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Kalk ist nicht gleich Kalk (PDF, 0.9 MB) - Swissmilk

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TIERHALTUNG<br />

<strong>Kalk</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>gleich</strong> <strong>Kalk</strong><br />

Immer mehr Betriebe rüsten auf die <strong>Kalk</strong>strohmatratze um. Doch viele<br />

Praktiker fragen sich: Welcher <strong>Kalk</strong> <strong>ist</strong> der Richtige?<br />

Die <strong>Kalk</strong>strohmatratze <strong>ist</strong> sowohl<br />

im Laurstall mit Liegeboxen<br />

als auch im Anbindestall<br />

ein tierfreundHches und hygienisches<br />

Liegebett. Richtig aufgebaut bietet<br />

sie viele Vorteile für Tier und<br />

Mensch (5. LANDfreund. Nr. 1212012).<br />

Sie sorgt für weiche und trockene<br />

Liegeflächen und in der Folge für gesunde<br />

Gelenke und Klauen. Ausserdem<br />

hat sie eine hygicnisierende Wirkung<br />

und hemmt dadurch auch die<br />

Entwicklung von Fliegenlarven.<br />

Von Praktikern, die zum ersten Mal<br />

eine <strong>Kalk</strong>strohmatratze einrichten,<br />

kommt jedoch oft die Frage nach dem<br />

richtigen <strong>Kalk</strong> und dem optimalen<br />

Stroh-<strong>Kalk</strong>-Verhältnis. «<strong>Kalk</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong><br />

<strong>gleich</strong> <strong>Kalk</strong>», betont denn auch Max<br />

Waldburger, Melkberater der Bamos<br />

AG. Der LANDfreund hat deshalb für<br />

Sie ein paar Tipps zusammen gestellt.<br />

Kein gebrannter <strong>Kalk</strong><br />

Für die <strong>Kalk</strong>strohmatratze komplett<br />

ungeeignet <strong>ist</strong> gebrannter <strong>Kalk</strong>,<br />

auch Branntkalk genannt. Wie der<br />

Name sagt. wird dazu <strong>Kalk</strong>stein (Kalziumkarbonat,<br />

CaeO]) in Spezialöfen<br />

auf bis zu 1200 oe erhitzt. Der gebrannte<br />

<strong>Kalk</strong> (Kalziumoxid. CaO)<br />

dient als Bodenverbesserer vor allem<br />

bei sauren Böden. Er lockert den Boden,<br />

unterstützt den HUlllusaufbau<br />

und schützt sowohl vor Schnecken als<br />

auch vor Pilzen. Während er auf dem<br />

Hier wird im Tageabbau kohlensaurer <strong>Kalk</strong> abgebaut.<br />

reld viele positive Eigenschaften mit<br />

sich bringt, <strong>ist</strong> er im Stall feh l am Plat- B<br />

ze. Er wirkt am Euter und vor allem .2<br />

an den Zitzen ätzend und kann zu<br />

Verletzungen führen, erklärt Max<br />

Waldburger. Ausserdem besteht die<br />

Gefahr, dass sich das Stroh entzündet.<br />

Kommt nämlich der gebrannte<br />

<strong>Kalk</strong> mit Wasser in Berührung, dann<br />

erhitzt er sich stark. Es entsteht der Michael Zähner.<br />

gelöschte <strong>Kalk</strong>. Kalziumhydroxid ART Reckenholz­<br />

(Ca(OH),).<br />

Tänikon<br />

Kohlensauren <strong>Kalk</strong> wählen<br />

Dor optimale <strong>Kalk</strong> für die Strohmatratze<br />

<strong>ist</strong> der kohlensaure <strong>Kalk</strong>, der<br />

bis zu 98 % aus Kalziumkarbonat besteht.<br />

Mit einer Korngrösse unter<br />

0.09 mm <strong>ist</strong> er sehr fein. Das <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong><br />

nur wichtig, damit er viel Wasser aufnehmen<br />

kann, sondern auch damit er<br />

in der Gülle schwimmt.<br />

Grobkörnige <strong>Kalk</strong>e lagern sich im<br />

Schwemm kanal oder in der Güllegrube<br />

ab. Beim kohlensauren <strong>Kalk</strong><br />

spricht man auch von Feuchtkalk;<br />

denn es handelt sich um den <strong>nicht</strong> erhitzten,<br />

natürlich vorkommenden<br />

<strong>Kalk</strong>stein in gemahlener Form. Der in<br />

der Schweiz verwendete kohlensaure<br />

<strong>Kalk</strong> stammt vor allem aus Tagebau<br />

in Süddeutschland und zum Teil auch<br />

aus einern <strong>Kalk</strong>steinwerk in Netstal<br />

im Kanton Glarus.<br />

Für den Aufbau der <strong>Kalk</strong>strohmatratze<br />

<strong>ist</strong> ein Futtermischwagen von<br />

Vorteil. Darin wird Stroh und <strong>Kalk</strong> in<br />

einem bestimmten Gewichtsverhältnis<br />

gemischt. Beim Mischverhältnis<br />

sind sich die Experten allerdings noch<br />

<strong>nicht</strong> einig. Heinz Mathys von der Firma<br />

Landor empfiehlt ein Verhältnis<br />

von 1:6. Dabei komme es vor allem<br />

darauf an, wie das Stroh beschaffen<br />

sei. Aufgeschlossenes Stroh benötige<br />

mehr Wasser und weniger <strong>Kalk</strong>. Mische<br />

man der Matratze zu viel <strong>Kalk</strong><br />

bei, bestehe die Gefahr. dass sie zu<br />

hart werde.<br />

Michael Zälmer von der Agroscope<br />

ART in Tänikon empfiehlt bei einem<br />

einschichtigen Aufbau der Matratze<br />

maximal ein Verhältnis von 1:5. Bei<br />

einer zweischichtigen Matratze könne<br />

man für die Unterschicht ein Mischverhältnis<br />

von 1:6 wählen. Auf diese<br />

Ma x Waldburger.<br />

Melkberater bei<br />

der Bamos AG<br />

beständige und relativ harte Schicht<br />

kommt dann eine weichere mit<br />

einem Mischverhältnis von 1:3 bis<br />

1:3.5 oben drauf.<br />

Feuchtkalk <strong>ist</strong> günstig<br />

Auch für Markus Andermatt. Geschäftsführer<br />

der Reichmuth AG in<br />

Romanshorn, <strong>ist</strong> die Beratung des<br />

Landwirtes beim Anlegen der Strohmatratze<br />

zentral. Wie Firma Landor<br />

hat er ein Merkblatt zum Aufbau und<br />

Unterhalt der <strong>Kalk</strong>strohmatratze ins<br />

Internet gestellt. Darin empfiehlt er<br />

bei einer Neuanlage ca. 300 kg des<br />

<strong>Kalk</strong>-Strohgemisches pro Liegebox.<br />

das entspreche ca. 200 bis 250 kg<br />

Feuchtkalk.<br />

Zum Nachstrouen während des<br />

Jahres rechnet Markus Andermatt<br />

mit 100 bis 200 kg <strong>Kalk</strong>. Die <strong>Kalk</strong>preise<br />

hängen stark von der Uefermenge<br />

ab, so der Anbieter. Bei grossen Mengen<br />

mit 24 oder 27 t lose lägen dio<br />

Preise in der Grössenordnung von<br />

etwa 10 CIlF/l00 kg Feuchtkalk.<br />

Kleinere Betriebe, vor allem im Berggebiet,<br />

bevorzugen kleine Mengen,<br />

die me<strong>ist</strong>ens in Big Rags zu etwa ] t<br />

geliefert werden. Der Vorteil der Big<br />

Bags <strong>ist</strong>, dass sich der <strong>Kalk</strong> sauber lagern<br />

lasse und kein spezieller Lagerraum<br />

notwendig sei.<br />

Ein Lieferant von solchen kJeinen<br />

Me ngen <strong>ist</strong> die H&F Hug Landesprodukte<br />

in Muolen TG . Hier liegt der<br />

Preis bei etwa 15 CHFIJOO kg.<br />

Verwendet man den kohlensauren<br />

<strong>Kalk</strong> ohne irgendwelche Zusätze, so<br />

sind für die Neuanlage mit einmaligen<br />

<strong>Kalk</strong>kosten von etwa 25 bis<br />

40CHF je Liegebox zu rechnen und<br />

42 LANDfreund . 6120 13


TIERHALTUNG<br />

Kohlensaurer<br />

<strong>Kalk</strong> <strong>ist</strong> das Mittel<br />

der Wahl tür<br />

<strong>Kalk</strong>strohmatratzen.<br />

Hier ein<br />

mobiles Gerät<br />

zum Einstreuen<br />

von <strong>Kalk</strong> in die<br />

liegeboxen.<br />

für den Unterhalt mit jährlichen Kosten<br />

von 20 bis 30 CHF/Liegebox.<br />

Was bringen Hygienepulver?<br />

Neben dem natürlich vorkommenden<br />

Feuchtkalk gibt es auch spezielle<br />

Einstreumittel auf dem Markt, die in<br />

der Strohmatratze eine noch stärkere<br />

keimreduzierende Wirkung haben<br />

sollen. Bekannt <strong>ist</strong> z.B. das Produkt<br />

Desical plus, auch Hygienekalk genannt.<br />

Als «feines, hochaLkalisches<br />

Einstreumittel auf Basis natürlicher<br />

Wirk- und Rohstoffe» beschreibt es<br />

ein Merkblatt der Reichmuth AG. die<br />

wie Firma Landor das Pulver anbietot.<br />

Es erhöhe den plI-Wert der Einstreu<br />

auf ein Niveau von über pH 9. In<br />

diesem Milieu kÖlmen sich Keime<br />

kaum noch vermehren.<br />

Eine zufricdcnstcllondc bis sehr<br />

gute Hygienewirkung des Produktes<br />

gegenüber Bakterien bestätigt auch<br />

ein DLG-Test. Voraussetzung <strong>ist</strong>, dass<br />

das Produkt in der richtigen Konzentration<br />

angewandt wird. Und auch das<br />

Forschungsinstitut für biologischen<br />

Landbau (FibL) hat das Mittel für Biobetriebe<br />

zugelassen. Es bestätigt ihm<br />

eine gewisse desinfizierende Wirkung.<br />

aber beim Ausbringen müsse<br />

man vorsichtig sein. da es auf der<br />

Haut ätzend wirken könne. Sobald es<br />

ausgebracht sei, verliere es allerdings<br />

seine ätzende Wirkung.<br />

Kritisch äussern sich dagegen Wissenschaftler<br />

des Max-Rubner-Instituts<br />

in Kiel, die Desical ebenfalls getestet<br />

haben. Bei tägUch zweimaligem<br />

Einstreuen liess sich der pli-Wert in<br />

der Einstreu <strong>nicht</strong> so weit erhöhen.<br />

dass er den Keimdruck dauerhaft und<br />

sicher hätte senken können. schreiben<br />

die Forscher. Sie sind der An ­<br />

sicht, dass eine gute Hygiene der Zitzen<br />

wahrscheinlich effektiver sein<br />

dürfte als die Anwendung von Einstreumitteln.<br />

Ein weiteres Handicap für das Hygienepulver<br />

<strong>ist</strong> ausserdem der Preis:<br />

Bei einem Preis von annähernd<br />

50CHF/IOO kg <strong>ist</strong> es bedeutend tourer<br />

als reuchtkalk. Die Kosten liegen<br />

dann anstatt bei 20 bis 30CHF bei<br />

100 CHF pro Liegeboxe und Jahr. Ein<br />

Einsatz von Desieal dürfte deshalb allenfalls<br />

bei starkem Keimdruck in<br />

Frage kommen.<br />

Was <strong>ist</strong> mit Muschelkalk?<br />

Neben dem gewöhnlichen kohlensauren<br />

<strong>Kalk</strong> oder Feuchtkalk preisen<br />

Firmen auch Kreide-. Muschel- oder<br />

Meeralgenkalk an - allerdings zu bedeutend<br />

höheren Preisen als den<br />

oben genannten. Der Grundstoff besteht<br />

auch bei diesen <strong>Kalk</strong>en aus Kalziumkarbonat,<br />

doch dürften je nach<br />

Abbauort andere Stoffe beigemengt<br />

sein. Was diese genau bewirken.<br />

dürfte <strong>nicht</strong> immer einfach zu beweisen<br />

sein. Ingo Kielwein von der<br />

<strong>gleich</strong>namigen Firma in Appenzell<br />

bezeichnet seinen Kreidekalk «Vibo<br />

91» als den «Mereedes bei der Einstreu».<br />

Er staube kaum und es gäbe<br />

keine Ablagerungen, wirbt der Anbieter.<br />

Mit einem Preis von etwa<br />

45 CHF/lOO kg <strong>ist</strong> diese <strong>Kalk</strong>einstreu<br />

fast so teuer wie Desieal plus.<br />

Generell zu beachten <strong>ist</strong> bei der<br />

Anwendung von Einstreumaterialien<br />

lediglich. dass sie in einwandfreiem<br />

Zustand sein müssen und die Tiergesundheit<br />

<strong>nicht</strong> gef1ihrdon und die<br />

Milch <strong>nicht</strong> beeinträchtigen dürfen<br />

(Art. 22 Hygiene-Verordnung bei der<br />

Milchproduktion).<br />

Ansonsten gäbe es für die Anwendung<br />

von <strong>Kalk</strong> einstreu keine rechtlichen<br />

Beschränkungen, sagt Adrian<br />

Fäh vorn kantonalen Amt für Verbraucherschutz<br />

und Veterinärwesen<br />

in St.Gallen.<br />

«Letztlich setzt jeder Milchproduzent<br />

solche Produkte eigenverantworlich<br />

in seinem Betrieb ein.» so Max<br />

Waldburger von der Samos AG.<br />

D,: Michael Götz<br />

LANDfreund . 612013 43

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