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Substitution mit retardierten Morphinen in Österreich

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Neue Wege <strong>in</strong> der Drogensubstitution, Pressekonferenz, 14. Jänner 1999, Wien<br />

„Opiatabhängigkeit Experten begrüßen erweitertes Therapiespektrum. Bislang stand für die<br />

<strong>Substitution</strong> <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Methadon zur Verfügung. Inzwischen weiß man aber, dass nicht<br />

alle Abhängigen gleich gut auf diese Substanz ansprechen. Manche Patienten leiden unter<br />

schweren und unangenehmen Nebenwirkungen, andere wieder werden übermäßig gedämpft<br />

und lethargisch. Andere Drogen wie z. B. Koka<strong>in</strong> werden dann e<strong>in</strong>genommen, um derartige<br />

Effekte zu kompensieren. In manchen Fällen führen die Nebenwirkungen sogar dazu, dass<br />

die Patienten aus dem <strong>Substitution</strong>sprogramm aussteigen und die Therapie abbrechen. E<strong>in</strong><br />

Wechsel auf e<strong>in</strong>e andere Substanz ist, wie OA Dr. Gabriele Fischer, Leiter<strong>in</strong> der<br />

Drogenambulanz an der Universitätskl<strong>in</strong>ik für Psychiatrie, Wien, betonte, erst seit dem<br />

E<strong>in</strong>satz von retardiertem Morph<strong>in</strong> möglich. Weil die Wirkdauer vergleichbar lang ist wie bei<br />

Methadon, die Nebenwirkungen aber <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund treten, stellen retardierte<br />

Morph<strong>in</strong>derivate e<strong>in</strong>en entscheidenden Fortschritt <strong>in</strong> der mediz<strong>in</strong>ischen Behandlung der<br />

Opiatabhängigkeit dar. Nebenwirkungen wie starkes Schwitzen, Gewichtszunahme, Wasser-<br />

Retention im Gewebe, Depressionen, Antriebslosigkeit, Stimmungsschwankungen und<br />

andere psychische Störungen haben bei der <strong>Substitution</strong> <strong>mit</strong> Methadon die angestrebte<br />

Resozialisierung oft erschwert. Verbesserte Therapiemethoden, so G. Fischer, sollten daher<br />

allen Suchtkranken, die häufig gesellschaftlicher Diskrim<strong>in</strong>ierung ausgesetzt s<strong>in</strong>d, helfen,<br />

nicht durch mangelnde Therapiestandards e<strong>in</strong>er wiederum diskrim<strong>in</strong>ierenden Behandlung<br />

unterzogen zu werden. Morph<strong>in</strong> statt Methadon - vorteilhafte neue Drogensubstitution. Von<br />

den vermutlich mehr als 20.000 drogensüchtigen <strong>Österreich</strong>ern erhielten 1998 <strong>in</strong>sgesamt<br />

3.082 e<strong>in</strong>e Drogenersatztherapie. Derzeit wird für die Drogensubstitution vor allem noch<br />

Methadon e<strong>in</strong>gesetzt. Immer mehr setzen sich allerd<strong>in</strong>gs die Vorteile von retardiertem<br />

Morph<strong>in</strong> durch, weswegen die Substanz sogar nun weltweit erstmals <strong>in</strong> <strong>Österreich</strong> unter dem<br />

Handelsnamen Substitol® behördlich <strong>in</strong> der Indikation zur Drogensubstitution zugelassen<br />

wurde. Da<strong>mit</strong> gelang es, e<strong>in</strong>e klare Abgrenzung zwischen Schmerz- und<br />

<strong>Substitution</strong>stherapie zu schaffen. Das Morph<strong>in</strong>sulfat-Präparat wird unter Kontrolle an die<br />

Süchtigen abgegeben und hat e<strong>in</strong>e Langzeitwirkung von 24 Stunden. Das hat den Vorteil,<br />

dass es nur e<strong>in</strong>mal täglich e<strong>in</strong>genommen werden muss. E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>nahme unter der Aufsicht<br />

des abgebenden Apothekers - wie es das neue Sucht<strong>mit</strong>telgesetz vorschreibt - ist<br />

<strong>in</strong>folgedessen relativ e<strong>in</strong>fach durchzuführen. Auch Univ.-Prof. Dr. Alfred Spr<strong>in</strong>ger, Leiter des<br />

Boltzmann-Institutes für Suchtforschung <strong>in</strong> Wien, erwartet von der derzeitigen Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>en entscheidenden Fortschritt <strong>in</strong> der mediz<strong>in</strong>ischen Behandlung der Opiatabhängigkeit:<br />

Da Hero<strong>in</strong> im Körper rasch zu Morph<strong>in</strong> verstoffwechselt wird, ist der Wirkstoff des neuen<br />

Morph<strong>in</strong>präparates genau jene Substanz, an die sich der Körper des Süchtigen im Verlauf<br />

se<strong>in</strong>er Abhängigkeitsentwicklung gewöhnt hat. Sogar bei schwerer Leber<strong>in</strong>suffizienz ist die<br />

Verabreichung des Morph<strong>in</strong>sulfates völlig ungefährlich. Dies wiegt umso mehr, als<br />

Drogenabhängige häufig an Hepatitis C leiden. Gerade bei Leber<strong>in</strong>suffizienz ist Methadon<br />

aber nicht ungefährlich, so Univ.-Prof. Mag. Dr. Eckhard Beubler vom Institut für<br />

Experimentelle und Kl<strong>in</strong>ische Pharmakologie <strong>in</strong> Graz, und wies <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

auf e<strong>in</strong>ige <strong>mit</strong> Methadon dokumentierte Todesfälle h<strong>in</strong>. Nicht zuletzt hofft auch die Exekutive,<br />

dass durch e<strong>in</strong>e höhere Akzeptanz der Therapie <strong>mit</strong> dem neuen Morph<strong>in</strong>präparat e<strong>in</strong>e<br />

Entspannung <strong>in</strong> der Szene der Begleit- und Beschaffungskrim<strong>in</strong>alität e<strong>in</strong>tritt. Weltweit erste<br />

Zulassung Das neue Präparat Substitol <strong>mit</strong> dem Wirkstoff Morph<strong>in</strong>sulfat-pentahydrat steht<br />

seit 1. Jänner 1999 <strong>in</strong> Kapselform <strong>mit</strong> den Stärken 120 mg und 200 mg zur Verfügung. Der<br />

Metabolismus ist sehr e<strong>in</strong>fach: Es wird an se<strong>in</strong>en zwei Hydroxylgruppen glukuronidiert und<br />

die Konjugationsprodukte werden <strong>mit</strong> dem Harn ausgeschieden. E<strong>in</strong>e Kumulation, wie das<br />

bei Methadon der Fall se<strong>in</strong> kann, f<strong>in</strong>det daher nicht statt. Die Substanz ist bewährt, führt zu<br />

weniger Nebenwirkungen als die bisherige Standardtherapie, reduziert durch se<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>malgabe das Missbrauchsrisiko und lässt im Vergleich zur Standardtherapie e<strong>in</strong>en<br />

deutlich ger<strong>in</strong>geren Zusatzkonsum von psychotropen Substanzen erwarten.“ 5<br />

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