Technische Universität München Differentialgeometrie: Grundlagen
Technische Universität München Differentialgeometrie: Grundlagen
Technische Universität München Differentialgeometrie: Grundlagen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
P17: Tangentialvektoren auf der S 2<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />
Zentrum Mathematik<br />
<strong>Differentialgeometrie</strong>: <strong>Grundlagen</strong><br />
Sommersemester 2011<br />
Prof. Dr. Tim Hoffmann — Dr. Jan Wehrheim<br />
Übungsblatt 5 - Musterlösung<br />
Wir betrachten das Vektorfeld X : R 2 → T R 2 ; X(p) =<br />
( ( 1<br />
p, im R<br />
0))<br />
2 .<br />
a) Veranschaulichen Sie sich das Vektorfeld X anhand einer Zeichnung.<br />
b) Berechnen Sie die Ableitung dφ N : T R 2 → T R 3 der stereographischen Projektion zum Nordpol<br />
und beschreiben Sie das Tangentialbündel T S 2 der S 2 .<br />
c) Berechnen Sie das Vektorfeld dφ N (X) auf der S 2 . Zeichnen Sie einige der Vektoren d p φ N (X)<br />
für p ∈ R 2 . Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Vektorfeld dφ N (X) und den Parameterlinien<br />
von φ N ?<br />
d) Ist dφ n (X) ein stetiges Vektorfeld auf der S 2 ohne Nullstelle?<br />
Lösung zu P17:<br />
a)<br />
→ → →<br />
→ → →<br />
→ → →<br />
b) Die stereographischen Projektion zum Nordpol ist gegeben durch<br />
⎛ ⎞<br />
2x<br />
φ N : R 2 → R 3 1<br />
; φ N (x, y) =<br />
1 + x 2 + y 2 · ⎝ 2y ⎠ .<br />
x 2 + y 2 − 1<br />
Wir berechnen<br />
⎛<br />
⎞<br />
2(1 − x<br />
∂φ N<br />
∂x = 1<br />
2 + y 2 )<br />
(1 + x 2 + y 2 ) 2 · ⎝ −4xy ⎠<br />
4x<br />
und<br />
⎛<br />
⎞<br />
−4xy<br />
∂φ N<br />
∂y = 1<br />
(1 + x 2 + y 2 ) 2 · ⎝2(1 + x 2 − y 2 ) ⎠ .<br />
4y<br />
Die Ableitung ist also durch die Matrix<br />
⎛<br />
⎞<br />
2(1 − x<br />
1<br />
2 + y 2 ) −4xy<br />
d (x,y) φ N :=<br />
(1 + x 2 + y 2 ) 2 · ⎝ −4xy 2(1 + x 2 − y 2 ) ⎠<br />
4x<br />
4y<br />
gegeben und es gilt dφ N : T R 2 → T R 3 ; (p, v) ↦→ (φ N (p), d p φ N (v)).<br />
Das Tangentialbündel T S 2 der S 2 ist auf der durch φ N parametrisierten Menge durch das Bild<br />
der Abbildung dφ N gegeben. Man überzeugt sich davon, dass dies der Anschauung entspricht:<br />
Der Vektor d p φ N (v) ist stets orthogonal zum Ortsvektor φ N (p).<br />
c) Wegen X(p) = (1, 0) ist dφ N (X) an der Stelle p gegeben durch ∂φ N /∂x(p). Das Vektorfeld<br />
dφ N (X) ist also genau das Einheitstangentialvektorfeld entlang der Parameterlinien<br />
für feste y 0 ∈ R.<br />
γ : R → S 2 ; γ(t) = φ N (t, y 0 )<br />
d) Das Vektorfeld dφ N (X) ist zunächst nur auf dem Bild von φ N , also auf S 2 \ {N} definiert.<br />
Auf seinem Definitionsbereich ist es stetig und hat in der Tat keine Nullstelle. Man kann das<br />
Vektorfeld nun aber über den Nordpol hinweg stetig fortsetzen, denn es gilt<br />
lim d pφ N (X) = 0.<br />
|p|→∞<br />
Und diese stetige Fortsetzung hat dann am Nordpol die Nullstelle.
P18: Funktionsgraphen<br />
Es sei g : R 2 → R eine glatte Funktion. Wir betrachten die parametrisierte Fläche<br />
f := Graph(g) : R 2 → R 3 ; (x, y) ↦→ (x, y, g(x, y)).<br />
a) Zeigen Sie, dass f regulär ist.<br />
b) Bestimmen Sie die von f induzierte Metrik (d.h. die erste Fundamentalform).<br />
c) Für welche Funktionen g ist f orthogonal (konform, isometrisch) parametrisiert?<br />
Lösung zu P18:<br />
a) Es gilt<br />
f x = ∂f<br />
∂x = (1, 0, g x) und f y = ∂f<br />
∂y = (0, 1, g y)<br />
und somit sind f x (p) und f y (p) für alle p ∈ R 2 linear unabhängig, d p f hat also stets vollen<br />
Rang, also ist f regulär.<br />
b) Die Darstellung der induzierten Metrik bezüglich der Standardbasis des R 2 ist gegeben durch<br />
( ) ( ) ( )<br />
E F 〈fx , f<br />
= x 〉 〈f x , f y 〉 1 +<br />
2 gx g<br />
=<br />
x g y<br />
2 .<br />
F G 〈f x , f y 〉 〈f y , f y 〉 g x g y 1 + g y<br />
c) Die Parametrisierung ist genau dann orthogonal, wenn F = 0. Dies ist also genau dann der<br />
Fall, wenn für alle p ∈ R 2 entweder g x (p) = 0, oder g y (p) = 0.<br />
Die Parametrisierung ist genau dann konform, wenn zusätzlich E = G. Dies ist also genau dann<br />
der Fall, wenn g x (p) = g y (p) = 0 für alle p ∈ R 2 . Das bedeutet, dass g eine Konstante ist.<br />
In dem Fall ist aber automatisch schon E = G = 1 und die Parametrisierung ist also sogar<br />
isometrisch.<br />
Zusatz zur Lösung von Aufgabe P18c)<br />
Ist g : R 2 → R eine Funktion mit der Eigenschaft<br />
∀p ∈ R 2 : g x (p) · g y (p) = 0,<br />
so folgt in der Tat, dass eine der partiellen Ableitungen g x oder g y komplett für alle p ∈ R 2 verschwindet.<br />
Die Funktion g ist also von einer der Variablen x oder y unabhängig. Der Beweis für<br />
diese Tatsache ist nicht ganz offensichtlich:<br />
Angenommen wir haben einen Punkt p 0 ∈ R 2 mit g y (p 0 ) = c 0 ≠ 0. Wegen der Stetigkeit von g y<br />
finden wir also eine offene Umgebung U von p 0 mit g y (p) ≠ 0 für alle p ∈ U. Aus obiger Eigenschaft<br />
folgt dann g x (p) = 0 für alle p ∈ U. Nun nutzen wir aus, dass g eine glatte Funktion ist und somit<br />
die partiellen Ableitungen nach x und nach y kommutieren:<br />
∂g y<br />
∂x (p) = ∂g x<br />
(p) = 0 für alle p ∈ U,<br />
∂y<br />
da g x auf U eine konstante Funktion ist. Es folgt, dass g y ausgehend von p 0 in x-Richtung auf einem<br />
kleinen Intervall konstant ist, also<br />
g y (p 0 + t · e x ) = c 0 für alle t ∈ (−ε, ε)<br />
mit einem hinreichend kleinen ε. Daraus folgt aber schon, dass g y auf der ganzen Gerade p 0 + R · e x<br />
konstant gleich c 0 ist: Es sei T das Supremum der Menge<br />
R := {r > 0 | g y (p 0 + t · e x ) = c 0 für alle t ∈ (−r, r)}.<br />
Ist T < ∞, so ist aufgrund der Stetigkeit von g y dann auch<br />
g y (p 0 + T · e x ) = g y (p 0 − T · e x ) = c 0<br />
und eine Wiederholung des obigen Argumentes mit p 0 ersetzt durch p 0 ±T ·e x zeigt, dass tatsächlich<br />
sogar T + ε in der Menge R enthalten ist — im Widerspruch zur T = sup(R). Also ist T = ∞ und<br />
R = R.<br />
Ist also g y an einer Stelle p 0 ungleich Null, so ist g y auf der ganzen Geraden p 0 + R · e x konstant.<br />
Ist g y (p 0 ) = 0, so folgt nun per Widerspruch, dass auch g y (p) = 0 für alle p ∈ p 0 + R · e x . Es folgt<br />
also, dass g y in der Tat konstant ist auf allen Geraden parallel zur x-Achse.
Genau die gleiche Argumentation können wir für g x durchführen. Wir erhalten, dass g x konstant ist<br />
entlang aller Geraden parallel zur y-Achse.<br />
Wäre nun g y (p 0 ) ≠ 0 für einen Punkt p 0 ∈ R 2 , dann wäre g y auf der ganzen Gerade durch p 0 parallel<br />
zur x-Achse ungleich Null. Aus der Eigenschaft g x (p) · g y (p) = 0 folgt dann, dass g x (p) = 0 für alle<br />
p ∈ p 0 + R · e x . Da g x aber konstant ist auf allen Geraden parallel zur y-Achse folgt<br />
g x (p) = 0 für alle p ∈ p 0 + R · e x + R · e y = R 2 .<br />
P19: Kurven auf Flächen<br />
Wir betrachten die Funktion g : R 2 → R mit g(x, y) := sin(x) · sin(y) und dazu die parametrisierte<br />
Fläche f := Graph(g). Bestimmen Sie alle Punkte, an denen sich die Parameterlinien von f<br />
orthogonal schneiden.<br />
Lösung zu P19:<br />
Die Parameterlinien durch einen Punkt f(x 0 , y 0 ) in der parametrisierten Fläche sind gegeben durch<br />
die Formeln<br />
γ 1 : R → R 3 ; γ 1 (t) = f(x 0 + t, y 0 )<br />
und<br />
γ 2 : R → R 3 ; γ 1 (t) = f(x 0 , y 0 + t).<br />
Ihr Schnittwinkel ist definiert als der Winkel zwischen ihren Tangentialvektoren. Wir müssen also<br />
das Skalarprodukt zwischen diesen Tangentialvektoren berechnen und die Kurven schneiden sich<br />
orthogonal, wenn dieses Skalarprodukt verschwindet.<br />
Zur Berechnung das Skalarproduktes haben wir zwei Optionen: Wir können im R 3 rechnen, oder<br />
wir können im Parameterbereich R 2 rechnen.<br />
Im R 3 : Die Tangentialvektoren (im Punkt t = 0) an die Parameterlinien sind<br />
⎛<br />
˙γ 1 (t) = ⎝<br />
1<br />
0<br />
⎞<br />
⎠ und<br />
⎛<br />
˙γ 2 (t) = ⎝<br />
0<br />
1<br />
⎞<br />
⎠ .<br />
cos(x 0 ) sin(y 0 )<br />
sin(x 0 ) cos(y 0 )<br />
Es gilt also<br />
〈 ˙γ 1 (t), ˙γ 2 (t)〉 = cos(x 0 ) sin(x 0 ) cos(y 0 ) sin(y 0 ) = 0 ⇐⇒ x 0 ∈ Z · π<br />
2 ∨ y 0 ∈ Z · π<br />
2 .<br />
Im R 2 : Die induzierte Metrik bezüglich der Standardbasis des R 2 ist gegeben durch<br />
( ) (<br />
)<br />
E F<br />
cos(x)<br />
=<br />
2 sin(y) 2 cos(x) sin(x) cos(y) sin(y)<br />
F G cos(x) sin(x) cos(y) sin(y) sin(x) 2 cos(y) 2 .<br />
Die Parameterlinien im R 2 haben die Tangentialvektoren (1, 0) und (0, 1). Sie schneiden sich genau<br />
dann orthogonal, wenn<br />
( ) t ( ) ( 1 E F 0<br />
· · = F = cos(x) sin(x) cos(y) sin(y) = 0<br />
0 F G 1)<br />
gilt. Dies ist genau die gleiche Bedingung, wie oben.<br />
H20: Der Rotationstorus<br />
Geben Sie eine reguläre Parametrisierung f : R 2 → R 3 des Rotationstorus<br />
{<br />
∣ ∣∣∣ (√ ) }<br />
2<br />
T = (x, y, z) ∈ R 3 x2 + y 2 − a + z 2 = r 2 mit a > r > 0<br />
an und bestimmen Sie die von f induzierte Metrik (d.h. die erste Fundamentalform). Ist Ihre Parametrisierung<br />
orthogonal, konform oder sogar isometrisch?<br />
Lösung zu H20:<br />
Da in die definierende Gleichung von T nur der Abstand √ x 2 + y 2 in der xy-Ebene vom Nullpunkt<br />
eingeht, ist die Punktmenge T symmetrisch unter Rotationen um die z-Achse. Es genügt also zum<br />
Beispiel, die Menge in der xz-Ebene zu verstehen - das ganze Gebilde entsteht dann durch Rotation<br />
um die z-Achse. Für y = 0 haben wir die Gleichung<br />
(|x| − a) 2 + z 2 = r 2 .
Dies sind zwei Kreise mit Radius r um die Mittelpunkte (x = a, z = 0) und (x = −a, z = 0).<br />
Rotiert man diese Kreise nun um die z-Achse, so erhält man einen Torus. Deshalb heißt T auch<br />
Rotationstorus.<br />
Eine Parametrisierung erhält man nun zum Beispiel durch die allgemeine Formel für Rotationsflächen,<br />
indem wir einen der beiden Kreise parametrisieren. Es ergibt sich<br />
⎛<br />
⎞<br />
cos(t 2 )(a + r cos(t 1 ))<br />
f : R 2 → R 3 ; (t 1 , t 2 ) ↦→ ⎝sin(t 2 )(a + r cos(t 1 )) ⎠ .<br />
r sin(t 1 )<br />
Wir berechnen<br />
⎛<br />
⎞<br />
−r cos(t 2 ) sin(t 1 )<br />
∂ 1 f = ⎝−r sin(t 2 ) sin(t 1 ) ⎠ und<br />
⎛<br />
⎞<br />
− sin(t 2 )(a + r cos(t 1 ))<br />
∂ 2 f = ⎝ cos(t 2 )(a + r cos(t 1 )) ⎠<br />
r cos(t 1 )<br />
0<br />
und erkennen daraus, dass die Parametrisierung regulär ist, da die partiellen Ableitungen linear<br />
unabhängig sind. Ferner ist 〈∂ 1 f, ∂ 2 f〉 = 0 - die Parametrisierung ist also orthogonal - und es gilt<br />
‖∂ 1 f‖ 2 = r 2 und ‖∂ 2 f‖ 2 = (a + r cos(t 1 )) 2 .<br />
Die Parametrisierung ist also nicht konform und somit auch nicht isometrisch.