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Agrarreformen in regionaler Perspektive - LernWerkstatt Geschichte ...

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Schneider, <strong>Agrarreformen</strong> 3<br />

1850 zugeordnet, lediglich teilweise werden sie bis <strong>in</strong> die frühen 1880er Jahre verfolgt.<br />

Die folgende Darstellung will zunächst darlegen, dass diese Periodisierungsgrenze zum<strong>in</strong>dest<br />

für die Verkoppelungen wenig s<strong>in</strong>nvoll ist, um dann nach den möglichen Konsequenzen<br />

zu fragen.<br />

DIE REFORMEN<br />

Um was handelte es sich bei Geme<strong>in</strong>heitsteilungen und Verkoppelungen? Beide Reformen<br />

zielten auf e<strong>in</strong>e stärkere <strong>in</strong>dividuelle Nutzung der Feldmarken, betrafen aber unterschiedliche<br />

Bereiche. Die sog. offenen, stark parzellierten Felder wurden sowohl <strong>in</strong>dividuell<br />

als auch genossenschaftlich genutzt. Die teilweise extrem schmalen Flurstücke<br />

setzten Absprachen zwischen den Bauern voraus. Triftrechte und Weiderechte verh<strong>in</strong>derten<br />

ebenfalls e<strong>in</strong>e weitgehend <strong>in</strong>dividuelle Nutzung des Landes. Die fehlenden <strong>in</strong>dividuellen<br />

Nutzungsmöglichkeiten, die dadurch e<strong>in</strong>geschränkte Verfügungsfreiheit über<br />

das Land und die durch die starke Parzellierung weiten Wege bei der Feldbestellung<br />

führten seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zu Versuchen, die Parzellen durch e<strong>in</strong>e Zusammenlegungen<br />

zu verr<strong>in</strong>gern und e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Nutzung zu ermöglichen.<br />

Individuelle Nutzungen waren bei den Geme<strong>in</strong>heitsflächen („commons“) dagegen<br />

von vornhere<strong>in</strong> weitgehend ausgeschlossen; alle Geme<strong>in</strong>debewohner nutzten die geme<strong>in</strong>samen<br />

Flächen, wobei die Nutzungsrechte nach Hofklassen (Landlose hatten ke<strong>in</strong><br />

Recht, die Geme<strong>in</strong>heiten zu nutzen) meist differenziert waren. Kennzeichnend für die<br />

Geme<strong>in</strong>heiten („commons“) war das Ause<strong>in</strong>anderklaffen von Nutzungsrechten und tatsächlicher<br />

Nutzung: viele landlose Dorfbewohner waren auf die Geme<strong>in</strong>weiden angewiesen.<br />

Übernutzung <strong>in</strong> Folge der Bevölkerungszunahme im 18. Jahrhundert und Konflikte<br />

um die Nutzungsrechte (auch zwischen mehreren, an den Geme<strong>in</strong>heiten beteiligten<br />

Geme<strong>in</strong>den) prägten <strong>in</strong> der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zunehmend das Bild<br />

und förderten Bestrebungen zur Aufhebung der <strong>in</strong>dividuellen Nutzung.<br />

Die Reformversuche im 18. Jahrhundert zeichneten sich dadurch aus, dass sie räumlich<br />

begrenzt blieben, von dörflicher wie landesherrlicher Seite betrieben wurden, jedoch<br />

ohne e<strong>in</strong>deutige gesetzliche Regelungen und ohne e<strong>in</strong>en entsprechend ausgebildeten<br />

Beamtenapparat. Jedoch gab es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe von Territorien schon erste Geme<strong>in</strong>heitsteilungsordnungen.<br />

Dennoch kam dem Erlass der Lüneburger Geme<strong>in</strong>heitsteilungsordnung<br />

von 1802 e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung zu, denn hiermit wurde e<strong>in</strong>e neue Reformphase<br />

e<strong>in</strong>geleitet, die ab Anfang der 1820er Jahre fortgeführt wurde. Nach der<br />

Lüneburger Ordnung von 1802 folgten 1821 Preußen, dann das Königreich Hannover mit<br />

mehreren Gesetzen für die e<strong>in</strong>zelnen Teilgebiete; erst 1842 erschien hier e<strong>in</strong>e gesetzliche<br />

Regelung für das gesamte Königreich. In anderen norddeutschen Territorien setzten<br />

gesetzliche Bestimmungen teilweise schon im 18. Jahrhundert e<strong>in</strong> (Osnabrück) oder<br />

wurden erst nach 1850 erlassen (Oldenburg 1858). Schon alle<strong>in</strong> diese zeitliche Spreizung<br />

der Reformgesetze <strong>in</strong> Nordwestdeutschland läßt Skepsis aufkommen, ob e<strong>in</strong>e Begrenzung<br />

des Reformprozesses auf die Zeit von 1750 bis 1850 s<strong>in</strong>nvoll ist.

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