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KLIKK | ODYSSEUS PROJEKT | DAS ÖZBF VOR NEUEN ...

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news letter<br />

Österreichisches Zentrum für Begabtenförderung und Begabungsforschung | Nr.12 Jän. 2006<br />

<strong>KLIKK</strong> | <strong>ODYSSEUS</strong> <strong>PROJEKT</strong> | <strong>DAS</strong> <strong>ÖZBF</strong> <strong>VOR</strong> <strong>NEUEN</strong> HERAUSFORDERUNGEN<br />

KONGRESS 2006 | WORLD COUNCIL ON GIFTED AND TALENTED CHILDREN<br />

BEGABENDE LEHRER/INNEN | TAGUNGSBERICHTE PRAG - WIEN - FRANKFURT<br />

TIBI | BUNDESLÄNDER-WORKSHOP | SCHULMODELL COOL | REZENSION


00 EDITORIAL<br />

Rubriken<br />

3 Schwerpunkt: Elternberatung 01<br />

11 Das özbf vor neuen Herausforderungen 02<br />

14 Kongress 2006 03<br />

15 "World Council on Gifted and Talented Children" 04<br />

17 Begabungsförderung 05<br />

21 Tagungsberichte 06<br />

25 Bundesländernews 07<br />

32 Schulmodell 08<br />

34 Rezension 09<br />

Liebe Leserinnen! Liebe Leser!<br />

Wir freuen uns, Ihnen im neuen Jahr wieder eine weitere Ausgabe unseres newsletters präsentieren<br />

zu dürfen.<br />

Den Schwerpunkt dieser Nummer bildet das Thema Elternberatung. Die Begabungspsychologische<br />

Beratungsstelle der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München trägt dem Wunsch vieler Eltern<br />

nach Unterstützung Rechnung. Im Elterntraining <strong>KLIKK</strong> wird Know-how über Kommunikation,<br />

Lösungsorientierung, Motivation und Stressbewältigung im Umgang mit (hoch) begabten Kindern<br />

vermittelt.<br />

Eine wichtige Rolle kommt auch der Beratungsstelle des Odysseus Projekts am Institut für<br />

Pädagogische Psychologie der Universität Rostock zu, wo neben Schüler/innen und deren Eltern,<br />

auch Lehrer/innen und andere in der Begabtenförderung engagierte Personen Informationen und<br />

Hilfe bei begabungspsychologischen Fragen erhalten.<br />

Ein interessanter Beitrag von Miriam Bachmann beleuchtet Fragen zu Hochbegabung und ADS und<br />

betont, wie wichtig eine sorgfältige Diagnostik ist um zwischen Aufmerksamkeitsstörung und<br />

Unterforderung unterscheiden zu können.<br />

Für den Bereich Schulentwicklung fordert Günter Schmid, Direktor der Sir Karl Popper Schule in Wien,<br />

einen Paradigmenwechsel, bei dem es weniger um Strukturveränderungen geht als um eine besondere<br />

pädagogische Haltung und ein neues Rollenverständnis der Lehrenden.<br />

Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang wieder die Präsentation eines innovativen Schulmodells.<br />

An der BHAK/BHAS Steyr wird der Schulversuch "COOL-Cooperatives Offenes Lernen" durchgeführt,<br />

bei dem Schüler/innen zu eigenverantwortlichem Lernen geführt werden und Unterrichtende eine<br />

neue Qualität ihres Lehrer/innen-Seins erfahren.<br />

Ebenso informieren wir über zahlreiche spannende Initiativen und Fördermaßnahmen in den<br />

Bundesländern, wir stellen Ihnen den Wiener Verein TIBI vor und bringen eine Übersicht über laufende<br />

und geplante Akademielehrgänge zum Thema Begabtenförderung Österreich weit. Wir freuen<br />

uns besonders, Ihnen auch die neuen Koordinatorinnen für Begabtenförderung in Kärnten,<br />

Salzburg und Vorarlberg vorstellen zu dürfen.<br />

Wie immer bieten wir Ihnen eine Rückschau auf stattgefundene Tagungen: dieses Mal ein internationales<br />

Seminar über Moderne Technologien in der Begabtenförderung in Prag, eine richtungsweisende<br />

Veranstaltung zum Thema Förderung (hoch) Begabter im Kindergarten, sowie die zweijährlich<br />

stattfindende Tagung des Arbeitskreises Begabungsforschung und Begabungsförderung (ABB)<br />

in Frankfurt. Auf weitere Tagungen der nächsten Zeit machen wir in diesem Heft aufmerksam.<br />

In eigener Sache berichten wir über die laufende Arbeit und die neuen Rahmenbedingungen am Österreichischen<br />

Zentrum für Begabtenförderung und Begabungsforschung: Um den ständig wachsenden<br />

Aufgaben gerecht zu werden hat das özbf sowohl räumlich als auch personell expandiert. Wir<br />

freuen uns, Ihnen hier unsere neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorstellen zu dürfen. Eine<br />

besondere Bereicherung für uns ist es auch, den Direktor der Pädagogischen Hochschule<br />

Zentralschweiz, Dr. Willi Stadelmann, für unseren wissenschaftlichen Beirat gewonnen zu haben.<br />

Mag. Dr. Waltraud Rosner<br />

Geschäftsführerin (özbf)<br />

waltraud.rosner@begabtenzentrum.at<br />

Abschließend möchten wir uns wieder ganz herzlich bei all jenen bedanken, die uns mit ihren wertvollen<br />

Beiträgen und Anregungen unterstützt haben!<br />

Das Team des özbf wünscht Ihnen allen viel Glück und Erfolg im neuen Jahr 2006!<br />

newsletter12 . 01.2006 . 2


01 Schwerpunkt: Elternberatung<br />

01 UND ES HAT <strong>KLIKK</strong> GEMACHT<br />

Zur Konzeption eines speziellen Trainings<br />

für Eltern kluger Kinder<br />

"In dieser Übung habe ich endlich verstanden, was in unserem Sohn vorgeht,<br />

wenn ich ihn wie bisher dazu bringen will, seine Hausaufgaben<br />

zu machen. Ich habe jetzt auch eine Idee, wie wir es anders machen können,<br />

und bin gespannt, wie er darauf reagieren wird." Nachdenklich lässt<br />

ein Teilnehmer am Elterntraining <strong>KLIKK</strong> (Kommunikations- und Lösungsstrategien<br />

für die Interaktion mit klugen Kindern) seine Aussage nachwirken.<br />

In der Plenumsrunde, an der insgesamt zwölf Eltern teilnehmen,<br />

wird gerade eine Übung zur Kommunikation mit klugen Kindern besprochen.<br />

In den Beiträgen wird deutlich, dass die Eltern Schwierigkeiten<br />

im familiären Alltag nun mit anderen Augen sehen. Dazu gehören mehr<br />

Verständnis für die Bedürfnisse ihrer Kinder, das Entdecken neuer Strategien<br />

und der Wunsch, eigenes Handeln zu überdenken und zu verändern.<br />

Zugleich zeigen die Aussagen, dass die Eltern auch eigene Kompetenzen<br />

wahrnehmen und stärker als bisher würdigen können.<br />

1. Die Anfänge des Seminarangebotes <strong>KLIKK</strong><br />

Mit der Konzeption des Elterntrainings <strong>KLIKK</strong> wurde im Mai 2004 begonnen<br />

- angeregt durch den Wunsch einer Reihe von Klientinnen und<br />

Klienten der Begabungspsychologischen Beratungsstelle der Ludwig-<br />

Maximilians-Universität (LMU) München nach einer Vertiefung der<br />

Inhalte der Beratungsgespräche. Um eine bedarfsgerechte Seminargestaltung<br />

anbieten zu können, entschlossen wir uns, ein Angebot für<br />

Eltern von Kindern einer begrenzten Altersstufe zu machen, da andernfalls<br />

davon auszugehen ist, dass die Themenwünsche zu stark differieren<br />

würden. Wir entschieden uns für die Zielgruppe von Familien mit<br />

Kindern im Vor- und Grundschulalter, da diese den weitaus größten Anteil<br />

unserer Klientel darstellen.<br />

In einer ersten Bedarfsanalyse wurden zufällig ausgewählte Protokolle<br />

bereits geführter Beratungsgespräche daraufhin analysiert, welche<br />

Themen und Anliegen von Klientenseite am häufigsten geäußert wurden.<br />

Anhand dieser Informationen konnten vier Themengebiete identifiziert<br />

werden, die jeweils in mindestens 30% der Fälle genannt wurden:<br />

> Möglichkeiten der Unterstützung der Selbststeuerung des Kindes<br />

> Begleitung des Kindes bei Problemlösungen (insbesondere im Hinblick<br />

auf Probleme im Sozialverhalten)<br />

> Möglichkeiten der Beeinflussung der Motivation des Kindes (vor allem<br />

in Bezug auf Leistungsmotivation)<br />

> Umgang mit Stress (in Bezug auf Regeln/Grenzen in der Familie sowie<br />

im Umgang mit Langeweile und Unterforderung des Kindes)<br />

In einem zweiten Schritt wurden diese Fragestellungen anhand aktueller<br />

empirischer Befunde spezifisch für das Thema Hochbegabung ausgearbeitet.<br />

Dabei ging es beispielsweise um besondere Bedürfnisse und<br />

Stärken hoch begabter Kinder im Vergleich zu durchschnittlich begabten<br />

Kindern.<br />

Schließlich wurden den anhand<br />

der Bedarfsanalyse ausgewählten<br />

Themengebieten<br />

passende Trainingsinterventionen<br />

zugeordnet. Dabei legten<br />

wir Wert darauf, nur solche<br />

Interventionen aufzunehmen, deren Wirksamkeit in anderen<br />

Trainings oder vergleichbaren Settings durch empirische Evaluation bereits<br />

dokumentiert war. Anhand dieses Vorgehens wurden die folgenden<br />

vier Seminarmodule mit entsprechenden Interventionen ausgewählt:<br />

> Elemente des personenzentrierten Ansatzes für den Bereich<br />

Kommunikation<br />

> Techniken lösungsorientierten Vorgehens und lösungsorientierter<br />

Kommunikation<br />

> Der Bereich Motivation als Anwendungsgebiet für personenzentrierte<br />

und lösungsorientierte Kommunikation<br />

> Stressbewältigung und -prävention als weiteres Anwendungsgebiet<br />

Mit den Modulen Personenzentrierte Kommunikation und Lösungsorientierung<br />

werden den teilnehmenden Eltern zu Beginn die grundlegenden<br />

"Werkzeuge" für eine gelingende Interaktion mit ihren klugen Kindern<br />

vermittelt. In den zwei weiteren Inhaltsmodulen Motivation und<br />

Stressbewältigung wird unter anderem die Anwendung dieser beiden<br />

"Werkzeuge" auf das jeweilige Themengebiet spezifiziert.<br />

2. Die Trainingskonzeption<br />

Nachdem anhand der dargestellten ersten Schritte (Bedarfsanalyse und<br />

Zuordnung von Interventionen bzw. vermittelbaren Trainingsinhalten zu<br />

den meist genannten Themen) der Rahmen für das Training abgesteckt<br />

war, begannen wir mit der Planung von Inhalt und Ablauf. Die so entstandene<br />

Trainingsversion wurde in zwei Probetrainings mit Studierenden auf<br />

ihre Praxistauglichkeit hin überprüft, bevor dann im Dezember 2004 das<br />

erste Pilottraining mit zwölf Eltern in München stattfand. In den insgesamt<br />

fünf Pilottrainings von Dezember 2004 bis einschließlich Mai 2005<br />

wurde unser Seminar unter Mithilfe der teilnehmenden Eltern einer formativen<br />

Evaluation unterzogen. Dabei ging es im Wesentlichen um die<br />

Frage, ob die Auswahl der Inhalte und die Art der Vermittlung für die<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemessen waren.<br />

Aus der Phase der formativen Evaluation heraus entwickelten wir die<br />

jetzige Konzeption von <strong>KLIKK</strong>. In dieser erfolgt die Vermittlung der<br />

Inhalte der vier Module, welche nachfolgend näher beschrieben werden,<br />

jeweils mit einem theoretischen Input und sich daran anschließenden<br />

Übungsmöglichkeiten für die Eltern. Für diese Übungen können die<br />

Eltern entweder vorgegebene Situationsbeschreibungen wählen, die<br />

sich auf Themen aus Beratungsgesprächen beziehen oder auf eigene<br />

Themen aus dem Familienalltag zurückgreifen. Die nachfolgende<br />

Reihenfolge der Darstellung der Seminarinhalte entspricht der zeitlichen<br />

Modulabfolge im Training.<br />

3


2.1 Kommunikation<br />

Der Bereich Kommunikation ist das Einstiegsthema des Trainings und<br />

beschreibt eines der beiden grundlegenden "Werkzeuge". Ausgehend<br />

vom “Modell der vier Seiten einer Nachricht” (Schulz von Thun, 2001)<br />

wird eine "Landkarte" der Kommunikation entworfen. Die Eltern können<br />

so eine Idee entwickeln, wie Missverständnisse in der zwischenmenschlichen<br />

Kommunikation durch verschiedene Bedeutungsgebungen<br />

entstehen. Anschließend werden Bedürfnisse kluger Kinder im Bereich<br />

Kommunikation erörtert, die aus deren Fähigkeiten und dem damit korrespondierenden<br />

Selbstbild resultieren können. Daran anknüpfend<br />

werden passende Kommunikationstechniken vorgestellt. Dabei greifen<br />

wir auf die Erfahrungen aus unseren Beratungsgesprächen zurück, die<br />

darauf hinweisen, dass es gerade in Konfliktsituationen hilfreich ist, das<br />

Selbstbild der klugen Kinder in Bezug auf ihre Kompetenzen zu berücksichtigen.<br />

("Ich habe einen klugen Kopf, der selber gute Lösungen produziert.")<br />

Wesentlich ist der Gedanke, den Kindern zur Optimierung ihrer<br />

Verhaltensplanung in einer wertschätzenden Weise vor allem<br />

Informationen zu vermitteln. Um den Eltern dafür passende Strategien<br />

an die Hand zu geben, wird in diesem Inhaltsmodul auf Werkzeuge des<br />

personenzentrierten Ansatzes (Rogers, 1972) in der Adaptation von<br />

Gordon (1999) zurückgegriffen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />

werden diese Techniken zunächst theoretisch, dann modellhaft durch<br />

die Trainerinnen und Trainer und anschließend in Kleingruppenübungen<br />

nahe gebracht.<br />

2.2 Lösungsorientierung<br />

Der lösungsorientierte Ansatz wird auf drei Begründer zurückgeführt,<br />

die seit Ende der 1960er Jahre entsprechende Techniken vermitteln (vgl.<br />

Bamberger, 2001):<br />

> das "Brief Therapy Center" mit Watzlawik und Kollegen in Palo Alto<br />

> das Mailänder "Centro per lo Studio della Famiglia" mit Selvini-Palazolli<br />

und Kollegen<br />

> de Shazer und das Team des "Brief Family Therapy Centers" in Milwaukee<br />

Eine grundlegende Innovation des lösungsorientierten Ansatzes besteht<br />

in der Aufhebung der Annahme, dass zur Lösung einer Schwierigkeit<br />

eine ausführliche Problemanalyse unabdingbar sei. Ausgehend davon,<br />

dass Problem und Lösung unabhängig voneinander sind und dass sich<br />

eine relativ überschaubare Anzahl von Lösungsstrategien bei vielen<br />

Fragestellungen als hilfreich erwiesen hat, entwickelten de Shazer und<br />

Kollegen systematisch bestimmte Techniken und Vorgehensweisen zur<br />

Lösungsfindung (vgl. de Shazer et al., 1986). Im Training wird den Eltern<br />

eine Auswahl davon vermittelt. Die Aufnahme dieses Ansatzes in unser<br />

<strong>KLIKK</strong>-Seminar begründet sich neben der empirisch nachgewiesenen<br />

Wirksamkeit vor allem in der ressourcenorientierten Ausrichtung<br />

(Kompetenzen und Ressourcen sind bei hoch begabten Kindern im intellektuellen<br />

Bereich reichlich vorhanden), der Nutzung dieser Ressourcen,<br />

der Berücksichtigung der Autonomie des Gegenübers sowie der guten<br />

Vermittelbarkeit im Rahmen eines kompakten Trainings.<br />

2.3 Motivation<br />

Im Inhaltsmodul "Motivation" werden die eingangs vermittelten "Werkzeuge"<br />

Kommunikation und Lösungsorientierung mit Hilfe des Attributionsmodells<br />

von Weiner (1988) in Bezug auf ein für hoch begabte<br />

Kinder und deren Familien wesentliches Anwendungsfeld, nämlich den<br />

Leistungs- und Schulbereich, spezifiziert. Dabei werden den Eltern<br />

Ideen und Vorgehensweisen in die Hand gegeben, um ihre Kinder anzuregen,<br />

die Ausrichtung ihrer Motivation in diesem Bereich zu überdenken<br />

und gegebenenfalls zu verändern. Ein wesentlicher Gedanke ist dabei,<br />

dass es für hoch begabte Kinder motivationsaufbauend wirken kann,<br />

wenn sie im Sinne der Selbstwirksamkeit ihren eigenen Einfluss auf<br />

Erfolge oder auch mögliche Misserfolge erkennen können (siehe dazu z.B.<br />

auch die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan, 1985). Eine<br />

Voraussetzung für die Angemessenheit einer solchen Vorgehensweise<br />

ist eine entsprechende Abstraktionsfähigkeit, die bei klugen Kindern auch<br />

im Vorschul- und Grundschulalter bereits vorausgesetzt werden kann.<br />

2.4 Stress<br />

Stress beschreibt einen Zustand, der auf Überforderung oder aber auf<br />

Unterforderung zurückgeführt werden kann. Die Auslöser werden als<br />

"Stressoren" bezeichnet. Zur Erklärung der interindividuellen und intraindividuellen<br />

Unterschiede in der Reaktion auf vergleichbare Stressoren<br />

dient das im Elterntraining behandelte Stressmodell von Lazarus (1984;<br />

vgl. auch Wagner-Link, 2001). Den Eltern werden im Seminar nach einem<br />

kurzen theoretischen Input, der auch eine Übersicht über spezifische<br />

Stressoren hoch begabter Kinder enthält (z.B. Unterforderung oder<br />

Perfektionismus), konkrete Ideen an die Hand gegeben, um sowohl ihr<br />

eigenes als auch das Stresserleben ihrer Kinder verringern zu können.<br />

Dabei dient das Modell von Lazarus wiederum als "Landkarte", an dem<br />

konkrete Vorgehensweisen verdeutlicht werden können.<br />

Ein Leitgedanke dieses Moduls ist, dass hoch begabte Kinder und deren<br />

Familien nicht per se mehr Stress als durchschnittlich begabte<br />

Kinder und deren Familien erleben, wohl aber, dass die Art der Stressoren<br />

sich unterscheidet. Ein weiterer Leitgedanke in diesem Inhaltsbereich<br />

ist, dass die hohe Intelligenz der Kinder unter passenden<br />

Rahmenbedingungen zu einer wichtigen Bewältigungsressource für die<br />

Kinder selbst wie auch ihre Familien werden kann.<br />

2.5 Der zeitliche Ablauf des Trainings<br />

Das Elterntraining umfasst insgesamt rund sechzehn Stunden, ergänzt<br />

um die Pausen ergeben sich insgesamt rund zwanzig Stunden. Dabei<br />

stehen zwei Durchführungsvarianten zur Verfügung: eine "kompakte"<br />

Variante, die an einem Wochenende (Freitagabend bis Sonntagnachmittag)<br />

durchgeführt wird, und eine zweite Version, die an zwei aufeinander<br />

folgenden Wochenenden angeboten wird (zweimal jeweils<br />

Freitagabend und Samstag). Diese zweite Version ist auf Anregung von<br />

Eltern entstanden, die an den ersten Trainingswochenenden teilnahmen.<br />

Die Eltern äußersten den Wunsch nach einer "Zwischenzeit" zum<br />

Sammeln von Erfahrungen und zum Ausprobieren der erlernten neuen<br />

Werkzeuge. Diese Erfahrungen können dann im Verlauf der zweiten<br />

Trainingshälfte besprochen werden.<br />

newsletter12 . 01.2006 . 4


01 Schwerpunkt: Elternberatung<br />

3. Evaluation<br />

<strong>KLIKK</strong> wird im Rahmen eines Promotionsprojektes anhand von Elternbefragungen<br />

systematisch evaluiert (formativ und summativ). Ziel der bereits<br />

abgeschlossenen formativen Evaluation war die Optimierung des<br />

Trainingsangebotes. In der gerade laufenden summativen Evaluationsphase<br />

werden die Auswirkungen des Seminars auf das Kompetenzerleben<br />

der teilnehmenden Eltern und das Familienleben erfasst.<br />

Zudem wird überprüft, ob die beiden angebotenen Designs (ein kompaktes<br />

Wochenende versus zwei Termine an zwei aufeinander folgenden<br />

Wochenenden) sich hinsichtlich ihrer Effektivität unterscheiden.<br />

Die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer werden zweimal vor dem<br />

Training, direkt im Anschluss an das Training und zweimal nach dem<br />

Training mittels Fragebögen befragt. Die Befragung vor dem Training<br />

dient der Erfassung von Effekten, die alleine durch die Anmeldung entstehen.<br />

Die Befragungen im Anschluss an das Training dienen dazu, die<br />

kurz- und mittelfristigen Auswirkungen des Trainings im Familienalltag<br />

zu erfassen.<br />

Bei der Durchführung der dargestellten summativen Evaluation wird im<br />

Wesentlichen auf das klassische Kontrollgruppendesign zurückgegriffen,<br />

was bedeutet, dass teilnehmende Eltern sowohl als Kontrollgruppe<br />

(vor der Teilnahme) als auch als Trainingsgruppe fungieren. Die Kontrollgruppe<br />

wird ergänzt durch Eltern, die an einem Beratungsgespräch, nicht<br />

aber am Training teilnehmen.<br />

4. Fazit und Ausblick<br />

Mit dem Elterntraining <strong>KLIKK</strong> wird nach unserem Wissen im deutschsprachigen<br />

Raum erstmals ein spezielles Training für Eltern hoch begabter<br />

Kinder im Rahmen einer Evaluationsstudie entwickelt. <strong>KLIKK</strong> ist als<br />

regelmäßiges Angebot der Begabungspsychologischen Beratungsstelle<br />

an der LMU München geplant. Wir freuen uns sehr über die im Rahmen<br />

von <strong>KLIKK</strong> bestehenden Kooperationen mit dem özbf in Salzburg und der<br />

Beratungsstelle Hochbegabung im Saarland. Geplant ist zudem, nach<br />

Abschluss und Auswertung der summativen Evaluation ein Trainingshandbuch<br />

für Trainerinnen und Trainer, die <strong>KLIKK</strong> selber durchführen<br />

möchten, zu erstellen.<br />

Ermöglicht werden die Durchführung der begleitenden Evaluationsstudie<br />

sowie die geringe Teilnahmegebühr durch die finanzielle Unterstützung<br />

der Karg-Stiftung.<br />

Informationen zu den Terminen der nächsten <strong>KLIKK</strong>-Seminare, zu<br />

Kosten sowie zu Anmeldungsmöglichkeiten finden Sie unter:<br />

http://www.paed.uni-muenchen.de/~ppb/Begabung/Seiten/klikk.htm<br />

Literatur<br />

> Bamberger, G. G. (2001). Lösungsorientierte Beratung (2. Aufl.). Weinheim:<br />

Psychologie Verlags Union.<br />

> De Shazer, S. Berg, I.S., Lipchik, E., Nunnally, E., Molnar, A., Gingerich, W.<br />

& Weiner-Davis, M (1986). Kurztherapie - Zielgerichtete Entwicklung von<br />

Lösungen. Familiendynamik 11 (3), 182 - 205.<br />

> Deci, E. L. & Ryan, R. M. (1985). Intrinsic motivation and self-determination<br />

in human behavior. New York: Plenum.<br />

> Gordon, T. (1999). Die neue Familienkonferenz: Kinder erziehen ohne zu strafen<br />

(10. Auflage). München: Heyne.<br />

> Lazarus, R. S. & Folkmann, S. (1984). Stress, appraisal, and coping. New York:<br />

Springer.<br />

> Rogers, C. (1972). Die nicht-direktive Beratung. München: Kindler.<br />

> Schulz von Thun, F. (2001). Miteinander reden, Band 1. Reinbeck bei Hamburg:<br />

Rowohlt.<br />

> Wagner-Link, A. (2001). Verhaltenstraining zur Stressbewältigung. Stuttgart:<br />

Klett-Cotta.<br />

> Weiner, B. (1988). Motivationspsychologie. Weinheim: Psychologie Verlags<br />

Union.<br />

Franzis Preckel, Dietrich Arnold & Iris Großgasteiger<br />

beratung@mip.paed.uni-muenchen.de<br />

Iris Großgasteiger, Dietrich Arnold, Brenjo Sava<br />

5


01 GEGENWIND UND GEFAHREN TROTZEN<br />

Das Rostocker Odysseus-Projekt<br />

Seit September 2001 erhalten Schülerinnen und Schüler sowie deren<br />

Eltern in der Beratungsstelle des "Odysseus-Projekts" am Institut für<br />

Pädagogische Psychologie der Universität Rostock Informationen und<br />

Hilfestellung bei begabungspsychologischen und Schullaufbahnfragen.<br />

Aber nicht nur Eltern und deren Kinder können die Beratungsstelle für<br />

umfassende psychodiagnostische Untersuchungen und psychologische<br />

Beratung in Anspruch nehmen, die Mitarbeiter/innen im "Odysseus-<br />

Projekt" stehen auch Lehrkräften an Schulen, pädagogischem Personal<br />

von Kindergärten und anderen Institutionen (beispielsweise Ergotherapeutinnen/Ergotherapeuten,<br />

Ärztinnen/Ärzten, niedergelassenen Psychologinnen/Psychologen<br />

oder Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern privater<br />

Förderinstitute) zur Verfügung. Möglich wird dies durch die finanzielle<br />

Unterstützung des "Odysseus-Projekts" durch die Karg-Stiftung, die insbesondere<br />

die befristete Finanzierung einer Mitarbeiterinnen/Mitarbeiterstelle<br />

übernommen hat.<br />

Die begabungspsychologische Beratungsstelle des "Odysseus-Projekts"<br />

am Institut für Pädagogische Psychologie der Universität Rostock stellt<br />

einen Versuch dar, das von Perleth (Perleth, 1997; Perleth & Sierwald,<br />

2001; Perleth, Sühlfleisch-Thurau & Joswig, 2004) beschriebene Modell<br />

der Hochbegabtenberatung in die Praxis umzusetzen. Nach dieser<br />

Konzeption kommt zentralen Beratungsstellen (z.B. an Universitäten) eine<br />

wesentliche Koordinierungs- und Evaluationsfunktion zu, damit Angebote<br />

von Schulen und der nichtschulischen Öffentlichkeit begabten und leistungsstarken<br />

Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern zugute kommen.<br />

Ziel ist es, die Bemühungen zu bündeln, damit die Kinder und<br />

Jugendlichen in einer günstigen Lernumwelt im Freundeskreis ihren<br />

Interessen nachgehen können und der aktive Lernprozess optimal unterstützt<br />

wird. Evaluation meint neben der Evaluation von besonderen<br />

Fördermaßnahmen wie Begabtenklassen oder Förderkursen außerhalb des<br />

schulischen Pflichtprogramms auch, dass Erfahrungen aus Einzelfällen an<br />

der zentralen Beratungsstelle gesammelt und ausgewertet werden.<br />

Wissenschaftlich wird am "Odysseus-Projekt" die Beratungsarbeit daher<br />

im Rahmen der laufenden Evaluation ausgewertet, daneben werden<br />

spezielle Forschungsfragen bearbeitet. Neben diesen beratungsbezogenen<br />

Schwerpunkten werden im "Odysseus-Projekt" Projekte zur<br />

Evaluation von Fördermaßnahmen (Schulversuche mit Begabtenklassen<br />

in Mecklenburg-Vorpommern, Intelligenzförderung, Mathematik-<br />

Wettbewerbe und Arbeitsgemeinschaften, e-Learning-Projekt ELCAD)<br />

durchgeführt. Auf diese Forschung, inkl. der damit verbundenen Promotionsarbeiten,<br />

kann im Rahmen dieses Artikels aber nicht eingegangen<br />

werden. Vielmehr wird nach einem Überblick zu unserer Beratungsstrategie<br />

über Besonderheiten unserer Klientel, zwei Studien zum<br />

Überspringen von Schulklassen und über den Wert von Checklisten für<br />

Hochbegabung sowie abschließend über die Evaluation der Beratungsarbeit<br />

berichtet.<br />

Was bedeutet "Odysseus-Projekt"?<br />

Odysseus fuhr mit seinen Gefährten auch gegen scharfen Wind<br />

durch unbekannte Gewässer. Durch seine Schlauheit konnte er viele<br />

Gefahren bewältigen und versuchte seine Gefährten sicher nach<br />

Hause zu geleiten, auch wenn er selbst den Weg nicht kannte.<br />

(Leider folgten die Gefährten dem Rat des Odysseus allerdings oftmals<br />

nicht!)<br />

Die Mitarbeiter/innen des "Odysseus-Projekts" bieten Eltern und<br />

Kindern an, diese ein Stück des Wegs durch Schule und Ausbildung<br />

zu begleiten und mögliche Wege aufzuzeigen, d.h. Orientierung zu<br />

geben, auch mittels psychologischer Diagnostik. Es kommt vor allem<br />

darauf an, Dynamik und Bewegung in festgefahrene Problemsituationen<br />

zu bringen und die Selbstkompetenz von Eltern, Kindern<br />

und Jugendlichen zu stärken, damit sie Problemlösungen selbst organisieren<br />

können. Dabei sollen auch Hilfestellungen vermittelt<br />

werden, um die Entwicklung (der Kinder) zu stimulieren und besonders<br />

bei hoch begabten Kindern und Jugendlichen (verbesserte) soziale<br />

Integration (Gleichgesinnte, Freundinnen/Freunde) zu erreichen.<br />

Beteiligte Lehrkräfte werden im Hinblick auf einen günstigen<br />

Unterricht für besondere Schüler/innen und Eltern im Hinblick auf<br />

optimale Unterrichts- bzw. Schulformen für ihre Kinder beraten.<br />

Die Konzeption<br />

und Arbeitsweise der Rostocker Beratungsstelle<br />

Im Regelfall wenden sich Eltern oder Lehrer/innen telefonisch an die Beratungsstelle.<br />

Dort wird ihr Anliegen aufgenommen und die Eltern werden<br />

über das weitere Vorgehen informiert. Daneben werden die Institutsmitarbeiterinnen/-mitarbeiter<br />

(besonders die Professorinnen/ Professoren)<br />

auch direkt von Ratsuchenden kontaktiert. Eine Reihe von Anfragen, besonders<br />

nach Informationen zum Thema Hochbegabung, können direkt per<br />

E-Mail beantwortet werden, ohne dass die Projekt-Mitarbeiterin/der Projekt-Mitarbeiter<br />

der Beratungsstelle sich damit beschäftigen muss. Es besteht<br />

auch die Möglichkeit der Kontaktaufnahme per Videokonferenz, was<br />

bisher allerdings weitgehend ungenutzt geblieben ist.<br />

Den Eltern wird dann ein Fragebogen zugesandt, der Fragen zu biographischen<br />

Daten des Kindes, dem Anliegen der Ratsuchenden und den<br />

Erwartungen an das Beratungsgespräch sowie<br />

vertiefende Fragen zu Interessen und zur<br />

Entwicklung des Kindes enthält. Dadurch können<br />

sich die Eltern schon im Vorfeld reflektierend<br />

mit der im Beratungsgespräch<br />

zu besprechenden Situation<br />

newsletter12 . 01.2006 . 6


01 Schwerpunkt: Elternberatung<br />

auseinandersetzen. Auch das Beratungsteam kann sich durch die Auswertung<br />

des Fragebogens optimal auf das Gespräch vorbereiten und z.B.<br />

geeignete Testverfahren auswählen.<br />

Nach der Planung und Organisation, die besonders für Familien mit einem<br />

weiten Anreiseweg gut durchdacht sein muss, folgen psychodiagnostische<br />

Gespräche sowie - oftmals damit verknüpft - das eigentliche<br />

Beratungsgespräch. Hier wird mit den Eltern über aktuelle Schwierigkeiten<br />

und Probleme, die in der Schule oder im häuslichen Umfeld auftreten,<br />

gesprochen. Den Eltern soll dabei ermöglicht werden, Probleme<br />

neu wahrzunehmen und anders zu bewerten. Es geht außerdem darum,<br />

alternative Wege bezüglich der Schullaufbahn aufzuzeigen oder<br />

Maßnahmen des Enrichment bzw. der Akzeleration oder Pull-out und<br />

"Drehtür"-Maßnahmen zu diskutieren. Den Eltern soll dabei "Hilfe zur<br />

Selbsthilfe" mit auf den Weg gegeben werden. Dieses Gespräch kann<br />

auch per Telefon und prinzipiell auch per Videokonferenz geführt werden.<br />

Mit dem Kind wird bei Bedarf eine umfassende Testdiagnostik<br />

(Intelligenzleistung, Motivation und anderer Persönlichkeitsmerkmale etc.)<br />

durchgeführt. Diese dient zur Abklärung der individuellen Begabungen des<br />

Kindes, eventuell vorhandener Schwächen und besonderer Stärken.<br />

Im Abschlussgespräch, das je nach Anreiseweg der Familie im<br />

Anschluss an die Diagnostik oder an einem neuen Termin oder wiederum<br />

telefonisch stattfindet, werden die Ergebnisse der Testdiagnostik<br />

und Verhaltensbeobachtung besprochen. Den Eltern und dem Kind soll<br />

hier die Bedeutung der Testergebnisse im Kontext des Beratungsanliegens<br />

verständlich gemacht werden. Die daraus folgenden Konsequenzen<br />

(geeignete Förderung, Enrichment, Pull-Out-Programme etc.,<br />

weitere Empfehlungen für die Schullaufbahn, Akzeleration wie Überspringen<br />

usw.) werden besprochen. In einem Nachkontakt wird den<br />

Familien nach einiger Zeit ein weiterer Fragebogen zugesandt, der Fragen<br />

zur Entwicklung des Kindes und der Problemsituation enthält. Mit<br />

Hilfe des Fragebogens wird die Beratungstätigkeit und der Beratungsablauf<br />

evaluiert und ggf. verändert.<br />

Seit Herbst 2003 werden für Diagnostik und Beratung gestaffelte<br />

Gebühren (je nach diagnostischem Aufwand) erhoben, wobei Erziehungsberechtigten,<br />

die nur über ein geringes Einkommen verfügen können,<br />

auf Antrag das Honorar erlassen werden kann.<br />

Inanspruchnahme und Klientel der Rostocker Beratungsstelle<br />

Seit Eröffnung der Beratungsstelle bis Anfang März 2004 lagen 612<br />

Anfragen von Ratsuchenden vor. Diese Zahl bezieht sich auf alle diejenigen<br />

Fälle, bei denen den Ratsuchenden nach dem Erstkontakt der<br />

Fragebogen zugesandt wurde. Insgesamt liegt die Zahl der Anfragen<br />

noch deutlich höher, die der durchgeführten Beratungen jedoch darunter.<br />

Letztlich konnten bis März 2004 394 Fälle mit einem Beratungsgespräch<br />

abgeschlossen werden. In 343 Beratungsfällen wurden Tests<br />

durchgeführt. In 59 Fällen genügte die persönliche Beratung, teilweise<br />

weil die betroffenen Kinder und Jugendlichen bereits anderswo testdiagnostisch<br />

untersucht worden waren. Die Wartezeiten liegen relativ<br />

konstant bei 6 - 8 Wochen. In Zeiten der Nachfragespitzen (z.B. zum<br />

Schulhalbjahr) kann dieser Wert allerdings nur dadurch eingehalten werden,<br />

dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für<br />

Pädagogische Psychologie einen Teil ihrer Arbeitszeit für Beratungsaufgaben<br />

zur Verfügung stellen.<br />

Etwas mehr als die Hälfte der Väter oder Mütter, die für sich oder ihre<br />

Kinder Beratung suchten, üben Berufe mit einfacherer oder mittlerer<br />

Tätigkeit aus (im Sinne der in der PISA-Studie verwendeten Terminologie).<br />

Der oberen Dienstklasse gehörten 31 Prozent der Mütter und 36<br />

Prozent der Väter an.<br />

Verteilung der Mütter auf die Berufsgruppen<br />

Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man die jeweils höchsten Bildungsabschlüsse<br />

der Eltern betrachtet. Von beiden Elternteilen verfügen<br />

jeweils 52 Prozent über ein Hochschulstudium. Insgesamt hat das<br />

"Odysseus-Projekt" damit bisher seinen Anspruch recht gut eingelöst,<br />

mit seinen Beratungsangeboten auch Familien zu erreichen, die normalerweise<br />

nicht zur "typischen" Klientel von Hochbegabungsberatungsstellen<br />

gehören (also Akademikerfamilien mit einem sehr bildungsambitionierten<br />

Familienklima). Ein wesentlicher Grund hierfür dürfte auch<br />

sein, dass versucht wird, einen intensiven Austausch mit Schulen in der<br />

Region zu pflegen. Eine große Zahl der Rat suchenden Eltern gibt an,<br />

von der Schule bzw. einer Lehrkraft auf die Beratungsstelle aufmerksam<br />

gemacht worden zu sein.<br />

Das Geschlechterverhältnis stimmt weitgehend mit dem überein, was<br />

von anderen Beratungsstellen berichtet wird. 68 Prozent Anmeldungen<br />

von Jungen bzw. männlichen Jugendlichen stehen 32 Prozent Mädchen<br />

gegenüber.<br />

Im "Odysseus-Projekt" stehen Fragen nach der geeigneten Schullaufbahn<br />

sowie die Überprüfung einer vermuteten Hochbegabung zu Beginn der<br />

Beratung im Mittelpunkt der Anfragen. Häufig wird auch bei Verhaltensauffälligkeiten<br />

Hilfe gesucht. Unterschiede zwischen den Geschlechtern<br />

zeigten sich vor allem in den Kategorien Schullaufbahnfragen und<br />

Verhaltensauffälligkeiten. Verhaltensauffälligkeiten stehen häufiger bei<br />

Jungen im Vordergrund als Anlass für eine Beratung, während bei Mädchen<br />

die eher "neutralen" Fragen der Schullaufbahn stärker vertreten<br />

sind. Besonders an den Übergängen vom Kindergarten zur Grundschule<br />

(mit vier bis sechs Jahren) und von der Grundschule zu weiterführenden<br />

Schulen wird Beratung nachgefragt.<br />

7


Im Regelfall werden bei den Untersuchungen im Rahmen des "Odysseus-<br />

Projekts" zwei (nämlich sowohl bildungs- und sprachfreie als auch bildungs-<br />

und sprachgebundene) Verfahren zur Intelligenzdiagnostik eingesetzt.<br />

Eine spannende Frage ist dabei, wie sich die Begabungen bei<br />

den untersuchten Kindern und Jugendlichen verteilen. Bisweilen sind<br />

nämlich Eltern ambitionierter als Kinder begabt. Die Abbildung unten<br />

zeigt zusammengefasst die Leistungen aller Kinder und Jugendlichen,<br />

die bisher im Rahmen des "Odysseus-Projekts" mit einem üblichen<br />

sprachfreien Intelligenztest untersucht wurden (so genannte "Raven-<br />

Matrizen"). Nicht ganz 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen erreichten<br />

demnach weit überdurchschnittliche Werte (entspricht IQ über 130)<br />

und sind damit zu den intellektuell Hochbegabten zu rechnen, ein weiteres<br />

Achtel erzielte Werte im Bereich von etwa IQ = 120 bis 130, also<br />

immer noch deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse. Insgesamt fielen<br />

die Ergebnisse von etwa zwei Dritteln der im "Odysseus-Projekt" untersuchten<br />

Kinder und Jugendlichen in den Bereich der 25 Prozent<br />

Besten ihrer Altersgruppe, lediglich etwa 12 Prozent erzielten Leistungen<br />

im unteren Durchschnittsbereich. Möglicherweise kann die relativ<br />

große Anzahl tatsächlich hoch begabter Kinder und Jugendlicher<br />

auch als Erfolg unserer Arbeit mit Lehrkräften in der Region im Sinne<br />

einer stärkeren Sensibilisierung für das Thema Hochbegabung gewertet<br />

werden. Ein großer Teil der Klienten wird ja, wie bereits erwähnt,<br />

von Lehrkräften auf die Beratungsstelle im "Odysseus-Projekt" aufmerksam<br />

gemacht.<br />

Begabungsgruppen nach den "Raven-Matrizen-Tests"<br />

Um einen Überblick zu bekommen, inwieweit die intellektuelle Begabung<br />

der untersuchten Kinder und Jugendlichen mit deren eigenem<br />

Alter sowie der Bildung und Herkunft der Eltern und der Geschwisterzahl<br />

als einer Familienstrukturvariablen zusammenhängt, wurden die Zusammenhänge<br />

dieser Variablen mit der Begabung der Kinder und<br />

Jugendlichen analysiert. Dabei ergaben sich keine statistisch bedeutsamen<br />

Zusammenhänge.<br />

Evaluation<br />

der Empfehlungen zum Überspringen von Schulklassen<br />

Im Herbst 2003 starteten wir eine telefonische Befragung aller Eltern,<br />

deren Kindern wir im Rahmen der Beratung im "Odysseus-Projekt" empfohlen<br />

hatten, eine Klasse zu überspringen. Neben der Frage, ob denn<br />

diese Empfehlung überhaupt in die Tat umgesetzt wurde, wurden die<br />

Eltern der Überspringenden befragt, wie sie und ihr Kind das Überspringen<br />

erlebt hätten, welche Reaktionen auf das (mögliche) Überspringen<br />

Lehrkräfte und das soziale Umfeld gezeigt hätten und welche Gründe<br />

gegebenenfalls gegen das Springen vorgebracht wurden. Letzteres wurde<br />

auch von denjenigen erfragt, die sich gegen das Überspringen entschieden<br />

hatten, genauso wie die Gründe, die letztlich entscheidend<br />

gewesen waren. Insgesamt konnten 55 Beratungsfälle in die Untersuchung<br />

einbezogen werden, davon 17 Mädchen und 38 Jungen, was<br />

dem oben dargestellten Geschlechterverhältnis der Kinder in unserer<br />

Beratungsstelle ziemlich genau entspricht. Auffällig ist aber, dass das<br />

Geschlechterverhältnis der Überspringenden sich gegenüber den<br />

Empfehlungen zum Springen umkehrt: Von den 17 Mädchen, denen das<br />

Überspringen empfohlen wurde, übersprangen 11 tatsächlich eine<br />

Klasse, das sind 64,7 Prozent. Bei den Jungen hingegen waren es nur<br />

39,5 Prozent.<br />

Aus den Antworten der Eltern wurde unter anderem die wichtige Rolle<br />

der Lehrkräfte beim Überspringen von Klassen deutlich. Es zeigte sich<br />

generell eine große Skepsis der Lehrkräfte dem Springen gegenüber,<br />

wobei aufnehmende Lehrkräfte dem Springen deutlich positiver gegenüber<br />

standen als die abgebenden Lehrkräfte. Es wurde auch deutlich,<br />

dass in der Regel keine Schwierigkeiten auftreten, wenn Lehrkraft und<br />

aufnehmende Klasse gut auf das springende Kind vorbereitet werden.<br />

Zwar befürchten viele Eltern und Lehrkräfte, dass das Kind wesentlich<br />

schlechtere Schulnoten bekommen könnte und aufgrund dessen wieder<br />

in seine alte Klasse zurück müsse. Dies trifft aber nicht zu: Bei acht der<br />

Kinder hatten sich die Zensuren vor und nach dem Springen nicht verändert,<br />

zwei der Kinder verschlechterten sich um jeweils durchschnittlich<br />

eine halbe Note, drei um eine ganze Notenstufe. Im schlechtesten<br />

Fall lagen diese "schlechten" Noten bei "3". Die weiterhin guten/sehr<br />

guten Noten der Überspringenden zeigen jedenfalls, dass Leistungsprobleme<br />

eher selten vorkamen.<br />

Bei den meisten der Kinder, die das Überspringen überwiegend als positiv<br />

erlebten, wurde von den Eltern eingeschätzt, dass die neue Klasse<br />

auf das Überspringerkind gut vorbereitet wurde. Diese Kinder wurden<br />

dann - entgegen mancher Befürchtung - gut in die neue Klasse integriert.<br />

Drei der Kinder wurden sogar Klassensprecher/in in der neuen Klasse.<br />

Probleme gab es beispielsweise dann, wenn das "Überspringerkind" vorher<br />

durch sehr gute Leistungen glänzen konnte und nun nicht mehr "der<br />

Star" der Klasse war. Insgesamt 58% der Eltern meinten, dass das Überspringen<br />

für ihr Kind positive Auswirkungen hatte. Dies bezieht sich auf<br />

geringere Langeweile in der Schule, mehr Anschluss bei den Klassenkameradinnen/-kameraden<br />

und mehr Lust auf die Schule. Nur in einem<br />

Fall wurde das Überspringen vom Kind negativ erlebt, dieser Junge ging<br />

wieder in seine alte Klasse zurück.<br />

Das Überspringen einer Klassenstufe bleibt nach wie vor ein Tabuthema,<br />

obwohl das Gegenstück dazu, das "Sitzen-Bleiben", seit langem allgemein<br />

anerkannt ist und praktiziert wird. An vielen Schulen bedarf es<br />

noch großer Aufklärungsarbeit. Immer wieder wurde von den Eltern berichtet,<br />

dass Lehrkräfte regelrecht "überredet" werden mussten, diesen<br />

Schritt zu gehen. Dabei waren viele der Eltern selbst unsicher und hät-<br />

newsletter12 . 01.2006 . 8


01 Schwerpunkt: Elternberatung<br />

ten Unterstützung seitens der Lehrer/innen und auch seitens ihres<br />

Umfeldes gebraucht. Aber nicht nur bei Lehrkräften muss sich die Einstellung<br />

zum Überspringen ändern: Auch viele Eltern (die der "Nichtspringenden")<br />

sind durch Vorurteile und auf Hörensagen beruhende<br />

Negativberichte voreingenommen. Sie glauben, man könne einem Kind<br />

diesen Schritt nicht zumuten und müsse hinsichtlich einer Förderung erst<br />

dann etwas tun, wenn das Kind verhaltensauffällig werde. ("Warum soll<br />

man das dem Kind antun, wenn es ihm ja noch gut geht.")<br />

Was taugen Checklisten zur<br />

Diagnostik hoch begabter Kinder und Jugendlicher?<br />

In der populärwissenschaftlichen Literatur sind Checklisten sehr beliebt,<br />

das sind Merkmalslisten, an denen Hochbegabung angeblich erkannt<br />

werden kann. Solche Checklisten sind unter Wissenschaftlern genauso<br />

umstritten wie bei Eltern und Lehrkräften beliebt. Aus größeren<br />

Studien weiß man, dass Merkmale wie "ein geringes Schlafbedürfnis"<br />

oder "Interesse für Details" nicht unbedingt Anzeichen von Hochbegabung<br />

sind, dennoch könnte es ja sein, dass diese Merkmale Hinweise<br />

geben, dass bei manchen hoch begabten Kindern und Jugendlichen besonderer<br />

Beratungsbedarf zutrifft. In enger Kooperation mit Hochbegabungsberatungsstellen<br />

an der Ludwig-Maximilians-Universität München<br />

sowie dem özbf in Salzburg untersuchen wir nun an unserer Beratungsklientel,<br />

welchen diagnostischen Wert solche Merkmalslisten haben.<br />

Dazu erhalten seit August 2004 alle Ratsuchenden in Rostock, München<br />

und Salzburg vor der Beratung und der Diagnostik einen Fragebogen mit<br />

einer solchen Merkmalsliste. Ergebnisse liegen hierzu natürlich noch<br />

nicht vor, wir müssen erst abwarten, bis sich in allen drei beteiligten<br />

Beratungsstellen genügend verwertbare Beratungsfälle angesammelt<br />

haben. Dennoch haben wir unsere Akten im Lichte dieser Checkliste<br />

nochmals rückblickend durchforstet. Dabei zeigte sich, dass von den<br />

Eltern eingeschätzte Merkmale sprachlicher Leistungsfähigkeit (Wortschatz,<br />

Gedächtnis für Gedichte usw.) mit entsprechenden Intelligenzmaßen<br />

durchaus einhergehen. Im Hinblick auf soziale Merkmale ergibt<br />

sich hingegen ein Bild, das dem widerspricht, was in der Öffentlichkeit<br />

von hoch Begabten oft gezeichnet wird: Die hoch begabten Kinder und<br />

Jugendlichen zeigen sich in der Einschätzung ihrer Eltern als eher gut<br />

sozial angepasst, emotional stabil und eben nicht grüblerisch und selbstzweifelnd.<br />

Sicherlich widerspricht das populären Annahmen, die auch<br />

aus der Analyse von Einzelfällen gewonnen wurden, zeigt aber deutlich,<br />

dass ohne empirische Forschung mit zufälligen oder repräsentativen<br />

Stichproben sich ein schiefes Bild zäh in der Öffentlichkeit festsetzen<br />

kann. Nähere Befunde zu diesem Projekt, auch unter Einbeziehung der<br />

Daten der Münchner und Salzburger Beratungsstelle, werden demnächst<br />

im newsletter des özbf veröffentlicht.<br />

Insgesamt geben die Eltern der Beratung im "Odysseus-Projekt" überwiegend<br />

die Bestnote 1, Noten schlechter als 2 kommen fast gar nicht<br />

vor. (Kl)eine Ausnahme: Von einem Kind bekamen wir die Note "Vier".<br />

Die Mutter erklärte dies in den Anmerkungen so: "Sie war sehr enttäuscht,<br />

dass sie nicht weiter, regelmäßig, zur Beratung gehen kann."<br />

Lediglich an den Räumlichkeiten im Gebäude der Philosophischen<br />

Fakultät in der August-Bebel-Straße wird doch regelmäßig Kritik geübt:<br />

"Ein Wartezimmer wäre nicht schlecht!" "Der erste Eindruck vermittelt<br />

noch das Flair von Behörden/Bürokratie. Dies stimmt natürlich nicht mit<br />

der durchgeführten Tätigkeit überein." Dieser Umstand wird wohl in absehbarer<br />

Zeit kaum geändert werden können. Was neben all den guten<br />

Noten am wichtigsten für eine Beratungsstelle ist: Mehr als 90 Prozent<br />

der Eltern würden die Beratungsstelle weiterempfehlen, etwa 20<br />

Prozent haben dies ihren Angaben zufolge sogar schon getan.<br />

Literatur<br />

> Perleth, C. (1997). Zur Rolle von Begabung und Erfahrung bei der Leistungsgenese.<br />

Ein Brückenschlag zwischen Begabungs- und Expertiseforschung.<br />

München: LMU.<br />

> Perleth, C. & Sierwald, W. (2001). Entwicklungs- und Leistungsanalysen zur<br />

Hochbegabung. In K. A. Heller (Hrsg.), Hochbegabung im Kindes- und Jugendalter<br />

(S. 171-355). Göttingen: Hogrefe.<br />

> Perleth, C., Sühlfleisch-Thurau, U. & Joswig, H. (2004). Zwei Jahre Begabungspsychologische<br />

Beratungsstelle "Odysseus-Projekt" an der Universität Rostock<br />

- Konzeption, Ergebnisse und Erfahrungen. In H. Joswig & H. Drewelow (Hrsg.),<br />

Begabungsförderung: Von der Einzelfallberatung zur Lernkultur (S. 173-200).<br />

Rostock: Universität Rostock.<br />

Dipl.-EW Ulrike Stave und Prof. Dr. Christoph Perleth<br />

info@odysseus-projekt.de<br />

Zufriedenheit mit der Beratung<br />

Seit November 2002 werden Fragebögen zur Evaluation der Beratungstätigkeit<br />

in der Regel vier bis sechs Wochen nach dem Abschlussgespräch<br />

an unsere Klienten verschickt. In dem Fragebogen können die<br />

Eltern und auch die Kinder "Noten" für verschiedene Aspekte der Beratung<br />

vergeben (Rücklauf: 39 Prozent mit stark steigender Tendenz in<br />

der letzten Zeit).<br />

Ulrike Stave,<br />

hauptamtliche Mitarbeiterin der Beratungsstelle,<br />

bei einer Testdurchführung<br />

9<br />

Foto: Perleth


01 AUFMERKSAMKEITSSTÖRUNG<br />

UND MOTORISCHE UNRUHE<br />

Hochbegabung oder ADHS<br />

Die Beurteilung einer intellektuellen Hochbegabung oder besonderen<br />

Begabung ist unter anderem ein metrisches Ergebnis. Durchschnittlich<br />

intelligente Menschen haben einen Intelligenzquotienten (= IQ) zwischen<br />

85 und 114 (Prozentrang 16-83), überdurchschnittliche intellektuelle<br />

Begabungen liegen zwischen 115 und 129 (Prozentrang 84-97). Bei einem<br />

IQ ab 130 (Prozentrang >98) spricht man von Hochbegabung.<br />

In Deutschland gibt es gemäß der Gauss’schen Verteilungskurve etwa<br />

1,5 Mio. überdurchschnittlich intelligente (IQ =115) und ca. 365 000 hoch<br />

begabte Kinder. Ab dem 3. Lebensjahr sind neben entwicklungspsychologischen<br />

auch testpsychologische Untersuchungen von intellektuellen<br />

Leistungsmerkmalen möglich.<br />

Das modifizierte Begabungsmodell von Heller et al. (1994) macht deutlich,<br />

dass die tatsächliche Leistungsfähigkeit von vielen verschiedenen<br />

Faktoren beeinflusst wird, weshalb es zur Diagnostik nicht ausreicht,<br />

nur die intellektuellen Fähigkeiten zu untersuchen. Das eigentliche intellektuelle<br />

Potenzial und nicht nur die gezeigte Leistungsfähigkeit ist<br />

die Grundlage für die spätere Beratung.<br />

Ca. 15% der hoch Begabten sind so genannte "underachiever", Menschen,<br />

die ihr Potenzial nicht in durchschnittliche Leistungsfähigkeit umsetzen<br />

können; für sie ist es besonders bedeutsam, als hoch begabt<br />

identifiziert zu werden.<br />

Bei Kindern beobachtet man auch unabhängig von der gezeigten<br />

Leistungsfähigkeit häufig Langeweile, Unkonzentriertheit und Störverhalten<br />

im Unterricht, wenn das schulische Angebot nicht ihrem kognitiven<br />

Niveau entspricht. Mädchen sind häufig angepasster, so dass<br />

ihre hohe Begabung oft spät entdeckt wird. Gelegentlich versuchen sie<br />

ihr Leistungsniveau bewusst dem Durchschnitt anzupassen, um nicht<br />

aufzufallen.<br />

Im Falle von Verhaltensauffälligkeiten kann die Phänomenologie der<br />

Symptome einer Aufmerksamkeitsstörung (Konzentrationsstörung,<br />

Impulsivität, motorische Unruhe) und einer Unterforderung identisch<br />

sein. Dann ist eine sorgfältige Diagnostik wichtig, um zwischen Krankheit<br />

und Unterforderung unterscheiden zu können.<br />

Das Vorkommen eines ADS bei Hochbegabung kann erhebliche diagnostische<br />

Probleme bereiten. Die Konzentrationsstörung kann teilweise<br />

besser kompensiert werden, weniger die Impulsivität und die ev. vorhandene<br />

motorische Unruhe. Häufig sind zusätzlich Arbeitsorganisationsstörungen<br />

vorhanden, die ihren Ursprung sowohl in der hohen<br />

Begabung als auch in der Aufmerksamkeitsstörung haben können.<br />

Wenn begleitend Teilleistungsschwächen, akustische oder visuelle Differenzierungsschwächen<br />

oder eine Entwicklungsdyspraxie vorliegen, so<br />

ist der Leidensdruck bei hoch begabten Kindern häufig groß, da sie in<br />

der Regel über eine sehr gute Selbsteinschätzung verfügen. Auch ist ihr<br />

Leistungsanspruch höher und die Diskrepanz zwischen "Wollen" und<br />

"Können" führt nicht selten zu sekundären<br />

Neurotisierungen, hier<br />

vor allem zu depressiven Entwicklungen.<br />

Die bisher unveröffentlichte<br />

Untersuchung einer kinderund<br />

jugendpsychiatrischen Inanspruchnahmepopulation<br />

bei Fragen zur Diagnostik und Beratung in Bezug<br />

auf Hochbegabung ergab ein 2-3fach erhöhtes Risiko für das Auftreten<br />

eines ADS. Ebenso zeigte sich ein deutlich erhöhtes Risiko für die<br />

Entwicklung einer depressiven Erkrankung, meist im Rahmen einer<br />

Anpassungsstörung. Auch das Vorkommen einer Entwicklungsdyspraxie<br />

war bei den hoch begabten Kindern häufiger als in der Normalbevölkerung.<br />

Diese Ergebnisse sind vor dem Hintergrund des kinder- und<br />

jugendpsychiatrischen Patientengutes zu sehen, keinesfalls kann allgemein<br />

auf ein höheres Risiko von psychischen Erkrankungen bei hoch begabten<br />

Kindern geschlossen werden.<br />

Auffällig war auch, dass die Diagnosestellung der Teilleistungsschwächen<br />

und motorischen Schwächen häufig relativ spät erfolgt war. Möglicherweise<br />

war die Umwelt aufgrund der intellektuellen Gewandtheit<br />

der Kinder weniger aufmerksam, Defizitäres wahrzunehmen (Bachmann,<br />

2005).<br />

In der Literatur gibt es über das gehäufte Vorkommen eines ADS bei<br />

Hochbegabung verschiedene Aussagen. Einige Autoren sprechen von einem<br />

3-fach erhöhten Risiko (Kim, 2003), andere von einer eher generell<br />

protektiven Wirkkomponente psychischen Störungen gegenüber.<br />

Die Diagnostik und Differentialdiagnostik von Hochbegabung und ADS<br />

erfordert Erfahrung in beiden Bereichen, da die Phänomenologie sehr<br />

einheitlich sein kann. Eine frühzeitige Intervention in beiden Fällen und<br />

ihrer etwaigen Kombination ist wichtig, um Spätfolgen, wie sekundäre<br />

Neurotisierung, zu verhindern. Bereits im Kindergartenalter sollten<br />

im Bedarfsfall differenzierte diagnostische Schritte eingeleitet werden.<br />

Literatur<br />

> Bachmann M. (2005) Hochbegabung und psychische Störungen im Kindes- und<br />

Jugendalter (unveröffentlicht)<br />

> Fütty P., Bachmann M. (2005) Hochbegabung und psychische Störungen des<br />

Kindes- und Jugendalters - ein Literaturreview. Poster auf dem XXIX. Kongress<br />

der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik<br />

und Psychotherapie, Heidelberg<br />

> Kim J., (2003) Diagnosis of ADHD among gifted children in relation to KEDI-<br />

WISC and T.O.V.A. performance<br />

Dr. med. Miriam Bachmann, Privatpraxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

und -psychotherapie in Hamburg, Tätigkeitsschwerpunkt: Begabung<br />

und Hochbegabung, analytische Paar- und Familientherapie:<br />

http://www.praxis-drbachmann.de<br />

Dr. med. Miriam Bachmann<br />

m.bachmann@praxis-drbachmann.de<br />

newsletter12 . 01.2006 . 10


02 Das özbf vor neuen Herausforderungen<br />

02 <strong>DAS</strong> <strong>ÖZBF</strong> <strong>VOR</strong><br />

<strong>NEUEN</strong> HERAUSFORDERUNGEN<br />

Internationale Kontakte zeigen uns, dass die Begabtenförderung und<br />

Begabungsforschung als aktuelle Themen Einzug gefunden haben in das<br />

öffentliche und politische Denken Europas. Auch in Österreich hat die<br />

Begabtenförderung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht.<br />

Schulen, Vereine und andere Institutionen bieten heute eine breite Palette<br />

von Maßnahmen zur Begabtenförderung. Beispiele sind u.a. e-learning-Kurse,<br />

Talentförderkurse, pullout-Kurse, Sommerakademien oder<br />

das Programm "Schüler/innen an die Unis". Viele Schulen setzen darüber<br />

hinaus begabungsfördernde Maßnahmen im regulären Unterricht.<br />

Engagierte Lehrerinnen und Lehrer bieten differenzierten und sogar individualisierten<br />

Unterricht.<br />

Einen großen Schritt in eine neue Richtung stellt der Fördererlass<br />

2005/11 des Bundesministeriums vom November 2005 (GZ BMBWK-<br />

36.300/0068-BMBWK/2005) dar, nach dem Schulen verpflichtet sind,<br />

ein standortbezogenes Förderkonzept - auch für besonders Begabte - zu<br />

erstellen. Begabtenförderung wird nun als Teil des Selbstverständnisses<br />

jeder Schule eingefordert und soll sowohl in die Schulorganisation<br />

als auch in die Gestaltung des Unterrichts verpflichtend eingeplant<br />

werden.<br />

Das Team des Österreichischen Zentrums für Begabtenförderung und<br />

Begabungsforschung freut sich über diese äußerst positive Entwicklung<br />

und stellt sich gerne den vielfältigen Herausforderungen. Als nationales<br />

Zentrum verstehen wir uns als Informationsplattform und Impulsgeber<br />

für innovative Maßnahmen zur Begabungs- und Begabtenförderung.<br />

Darüber hinaus ist es unser Ziel, bestehende Aktivitäten,<br />

Initiativen und Institutionen österreichweit zu vernetzen. Unsere internationalen<br />

Kontakte und Kooperationen liefern uns zusätzliche wertvolle<br />

Anregungen und Kooperationsmöglichkeiten für die Weiterentwicklung<br />

der Begabungs- und Begabtenförderung in Österreich. In<br />

Zusammenarbeit mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftern aus<br />

dem In- und Ausland stellen wir eine Verbindung zwischen dem aktuellen<br />

Stand der Begabungsforschung und der pädagogischen Praxis her.<br />

Als eine unserer Hauptaufgaben sehen wir es an, durch Information über<br />

das Thema (Hoch-) Begabung Vorurteile auszuräumen und Missverständnissen<br />

vorzubeugen. Mithilfe unserer Homepage, dem periodisch erscheinenden<br />

newsletter sowie diversen anderen Publikationen informieren<br />

wir über begabungs- und begabtenfördernde Maßnahmen an<br />

Schulen und anderen Bildungsinstitutionen, über Ansprechpartner/innen<br />

und Aktivitäten in den Bundesländern, über Forschungsergebnisse<br />

und neuere empirische Befunde sowie über nationale und internationale<br />

Veranstaltungen und Kongresse. Unsere Best-Practice-Datenbank<br />

bietet eine Möglichkeit für Lehrer/innen, Schulleiter/innen und Vereine,<br />

Beispiele der Begabungs- und Begabtenförderung auszutauschen. Ein<br />

Lehrmittelpool wird über erprobte Lehrmittel und Literatur informieren,<br />

und mit einem Referentenpool<br />

wird eine Liste von Referentinnen<br />

und Referenten für Fortund<br />

Weiterbildung zur Verfügung<br />

stehen (beide in Arbeit).<br />

Eine weitere Säule unserer<br />

Tätigkeit bildet die Begabungsdiagnostik und Beratung. Ein neues<br />

Aufgabengebiet des özbf ist die Unterstützung des bm:bwk bei der<br />

Koordinierung von Olympiaden und Wettbewerben.<br />

Die Konzeption, Unterstützung und Evaluierung von Pilotprojekten zu begabungsfördernden<br />

Maßnahmen ist ebenso ein Anliegen des özbf. Im<br />

Bereich der Begabungsforschung können wir auf die Expertise eines wissenschaftlichen<br />

Beirates zurückgreifen. Darüber hinaus besteht eine intensive<br />

Kooperation mit verschiedenen Universitäten und Forschungsinstitutionen.<br />

Unsere vorwiegenden Forschungsinteressen liegen in der<br />

Untersuchung der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von Fördermodellen.<br />

Neben der wissenschaftlichen Evaluierung des Projektes ELCAD (in<br />

Kooperation mit der Universität Rostock) läuft derzeit ein Forschungsprojekt<br />

der Ludwig-Maximilians-Universität München, das zum Ziel hat,<br />

die Interaktion von Schüler/innen-Merkmalen und schulischen Förderkontexten<br />

(separierte Hochbegabtenklassen, reguläre Gymnasialklasse)<br />

zu untersuchen. Die Studie wird an der Sir-Karl-Popper-Schule und<br />

am Wiedner Gymnasium in Wien durchgeführt. Gemeinsam mit der<br />

Universität Rostock und der LMU München wird überdies daran gearbeitet,<br />

mittels Elternfragebögen typische Merkmale von (hoch) begabten<br />

Kindern zu eruieren und im Zuge dieser Untersuchung die diversen<br />

Checklisten zur Identifizierung von (Hoch-)Begabung einer kritischen<br />

Prüfung zu unterziehen.<br />

Internationale Tagungen und Kongresse bieten stets eine hervorragende<br />

Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und Wissenserwerb. Das özbf<br />

veranstaltet alle zwei Jahre einen internationalen Kongress mit jeweils<br />

unterschiedlichen Schwerpunktthemen. Die nächste Tagung wird im<br />

November 2006 stattfinden und die Problematik der hoch begabten<br />

Underachiever zum Thema haben.<br />

11


Da Begabtenförderung nur dann eines Tages zur Selbstverständlichkeit<br />

werden kann, wenn Lehrer/innen und Eltern gleichermaßen für das Thema<br />

Begabung und Hochbegabung sensibilisiert und geschult werden, engagiert<br />

sich das özbf auch in der Lehrer/innen-Fortbildung sowie im<br />

Training und in der Beratung von Eltern. In diesem Zusammenhang haben<br />

wir gemeinsam mit der Donau-Universität Krems ein Masterstudium<br />

MSc in Gifted Education konzipiert. Ebenso wurde am Pädagogischen<br />

Institut in Salzburg unter Mitwirkung des özbf ein Akademielehrgang für<br />

Begabtenförderung ins Leben gerufen. Für Sommer 2006 planen wir ein<br />

internationales Teacher-Trainingscamp, zu dem in erster Linie Lehrer/innen<br />

aus den neuen EU-Mitgliedsländern und Österreich eingeladen werden.<br />

Um Eltern im Umgang mit ihren hoch begabten Kindern zu unterstützen,<br />

veranstalten wir regelmäßig Elterntrainings (<strong>KLIKK</strong>), die von<br />

einem Team der Begabungspsychologischen Beratungsstelle der Ludwig-<br />

Maximilians Universität in München durchgeführt werden. Darüber hinaus<br />

organisiert das özbf im Bundesland Salzburg (gemeinsam mit den<br />

Bezirkskoordinatorinnen für Begabtenförderung) Elternclubs, die den<br />

Eltern die Möglichkeit für Erfahrungs- und Wissensaustausch geben und<br />

ihnen Fachwissen zu spezifischen Problemgebieten liefern.<br />

Zur Unterstützung von Schulleiterinnen und Schulleitern, Lehrerinnen<br />

und Lehrern bei der Entwicklung und Organisation einer begabungs- und<br />

begabtenfördernden Lernkultur haben wir eine Broschüre mit dem<br />

Titel "Schulentwicklung durch Begabungs- und Begabtenförderung" erstellt.<br />

Sie bietet kurz und übersichtlich Informationen über die Grundprinzipien<br />

einer begabtenfördernden Lernkultur, über mögliche Fördermaßnahmen<br />

und die notwendigen Schritte zur Implementierung einer<br />

begabungsfördernden Schulorganisation. Eine Beschreibung von wichtigen<br />

Begriffen der Begabtenförderung und Begabungsforschung hilft<br />

bei Unklarheiten. Wir planen eine Fortsetzung in dieser Richtung in Form<br />

einer Broschüre über die Didaktik der Begabtenförderung.<br />

Angesichts dieser Vielfalt an Aufgaben und Vorhaben ist es uns eine<br />

Freude, dass es uns dank der Unterstützung des bm:bwk und des Landes<br />

Salzburg gelungen ist, räumlich und personell zu expandieren. Wir sind<br />

im September dieses Jahres in das Gebäude des Techno-Z übersiedelt,<br />

wo uns großzügige Büro- und Seminarräume zur Verfügung stehen. Der<br />

Umzug hat es schließlich auch ermöglicht, zusätzliche Mitarbeiter/innen<br />

aufzunehmen. Diese neuen Gegebenheiten sind eine Chance für<br />

uns, unserem Auftrag noch besser gerecht zu werden.<br />

Im Namen des özbf möchten wir uns bei dieser Gelegenheit ganz herzlich<br />

beim Bildungsministerium und beim Land Salzburg für die Unterstützung<br />

bedanken!<br />

waltraud.rosner@ begabtenzentrum.at<br />

walburga.weilguny@ begabtenzentrum.at<br />

Im Folgenden geben wir unseren neuen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern Gelegenheit, sich selbst vorzustellen:<br />

Barbara Egger-Schlewitz: Ich arbeite seit<br />

Oktober dieses Jahres am özbf und meine<br />

Aufgabe ist es u.a., das bm:bwk bei der Koordination<br />

bzw. Evaluation der Schüler/innenwettbewerbe<br />

und Olympiaden an österreichischen<br />

Schulen zu unterstützen. Begeisterungsfähige<br />

Schüler/innen sollen durch diese<br />

Maßnahme der Begabtenförderung die Möglichkeit<br />

erhalten, sich über den Regelunterricht hinaus in verschiedenen<br />

Bereichen weiterzubilden und ein hohes Niveau zu erreichen.<br />

Nachmittags unterrichte ich an meiner Stammschule, dem Privatgymnasium<br />

der Herz-Jesu-Missionare, sowie am Eb. Privatgymnasium Borromäum<br />

Spanisch und Italienisch und bin als Erzieherin im Tagesheim tätig.<br />

Der Kontakt mit Menschen und der gegenseitige Erfahrungsaustausch<br />

sind mir ein sehr großes Anliegen und bereiten mir viel Freude. Derzeit<br />

besuche ich den Akademielehrgang Begabungs- und Begabtenförderung<br />

am PI Salzburg.<br />

barbara.egger@begabtenzentrum.at<br />

Silvia Friedl: Ich habe die Fächer Russisch<br />

und Französisch studiert und arbeite seit<br />

September 2005 am özbf. Unter anderem<br />

bin ich für das Programm "Schüler/innen an<br />

die Unis" und die Organisation des "Teacher-<br />

Trainingscamps" im Sommer 2006 zuständig.<br />

Außerdem bin ich in dem für mich sehr<br />

spannenden Bereich Didaktik der Begabtenförderung<br />

tätig. Die Arbeit am özbf stellt für mich eine neue Herausforderung<br />

dar. Derzeit besuche ich den Lehrgang MSc Gifted Education<br />

an der Donau-Universität Krems und den Akademielehrgang "Begabungs-<br />

und Begabtenförderung" am PI Salzburg.<br />

silvia.friedl@begabtenzentrum.at<br />

Linda Huber: Ich habe Anglistik, Amerikanistik,<br />

Philosophie, Psychologie und Pädagogik<br />

an der Paris-Lodron-Universität in Salzburg<br />

studiert und arbeite seit September<br />

2005 am özbf. Hier bin ich im pädagogischen<br />

Bereich tätig. Meine Aufgabengebiete umfassen<br />

hauptsächlich die Betreuung des<br />

Oststaatenforums und der Homepage. Es<br />

freut mich, dabei meine Erfahrungen mit Fremdsprachen und unterschiedlichen<br />

Kulturen bei unseren internationalen Kontakten einfließen lassen<br />

zu können. Weiters arbeite ich am Forschungsprojekt "Big-Fish-Little-<br />

Pond-Effekt" an der Sir-Karl-Popper-Schule und am Wiedner Gymnasium<br />

(in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität, München) sowie<br />

an der Best Practice Datenbank mit. So wie meine Kollegin Silvia<br />

Friedl nehme ich derzeit am Lehrgang MSc Gifted Education an der Donau<br />

Universität Krems und am Akademielehrgang "Begabungs- und Begabtenförderung"<br />

am PI Salzburg teil. linda.huber@begabtenzentrum.at<br />

newsletter12 . 01.2006 . 12


02 Das özbf vor neuen Herausforderungen<br />

Kurt Vösenhuber: Nach dem Lehramtsstudium<br />

an der Universität Salzburg (Deutsch<br />

und Geschichte) unterrichtete ich mit Begeisterung<br />

und Engagement zehn Jahre lang am<br />

BG/SportRG (HIB) Saalfelden. Dort war ich<br />

auch Bibliothekar und in dem der Schule angeschlossenen<br />

Vollinternat Erzieher. Am<br />

özbf umfasst mein Aufgabenbereich insbesondere<br />

die Schulentwicklung im Hinblick auf die Begabungs- und<br />

Begabtenförderung und den Aufbau einer multimedialen Bibliothek.<br />

Derzeit besuche ich den Akademielehrgang Begabungs- und Begabtenförderung<br />

am PI Salzburg. kurt.voesenhuber@begabtenzentrum.at<br />

Wolfgang Klebel: Nach dem Studium der<br />

Mathematik, Philosophie, Psychologie und<br />

Pädagogik in Salzburg arbeitete ich als Programmierer<br />

für ein österreichisches Versicherungsunternehmen.<br />

Da mein Interesse<br />

immer dem Unterrichten galt, ergriff ich<br />

nach diesem Ausflug in die Privatwirtschaft<br />

den Lehrberuf. Bis 2005 war ich als Erzieher<br />

und Lehrer im Werkschulheim Felbertal tätig.<br />

Seit einigen Jahren beschäftige ich mich intensiv mit der Webprogrammierung<br />

in PHP. Es freut mich sehr, dass ich diese Kenntnisse nun<br />

im özbf mit in das neue Team einbringen kann. w.klebel@gmx.at<br />

Bettina Plakolm: Nach der Karenzzeit zu<br />

meinem zweiten Kind habe ich mit November<br />

als Teilzeitsekretärin begonnen. Neben<br />

allgemeinen administrativen Tätigkeiten<br />

umfasst mein primärer Aufgabenbereich<br />

die organisatorische Unterstützung des 5.<br />

Internationalen Salzburger Kongresses 2006<br />

zum Thema hoch begabte Underachiever.<br />

Ich bin sehr glücklich im Bereich Bildung tätig zu sein, viel mit Menschen<br />

zu tun zu haben und sehe der neuen Herausforderung äußerst positiv<br />

entgegen.<br />

bettina.plakolm@begabtenzentrum.at<br />

Alice Hofer-Sieghart: Nach dem Studium<br />

der Germanistik und Romanistik (Französisch)<br />

an der Leopold-Franzens-Universität<br />

in Innsbruck und einem Auslandsjahr am<br />

Lycée Ambroise Paré in Laval (Frankreich)<br />

unterrichtete ich zuerst an der B-HAK Linz-<br />

Auhof. Es folgte eine kurze Karenzpause,<br />

dann die Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit<br />

in der Erwachsenenbildung: zuerst am Wifi Salzburg, seit 1992 am<br />

Abendgymnasium in Salzburg. Vor einem Jahr habe ich zusätzlich am<br />

özbf die vakante Stelle in der Redaktion des newsletters übernommen.<br />

In Zusammenarbeit mit Mag. Gerhard Pusch bin ich für die inhaltliche<br />

Gestaltung des newsletters verantwortlich.<br />

newsletter@begabtenzentrum.at<br />

Ulrike Kempter: Ich bin: auch nach 30<br />

Dienstjahren noch immer begeistert von<br />

der Aufgabe des Unterrichtens (Deutsch,<br />

Englisch) und des Zusammenseins mit jungen<br />

Menschen am Oberstufenrealgymnasium<br />

Bad Leonfelden,<br />

ich habe: am PI Linz die Aufgabe, als ARGE-<br />

Leiterin der ECHA-Lehrer/innen der AHS für<br />

Fortbildung in diesem Bereich zu sorgen, dazu die ECHA-Lehrgänge und die<br />

Sommerakademie für Begabte der Oberstufe zu leiten,<br />

ich bin am özbf zuständig für den Aufbau eines Lehrmittel- und Fachbuch-<br />

und Referentenpools, die Organisation eines internationalen<br />

Teacher-Trainingscamps, die Mitbetreuung des Akademielehrgangs sowie<br />

die Mitentwicklung einer Didaktik der Begabtenförderung und Seminaren<br />

dazu. Am nächsten Kongress werde ich einen Pfad für Lehrer/<br />

-innen der AHS anbieten.<br />

ulrike.kempter@gmx.at<br />

02 DER NEUE WISSEN-<br />

SCHAFTLICHE BEIRAT<br />

Prof. Willi Stadlmann<br />

Prof. Dr. Willi Stadelmann, geboren 1945<br />

in Bern. Studium der Chemie, Biochemie<br />

und Physik an der Universität Bern. Promotion<br />

zum Dr. phil. nat. (Chemie, Biochemie)<br />

1972. Anschließend Studien in Entwicklungs-<br />

und Pädagogischer Psychologie<br />

sowie in Pädagogik in Bern und Freiburg<br />

(Schweiz). Gymnasiallehrerdiplom. Tätigkeit als Gymnasiallehrer und<br />

1980 - 1987 als Gymnasialrektor. 1988 - 1997 Amtsvorsteher (Chef<br />

Bildungsfragen) an der Erziehungsdirektion des Kantons Bern. 1998 -<br />

2002 Leiter der Bildungsplanung Zentralschweiz (pädagogische<br />

Stabsstelle der Bildungsdirektorenkonferenz Zentralschweiz). Seit 1. 4.<br />

2002 Direktor der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz (PHZ).<br />

Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />

(SGL). Mitglied der Schweizerischen Maturitätskommission.<br />

Dr. Stadelmann arbeitet seit über 30 Jahren auf dem Gebiet der Neuropsychologie<br />

mit dem Ziel, Ergebnisse der Hirnforschung für Unterricht und<br />

Schule nutzbar zu machen. Publikationen zu den Themen Lernen,<br />

Intelligenz, Frühförderung und Lebenslanges Lernen, Begabungsförderung,<br />

Qualitätsentwicklung, Schulentwicklung. willi.stadelmann@phz.ch<br />

13


03 KONGRESS 2006<br />

VERSTECKT - VERKANNT - VERBORGEN<br />

Erkennen und Fördern hoch begabter Underachiever<br />

5. Internationaler Salzburger Kongress zu Fragen der Hochbegabtenförderung<br />

Zeit: 9. November 2006 (ab 18h00) - 11. November 2006 (bis 12h30) in Salzburg<br />

Programm: Neben Hauptvorträgen internationaler Expertinnen und Experten wird ein Großteil des Programms<br />

in speziellen Workshops bzw. Vortragsreihen in thematischen Kleingruppen angeboten.<br />

Information und Voranmeldung: kongress2006@begabtenzentrum.at<br />

www.begabtenzentrum.at<br />

Das özbf lädt vom 9. bis 11. November 2006 zum 5. Internationalen Kongress zur Begabtenförderung nach Salzburg ein. Im Fokus dieses Kongresses steht<br />

die Situation hoch begabter Kinder und Jugendlicher mit Lern- und Verhaltensschwierigkeiten bzw. sozialen und emotionalen Beeinträchtigungen im<br />

Spannungsfeld zwischen Schule, Eltern und Gesellschaft. Eine wachsende Anzahl fachspezifischer Tagungen zeigt die zunehmende Bedeutung dieser sehr<br />

speziellen Aspekte der Hochbegabtenförderung.<br />

In den letzten Jahren wurde es zunehmend gesellschaftspolitisch konsensfähig, dass hoch begabte Kinder und Jugendliche aufgrund ihrer hohen intellektuellen<br />

Leistungsfähigkeit besonderes Verständnis und auch besondere Hilfe benötigen.<br />

Etwas anders liegt der Fall bei hoch begabten Underachievern (im weitesten Sinn). Trotz wachsender Bewusstwerdung der Problematik sind noch wenige zielgerichtete<br />

Aktivitäten und Impulse gesetzt worden.<br />

Kindern und Jugendlichen mit "double exceptionality" eine angemessene Betreuung zugute kommen zu lassen bedeutet:<br />

> die Existenz dieser Probleme zu erkennen<br />

> die eigene Erziehungs- und Betreuungsarbeit auch auf diesen Umstand hin auszurichten<br />

> die existierenden Einrichtungen und betroffenen Fachkräfte organisatorisch, inhaltlich und methodisch auf diese zusätzliche Aufgabe vorzubereiten<br />

Die Beschäftigung mit "double exceptionality" wird zwangsläufig einige wichtige Fragestellungen mit sich bringen:<br />

> Wie begegnet man diesen Phänomenen angemessen im Vorschulalter (Kindergarten)?<br />

> Erfolgt die Einschulung in unserem Bildungswesen flexibel genug?<br />

> Inwieweit helfen im Grundschulalter leistungsdifferenzierende Maßnahmen? Stellt "Überspringen" eine Lösung dar?<br />

> In welchem Zusammenhang steht ADHS? Welche Schnittstellen zur Hochbegabtenförderung existieren?<br />

> Inwieweit lassen sich Legasthenie und Dyskalkulie in ihren Auswirkungen mindern?<br />

> Welche Beratungs- und Hilfsorganisationen stehen zur Verfügung?<br />

> Welche Instrumente sind für eine Diagnose und richtige Beratung geeignet?<br />

> Sind in unseren Schulen ausreichend Personen vorhanden, die sich der Thematik der Underachiever speziell annehmen?<br />

> Welche Art von Förderdiagnostik greift bei "Underachievern"?<br />

Der Kongress richtet sich in seinen Inhalten im Besonderen an folgende Personengruppen:<br />

> Schulpsychologinnen und -psychologen<br />

> Fachärztinnen/-ärzte und Schulärztinnen/-ärzte<br />

> Kindergärtner/innen<br />

> Lehrer/innen aller Schularten<br />

> Bildungsexpertinnen und -experten und Wissenschaftler/innen im<br />

Bereich der Universität, der Pädagogischen Institute und Akademien,<br />

der Schulaufsicht und der Beratungszentren<br />

> Interessierte und betroffene Eltern<br />

Mag. Gerhard PUSCH<br />

g.pusch@abendgymnasium.salzburg.at


04 "World Council on Gifted and Talented Children"<br />

04 DER WELTVEREIN "WORLD COUNCIL<br />

ON GIFTED AND TALENTED CHILDREN"<br />

Interview mit dem Past President Klaus K. Urban<br />

PUSCH: Sehr geehrter Past President! Lieber Klaus!<br />

Wir kennen einander seit der Weltkonferenz 1987 in Salt Lake City. Du<br />

warst damals Vizepräsident des Weltvereines (World Council for Gifted and<br />

Talented Children - www.WorldGifted.ca) und hast schon vorher seit 1979<br />

und seither seine Entwicklung begleitet. 2001-2005 warst du Präsident und<br />

hast bei der Weltkonferenz im August in New Orleans (siehe auch im<br />

newsletter des özbf, Nr. 11, S. 25-27) eine vitale Organisation an deinen<br />

Nachfolger aus Taiwan übergeben. Wofür steht diese Organisation, wie<br />

viele Mitglieder hat sie und welche Länder sind vertreten?<br />

URBAN: Der World Council ist im Grunde ein weltweites Netzwerk von<br />

Personen, die sich als Wissenschaftler/innen und Forscher/innen, als<br />

Psychologinnen und Psychologen, Lehrer/innen, Erzieher/innen oder<br />

Berater/innen, als Bildungsadministratorinnen und -administratoren oder<br />

auch als Eltern für die Belange hoch begabter Kinder und Jugendlicher<br />

interessieren und einsetzen. Der World Council hat in der Regel zwischen<br />

450 und 850 Mitglieder (je nach zeitlicher Nähe zu einer<br />

Weltkonferenz), die aus etwa 40 bis 50 Ländern stammen.<br />

PUSCH: Welche wichtigen internationalen Aktivitäten wurden durch<br />

den Weltverein gesetzt? Was sollten alle national Verantwortlichen für<br />

die Zukunft beachten?<br />

URBAN: Neben den regelmäßigen Publikationen, dem dreimal im<br />

Jahr erscheinenden Newsletter und dem halbjährlich erscheinenden<br />

wissenschaftlichen Journal, sind die seit 1975 alle zwei Jahre stattfindenden<br />

Weltkonferenzen die Hauptaktivitäten des World Council. Hier<br />

ist wirklich ein fruchtbringender weltweiter Austausch von Erfahrungen<br />

und Erkenntnissen möglich, der auch über die kurze Dauer der<br />

Konferenzen hinausgeht und internationale Kontakte knüpft und festigt.<br />

Meist werden die wichtigsten Konferenzvorträge in Proceedings festgehalten.<br />

Als Gesamtorganisation hat der World Council direkt in einzelnen<br />

Ländern wohl wenig Einflussmöglichkeiten, aber er versucht seine<br />

Mitglieder, insbesondere die gewählten "Delegates", anzuregen und<br />

aufzufordern, sozusagen mit dem World Council im Rücken, in ihren jeweiligen<br />

Heimatländern aktiv zu werden. Die Verantwortlichen in den<br />

Ländern sollten noch stärker auf den internationalen Erfahrungen aufbauen<br />

und nicht in jedem Land "das Rad neu erfinden" wollen; das gilt<br />

verstärkt für die Teilländer in föderal regierten Staaten.<br />

URBAN: Aus Taiwan kommen schon seit vielen Jahren immer große<br />

Teilnehmer/innengruppen zu den Weltkonferenzen. Mit koreanischen<br />

Lehrerinnen und Lehrern hat der World Council jetzt schon zum zweiten<br />

Mal ein Lehrer/innentraining durchgeführt; dort ist auch das öffentliche<br />

und elterliche Interesse an Begabungsförderung sehr groß. Das<br />

Gleiche gilt für Singapur, das sich auch um die Ausrichtung der<br />

Weltkonferenz 2009 bewirbt. In Thailand ist unter der Schirmherrschaft<br />

des Ministerpräsidenten ein nationales Center entstanden. China hat<br />

schon eine längere Tradition mit Spezialschulen und ist auch regelmäßig<br />

auf Weltkonferenzen vertreten. Wie alle anderen Nationen kann<br />

aber gerade auch China sich nicht leisten, auf die Fähigkeiten seiner begabtesten<br />

jungen Menschen zu verzichten.<br />

PUSCH: Nach wie vor gibt es keine eigene Position zur Hochbegabtenförderung<br />

in Japan oder irre ich mich?<br />

URBAN: In Japan gab es in den 70er Jahren eine starke Bewegung, die<br />

Begabtenförderung auf der Grundlage des Intelligenz-Strukturmodells<br />

von J. P. Guilford organisierte. Heutzutage ist von Japan in dieser<br />

Hinsicht wenig bekannt, typischerweise lassen auch die Beteiligung an<br />

Weltkonferenzen und die Mitgliedschaften im World Council sehr zu<br />

wünschen übrig.<br />

PUSCH: Welche Rolle für die Zukunft nimmt das Teachers Training<br />

Program des WCGTC ein?<br />

URBAN: Nach zweimaliger erfolgreicher Durchführung eines Teachers<br />

Training Program für koreanische Lehrer/innen in Kalifornien wird ein<br />

solches Training in dieser oder modifizierter Form sicher ausgebaut werden.<br />

Für ein Programm in den arabischen Golfstaaten, das dann allerdings<br />

vor Ort stattfinden soll, liegen schon weitreichende Pläne vor. Zur<br />

Zeit wird eine modulare, curriculare Modellstruktur entwickelt, die<br />

Grundlage und Qualitätsstandards für weitere Programme festlegen soll.<br />

PUSCH: Der Wechsel des Vorsitzes in den asiatischen Raum ist sicherlich<br />

kein Zufall. Den-Mo Tsai kommt aus Taiwan, Bangkok würde gerne<br />

eine Weltkonferenz veranstalten, auch in Südkorea gibt es eine Reihe<br />

von Aktivitäten. Welche Entwicklung findet im asiatischen Raum statt<br />

und welche Rolle darf man China in der Zukunft beimessen?<br />

Neuer Präsident Den-Mo Tsai<br />

überreicht Past President Klaus K. Urban den Distinguished Service Award<br />

15


PUSCH: Welche Aktivitäten vermisst du in Deutschland? Wo würdest<br />

du stärkere Akzente setzen? Findest du die zunehmende Anzahl an Spezialschulen<br />

positiv?<br />

URBAN: In den letzten zehn Jahren sind in den verschiedenen<br />

Bundesländern eine Vielzahl unterschiedlicher kleinerer und größerer<br />

Maßnahmen entwickelt worden, die kaum noch überschaubar sind.<br />

Während vor allem in der Lehrer/innenweiterbildung schon eine Reihe<br />

von Aktivitäten zu beobachten ist, bleibt in der Lehrer/innenausbildung<br />

nach wie vor zu bemängeln, dass Begabtenfindung und Begabungsförderung<br />

keinen obligatorischen Bestandteil des Ausbildungscurriculums<br />

darstellen. Auch die Einführung von Bachelor-Master-Studiengängen<br />

wird daran vermutlich nicht viel ändern, eher im Gegenteil,<br />

obwohl hier eine Chance wäre.<br />

Die unbefriedigende personelle und materielle Ausstattung erlaubt es<br />

vielen Schulen nicht, differenzierende Kurse und Aktivitäten anzubieten.<br />

Das mag auch dazu beitragen, dass leider bei einer ganzen Reihe<br />

von Schulen, die sich eigentlich explizit Begabungsförderung auf die<br />

Fahne geschrieben haben, Engagement und konkrete Maßnahmen nur<br />

Etiketten im Namen bleiben.<br />

Ein weiterer Ausbau von Spezialschulen ist für mich nur akzeptabel,<br />

wenn dadurch keine Barrieren für finanziell schwächer gestellte Kinder<br />

bzw. ihre Familien entstehen. Grundsätzlich gilt es aber, in allen<br />

Regelschulen die Strukturen und die Kompetenzen der Lehrkräfte so zu<br />

verbessern, dass ein qualitativ hochwertiger, begabungsfreundlicher und<br />

-fördernder Unterricht für alle Kinder angeboten werden kann.<br />

PUSCH: Klaus K. Urban als Wissenschaftler und Lehrer steht für mich<br />

für eine eingehende Beschäftigung mit "Kreativität" und "Frühförderung".<br />

Welche Schwerpunkte existieren in deiner derzeitigen Arbeit?<br />

URBAN: Das verfolgt mich immer noch: Zum einen die Weiterarbeit an<br />

und mit dem "Test zum Schöpferischen Denken - Zeichnerisch (TSD-Z)",<br />

die Entwicklung bzw. Ausarbeitung und Erprobung eines entsprechenden<br />

literal/verbalen Tests sowie eines Verfahrens, das auch kreatives<br />

Bewegungshandeln mit einschließt; zum anderen die Aufarbeitung der<br />

Follow-up-Untersuchungen der ehemaligen Kinder aus dem Vorschulprojekt<br />

von 1985-87 als zweiter Schwerpunkt.<br />

PUSCH: Verbesserte Ansätze zur Identifikation hoch Begabter waren<br />

immer ein zentraler Punkt deiner Arbeit. Was gibt es dazu zu sagen?<br />

URBAN: Zum einen muss die Erkennung hoch begabter Schüler/innen<br />

in der Schule verbessert werden; Lehrer/innen müssen sensibler für<br />

"Begabungssignale" werden. Sie müssen ihre Einstellungen und Kompetenzen<br />

dahingehend verändern, dass sie zunächst überhaupt erwarten,<br />

hoch begabte Kinder in ihren Klassen vorzufinden, dass sie dann<br />

Begabungssignale bemerken und als solche erkennen und dass sie<br />

schließlich besondere Begabungen anerkennen und wertschätzen.<br />

Zum anderen müssen die Maßnahmen und Instrumente für psychometrische<br />

Identifikation verbessert werden; wir erwarten diesbezüglich ja<br />

einige neue Verfahren in Deutschland, hoffentlich in Kürze. Allerdings<br />

hapert es gelegentlich an den Kompetenzen der Diagnostiker/innen; ich<br />

beobachte zunehmend, dass sich in diesem Feld "Diagnostiker/innen"<br />

betätigen, die nicht das nötige Hintergrundwissen und die Erfahrung im<br />

Umgang mit hoch Begabten haben.<br />

PUSCH: Aus Deutschland werden immer wieder die zwei bedeutenden<br />

Längsschnittsstudien von Perleth und Heller (München, 1994) bzw. von<br />

Rost (Marburg, 1993) für Aussagen herangezogen. Wie schätzt du die<br />

Bedeutung dieser beiden Studien ein?<br />

URBAN: Beide Studien gehören auch im internationalen Rahmen zu den<br />

wichtigsten Untersuchungen, die zur Zeit vorliegen.<br />

PUSCH: Der nächste Kongress des özbf in Salzburg trägt den Arbeitstitel<br />

"Hoch begabte Underachiever". Was würdest du uns für die<br />

Planung dieser Tagung ans Herz legen?<br />

URBAN: Bezüglich der Underachiever würde ich neben Psychologinnen/Psychologen<br />

als Fachleuten für Persönlichkeitsbildung und<br />

meist notwendige Selbstkonzeptstärkung versuchen, vor allem Didaktiker/innen<br />

anzusprechen, denn über das Interesse an der Sache können<br />

Underachiever wieder motiviert werden.<br />

PUSCH: Dr. Barbara Clark (California State University) sprach bei der<br />

Weltkonferenz in New Orleans von einem theoretischen Wandel im<br />

Intelligenzkonzept durch die neuesten Ergebnisse der neurobiologischen<br />

Forschung. Ihrer Ansicht nach führen diese zu einem Wechsel vom behavioristischen<br />

zu einem auf die Hirntätigkeit ausgerichteten Ansatz,<br />

denn sie vertritt die Ansicht: "Children are not born gifted, children are<br />

born with the potential of giftedness." Es gilt daher mehr Aufmerksamkeit<br />

den Prozessen im Gehirn während des Lernens zu widmen<br />

(newsletter des özbf, Nr.11/2005, S. 26).<br />

URBAN: Ich schätze Barbara Clark persönlich sehr und darf mich auch<br />

einen Freund nennen. Dennoch glaube ich zum einen, dass ein rein behavioristischer<br />

Ansatz nirgendwo mehr vertreten wird, und zum Zweiten<br />

habe ich den Eindruck, dass die Neuheit und der Erkenntniswert leicht<br />

überschätzt werden. Die neuen Erkenntnisse können vielleicht genauer<br />

sagen, was (und wie) im Hirn (etwas) beim Lernen passiert, wir können<br />

daraus aber noch keine Erklärungen ableiten, wie Lernen zu optimieren<br />

ist.<br />

PUSCH: Wie kann man Mitglied des Weltvereines werden? Welche<br />

Vorteile hat diese Mitgliedschaft?<br />

URBAN: In Kürze wird man sich direkt über das Web anmelden können.<br />

Der einfache Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf $ 50 für ein und auf $ 95<br />

für zwei Jahre. Ansonsten schickt man ein Anmeldeformular aus einem<br />

Newsletter oder Prospekt ein oder schreibt einfach eine E-Mail an das<br />

neue Headquarter in Kanada: worldgt@uwinnipeg.ca. Als Mitglied erhält<br />

man die genannten Publikationen sowie eine Ermäßigung bei der<br />

Konferenzgebühr.<br />

newsletter12 . 01.2006 . 16


05 Begabungsförderung<br />

PUSCH: Die nächste Weltkonferenz ist für den August<br />

2007 in England geplant. Für 2009 liegen Angebote von<br />

Singapur und Thailand vor. Wo werden da die inhaltlichen<br />

Schwerpunkte liegen?<br />

05 FÖRDERUNG IST NICHT<br />

GLEICH FÖRDERUNG<br />

Nicht Strukturen, sondern<br />

Haltungen machen den Unterschied<br />

URBAN: Die genauen Daten für England 2007 sind:<br />

5.-10. August in Warwick, mehr dazu über<br />

www.worldgifted2007.com. Für 2009 liegen zusätzlich<br />

noch "bids" von Südkorea und Kanada vor. Wo die Schwerpunkte liegen<br />

werden, kann man jetzt noch nicht sagen. Neben einer speziellen<br />

inhaltlichen Ausrichtung wird aber breit gefächert für jeden Interessierten<br />

sicher etwas dabei sein.<br />

PUSCH: Welche persönliche Botschaft würdest du an die ca. 5.000<br />

Leser/innen unseres newsletters richten?<br />

URBAN: Erstens: Die Befassung mit Hochbegabung ist kein exotisches<br />

Unterfangen, Sie befinden sich in guter internationaler Gesellschaft.<br />

Bereichern Sie diese durch Ihre Mitgliedschaft und Mitarbeit.<br />

Zweitens: Helfen Sie mit, dass es als normal angesehen wird, dass es<br />

hoch Begabte gibt; hoch Begabte sind normale Menschen, nur eben<br />

hoch begabt.<br />

PUSCH: Vielen Dank für das Interview.<br />

Das Interview mit Prof. Dr. Klaus K. URBAN führte Mag. Gerhard PUSCH<br />

KlausUrban@aol.com<br />

www.erz.uni-hannover.de/~urban<br />

Prof. Dr. Klaus K. Urban,<br />

Universität Hannover, Philosophische Fakultät, Institut für Sonderpädagogik,<br />

erhielt anlässlich der 16th World Conference des World<br />

Council for Gifted and Talented Children (www.WorldGifted.org) in New<br />

Orleans, USA, als scheidender Präsident den "Distinguished Service<br />

Award" und wurde zum "Distinguished Advisor" für das Executive<br />

Committee ernannt. Außerdem wurde er mit dem erstmals vergebenen<br />

Award des "Giftedness & Creativity Forum" augezeichnet (zusammen<br />

mit Prof. Dr. Renzulli, University of Conneticut, USA), und<br />

zwar "In appreciation and recognition of your leadership and outstanding<br />

contributions to the advancement of knowledge in the field of<br />

gifted education and to the development of the Wold Council for<br />

Gifted and Talented Children". Im Rahmen dieser Konferenz organisierte<br />

und leitete er ein internationales Panel zum Thema<br />

"Creativity in Today`s World: Current Research and Applications" und<br />

führte einen Workshop zum Thema "Creativity: Assessing, Challenging,<br />

Nurturing" durch.<br />

Recht auf Förderung<br />

Der Fördererlass des Ministeriums, nach dem alle Schulen ein Förderkonzept<br />

erstellen müssen, hat ein Signal in die richtige Richtung gesetzt.<br />

Es sieht so aus, als ob man endlich begriffen hätte, dass die Bevölkerung<br />

nicht in "Normalbürger", "Minderbemittelte" und "hoch Begabte" einteilbar<br />

ist, sondern dass jeder Mensch ein einzigartiges, mit einer oder<br />

mehreren partiellen (u.U. besonderen) Begabung(en) ausgestattetes<br />

Individuum ist. Der entscheidende Denk(fort)schritt besteht darin, dass<br />

die Förderung dieser partiellen Begabung(en) durch die Schule damit zu<br />

einer Art Grundrecht aufgewertet ist, auf das jeder Einzelne pochen<br />

kann. Der Begriff der Förderung erhält dadurch eine neue Dimension.<br />

Neue Bedarfsdefinition<br />

Hat man bisher beim Gedanken an Förderung, ausgehend vom gebannten<br />

Blick auf die Defizite (gewissermaßen auf die Löcher im Emmentaler),<br />

immer nur das Nachhelfen, die Krücke bei beschwerlichem<br />

Vorankommen im Auge gehabt, so beginnt sich nunmehr der ideologische<br />

Nebel zu lichten und die Aussicht auf eine neue Sichtweise frei<br />

zu geben: Aus dem oben Ausgeführten ergibt sich als logische Konsequenz,<br />

dass nicht begabungsadäquates Fortschreiten in einem beliebigen<br />

Teilbereich als zwingender Anlass verstanden werden muss, mit<br />

positiven Fördermaßnahmen dem von der Natur vorgegebenen Plansoll<br />

gerecht zu werden.<br />

Müssen - dürfen - die langjährig bewährten "Förderkurse" wirklich per<br />

definitionem ausschließlich der Krückenfunktion vorbehalten bleiben?<br />

Oder müssen sie nicht auch in gleicher Weise und mit der gleichen moralischen<br />

Notwendigkeit als Motoren dort eingesetzt werden, wo (um<br />

im Bild zu bleiben) ein an sich athletisch gebauter Körper durch permanentes<br />

Nichterbringen der Leistung, zu der er von der Natur geschaffen<br />

ist, zu verkrüppeln (und damit nicht nur sich selbst, sondern auch<br />

der Gesellschaft zur Last zu werden) droht? Ob der Grund für das<br />

Versagen in der eigenen Trägheit oder in einem Mangel an äußeren<br />

Anreizen gelegen ist, ist dabei völlig unerheblich. Handlungsbedarf ist<br />

in jedem Fall gegeben.<br />

Missbräuchliche Verwendung<br />

des Begriffes "Begabungsförderung"<br />

Dass "Begabungsförderung" in den letzten Jahren weltweit zum publicityträchtigen<br />

Schlagwort mutiert ist und infolgedessen heutzutage jede<br />

Schule, die etwas auf sich hält, selbige in ihrem Profil ausweist, ändert<br />

allerdings nur wenig am Grundproblem. Darf man allen Ernstes erwarten,<br />

dass das Angebot eines weiteren EDV- oder Rhetorik- oder Wasauch-immer-Kurses<br />

unter dem populär klingenden Etikett des "Enrichment"<br />

irgend etwas an der Not des - ebenfalls zur Modeerscheinung<br />

gewordenen - "Underachievers" ändert?<br />

17


Angebote müssen zum einen erst einmal angenommen werden. Dazu<br />

kommt, dass Angebote der oben beschriebenen Art nicht aus individuellen<br />

Lernsituationen heraus entstehen, sondern darauf ausgelegt<br />

sind, unterschiedliche Lerner/innentypen gleichzeitig auf dieselbe<br />

Weise mit denselben Inhalten zu "fördern". Den individuellen Bedürfnissen<br />

und partiellen besonderen Begabungen der/des Einzelnen kann<br />

dabei verständlicherweise nur in äußerst beschränktem Ausmaß<br />

Rechnung getragen werden.<br />

Nicht dass derartige Angebote nicht an sich begrüßenswert wären; aber<br />

indem sie die Lernenden dazu animieren, sich wie in einem Kaufhaus<br />

als Kundinnen/Kunden gleichsam umwerben zu lassen, fördern sie eher<br />

eine passive Konsummentalität. Hier von (Begabungs-)"Förderung" zu<br />

sprechen, ist ein glatter Etikettenschwindel.<br />

"Lebensgestaltendes Lernen"<br />

Richtig verstandene Begabungsförderung will aktive Selbststeuerung<br />

des Lernprozesses und Eigenverantwortung bei den Lernenden generieren<br />

und sie auf diese Weise befähigen, das eigene Leben bewusst zu<br />

gestalten. "Lebensgestaltendes Lernen" sollte jeder Schule als ultimatives<br />

Ziel vor Augen stehen. Ein so ehrgeiziger Anspruch kann aber nicht<br />

einfach durch zusätzliche Angebote oder strukturelle Veränderungen im<br />

Kleinen verwirklicht werden: Hier ist ein grundsätzliches Umdenken des<br />

gesamten Systems gefragt.<br />

Neuer Denkansatz<br />

Das Ministerium scheint in der Tat mit diesem Umdenkprozess begonnen<br />

zu haben. Im nächsten Schritt wird es wichtig sein, dass die Landesschulräte<br />

ihren Teil der Verantwortung darin erkennen, den einzelnen<br />

Schulen bei der Durchführung dieses innovativen, für viele revolutionären<br />

pädagogischen Ansatzes ausreichende Rückendeckung zu gewähren<br />

und sie zu ermutigen, unorthodoxe Experimente selbst auf das Risiko<br />

des Scheiterns hin zu wagen. Sinnvolle Fördermaßnahmen werden nämlich<br />

naturgemäß von Standort zu Standort, von Klasse zu Klasse, unter<br />

Umständen von Schüler/in zu Schüler/in verschieden sein (müssen), weil<br />

es keine zwei vergleichbaren Schul-, Klassen-, Schüler/innensituationen<br />

gibt. Und Individualisierung als oberstes Prinzip jeglicher (nicht nur der<br />

Hochbegabten-) Förderung darf nicht zum Schlagwort verkommen. (Die<br />

auf vielen Tagungen und internationalen Kongressen immer spürbarer<br />

werdende Tendenz, auf theoretischen Überlegungen und zahlenmäßigen<br />

Erhebungen basierende allgemein gültige "Rezepte" anzubieten - ich<br />

möchte dafür den Begriff der "Statistifizierung" der Begabungsförderung<br />

prägen - stellt eine Besorgnis erregende Entwicklung dar.)<br />

Eine Schule ist nicht umso "begabungsfördernder", über je mehr<br />

Lehrer/innen mit ECHA-Ausbildung sie verfügt und auf je mehr so genannte<br />

"Enrichment"-Angebote sie verweisen kann. ("So genannt" deshalb,<br />

weil dieser Modebegriff nur allzu oft im Sinne einer quantitativen<br />

Anreicherung des Angebots anstelle einer qualitativen Bereicherung<br />

der initiierten Lernprozesse missdeutet wird.) Worauf es ankommt, ist<br />

vielmehr der prozentuelle Anteil der Lehrer/innen, die zu einem neuen<br />

Rollenverständnis gefunden haben: Die in der Person des Lehrenden<br />

nicht mehr den "Magister" ("Besserwisser", der "mehr weiß"), sondern<br />

die Lernmanagerin/den Lernmanager erblicken; oder, wie es das<br />

Englische so treffend beschreibt, den "Facilitator", der unterschiedlichen<br />

Lernertypen den jeweils bestmöglichen Lernprozess ermöglicht und erleichtert.<br />

Neuer Lehrer/innentyp<br />

Kennzeichen dieses Typus der "begabenden" Lehrerin/ des "begabenden"<br />

Lehrers (wie ich ihn geradezu als Gattungsbegriff einführen<br />

möchte) ist nicht in erster Linie Fachkompetenz und nicht einmal vordergründig<br />

methodische Brillanz. Jede/r Lehrende, die/der in der Lage<br />

und willens ist, die Einmaligkeit jedes ihrer/seiner Schützlinge als eines<br />

einzigartigen Individuums zu respektieren und dessen uneingeschränktes<br />

Recht auf Experimentieren, auf das Stellen bisher noch nicht<br />

gestellter Fragen, auf "learning by doing" nach der "trial & error" Methode<br />

anzuerkennen, hat die Chance, dieses höchste Gütesiegel, das der<br />

Lehrberuf zu vergeben hat, zu erwerben.<br />

Pädagogische Haltung<br />

Richtig verstandene Begabungsförderung ist somit nicht eine Frage von<br />

(systemischen) Strukturen oder erlernbarem Wissen auf Seiten der<br />

Lehrenden, sondern manifestiert sich in einer ganz bestimmten pädagogischen<br />

Haltung seitens der handelnden Personen. Diese Haltungsänderung<br />

stellt einen Paradigmenwechsel dar: vom Fokus auf das Lehren<br />

(mit Dominanz der Methodik, deren Qualität am sichtbaren Produkt gemessen<br />

wird) zum Fokus auf das Lernen (mit dem zentralen Ziel der<br />

Lerner/innenentwicklung, die aus einem maßgeschneiderten Lernprozess<br />

resultiert und erst mittelfristig erkenn- und messbar wird).<br />

Entwicklung geschieht dort, wo kalkulierte Wagnisse eingegangen werden.<br />

Der Mut zum Experimentieren (trial) bringt unvermeidlich auch Fehler<br />

mit sich (error). Im Sinne der Falsifikationstheorie von Karl Popper<br />

bedeutet aber jeder Fehler, sofern auf die Phase des Experimentierens<br />

eine Phase der Reflexion folgt, eine Annäherung an die Wahrheit.<br />

Dieser Grundsatz, in Fehlern prinzipiell potentielle Lernanlässe zu erblicken,<br />

hat für die zu fördernde Schülerin/den zu fördernden Schüler<br />

in gleicher Weise zu gelten wie für die "begabende" Lehrerin/den "begabenden"<br />

Lehrer oder für die Schule insgesamt in ihrer Eigenschaft als<br />

lernende Institution. Wer Fehler krampfhaft zu vermeiden trachtet, begibt<br />

sich der Chance, Fortschritte zu machen.<br />

Paradigmenwechsel<br />

Der oben angesprochene Paradigmenwechsel muss demnach auf allen<br />

Ebenen stattfinden:<br />

> Die Schulleitung darf die Lehrenden, diese wiederum dürfen den Lernenden<br />

missglückte Experimente nicht als Versagen vorhalten. Beide<br />

Teile brauchen Motivation und Ermutigung, sich auf derartige Experimente<br />

überhaupt einzulassen.<br />

> Auf der Ebene der Lehrenden, die sich ja in einem wirklich begabungsfördernden<br />

System nur als erfahrenere Mitglieder von (Lern-)Teams,<br />

gewissermaßen als Bergführer/innen in gemeinsamen Seilschaften<br />

verstehen, wird diese Ermutigung wohl darin bestehen müssen,<br />

dass ihnen die Bereitschaft, ihre "amtliche" Autorität zugunsten eines<br />

partnerschaftlichen Rollenverständnisses aufzugeben und mit ihrer<br />

Experimentierfreudigkeit auch Fehler in Kauf zu nehmen, als wertvolle<br />

Beiträge zur assymptotischen Annäherung an die Wahrheit<br />

honoriert werden.<br />

newsletter12 . 01.2006 . 18


05 Begabungsförderung<br />

><br />

Auf Schüler/innenebene können gezielte strukturelle Maßnahmen hilfreich<br />

sein.<br />

Als Beispiele seien hier angeführt:<br />

> die Möglichkeit der Akzeleration durch partielles Überspringen (z.B.<br />

durch Anwendung des "Drehtürmodells", wo wiederum die Flexibilität<br />

der Schulleitung gefordert ist);<br />

> eine stärkere Individualisierung im inhaltlichen Bereich, etwa durch<br />

ein Kurssystem (Stichwort "Modulare Oberstufe");<br />

> der teilweise Ersatz "klassischer" Hausübungen (bei denen unterschiedliche<br />

Bedürfnisse von allen Schülerinnen und Schülern zur selben<br />

Zeit in derselben Dosierung mit denselben Übungen abgedeckt<br />

werden sollen) durch "Assignments". (Unter einem Assignment versteht<br />

man ein Bündel differenzierter Aufgaben, die innerhalb einer bestimmten<br />

Zeitspanne zu erledigen sind, mit der Möglichkeit einer beschränkten<br />

Aus- und Abwahl und jedenfalls freier Wahl des Zeitpunkts<br />

der Arbeitserbringung und des Lerntempos).<br />

Das Entscheidende an diesen und ähnlichen in die gleiche Richtung weisenden<br />

strukturellen Maßnahmen ist die aus ihnen sprechende Botschaft<br />

an die Lernenden, dass sie ihren eigenen Lernprozess maßgeblich<br />

selbst steuern können.<br />

Demokratisierung des Lernprozesses<br />

Ob sie allerdings das Gefühl bekommen, dass sie dies auch sollen, dass<br />

darin in Wahrheit das eigentliche Ziel zu erblicken ist ("Enrichment" im<br />

richtig verstandenen Sinn!), hängt nicht von den strukturellen Angeboten,<br />

die das "System" ermöglicht, sondern davon ab, ob diese Demokratisierung<br />

des Lernprozesses (in der ich den Schlüssel zur Begabungsförderung<br />

erblicke, einen Schlüssel, der allen Schulen in gleicher<br />

Weise zur Verfügung steht) von den Lehrenden nicht nur zugelassen,<br />

sondern auch gewollt wird. Unmissverständliche Signale in diese<br />

Richtung sind neben dem schon angesprochenen "Assignment" etwa<br />

> die in der Sir-Karl-Popper-Schule bewährte Routine des "Contracting"<br />

(einvernehmliche Vereinbarung eines Semester-Arbeitsplans, der<br />

Schwerpunktsetzungen, der Arbeitsmittel und -methoden, ja sogar der<br />

Formen der Leistungsbeurteilung sowie Offenlegung der Beurteilungskriterien<br />

durch die Lehrenden),<br />

> vor allem aber (als wichtigstes Instrument der Demokratisierung) ein<br />

institutionalisiertes Feedbacksystem, das den Lernenden das Bewusstsein<br />

vermittelt, ernst genommen zu werden und den äußeren<br />

Lernprozess auch beeinflussen und mitgestalten zu können.<br />

Ob derartige Signale gesetzt werden, hängt vordergründig von der pädagogischen<br />

Haltung des/der Lehrenden ab - einer Haltung uneingeschränkter<br />

Offenheit für innovative Ideen ebenso wie für demokratische<br />

Strukturen. Wenn diese Voraussetzung gegeben ist, kann sich jede<br />

Schule durch einfache Beseitigung redundanter hinderlicher Hierarchien<br />

"kostenneutral" Zugang zur wertvollsten aller Ressourcen verschaffen:<br />

der förderungswürdigen und "förderbaren" motivierten Schülerin/dem<br />

förderungswürdigen und "förderbaren" motivierten Schüler.<br />

Dir. Dr. Günter Schmid (Sir-Karl-Popper-Schule, Wien)<br />

g.schmid@popperschule.at<br />

Akademienverbund Pädagogische Hochschule Linz<br />

Pädagogische Akademie d. Bundes<br />

& Pädagogisches Institut d. Bundes OÖ.<br />

Kaplanhofstr. 40, 4020 Linz<br />

Viertes Symposium zur<br />

"Begabtenförderung konkret"<br />

Mittwoch, 08.03.2006<br />

09:30 - 18:00<br />

Institut für Begabungsförderung<br />

Begabungsförderung in jahrgangsgemischten Lerngruppen<br />

Die Selbstverständlichkeit der Jahrgangsklasse wird im Rahmen<br />

einer reformpädagogischen Orientierung von Schule zunehmend<br />

in Frage gestellt und auch für das Regelschulwesen gibt<br />

es viele pädagogische Gründe, über den Sinn bzw. Unsinn der<br />

rigiden Einteilung der Schüler/innen nach Kalenderjahren nachzudenken.<br />

Die jahrgangsgemischte Lerngruppe nach dem<br />

Konzept der Mehrstufenklasse könnte für alle Schüler/innen,<br />

auch für jene mit besonderen Begabungen, die besseren<br />

Bedingungen bieten, um ihr individuelles Lern- und<br />

Persönlichkeitsprofil adäquat zu entwickeln. Diese Annahme<br />

lässt auch den Blick auf wenig gegliederte Landschulen bzw.<br />

Kleinschulen richten, die diese jahrgangsübergreifende<br />

Organisationsstruktur - früher aus Tradition, heute aus einer<br />

Notwendigkeit heraus - eingerichtet haben.<br />

><br />

><br />

><br />

am Vormittag referieren namhafte internationale Expertinnen<br />

und Experten<br />

am Nachmittag werden erprobte Praxismodelle von der<br />

Grundschule bis zur Sekundarstufe I und aktuelle Forschungsergebnisse<br />

in drei parallel laufenden Pfaden präsentiert:<br />

1. Die Kleinschule - Schüler/innenrückgang als pädagogische<br />

Chance<br />

2. Die Mehrstufenklasse - Opas Pädagogik oder zukunftsorientierter<br />

Reformansatz?<br />

3. Modelle jahrgangsübergreifenden Lernens am Beispiel<br />

der ÜVS und ÜHS der Pädagogischen Akademie des<br />

Bundes in Wien<br />

Jahrgangsgemischtes Lernen - Erfahrungen der Laborschule<br />

Bielefeld<br />

Anmeldungen bei Dieter Irle unter 0732/7470-3104<br />

oder unter dieter.irle@phlinz.at<br />

Bitte den gewünschten Pfad angeben!<br />

Veranstaltungsnummer: AZS 0306<br />

Tagungsgebühr: 15 e (Studierende 5 e)<br />

www.phlinz.at/begabungsfoerderung<br />

19


05 THOMASIANUM - INSTITUT FÜR BEGABTEN-<br />

FÖRDERUNG & BEGABUNGSFORSCHUNG INTEGRATIVE<br />

INITIATIVEN Blickpunkte eines innovativen Instituts<br />

"Es ist wichtig, dass der Mensch viel kann und viel weiß.<br />

Noch wichtiger ist, dass der, der viel kann und viel weiß,<br />

ein Mensch ist."<br />

Erich Fried<br />

Das Institut "TIBI" orientiert seine Arbeit an 3 Blickpunkten, die im<br />

Zusammenwirken von Lehrerinnen/Lehrern, Schülerinnen/Schülern,<br />

Eltern und Wissenschaftler/innen wahrgenommen werden.<br />

1. Begabtenförderung /<br />

2. Begabungsforschung / 3. Integrative Initiativen<br />

1. Begabtenförderung: Ein entscheidender Punkt der Förderung<br />

Begabter ist die Aus- und Weiterbildung von Pädagoginnen und Pädagogen:<br />

Verstehen differenzierter Begabungen, sie wahrnehmen und erkennen<br />

können, Anwenden einer breit gefächerten Methodenvielfalt,<br />

Impulse geben durch entsprechende Motivation sind die wesentlichen<br />

Ziele des internationalen ECHA-Lehrganges (European Council for High<br />

Ability), der für alle Pädagoginnen und Pädagogen - vom Kindergarten<br />

bis zur Pädagogischen Akademie - über das Institut angeboten wird.<br />

Erstmals österreichweit beginnt eine spezielle ECHA-Ausbildung für<br />

Kindergärtner/innen im Februar 2006 in Kooperation mit den Universitäten<br />

Wien und Münster.<br />

Die kontinuierlichen Fortbildungsangebote greifen Spezialthemen auf,<br />

sowohl im Forschungs- als auch im Anwendungsbereich, und sorgen für<br />

einen aktuellen Wissensstand.<br />

Kinder und Jugendliche haben oft schon einen Leidensweg hinter sich,<br />

eine "schulische Karriere". Begabungsdiagnostik, die einen weiteren<br />

Schwerpunkt im TIBI darstellt, ist manchmal der einzige Weg, persönliche<br />

Ressourcen und Kompetenzen sichtbar zu machen, wenn diese hinter<br />

dem Erscheinungsbild von Verhaltensauffälligkeiten versteckt sind.<br />

Immer mehr Eltern haben den Wunsch, ihrem Kind eine ihm adäquate<br />

Ausbildung zu bieten, sind aber oft sowohl in Schullaufbahnfragen als<br />

auch in Erziehungsbelangen ratlos. "TIBI" kann mit seinen fachkompetenten<br />

Expertinnen und Experten Impulse für eine adäquate Entwicklung<br />

der gesamten Persönlichkeit geben. Eine entsprechende Schullaufbahnberatung<br />

kann ein wichtiger "Leitfaden" für die Zukunft sein und vor<br />

"Leidpfaden" bewahren.<br />

2. Begabungsforschung: Nur wer über die Zusammenhänge und das<br />

Wirken der Begabungen und deren Umfeld Bescheid weiß, kann<br />

Begabte effizient fördern. Die Zusammenarbeit mit Forschenden,<br />

Lehrenden und Studierenden der Universitäten Wien, Nijmegen, Ulm<br />

und Münster bereichern wesentlich unsere eigenen Erkenntnisse.<br />

Durch ein spezielles Seminarangebot an der Universität Wien ist es uns<br />

gelungen, einen Teil des ECHA-Lehrganges in die universitäre Ausbil-<br />

dung der Lehramtsstudierenden zu implementieren und somit dem Begriff<br />

der differenzierenden Begabungsförderung einen breiten Raum bereits<br />

an der Basis zu geben.<br />

3. Integrative Initiativen: In den Menschenrechten ist festgehalten,<br />

dass jedes Kind Anrecht auf eine ihm entsprechende (Aus)Bildung hat.<br />

Janusz Korzak, Arzt, Pädagoge und Philosoph fügt hinzu: "Jedes Kind<br />

hat ein Recht auf seine individuelle Entwicklung, auf Selbstbestimmung<br />

und Entfaltung seiner Persönlichkeit".<br />

Jede Andersartigkeit hat ein Recht auf Beachtung; jede Begabung bedarf<br />

der Integration in die Gesamtpersönlichkeit. Jede Begabung ist als<br />

Gabe zugleich Aufgabe. Sie bedeutet Verantwortung für das Wachsen<br />

des Individuums und für das Wohl der Gemeinschaft. Uns scheint der<br />

integrative Ansatz der individuellen Förderung in den Klassen, vor allem<br />

in den Grundschulklassen besonders wichtig, um das Lernen voneinander<br />

und die Buntheit der Gesellschaft bewusst zu gestalten, die<br />

genauso wichtig sind wie die Begleitung der Kinder und Eltern und die<br />

Unterstützung der Lehrer/innen bei der Erstellung individueller differenzierender<br />

Programme.<br />

Mithilfe bei Organisation und Durchführung von Schulprojekten sowie<br />

klärende Interventionen bei pädagogisch-psychologischen Problemen,<br />

die vor Ort an der Schule mit Lehrerinnen/Lehrern, Eltern und Schülerinnen/Schülern<br />

besprochen werden, ist ebenfalls ein integratives<br />

Grundsatzverstehen von TIBI.<br />

Durch die Zusammenarbeit und die Verbindung mit einer Vielfalt von einzelnen<br />

Personen und Gruppen mit dem gleichen Ziel - der differenzierten<br />

Förderung und Motivation von Begabten - sind wir mit unterschiedlichen<br />

Institutionen, Vereinen und Personen vernetzt, die uns einen<br />

regen Informationsaustausch und eine Zusammenarbeit ermöglichen:<br />

bm:bwk, Stadtschulrat für Wien, Universität, private Vereine und öffentliche<br />

Institute haben in der Hochbegabtenfrage den gleichen Grundsatz<br />

wie wir:<br />

"Das Leben will belebt, die Seele beseelt und der Geist<br />

begeistert werden." (Elazar Benyoetz)<br />

So wird auch das Thomasianum von begeisternden Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern belebt, unter deren Federführung oder/und Kooperation<br />

spezielle Förderprogramme entstehen sowie Projektgruppen und Foren<br />

für einen fachlichen Austausch.<br />

Bildung allein genügt nicht. Sie hat immer auch eine ethisch-philosophische<br />

Dimension: Zum Wissen was ist, zur Kreativität, was sein könnte,<br />

gehört untrennbar die Grundsatzfrage, was sein soll und was sein kann.<br />

Univ.-Lekt. Mag. Dr. Elfriede Wegricht<br />

ist Pädagogin, Psychologin und leitet das Thomasianum (TIBI)<br />

e.wegricht@edw.or.at<br />

newsletter12 . 01.2006 . 20


06 Tagungsberichte<br />

06 "NEW TRENDS AND MODERN<br />

TECHNOLOGIES IN THE EDUCATION OF<br />

EXCEPTIONALLY TALENTED CHILDREN"<br />

International Seminar in Prague<br />

Between November 3 rd and 5 th , 2005 the international seminar "New<br />

Trends and Modern Technologies in the Education of Exceptionally<br />

Talented Children" took place in Prague, organized by the National<br />

Institute of Children and Youth under the auspices of the Ministry of<br />

Education, Youth and Sport of the Czech Republic (MEYS CR).<br />

Its main objective was to mediate meeting and experience exchange<br />

among experts from various countries who engage in work with exceptionally<br />

gifted children with a special regard to modern technologies. A<br />

remarkable part of the seminar was the introduction of "Talnet" system.<br />

The seminar was attended by 40 people. Those were, apart from experts<br />

from various regions and representatives of non-profit organizations engaged<br />

in work with talented children within the Czech Republic, also<br />

experts from Austria, Germany, Great Britain, Hungary and Slovakia. The<br />

official languages were Czech and English, the presentations were given<br />

in one of those languages and translated into the other.<br />

The seminar was opened by the Vice-minister of MEYS who welcomed<br />

the conferees and gave the opening speech in which he briefly introduced<br />

the ways in which the care of talented children is presently provided<br />

in the Czech Republic.<br />

The first day of the seminary was dedicated to educating by means of<br />

the internet, so-called e-learning, and the on-line teaching methods. The<br />

representatives of Austria and Great Britain presented their interesting<br />

projects by means of which they work with talented children this modern<br />

way. Also the Czechs had something to present, which was the project<br />

of Talnet which has been carried out by the National Institute of<br />

Children and Youth in cooperation with the Faculty of Mathematics and<br />

Physics of Charles' University for three years and is focused at children<br />

between the ages of 13 and 16 gifted in the field of natural science, in<br />

the concrete physics and chemistry. Next year the project will be open<br />

to children from all over the Czech Republic and extended to more subjects.<br />

At about six p.m. the first day of the seminar was over, however, the<br />

informal discussion went on at the celebratory dinner given at the<br />

"Vodník" hotel, which was also where the guests were accommodated.<br />

The second day of the seminary was dedicated to the care of gifted children<br />

regarding particular age-groups.<br />

The first to give the presentation was Mrs. Jitka Fortíková, `´ who introduced<br />

the ways of care of talented pre-school children in the Czech<br />

Republic.<br />

Her presentation was followed by one of Mr. Vladimír Dockal, `´ who presented<br />

his report "The possibilities of Education of Children of Younger<br />

School Age in Slovakia".<br />

Then, Mrs. Vladislawa Partyka, who reported on care of talented children<br />

in Poland.<br />

The Hungarian delegate,<br />

Csilla Fuszek, then presented<br />

a very interesting report<br />

on care of talented children<br />

coming from socially disadvantaged<br />

groups, which is a<br />

project greatly supported by<br />

Hungarian government and is presently being implemented.<br />

The last referee was Mr. Tomás `´ Houska `´ with his presentation concerning<br />

the demands which work with talented children has on the personality<br />

of the teacher.<br />

The second day of the seminary, similarly as the first, was closed by a<br />

large panel discussion. While the previous had dealt mainly with the<br />

topic of e-learning and the possibilities of its use in education of talented<br />

children, the second one focused at the care of talented children<br />

in general.<br />

In the end the conferees agreed upon recommendations and conclusions<br />

addressed mainly to the MEYS CR, however, some of them were<br />

interesting from the international point of view. The conferees also obtained<br />

a password to a web discussion board opened by the organizers,<br />

having thus the opportunity of a two weeks' time to further specify the<br />

exact reading of the conclusions and recommendations.<br />

For the last day of the seminar, there was an excursion prepared for the<br />

conferees to the education center of the Hewlett-Packard company,<br />

where they were shown the virtual classroom as one of the possibilities<br />

of on-line communication with (not only) talented children.<br />

Thanks to the seminary, many new ways of international cooperation<br />

appeared, one of the first concrete ones is the offer of the Austrian delegation<br />

of opening their project "ELCAD" to students from other<br />

states-members of the EU next year.<br />

All the expert presentations will be issued in a bi-lingual almanac, there<br />

will also be a CD issued with the contributions of the conferees in the<br />

form in which they were presented at the seminar.<br />

Jan Vodicka, `´ National Institute of Children and Youth of the<br />

Ministry of Education, Youth and Sport of the Czech Republic<br />

vodicka@idm-msmt.cz<br />

Im letzten Heft des newsletters (Nr.11,Okt.2005) wurde in dem<br />

Aufsatz "Hochbegabung und Intelligenz" von Anne Rössel ein längerer<br />

Textabschnitt versehentlich nicht als Zitat gekennzeichnet.<br />

Der gesamte letzte Abschnitt "Probleme und Möglichkeiten der<br />

Erkennung besonderer Begabungen" wurde übernommen aus:<br />

> Urban, Klaus K. (2004), Hochbegabungen (Münster: Lit), S. 126f.<br />

Ich bitte um Entschuldigung für dieses Versehen.<br />

Anne Rössel<br />

21


06 FÖRDERUNG (HOCH)BEGABTER<br />

ALS RELEVANTE THEMATIK FÜR DIE<br />

AUSBILDUNG AN BILDUNGSANSTAL-<br />

TEN FÜR KINDERGARTENPÄDAGOGIK<br />

Kleine Schritte, die zum Ziel führen<br />

Impulse kamen und kommen von allen Seiten: PISA, OECD-Studien zur<br />

Wissensgesellschaft, der Reformdialog waren "Initialzündungen". Das<br />

Leitbild der Sektion II des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft<br />

und Kultur (Berufsbildende Schulen) bekennt explizit: "Wir wollen besondere<br />

Begabungen fördern", und die Matrix der Qualitätsziele der<br />

schulischen Berufsbildung (in der grundsätzlich die Qualitätspolitik der<br />

Sektion festgelegt ist) nennt als ein Teilziel die "Schaffung eines positiven<br />

Lehr- und Lernumfelds" bzw. "Entwicklung und Umsetzung von<br />

Konzepten zur Förderung von Begabungen". Schulen erarbeiten standortbezogene<br />

Förderkonzepte. Das Schulpaket II sieht eine Ausweitung<br />

von Begabungsförderung vor. Jeder Mensch, auch das Kind im Kindergarten,<br />

soll in seinen individualspezifischen Bedürfnissen wertschätzend<br />

und sachrichtig Förderung erfahren.<br />

In der Ausbildung der Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen<br />

wurde das Thema aufgegriffen: Aus diesem Auftrag heraus entstand<br />

vorerst die Broschüre "(Hoch)Begabung im Vorschulalter erkennen und<br />

fördern? Annäherung an ein Thema". Sie wurde im November 2003 vom<br />

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur herausgegeben<br />

und bisher ca. 800 Mal von interessierten Pädagoginnen/Pädagogen,<br />

Fachexpertinnen/-experten und Eltern in schriftlicher Form angefordert<br />

bzw. per Download verfügbar gemacht (siehe auch:<br />

http://www.bmbwk.gv.at/medien/10939_Vorschule_Hochbegabung.pdf ).<br />

Damit stand Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen sowie Lernenden<br />

und Lehrenden an den Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik<br />

eine Informationssammlung zur Verfügung. In diesen<br />

Ausbildungsgängen sitzen aber auch Schüler/innen (bzw. im Kolleg<br />

Studierende), die ihrerseits Begabungen haben, die es zu fördern gilt.<br />

Im nächsten Schritt wurde eine, mittlerweile von in- und ausländischen<br />

Interessierten genutzte, elektronische Projektmanagementplattform<br />

zum Thema eingerichtet; die Aktualisierung und Betreuung erfolgt im<br />

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. (Per Mail an<br />

maria.dippelreiter@bmbwk.gv.at kann ein Datenbankzugang eröffnet<br />

werden.)<br />

Institutionsübergreifende Kooperation und reale Begegnungen mit engagierten<br />

Personen führten uns wieder ein paar Schritte weiter: Wertvolle<br />

Impulse kamen aus der Zusammenarbeit mit Dr. Thomas KÖHLER<br />

(Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur), mit der<br />

Fachaufsicht für Kindergärten und aus den Volksschulen sowie aus dem<br />

Austausch mit in- und ausländischen Expertinnen und Experten.<br />

Vom 7.- bis zum 10. November 2005 fand schließlich in Wien XIII (initiiert,<br />

geplant und begleitet durch das Bundesministerium für Bildung,<br />

Wissenschaft und Kultur, durchgeführt vom Pädagogischen Institut der<br />

Erzdiözese Wien) eine einschlägige Veranstaltung für Multiplikatorinnen<br />

und Multiplikatoren aus dem Bereich der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik<br />

statt: Lehrenden<br />

der Unterrichtsgegenstände Pädagogik,<br />

Didaktik, Praxis und Ü-<br />

bungskindergärtnerinnen/-gärtnern<br />

galt es, Zugänge zum nötigen<br />

Sachwissen für die Arbeit im Kindergarten<br />

und bezogen auf die<br />

Förderung der ihnen anvertrauten<br />

Schüler/innen bereitzustellen.<br />

Die Möglichkeit, sich in Theorie und Praxis mit dieser relevanten<br />

Thematik auseinander zu setzen, wurde von sehr motivierten Teilnehmerinnen<br />

(nur weiblich) genutzt, wobei sich einzelne Programmpunkte als<br />

"Blitzlichter" verstanden, die folgend an den Standorten vertiefte<br />

Befassung erfahren werden.<br />

Die Tagung wurde eröffnet durch den Leiter der Sektion II, Mag. Theodor<br />

SIEGL, der in den berufsbildenden Schulen "begabungsfreundliche<br />

Lernkultur" als einen Sektionsschwerpunkt darstellte und den Bogen zur<br />

Qualitätsarbeit im berufsbildenden Schulen spannte. SIEGL bedankte<br />

sich bei den Teilnehmerinnen für die Bereitschaft, sich künftig als<br />

Multiplikatorinnen an den einzelnen Standorten dieser wichtigen<br />

Aufgabe zu stellen.<br />

Dr. KÖHLER gab umfassende Informationen zur behördlichen Strukturiertheit<br />

von Begabungsförderung in Österreich und bot einen Exkurs zur<br />

(bildungs)geschichtlichen Entwicklung der Thematik. Als Veranstaltungsleiterin<br />

referierte ich über "Begabungsfördernde Lernkultur als Orientierungshilfe<br />

beim Weg in die Wissensgesellschaft" und stellte die<br />

Forderung nach "Stimmigkeit auf der Meta-Ebene lernende Organisation".<br />

Der Dokumentarfilm "Vier helle Köpfe" (Bernd DOST, Hannover),<br />

der uns mit einer Langzeitbeobachtung von (hoch) Begabten anhand realer<br />

Schicksale an das Thema heranführte, aktivierte anschließend zu einer<br />

Diskussion über "Last und Lust des Begabt-Seins": Elternerwartung<br />

versus Eigen-Sinn, Enrichment versus perfektionistischer Leistungszwang,<br />

Befreiung versus Verweigerung.<br />

Dr. Waltraut HARTMANN vom Charlotte-Bühler-Institut für praxisbezogene<br />

Kleinkindforschung (Wien) gab wertvolle Hinweise auf die Entwicklung<br />

von einzelnen Fähigkeitsbereichen (speziell auch zum Modell<br />

von Aiga STAPF "Disposition --- Verhalten --- Performanz") und nannte<br />

Qualitätskriterien in Kindergärten (Orientierungsqualität, Strukturqualität,<br />

Prozessqualität) als Voraussetzung für das Gelingen von<br />

Begabungsförderung.<br />

DDr. Andrea RICHTER vom LSR für Niederösterreich bereitete für die<br />

Teilnehmerinnen ihr Sachwissen und ihre Erfahrungen aus dem Bereich<br />

der Diagnostik auf: Sie zeigte auf, dass die Veränderung der eigenen<br />

Erwartung gefordert ist und beschrieb detailliert den Vorgang der diagnostischen<br />

Abklärung. Hinsichtlich möglicher Hinweise auf (Hoch)-<br />

Begabung riet sie zu permanenter Beobachtung und warnte vor allzu diffusen<br />

"Checklisten". Diagnostik lässt uns Verhalten richtig interpretieren<br />

und Kinder entsprechend fördern und fordern.<br />

Brigitte PALMSTORFER vom Stadtschulrat für Wien ist es zu danken,<br />

dass die Thematik "Brückenschlag zwischen Kindergarten und Volksschule<br />

- am Thema Begabungsförderung" sehr engagiert bearbeitet werden<br />

konnte. Parallelen zwischen den pädagogischen Ansätzen in den<br />

Institutionen und praxistaugliche Modelle und Ideen wurden vorgestellt.<br />

newsletter12 . 01.2006 . 22


06 Tagungsberichte<br />

Hinweise auf Donata ELSCHENBROICH ("Das Weltwissen der Siebenjährigen")<br />

und ihre Ausführungen machten Mut und weckten Freude am<br />

Umsetzen; u.a. erfolgte im Abschluss-Feedback der konkrete Wunsch<br />

nach einer Veranstaltung zum Thema "Kinder und Naturwissenschaften".<br />

(Erfreulicherweise ist eine solche Veranstaltung bereits für das Jahr<br />

2006 in Wien geplant!)<br />

PALMSTORFER arrangierte auch die Möglichkeit, mit vier Müttern von<br />

(hoch)begabten Kindern ins Gespräch zu kommen und sie unter anderem<br />

darüber zu befragen, welche "Kindergartenerfahrungen" ihre Kinder<br />

(und sie als Mütter) gemacht haben: Der experimentelle Jonas wäre froh<br />

gewesen, hätte er Dinge auch Zweck entfremden dürfen und hätte er<br />

mehr Bücher zum Lesen gehabt; Clemens hat sich in seinem Anders-Sein<br />

nicht angenommen gefühlt; Maximilian vermisste einen Ordnungsrahmen<br />

- hat aber viel Wertschätzung erfahren; Peter und Christoph hatten<br />

das Glück, im Kindergarten ein begabungsfreundliches Klima vorzufinden.<br />

Insgesamt wurde von den Müttern der Kindergarten als<br />

"differenziert und aufgeklärt" erlebt, vor allem dort, wo Kindergartenpädagoginnen/-pädagogen<br />

über entsprechendes Sachwissen verfügten<br />

und den Mut hatten, "zu ertragen, dass Schrift und Zahl nicht aus dem<br />

Kindergarten verbannt sein mussten".<br />

Birgit HARTEL, die in Ulm mit hoch Begabten gearbeitet hatte, informierte<br />

umfassend über die Möglichkeiten der Portfolio-Arbeit, die für hoch<br />

oder besonders begabte Kinder jedes Alters geeignet ist. Ziele, Arten<br />

und Inhalte von Portfolios wurden vorgestellt. An einzelnen Bildungsanstalten<br />

(dazu erfolgte Erfahrungsaustausch) wird bereits auf diese Art<br />

gearbeitet, weitere "Nachahmung" scheint in Anbahnung begriffen!<br />

Anlässlich unseres Besuches an der Sir-Karl-Popper-Schule des Wiedner<br />

Gymnasiums hatten wir die Möglichkeit, in HR Dr. Günther SCHMID einen<br />

"Praktiker mit solidem fachwissenschaftlichem Hintergrund" zu finden.<br />

Er erläuterte das Konzept von der "partiellen besonderen Begabung"<br />

und stellte uns "begabtes Verhalten" als etwas dar, das der Selbständigkeit<br />

und Eigenverantwortung der Lernenden bedarf. Diese gilt es natürlich<br />

im Schulversuch zu ermöglichen: Demokratisierung (das Popper-<br />

Forum), Spielräume für Wahlmöglichkeiten, "Contracting", Feedback-<br />

Mechanismen, die Kultur der Falsifikation, Assignment (nach Helen<br />

PARKHURST), eine spezielle Sichtweise des Enrichment … Das überzeugende<br />

und hier praktizierte Gesamtkonzept, das hinter diesen<br />

Schlagwörtern steckt, macht Mut. Dass Lehrende sich hier nicht als<br />

"Guru", sondern als Facilitator, Enabler, Coach verstehen, wurde uns in<br />

der erfrischenden Begegnung mit Schülerinnen und Schülern klar, die<br />

selbstbewusst und strukturiert auf unsere Fragen antworteten und uns<br />

u.a. die Gewissheit mitgaben, dass die Erfüllung der Grundforderung besonders<br />

Interessierter ("Ich will Input!") ihnen hier einen Rahmen bietet,<br />

den sie Mainstream-Bildungsinstitutionen nicht immer finden<br />

konnten.<br />

Eine Veranstaltungsteilnehmerin, Sylvia REITBAUER, BAKIP Steyr, erklärte<br />

sich ganz spontan bereit, über ihre ECHA-Ausbildung und deren<br />

Auswirkungen auf ihr ganz persönliches Bild vom Lehren und Lernen zu<br />

berichten. Es zeigte sich, dass das System durchaus nicht so bekannt<br />

ist, wie man annehmen möchte - möglicherweise wurde bei einigen<br />

Teilnehmerinnen Interesse dafür geweckt. Zu erwähnen ist freilich, dass<br />

die Teilnehmerin aus Oberösterreich kommt, wo die "Stiftung Talente"<br />

die Ausbildungskosten übernimmt!<br />

Prof. Mag. Dr. Karina GRIESMAYR (BAKIP Wien 7) ist es zu danken, dass<br />

die Teilnehmerinnen dazu aktiviert wurden, den Lehrplan (aus 2004) der<br />

fünfjährigen Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik detailliert auf<br />

"Begabungsförderung" zu untersuchen. Der konstruktive Blick bietet erfreuliche<br />

(implizite bzw. explizite) Präsenz des begabungsfreundlichen<br />

Umfeldes und einer entsprechenden Lernkultur; auch andere schulrechtliche<br />

Bestimmungen und Schul-Leitbilder wurden diskutiert.<br />

Ein Feuerwerk von Anregungen und Ermutigungen bot uns Dr. Elfriede<br />

WEGRICHT (vom Thomasianum-Institut der Erzdiözese Wien): "Kinder<br />

sind nicht Fässer, die gefüllt werden, sondern Fackeln, die brennen sollen",<br />

so lautete die Botschaft, die hinter solidem Sachwissen steckt:<br />

Entwicklungspsychologie, Allgemeinmedizin und Neurowissenschaft,<br />

Ethik, berufliche Erfahrung und Gesellschaftskritik - eine gelungene<br />

Mischung!<br />

Dr. Roswitha BERGSMANN, Gründerin des Österreichischen Vereines<br />

für hochbegabte Kinder, hat ihr Weg über die eigene Betroffenheit zu<br />

einer Initiativensetzung geführt, die sie als eine Art "Engagement für<br />

Minderheiten" auffasst. Sie stellte Aufgaben und Arbeitsweisen des<br />

Vereines dar und schließt aus der sinkenden Zahl von Einzelberatungen<br />

(sie hat insgesamt über 5.000 gemacht) beruhigt, dass sich "auch anderswo<br />

etwas tut".<br />

Als letzte Vortragende zu sprechen, ist eine besondere Herausforderung,<br />

der sich Frau Dr. Walburga WEILGUNY vom Österreichischen Zentrum für<br />

Begabtenförderung und Begabungsforschung mit Bravour stellte: Ideologien<br />

über (Hoch)Begabung wurden zu wissenschaftlich belegten "hard<br />

facts" in Beziehung gesetzt. Die Ausführungen zur Gender-Perspektive,<br />

der sich die Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik als erste aller<br />

Schularten verschrieben haben, fielen auf fruchtbaren Boden.<br />

Den unmittelbaren Rückmeldungen der Teilnehmerinnen ist zu entnehmen,<br />

dass eine multiperspektivische Annäherung in Mischung aus fundiertem<br />

Sachwissen, Erfahrungsaustausch, Diskussion mit den Referentinnen<br />

und Referenten und menschlicher Begegnung erfolgt ist und dass<br />

an den Standorten Aktivitäten geplant sind: Institutionen, die begabungsfördernd<br />

agieren wollen, müssen selbst zu "lernenden Organisationen"<br />

werden. Die Teilnehmerschaft der Lehrenden aus den<br />

Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik lässt auf weitere Schritte<br />

hoffen!<br />

Mag. Maria Dippelreiter, Ministerialrätin im Bundesministerium<br />

für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Abteilung II/5: Pädagogische<br />

Angelegenheiten der Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik<br />

und der Bildungsanstalten für Sozialpädagogik).<br />

maria.dippelreiter@bmbwk.gv.at<br />

Siemens-Betriebskindergarten Wien 3<br />

Foto: Mag. Maria Dippelreiter<br />

23


06 HOCHBEGABUNG ALS HERAUSFORDERUNG<br />

Neue didaktische und sozialpädagogische Zugänge<br />

Bericht über die Tagung des Arbeitskreises Begabungsforschung<br />

und Begabungsförderung (ABB) im Staatlichen Schulamt<br />

Frankfurt am Main vom 4. bis 6. November 2005.<br />

Die zweijährlich stattfindende Tagung des Arbeitskreises hat Traditionen,<br />

die unabhängig von dem je gewählten Schwerpunktthema einen<br />

festen Kern der Arbeit ausmachen. Dazu gehören die Berichte über<br />

Entwicklungen in der Testdiagnostik und über didaktische Erfahrungen<br />

in meist schulischen Projekten vor einer Teilnehmerschaft, die sich aus<br />

Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern, Lehrerinnen/Lehrern und<br />

Eltern, insbesondere Vertreterinnen/Vertretern organisierter Elterngruppen<br />

zusammensetzt.<br />

In der Begabungsdiagnostik wurde über den Stand der Entwicklung<br />

zweier neuer Testverfahren berichtet, des bildbasierten Intelligenztests<br />

für das Vorschulalter (BIVA; Ulf Kieschke, Universität Potsdam) und des<br />

Berliner Intelligenz-Struktur-Tests für 12- bis 16-jährige Jugendliche<br />

(Franzis Preckel, Begabungspsychologische Beratungsstelle der Universität<br />

München).<br />

In der Persönlichkeitsdiagnostik wurden erste Ergebnisse der Untersuchung<br />

einer großen Stichprobe von Underachievern berichtet (Thomas<br />

Eckerle, Institut für Leistungsentwicklung). Dabei bezog sich das auffälligste<br />

Ergebnis darauf, dass unabhängig von der kritischen Schwelle<br />

IQ 130 die besonders begabten Kinder in hoch signifikantem Maß über<br />

Mobbingerfahrungen berichteten. Unterschiede in der Persönlichkeitsstruktur<br />

zwischen hoch Begabten und anderen, in der Stichprobe fast<br />

immer überdurchschnittlich Begabten, wurden nicht beobachtet.<br />

Zur Didaktik der Begabungsförderung gab es eine Reihe von Erfahrungsberichten<br />

aus der Schule und der außerschulischen Förderung, darunter<br />

auch zu besonderen Aspekten bei körperbehinderten Jugendlichen<br />

(Matthias Huber von der Stiftung zur Förderung körper- und sinnesbehinderter<br />

Hochbegabter) und zum Einsatz von kreativen Spielen (Otto<br />

Lange, Universität Oldenburg, und H.-Jürgen Sprengel, Universität<br />

Potsdam). Das özbf war mit einem Beitrag zum e-Learning (Günter Maresch<br />

und Volker Runow, gemeinsam mit Christoph Perleth, Universität<br />

Rostock) und einem Bericht über das Best-Practice-Projekt (Walburga M.<br />

Weilguny und Waltraud Rosner, gemeinsam mit Christoph Perleth,<br />

Universität Rostock) vertreten.<br />

Neben diesen traditionellen Kernen der ABB-Tagungen standen drei<br />

Schwerpunkte, die Pädagogik der Underachiever, die hessischen Ansätze<br />

zur Hochbegabtenförderung und die Einbindung der Neurowissenschaften<br />

in die Begabungsforschung und Begabungsförderung, im<br />

Mittelpunkt.<br />

Die Kontaktaufnahme mit den Neurowissenschaften enthielt Berichte<br />

aus dem Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen der<br />

Universität Ulm. Herr Fritz, der Geschäftsführer, und Frau Dr. Hille, die<br />

Forschungspsychologin des Zentrums, berichteten über ihre Arbeit<br />

und die Perspektiven ihrer Einrichtung. Hervorzuheben ist hier besonders<br />

der enge Schulkontakt, der insbesondere über Forschungsschulen<br />

auch zu einem Erfahrungstransfer aus der Praxis in die Wissenschaft<br />

führen wird.<br />

Während eines Workshops wurden Phänomene des Lernens zwischen<br />

Psychologie und Neurobiologie übersetzt. Am interessantesten für die<br />

Teilnehmer/innen wurden diese Übersetzungen natürlich, als Frau<br />

Teuchert-Noodt, Fakultät für Biologie, Abteilung Neuroanatomie der<br />

Universität Bielefeld, ihre Überlegungen zur Hochbegabung ausführte.<br />

Zunächst sprach sie die cortikale Ebene an, auf der sie die Besonderheiten<br />

von herausgehobenen Denkerinnen und Denkern, die Einschränkungen<br />

erlitten haben, erklärte, etwa von Helen Keller oder Stephen<br />

Hawking. Bei ihnen seien cortikale Felder freigeworden, die sich zu weiteren<br />

verfügbaren Assoziationsfeldern reorganisiert hätten. Das seien<br />

Ausgangsbedingungen für erweitertes Denken. Im Regelfall aber seien<br />

die Unterschiede auf Cortexebene nicht so ausgeprägt, dass sie die<br />

Unterschiede zwischen den Denkleistungen erklären könnten. Eine<br />

weiterreichende Erklärung böten Unterschiede in der Wachheit, einer<br />

Leistung des Limbischen Systems, die davon abhänge, wie schnell und<br />

umfänglich die lernenden Synapsen bei Reizeinwirkung mit Sensitivierung<br />

und Habituierung reagieren könnten. Diese Leistung werde gesteuert<br />

von Calciumjonen, die ihrerseits in speziellen Proteinen<br />

(Calmodulin und Calbidin) aufgefangen und verfügbar gehalten werden.<br />

"Wer mehr davon hat, kann Calciumjonen schneller zur Verfügung stellen."<br />

Hier seien genetische Unterschiede denkbar.<br />

Mit dem Geschäftsführer des ABB, Herrn Dr. Harald Wagner, Frau<br />

Teuchert-Noodt, Frau Dr. Hille und dem Institut für Leistungsentwicklung,<br />

das die Tagung ausgerichtet hat, wurde eine erweiterte Nachfolgetagung,<br />

die sich auf die begonnene Übersetzungsarbeit konzentrieren<br />

wird, im Wissenschaftszentrum Bonn verabredet.<br />

Zur Pädagogik der Underachiever berichteten u.a. Gerhard Lehwald über<br />

Motivstörungen hoch begabter Problemkinder, Dirk Oppenhoff über häufige<br />

Ursachen für minderleistendes Verhalten bei besonders begabten<br />

Jugendlichen. Hans Biegert, HEBO-Schule, Bad Godesberg, trug Erfahrungen<br />

über den Umgang mit hoch begabten ADS-Kindern vor.<br />

Ursula Hellert, CJD Braunschweig, informierte über die neuen Projektklassen<br />

des CJD, die in die Jgst. 5 und 6 Kinder aufnehmen, die von der<br />

Begabung her für das Gymnasium geeignet sind, aber nach ihrer persönlichen<br />

Entwicklung noch nicht in der Lage sind, die notwendige<br />

Leistung zu erbringen. Ziel der Projektklassen ist die Integration dieser<br />

Kinder in eine begabungsangemessene Schullaufbahn.<br />

newsletter12 . 01.2006 . 24


07 Bundesländernews<br />

Die hessischen Projekte zur Hochbegabtenförderung<br />

haben ihren Ausgangspunkt in einem<br />

landesweiten bottom-up-Prozess, der<br />

nicht Modelle von ministerieller Seite vorgibt,<br />

sondern die aus der Praxis erwachsenden<br />

Ansätze unterstützt. (Eine Ausnahme hiervon bildete nur das<br />

Hochbegabteninternat Schloss Hansenberg, über das Wolfgang Herbst<br />

berichtete.) In der hessischen Entwicklung wird zur Zeit versucht, die<br />

Zuständigkeiten für die Förderung der hoch begabten Schülerinnen und<br />

Schüler über die schulpsychologischen Dienste hinaus auf die sonderpädagogischen<br />

Abteilungen der Schulämter auszudehnen und eine<br />

wechselseitige Unterstützung zu erreichen.<br />

Die Einbeziehung der sonderpädagogischen Förderung zeigt sich auf der<br />

Praxisseite auch in der Gründung der bundesweit einzigen Sonderschule<br />

für hoch begabte Schulverweigerer im Rahmen einer großen Jugendhilfeeinrichtung<br />

in Offenbach (Bericht Michaela Möller, Oswald-von-<br />

Nell-Breuning-Schule des Theresien Kinder- und Jugendhilfezentrums).<br />

Die schwierige Gruppe der Underachiever einzubinden in begabungshomogene<br />

Hochbegabtenklassen ist das Ziel der Otto-Hahn-Schule in<br />

Hanau (Bericht Dagmar von Arnim). Silke Angor und Barbara Hedde<br />

(Staatliches Schulamt Offenbach) schilderten, wie von einem Staatlichen<br />

Schulamt aus die Stadt und Region Offenbach für die Hochbegabtenförderung<br />

aktiviert werden konnten. Die integrative Grundschule<br />

Südwest aus Eschborn differenziert in leistungsheterogenen Klassen<br />

auf eine besonders anspruchsvolle Weise, indem sie nicht zusätzliche<br />

Inhalte, sondern ein variables kognitives Leistungsniveau an gleichen<br />

Inhalten anbietet (Bericht Hajo Rother-Dey). Alexa Brum schließlich trug<br />

die ersten Erfahrungen vor, die aus der Kooperation zwischen Grundschule<br />

und weiterführender (Gesamt-) Schule bei der Integration von<br />

verhaltensauffälligen hoch begabten Kindern erwachsen sind.<br />

Herr Min.R. Walter Diehl, Hochbegabtenbeauftragter des Hessischen<br />

Kultusministeriums, der die landesweite Entwicklung von Anfang an organisiert<br />

und begleitet hat, legte die Grundzüge der hessischen Hochbegabtenförderung<br />

dar und leitete einen halbtägigen Workshop, während<br />

dem die Tagungsteilnehmer/innen sich über diese Projekte weiter<br />

informieren und ihre Anregungen weitergeben konnten.<br />

Die Autorin ist emeritierte Universitätsprofessorin für Schulpädagogik<br />

und Mitglied im Institut für Leistungsentwicklung (IGL), Obertshausen<br />

und Frankfurt am Main. Sie führt eine Ombuds-Stelle für hoch begabte<br />

Kinder, die in der Schule scheitern, und hat die in Deutschland erste<br />

Sonderschule für hoch begabte Schulverweigerer aufgebaut.<br />

Prof. Dr. Gudrun-Anne Eckerle<br />

anne.eckerle@t-online.de<br />

07 BUNDESLÄNDER-WORKSHOP<br />

"Vernetzung"<br />

Am 22. September 2005 veranstaltete das özbf gemeinsam mit den<br />

Koordinatorinnen und Koordinatoren aller Bundesländer einen eintägigen<br />

Workshop, der dieses Jahr unter dem Motto "Vernetzung" stand.<br />

Die wachsenden Herausforderungen in der Begabtenförderung verlangen<br />

nach einer gemeinsamen Nutzung von Ressourcen. Auch internationale<br />

Vergleiche zeigen uns immer deutlicher, dass die Arbeit<br />

Einzelner - so engagiert die betreffenden Personen auch sein mögen -<br />

zu kurz greift. Was die Begabtenförderung heute braucht, sind flächendeckende<br />

Maßnahmen und ein koordiniertes Vorgehen aller Beteiligten<br />

unter bestmöglicher Nutzung von Synergien.<br />

Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bestand ein allgemeiner<br />

Konsens darüber, dass wir das Rad nicht immer wieder neu erfinden<br />

müssen, sondern Informationen und Erkenntnisse austauschen und<br />

Angebote gemeinsam nutzen können.<br />

In diesem Sinne wurden folgende Themenbereiche diskutiert:<br />

1)<br />

a.<br />

b.<br />

c.<br />

2)<br />

3)<br />

Handreichungen: Nach einer Bestandsaufnahme bereits vorhandener<br />

Informationsmaterialien wurde ein Bedarf an folgenden Handreichungen<br />

festgestellt:<br />

Ein Leitfaden für das Überspringen von Schulstufen mit Informationen<br />

über das Prozedere, über rechtliche Fragen sowie mit Ratschlägen<br />

für Eltern, Lehrerinnen und Lehrer.<br />

Ein Bundesländer spezifischer Leitfaden zum Programm "Schüler/innen<br />

an die Unis"<br />

ein Elternratgeber zu Spezialthemen<br />

Lehrmittelpool: Das özbf arbeitet an der Erstellung eines Lehrmittelpools,<br />

der allen Lehrerinnen und Lehrern in Österreich zugänglich<br />

sein soll. Für diese umfassende Aufgabe ist das Österreichische<br />

Begabtenzentrum auf die Unterstützung und Mitwirkung vieler Kolleginnen<br />

und Kollegen angewiesen. Eine Zusammenarbeit mit den<br />

Bundesländern wurde vereinbart.<br />

Lehrer/innen-Fortbildung: Es wurde der Wunsch nach einer Koordinierung<br />

unterschiedlicher Fortbildungsmöglichkeiten und einer gegenseitigen<br />

Anrechenbarkeit von Lehrgängen geäußert. Ebenso ist<br />

es das Ziel aller Bundesländer-Koordinatorinnen und -Koordinatoren,<br />

PI-Seminare wenn möglich so abzustimmen, dass Referentinnen und<br />

Referenten eine Vortragsreise durch mehrere Bundesländer planen<br />

können und so die Veranstaltenden sich die Fahrtkosten teilen können<br />

- was besonders bei sehr langen Anfahrtswegen für alle Beteiligten<br />

von Vorteil wäre.<br />

25


4)<br />

5)<br />

6)<br />

7)<br />

8)<br />

Elterntraining/<strong>KLIKK</strong>-Seminar: In Salzburg wird in Kooperation mit<br />

der Begabungspsychologischen Beratungsstelle der Ludwig-Maximilians-Universität<br />

(München) ein Seminar für Eltern kluger Kinder<br />

angeboten. Bei Interesse könnten auch andere Bundesländer auf dieses<br />

Angebot zurückgreifen und vor Ort <strong>KLIKK</strong>-Seminare veranstalten.<br />

Talentförderkurse/Pluskurse/Sommerakademien etc.: Es fand<br />

ein reger Erfahrungsaustausch hinsichtlich Organisation, Sponsoring<br />

und Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen dieser Programme, die in jedem<br />

Bundesland anders konzipiert sind, statt.<br />

Best Practice: In einer Datenbank des özbf können Lehrer/innen,<br />

Schulleiter/innen und andere in der Begabtenförderung engagierte<br />

Personen interessante Projekte eingeben. Die Zahl der bisherigen<br />

Einträge ist noch gering. Die Koordinatorinnen und Koordinatoren der<br />

Bundesländer haben sich bereit erklärt, diese einzigartige Möglichkeit<br />

der Vernetzung und des Ideenaustausches in ihrem Einflussbereich<br />

zu bewerben.<br />

Netzwerke in den Bundesländern: Die Bundesländer-Koordinatorinnen<br />

und -Koordinatoren definierten als wichtiges Ziel, die Netzwerke<br />

in den einzelnen Bundesländern noch stärker auszubauen. Es<br />

sollte in jedem Bundesland ein Netzwerk von Expertinnen und Experten<br />

bzw. Fachkoordinatorinnen und Fachkoordinatoren geben, die<br />

die Belange der Begabtenförderung in der Öffentlichkeit vertreten,<br />

Schulen und Eltern beraten und Maßnahmen zur Begabtenförderung<br />

koordinieren helfen.<br />

Schulpaket II: Als erfreulicher Schritt in der Begabtenförderung<br />

wurde die Möglichkeit des Überspringens an Nahtstellen und des<br />

frühzeitigen Einschulens von besonders begabten Kindern diskutiert.<br />

Das özbf bedankt sich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern ganz<br />

herzlich für die konstruktive Zusammenarbeit bei der großen Herausforderung,<br />

aus den vielen Initiativen, die es bereits gibt, ein flächendeckendes<br />

Mosaik der Begabungs- und Begabtenförderung zu machen.<br />

Wir werden unser Möglichstes tun, um diese Zusammenarbeit zu unterstützen.<br />

Da mit Beginn des Schuljahres 2005/2006 einige Bundesländer<br />

neue Koordinatorinnen bekommen haben, geben wir ihnen hier<br />

die Möglichkeit, sich und ihr Programm kurz vorzustellen:<br />

Kärnten:<br />

Mag. Dr. Dagmar Zöhrer<br />

Mit Schulbeginn 2005 habe ich die Agenden<br />

der Sonderpädagogik und (Hoch-) Begabungsförderung<br />

im LSR für Kärnten übernommen<br />

und bin auch zur Bundeslandkoordinatorin für<br />

Begabungsförderung bestellt worden.<br />

Als Sonderpädagogin und Absolventin der ECHA-Ausbildung ist die<br />

Symbiose dieser Bereiche im Verständnis von "special needs" für mich<br />

richtungsweisend, da an den Polen der Gesamtpalette der Entwicklungs-,<br />

Lern- und Bildungsmöglichkeiten auf der einen Seite Hochbegabung und<br />

auf der anderen Behinderungen zu finden sind. Innerhalb dieser<br />

Bereiche zeigt sich das gesamte Feld individueller Differenzen von<br />

Schülerinnen und Schülern. Diesen besonderen Bedürfnissen ("special<br />

needs") gerecht zu werden, bedarf es eines entsprechenden methodischdidaktischen<br />

Wissens und Könnens und eines breiten pädagogischen<br />

Repertoires.<br />

Das Hauptaugenmerk meiner heurigen Arbeit wird also darauf liegen,<br />

die Regelschule darin zu bestärken, der gesamten Vielfalt an unterschiedlichen<br />

Lernvoraussetzungen und Lernmöglichkeiten gerecht zu<br />

werden. Dafür habe ich einerseits umfassende Fort- und Weiterbildungsangebote<br />

und andererseits gemeinsam mit den ECHA-Lehrerinnen und<br />

-Lehrern ein flächendeckendes Beratungsnetz geplant. Ich halte viel von<br />

Kompetenztransfer und glaube, dass die Anforderungen an die Schule<br />

von heute nicht von unzähligen externen Personen zu bewältigen sind,<br />

sondern nur durch Beratung und Unterstützung der Lehrer/innen vor Ort.<br />

Über den Schulalltag hinaus wird es auch heuer wieder zahlreiche<br />

Angebote in Kärnten geben, die durch sehr engagierte Mitstreiter/innen<br />

geplant und durchgeführt werden, wie "future kids", Englisch-<br />

Redewettbewerb, Talentecamp u.a. und schließlich der ECHA-Kongress<br />

im April 2006 in Velden am Wörthersee.<br />

Auf eine gute Zusammenarbeit<br />

waltraud.rosner@begabtenzentrum.at<br />

walburga.weilguny@begabtenzentrum.at<br />

Mag. Dr. Dagmar Zöhrer<br />

dagmar.zoehrer@lsr-ktn.gv.at<br />

Bundesländer-Workshop, 22. September 2005<br />

newsletter12 . 01.2006 . 26


07 Bundesländernews<br />

Salzburg:<br />

Mag. Dr. Irene Thelen-Schaefer<br />

Als neue Bundesländerkoordinatorin von<br />

Salzburg plane ich, ein Netzwerk für Begabtenförderung<br />

aufzubauen bzw. weiter auszubauen.<br />

Es gibt ein solches bereits im Pflichtschulbereich,<br />

in den AHS und BHS jedoch ist<br />

die Begabtenförderung noch weitgehend<br />

von einzelnen Lehrerpersonen abhängig.<br />

Weiters plane ich den Aus- und Umbau der Pluskurse - Talentförderkurse<br />

in anderen Bundesländern - sowie eine Umstrukturierung der Sommerakademie.<br />

Gemeinsam mit dem özbf erstellt das Pädagogische Institut<br />

Salzburg einen Akademielehrgang zur Begabten- und Begabungsförderung<br />

für Lehrer/innen; erste Seminare lassen auf reges Interesse<br />

schließen.<br />

Als Hilfe für Lehrer/innen sollen schrittweise auch Handreichungen zur<br />

Begabtenförderung im Unterricht erstellt werden.<br />

Mag. Dr. Irene Thelen-Schaefer<br />

irene.thelen-schaefer@pi.salzburg.at<br />

Vorarlberg:<br />

Mag. Verena Chlumetzky-Schmid<br />

Aktuelles/Vorhaben/Ziele<br />

Vorarlberg startet heuer erstmalig auf Initiative<br />

des Regionalen Bildungsmanagements<br />

Vorarlberg für Gymnasien, des Landesschulrates<br />

und des Pädagogischen Instituts<br />

des Bundes Talentförderkurse für interessierte<br />

Schülerinnen und Schüler der AHS Unter- und Oberstufe.<br />

Hoch qualifizierte Lehrkräfte bieten ab November zehn so genannte "HI-<br />

Kurse" (High Intensity) zu verschiedenen Fachthemen aus Naturwissenschaft,<br />

Wirtschaft, Technik, Sprachen und Kunst an. Die Teilnahme an<br />

diesen Kursen ist kostenlos. Das Programm ist abrufbar unter:<br />

www.lsr-vbg.gv.at und www.vobs.at/pib<br />

Derartige Veranstaltungen sollen im Sinne einer frühzeitigen und breiten<br />

Begabtenförderung künftig auch für Schülerinnen und Schüler der<br />

Pflichtschulen ins Auge gefasst werden.<br />

Ziel in diesem Zusammenhang ist, Begabungs- und Begabtenförderung<br />

als Thema akzentuierter in die Lehrer/innenfortbildung der AHS und BHS<br />

zu setzen und für den Bereich der Pflichtschulen die Fortbildungsangebote<br />

im Sinne einer begabungs- und begabtenfreundlichen Lernkultur<br />

auszuweiten.<br />

Das Modell "Schüler/innen an die Unis" könnte auch für Vorarlberg<br />

adaptiert werden, denn die Fachhochschule Vorarlberg hat sich bereit<br />

erklärt, Möglichkeiten für einen Zugang besonders talentierter und motivierter<br />

Schülerinnen und Schüler zu überdenken.<br />

Mag. Verena Chlumetzky-Schmid<br />

chlusch@utanet.at<br />

07 NEUES AUS NIEDER-<br />

ÖSTERREICH:<br />

Aktivitäten im Schuljahr 05/06<br />

- Vorschau Sommer 06<br />

Sommerakademien 2006<br />

Die Termine der Sommerakademien 2006 sind bereits bekannt:<br />

><br />

><br />

><br />

7. SoAk für 3. - 4. Kl. VS: 16. - 20. 06. 2006<br />

Semmering, erstmals 9 Kurse für 120 Teilnehmer/innen geplant<br />

6. SoAk für 3. - 4. Kl. HS u. AHS - Unterstufe: 22. - 27. 06. 2006<br />

Semmering, geplant: 5 Kurse für ca. 80 Teilnehmer/innen<br />

8. Internat. SoAk für 6. - 7. Kl. AHS u. 3. - 4. Jg. BHS: 29. 06. - 07. 07.<br />

2006, Semmering, geplant: 6 Kurse für 90 Teilnehmer/innen aus NÖ,<br />

den Bundesländern und dem benachbarten Ausland<br />

Alle Ausschreibungen erfolgen Ende Jänner elektronisch, die Prospekte<br />

werden Ende Februar an die Schulen geschickt, die Anmeldung ist<br />

ab März möglich.<br />

Pullout-Kurse<br />

><br />

><br />

><br />

><br />

><br />

Angewandte Mathematik: Kryptographie<br />

7. - 8. Kl. AHS, 30. 01. - 03.02.2006, Seitenstetten,<br />

Leitung: Mag. Alfred Nussbaumer, G. Melk,<br />

Dr. Hildegard Urban-Woldron, Sacre Coeur Pressbaum<br />

Französisch: La Francophonie<br />

7. - 8. Kl. AHS, 13.-16. 02. 2006, Seitenstetten, Leitung: Dr. Michel<br />

Mareschal, BG Purkersdorf, Mag. Alexandra Dämon, BG Perchtoldsdorf<br />

Chemie/Biologie: Gentechnik<br />

7. - 8. Kl. AHS, Februar 2006, Univ. Graz<br />

Leitung: Dr. Walter Wliszczak, Don-Bosco-Gymnasium Unterwaltersdorf<br />

Englisch: Fun with Stories<br />

2. Kl. AHS und HS, 18. - 21. 03. 2006 und 02. - 05. 07. 2006,<br />

Sacre Coeur Pressbaum, Leitung: Dipl.-Päd. HOL Gabriele Erber,<br />

HS Großweikersdorf, Eric Gamsjäger<br />

Philosophieren mit Kindern: Schöpfungsmythen der Welt<br />

1. und 2. Kl. AHS und HS, 24. - 28. 05. 2006, geplant: Landwirtschaftl.<br />

Fachschule Krems, Leitung: Dipl.-Päd. VOL Petra Summer, VS Daniel<br />

Gran I und LSR f. NÖ, Dipl.-Päd. HOL Helga Fischer, HS Böheimkirchen<br />

> Elektronik: 3. - 4. Kl. VS, an 5 Samstagen im März und April 2006,<br />

Don-Bosco-Gymnasium Unterwaltersdorf, Leitung: Dr. Walter Wliszczak<br />

Dipl.-Päd. VL Susanne Sabatky<br />

HR FI Dr. Bernhard Seyr<br />

bernhard.seyr@lsr-noe.gv.at<br />

27


07 ÜBERSICHT ÜBER AKADEMIELEHRGÄNGE ZUM<br />

THEMA BEGABTENFÖRDERUNG UND BEGABUNGS-<br />

FORSCHUNG<br />

an Pädagogischen Instituten und Pädagogischen Akademien<br />

in Österreich<br />

Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über Akademielehrgänge zum<br />

Thema Begabtenförderung und Begabungsforschung, die derzeit in Österreich<br />

stattfinden.<br />

In Kärnten:<br />

> Akademielehrgang: Pädagogische Handlungsfelder zwischen<br />

Beeinträchtigung und Hochbegabung (schulartenübergreifend)<br />

Dauer: 4 Semester, Leitung: Mag. Dr. Dagmar Zöhrer<br />

Abschluss: Lehrgangszeugnis und Zertifikat<br />

In Kooperation der Bildungseinrichtungen im Bundesland Kärnten<br />

www.kath-kirche-kaernten.at/rpa<br />

Kursbeginn war bereits im Wintersemester 2005/06.<br />

In Niederösterreich:<br />

> Akademielehrgang: ECHA-Diplom (schulartenübergreifend)<br />

Dauer: 3 Semester, Leitung: Dr. Bernhard Seyr<br />

Abschluss: ECHA-Diplom<br />

Durchführende Institution:<br />

Pädagogisches Institut des Bundes für Niederösterreich<br />

http://www.pinoe-bn.ac.at/<br />

Dieser Lehrgang endet im November 2006. In Nachfolge der ECHA-<br />

Lehrgänge wird ein Akademielehrgang zur Begabtenförderung vorbereitet,<br />

der voraussichtlich im September 2006 beginnt.<br />

In Oberösterreich:<br />

> Akademielehrgang: Begabungsförderung Modul 1<br />

(schulartenübergreifend)<br />

Auch für Studierende aller Studiengänge ab dem 5. Semester zugänglich<br />

Dauer: 2 Semester, Leitung: Prof. Mag. Dr. Karin Busch und Prof. Mag.<br />

Dr. Ulrike Reinhart, Abschluss: Akademielehrgangszeugnis<br />

Durchführende Institution: Pädagogische Akademie des Bundes in<br />

Oberösterreich<br />

http://www.phlinz.at/begabungsfoerderung<br />

Voraussichtlich wird im Wintersemester 2006/07 dieser Akademielehrgang<br />

wieder gestartet.<br />

> Akademielehrgang: ECHA-Lehrgang<br />

(schulartenübergreifend: AHS, Kindergartenpädagogik und BHS)<br />

Dauer: 3 Semester<br />

Leitung: Mag. Ulrike Kempter<br />

Abschluss: ECHA-Diplom<br />

Durchführende Institution: PI des Bundes in Oberösterreich<br />

http://www.pi-linz.ac.at<br />

Beginn dieses ECHA-Lehrgangs ist Herbst 2006.<br />

In Salzburg:<br />

> Akademielehrgang: Begabungs- und Begabtenförderung<br />

(schulartenübergreifend)<br />

Dauer: 3 Semester, Leitung: Mag. Dr. Irene Thelen-Schaefer<br />

Abschluss: Akademielehrgangszeugnis<br />

> Durchführende Institution: Pädagogisches Institut des Bundes in<br />

Salzburg, in Kooperation mit dem özbf<br />

http://www.pi.salzburg.at<br />

Dieser Lehrgang hat im Wintersemester 2005/06 begonnen.<br />

In der Steiermark:<br />

> Akademielehrgang: Begabten- und Begabungsförderung<br />

(schulartenübergreifend)<br />

Dauer: 4 Semester, Leitung: Mag. Dr. Helene Rucker<br />

Abschluss: Zertifikat: Diplomierte/r Berater/in für Begabten- und<br />

Begabungsförderung, Durchführende Institution:<br />

Pädagogisches Institut des Bundes in Steiermark<br />

http://www.pi-stmk.ac.at<br />

Dieser Lehrgang läuft derzeit im 2.Durchgang und befindet sich im WS<br />

2005/06 im 3.Semester.<br />

><br />

Akademielehrgang: Begabungsförderung u. Potenzialentwicklung<br />

Dauer: 3 Semester,<br />

Leitung: Mag. Andrea Holzinger und Mag. Ruth Földy<br />

Abschluss: Zeugnis über den Akademielehrgang mit Diplomierungshinweis,<br />

Durchführende Institution:<br />

Pädagogische Akademie des Bundes in Steiermark<br />

http://www.phgraz.at/<br />

Dieser Lehrgang wird im WS 2005/06 zum ersten Mal durchgeführt.<br />

In Tirol:<br />

> Akademielehrgang: Begabten- und Begabungsförderung -<br />

ECHA-Diplom<br />

Pädagoginnen/Pädagogen an Kindergärten und Volksschulen aus<br />

Tirol und Vorarlberg<br />

Dauer: 4 Semester<br />

Leitung: Drs. Clara Theurl-Weiler<br />

Abschluss: ECHA-Diplom<br />

Durchführende Institution: Pädagogisches Institut des Landes Tirol<br />

www.pi-tirol.at<br />

Dieser Lehrgang hat im April 2005 begonnen.<br />

Ein Kooperationsprojekt mit der Pädagogischen Akademie der Diözese<br />

Innsbruck in Stams wurde aufgrund der geringen Anmeldezahl von<br />

Studierenden noch nicht gestartet.<br />

newsletter12 . 01.2006 . 28


07 Bundesländernews<br />

In Vorarlberg:<br />

> Siehe Tirol. Es finden keine weiteren Akademielehrgänge statt.<br />

Im Burgenland:<br />

> Derzeit keine Akademielehrgänge. Bei Bedarf besteht das Angebot<br />

eines Akademielehrgangs an der Stiftung Pädagogische Akademie<br />

Burgenland.<br />

In Wien:<br />

> Akademielehrgang: Begabungsförderung (APS Lehrer/innen und<br />

Kindergartenpädagoginnen/-pädagogen)<br />

Dauer: 4 Semester, Leitung: Gabriele Malin M.Ed.<br />

Abschluss: Zeugnis über den Akademielehrgang<br />

Durchführende Institution: Pädagogisches Institut der Stadt Wien<br />

Dieser zweite Akademielehrgang Begabungsförderung begann im<br />

Wintersemester 2005/06.<br />

><br />

Akademielehrgang ECHA-DIPLOM (schulartenübergreifend)<br />

Dauer: 3 Semester, Leitung: Dr. Elfriede Wegricht<br />

Abschluss: ECHA-Diplom<br />

Durchführende Institution: Pädagog. Institut der Erzdiözese Wien<br />

http://www.phedw.at/_institu/pi/inhalt.htm<br />

Dieser Lehrgang begann im Wintersemester 2005/06.<br />

In der zukünftigen Pädagogischen Hochschule ab Oktober 2007 wird es<br />

Studienangebote in Form von Studiengängen, Hochschullehrgängen und<br />

Lehrgängen geben.<br />

Mag. Linda Huber, özbf<br />

linda.huber@begabtenzentrum.at<br />

07 STEIERMARK:<br />

Eine Variante des Programms<br />

"Schüler/innen an die Unis"<br />

Da ich eine Fachbereichsarbeit über einen<br />

Teil der Weltraumphysik schreibe, ermöglichte<br />

mir meine Physikprofessorin<br />

ein Informationsgespräch im Forschungszentrum<br />

in Graz/St.Peter. Dies diente<br />

hauptsächlich zur Themenfindung mit dem<br />

Ergebnis: "Cassini/Huygens im Saturnsystem".<br />

Im Laufe des Gesprächs bot mir<br />

der Leiter der Abteilung für "Physik des erdnahen Weltraums" an, ein<br />

Ferialpraktikum unter seiner Betreuung zu absolvieren.<br />

Nach einer kurzen Überlegensphase, da ein Teil meiner Ferienzeit davon<br />

betroffen war, nahm ich dieses Angebot gerne an. Der vierwöchige<br />

Aufenthalt gestaltete sich folgendermaßen: Einen Teil der Arbeitszeit<br />

(40-Stunden-Woche) verbrachte ich damit, Aufgaben für das Institut<br />

durchzuführen, wie z.B. die elektronische Datenerfassung und Kategorisierung<br />

von fachspezifischen Artikeln. Den anderen Teil der Zeit konnte<br />

ich für Studien und das Schreiben meiner Fachbereichsarbeit verwenden.<br />

Dabei wurde ich in ein mir bis dahin unbekanntes Computertextprogramm<br />

namens "Latex" eingeführt, das für die Abfassung von<br />

technischen und naturwissenschaftlichen Arbeiten eine unbedingte<br />

Notwendigkeit ist.<br />

Mein Themengebiet für die Fachbereichsarbeit setzt gute Englischkenntnisse<br />

voraus, da der Großteil der Fachliteratur in englischer Sprache verfasst<br />

ist. Diese für mich teilweise noch unbekannte Fachsprache stellte<br />

eine wirkliche Herausforderung dar.<br />

In allen Bereichen, ob bei computertechnischen Problemen oder Verständnisfragen,<br />

die mein Vorwissen aus dem Schulunterricht überstiegen,<br />

halfen mir sowohl der Leiter der Abteilung als auch mein Bürokollege,<br />

der sich als idealer Nachhilfelehrer in allen Bereichen der Physik<br />

und der EDV herausstellte. Er nahm sich sogar die Zeit, mit mir zur<br />

Astrophysik-Bibliothek auf die Karl-Franzens-Universität Graz zu fahren.<br />

Ein großer Dank an alle für die Bemühungen!<br />

Im Nachhinein betrachtet war meine "kleine Exkursion in den<br />

Weltraum" auf jeden Fall eine interessante und lehrreiche<br />

Erfahrung, die mein Physikwissen erweiterte und mir das zukünftige<br />

Berufsleben näher brachte.<br />

Gerald Gradwohl<br />

geraldgradwohl@gmx.at<br />

Gradwohl<br />

Um bei begabten und an bestimmten Themen sehr interessierten<br />

Schülern und Schülerinnen eine frühzeitige Begeisterung für die<br />

Wissenschaft und Forschung zu wecken, ist es in Graz gelungen,<br />

Jugendlichen die Möglichkeit zur Ferialpraxis an Universitäten und<br />

Forschungseinrichtungen zu bieten. Über seine gelungene Ferialpraxis<br />

berichtet ein Schüler Folgendes:<br />

Mein Ferialpraktikum am Institut für Weltraumforschung in Graz<br />

"Interesse mit Arbeit zu verbinden ist immer eine gute Sache!"<br />

Ich bin ein Schüler der 8-A-Klasse des BG/BORG Graz-Liebenau und hatte<br />

das Glück, diese Erfahrung machen zu dürfen, nämlich bei einem<br />

Praktikum am Weltraumforschungsinstitut in Graz.<br />

Sowohl die Technische Universität Graz, die Karl-Franzens-Universität<br />

Graz, die Montan Universität Leoben als auch das Institut für Weltraumforschung<br />

der ÖAW in Graz bieten weiterhin ihre Unterstützung im<br />

Rahmen des Programms "Schüler/innen an die Unis" an, das während<br />

des Schuljahres in Form von Lehrveranstaltungen bzw. in den Sommerferien<br />

durch Ferialpraktika umgesetzt werden kann. Für Anfragen und<br />

Kontakte zu den einzelnen Instituten stehe ich gerne zur Verfügung:<br />

www.lsr-stmk.gv.at (>Service >Begabtenförderung)<br />

http://echa05.uni-graz.at<br />

Mag. Dr. Helene Rucker<br />

helene.rucker@lsr-stmk.gv.at<br />

helene.rucker@pi-stmk.ac.at<br />

29


07 KÄRNTEN:<br />

"FUTURE-KIDS SOMMER-<br />

CAMP 2005"<br />

Mit Wissen und Kreativität<br />

die Zukunft gestalten"<br />

In der Zeit von 04.12. bis 07.12.2005 besuchte eine Delegation aus<br />

dem deutschen Bundesland Hessen das özbf. Herr MinRat Walter<br />

DIEHL vom Hessischen Kultusministerium und Frau Dipl.-Ing. Gudrun<br />

ZEISSLER von der Kinder- und Jungendakademie Südhessen berichteten<br />

über eine Vielzahl von Aktivitäten, die in Hessen seit dem Jahre<br />

1999 durchgeführt worden sind. Insbesondere die Verleihung von<br />

Gütesiegeln für Schulen mit einem qualitätsvollen Förderprogramm<br />

für hoch Begabte standen dabei im Mittelpunkt.<br />

Folgende Kooperationsmöglichkeiten und Projekte wurden angedacht:<br />

a) zwischen dem Hessischen Kultusministerium und dem özbf:<br />

> Kooperation im Bereich Fortbildung (v.a. Lehrer/innen, Schulpsychologinnen<br />

und -psychologen)<br />

> Kooperation über die Internet-Datenbank “Best Practice”<br />

> Zusammenarbeit im Bereich Schulentwicklung und Evaluation<br />

von Fördermaßnahmen<br />

> Gemeinsame Kooperation mit Litauen<br />

b) zwischen der Kinder- und Jugendakademie Südhessen (KJAS)<br />

und dem özbf:<br />

> Kooperation im Bereich Lehrer/innen-Fortbildung: KJAS, Donau-<br />

Universität Krems, Pädagogisches Institut Salzburg und özbf<br />

> Zusammenarbeit zwischen özbf und KJAS im Bereich außerschulischer<br />

Förderprogramme (z.B. Studientag, internationale<br />

Sommerakademie, e-learning).<br />

Wir bedanken uns herzlich für den Besuch sowie für die konstruktive<br />

und gewinnbringende Zusammenarbeit!<br />

Informationen über Hessen unter<br />

www.kultusministerium.hessen.de<br />

Dipl.-Ing. Gudrun Zeissler und MinRat Walter Diel<br />

Informationen über die Kinderund<br />

Jugendakademie Südhessen unter<br />

http://grundschule.bildung.hessen.de/Paedagogik/Begabung/begabung_kja<br />

Mag. Dr. Waltraud Rosner<br />

waltraud.rosner@begabtenzentrum.at<br />

Was gibt es in Kärnten im Bereich der Begabungsförderung Neues?<br />

Das Sommercamp 2005 - Future-Kids "Mit Wissen und Kreativität die<br />

Zukunft gestalten" fand heuer erstmalig in Kärnten in der Zeit von 5. bis<br />

8. September 2005 in Cap Wörth/Velden statt. Organisiert wurde die<br />

Veranstaltung vom Verein INIZIA in Kooperation mit dem Landesschulrat<br />

für Kärnten und dem Pädagogischen Institut des Bundes in Kärnten.<br />

Begabte und interessierte Schülerinnen und Schüler aus zahlreichen<br />

Kärntner Hauptschulen und Gymnasien nahmen an den Kursen teil, um<br />

gemeinsam Neues zu lernen, zu erforschen und zu entdecken. Ein Teil<br />

des Kursangebots konzentrierte sich auf Naturwissenschaften. Als<br />

gleichwertige Ergänzung verfolgten die anderen Kursangebote das<br />

Ziel einer an Kunst (Literatur, Radio und Fotografie) orientierten<br />

Kreativitätsförderung.<br />

KURS BIOLOGIE - Mit Ameisenaugen unterwegs<br />

Die Erkundung der Pflanzen- und Tierwelt an den Ufern des Wörthersees<br />

geschah unter Anleitung der Biologin Mag. Carmen Hebein. Im Rahmen<br />

einer Abendexkursion wurden zum Beispiel Fledermäuse beobachtet.<br />

Das vielfältige Programm zur experimentellen Erkundung der Fauna und<br />

Flora wurde durch einen Mikroskopierkurs abgerundet.<br />

KURS PHYSIK - Elektronik Workshop<br />

Den Geruch von Lötzinn erlebten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im<br />

Elektronikkurs, den Dipl.-Päd. Ing. Bernhard Wurnitsch leitete. Über die<br />

Grundlagen eines Elektronikkurses hinaus wurden in diesem Teil des<br />

Sommercamps elektronisch sich selbst steuernde Maschinen konstruiert.<br />

KURS INFORMATIK - Sprung in die Tiefe<br />

Professionelles Arbeiten mit einem Betriebssystem<br />

Ins Innenleben eines Computers und in die Bedeutung der Programme,<br />

die ihn steuern, führte der Informatikkurs, den Dipl.-Päd. Ing. Burkhard<br />

Grabner leitete. Wie ist ein Computernetzwerk organisiert, welches<br />

Betriebssystem verwenden wir und vor allem, wie greifen Hardware und<br />

Software ineinander? Dies waren nur einige der Fragen, die in diesem<br />

Kurs von den Lernenden mit großem Engagement an praktischen Beispielen<br />

erörtert wurden.<br />

KURS LITERATURWERKSTÄTTE - Spiele mit der Sprache<br />

Unter der sensiblen Anleitung des Schriftstellers Engelbert Obernosterer<br />

und der Theaterpädagogin Brunhild Malle wurden literarische Texte erarbeitet,<br />

verändert und als Rollenspiele erkundet. Es wurden Gedichte<br />

am Ufer des Wörthersees zum Thema “Stille” verfasst und eigene<br />

Theaterstücke entwickelt. Dabei wurde auf die unterschiedlichen Ansprüche<br />

und Sprachverständnisse der jungen Literatinnen und Literaten<br />

Rücksicht genommen.<br />

newsletter12 . 01.2006 . 30


07 Bundesländernews<br />

KURS RADIO UND FOTOGRAFIEKURS: Think LOMO<br />

Hans Marizzi, der bekannte Kärntner Medienpädagoge, führte die<br />

Teilnehmer/innen in die Kunst der Fotografie ein. Ein Ergebnis stellt eine<br />

Lomo-Wall dar, ein Bild, das sich aus zahlreichen einzelnen Fotografien<br />

zusammensetzt. Es wird zukünftig in den Räumen des Landesschulrates<br />

für Kärnten in Klagenfurt zu sehen sein. Zusätzlich zur Fotografie konnten<br />

die Teilnehmer/innen in die Welt des Journalismus schnuppern. Den<br />

Höhepunkt stellte hier die Vorbereitung, Durchführung und Moderation einer<br />

Radiosendung dar, die live gesendet wurde.<br />

Der Kurs " Ich bin so gut wie ich bin" wurde vom Mädchenzentrum in Klagenfurt<br />

angeboten und konnte den Teilnehmerinnen beim Training des<br />

Selbstbewusstseins sowie beim Entdecken und Entwickeln eigener<br />

Fähigkeiten viele neue Kompetenzen vermitteln.<br />

Sport- und Spielangebote mit zahlreichen Angeboten zur Förderung von<br />

Teamfähigkeit und Sozialkompetenz rundeten das Sommercamp-Angebot ab.<br />

Am Donnerstag, dem 8. Sept. 2005, wurden die Kursergebnisse von den<br />

Schülerinnen und Schülern im Rahmen einer Schlusspräsentation dem<br />

zahlreich erschienen Publikum vorgestellt.<br />

Zu den didaktischen und<br />

methodischen Zielsetzungen des Sommercamps 2005:<br />

> Die Kursinhalte waren auf die Interessen und Bedürfnisse der Teilnehmer/<br />

-innen ausgerichtet und boten zahlreiche Entwicklungs- und Denkanregungen.<br />

> Eine lebendige Abwechslung zwischen Lern-, Bewegungs- und Spielphasen<br />

wurde geboten.<br />

> Die Kurse waren als Workshops konzipiert, die sich am Prinzip des entdeckenden<br />

Lernens orientierten. Eigene Fragen der Schüler/innen waren<br />

Startpunkte für nachhaltiges Lernen.<br />

> Die Kursinhalte gingen über den Lehrplan hinaus und förderten das vernetzte<br />

und kreative Denken.<br />

> Weiters wurde effizientes Teamarbeiten erlebbar gemacht, indem Sozialkompetenzen<br />

und Kommunikationsformen durch gemeinsame Aktivitäten<br />

erprobt und entwickelt wurden.<br />

> Freiraum und Gestaltungsvielfalt kennzeichneten die "kunstorientierten"<br />

Angebote und boten komplexe und herausfordernde Möglichkeiten für kreatives<br />

Handeln.<br />

> Bei der Schlusspräsentation der Kursergebnisse erhielten die Schüler/innen<br />

Gelegenheit, eine öffentliche Präsentation gemeinsam vorzubereiten<br />

und zu gestalten.<br />

Die Evaluierung des Sommercamps ergab, dass die Schüler/innen mit dem<br />

Kursangeboten überaus zufrieden waren und sie neben klar definierten eigenen<br />

inhaltlichen Fortschritten auch persönlichkeitsbezogene Entwicklungen<br />

in den Kursgruppen als wertvoll erlebten. Unterstützung, Austausch<br />

im Team und gemeinsames Lernen mit anderen wurde zu einem zentralen<br />

Element der Kursangebote, das von allen Kursleiterinnen und Kursleitern besonders<br />

gefördert wurde.<br />

Mag. Dr. Elvira Sematon<br />

elvira.sematon@aon.at<br />

07 TALENTE-CAMP 2005<br />

Sommerakademie für begabte<br />

und besonders interessierte<br />

Schüler/innen<br />

In Kärnten wurde bereits zum sechsten Mal vom 12. - 16. September<br />

2005 ein Talente-Camp für begabte und besonders interessierte<br />

Schülerinnen und Schüler an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt in<br />

bewährter Kooperation mit dem Landesschulrat für Kärnten und dem<br />

Pädagogischen Institut des Bundes in Klagenfurt durchgeführt. Im<br />

Rahmen dieses Talente-Camps 2005 hatten begabte und besonders interessierte<br />

Schüler/innen der 6., 7. und 8. Klasse der AHS bzw. des II.,<br />

III., IV. und V. Jahrganges der Berufsbildenden Mittleren und Höheren<br />

Schulen (BMHS) die Möglichkeit, in fünf Tagen intensiver, gemeinsamer<br />

Teamarbeit in begabungs- und interessensmäßig homogenen Kursen<br />

eigene Interessen, Neigungen und Fähigkeiten besser zu erkennen,<br />

das vorhandene Wissen zu vertiefen und durch Auseinandersetzung mit<br />

neuen Fachgebieten zu erweitern. Unter Anleitung qualifizierter Fachleute<br />

konnten sie Grundlagen und Methoden des wissenschaftlichen<br />

Arbeitens erleben sowie zum Abschluss die Ergebnisse ihrer Arbeit der<br />

Öffentlichkeit präsentieren.<br />

Die 78 teilnehmenden Schüler/innen (2/3 weiblich, 1/3 männlich) hatten<br />

die Möglichkeit, aus vier Kernbereichen zu wählen:<br />

> Sprachlicher Schwerpunkt mit drei Angeboten: Englisch ("kanata" - A<br />

country in the Making), Französisch (Découvrir Paris) und Latein<br />

(Feste im antiken Rom)<br />

> Naturwissenschaftlicher Schwerpunkt mit drei Angeboten: Biologie<br />

(Welche Rolle spielt der Mensch in der modernen Biologie?), Chemie<br />

(Chemie der Nahrungsmittel) und Physik (Experimente und Modelle)<br />

> Informationstechnischer Schwerpunkt mit zwei Angeboten: Informatik<br />

(Computer und Multimedia) sowie Telematik (Kontaktlose Identifikation<br />

- Fluch oder Segen?)<br />

> Persönlichkeitsbildendes Angebot (am Nachmittag) durch Kommunikationstraining<br />

und Präsentationstechniken<br />

> In den Kursen wurde besonders auf Selbstständigkeit, fachliches Niveau,<br />

kooperative Arbeitsformen und Einübung wissenschaftlicher<br />

Standards Wert gelegt<br />

Schüler/innen, die daran teilnahmen, mussten neben der Anmeldung<br />

auch eine kurze Begründung schreiben, warum sie an dem von ihnen gewählten<br />

Kurs teilnehmen möchten und was sie dazu befähigt. Weiters<br />

war ein Selbstkostenbeitrag in der Höhe von e 40,- (e 50,- bei Besuch<br />

des Zusatzangebots) nach Erhalt der Aufnahmebestätigung einzuzahlen.<br />

Informationen und detaillierte Kursbeschreibungen sind unter<br />

www.pi-klu.ac.at/ahs/talent.html zu finden.<br />

Univ.-Ass. Mag. Dr. Kornelia Tischler<br />

kornelia.tischler@uni-klu.ac.at<br />

31


08 SCHULMODELL<br />

COOL - Cooperative Open Learning<br />

Der hier vorgestellte Schulversuch "COOL- Cooperatives Offenes<br />

Lernen" an der HAK/HAS Steyr wird vom Autorinnenteam/Autorenteam<br />

nicht ausdrücklich mit der Bezeichnung Begabungs- und Begabtenförderung<br />

versehen.<br />

Das Lernkonzept enthält aber grundlegende Motive, die dieser Intention<br />

entsprechen: individuelle Förderung der Jugendlichen, Vermittlung<br />

von Schlüsselqualifikationen, Anregung kreativer Lösungen, Heranführung<br />

zu Selbstorganisation und Eigenverantwortung im Lernvorgang.<br />

Für die Lehrenden bietet Cooperatives Offenes Lernen die Möglichkeit<br />

der Wahrnehmung von Begabungsqualitäten über den Horizont des<br />

Schulwissens hinaus. Die Identifikation von Begabungen durch Lehrer/<br />

-innen kann so besser gelingen.<br />

Der Schulversuch "COOL" ist ein Modell zur Schulentwicklung durch<br />

Begabungsförderung.<br />

Univ.-Prof. Dr. Friedrich Oswald<br />

friedrich.oswald@univie.ac.at<br />

GRUNDZÜGE des selbst gesteuerten Lernens auf reformpädagogischer<br />

Basis (Daltonplan) an der BHAK/BHAS Steyr<br />

"COOL" wird - in derzeit acht Klassen - seit 1996 an der Handelsschule<br />

und seit 2000 auch an der Handelsakademie Steyr mit Erfolg durchgeführt.<br />

Jede Initiative, die Schule verändern will, setzt sich Ziele, die wiederum<br />

einer Evaluation bedürfen. So begann das gesamte Lehrer/innenteam<br />

im Dezember 1997 einen einjährigen Evaluationsprozess in<br />

Zusammenarbeit mit dem Institut für Pädagogik und Psychologie der<br />

Universität Linz. Unter Federführung von Univ.-Prof. Herbert Altrichter,<br />

einem Spezialisten für Aktionsforschung, arbeiteten wir nach dem<br />

Konzept - ‚Lehrer/innen als Forscher/innen' - auf der Basis von<br />

Selbstevaluation mit externer Betreuung.<br />

Die in unserem Schulversuchskonzept festgelegten Zielbereiche wurden<br />

in Einzel- und Gruppenstudien an zwei Schulversuchsklassen und<br />

zwei Kontrollklassen untersucht.<br />

Die Ergebnisse sind im Hinblick auf sozialerzieherische<br />

Ziele sehr ermutigend; die Schüler/innen und Schüler der<br />

"COOL-Klassen" zeigen keinerlei Einbußen in Bezug auf<br />

fachliche Leistungen, jedoch eine deutliche Steigerung im<br />

Bereich der Schlüsselqualifikationen (Selbständigkeit,<br />

Teamfähigkeit, Verantwortlichkeit).<br />

Unser Ziel ist eine Verbesserung der Lernmotivation, die sich unter anderem<br />

an einer verminderten Zahl von Fehlstunden und an der Senkung<br />

von Dropout- und Repetentinnen-/Repetentenraten ablesen lassen soll.<br />

Beides wurde in den Schulversuchsklassen deutlich reduziert, und<br />

zwar sowohl im Vergleich zu den Kontrollklassen als auch im Vergleich<br />

zu den vor Beginn des Schulversuches erhobenen Zahlen.<br />

Freie Arbeitsphasen / Gebundener Unterricht / Stundenplan<br />

Ein zentrales Element des Modells ist die Aufteilung des Unterrichts in<br />

freie Arbeitsphasen (ca. ein Drittel der Unterrichtsstunden) und gebundenen<br />

Unterricht (ca. zwei Drittel). Für diese freien Arbeitsphasen - in<br />

der Folge COOL-Stunden genannt - bekommen die Schüler/innen von den<br />

Fachlehrerinnen/Fachlehrern aus 7 bis 9 verschiedenen Fächern Arbeitsaufträge<br />

(Assignments) in unterschiedlicher Länge (für 2-4 Wochen). Das<br />

Ausmaß der COOL-Stunden pro Fach bzw. die Anzahl der teilnehmenden<br />

Fächer pro Klasse werden zu Beginn des Schuljahres von jeder<br />

Lehrperson selbst festgelegt.<br />

In den COOL-Stunden können die Schüler/innen frei entscheiden, wann<br />

sie welche Assignments erledigen, das bedeutet aber, dass sie lernen<br />

müssen, Arbeit selbständig auch über längere Zeiträume hin einzuteilen,<br />

um die verschiedenen Termine der verschiedenen Fächer einzuhalten.<br />

Die Schüler/innen arbeiten vor allem mit der Methode des entdeckenden<br />

Lernens, unter Zuhilfenahme vorbereiteter Materialien eigenständig<br />

und eigenverantwortlich, auch die Wahl der Sozialform ist meist freigestellt<br />

- alleine, paarweise oder in Gruppen.<br />

Der vorgegebene Stundenplan wird nicht verändert, die COOL-Phasen<br />

werden zu Beginn des Schuljahres vom Lehrer/innenteam festgelegt,<br />

wobei es an 4 Wochentagen je 2-3 COOL-Stunden hintereinander gibt.<br />

Nachmittags- und Randstunden haben sich eher als ‚unproduktiv' erwiesen<br />

und werden nach Möglichkeit vermieden.<br />

newsletter12 . 01.2006 . 32


08 Schulmodell<br />

Die laut Stundenplan anwesende Lehrperson kann jederzeit zur individuellen<br />

Betreuung herangezogen werden, auch wenn die Schülerin/ der<br />

Schüler gerade mit dem Arbeitsauftrag eines anderen Faches beschäftigt<br />

ist. Die Rolle der Lehrkraft besteht nicht im Präsentieren von<br />

Lösungen, sondern in der Hilfestellung beim selbständigen Finden eines<br />

Lösungsweges. Aber auch differenziertes Eingehen auf einzelne -<br />

besonders schwache oder besonders begabte - Schüler/innen ist besonders<br />

gut möglich.<br />

Beurteilung / Lernzielkontrolle<br />

Für die fachliche Beurteilung werden die Leistungen des gebundenen<br />

Unterrichts, Schularbeiten und Tests laut Lehrplan und Leistungen aus<br />

den freien Arbeitsphasen gemeinsam herangezogen. Es ergibt sich eine<br />

wesentlich größere Anzahl von Beurteilungsmöglichkeiten, was besonders<br />

für schwache Schüler/innen einen Vorteil darstellt.<br />

Die Arbeitserträge der COOL-Stunden können auf verschiedene Arten<br />

kontrolliert und nachgewiesen werden: schriftlich, als Referat, als mündliche<br />

Prüfung,… Neben der Beurteilung durch die Lehrer/innen werden<br />

die Schüler/innen auch zur Selbsteinschätzung mittels Reflexionsbögen<br />

und Arbeitsprotokollen - besonders bei Gruppenarbeiten - aufgefordert.<br />

Neben fachlicher Leistung gilt unser besonderes Augenmerk der<br />

Entwicklung der - von der Wirtschaft immer wieder geforderten - dynamischen<br />

Fähigkeiten (Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit,<br />

Teamfähigkeit). Sie bilden die Grundlage der Bewertungskriterien für<br />

das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler/innen, das mittels eines<br />

Bewertungsbogens (siehe Beilage) einmal pro Semester von den<br />

Schülerinnen und Schülern (Selbstbeurteilung) und den Lehrer/innen<br />

(Fremdbeurteilung) ‚beurteilt' und durch verbale Kommentare ergänzt<br />

wird. Wir wollen damit die kritische Selbsteinschätzung der Schüler/innen<br />

anregen und ihre Eigenverantwortlichkeit fördern.<br />

Die dargestellten Rahmenbedingungen sind eine ideale Basis für fächerübergreifendes<br />

Arbeiten, das ja viel Lehrer/innenkoordination erfordert.<br />

Dabei soll praktisches Tun (learning by doing) und Kooperation mit außerschulischen<br />

Einrichtungen und Personen in allen Unterrichtsphasen,<br />

nicht wie sonst üblich nur im Rahmen von Projektunterricht, eine zentrale<br />

Rolle einnehmen.<br />

Cooperative Open Learning fördert dynamische Fähigkeiten<br />

Die Erziehung zum selbständigen, eigenverantwortlichen Handeln wird<br />

durch Arbeitsaufträge und die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />

und der ständigen Aufforderung zur Selbstbeurteilung begleitet.<br />

Die Analyse der Veränderungen hinsichtlich der Übereinstimmungen<br />

von Lehrer/innenurteil und Schüler/innenselbsteinschätzung zeigt,<br />

dass bei allen drei Kriterien (Selbständigkeit, Kooperationsbereitschaft,<br />

Verantwortlichkeit) deutliche Verbesserungen hin zu einer realistischen<br />

Selbsteinschätzung eingetreten sind.<br />

Im Umgang mit Arbeitsaufträgen erweist sich, dass Fähigkeiten - wie<br />

richtige Zeiteinteilung - einem Lernprozess unterliegen, der mit dieser<br />

Unterrichtsform erfolgreich trainiert werden kann. Auch hat sich gezeigt,<br />

dass Schüler/innen sehr bald in der Lage sind, ihre Schwächen im<br />

Arbeitsverhalten richtig einzuschätzen und Veränderungen einzuleiten.<br />

Die Reflexion von Arbeitsergebnissen mittels Fragebogen oder Gespräch<br />

ist dabei ein wichtiges Instrument. Die Chance, durch Überarbeitung eines<br />

Auftrages das Ergebnis zu verbessern, wird erst allmählich erkannt<br />

und soll daher ständig angeboten werden. Durch vermehrten, selbständigen<br />

Umgang mit Texten als Basismaterial von Arbeitsaufträgen wird<br />

die Kulturtechnik des Lesens fächerübergreifend gefördert.<br />

Cooperative Open Learning<br />

bewirkt eine neue Qualität des Lehrer/innen-Seins<br />

Die Mitarbeit an diesem Unterrichtsmodell erfordert - besonders zu<br />

Beginn - im Vergleich zum Regelunterricht einen erhöhten Arbeitsaufwand.<br />

Die Lehrer/innenrolle verändert sich in den COOL-Stunden ganz grundlegend,<br />

und zwar vom "Alleinunterhalter" hin zur Beraterin/zum Berater,<br />

zur Moderatorin/zum Moderator und zum Coach.<br />

Das Arbeiten im Team ist ebenfalls eine neue Qualität des Lehrer/in-<br />

Seins: Mehr Offenheit und Kooperationsbereitschaft unter den teilnehmenden<br />

Kolleginnen und Kollegen führt zu mehr Sicherheit und<br />

Zufriedenheit. Bei Schwierigkeiten und Frustrationen hinsichtlich der<br />

Erwartungen erweist sich ein Lehrer/innenteam als äußerst hilfreich.<br />

Das Interesse der Öffentlichkeit und anderer berufsbildender Schulen<br />

an unserem Weg ist sehr hoch und bestärkt uns, unsere Arbeit fortzusetzen<br />

und das Modell weiterzuentwickeln.<br />

Kontakt und ©: Impulszentrum für Cooperatives Offenes Lernen,<br />

L.Werndl Straße 7, 4400 Steyr<br />

http://cool.schule.at<br />

Literatur:<br />

> Altrichter, H./Posch, P. (1998/3): Lehrer erforschen ihren Unterricht. Eine<br />

Einführung in die Methoden der Aktionsforschung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt<br />

> Altrichter, H. / Neuhauser, G. / Salzgeber, G. / Wittwer, H. (2004): Forschendes<br />

Lernen in einem Lehrgang zum kooperativen Lernen. In: Rahm, S., Schratz, M.<br />

(Hg., 2004): LehrerInnenforschung. Theorie braucht Praxis. Braucht Praxis<br />

Theorie? Innsbruck: StudienVerlag<br />

> Neuhauser; G. (2002): Selbstgesteuertes Lernen auf reformpädagogischer<br />

Basis. In ÖZB, 3-01/02, 20.Jahrgang, Wien<br />

> Neuhauser, G./ Wittwer, H. (2002): Das COOL-Projekt. In: Eichelberger H. (Hg.,<br />

2002): Eine Einführung in die Daltonplan-Pädagogik. Innsbruck: StudienVerlag<br />

> Neuhauser; G. (2005): Soziales Lernen ist COOL. In: Erziehung und Unterricht,<br />

3-4/2005. Wien: ÖBV<br />

> Neuhauser, G./Wittwer, H. (Hg. 1999): Evaluationsbericht zum Schulversuch<br />

"Differenziertes Lernen als Integrationsfaktor" an der BHAS Steyr<br />

> Eichelberger, H. (Hg., 2002): Eine Einführung in die Daltonplan-Pädagogik.<br />

Innsbruck<br />

> Popp, S. (1999): Der Daltonplan in Theorie und Praxis. Ein aktuelles reformpädagogisches<br />

Modell zur Förderung selbstständigen Lernens in der<br />

Sekundarstufe, Innsbruck, 2.Auflage 1999<br />

Mag. Georg Neuhauser, Mag. Helga Wittwer<br />

georg.neuhauser@hak-steyr.eduhi.at<br />

helga.wittwer@hak-steyr.eduhi.at<br />

33


09 REZENSION<br />

Kreativität. Herausforderung für Schule,<br />

Wissenschaft und Gesellschaft<br />

Klaus K. Urban (2004). Kreativität. Herausforderung für Schule,<br />

Wissenschaft und Gesellschaft (= Hochbegabte: Individuum -<br />

Schule - Gesellschaft, Band 7). Münster: LIT Verlag. 208 Seiten.<br />

Brochiert. ISBN 3-8258-8244-6. 19,90 Euro.<br />

Das Buch von Klaus Urban stellt eine Sammlung von 10 Beiträgen zu<br />

theoretischen Überlegungen, empirischen Befunden sowie Praxisempfehlungen<br />

zu Kreativität und Kreativitätsförderung dar, die der<br />

Verfasser in den vergangenen 15 Jahren in Form von Buch- oder Zeitschriftenbeiträgen,<br />

Vorträgen oder als Forschungsberichte (also “graue<br />

Literatur”) interessierten LeserInnen/Lesern und Zuhörerinnen/Zuhörern<br />

kommunizierte. Die einzelnen Beiträge in dem Buch sind sinnvoll angeordnet,<br />

so dass sich durchaus ein roter Faden abzeichnet. Dennoch sollte<br />

man an den Band nicht mit den Erwartungen an eine Monographie<br />

herangehen bzw. ein Buch gewissermaßen "aus einem Guss" erwarten.<br />

Insbesondere sind natürlich breite Überlappungen bei einer Aufsatzbzw.<br />

Vortragssammlung ein und desselben Autors nicht zu vermeiden.<br />

Im ersten Kapitel, das mit "Trends in Kreativitätsforschung und -theorie<br />

in Westeuropa (1988)" überschrieben ist, wertet der Verfasser unter<br />

anderem Artikel über Kreativität in Zeitschriften unterschiedlicher<br />

europäischer Länder aus. Dabei berücksichtigte er Publikationen aus den<br />

Jahren 1977 und bis 1988. Die darin beschrieben "neueren Trends" sind<br />

aus heutiger Sicht allerdings eher Klassiker, manches ist auch im Laufe<br />

der Jahre in Vergessenheit geraten, was beim Rezensenten im Rückblick<br />

durchaus Nostalgiegefühle auslöste. Im zweiten (theoretischen) Kapitel<br />

über "Aspekte und Konzepte in der Kreativitätsforschung" stellt Urban<br />

sein Komponentenmodell der Kreativität dar, in das er Denkfähigkeiten,<br />

Persönlichkeits- und motivationale Merkmale integriert und in dem er<br />

Kreativität in engem Zusammenhang mit Problemlösen definiert.<br />

Das dritte Kapitel "Kreativität in der Schule: Vom Störfaktor zum<br />

Unterrichtsziel" ist stärker pädagogisch denn psychologisch ausgerichtet.<br />

Es wird unter anderem analysiert, welche Rolle die Kreativität in<br />

verschiedenen anthropologischen und pädagogischen Entwürfen spielt.<br />

Die am Ende aufgelisteten 25 Anregungen zur Kreativitätsförderung sind<br />

nach wie vor für Lehrkräfte durchaus anregend. Im vierten Beitrag<br />

"Kreativität und Schule - Kreativität (ver)schulen?" werden ähnliche<br />

Gedanken wie in den Kapiteln zuvor aufgegriffen u.ä. Theorien dargestellt,<br />

zum Beispiel das Komponentenmodell aus dem zweiten Kapitel,<br />

gegenüber dem Praxis bezogenen Ausführungen des dritten Kapitels findet<br />

hier eine Vertiefung statt.<br />

Es folgt ein diagnostischer Block, wobei auf ein knappes Handbuchkapitel<br />

zu Kreativitätstests ein Vortrag über Kreativitätsdiagnostik<br />

folgt. Hier liegt der Schwerpunkt auf klassischen Testaufgaben, bei denen<br />

Kreativitätsmerkmale wie Flexibilität, Flüssigkeit und Originalität<br />

der Ideen, weniger aber kreative Problemlösekompetenzen<br />

besprochen werden.<br />

Anschließend wird der "Test zum schöpferischen<br />

Denken - zeichnerisch (TZSD-Z)",<br />

den Urban zusammen mit dem leider früh<br />

verstorbenen Hans Jellen entwickelt hat,<br />

vorgestellt. Genau wie im folgenden achten Kapitel werden neben der<br />

Entwicklung des Tests auch Ergebnisse aus empirischen Untersuchungen<br />

berichtet, wobei man noch einmal nachlesen kann, auf welchen<br />

Daten die Interpretation des Verfassers zum Kreativitätseinbruch zu<br />

Beginn der Grundschule beruhten.<br />

Im vorletzten Kapitel berichtet der Verfasser über eine Befragung bei<br />

Kindern und Jugendlichen zum kreativen Schreiben, während sich das<br />

letzte Kapitel hoch begabten Kindern widmet. Hier kreiert Urban den<br />

Begriff "Verantwortliche Kreatelligenz ®". Damit soll die Wichtigkeit<br />

kreativer Problemlösungen in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen<br />

(inkl. sozialem Bereich) und die enge Verbindung von<br />

Kreativität und Intelligenz hervorgehoben werden.<br />

Sicherlich ist es durchaus begrüßenswert, einen Sammelband mit<br />

nicht oder schwer erhältlichen Artikeln oder Vorträgen zusammenzustellen,<br />

mit denen die Entwicklung eines wissenschaftlichen Konzepts nachgezeichnet<br />

werden kann, umso mehr, wenn die Arbeiten auch diagnostische<br />

und praktische Implikationen aufweisen. Schön wäre es allerdings<br />

gewesen, wenn der Band neben einer gemeinsamen, evtl. aktualisierten<br />

und vielleicht auch zumindest teilweise kommentierten Literaturliste<br />

ein Personen- und Stichwortregister enthalten hätte. Dies würde die gezielte<br />

Suche nach bestimmten Begriffen oder Befunden gerade in einem<br />

Sammelband wie dem vorliegenden doch sehr erleichtern und hätte sich<br />

gegenüber einer einfachen Sammlung von Aufsätzen und Vorträgen<br />

wohltuend abgehoben. Die Aufsatz- und Vortragssammlung hätte gewissermaßen<br />

einen deutlichen Mehrwert insbesondere für die Aus- und<br />

Fortbildung von Lehrkräften zu Fragen der Hochbegabung und Kreativität<br />

enthalten. Auch wäre es sinnvoll gewesen, den einen oder anderen Titel<br />

beziehungsweise einzelne Zwischenüberschriften zu modifizieren (beispielsweise<br />

gleich die des ersten Kapitels) und gegebenenfalls in<br />

Fußnoten Hinweise auf neuere Entwicklungen einzufügen. Dennoch erscheint<br />

der Band von Klaus Urban besonders für die Aus- und Fortbildung<br />

von Lehrkräften geeignet, nicht zuletzt weil Kreativität im Zusammenhang<br />

mit Hochbegabung zwar viel diskutiert wird, aber wenig solide<br />

Literatur diesbezüglich vorliegt.<br />

Prof. Dr. Christoph Perleth<br />

christoph.perleth@philfak.uni-rostock.de<br />

newsletter12 . 01.2006 . 34


BEYOND STANDARDS<br />

Paving the way for the gifted from<br />

early childhood to higher education<br />

Frühe Förderung und Schule<br />

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Monday, February 6, 2006 until Wednesday, February 8, 2006<br />

Evangelische Akademie Bad Boll<br />

Ein Auszug der international beachtlichen Rednerliste von ca. 50 Präsentationen .............................................................................<br />

Prof. Dr. Albert ZIEGLER (Universität Ulm)<br />

Prof. Larisa V. SHAVININA (Université du Québec)<br />

Prof. Dr. Olaf KÖLLER (Humboldt University Berlin)<br />

Prof. SHI Jiannong (Chinese Academy of Sciences, Beijing)<br />

Dr. KIM Myoung Hwan (Korean Institute for the Science of Giftedness)<br />

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Prof. Dr. Christoph PERLETH (Universität Rostock)<br />

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Detailprogramm bitte anfordern bei:<br />

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