Tango Zarathustra Bildtext - Eschelberg

Lebensweg und Tangoalter
In der Jugend erfahren wir uns selbst in der Welt. Wir erfahren
uns als ein Ich, welches in die Welt gestellt wurde. Da geht es
darum, das Ich zu definieren, zu behaupten, abzugrenzen gegen
die Welt. Dazu muß man aber auch erkennen, was die Welt
ist, man muß die Welt erobern. Man muß lernen, sich selbst
gegenüber der Welt, die ein Außen ist, abzugrenzen, das heißt,
sich auch selbst als ein äußerlich Wahrnehmbares darzustellen,
in Erscheinung zu treten. Wir müssen lernen, in der Außenwelt
auch uns selbst als relevantes Außending zu behaupten.
Erst wenn wir das erreicht haben wird uns allmählich klar, daß
diese Erlebnisweise der Welt und unseres Selbst nur eine von
mehreren möglichen Sichtweisen ist. Zu dieser Erkenntnis gelangen
wir ungefähr in der Mitte unseres Lebens. Und sie wird
meist als Krise (midlifecrisis) erlebt. Es ist dies eine Sinnkrise,
wo wir den Sinn unseres Daseins hinterfragen. Wir erkennen,
daß wir diese Frage nach dem Sinn des Lebens und ihr Gewicht
noch gar nicht erkennen, geschweige denn beantworten
konnten. Zu sehr waren wir beschäftigt mit dem Erkennen und
dem Darstellen der äußeren Formen.
Äußerer Erfolg, Sicherung der materiellen Grundlagen, Ästhetik
der Erscheinung, Demonstration von Einfluß und Ansehen
erschienen uns bisher als die wesentlichen Aufgaben und
Äußerungen im Leben. Erst wenn wir an dem Punkt angelangt
sind, daß wir diese Aufgaben auf die eine oder andere Weise
(d. h. mit mehr oder weniger Erfolg) erledigt haben werden
wir uns bewußt, daß damit die eigentliche Aufgabe des Lebens
noch nicht gelöst ist. Das herrliche Gebäude unserer ersten
Ziele fällt in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Wir stehen
wieder am Anfang. Aber wir wissen nun schon, daß die Suche
nach dem Sinn des Lebens in der Welt des äußeren Erfolgs alleine
nicht erfolgreich ist, nicht erfolgreich sein kann. Wo aber
dann ?
2