universitätsprofessoren,43 Generäle, darunterdie gesamte Führungsspitze der Geheimdiensteder letzten 30 <strong>Jahre</strong>, der kompletteGeneralstab des Heeres, etwa 400 hoheOffiziere, drei Minister der amtierendenRegierung, drei Staatssekretäre, 18 hoheRegierungsvertreter, 22 Spitzenjournalisten,darunter ein Chefredakteur der RAIund einer des Mailänder „Corriere dellaSéra“, 38 Parlamentarier aus den Regierungsparteien,weitere aus der faschistischenMSI-Partei (der späteren AlleanzaNazionale). Im Rahmen der Kollaborationmit der Mafia waren auch eine großeZahl Chefs der „Ehrenwerten Gesellschaft“in die Loge eingetreten. Darunterdie ganze Führungsspitze der Cosa Nostra(Flamini, S. 365, 425 ff,). Über den P2-Finanzier Robert Calvi, der als Präsidentder Ambrosianobank vorstand war derVatikan in dass Netz der Putschistenlogeeingebunden. Denn Calvi, war gleichzeitigFinanzmanager des Vatikans, genanntder „Bankier Gottes“. Vor allem aber wardie P2 Instrument der geheimen NATO-Truppe stay behind, die in Italien Gladiohieß und 12.000 Mann zählte, von denendie meisten aus den Schlägerbanden derMSI kamen. In den 1960er <strong>Jahre</strong>n war sieunter der Obhut des späteren mehrmaligenMinisterpräsidenten Giulio Andreotti,zu dieser Zeit Verteidigungsminister,aufgebaut worden. Als die Existenz vonGladio im Oktober 1990 aufflog, wurdebekannt, dass von der CIA-Truppe überdie P2 das Komplott zur Ermordung deschristdemokratischen Parteiführers AldoMoro, der ein Regierungsbündnis mit denKommunisten geschlossen hatte, eingefädeltworden war. Andreotti wurde u. a.wegen Komplizenschaft mit der Mafiaund der Mitwisserschaft bei der Ermordungeines Zeugen angeklagt, wegenMangels an Beweisen freigesprochen.Obwohl der damalige sozialistischeStaatspräsident Sandro Pertini die P2 als„eine kriminelle Vereinigung“ einschätzte,blieben Versuche, sie entsprechend zuverurteilen und ihre Mitgliedschaft unterStrafe zu stellen, erfolglos. Sicher nichtzuletzt deshalb, weil die P2 auch Teile derJustiz durchdrungen hatte. Der bekanntePolitologe Giorgio Galli, der zum Themau. a. das Buch „Staatsgeschäfte, Affären,Skandale, Verschwörungen“ (Hamburg1994) schrieb, äußerte wiederholt, dassdie P2 weiter im politischen Leben Italienspräsent sei. Als Berlusconi im Frühjahr1994 mit den MSI-Faschisten und Lega-Rassisten seine erste Regierung bildete ,gehörten ihr nachweisbar drei Ministeraus der P2 an, darunter VerteidigungsministerCesare Previti.Gerhard Feldbauer


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Seite 1327. März 1946:Das <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Novum -Friedrichshainer SPD sagt Ja zur EinheitsparteiAm 1. März 1946 versammelten sich etwa2500 Sozialdemokraten zu einer Funktionärskonferenzim „Admiralspalast“.Der SPD-Zentralausschuss wollte dortüber den Stand der Verhandlungen mitder KPD in Sachen Vereinigung beiderParteien in der Sowjetischen Besatzungszoneund in <strong>Berlin</strong> informieren. Die SPDin den 3 Westzonen, taktisch vom „BüroSchumacher“ in Hannover koordiniert,war von dort auf die Verweigerung einerVerschmelzung eingeschworen worden.Kurt Schumacher baute, vor allem mitUnterstützung der britischen Militärbehörden,eine Verweigerungsfront in der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>SPD auf; sein Frontmann war hierder Beinickendorfer BezirksvorsitzendeFranz Neumann. Eine SPD-Delegiertenkonferenzdes Stadtbezirke verabschiedeteam 2. Februar einen Aufruf zu einerUrabstimmung der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Sozialdemokraten.Otto Grotewohl warb im Namendes SPD-Zentralausschusses am 1. Märzim Plenum des „Admiralpalast“ für dieEinheit beider Arbeiterparteien, doch seineAusführungen wurden immer häufigermit Zwischenrufen unterbrochen. Ein AntragFranz Neumanns zur Urabstimmungwurde schließlich unter Turbulenzen perAkklamation mehrheitlich angenommen.Als Wahltermin wurde der 31. März bestimmt.Zur „Urwahl“ standen 2 Fragen:“Bist du für den sofortigen Zusammenschlussbeider Arbeiterparteien? Ja/Nein- Bist du für ein Bündnis beider Parteien,welches gemeinsame Arbeit sichert undBruderkampf ausschließt? Ja/Nein.“Für die gemeinsame Verhandlungskommissionbeider Parteien war dieser 1.März ein Schockerlebnis, doch auch Teileder Mitgliedschaft waren verunsichert.Im Stadtbezirk Friedrichshain verständigtensich die Vorsitzenden Heinrich Starck(KPD) und Willi Schwarz (SPD) darüber,das Ziel der Verschmelzung nicht aufzugebenund zugleich für den Zusammenschlussöffentlich Zeichen zu setzen. Diebeiden Funktionäre kannten sich bereitsvor 1933 und hatten sich in ihrer Regionrings um den Schlesischen Bahnhof desöfteren befeindet gegenüber gestanden.Das NS-Regime verfolgte sowohl denKommunisten als auch den Sozialdemokratenund sorgte für ein unfreiwilligesTreffen der beiden - im KZ Oranienburg!Hier gaben sich die zwei Antifaschistendas gegenseitige Versprechen, im Falle desÜberlebens die Einheit der Arbeiterbewegungzum Lebensziel zu machen. Dieserstille Eid sicherte in Friedrichshain seitBeginn der Zulassung beider Arbeiterparteienim Juni 1945 ein abgestimmtes Wirken.So wurden am 17. Februar 1946 aufdem Friedhof Boxhagener Straße Urnendreier Antifaschisten feierlich beigesetzt.Redner waren der SPD-BürgerrneisterSaar (SPD) und sein Stellvertreter Starck.Die „Deutsche Volkszeitung“ berichtete 3Tage später: „Aus allen Ansprachen klangdas Gelöbnis, durch die Schaffung einerfesten Front aller Antifaschisten das Vermächtnisder gefallenen Kämpfer gegenden Faschismus zu erfüllen.“Am 21. Februar gaben die Mitglieder derbeiden Betriebsparteigruppen im Reichsbahn-AusbesserungswerkRevaler Straßeihre Vereinigung bekannt. Eine Zeitungsmeldungvermerkte Signalwirkung: Ander Veranstaltung habe auch ein „Sozialdemokrataus dem Umfeld Hannovers“teilgenommen, der „gegen SchumachersPolitik Stellung nahm und den Vorsprungder politischen Kräfte im Osten gegenüberdenen der britischen Zone begrüßte.Der Kreisvertretertag der SPD Friedrichshainbeschloss am 12. März mit 133gegen 11 Stimmen eine Empfehlung analle Mitglieder, bei der vorgesehenenAbstimmung mit „Ja“ für die sofortigeVereinigung zu stimmen. Willi Schwarzgab dieses Ergebnis am 17. März an derTraditionsstätte „Friedhof der Märzgefallenen“bekannt, es wurde - so die „TäglicheRundschau“ am 20. März - „mitbrausendem Beifall und Händeklatschenzur Kenntnis genommen“.Zum Höhepunkt und politischem Novumin <strong>Berlin</strong> wurde schließlich eine für den27. März anberaumte Gesamtmitgliederversammlungder SPD Friedrichshainim „Friedrichsstadtpalast“. Hier sprachals prominentester Sozialdemokrat MaxFechner und forderte das „Ja“ für die Einheitspartei.Mit überzeugender Mehrheitfolgten die etwa 2500 Mitglieder der Resolution,die endend betonte: „Jede andereEntscheidung bedeutet Rückfall in politischeIndifferenz. Mit diesem Beschlussbilligen wir als Mitglieder die politischeLinie des Zentralausschusses.“ Offensichtlichhat der SPD-Bezirksvorstand- hier stellten Vereinigungsgegner dieMehrheit - den Entscheid nicht angezweifelt.In einem Abschlussbericht über dieUrabstimmung hieß es „Kreis 5, Friedrichshain,hat durch Mitgliederversammlungsbeschlussdie Wahl abgelehnt.Die Urwahl fand am 31. März 1946 nurin den drei Westsektoren statt. Im Ostsektorwurden die SPD-Organisatoren durchdie Kommandantur mit immer neuenAuflagen gefordert, die, wenn erfüllt, mitweiteren Vorgaben fortgesetzt wurden...bis der Termin überschritten war. Formellalso gab es kein sowjetisches Verbot, sondernkeine erteilte Genehmigung. Somitblieb ein Protest der Westalliierten bei der<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Kommandantur aus.In den 12 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wahlbezirken nahmenvon 33.247 Abstimmungsberechtigten23.755 Mitglieder teil. Von ihnenstimmten 19.529 gegen die sofortige Vereinigung,2.937 dafür. Frage 2 bejahten14.663 Sozialdemokraten, 5.559 warengegen ein Bündnis.Die interalliierte Kommandantur hattenun zu entscheiden: Sowohl die neue„Sozialistische Einheitspartei Deutschlands“/SEDals auch die SPD beantragtenihre politische Betätigung in allen Sektoren.Beide erhielten ihre entsprechendeLizenz am 31. Mai 1946.Norbert Podewin


Seite 14 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Archie und die Kommunismus-DebatteVor kurzem hatte Archie irgendwogehört, daß sich der z.Z. amtierendePapst, eine Art Meister der Inquisitionaus Deutschland, gelegentlich einenFilm aus der Reihe „Don Camillo undPeppone“ ansehen soll, vielleicht einGerücht … Fernandel, der großartigeSchauspieler als Vertreter seinerZunft der Priester, großmäulig undzu Gewalt neigend, mit Herz für diekleinen Leute, in ständiger Zwiesprachemit seinem obersten Dienstherrn,dem lieben Gott, trifft immer wiederauf seinen schärfsten ideologischenWidersacher und Gegenspieler, denkommunistischen Bürgermeister Peppone,eine Art Stalin-Parodie, aber mitweichem Kern unter rauher Schale.Bei allen Wortgefechten, Scharmützelnund auch Schmähungen, die siesich liefern und antun, sind sie jedochstets drauf bedacht, sich nicht gegenseitigzu vernichten. Im Gegenteil, siescheinen aufeinander angewiesen.Giovanni Guareschi, der 1968 dasZeitliche segnete, schrieb zu seinenLebzeiten die Geschichten über denäußerst streitbaren Priester und denbärbeißigen kommunistischen dörflichenBürgermeister Peppone in heiterersatirischer Manier.Die halbe Welt amüsierte sich in denVerfilmungen über die beiden Streithähne.Man mag das als ideologischenKlamauk und Kitsch abtun, aberdiese ulkigen Zustände in einem italienischenBergdorf wären in Deutschlandgar nicht denkbar gewesen, ganzgleich wo.In der Alt-BRD wurden Kommunistenimmer als finstere Gestalten, ausdem Osten kommend, verschrien undverteufelt, verboten und mit schwerenideologischen Eisenhämmern bearbeitet.Ähnliches kennt Archie aus seinerKindheit in Breslau aus der Nazi-Wochenschau.Über den Kommunismus haben inverschiedensten Zeiten die verschiedenstenLeute äußerst Kluges und extremStupides von sich gegeben. Aberkeiner hat bisher genau definiert, wieer aussehen und funktionieren könnte,vor allem praktisch und noch mehrökonomisch. Nach allem, was Archiebislang über ihn mit heißem Bemühenstudiert und in Erfahrung gebrachthatte, scheint einstweilen nur die Richtungerkennbar. Er hatte einige Grundsätzeverinnerlicht, an denen Archieso beharrlich festhält, aber er war sichim Innern immer bewusst, daß manin der guten alten, kleinen DDR, aberauch in der enorm großen, mächtigenSowjetunion noch Lichtjahre vomKommunismus entfernt war. MancheLeute meinten, das Tor zum selbigensei schon weit aufgestoßen, Archievermutete, daß trotz einiger Grundlagenin der Richtung das Tor nur einSpaltbreit geöffnet schien und zwar inRichtung Sozialismus.Ein kluger Mann hatte einmal gesagt,alle Leute sprächen vom Lieben Gott,aber keiner habe ihn je gesehen. Genausosei es mit dem Kommunismus.Und Archie denkt apokryph so vorsich hin: - Vielleicht ist der Liebe Gottgar nicht lieb und der Kommunismusnicht bloß das Einfache, das schwer zumachen ist, nach Berthold Brecht, vielleichtist er das Unmögliche, das nichtmachbar ist auf dieser Erde, so wie sieverfasst ist, kann sein nur ein ewigerTraum? - Ein anderer verdienstvollerlinker Politiker sagte: - Der Sozialismus-Kommunismusfunktioniertentweder auf der ganzen Welt oder garnicht … - Solche Aussagen konntenlebensgefährlich werden, erinnert sichArchie. Wie könnte der Kommunismusalso aussehen? Und wenn er dieeinzige potentielle Eventualität wäre,die Erde vor der künftigen Unbewohnbarkeit,der scheinbar unabwendbaren,effektiv zu bewahren?Gleichwohl, wenn sich Linke verbietenlassen, darüber in der Öffentlichkeitzu diskutieren, dann könnensie nur noch einen kapitalkompatiblenSalon-Sozialismus anstreben mitRückgaberecht und vielleicht auch mitUmtauschmöglichkeit, sozusagen. Archieglaubt, daß sich die Linke selberzum Schoßhündchen des Kapitals degradiert,wenn sie sich die Oberhoheitüber ihr begriffliches Instrumentariumvom Polit-Gegner nehmen lässt. Dannwerden der Konsumterror und derständige Medien-Mainstream immerwieder siegen. Das sehen auch kritischelinke Wähler so mit wachsendemUnbehagen, denkt Archie, wenn ersich in Kreisen mit prekären Arbeitsbedingungenumhört.Außerdem findet Archie, der alteBreslauer, bei einem anderen schonverblichenen alten Breslauer, aus dem<strong>Jahre</strong> 1925 Folgendes: - Ihr werdetdie Macht nur haben, wenn ihr diegroße, einige Linke schafft. Wer dieseUmgruppierung heute zuwege bringt– das ist der Messias, den die Zeit undDeutschland brauchen. Morgen ist eszu spät. Also los! - Das schrieb AlfredKerr, beileibe kein Kommunist.Und Tucholsky fragt mit verschollenerStimme aus dem Jenseits: - Wenn einKommunist arm ist, dann sagen dieLeute, er ist neidisch. Gehört er demmittleren Bürgertum an, dann sagendie Leute, er sei ein Idiot … Ist er aberreich, dann sagen sie, seine Lebensführungstehe nicht mit seinen Prinzipienim Einklang …Wann darf man eigentlich Kommunistsein? - Archie meint, man muß nichtnur die Klassiker lesen, um Positivesüber den Kommunismus oder denWeg dorthin zu erfahren.Manfred Hocke


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011vodka !orüber, habe ich mich gefragt, sollWich W denn heute ein paar hässlicheBemerkungen ablassen? Und habe meinenBildschirm angestarrt.Also das virtuelle weiße Blatt. Das umTintenstriche flehte, als es noch in Papierformvor dem Dichter lag. Dem es wiederumeine Lust war, das jungfräulicheDing mit ersten, noch zögerlich gesetztenWorten zu entweihen. Der den Federkieldann absetzte, um das Werk der erstenZeile, wollüstig erschaudernd mit Genugtuungzu betrachten. So jedenfalls habeich es in Variationen hier und da gelesen.Mein Bildschirm grinst mich nur blödean. Mit der stummen Frage: „Wat willstenu schreiben?“Über den dreisten Plagiator Kalle-Theowäre möglich. Der Schloßfuzzy Dr. jur.summa cum laude von, zu, nach und vorGuttenberg soll beachtliche Teile seinerDoktorarbeit lt. Medienberichten geklauthaben. Habe also großflächig auf den Feldernder Jurisprudenz abgeerntet. Erntearbeitkennt er vielleicht noch von GuttenbergsLändereien. Jetzt wird er vielleichtnur noch Häme ernten, der arme Reiche.Zum Trost kann er sich ja einen Wodkaauf der Gorch Fock genehmigen, dageht’s immer lustig zu.Aber da wäre ja auch noch Klausi. SeinerzeitLummers Liebling im Lummerland.Richtig! Landowsky, gewesene graueEminenz der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> CDU, sozusagender politische Pferdeflüsterer in allen bezirklichenStällen der Konservativen. Und– wir wissen es - der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Bankenfledderer.Freispruch forderte der Staatsanwalt.Freispruch sagte das Gericht. Freispruch1. Klasse meinte Klausi, in die Kameras(endlich wieder) fröhlich grinsend. Freispruch3. Klasse, so Kommentatoren.Freispruch Marke Kreisklasse C undschlechter denkt das Volk.Gut, die Schadenssumme konnte nichtexakt beziffert werden (ein Muss lt. Bundesverfassungsurteil).Aber ist das nichtwurscht, seit uns aus dem Hause DeutscheBank klar gemacht wurde, dass essich bei so ein paar Milliönchen lediglichum Peanuts handelt?Was sonst so Staatsanwaltschaft undRichterei zu derartig Forderung und Urteilbringen könnte, wäre nur zu spekulieren.Somit natürlich hier nicht niederzu schreiben, sonst habe ich Staatsanwaltund Richterei auf dem Hals.Die Staatsanwaltschaft hat nun Revisiongegen das selbst geforderte Urteil eingelegt.Irgendwie muß da ein juristischerKobold sorgsam paragraphierte KO-Tropfen ins Champagnerglas gepinkelthaben. Oder war es Wodka? Und nu?Wartens wir ab.Wenn das alles nicht so ergiebig ist, könneich ja auch über das Echo zum <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>Wasser-Volksentscheid ein paar Zeilenverlieren, hat mein innerer Souffleur mirins Ohr genuschelt.Oh je, da echote es ganz gewaltig. Titelseitefürs <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wasser. Mit Bild sogar!Nicht aber bei BILD.Und Kommentare. taz, <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Zeitung,Tagesspitzel … kollektives Gefasel von„lebendiger Demokratie“.Da staunt der Fachmann und der Laiewundert sich! Hatte doch die gesamtebürgerliche Medien-Mafia bis zum 13.Februar am Thema Wasser nur spärlichesInteresse. Statt sprudelnder Informationenans Leservolk lediglich ein Tröpfeln ausgeschlossenem Medienhahn.Mit Bekanntgabe des Abstimmungsdatumslegten die Herrschaften in den Redaktionsstubenden Mitteilungsschalterum; auf unwichtig. Und fast gleichzeitig.Haben also gleichermaßen geschaltet, waswir auch als Gleichschaltung bezeichnenkönnen.Egal, die Anzeigenkunden werden es ihnendanken, das Pöstchen bleibt gesichert.Und damit das auch so bleibt, braucht dieFreude über die „lebendige Demokratie“eine anständige demokratische Korrektur.In diesem Sinne empfiehlt Thomas Rogallain der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Zeitung vom 15.2.:„Mit direkten Abstimmungen zu Einzelfragenist allein kein Staat zu machen– jedenfalls kein sozialer Staat. Was keineBürgerinitiative leisten kann, nämlich dieAbwägung divergierender Interessen inder Gesellschaft, kann nur eine Institution:das demokratisch gewählte Parlament.“Seite 15Fassen wir diepolitisch-ideo-logische Was-sersuppe desjournalistischenNull-Sterne-Kochsmal in andereWorte: So Kinder,jetzt habt ihr malschön gespielt,nun geht’s aberschnell wiederins Bettchen.Ab, zu dena n d e r e nSchnarchnasen.Gut aufgehoben wären wir da z.B. auch inHamburg. „Man kann den Lauf der Weltnicht ändern, aber eine wackelnde Gehwegplatte.“zitiert die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Zeitung(16.2.) den Hamburger SpezialdemokratenTorsten Fuß. Bitte schön, geht doch;ein bisschen kümmern, schon ist die Weltin Ordnung.Nach diesem Motto verfährt auch die<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> SPD mit dem Wasserbegehren.Auch nach dem 13.2.. Ihr online-Auftritt,Startseite: nix da, stattdessen Hinweise aufihr wässriges Wahlprogramm. Erst nachDurchklicken finden wir Wowi’s Zauber-Statement. Aus des Volkes Arschtritt konstruierter einen SPD-Erfolg. Darauf gibtes auch für ihn einen Wodka.Auch bei der PDL fand das Wasserbegehrenauf der Startseite nicht statt. IrgendwoPresseerklärung, in den Zeitungen zitiert.Chefchen Lederer, der smart-grinsendeKarrierist der ersten <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Reihe sagt esuns lässig, perfide: Nicht das Volk, nein irgendeine(natürlich unabhängige) Personsichtet die Unterlagen, dann Gespräche(wer mit wem denn?) was offen gelegtwerden kann (wieso nicht muss?). Undüberhaupt muss erst mal der Verfassungsgerichtshofdas Gesetz prüfen! Wodkaverweigert!Das sind nicht die Folgen einer fortschreitendenDemenz frühvergreister Politiker.Es ist schlicht impertinente, Volkswillenmissachtende Dreistigkeit.Das kann einen wirklich umwerfen; jetztmuß ein Wodka her!Gerald Schwember


Seite 16<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß ■ März 2011Ort: Junge-Welt-Ladengalerie, <strong>Berlin</strong>, Torstr. 6Ihr wart super!Die Marx-Engels-Stiftung-Wuppertalführt am 12./13. März 2011 ab 11 Uhreine Tagung zum Thema „Lenin undunser Imperialismus“ in <strong>Berlin</strong> durch.Teilnehmer am Podium: GretchenBinus, Georg Füllberth, Erich Hahn,Horst Heininger, Leo Mayer, JörgMiehe, Herbert Schui, Lucas ZeiseGemeinsam mit 20tausend AntifaschistInnen ist es uns zum wiederholtenMal gelungen Europas größten Naziaufmarsch zu verhindert.Trotz Wasserwerfern, Pfefferspray und Gummiknüppeln konnte diePolizei den Faschisten den Weg in Dresden nicht frei machen. TrotzBlessuren und eisiger Kälte haben wir klar gemacht: Der Widerstandlässt sich nicht aufhalten. No Pasaran! In Dresden und Überall!!!Hans wird 70Am 14. März 2011 begeht unserFreund, Rechtsanwalt Hans Bauer,seinen 70. Geburtstag. Mit seinemWirken als Vorsitzender der Gesellschaftzur rechtlichen und humanitärenUnterstützung e.V. ist dieLandesorganisation <strong>Berlin</strong> der <strong>DKP</strong>in vielfältiger Weise verbunden. Wirverdanken Genossen Bauer eineäußerst produktive Zusammenarbeitmit der GRH als Organisationder Solidarität mit den von der politischenStrafverfolgung betroffenenBürgern der DDR und des Widerstandsgegen antikommunistischeGeschichtsverfälschung. Zu seinemJubiläum grüßen wir in herzlich undin solidarischer Verbundenheit undwünschen ihm beste Gesundheit,eine gute Kondition und viel Erfolg inseiner Arbeit, die von so großer geselllschaftlicherBedeutung ist.Vorstand der Landesorganisation<strong>Berlin</strong> der <strong>DKP</strong>Redaktion „<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß“Dank und Rotfront allen <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> GenossInnen!Gruppentermine der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong>Gruppe Tempelhof-Schöneberg10.03.11 - 19.00h24.03.11 - 19.00hCafé „Harmonie“, Leuthener Str./EckeCherusker Str.Gruppe Neukölln03.03.11 - 19.30h17.03.11 - 19.30hChile Freundschaftsgesellschaft,Jonasstr. 29Gruppe Lichtenberg15.03.11 - 19.00h,Franz-Mehring-Platz 1, Raum 341Gruppe Pankow14.03.11 - 19.00h,28.03.11 - 19.00hFranz-Mehring-Platz 1Gruppe Treptow-Köpenick07.03.11 - 19.00h,PRO, KiefholzstraßeGruppe Mitte14.03.10 - 19.00h28.03.11 - 19.00hClub der Volkssolidarität, Torstr. 203-205Gruppe Kreuzberg-Friedrichshain08.03.11 - 19.30h15.03.11 - 19.30hChuechliwirtschaft, Grünbergerstr. 68IMPRESSUMHerausgeber: Deutsche Kommunistische Partei (<strong>DKP</strong>) Landesorganisation <strong>Berlin</strong>Anschrift der Redaktion und des Herausgebers: <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong>, Franz-Mehringplatz 1, 10243 <strong>Berlin</strong>Internet: anstoss.dkp-berlin.info e-mail: berliner.anstoss@web.de Tel.: 030/29783132V.i.S.d.P.: Rainer Perschewski Layout: RFNamentlich gekennzeichnete Beiträge können von der Auffassung der Redaktion abweichen. Die Redaktionbehält sich vor, Zuschriften sinngemäß zu kürzen. Sämtliche Autoren schreiben ohne Honorar.Spenden an den „<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Anstoß“ bzw. die <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> bitte an:Konto: <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Sparkasse, BLZ <strong>100</strong> 500 00, Kto 004 341 31 37Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe: 16.03.2011

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