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Umnutzung von alten Gebäuden zu Wohnzwecken<br />
Neue Nutzungskonzepte zur Quartiersentwicklung<br />
www.mbv.nrw.de
Inhalt<br />
5 Vorwort<br />
6 Neues Leben in alten Gebäuden<br />
Umnutzungs- und Umbaukonzepte zur Quartiersentwicklung<br />
Projekte<br />
14 Wohnquartier Widra-Areal Aachen<br />
18 Wohnprojekt Denkwerk Bielefeld<br />
22 Servicewohnen im ehemaligen Theodor-Fliedner-Heim Dortmund<br />
24 Wohnprojekt Linienstraße Düsseldorf<br />
28 Beginen-Wohnprojekt Essen<br />
30 Matthäuskirche Grevenbroich<br />
32 Alte Schule Werries Hamm<br />
36 Alte Schirmfabrik Krefeld<br />
40 Andreaskirche und Gemeindehaus Recklinghausen<br />
42 Alfonsushaus Rheine<br />
46 Klosteranlage Welver<br />
50 Kreuzkirche Wuppertal-Langerfeld<br />
52 Fotonachweis<br />
54 Impressum
Vorwort<br />
Städte, Gemeinden, Unternehmen und private Bauherren in Nordrhein-Westfalen<br />
verfügen über große Potenziale an leer stehenden oder untergenutzten Gebäuden,<br />
oft in integrierten Lagen, in der Stadtmitte oder im Stadtteilzentrum: ehemalige<br />
Industrie-, Gewerbe- und Bürogebäude, nicht mehr genutzte Bahnhöfe und<br />
Verwaltungsgebäude und auch – in zunehmendem Maße – Kirchen und Gemeindehäuser.<br />
Manche dieser Gebäude stehen unter Denkmalschutz, besitzen eine<br />
stadtbildprägende Bedeutung und sind wichtige Zeugen der Stadt- und Baugeschichte.<br />
Mit einer ökonomisch tragfähigen Umnutzung können sie erhalten und<br />
auf Grund ihres besonderen Charakters oft besser als Neubauten für die Quartiersentwicklung<br />
genutzt werden.<br />
Zugleich stellen der demografische Wandel, die Veränderung der Alters- und<br />
Haushaltsstrukturen und die Wohnbedürfnisse unserer individualisierten Gesellschaft<br />
die Wohnungsmärkte vor neue Herausforderungen. Heute stehen sowohl<br />
im Wohnungsneubau als auch in der Bestandsentwicklung zielgruppenspezifische<br />
Projekte im Vordergrund. Neben altersgerechtem Wohnraum bestimmen<br />
das Baugeschehen vor allem das Wohnen mit Service- und Pflegeangeboten,<br />
das Mehrgenerationenwohnen, Projekte für Alleinerziehende, Wohneigentum und<br />
eigentumsähnliche Wohnformen auf mietvertraglicher Grundlage.<br />
Viele gute Beispiele in Nordrhein-Westfalen stehen für die Möglichkeit, in umgenutzten<br />
Gebäuden Wohnraum – und zukunftsfähige neue Wohnformen – zu<br />
schaffen oder auch Angebote für die quartiersnahe Infrastruktur zu entwickeln.<br />
Das Land Nordrhein-Westfalen hat viele dieser Projekte ganz oder teilweise aus<br />
Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert.<br />
Mit dieser Broschüre präsentieren wir Ihnen daraus eine Auswahl.<br />
Oliver Wittke<br />
Minister für Bauen und Verkehr<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen
Neues Leben in alten Gebäuden<br />
Umnutzungs- und Umbaukonzepte zur Quartiersentwicklung<br />
Alte Gebäude in NRW: Bestand und Möglichkeiten<br />
Nordrhein-Westfalen verfügt über einen großen Bestand an<br />
wertvollen Gebäuden aus unterschiedlichen Epochen. In ländlichen<br />
Gegenden ebenso wie in den dicht besiedelten Ballungsräumen<br />
an Rhein und Ruhr lässt sich ein breites bauliches<br />
Spektrum an alten Bauwerken auffächern. Ob Kirche<br />
oder Kloster, Fabrik-, Gewerbe- oder Bürogebäude, ehemals<br />
landwirtschaftlich genutzte Hofanlagen, Schulen oder Krankenhäuser,<br />
die Entwicklung und die bauliche Vielfalt unserer<br />
Städte sind an diesen Gebäuden ablesbar.<br />
So unterschiedlich sie auch sind, sie prägen das Gesicht unserer<br />
Städte, Dörfer und Landschaften. Man sieht ihnen an,<br />
dass sie aus unterschiedlichen Bauzeiten stammen und für<br />
bestimmte Zwecke gebaut wurden. Sie legen bauliches Zeugnis<br />
ab von den wechselnden strukturellen, sozialen und wirtschaftlichen<br />
Anforderungen, denen unsere Städte und Gemeinden<br />
gerecht werden mussten.<br />
Sie sind aufgrund ihrer Geschichte, sozialer und religiöser<br />
Verbundenheit und als Arbeitsstätten oft stark verankert in ihrer<br />
Umgebung und Nachbarschaft. Das gilt für Klöster, Kirchen<br />
oder Schulen ebenso wie für Gebäude mit gewerblichen<br />
und handwerklichen oder landwirtschaftlichen Nutzungen wie<br />
z. B. Produktions- und Gewerbegebäude, Gutshöfe und Hofanlagen.<br />
Sie haben den Arbeits- und Lebensalltag am Ort geprägt.<br />
Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturwandel<br />
bringt eine große Zahl dieser alten Gebäude auf den Markt.<br />
Er führt immer wieder dazu, dass Gebäude ihre ursprüngliche<br />
Nutzung verlieren. Erhalt und Anpassung von alten Gebäuden<br />
an neue und veränderte Nutzungen sind also keine Erfindung<br />
unserer Zeit. Der beschleunigte wirtschaftliche und demografische<br />
Strukturwandel, der viele Städte und Kommunen<br />
erfasst hat, wirkt sich auf die gebaute Umwelt aus. Dieser<br />
Wandel mit teilweise dramatischen Umbrüchen und Entwicklungen<br />
für die vor allem von Kohle und Stahl geprägten Regionen<br />
verändert die Bevölkerungsstrukturen ebenso wie Quartiersstrukturen<br />
und die Nutzungen von Gebäuden. Dabei werden<br />
insbesondere für die folgenden Gebäudetypen wirtschaftlich<br />
tragfähige neue Nutzungen gesucht:<br />
K Industrie- und Gewerbebauten: Gerade in Nordrhein-<br />
Westfalen ist es gelungen, Gebäudebestände ehemaliger<br />
Zechen- und Stahlwerke, Fabrikanlagen und Gewerbegebäude<br />
so zu verändern, dass sie neue Nutzungen beherbergen<br />
können. Doch der tiefgreifende Strukturwandel von<br />
der Industrie- zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft<br />
unter den Bedingungen einer globalisierten Welt hat im Industrieland<br />
Nordrhein-Westfalen Lücken in das Stadtgefüge<br />
gerissen, für die neue Wohn- und Lebensqualitäten gefragt<br />
sind. So bieten die baulichen Hinterlassenschaften<br />
eines Jahrhunderts industrieller Produktion – wie der Textilindustrie<br />
und Stahlwarenfabrikation – für das Land und die<br />
Kommunen auch zukünftig noch ein großes Potenzial für<br />
Umnutzungen. Auch andere aufgelassene Gewerbestandorte,<br />
die oft in städtebaulich sehr gut integrierten Lagen zu<br />
finden sind, stehen im Fokus von stadt- und wohnungspolitischen<br />
Ambitionen, wie z. B. ehemalige Gewerbebauten<br />
und Schlachthofgelände.<br />
K Kirchen, Gemeindehäuser und Klöster: Der Mitgliederschwund<br />
der großen Kirchen hat Auswirkungen auf kirchliche<br />
Gebäude. Immer mehr Kirchen werden von kleineren<br />
und weniger Gemeinden nicht mehr – oder nicht mehr ausschließlich<br />
– für liturgische Zwecke gebraucht. Erste Kirchen-<br />
und Gemeindegebäude wurden bereits neu genutzt,<br />
verkauft oder auch abgerissen. Auch Ausbildungsstätten für<br />
den geistlichen Nachwuchs werden nicht mehr im vorhandenen<br />
Umfang benötigt.<br />
Kirchengebäude sind in vielen Fällen eng mit ihren Standorten<br />
verbunden. Sie bieten Identifikation und Ankerpunkte<br />
in einem Quartier. Das gilt nicht nur für die Gemeindemitglieder,<br />
sondern oft auch für Menschen, die schon lange<br />
ihre religiöse Bindung zur Kirche verloren haben und für die<br />
gleichwohl die Kirche zu ihrem Quartier gehört.<br />
K Bürogebäude: Die regional sehr unterschiedliche Nachfrage<br />
nach Büroflächen wird sich vor allem auf hochwertige<br />
Lagen, hervorragende Adressen, flexible Raumgrößen<br />
und modernste Gebäudetechnik konzentrieren. Gefährdet<br />
ist demnach insbesondere der Bestand der Nachkriegszeit<br />
bis zu Bürogebäuden der 70er Jahre, deren bürotechnische<br />
Ausstattung und Raumzuschnitt zeitgemäßen Ansprüchen<br />
nicht mehr genügen. Dieser Bestand ist außerdem oft ener-
Für das ehemalige<br />
Kloster Marianum in<br />
Neuss liegt bereits<br />
eine Machbarkeitsstudie<br />
zur Umnutzung vor<br />
gietechnisch veraltet und kann nur begrenzt überragende<br />
Lagevorteile geltend machen, sodass Investitionen in den<br />
Erhalt oder eine Aufwertung ausbleiben.<br />
K Öffentliche Verwaltungsgebäude und Sonderbauten:<br />
Die finanziellen Probleme der öffentlichen Haushalte zwingen<br />
viele Kommunen zu Kurskorrekturen. Dezentral verstreute<br />
öffentliche Einrichtungen werden zusammengelegt.<br />
Das führt dazu, dass Verwaltungsgebäude in guten Lagen<br />
auf einmal leer stehen. Viele traditionelle Einrichtungen für<br />
die Bürger sind mit städtischen Mitteln allein nicht mehr finanzierbar.<br />
Dazu gehören z. B. öffentliche Bäder, deren Betrieb<br />
zu teuer geworden ist. Auch sie bieten herausragende<br />
Potenziale für eine Nachnutzung. Weitere Sonderbauwerke<br />
sind zum Beispiel die Hochbunker des Zweiten Weltkriegs,<br />
deren Beseitigung einen enormen finanziellen Aufwand erfordern<br />
würde und für die eine Umnutzung eine kostengünstigere<br />
Alternative sein kann.<br />
K Schulen: Eine Folge der demografischen Veränderungen<br />
ist die sinkende Anzahl von Kindern. Die Zahl der schulpflichtigen<br />
Kinder nimmt entsprechend stetig ab. Viele Schulen<br />
werden nicht mehr benötigt. Das betrifft alte und gut integrierte<br />
Schulgebäude, die ebenso wie Kirchen oft einen<br />
hohen Identifikationswert für ihr Quartier haben. Es trifft<br />
aber auch die Schulgebäude, die in der Boomzeit der geburtenstarken<br />
Jahrgänge in den späten 50er und in den 60er<br />
Jahren gebaut worden sind und heute schon nicht mehr benötigt<br />
werden. Eine Reihe dieser Gebäude bietet sich mit<br />
den dazu gehörigen Freiflächen und den attraktiven innerörtlichen<br />
Grün- und Aufenthaltsflächen für eine Nachnutzung<br />
an, die auch für das umgebende Quartier von Bedeutung<br />
sein kann.<br />
K Ladenlokale und Geschäftshäuser: Der weitreichende<br />
Strukturwandel im Einzelhandel führt in vielen Städten zu<br />
Leerstand von Ladenlokalen und Geschäftshäusern unterschiedlichster<br />
Größe. Im Zuge einer Konzentration des Handels<br />
auf sogenannte 1a-Standorte stehen Geschäftslagen<br />
für andere Nutzungen – auch für kombinierte Nutzungen<br />
wie Dienstleistung und Wohnen – zur Verfügung. Hier liegt<br />
der Vorteil für neue Nutzungen in der innerstädtischen Lage<br />
und in der engen Anbindung an städtisches Leben mit den<br />
sozialen und kulturellen Infrastrukturangeboten sowie den<br />
Waren des alltäglichen Bedarfs. Dieser Vorteil bietet zunehmend<br />
Chancen, Wohnprojekte für ältere Menschen in zentralen<br />
innerstädtischen Lagen zu entwickeln.<br />
K Gutshöfe und ländliche Anwesen: Die Industrialisierung<br />
der Landwirtschaft, die verringerte Zahl landwirtschaftlicher<br />
Betriebe auf eine marktfähige Größe und die schwierige<br />
Marktlage führen dazu, dass viele Höfe und Güter aufgegeben<br />
werden. Ihre oftmals reizvolle Bausubstanz (Bruchsteinbauten,<br />
Fachwerkhäuser) in guten Lagen kleinerer Städte<br />
und Gemeinden oder in landschaftlich attraktiven Lagen<br />
am Stadtrand bietet sich für Nachnutzungen an. Häufig mit<br />
mehreren Gebäuden zu Hofanlagen gruppiert, eignen sie<br />
sich in besonderer Weise für Wohngruppen für ältere, pflegebedürftige<br />
und behinderte Menschen oder nachbarschaftlich<br />
geprägte Wohnformen.<br />
K Kasernengebäude: Die veränderte politische Situation<br />
in Europa und Deutschland (Wiedervereinigung und Abzug<br />
der alliierten Truppen) haben seit den 90er Jahren in Nordrhein-Westfalen<br />
eine Reihe großflächiger Areale mit weitgehend<br />
intakter Bausubstanz wieder der Stadtentwicklung zugeführt.<br />
Die Konversion ehemaliger militärischer Anlagen<br />
gehörte folgerichtig zu den Schwerpunkten der Stadtentwicklungs-<br />
und Wohnungspolitik bis Anfang des 21. Jahrhunderts.<br />
Viele zu Wohnzwecken umgenutzte Kasernengebäude<br />
und ergänzende Neubauten auf den ehemaligen Kasernengeländen<br />
zeugen hier von gelungenen neuen Nutzungen.<br />
Die Ansprüche an Gebäudenutzungen ändern sich<br />
Für alle diese Gebäude gilt, dass sich während ihrer Lebenszeit<br />
die Ansprüche an die Bausubstanz, an Grundriss,<br />
Ausstattung und Gebäudehülle ändern. Wenn die Ursprungsnutzer<br />
das Gebäude verlassen und eine Anpassung<br />
sehr aufwändig ist, stellt sich die Frage nach der weiteren<br />
Verwendbarkeit. Oft sind diese Gebäude architektonisch<br />
sehr ansprechend und verfügen über heute nicht mehr<br />
übliche handwerkliche Qualitäten. Insbesondere ihre häufig<br />
hervorragende städtebauliche Einbindung legt es nahe, sie<br />
durch veränderte Nutzungen zu erhalten.
Gut Rochholz in Gevelsberg<br />
wird zu einer anspruchsvollen<br />
Wohnanlage umgebaut (links).<br />
Das Projekt „Mehrgenerationenwohnen“<br />
sichert die Zukunft der<br />
Alten Schule Ottelau in Herford<br />
(rechts)<br />
Parallel dazu entsteht eine wachsende Nachfrage: Bewohner<br />
mit unterschiedlichen Lebensstilen und Wohnformen,<br />
vor allem aber ältere Menschen, die individuell oder in<br />
der Gemeinschaft leben wollen, suchen nach passendem<br />
Wohnraum – komfortabel und mit Atmosphäre und in gut<br />
mit Infrastruktur versorgten Lagen. Mit ihrer soliden Bauweise<br />
und besonderem Charme bieten viele dieser alten Gebäude<br />
attraktive Wohnperspektiven. Wenn es gelingt, zeitgemäße<br />
und barrierefreie Wohnungen in die alten Gebäude<br />
einzubauen, kann die Wohnungsversorgung verbessert werden,<br />
und es entstehen Wohnanlagen und Nachbarschaften<br />
mit hohem Wohnwert. Diese Chance zu nutzen heißt Vielfalt<br />
und Lebensqualität in den Städten und Gemeinden zu bewahren.<br />
Deshalb sind der Erhalt und die Umnutzung der beschriebenen<br />
Gebäude auch ein wichtiger Beitrag zur Quartiers-<br />
und Stadtentwicklung.<br />
Erhaltenswürdige Gebäude und Areale<br />
Viele der genannten Gebäudetypen stehen als Zeugen ihrer<br />
Zeit unter Denkmalschutz oder sind als besonders erhaltenswert<br />
eingestuft. Neben ihrer bauhistorischen und kulturellen<br />
Bedeutung sind sie Dokumente der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte<br />
und tragen zur Identität der Städte und<br />
Gemeinden bei, deren wertvollstes Kapital im Wettbewerb<br />
um Wirtschaftsunternehmen, Wohnbevölkerung und Tourismus<br />
ihre Authentizität und Unverwechselbarkeit ist. Eine<br />
reine Musealisierung von Gebäuden führt jedoch nicht zum<br />
Ziel. Nur eine wirtschaftlich tragfähige Folgenutzung wird<br />
denkmalwerte Gebäude langfristig sichern können.<br />
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der für den Erhalt und die<br />
Umnutzung spricht, ist der Standortfaktor: Viele dieser Gebäude<br />
befinden sich in günstiger Lage. So sind z. B. Kirchen<br />
und Schulen traditionell Mittelpunkte und zentrale Anlaufstellen<br />
ihres Quartiers. Diese exzellente städtebauliche Position<br />
kann im Interesse der Weiterentwicklung eines Quartiers<br />
gestärkt werden. Kommunen und Investoren stehen<br />
daher vor der wichtigen Aufgabe, den Lagewert eines Objekts<br />
zu erkennen und für einen attraktiven Quartiersumbau<br />
zu nutzen. In vielen Fällen können auch ergänzende Neubauten<br />
auf dem Areal die Stabilität und Attraktivität der Nutzungsangebote<br />
erheblich fördern.<br />
K Wohnen als zukunftssichere Nutzungsperspektive.<br />
Wohnen ist nicht die einzige Nutzungsalternative, und nicht<br />
in jedem Fall wird sie sich als die beste Möglichkeit abzeichnen,<br />
ein altes Gebäude zu erhalten. Damit ein Bauwerk erfolgreich<br />
für aktuelle Wohnbedürfnisse umgenutzt werden<br />
kann, müssen mehrere Rahmenbedingungen erfüllt sein:<br />
Bedarf und Nachfrage nach Wohnraum mit bestimmten<br />
Qualitätsstandards und für bestimmte Zielgruppen stehen<br />
in der Regel im Vordergrund erster Überlegungen für eine<br />
Wohnnutzung. Die Frage, ob sich die Bausubstanz durch<br />
Umbau für Wohnzwecke eignet, ist dann zentrales Prüfkriterium<br />
im Rahmen der baulich/technischen Machbarkeitsprüfung.<br />
Zu klären ist insbesondere, ob zeitgemäße Grundrisse<br />
entstehen können, ob verschiedene Wohnformen, so<br />
z. B. auch für Gruppenwohnungen, gewünscht und technisch<br />
machbar, ob Wärmeschutz und Barrierefreiheit, Balkone<br />
und Terrassen herstellbar sind. Dies ist immer in engem<br />
Zusammenhang mit eventuellen denkmalrechtlichen<br />
Auflagen und vor allem mit der Ermittlung der notwendigen<br />
Baukosten zu prüfen.<br />
K Steigender Wohnungsbedarf trotz sinkender Bevölkerungszahl.<br />
Trotz eines in den nächsten Jahrzehnten zu erwartenden<br />
deutlichen Gesamtbevölkerungsrückgangs wird<br />
die Zahl der Haushalte – insbesondere auch aufgrund der<br />
zunehmenden Zahl der Singlehaushalte – zunächst weiter<br />
steigen. Hinzu kommen die gestiegenen Flächen- und Komfortansprüche<br />
der Mieter, die zu einem weiter wachsenden<br />
Wohnflächenbedarf führen. Die Bevölkerung in NRW wird<br />
nach Prognosen des Landesamtes für Datenverarbeitung<br />
und Statistik NRW (LDS NRW) von zurzeit rd. 18,1 Millionen<br />
bis zum Jahr 2020 auf 17,95 und bis 2040 auf 16,86 Millionen<br />
sinken. Das entspricht dem Stand von 1988.<br />
Die Zahl der Haushalte hingegen – eine wichtige Bezugsgröße<br />
für den künftigen Wohnbedarf – wird nach den Vorausberechnungen<br />
des LDS zumindest bis 2020 um mehr<br />
als 100.000 auf 8,47 bis 8,49 Millionen steigen, bis 2040<br />
dann aber deutlich um etwa 400.000 sinken. Allerdings werden<br />
sich die Wohnungsmärkte und die Haushalte regional<br />
und teilräumlich sehr unterschiedlich entwickeln. Für Investitionen<br />
in den Bestand ist dabei insbesondere zu berücksichtigen,<br />
welche ökonomische Dynamik und welche Wohnungsnachfrage<br />
für welche Zielgruppen zu erwarten sind.<br />
In nachfragestarken Regionen mit z. B. hohem Bedarf auch
für neue Wohnformen im Alter werden auch Bestandsgebäude<br />
auf ihre Eignung für neue Wohnzwecke geprüft werden,<br />
während in nachfrageschwachen Regionen die Umnutzungsoption<br />
zu Wohnzwecken begrenzt ist und oft nur in<br />
kleinräumlich hochwertigeren Lagen sinnvoll sein wird.<br />
Ausdifferenzierung der Wohnformen: Schwerpunkt<br />
Wohnen im Alter<br />
Aufgrund der sich ausdifferenzierenden Nachfrage auf dem<br />
Wohnungsmarkt bestehen besonders gute Chancen, alte<br />
Gebäude passgenau für besondere Nachfragergruppen zu<br />
entwickeln. So lässt sich neben dem Trend „Zurück in die<br />
Stadt“ auch ein Trend zum Wohnen im Bestand ausmachen,<br />
eine Nachfrage, die durch die Umnutzung erfolgreich aufgegriffen<br />
werden kann. Künstler, Architekten und Designer, die<br />
das besondere Flair der historischen Bausubstanz schätzen,<br />
waren Vorreiter, viele sind ihnen gefolgt. Hinter historischen<br />
Mauern sind heute mehr denn je neue Wohnformen<br />
für besondere Zielgruppen anzutreffen.<br />
Angesichts der zunehmenden Alterung der Bevölkerung lassen<br />
sich insbesondere zwei Gruppen ausmachen: Zum einen<br />
die kaufkräftigen „jungen Alten“, die Generation 50plus,<br />
die sich mit dem Bezug eines umgenutzten Gebäudes einen<br />
speziellen Wohnwunsch erfüllt – etwa die großzügige Loftwohnung<br />
auf einer Ebene mit Raum für kreative Arbeit und<br />
Hobby. Eine steigende Nachfrage kommt jedoch aus der<br />
Gruppe der mobilitätseingeschränkten älteren Bürgerinnen<br />
und Bürger, die auch im Alter am gesellschaftlichen Leben<br />
teilhaben wollen, gern mitten im Geschehen wohnen, Kultur-,<br />
Bildungs- und Versorgungseinrichtungen wie Bäcker, Café<br />
oder Arzt, aber auch Freizeiteinrichtungen (z. B. Parks) in<br />
fußläufiger Nähe haben wollen. Diese Gruppe schätzt außerdem<br />
den Anschluss an den öffentlichen Personennahverkehr.<br />
Zu den unabdingbaren Ansprüchen an eine Umnutzung zu<br />
Wohnzwecken gehört heute die Barrierefreiheit bzw. der<br />
weitgehend barrierefreie Ausbau. Dabei wird Barrierefreiheit<br />
künftig im Sinne eines „Komfortmerkmals für alle“ und nicht<br />
für bestimmte Spezialnachfragegruppen an Wert gewinnen.<br />
Auch Familien mit Kindern schätzen die barrierefreie Erschließung<br />
ihrer Wohnungen.<br />
Wohnungswirtschaftliches und wohnungspolitisches Ziel ist<br />
es in allen diesen Fällen, zukunftsfähige Wohnformen mit einer<br />
breiten Vielfalt an Wohnangeboten zu schaffen. Dazu<br />
zählen zunehmend auch Angebote an der Schnittstelle von<br />
Wohnen und Pflege im Alter, auch dafür sind Bestandsgebäude<br />
zu nutzen. Gemeinsam ist den neuen Wohnmodellen<br />
die Betonung der weitestgehenden Selbstständigkeit der<br />
Bewohner mit einer ambulanten Betreuung bei Bedarf, die<br />
gleichwohl ebenfalls Sicherheit rund um die Uhr gewährleistet.<br />
Die neuen Wohnangebote beinhalten verschiedene<br />
Modelle: vom betreuten Wohnen über Mehrgenerationenwohnen<br />
bis zur betreuten Wohn- oder Hausgemeinschaft.<br />
Von kommunaler Seite besteht auch für diese neuen Wohnformen<br />
im Alter ein zunehmendes Interesse. Sie tragen zu<br />
einer Weiterentwicklung von städtebaulich gut integrierten<br />
Lagen bei. Umnutzung für solche Wohnzwecke stärkt und<br />
stabilisiert somit auch die Nachfrage nach vorhandener Versorgungsinfrastruktur.<br />
Erfahrungen mit unterschiedlichen Gebäudetypen<br />
Die Umnutzung von alten Gebäuden kann je nach Gebäudetyp<br />
eine unaufwändige oder eine überaus komplexe Aufgabe<br />
sein. In jedem Einzelfall erfordert sie einen intensiven<br />
Abwägungsprozess, in dem zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen<br />
sind.<br />
• Ist die Lage des Gebäudes für die zukünftige Nutzung<br />
angemessen? Sind Anschlüsse zum öffentlichen Personennahverkehr<br />
vorhanden und die Angebote zur täglichen<br />
Versorgung schnell erreichbar? Sind auch spezielle<br />
Anforderungen von Menschen mit starken Einschränkungen<br />
der persönlichen Mobilität zu erfüllen?<br />
• Ist die Bausubstanz noch so intakt, dass sie mit einem<br />
tragbaren Aufwand weiter genutzt werden kann, und lassen<br />
sich die vorhandenen Raumangebote mit der zukünftigen<br />
Nutzung in Einklang bringen?<br />
• Bleibt der Charakter des Gebäudes nach dem Umbau<br />
erkennbar, auch wenn neue Elemente wie z. B. Balkone<br />
oder Freisitze ergänzt werden?<br />
• Bietet das Gebäude den zukünftigen Bewohnern oder<br />
Bewohnergruppen eine Wohnqualität, die ihren Wünschen<br />
gerecht wird und es so zu einem „Zuhause“ werden<br />
lässt?
10<br />
Hochbunker in Hamm zum Penthouse<br />
umgenutzt<br />
(Architekt: Mick Amort, Bonn)<br />
Reihenhäuser in einem umgenutzten<br />
Bunker in Köln-Nippes (Luczak Architekten,<br />
Köln)<br />
Das „Siebengebirge“: Zu Wohnlofts<br />
umgenutzte historische Speichergebäude<br />
im Kölner Rheinauhafen<br />
(Architekten: KSG Köln)<br />
• Wie ist schließlich unter Einbeziehung aller Aspekte –<br />
des Denkmalsrangs, der städtebaulichen Bedeutung,<br />
des zukünftigen Wohnwerts, der Quartiers- und Stadtteilentwicklung<br />
– die Wirtschaftlichkeit der Umnutzung zu<br />
bewerten?<br />
In dieser Dokumentation werden verschiedene Beispiele<br />
vorgestellt, die sich auf vier Gebäudetypen konzentrieren.<br />
Die skizzierten Abwägungsprozesse zeigen bei jedem Gebäudetyp<br />
unterschiedliche Gewichtungen und Entscheidungen.<br />
K Industrie- und Gewerbebauten: Die hervorragende Eignung<br />
dieses Gebäudetyps für die Wohnnutzung ist durch einen<br />
eigenen Wohntyp – das Loft – belegt, das vom Image<br />
her mittlerweile zu den etablierten repräsentativen Wohnformen<br />
aufgeschlossen hat. Doch auch darüber hinaus<br />
sind unzählige Möglichkeiten bekannt, in den oft atmosphärisch<br />
beeindruckenden Räumen Wohnungen einzurichten.<br />
So entstanden in der denkmalgeschützten Alten Schirmfabrik<br />
in Krefeld in Innenstadtnähe 15 attraktive, öffentlich geförderte<br />
Wohnungen. Das ehemalige Widra-Areal in Aachen<br />
hat sich zu einem begehrten Wohnstandort entwickelt, der<br />
seinen Bewohnern inmitten des innenstadtnahen Quartiers<br />
großzügige Freiräume bietet. Auch die barrierefreie Ausstattung<br />
von Wohnungen ist in alten Industriegebäuden oft<br />
ohne größeren baulichen Aufwand und technische Schwierigkeiten<br />
herzustellen. Aus den Städten ausgelagerte Handwerksbetriebe<br />
oder auch ehemalige Schlachthöfe bieten ein<br />
großes Entwicklungspotenzial für die Wohnnutzung und die<br />
funktionale Stärkung des Quartiers insgesamt. Ein herausragendes<br />
Beispiel hierfür ist die Umnutzung des ehemaligen<br />
Schlachthofareals in Bielefeld. In den alten Gebäuden<br />
und in ergänzender Neubebauung entstanden insgesamt 76<br />
Wohneinheiten. Eine integrative Kindertagesstätte, ein Restaurant<br />
und Gewerbebetriebe stärken das neu entstandene<br />
Quartier.<br />
K Kirchen, Gemeindehäuser und Klöster: Das bauliche<br />
Grundproblem beim Umbau einer Kirche ist das unter<br />
raumökonomischen Gesichtspunkten schwierige Verhältnis<br />
von umbautem Raum zu nutzbarer Fläche. Raumökonomie<br />
spielt beim Kirchenbau traditionell keine Rolle, beim<br />
Wohnungsbau kommt ihr hingegen große Bedeutung zu.<br />
Auch eine ausreichende Belichtung der Wohnungen ist bei<br />
den traditionell nur spärlich dem Tageslicht geöffneten Kirchen<br />
nicht einfach zu erreichen. Die Eignung von Kirchen<br />
für die Umnutzung zu Wohnzwecken hängt zudem stark von<br />
der individuellen Situation vor Ort ab. So ist der Bautyp Kirche<br />
eine Spezialaufgabe für Planung und Projektentwicklung,<br />
die mit großer Sensibilität für die Würde des Gebäudes<br />
und unter besonderer Rücksicht auf die Gemeinde und<br />
den Stadtteil eine neue Nutzung finden müssen.<br />
Als Wohnstandort genießen Kirchen hohe Wertschätzung<br />
bei ihren Bewohnern, die sich auch in ihrem Umgang mit<br />
dem Gebäude ausdrückt. Auch Umnutzungen zu sozialen<br />
Zwecken finden eher Zustimmung bei den Gemeinden und<br />
im Stadtteil, während gewerbliche Nutzungen, auch gastronomische<br />
Nutzungen, nicht unbedingt anerkannt sind. Für<br />
die kleine Andreaskirche in Recklinghausen und das anschließende<br />
Gemeindehaus konnte mit einer ambulant betreuten<br />
Wohngemeinschaft für Demenzkranke und einem<br />
Stadtteilcafé eine überzeugende Lösung gefunden werden,<br />
die von der Gemeinde und den Bürgerinnen und Bürgern<br />
akzeptiert wird. Auch die Kreuzkirche in Wuppertal konnte<br />
durch die Umnutzung zu Wohnungen dauerhaft erhalten<br />
werden. Das architektonisch und historisch bedeutsame sowie<br />
landschaftlich überaus reizvoll gelegene ehemalige Kloster<br />
in Welver darf wohl zu den attraktivsten Wohnstandorten<br />
in seiner Region gezählt werden, und das lange Zeit als<br />
Redemptoristenkloster genutzte Alfonsushaus in Rheine,<br />
eine ehemalige Fabrikantenvilla, wird in Zukunft als vorbildliches<br />
Wohnangebot das Netzwerk des Caritas-Demenz-<br />
Service verstärken.<br />
K Büro- und Verwaltungsgebäude: Angesichts des zum<br />
Dauerzustand angewachsenen Leerstands an innerstädtischen<br />
Büroflächen, insbesondere der bürofunktional nicht<br />
mehr zeitgemäßen Flächen der 50er, 60er und 70er Jah-
11<br />
Wohnlofts im Zwillingsmalakowturm<br />
der Zeche Holland Schacht 1/2 in Gelsenkirchen-Ückendorf<br />
(Architekt:<br />
Rahim Sediqie, Gelsenkirchen)<br />
Das zu Altenwohnungen umgebaute<br />
Kaufhaus Breuer in Eschweiler (Architekten:<br />
Bernhardt und Leeser, Köln)<br />
Wohnungen im ehemaligen Karmelkloster<br />
in Bonn-Pützchen<br />
(Architekten: Fischer-von Kietzell,<br />
Bonn)<br />
re, liegen hier große Potenziale für eine Stärkung der Wohnfunktion.<br />
Dies liegt zum einen in der meist zentralen Lage<br />
der Objekte begründet, vor allem aber auch in ihrer Konstruktionsweise<br />
und Architektur. So lassen sich in die Stützenraster<br />
vieler ehemaliger Bürogebäude Grundrisse sehr<br />
flexibel einfügen und auch architektonisch interessante freie<br />
Formen integrieren (z. B. im ehemaligen Auto- und Bürohaus<br />
in der Düsseldorfer Linienstraße). Dank fehlender tragender<br />
Wände lassen sich Einbauten und Trennwände bei<br />
veränderten Nutzungsbedürfnissen leicht neu setzen. Aufzugschächte<br />
sind, von Ausnahmen abgesehen, vorhanden,<br />
sodass die vertikale Barrierefreiheit ohne zusätzlichen Erschließungsaufwand<br />
erreicht werden kann. Der wohnungsbezogene<br />
Freiraum kann ohne Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds<br />
leicht über aufgeständerte Balkone oder<br />
über integrierte Loggien entstehen. In Nordrhein-Westfalen<br />
sind auf diesem Gebiet bislang erst einzelne Beispiele hervorzuheben,<br />
so z. B. das ehemalige Finanzamt Essen-Süd,<br />
das zu einem innovativen Wohnprojekt für Frauen umgenutzt<br />
wird oder ein ehemaliges Auto- und Bürohaus in Düsseldorf,<br />
wo nun Behinderte in Gruppenwohnungen leben.<br />
Andere Bundesländer bzw. Städte (Frankfurt am Main) haben<br />
bereits spezielle Förderprogramme für diese Bauaufgabe<br />
aufgelegt.<br />
K Schulen: Zwergschulen in kleinen Gemeinden, Schulen in<br />
Satellitensiedlungen, aber auch Schulgebäude in Stadtteilen<br />
haben angesichts des ausbleibenden Nachwuchses ihre ursprüngliche<br />
Funktion eingebüßt. Sie können als Wohnstandort<br />
oder in Zusammenhang mit gemeinschaftlichen Nutzungen<br />
zu sozialen Zentren ihres Stadtteils werden und damit<br />
eine oft lang verhandene Lücke füllen. Mit der Umnutzung<br />
der Alten Schule in Hamm-Werries konnte in stadtteilintegrierter<br />
Lage ein überzeugendes Altenwohnprojekt realisiert<br />
werden, das zugleich den baulichen Mittelpunkt eines neu<br />
entstandenen Einfamilienhausgebiets darstellt. In die ehemaligen<br />
Klassenräume ließen sich die Wohnungen leicht integrieren.<br />
Neues Leben in alten Gebäuden: Ein wichtiger Baustein<br />
der Wohnungs- und Städtebaupolitik in Nordrhein-Westfalen<br />
Qualitätsziele<br />
Die beschriebene Entwicklung – architektonisch interessante<br />
und wertvolle Gebäude in guter städtebaulicher Lage<br />
verlieren ihre angestammte Nutzung, und veränderte Lebensgewohnheiten<br />
aufgrund ökonomischer und demographischer<br />
Entwicklungen führen zu einer ausdifferenzierten<br />
Nachfrage nach Wohnraum – bietet die einmalige Chance,<br />
Baukultur zu sichern, ein zukunftsfähiges Wohnungsangebot<br />
bereitzustellen und gleichzeitig einen positiven Beitrag<br />
zur Stadt- und Quartiersentwicklung zu leisten. Die dokumentierten<br />
Beispiele machen deutlich, dass mit der Strategie<br />
„Umnutzung von alten Gebäuden zu Wohnzwecken“<br />
gleich mehrere Qualitätsziele erreicht werden können, die<br />
die Interessen von Investoren, Kommunen und Bürgern widerspiegeln:<br />
• Schaffen eines zeitgemäßen Wohnkomforts in vielfältigen<br />
Wohnformen mit barrierefreien Wohnungen<br />
• Erhalt städtebaulich und architektonisch hochwertiger<br />
Gebäude mit hohem gestalterischem Anspruch<br />
• Stärkung integrierter Lagen bei gleichzeitiger Ausnutzung<br />
vorhandener Infrastruktur und Stärkung des Trends<br />
zum urbanen Wohnen<br />
• Ökonomische Tragfähigkeit der Projekte im Zusammenspiel<br />
privater Investitionen und öffentlicher Förderung<br />
Fördermöglichkeiten zur Umnutzung von Bestandsgebäuden<br />
zu Wohnzwecken<br />
Die Umnutzung von alten Gebäuden ist integraler Baustein<br />
von Förderprogrammen zur Stärkung von Bestandsinvestitionen<br />
in Nordrhein-Westfalen. Das Spektrum an gebauten<br />
Beispielen – privat finanziert ebenso wie öffentlich gefördert<br />
– ist groß. Als erfolgreiche privat finanzierte Projekte sind<br />
hier beispielhaft aufzuführen: die Umnutzung der ehemaligen<br />
Malakowtürme in Gelsenkirchen-Ückendorf, die Wohnlofts<br />
in einer alten Tuchfabrik in Euskirchen, das Wohnprojekt<br />
im ehemaligen Bonner Karmelkloster, Bunkerumnut-
12<br />
zungen in Köln und Hamm oder – als Baustein eines Großprojekts<br />
– die Umnutzung der ehemaligen Lagerhäuser im<br />
Kölner Rheinauhafen (Wohnprojekt „Siebengebirge“).<br />
Die öffentliche Wohnraumförderung bietet sich zur Finanzierung<br />
von Umnutzungsprojekten insbesondere dann an,<br />
wenn es um die Entwicklung von Gebäuden, Bauwerken<br />
und Arealen von herausragender städtebaulicher und denkmalpflegerischer<br />
Bedeutung zu zeitgemäßen und bezahlbaren<br />
Wohn- und Lebensräumen geht. Förderprogramme<br />
können helfen, wenn erheblicher Sanierungsbedarf die Wirtschaftlichkeit<br />
eines städtebaulich wichtigen Projektes gefährden<br />
würde oder wenn die Denkmaleigenschaft einen besonders<br />
aufwändigen Umgang mit der Bausubstanz erfordert,<br />
der mit Mehrkosten verknüpft ist.<br />
Durch differenzierte Fördermöglichkeiten kann vor allem<br />
Haushalten mit geringem Einkommen preisgünstiger Wohnraum<br />
zur Verfügung gestellt werden. Nach den Wohnraumförderungsbestimmungen<br />
des Landes (WFB) kann die Neuschaffung<br />
von Mietwohnungen durch bauliche Maßnahmen<br />
im Bestand gefördert werden. Als Neuschaffung im Bestand<br />
gelten u. a. Baumaßnahmen, durch die Mietwohnungen<br />
durch Änderung, Nutzungsänderung und Erweiterung von<br />
Gebäuden erstmals geschaffen werden.<br />
Der Umbau eines Bestandsgebäudes zu Wohnungen kann<br />
mit zinsverbilligten öffentlichen Baudarlehen bis zu max.<br />
1.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche (abhängig von der<br />
Mietenstufe der Gemeinde des jeweiligen Standorts) finanziert<br />
werden. Die Zinsverbilligung gilt für 15 oder 20 Jahre.<br />
Der Zins beträgt während des gewählten Zeitraums 0,5 %,<br />
der Verwaltungskostenbeitrag 0,5 % und die Tilgung 1 %.<br />
Die Bestandsinvestitionen werden dann gefördert, wenn die<br />
Baukosten inklusive Baunebenkosten mindestens 650 Euro<br />
pro Quadratmeter Wohnfläche betragen und somit ein wesentlicher<br />
Bauaufwand besteht. Bei der Umnutzung von Gebäuden,<br />
die von besonderem städtebaulichen Wert sind<br />
(z. B. Kirchen, Gemeindehäuser, Klöster, Schulen, Krankenhäuser,<br />
historische Verwaltungs- und Gewerbegebäude),<br />
die denkmalgeschützt sind oder in einem Denkmalbereich<br />
liegen, können Zusatzdarlehen gewährt werden. Diese dienen<br />
der Deckung städtebaulicher oder gebäudebedingter<br />
Mehrkosten und betragen bis zu 550 Euro pro Quadratmeter<br />
förderfähiger Wohnfläche. Für die Dauer der Zinsverbilligung<br />
unterliegen die geschaffenen Wohnungen in Abhängigkeit<br />
von ihrem jeweiligen Standort Mietpreisbindungen<br />
mit festgelegten Mietentwicklungen (Miete nach Fertigstellung<br />
zwischen 3,90 und 5,10 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche<br />
und Monat, abhängig von der Mietenstufe der Gemeinde,<br />
in der das geförderte Objekt liegt).<br />
Ausblick<br />
Um die Qualität der Wohnungsangebote für unterschiedliche<br />
Zielgruppen auch bei nachlassender Neubautätigkeit<br />
zu sichern und die städtebaulichen Voraussetzungen für<br />
eine Vielfalt an Wohnungen insbesondere auch im Alter zu<br />
erfüllen, muss verstärkt in den Bestand, vor allem in die Umnutzung<br />
des Bestands zu Wohnzwecken, investiert werden.<br />
Dies gilt nicht nur für Wohnungsunternehmen, sondern insbesondere<br />
auch für den privaten Eigentümer. Mit der vorliegenden<br />
Veröffentlichung sollen die Möglichkeiten der Umnutzung<br />
unterschiedlichster Gebäudetypen in den Regionen<br />
des Landes dokumentiert werden, als Beispiel und Anregung.
13<br />
Projekte<br />
Aachen Bielefeld Dortmund Düsseldorf<br />
Essen Grevenbroich Hamm Krefeld<br />
Recklinghausen Rheine Welver Wuppertal
14<br />
Wohnquartier Widra-Areal Aachen<br />
Adresse: Eifelstraße 1 b, 52068 Aachen<br />
Fertigstellung: August 2007<br />
Bauherr/Träger: Schleiff Denkmalentwicklung GmbH & Co. KG, Erkelenz<br />
Architekten: Arbeitsgemeinschaft Eifelstraße | Kaiser Schweitzer Architekten, Am Lavenstein 3 · 52064 Aachen<br />
Glashaus PSG Architekten Stadtplaner Ingenieure, Alexanderstraße 69/71 · 52062 Aachen<br />
Betreiber: Alzheimer Gesellschaft Aachen e.V.<br />
Hinter der historischen<br />
Fassade des Ziegelbaus<br />
aus dem Jahr<br />
1900 befinden sich<br />
heute barrierefreie<br />
Wohnungen
15<br />
Ruhiger Wohn- und<br />
Eingangshof zwischen<br />
Ziegelbau (rechts) und<br />
Waagenhalle (links)<br />
Auf dem Gelände der ehemaligen Waagenfabrik Widra im<br />
Osten Aachens wurde im Spätsommer 2007 ein neues<br />
Wohnquartier für alte und behinderte Menschen fertiggestellt.<br />
Das Gelände am Rande der Innenstadt eignete sich<br />
hervorragend für eine Wohnnutzung: Es ist optimal an den<br />
öffentlichen Personennahverkehr angebunden, und im umgebenden<br />
Quartier befinden sich zahlreiche Einzelhandelsgeschäfte,<br />
die den Grundbedarf der Bewohner abdecken<br />
und durch die Ansiedlung gestärkt werden. Trotz der zentralen<br />
Lage des Areals garantiert der Hofcharakter der neuen<br />
Wohnanlage den Bewohnern ein ruhiges Wohnen mit direktem<br />
Außenbezug zu einem begrünten Innenhof. Eine<br />
viergeschossige Bebauung aus der Zeit um 1920 schützt<br />
vor dem Verkehrslärm der angrenzenden Straßen.<br />
Die Widra GmbH war hervorgegangen aus der „Wilhelmvon-den-Driesch-Specialfabrik<br />
für Wägemaschinen“, einer<br />
der ältesten Waagenfabriken der Welt, die bereits im Jahr<br />
1853 gegründet wurde. Nach und nach wurden auf dem Gelände<br />
Produktions- und Verwaltungsgebäude – den wechselnden<br />
Bedürfnissen entsprechend – neu errichtet, erweitert<br />
oder umgebaut. Für die Wohnnutzung mussten die meisten<br />
dieser bestehenden Gebäude abgerissen werden. Es<br />
gelang jedoch, die identitätsstiftenden Elemente der historischen<br />
Industriearchitektur in ihrer Fassadengestaltung<br />
bzw. in den alten Ausmaßen für das neue Wohnquartier zu<br />
sichern, den sog. Ziegelbau aus dem Jahr 1900 und die<br />
Waagenhalle aus dem Jahr 1936 mit ihrem Anbau von<br />
1964. In diesen beiden Gebäuden sowie einem Neubau an<br />
der Eifelstraße, der eine langjährige Baulücke schließt, entstanden<br />
insgesamt 25 Wohnungen. 23 Wohnungen wurden<br />
öffentlich gefördert. Die zwei ambulant betreuten Gruppenwohnungen<br />
für demenzkranke oder pflegebedürftige Personen<br />
wurden frei finanziert. Die Miete der öffentlich geförderten<br />
Wohnungen beträgt 4,55 Euro/m 2 , die der frei finanzierten<br />
Wohnungen 6,50 Euro/m 2 . 2 Gewerbeeinheiten für<br />
Praxen im Baulückengebäude komplettieren das Bauprogramm.<br />
Anstelle der beiden alten Industriegebäude befinden sich<br />
heute auf einer Gesamtfläche von 1.430 m 2 je acht Wohnungen,<br />
zwischen 53 m 2 und 74 m 2 groß im Ziegelbau bzw.<br />
zwischen 66 m 2 und 329 m 2 groß in der Waagenhalle. Weitere<br />
9 Wohnungen wurden in der Baulücke realisiert. In der<br />
ehemals 7,50 Meter hohen Waagenhalle mussten zwei<br />
Kranbahnen demontiert werden, um im Erdgeschoss sechs<br />
altengerechte Wohnungen mit direktem Zugang zu wohnungseigenem<br />
Freiraum einzubauen. Das 700 m 2 große<br />
Obergeschoss teilen sich die beiden ambulant betreuten<br />
Wohngruppen für jeweils acht Bewohner. Sie verfügen über<br />
einen großzügigen Gemeinschaftsbereich mit Küche sowie<br />
eine Loggia. Die Realisierung der ambulant betreuten<br />
Wohngruppe, eine besonders geeignete Wohnform für gerontopsychiatrisch<br />
veränderte alte Menschen, war ein Pilotprojekt<br />
der Stadt Aachen und gehörte zu den zentralen Anliegen<br />
des Wohnprojektes. Die Alzheimer-Gesellschaft Aachen<br />
ist Hauptmieterin der beiden Wohnungen und vermietet<br />
die Zimmer an die Bewohner weiter. Die Wohngemeinschaften<br />
werden durch einen privaten Pflegedienst, der sich<br />
in unmittelbarer Nachbarschaft befindet, betreut. Als 24-<br />
Stunden-Dienst sichert er den Bewohnern das bei einem<br />
ambulanten Pflegekonzept unverzichtbare dauerhafte Sicherheitsgefühl.<br />
Die gesamte Anlage wurde barrierefrei gebaut.<br />
Die Gesamtkosten des Projekts betragen 5,3 Mio. Euro.<br />
Davon konnten 1,9 Mio. Euro durch öffentliche Fördermittel<br />
bereitgestellt werden.<br />
Während des Umbaus: Blick aus dem Inneren des Ziegelbaus auf die neu geschlossene<br />
Baulücke an der Eifelstraße
16<br />
In der räumlichen Darstellung<br />
wird deutlich,<br />
welche Gebäude<br />
bzw. Gebäudeteile für<br />
das neue Wohnquartier<br />
abgerissen werden<br />
mussten<br />
1. Obergeschoss<br />
(oben), Erdgeschoss<br />
(unten)
17<br />
Laubengangerschließung<br />
und Aufzugturm<br />
sichern die barrierefreie<br />
Erreichbarkeit der<br />
Wohnungen<br />
Die Farbgebung trägt<br />
zum freundlichen Charakter<br />
des neuen<br />
Wohnquartiers bei<br />
Blick in den zentralen<br />
Wohn-Essraum einer<br />
Wohngruppe im Obergeschoss<br />
der ehemaligen<br />
Waagenhalle
18<br />
Wohnprojekt Denkwerk Bielefeld<br />
Adresse: Dr.-Viktoria-Steinbiß-Straße, 33602 Bielefeld<br />
Fertigstellung: Juli 2007<br />
Architekt/<br />
Projektentwickler: Planen + Bauen Dipl.-Ing. Michael Kluckhuhn GmbH, Verl<br />
Betreiber: OWL Soziales Wohnen gGmbH (DRK Bielefeld)
19<br />
Die Außenmauern der<br />
historischen Schweinehalle<br />
konnten größtenteils<br />
erhalten werden<br />
Der Schlachthof der Fleischerinnung und der Viehhof der<br />
Stadt Bielefeld waren beinahe 100 Jahre in Betrieb, vom<br />
Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1990er Jahre. Auf den<br />
beiden direkt nebeneinander liegenden Industriebrachen entstand<br />
nun unter dem Motto „Wohnen und Arbeiten mitten in<br />
der Stadt“ das „Denkwerk Bielefeld“. Das Projekt reagiert auf<br />
den steigenden Bedarf an Wohnformen mit Versorgungssicherheit<br />
für alte und pflegebedürftige Menschen.<br />
Das Areal bietet die Vorteile der citynahen Lage, der<br />
Nähe zum Ravensberger Park als innerstädtischer Grünfläche<br />
sowie der Ravensberger Spinnerei als Kulturzentrum<br />
und der fußläufigen Erreichbarkeit vieler Dienstleistungen.<br />
Das Schlachthofgelände wurde zu einem vielseitigen Wohnquartier<br />
mit Gastronomie, Lebensmittelmarkt, gewerblichen<br />
und sozialen Einrichtungen entwickelt. In einer Symbiose<br />
aus erhaltenswerter Bausubstanz aus dem frühen 20. Jahrhundert<br />
und moderner Architektur entstand so ein architektonisch<br />
spannendes Wohn- und Dienstleistungszentrum inmitten<br />
der Stadt. Ziel der Projektentwicklung war die nachhaltige<br />
Verbesserung des innerstädtischen Wohnens durch<br />
experimentelle Wohnformen und die Stärkung der wirtschaftlichen<br />
Positionierung durch neu anzusiedelnde Dienstleistungsbetriebe.<br />
Bei der Mobilisierung der Brachfläche stand<br />
neben der Neuentwicklung von Projekten auch der Erhalt<br />
der stadtbildprägenden Backsteingebäude im Vordergrund.<br />
Ein Wasserturm mit Kesselhaus und zwei Kühlhäuser, eine<br />
ehemalige Produktionshalle, die sogenannte „Schweinehalle“,<br />
und der unter Denkmalschutz stehende Kontorkomplex<br />
mit der historischen Schlachthofgaststätte von 1896 wurden<br />
einer neuen Nutzung zugeführt.<br />
Im ersten Bauabschnitt in den Jahren 2001 bis 2002 wurden<br />
der Kontorkomplex mit der historischen Schlachthof-Gaststätte<br />
und der ehemalige Rinderstall modernisiert. In der historischen<br />
Gaststätte befindet sich heute ein Restaurant. Der<br />
ehemalige Rinderstall beherbergt eine Physiotherapiepraxis<br />
für Kinder und das ehemalige Kontorgebäude wird von einer<br />
„Medienfabrik“ genutzt. Neu entstanden ist ein SB-Frischemarkt.<br />
Zudem entstand auf dem Areal das neue Hauptzollamt<br />
der Stadt Bielefeld. In einem weiteren Bauabschnitt startete<br />
im Jahr 2003 das generationsübergreifende experimentelle<br />
Wohnprojekt. Hier konnten bis Ende 2006 insgesamt<br />
72 barrierefreie Wohnungen fertiggestellt werden. Die meisten<br />
Wohnungen befinden sich in einem Neubau. Doch konnten<br />
auch die historische Gebäudesubstanz des ehemaligen<br />
Wasserturms mit dem Maschinenhaus sowie die ehemaligen<br />
Kühlhäuser des Schlachthofes in das Wohnprojekt integriert<br />
werden. Hier entstanden sechs frei finanzierte und neun öffentlich<br />
geförderte Wohnungen. Die neun öffentlich geförderten<br />
Wohnungen haben eine Gesamtfläche von 549 m 2 . Sie<br />
wurden mit einem Baudarlehen der WFA in Höhe von insgesamt<br />
515.200 Euro gefördert. Die Kaltmiete beträgt 4,15<br />
Euro/m 2 .<br />
Von Ende 2006 bis Mitte 2007 wurde in einem weiteren<br />
Projektentwicklungsschritt die sogenannte „Schweinehalle“<br />
modernisiert. Die Arbeiterwohlfahrt betreibt hier seit Fertigstellung<br />
des historischen Gebäudes auf einer Nutzfläche von<br />
ca. 1.000 m 2 eine integrative Kindertagesstätte mit sechs<br />
Gruppen für Kinder mit und ohne Behinderungen. Ferner wurden<br />
in der Halle vier dringend benötigte 60 m 2 große Wohnungen<br />
für Rollstuhlfahrer errichtet. Die vier frei finanzierten<br />
Wohnungen sind durch einen 40 m 2 großen lichtdurchfluteten<br />
Aufenthaltsraum miteinander verbunden. Beim Umbau der<br />
Halle konnten die alten Gusssäulen sowie die Außenmauern<br />
aus Backstein größtenteils erhalten werden. Insgesamt sind<br />
durch Neubau und Umbau bis zum Sommer 2007 somit 76<br />
barrierefreie Wohnungen fertiggestellt worden, davon 19<br />
Wohneinheiten – sowie eine Gewerbeeinheit (aktuell IT-Firma)<br />
– im Bestand. Alle Wohnungen verfügen über Balkon<br />
oder Terrasse, Abstellraum und Pkw-Stellplatz. Durch die Anordnung<br />
der Häuser des Wohnprojektes und die Gemeinschaftsräume<br />
werden Treffpunkte geschaffen und soziale<br />
Kontakte erleichtert.<br />
Unterstützt wurde das Vorhaben insbesondere durch das<br />
Land Nordrhein-Westfalen und durch die Stadt Bielefeld: Für<br />
Brachflächenaufbereitung, Modernisierung und Instandsetzung<br />
der historischen Gebäude sowie für das generationsübergreifende<br />
Wohnbauvorhaben sind umfangreiche Fördermittel<br />
zur Verfügung gestellt worden. Schon jetzt ist sichtbar,<br />
dass sich durch die Aktivierung dieser innerstädtischen<br />
Brachfläche auch das teilweise brachliegende Umfeld des<br />
Projektes positiv entwickelt hat. Ein neues innerstädtisches<br />
Quartier mit einem hohen Integrationswert ist entstanden. So<br />
lässt das Deutsche Rote Kreuz zur Zeit in direkter Nachbarschaft<br />
zum Wohnprojekt Denkwerk weitere 22 barrierefreie<br />
Wohneinheiten errichten, die voraussichtlich im Juni 2008 fertiggestellt<br />
werden.
20<br />
Im Wasserturm und im angrenzenden Maschinenhaus sowie den Kühlhäusern<br />
(oben) des ehemaligen Schlachthofs findet heute generationsübergreifendes<br />
Wohnen statt. In der ehemaligen Schweinehalle (unten) sind<br />
eine Kindertagesstätte sowie vier Wohnungen untergebracht<br />
Eine Laubengangerschließung führt zu den Wohnungen in den ehemaligen<br />
Kühlhäusern (rechts); viele architektonische Elemente der alten Schweinehalle,<br />
etwa die Oberlichter und die gusseisernen Stützen, wurden in die<br />
Gestaltung einbezogen
21<br />
Das Gelände zum Zeitpunkt der Bauarbeiten: Gut erkennbar der<br />
ehemalige Kühlturm als städtebauliches Merkzeichen des neuen<br />
Quartiers<br />
1. Obergeschoss<br />
Erdgeschoss
22<br />
Servicewohnen im ehemaligen Theodor-Fliedner-Heim Dortmund<br />
Adresse: Wittekindstraße 100-102, 44139 Dortmund<br />
Fertigstellung: 2007<br />
Bauherr/Träger: Servicewohnungen OHG Wittekindstraße 100-102, Dortmund<br />
Architekt: Architekturbüro Jochem Hanewinkel, Dortmund<br />
Betreiber: Servicewohnen OHG Wittekindstraße 100-102, Dortmund<br />
Das ehemalige Theodor-Fliedner-Heim befindet sich in einer<br />
sehr zentralen Lage Dortmunds: unmittelbar an der Innenstadtgrenze,<br />
südlich des bevorzugten innerstädtischen Wohngebietes<br />
Kreuzviertel, nördlich des Naturschutzgebietes<br />
„Bolmke“ und westlich der Westfalenhalle und des Stadions.<br />
Das unter Denkmalschutz stehende Backstein-Gebäudeensemble<br />
liegt in einem parkähnlichen Garten mit altem<br />
Baumbestand. Es war in der ersten Hälfte der 1920er Jahre<br />
vom evangelischen Verein für Altersversorgung als Altersheim<br />
für alleinstehende und pflegebedürftige Bürger errichtet<br />
worden und wurde bis Ende der 1990er Jahre auch in dieser<br />
Funktion genutzt. Da die Häuser aber längst nicht mehr den<br />
Ansprüchen moderner Altenpflege genügten, wurde in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft das neue Theodor-Fliedner-Heim errichtet.<br />
Seit dem Umzug in den Neubau standen die alten Gebäude<br />
leer. Die gute Gebäudesubstanz, die hervorragende<br />
städtebauliche Lage – von der U-Bahnhaltestelle direkt gegenüber<br />
ist die Innenstadt innerhalb von 5 Minuten zu erreichen<br />
– und die Nachbarschaft zu den Pflegeeinrichtungen<br />
des Theodor-Fliedner-Heims boten an, das Heim zu einem<br />
zeitgemäßen Wohnhaus für Senioren umzubauen. Die Gesellschaft<br />
Servicewohnen OHG als Träger und das mit der<br />
Planung und Bauleitung beauftragte Architekturbüro haben<br />
Wohn-Idylle: im Grünen<br />
und doch mitten in der<br />
Stadt<br />
die Herausforderung angenommen, das ehemalige Altenund<br />
Altenpflegeheim in enger Zusammenarbeit mit dem Amt<br />
für Denkmalschutz in moderne Wohnungen umzubauen,<br />
ohne den prägenden Charakter der Anlage zu verändern.<br />
Die Gebäude wurden vollständig entkernt und die Zellenstruktur<br />
der Pflegezimmer durch großzügige Wohnungsgrundrisse<br />
ersetzt. Die neuen Wohnungen entsprechen allen<br />
heutigen Anforderungen hinsichtlich Wohnkomfort, Schallund<br />
Wärmeschutz und technischer Ausrüstung. Die aufwändig<br />
gestalteten Details der Klinkerfassade und Treppenhäuser<br />
waren sehr gut erhalten. Manche der im Zuge verschiedener<br />
Umbau- und Renovierungsmaßnahmen in der Vergangenheit<br />
verlorengegangenen Details der ursprünglichen Architektur<br />
konnten nach den noch vorhandenen Plänen aus<br />
dem Jahr 1924 wiederhergestellt werden. So besitzen zum<br />
Beispiel die neuen wärmegedämmten Fenster wieder die ursprüngliche<br />
Sprosseneinteilung. Insgesamt entstanden nach<br />
aufwändigem Umbau 56 neue barrierefreie Wohnungen. Die<br />
Wohnungen sind zwischen 45 und 98 m 2 groß und werden<br />
durch Balkone oder Dachloggien ergänzt. Alle Wohnungen<br />
verfügen über ein Notrufsystem. Die Leistungsangebote des<br />
benachbarten Theodor-Fliedner-Heims oder externer anderer<br />
Dienste können je nach Bedarf abgerufen werden. Auch<br />
die Infrastruktur des Heimes (Café, Restaurant) kann mitgenutzt<br />
werden. Bei schwerem Pflegebedarf ist damit ein Umzug<br />
der Bewohner (auch zeitweise) in das Theodor-Fliedner-<br />
Heim möglich, ohne die vertraute Wohnumgebung verlassen<br />
zu müssen.<br />
Die Gesamtinvestitionen für das Bauvorhaben belaufen<br />
sich auf ca. 5,7 Mio. Euro. Für 37 der 56 Wohnungen wurden<br />
Fördermittel des Landes in Höhe von insgesamt ca. 1,8 Mio.<br />
Euro in Anspruch genommen. Bei diesen geförderten Wohnungen<br />
handelt es sich ausschließlich um 2 ½-Zimmer-Wohnungen<br />
mit einer Wohnfläche zwischen 46 und 72 m 2 . 25<br />
Wohnungen, davon 4 rollstuhlgerecht, bleiben Personen vorbehalten,<br />
deren Einkommen die Einkommensgrenze des sozialen<br />
Wohnungsbaus (Einkommensgruppe A) nicht übersteigt.<br />
12 Wohnungen sind für wirtschaftlich leistungsfähigere<br />
Bewohner der Einkommensgruppe B vorgesehen, deren Einkommen<br />
die Einkommensgrenze des sozialen Wohnungsbaus<br />
um bis zu 40 % übersteigt. Die Kaltmiete der öffentlich<br />
geförderten Wohnungen liegt zwischen 4,30 Euro und 5,40<br />
Euro pro m². Die übrigen Wohnungen sind frei finanziert.
23<br />
Gestalterisch geschickt<br />
angepasste<br />
neue Balkone ergänzen<br />
die vorhandenen<br />
wohnungseigenen<br />
Freiräume<br />
Erdgeschoss<br />
Auch in der Eingangshalle<br />
wurde der Stil der<br />
20er Jahre bewahrt
24<br />
Wohnprojekt Linienstraße Düsseldorf<br />
Adresse: Linienstraße 70, 40227 Düsseldorf<br />
Fertigstellung: Frühjahr 2007<br />
Bauherr/Träger: isb – Ambulante Dienst gGmbH, Wuppertal<br />
Architekt: k2 architekten, Wuppertal<br />
Betreiber: isb – Ambulante Dienst gGmbH, Wuppertal
25<br />
Küche und Loggia der<br />
Gruppenwohnung im<br />
2. Obergeschoss<br />
Das fünfgeschossige Geschäftshaus entstand im Jahr 1976<br />
in zentraler Lage im Düsseldorfer Stadtteil Oberbilk, mit hervorragender<br />
Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr<br />
(wenige hundert Meter vom S-Bahnhof Oberbilk und von<br />
Haltestellen verschiedener Buslinien entfernt). Lange Zeit<br />
war hier im Untergeschoss, in EG und 1. OG ein Autohaus<br />
ansässig, in den weiteren Geschossen befanden sich Büros<br />
und Arztpraxen.<br />
Seit Anfang der 90er Jahre hatte keine Instandhaltung<br />
mehr stattgefunden, sodass das Gebäude lange Zeit zu<br />
zwei Dritteln leerstand und insgesamt sanierungsbedürftig<br />
war. Zum Zeitpunkt des Besitzerwechsels wurde lediglich<br />
ein Drittel der Fläche von einer Religionsgemeinschaft als<br />
Meditations- und Kulturzentrum genutzt. Erst im Jahr 2006<br />
gelang es, eine nachhaltige Nutzung zu finden: Der Pflegedienst<br />
isb Ambulante Dienste gGmbH kaufte das Haus, um<br />
dort vier Gruppenwohnungen für behinderte Menschen unterzubringen.<br />
Die isb Ambulante Dienste gGmbH – die Abkürzung<br />
isb steht für „Individuelle Schwerstbehindertenbetreuung“<br />
– hat sich zum Ziel gesetzt, Behinderten durch<br />
das Leben in einer Wohngruppe ein weitgehend selbstbestimmtes<br />
Leben zu ermöglichen. Die Betreuung der Bewohner<br />
wird entweder durch den Pflegedienst selbst sichergestellt,<br />
der seine Düsseldorfer Filiale im Erdgeschoss des Gebäudes<br />
eingerichtet hat, oder durch andere Pflegedienste.<br />
Nach der Entkernung des Gebäudes entstand auf jeder<br />
der vier Etagen eine Gruppenwohnung für vier Personen.<br />
Drei Gruppenwohnungen sind jeweils rd. 200 m 2 , eine weitere<br />
Wohnung ist rd. 160 m 2 groß. Die Gruppenwohnungen<br />
verfügen jeweils über 4 Wohn-Schlafräume, 2 behindertengerechte<br />
Badezimmer sowie eine behindertengerechte Küche<br />
und einen Aufenthaltsraum mit Essplatz. Die Wohn-<br />
Schlafräume sind zwischen 20 und 26 m 2 groß und für Begünstigte<br />
der Einkommensgruppe A vorgesehen. Die Miete<br />
beträgt 5,40 Euro/m 2 . Um den Bewohnern eine möglichst<br />
eigenständige Bewältigung des Alltags zu ermöglichen, besitzen<br />
die Gruppenwohnungen einen Funkgeneralschlüssel<br />
zum Öffnen der Türen sowie höhenverstellbare Waschbecken,<br />
Toiletten und Küchenarbeitsplatten.<br />
Seit Anfang 2007 sind zwei der vier Gruppenwohnungen<br />
von zur Zeit 7 Personen bewohnt. Zum 1. Oktober wurde<br />
eine weitere Gruppenwohnung bezogen. Bevor ein Mietvertrag<br />
abgeschlossen wird, erfolgt ein ca. 14-tägiges Probewohnen,<br />
damit sich die künftige Wohngruppe kennenlernen<br />
kann und jeder einzelne Interessent abschätzen kann,<br />
ob das Wohnen in einer Wohngruppe für ihn die richtige Lösung<br />
ist. Neben dem Mietvertrag kann jeder Bewohner bei<br />
Bedarf einen eigenen Pflegevertrag mit einem Anbieter seiner<br />
Wahl abschließen. Die Warmmiete beträgt rund 380<br />
Euro und wird größtenteils vom Sozialamt der Stadt Düsseldorf<br />
getragen. Für die Zukunft ist die Einrichtung eines Internetcafés<br />
geplant. Die Baukosten inklusive der Baunebenkosten<br />
betragen rd. 1,5 Mio. Euro. Davon entfallen rd. 1,1<br />
Mio. Euro auf die Wohnungen und 400.000 Euro auf die Gewerbefläche<br />
der Ambulante Dienste gGmbH. Die Grundstückskosten<br />
inklusive des Bestandgebäudes betragen rd.<br />
976.000 Euro. Insgesamt belaufen sich die öffentlichen Fördermittel<br />
auf rd. 0,9 Mio. Euro. Das Wohnprojekt hat großen<br />
Zuspruch in der Öffentlichkeit erhalten, sodass die meisten<br />
Zimmer bereits vermietet werden konnten, obwohl der Betreiber<br />
nicht eigens für das Projekt geworben hat.<br />
Hofansicht
26<br />
Ansicht Süd-West<br />
1. Obergeschoss vor dem Umbau 1. Obergeschoss nach dem Umbau<br />
Erdgeschoss vor dem Umbau<br />
Erdgeschoss nach dem Umbau
27<br />
Die Rückfront des umgenutzten<br />
Gebäudes<br />
präsentiert sich zu<br />
einem neuen innerstädtischen<br />
Wohnquartier<br />
Die hochwertige Ausstattung und sehr attraktive Innen-<br />
wie Freiräume erklären die Beliebtheit des umgenutzten<br />
Geschäftshauses bei den Bewohnern.
28<br />
Beginen-Wohnprojekt Essen<br />
Adresse:<br />
Goethestraße 63-65, 45128 Essen<br />
Fertigstellung: Winter 2007/2008<br />
Bauherr/Träger: BKR-Wohnungsbau GmbH - Dipl.-Ing. Herbert Köhnemann und Gabriele Ruess, Unna<br />
Architekt:<br />
BKR-Wohnungsbau GmbH - Dipl.-Ing. Herbert Köhnemann und Gabriele Ruess, Unna<br />
Betreiber:<br />
Beginen-Verein Essen e.V<br />
Eine Reform der Finanzverwaltung ermöglichte in Essen<br />
ein ungewöhnliches Wohnprojekt. Nach der Zusammenlegung<br />
dreier Standorte des Finanzamtes Essen in einem<br />
neuen zentralen Gebäude im Mai 2004 bot sich insbesondere<br />
das ehemalige Finanzamt Essen-Süd für eine Umnutzung<br />
zu Wohnzwecken an: aufgrund seiner Lage in einem<br />
bevorzugten, zentralen, sehr gut an den ÖPNV angebundenen<br />
Wohnquartier der Stadt, aber auch aufgrund seiner<br />
Raumstruktur, die die komplexe Umnutzung eines Verwaltungsgebäudes<br />
zu einem Wohnhaus in einem vertretbaren<br />
Kostenrahmen hält. Der Verein „Beginen im Pott –<br />
Frauenkultur an der Ruhr e.V“ realisiert hier zur Zeit ein<br />
Gemeinschaftswohnprojekt für Frauen. Der Begriff geht auf<br />
die historischen Beginenhöfe zurück – nichtklösterliche Lebensgemeinschaften<br />
von Frauen, die vom 12. bis zum ausgehenden<br />
15. Jahrhundert im Gebiet weit verbreitet waren.<br />
So gab es allein in Essen sechs solcher Konvente.<br />
Das Gebäude, ursprünglich ein viergeschossiger Backsteinbau<br />
aus dem Jahr 1928, wurde im Zweiten Weltkrieg<br />
stark beschädigt und beim Wiederaufbau mit zwei neuen<br />
Seitenflügeln an Goethe- und Krawehlstraße versehen. Der<br />
Mittelbau mit seiner leicht konkav ausgebildeten Fassade<br />
und der in typisch expressionistischen Schmuckformen gehaltenen<br />
Eingangssituation stellt für die Essener Architektur<br />
eine Besonderheit dar und steht daher unter Denkmalschutz.<br />
Dieser Schutz gilt auch für das zentrale Treppenhaus<br />
mit der repräsentativen zweiläufigen Freitreppe und<br />
die imposanten Glasfenster an der Stirnwand des Treppenhauses.<br />
Das Nutzungskonzept sieht eine Mischung aus öffentlich<br />
geförderten und frei finanzierten Mietwohnungen<br />
für alleinstehende, alleinerziehende oder in Frauenwohngemeinschaften<br />
lebende Frauen vor. Als zusätzliche Angebote<br />
sind Gemeinschaftsräume, kleine Gewerbeeinheiten<br />
sowie ein Café vorgesehen, das für Feste und Seminare gebucht<br />
werden kann. So soll ein lebendiger Treffpunkt für den<br />
Stadtteil und seine Bewohner entstehen.<br />
Die Gesamtnutzfläche beträgt rund 3.000 m 2 . Die Wohnungsgrößen<br />
sind breit gestreut und variieren zwischen<br />
30 m 2 und 130 m 2 (für Gruppenwohnungen). Alle Wohnungen<br />
sind barrierefrei gestaltet und verfügen über einen Balkon.<br />
Dank der hervorragenden ÖPNV-Anbindung und der<br />
Integration eines Car-Sharing-Konzepts kann der Stellplatzbedarf<br />
auf ein Minimum (24 Stellplätze im Innenhof) reduziert<br />
werden. Der Innenhof wird weitgehend entsiegelt, begrünt<br />
und als attraktive Aufenthaltsfläche für die Bewohner<br />
gestaltet. Für jede Wohneinheit sind zum Teil überdachte<br />
Fahrradstellplätze vorgesehen. 16 der insgesamt<br />
40 Wohnungen werden öffentlich gefördert. Die Miete beträgt<br />
4,55 Euro pro m 2 Wohnfläche für die 12 Wohnungen<br />
in der Einkommensgruppe A und 5,65 Euro pro m 2 Wohnfläche<br />
für die 4 Wohnungen in der Einkommensgruppe B.<br />
Die frei finanzierten Wohnungen und Gewerbeflächen werden<br />
für 7,50 Euro pro m 2 Wohnfläche, deutlich unterhalb der<br />
Vergleichsmiete, vermarktet. Der marktübliche Mietpreis für<br />
diese attraktive Wohnlage liegt bei 8,35 Euro pro qm Wohnfläche.<br />
Für die Wohnungen sind Fördermittel des Landes in<br />
Höhe von 978.800 Euro bewilligt worden. Die Gesamtkosten<br />
inklusive den Baunebenkosten betragen 5,8 Mio. Euro. Das<br />
Finanzierungsmodell des Wohnprojektes basiert auf einem<br />
Miet- und Investorenmodell mit Kooperationsvertrag und<br />
Generalmietvertrag. Durch den Kooperationsvertrag konnte<br />
die Mitbestimmung der zukünftigen Bewohner bereits im<br />
Konzeptstadium gesichert werden. Der Bezug der Wohnungen<br />
ist für Ende 2007 geplant.
29<br />
Mit einer Backsteinfassade<br />
präsentierte sich<br />
das Finanzamt Essen-<br />
Süd über Jahrzehnte<br />
seinen Besuchern.<br />
Der Innenhof wird zur<br />
Aufenthaltsfläche für<br />
die künftigen Bewohner<br />
umgestaltet. Das<br />
Treppenhaus ist denkmalgeschützt<br />
(v.l.n.r.)<br />
So soll es bald aussehen:<br />
Die denkmalgeschützte<br />
Eingangsfront<br />
bleibt nahezu unverändert,<br />
die Seitenflügel<br />
erhalten einen<br />
Wärmedämmputz und<br />
aufgeständerte Balkone<br />
Das Interesse an den Wohnungen<br />
ist groß: Künftige<br />
Bewohnerinnen und solche,<br />
die es werden wollen, informieren<br />
sich über den Fortgang<br />
der Bauarbeiten (oben)<br />
1. Obergeschoss<br />
Erdgeschoss
30<br />
Matthäuskirche Grevenbroich<br />
Adresse: Von-Bodelschwingh-Straße, 41515 Grevenbroich<br />
Fertigstellung: 2008<br />
Bauherr/Träger: Bauverein Grevenbroich<br />
Architekten: Werkgemeinschaft Quasten + Berger, Grevenbroich<br />
Die Matthäuskirche wurde im Januar 1978 als zweite evangelische<br />
Kirche in der Grevenbroicher Südstadt für die damals<br />
stark wachsende Gemeinde geweiht. Doch bereits<br />
eine Generation später war die Zahl der Gemeindemitglieder<br />
wieder so stark rückläufig, dass die zweite Pfarrstelle<br />
und damit auch die Matthäuskirche nicht mehr benötigt wurden.<br />
Es gelang der Evangelischen Kirche im Rheinland, mit<br />
dem Bauverein Grevenbroich einen Partner für ein nachhaltiges<br />
Nutzungskonzept zu finden, das der Würde des Gebäudes<br />
gerecht wird und von der Gemeinde und dem Stadtteil<br />
mitgetragen wird. Das Gemeindezentrum wird zu einer<br />
betreuten Wohnanlage für Senioren umgebaut. So bleibt die<br />
Matthäuskirche zumindest ein Stück weit der Südstadt erhalten.<br />
Nicht nur ihre gut erhaltene Bausubstanz, sondern<br />
auch das mit 5.300 m 2 ausgesprochen großzügige Grundstück<br />
des Gemeindezentrums ist in die Planung einbezogen.<br />
Am 9. August 2007 fand unter Anwesenheit des Ministers<br />
für Bauen und Verkehr Oliver Wittke die Grundsteinlegung<br />
für das Projekt „Betreutes Wohnen im Alter“ statt. Bis<br />
zum September 2008 errichtet nun der Bauverein Grevenbroich<br />
in den Mauern der Kirche und in zwei ergänzenden<br />
Neubauten – die als Gebäudegruppe zusammen den späteren<br />
Matthäushof bilden sollen – insgesamt 32 barrierefreie<br />
Wohnungen für betreutes Wohnen. Die geplante Wohnfläche<br />
für das Gesamtprojekt beträgt 1.800 Quadratmeter.<br />
In der ehemaligen Kirche selbst werden 8 Wohneinheiten<br />
entstehen.<br />
Nach dem Umbau wird der Baukörper der Kirche vollständig<br />
in das neue Gebäude integiert sein. Die Kirche als solche<br />
ist nicht mehr identifizierbar, lediglich die rote Backsteinfassade<br />
bleibt erhalten. Das Dach wird abgetragen und ein neues<br />
Geschoss aufgesetzt. Im Erdgeschoss und einem Staffelgeschoss<br />
entstehen dann 1- und 2-Zimmer-Wohnungen mit<br />
Wohnungsgrößen zwischen 47 und 62 m 2 . Das heutige Foyer<br />
wird zum Gemeinschaftszentrum für die Bewohner und die<br />
Gemeinde ausgebaut. Das individuell abzustimmende Betreuungsangebot<br />
der Bewohner übernimmt das Diakonische<br />
Werk im Rhein-Kreis Neuss. Das Projekt wird aus dem Wohnungsbauförderungsprogramm<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
gefördert und gehört zu den NRW-Modellprojekten einer<br />
vorbildlichen Umnutzung ehemaliger Kirchen. Die Gesamtkosten<br />
des Bauvorhabens betragen 4,4 Millionen Euro.<br />
Das Land NRW hat Fördermittel in Höhe von insgesamt 1,75<br />
Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Miete für die geförderten<br />
Wohnungen beträgt 4,55 Euro pro m 2 , die der frei<br />
finanzierten Wohnungen 7 Euro pro m 2 .
31<br />
Die Grundsteinlegung<br />
am 9. August 2007 mit<br />
Minister Oliver Wittke<br />
Ein neues Quartier entsteht:<br />
Der Matthäushof<br />
in der räumlichen Darstellung<br />
In der Vorher-Nachher-<br />
Darstellung des Erdgeschoss-Grundrisses<br />
wird<br />
deutlich, wie die Wohnungen<br />
in die ehemalige<br />
Kirche eingefügt werden
32<br />
Alte Schule Werries Hamm<br />
Adresse: Friedrich-Gruß-Weg 1, 59071 Hamm<br />
Fertigstellung: Herbst 2006<br />
Bauherr/Träger: Hammer Gemeinnützige Baugesellschaft HGB, Hamm<br />
Architekt: Dipl.-Ing. Wilhelm Teigelkötter, Hamm
33<br />
Die im Zuge des Umbaus neu angebrachten<br />
Balkone sichern jedem<br />
Bewohner privaten Freiraum und<br />
erhöhen den Wohnwert erheblich.<br />
Liebevoll gestaltet sind sie sichtbares<br />
Zeichen der Akzeptanz, die<br />
die alte Schule bei ihren neuen<br />
Nutzern gefunden hat<br />
Nachdem die alte Grundschule im Stadtbezirk Hamm-Werries<br />
zum Ende des Schuljahres 2002/2003 nicht mehr benötigt<br />
wurde, entschied sich die Stadt Hamm, das um 1910<br />
entstandene Gebäude und das zugehörige gut 12.400 m 2<br />
große Grundstück künftig für Wohnzwecke zu nutzen. Ein<br />
Gutachten hatte 2005 zwei Zielgruppen formuliert, deren<br />
Bedürfnisse künftig im Zentrum der städtischen Wohnungsbaupolitik<br />
stehen sollten – Familien mit Kindern sowie Senioren<br />
– und eindeutige Handlungsempfehlungen ausgesprochen,<br />
insbesondere was den zunehmenden Bedarf an barrierefreien<br />
und betreuten Seniorenwohnungen betrifft.<br />
Hier verfolgt die Stadt Hamm seit langem konsequent einen<br />
eigenen Weg: Dem Wohnungsförderungsamt der Stadt<br />
Hamm ist seit 1997 die Wohnberatungsstelle für Senioren<br />
und Behinderte angegliedert. Ihre Aufgaben sind Wohnungsanpassung,<br />
Wohnungsvermittlung und Beratung für Demenzkranke<br />
und ihre Angehörigen. Ein weiterer Schwerpunkt ist<br />
die Beratung von Investoren im Hinblick auf seniorengerechte<br />
Wohnungen und Wohnformen. Die Ermittlung von<br />
genauen Wohnungsbedarfszahlen für Einpersonenhaushalte<br />
und Zweipersonenhaushalte ermöglicht es, den richtigen<br />
Wohnungsmix festzulegen.<br />
Das im Stadtbezirk Werries liegende Grundstück eignete<br />
sich in besonderer Weise, diesen Empfehlungen zu entsprechen.<br />
Werries ist ein Stadtbezirk mit hohem Wohnwert, die<br />
zahlreichen Infrastruktureinrichtungen im Zentrum Werries<br />
sind von der Alten Schule aus schnell zu erreichen (ca.<br />
400 m entfernt). In fußläufiger Entfernung befinden sich<br />
Naherholungsmöglichkeiten am Datteln-Hamm-Kanal oder<br />
in den Lippeauen. Auch die Naherholungsgebiete der Geithe<br />
und des Maximilianparks sind zu Fuß oder mit dem Rad gut<br />
erreichbar. Darüber hinaus besteht eine gute Anbindung an<br />
den ÖPNV (Buslinien 1 und 3 im 15-Minuten Takt in Richtung<br />
Innenstadt).<br />
Damit bietet das Quartier nicht nur Familien, sondern<br />
auch Senioren hohe Lebensqualität. Sowohl Bevölkerungszahl<br />
als auch die Zahl der Haushalte in Werries sind in den<br />
letzten Jahren deutlich angestiegen, dem stand gerade im<br />
Bereich des Altenwohnens kein entsprechendes Angebot<br />
gegenüber.<br />
Nach dem Verkauf an die städtische Hammer Gemeinnützige<br />
Baugesellschaft (HGB) wurde ein Planungskonzept<br />
umgesetzt, das beiden wohnungsbaupolitischen Schwerpunkten<br />
Rechnung trägt: Altenwohnen in der alten Schule<br />
und in zwei Neubauten auf dem Grundstück, Familienwohnen<br />
in Einfamilienhäusern auf benachbarten Parzellen.<br />
Die Gebäudehülle der alten Schule blieb vollständig erhalten,<br />
angesetzte Balkone bieten den notwendigen wohnungsbezogenen<br />
Freiraum. Der Innenraum wurde entsprechend<br />
den Wohnungsbauförderungsbestimmungen des Landes<br />
NRW 2005 vollständig vertikal wie horizontal barrierefrei<br />
gestaltet. In die sechs Klassenräume wurden 12 in etwa<br />
gleichgroße altengerechte Wohnungen eingebaut. Sie verfügen<br />
über eine Grundfläche zwischen 57 und 61 m 2 . Die<br />
Raumhöhe wurde nur leicht reduziert, um den großzügigen<br />
Raumeindruck der alten Klassenräume nicht zu zerstören.<br />
In zwei neuen Gebäuden auf dem Grundstück entstanden<br />
insgesamt 38 weitere altengerechte Wohnungen. Die Wohnungen<br />
in der alten Schule sind aufgrund der baulichen Gegebenheiten<br />
vorwiegend für Ehepaare gedacht, in den beiden<br />
Neubaumaßnahmen überwiegen Einpersonenhaushalte.<br />
Die Gesamtkosten für den Umbau der alten Schule betrugen<br />
1.443.700 Euro, davon wurden 719.700 Euro durch<br />
die Wohnungsbauförderung des Landes zur Verfügung gestellt.<br />
Die Miete beträgt 4,30 Euro/m 2 . Die Bewohner der<br />
Schule sind in die öffentlichen Angebote des naheliegenden<br />
einzigen Altenpflegeheimes in Werries, des Amalie-Sieveking-Hauses<br />
der evangelischen Kirche, eingebunden. Sollte<br />
ein Mieter pflegebedürftig werden und innerhalb der Wohnung<br />
nicht mehr ambulant versorgt werden können, kann<br />
er im Pflegeheim stationär betreut werden. Mit dem Pflegeheim<br />
und dem ambulanten Pflegedienst der evangelischen<br />
Pflege-gGmbH wurde ein entsprechender Betreuungsvertrag<br />
abgeschlossen, der auch regelmäßige Sprechstunden<br />
und gesellige Veranstaltungen im Gemeinschaftsraum der<br />
alten Schule vorsieht.<br />
Die alte Schule Werries stand nicht unter Denkmalschutz.<br />
Dennoch war es Ziel der Erneuerung, alle architektonischen<br />
Details der Fassade, z. B. Fenster, Dachkonstruktion und<br />
Eingangsbereich, zu erhalten bzw. dem historischen Bestand
34<br />
In den Grundrissen (von unten nach oben: Erdgeschoss, Obergeschoss, Dachgeschoss) wird erkennbar, wie die Wohnungen in die ehemaligen Klassenräume<br />
eingefügt worden sind. Großzügige, von den Balkonen aus zugängliche Abstellräume steigern den Nutzwert.<br />
entsprechend zu gestalten. Alle Planungsdetails sind im Vorfeld<br />
zwischen Wohnberatungsstelle, Förderabteilung, dem<br />
planenden Architekten und der Hammer Gemeinnützigen<br />
Baugesellschaft abgestimmt worden. Die technischen Sonderauflagen<br />
sind Bestandteil der Förderzusage geworden.<br />
Die Akzeptanz der Umnutzung war bereits während der<br />
Bauzeit überdurchschnittlich groß. Zwar konnten sich viele<br />
der wohnungssuchenden Seniorinnen und Senioren, die<br />
sich für das Bauvorhaben in der Alten Schule interessierten,<br />
zunächst nicht recht vorstellen, in den alten, hohen Klassenzimmern<br />
zu wohnen. Doch zur Baufertigstellung im Herbst<br />
2006 waren alle Wohnungen belegt, die Mieterfluktuation ist<br />
heute minimal und das Quartier gilt als eine „Vorzeigewohnanlage“<br />
Hamms, die auch landesweit auf Beachtung gestoßen<br />
ist. So besuchte im Januar 2007 der Minister für Bauen<br />
und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Oliver<br />
Wittke, die Alte Schule und zeigte sich sehr angetan von<br />
den Möglichkeiten der Umnutzung.
35<br />
Nach dem Umbau: Die alte Schule<br />
Werries verleugnet ihren ursprünglichen<br />
Zweck nicht, präsentiert<br />
sich aber von allen Seiten, als<br />
wäre sie eigens für das Wohnen<br />
entworfen worden.<br />
Große Fenster und hohe Decken<br />
sorgen für einen hellen und lichten<br />
Raumeindruck. Erschlossen wird<br />
das Gebäude von der historischen<br />
Treppenanlage, die weitestgehend<br />
erhalten werden konnte, und von<br />
einem neu eingebauten, zentralen<br />
Aufzug. Die harmonische Farbgebung<br />
erleichtert die Orientierung<br />
im Gebäude
36<br />
Alte Schirmfabrik Krefeld<br />
Adresse: Steinstraße 76, 44798 Krefeld<br />
Fertigstellung: April 2007<br />
Bauherr/Träger: Schleiff Denkmalentwicklung GmbH & Co. KG, Erkelenz<br />
Architekten: Hans und Frank Brünsing, Krefeld
37<br />
Die sorgfältig restaurierte<br />
Gründerzeit-Renaissance-Fassade<br />
der alten Fabrik ist ein<br />
eindrucksvolles Zeugnis<br />
der Krefelder Wirtschafts-<br />
und Sozialgeschichte<br />
(linke Seite)<br />
Alt und Neu in Harmonie:<br />
Erhalten gebliebener<br />
historischer Bodenbelag<br />
im Treppenhaus<br />
(links) und neue<br />
Spindeltreppe als 2.<br />
Rettungsweg (rechts)<br />
Wohnen im Denkmal: Unter diesem Motto entstanden in der<br />
denkmalgeschützten ehemaligen Schirmfabrik v. Haasen &<br />
Oppenheimer in der traditionellen Seidenweberstadt Krefeld<br />
15 öffentlich geförderte Wohnungen mit Wohnflächen<br />
zwischen 38 m 2 und 119 m 2 auf insgesamt 1.271 m 2 Gesamtwohnfläche.<br />
Das Vorderhaus an der Steinstraße und<br />
die ehemaligen Produktionsräume im Hofflügel wurden dabei<br />
komplett durchgeplant und saniert. Unter Beteiligung der<br />
Unteren Denkmalbehörde der Stadt Krefeld und des Rheinischen<br />
Amtes für Denkmalpflege wurde besonderer Wert<br />
auf eine maßstäbliche und denkmalgerechte gestalterische<br />
Einbindung in das umliegende Wohnquartier gelegt. Dieses<br />
westlich an die Innenstadt grenzende Quartier entstand als<br />
Stadterweiterung bereits in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts<br />
nach Plänen des damaligen Krefelder Baurats<br />
Umpfenbach, der hier ein durchmischtes Quartier mit integrierten<br />
Produktionsstätten vorsah. Heute ist dieses in unmittelbarer<br />
Nähe des Walls gelegene Areal ein ruhiges, gewachsenes<br />
Wohnquartier mit insgesamt homogener, noch<br />
nicht vollständig sanierter Bebauung. Alle Ziele in der Innenstadt<br />
können von hier fußläufig erreicht werden.<br />
Das dreigeschossige Fabrikgebäude selbst wurde 1896<br />
als Produktionsstätte für Regenschirme errichtet und fügt<br />
sich mit seiner gelben Backsteinfassade und den zeittypischen<br />
Renaissance-Stilelementen harmonisch in die Blockstruktur<br />
des Viertels ein: Die Fassade weist sieben Fensterachsen<br />
auf, die beiden äußeren sind ein Stück breiter, etwas<br />
vorgesetzt und mit überhöhten Stirnmauern versehen.<br />
In der rechten Achse befindet sich die Tordurchfahrt zu den<br />
ehemaligen Produktionsräumen, die mit einem kassettierten<br />
Holztor verschlossen ist. In der Todurchfahrt ist noch der<br />
originale Treppenaufgang mit Säule vorhanden. Eindrucksvoll<br />
sind die mit unterschiedlichen roten Sandsteingewänden<br />
versehenen Fensteröffnungen: Im Erdgeschoss Rundbögen<br />
in Backstein, im 1. OG flache profilierte Fenstergiebelkrönungen<br />
mit Segmentbögen in Backstein, im 2. OG<br />
flache profilierte rundbogenartige Sandsteinbekrönungen.<br />
Die Dachgeschossfenster besitzen gekuppelte Rundbogenoberlichter.<br />
Zudem ist die Fassade durch ein Fensterbankgesims<br />
mit Sohlbänken, Konsolen und Sandstein-<br />
Schlusssteinen auf Höhe des 2. OG gegliedert. Als hervorragendes<br />
Beispiel für zeitgenössische Produktionsanlagen<br />
dokumentiert es nicht nur die gründerzeitliche Architektur<br />
mit ihren Stilelementen, sondern auch die gründerzeitlichen<br />
Arbeits- und Produktionsverhältnisse und ist daher aus bau-<br />
und sozialgeschichtlichen Gründen erhaltenswert und denkmalgeschützt.<br />
Bereits seit Mitte 1980er Jahre wurde eine langfristige<br />
Nutzung für das sich in relativ schlechtem Zustand befindende<br />
Gebäude gesucht. Nach mehreren erfolglosen Umnutzungs-<br />
und Sanierungsversuchen gelang es erst in den<br />
Jahren 2005-2007, ein Umnutzungskonzept erfolgreich zu<br />
realisieren. Aufgrund der städtebaulichen Mikrolage des Objekts<br />
entschied sich der neue Eigentümer, dass die Grundlage<br />
dieses Konzeptes öffentlich geförderter Wohnungsbau<br />
sein sollte. Das realisierte Konzept fügt sich nun gut in das<br />
Umfeld der Steinstraße ein. Sämtliche Wohnungen wurden<br />
barrierefrei (vertikal wie horizontal) gestaltet. Bei der Festlegung<br />
der Wohnungszahl und der -grundrisse wurde der Tatsache<br />
Rechung getragen, dass am Standort überwiegend<br />
Zwei- und Dreizimmerwohnungen nachgefragt waren, die<br />
Grundrisse sind großzügig und attraktiv, jede Wohnung verfügt<br />
über wohnungseigenen Freiraum. Gleich nach der Fertigstellung<br />
im Frühsommer 2007 sind alle Wohnungen zu<br />
einem Quadratmeterpreis von 4,55 Euro vermietet worden.<br />
Die Nachfrage überstieg bei weitem das Angebot und die<br />
Bewohner sind heute stolz darauf, in einem Baudenkmal zu<br />
wohnen. Der Aufwand, das heruntergekommene Gebäude<br />
zu einem attraktiven Wohnhaus umzubauen – zu Beginn<br />
der Bauarbeiten im Januar 2006 mussten rund 100 Container<br />
Schutt abgetragen werden – hat sich gelohnt. Die Gesamtkosten<br />
einschließlich des Erwerbs des Gebäudes betrugen<br />
2,35 Mio Euro, davon wurden 1,6 Mio Euro öffentlich<br />
gefördert.
38<br />
Stimmungsvolle Atmosphäre<br />
in den Erschließungsbereichen<br />
der<br />
ehemaligen Fabrik<br />
1. Obergeschoss<br />
Erdgeschoss
39<br />
Die Grundstückssituation<br />
lässt nur sehr<br />
schmale Freiräume<br />
zu: links ein kleiner<br />
Kinderspielplatz,<br />
rechts der Eingangshof<br />
für das Hinterhaus
40<br />
Andreaskirche und Gemeindehaus Recklinghausen<br />
Adresse: Beethovenstraße 31, 45657 Recklinghausen<br />
Fertigstellung: September 2007<br />
Bauherr/Träger: Diakonisches Werk in Recklinghausen e.V<br />
Architekt: Dipl.-Ing. Bernd Strotmann, Recklinghausen<br />
Die Andreaskirche der evangelischen Altstadtgemeinde in<br />
Recklinghausen liegt im Nordviertel der Stadt, ca. 3 Kilometer<br />
von der Innenstadt entfernt. Sie wurde im März 2006 als<br />
erste Kirche im Kirchenkreis Recklinghausen geschlossen,<br />
da die strukturellen Finanzprobleme des Kirchenkreises,<br />
insbesondere der drastische Rückgang der Gläubigen und<br />
damit des Kirchensteueraufkommens, keine andere Wahl<br />
ließen. Die kleine Kirche war erst 1974 als direkter Anbau<br />
zum bestehenden Paul-Gerhardt-Haus der Gemeinde entstanden.<br />
Dieses 1956 eröffnete Gemeindehaus diente vornehmlich<br />
der Jugendarbeit, im Erdgeschoss befand sich ein<br />
Kirchenraum mit Sakristei und Nebenräumen für die sonntäglichen<br />
Gottesdienste. Anfang der 70er Jahre reichten die<br />
Räumlichkeiten für die Aktivitäten der Gemeinde nicht mehr<br />
aus, sodass man sich für den Anbau eines Kirchenraumes<br />
entschieden und dabei zugleich einen neuen gemeinsamen<br />
Eingangstrakt für beide Einrichtungen geschaffen hatte.<br />
Mit dem Verkauf an das Diakonische Werk Recklinghausen<br />
ist es gelungen, Kirche und Gemeindehaus für soziale<br />
Zwecke zu erhalten. Da das Versorgungsangebot für Demenzkranke<br />
in der Stadt nicht mehr ausreichte, richtete das<br />
Werk dort ein „Zentrum für demenzerkrankte Menschen“<br />
ein. Im ehemaligen Gemeindehaus sind nun im Rahmen ei-<br />
ner ambulant betreuten Wohngemeinschaft 10 Plätze für<br />
Demenzerkrankte entstanden. Im ehemaligen Kirchenraum<br />
wurde eine gastronomische Nutzung untergebracht, die zugleich<br />
Treffpunktcharakter für den Stadtteil übernehmen soll<br />
und als Begegnungszentrum für Selbshilfegruppen dienen<br />
kann. Die Andreaskirche liegt in einer reinen Wohngegend<br />
der Stadt, in unmittelbare Nähe befinden sich zwei Altenund<br />
Pflegeheime des Caritasverbandes.<br />
Dank regelmäßiger Instandhaltungsarbeiten und werterhaltender<br />
Maßnahmen wie Wärmedämmputz, neuen Fenstern<br />
und einer vollständigen Sanierung der Sanitärräume<br />
befand sich das Gebäude in einem guten baulichen Zustand,<br />
der den Umbau erleichterte und die Kosten in Grenzen<br />
hielt. Die Gesamtkosten für den Umbau des 476 m 2<br />
großen Gebäudes belaufen sich auf 945.000 Euro. Über<br />
das Programm zur Förderung von investiven Maßnahmen<br />
im Bestand des Landes wurden 70.000 Euro gefördert,<br />
568.000 Euro über das Kredit-Programm „Sozial Investieren“<br />
der KfW. Die Miete beträgt 6 Euro/m 2 . Im Erdgeschoss<br />
befinden sich nun vier Zimmer mit je 21 m 2 Grundfläche sowie<br />
die ca. 40 m 2 große zentrale Wohnküche der Wohngemeinschaft.<br />
Von der Wohnküche aus gibt es einen direkten<br />
barrierefreien Zugang zu einem sog. Sinnesgarten, der den<br />
Bewohnern intensive Naturerfahrungen ermöglicht. Im Obergeschoss<br />
befinden sich sechs Zimmer, die zwischen 18 und<br />
21 m 2 groß sind. Die sanitären Einrichtungen sind auf beide<br />
Geschosse verteilt. Das gesamte Gebäude ist vertikal wie<br />
horizontal barrierefrei gestaltet. Dies gilt auch für die ehemals<br />
vorhandenen zwei kleinen Dienstwohnungen des Gemeindehauses.<br />
Sie sind im Zuge des Umbaus zusammengelegt<br />
worden.<br />
Für die Neunutzung der Andreaskirche selbst waren nur<br />
minimale bauliche Eingriffe nötig. So wurde lediglich ein zusätzliches<br />
Fenster eingebaut, um den Raum besser mit Tageslicht<br />
zu versorgen. Der gesamte Umbau konnte bereits<br />
im Sommer 2007 abgeschlossen werden. Die ersten Bewohner<br />
sind zum 1. September 2007 eingezogen, das Café<br />
im ehemaligen Kirchenraum wurde am 11. September eröffnet.
41<br />
Gemeindehaus und<br />
Andreaskirche bleiben<br />
äußerlich so gut<br />
wie unverändert. Im<br />
ehemaligen Kirchenraum<br />
befindet sich nun<br />
ein Café<br />
1. Obergeschoss<br />
Erdgeschoss
42<br />
Alfonsushaus Rheine<br />
Adresse: Schleupestraße 22, 48431 Rheine<br />
Fertigstellung: Oktober 2006<br />
Bauherr/Träger: Caritasverband Rheine e.V.<br />
Architekten: Architekturbüro Terhechte und Höfker, Rheine
43<br />
Barriefreier Zugang<br />
zum Alfonsushaus, das<br />
im Repräsentationsstil<br />
der 1930er Jahre errichtet<br />
worden ist<br />
(linke Seite)<br />
Ansicht von Süden<br />
Das zentral am Innenstadtrand von Rheine liegende Alfonsushaus<br />
entstand 1935 als Wohnhaus der Fabrikantenfamilie<br />
Kümpers. Nach dem zweiten Weltkrieg diente es zunächst<br />
Offizieren der britischen Besatzungszone als Unterkunft,<br />
bevor es im Jahr 1951 vom Orden der Redemptoristen<br />
übernommen und mehr als 50 Jahre, bis zum Jahr<br />
2003, als Kloster genutzt wurde. Im Dezember 2004 erwarb<br />
der Caritasverband Rheine das unter Denkmalschutz<br />
stehende Gebäude und das 10.000 Quadratmeter große<br />
Grundstück mit dem Ziel, hier neue Wohnangebote im Netzwerk<br />
des Caritas-Demenz-Service entstehen zu lassen:<br />
Hausgemeinschaften, teilstationäre und auch ambulante<br />
Angebote für demenziell erkrankte Menschen.<br />
In einem ersten Bauabschnitt wurde die ehemalige Fabrikantenvilla<br />
mit ihren insgesamt 892 m 2 Grundfläche für<br />
eine Wohngemeinschaft mit 10 Plätzen umgebaut. Je nach<br />
zukünftigem Bedarf können auf dem Gelände zwei weitere<br />
neue Wohnhäuser für Hausgemeinschaften gebaut werden.<br />
Die bauliche Hülle des Gebäudes ist, von einem neuen Anstrich<br />
abgesehen, unverändert geblieben, selbst die Fenster<br />
konnten weiterverwendet werden. Im Inneren waren einige<br />
Umbauten nötig, um dem Betreuungskonzept der Hausgemeinschaften<br />
zu entsprechen, das die Erhaltung der Selbstständigkeit<br />
und Selbstbestimmtheit der Bewohner in den<br />
Mittelpunkt stellt. Zu den räumlichen Voraussetzungen hierfür<br />
zählt, dass das Gebäude kleinteilig strukturiert ist, vertraut<br />
wirkt und leichte Orientierung ermöglicht. Auch darf die<br />
Zahl der Mitglieder einer Hausgemeinschaft nicht zu groß<br />
sein. Zur Zeit befindet sich die Wohngruppe noch im Aufbau.<br />
Dank seiner innenstadtnahen Lage ist das Alfonsushaus<br />
für alle Angehörigen schnell erreichbar. Auch dadurch<br />
wird das Pflegekonzept unterstützt, den Bewohnern möglichst<br />
viel Vertrautheit zu ermöglichen.<br />
Die Räume der Hausgemeinschaften sind im Ober- und<br />
Dachgeschoss des Gebäudes untergebracht. Die barrierefrei<br />
gestalteten Appartements bzw. Zimmer der Bewohner<br />
gruppieren sich um eine große Wohnküche mit angrenzendem<br />
gemeinsamen Wohnzimmer. In Farbgestaltung, Beleuchtung<br />
und der Materialwahl von Oberflächen orientieren<br />
sich die Räume an den Bedürfnissen älterer, in ihrer Orientierung<br />
eingeschränkten Menschen. Es gibt keine spiegelnden<br />
Flächen oder verwirrende Muster. Farbkontraste erleichtern<br />
die Orientierung in den behindertengerecht ausgebauten<br />
Badezimmern. Selbstverständlich ist das Alfonsushaus<br />
auch vertikal barrierefrei umgebaut worden. Im Erdgeschoss<br />
befinden sich die Tagespflegeeinrichtung mit<br />
Wohn- und Essraum, Ruheraum und Pflegebad, das Café,<br />
eine speziell auf Demenz ausgerichtete Beratungsstelle mit<br />
einem „Demenztelefon“ sowie das Schulungszentrum für<br />
pflegende Angehörige, Ehrenamtliche aber auch professionell<br />
Tätige. Ein Teil der Parkanlage des ehemaligen Klosters<br />
soll später zu einem anregenden Sinnesgarten umgestaltet<br />
werden. Er ist aus Schutzgründen mit Hecken umgeben<br />
und bietet so den Bewohnern die Möglichkeit, das Haus<br />
eigenständig verlassen zu können, ohne die Orientierung zu<br />
verlieren und sich dadurch in Gefahr zu begeben.<br />
Die Gesamtkosten des Umbaus lagen bei rund 2,4 Mio.<br />
Euro. Die Wohnraumförderung des Landes hat den Umbau<br />
mit 480.000 Euro gefördert, die Miete beträgt 4,30 Euro/m 2 .<br />
Auch die Stiftung Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen hat das Caritas-Projekt als Modellvorhaben anerkannt<br />
und förderte den Umbau zur Tagespflegeeinrichtung<br />
mit Projektmitteln in Höhe von 685.000 Euro.<br />
Ansicht von Osten<br />
Ansicht von Westen
45<br />
Die Villenarchitektur<br />
des Alfonsushauses<br />
strahlt wieder in neuem<br />
Anstrich, die Fenster<br />
konnten erhalten<br />
werden (oben: Gartenseite,<br />
unten: Eingangsseite)<br />
Moderne Akzente in<br />
den Innenräumen.<br />
Wunderschönes Detail:<br />
die originale Holztreppe<br />
mit den anmutig<br />
geschwungenen<br />
Handläufen
46<br />
Klosteranlage Welver<br />
Adresse:<br />
Klosterhof 12, 59514 Welver<br />
Fertigstellung: Herbst 2007<br />
Bauherr/Träger: Pöpsel Helbig Gbr., Lippetal<br />
Architekten: Schäper und Sander, Lippetal
47<br />
Die imposante Front der<br />
Klosteranlage im Jahr 1842<br />
Das im westfälischen Welver (Ortskern Kirchwelver) gelegene<br />
Bauensemble aus zwei Kirchen, den Resten einer barocken<br />
Klosteranlage und Fachwerkhäusern unterschiedlicher<br />
Epochen geht auf die Gründung eines Zisterzienserinnenklosters<br />
im 13. Jahrhundert zurück. Die Klosteranlage wurde im<br />
Lauf der Jahrhunderte sukzessiv erweitert, umgebaut und erneuert<br />
– insbesondere in der Barockzeit. Mit einer Schauseite<br />
von fast 150 m Länge präsentierte sich die Klosteranlage damals<br />
als repräsentatives Bauwerk, das katholisches Selbstbewusstsein<br />
in einem protestantischen Umfeld ausdrückte.<br />
Das doppelstöckige dreiflügelige Konventsgebäude, der im<br />
Westen anschließende Priorei- und Gästetrakt sowie der östlich<br />
angegliederte, große Kirchenneubau mit seinem hohen<br />
Turm ließen die alte romanische Klosterkirche von 1238, die<br />
seit 1649 als Pfarrkirche St. Albanus und Cyriakus der evangelischen<br />
Gemeinde gehört, vergleichsweise unbedeutend<br />
erscheinen. Die 1697-1707 errichtete barocke neue Klosterkirche<br />
St. Bernhard dient seit 1807 der katholischen Kirchengemeinde<br />
Welver als Pfarrkirche.<br />
Nach der Säkularisation und Auflösung des Klosters im<br />
Jahr 1809 wurden große Teile der Anlage abgebrochen,<br />
so der gesamte Ostflügel mit dem Kapitelsaal und der Verbindung<br />
zur St.-Bernhard-Kirche. Der Nordflügel wurde um<br />
1900 mit Unterkellerung neu erstellt, der Westflügel in den<br />
1960er Jahren mit einem kleinen Anbau versehen und u. a.<br />
als Krankenhaus bzw. Altenheim genutzt. Im ehemaligen<br />
Gästetrakt des Klosters aus dem Jahr 1691 sowie dem angebauten<br />
Beichtiger(Beichtvater)trakt von 1782 befindet sich<br />
heute das Pfarrhaus. Das Back- und Brauhaus von 1711 im<br />
Nordwesten der Anlage wird heute vom Heimatverein als<br />
Heimathaus genutzt.<br />
Seine Geschichte und die historische Bedeutung für die<br />
Gemeinde, aber auch sein Standort in unmittelbarer Nähe<br />
des Ortskerns Kirchwelver, nahe dem Zentrum Welver, in<br />
geringer Entfernung zu Hamm und Soest, prädestinierten<br />
das Kloster Welver weiter für eine herausgehobene Nutzung<br />
mit sozialem Schwerpunkt.<br />
Im West- und im Nordflügel entsteht zur Zeit eine betreute<br />
Seniorenwohnanlage. Unter strengen Auflagen des<br />
Denkmalschutzes begann Ende 2005 die Sanierung des<br />
ehemaligen Klosters. Die Fenster wurden nach historischer<br />
Vorlage nachgebaut, die Balkenkonstruktion wurde saniert<br />
bzw. erneuert. Das Dach wurde neu gedeckt und die Gauben<br />
nach ursprünglicher Form wieder aufgebaut. Sämtliche<br />
Installationen wurden erneuert.<br />
Insgesamt entstanden auf einer Nutzfläche von 1.343 m 2<br />
18 Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen, 15 davon öffentlich<br />
gefördert, mit einer Größe zwischen 43 m 2 und 63 m 2 , sowie<br />
drei frei finanzierte Eigentumswohnungen (47 bis 71 m 2 ).<br />
Eine Ausbaureserve von ca. 150 m 2 steht im Spitzboden<br />
des Klosters zur Verfügung. Der Mietpreis für die öffentlich<br />
geförderten Wohnungen liegt bei 4,05 Euro/m 2 – hier ist ein<br />
Wohnberechtigungsschein erforderlich –, für die frei finanzierten<br />
Wohnungen bei 6,50 Euro/m 2 . Die Gesamtkosten<br />
betragen etwa 1,9 Mio Euro, davon sind über Baudarlehen<br />
und ein Zusatzdarlehen für den denkmalpflegerischen Mehraufwand<br />
aus der Wohnraumförderung aus öffentlichen Mitteln<br />
insgesamt rund 860.000 Euro gedeckt.<br />
Infolge der bestandsorientierten Sanierung des Gebäudes<br />
haben alle Wohnungen einen individuellen Zuschnitt<br />
und damit einen ganz besonderen Charakter. Die gesamte<br />
Seniorenwohnanlage ist vertikal wie horizontal barrierefrei<br />
gestaltet; jede Wohnung besitzt wohnungsbezogenen Freiraum<br />
in Form einer Terrasse, einer Loggia oder eines Balkons,<br />
die nicht zu den Schauseiten angeordnet sind und so<br />
das historische Erscheinungsbild nicht beeinträchtigen. Die<br />
ersten sechs Wohnungen wurden zum 1. Oktober 2007 vermietet.<br />
Für die übrigen zwölf Wohnungen liegen Reservierungen<br />
vor. Die Fertigstellung ist für November 2007 geplant.<br />
Das Betreuungskonzept eines privaten Anbieters sieht<br />
über die Miete abgedeckte Grundleistungen vor, wie Beratung<br />
in Pflegefragen oder Organisation von Hilfs-Dienstleistungen,<br />
sowie Wahlleistungen, die je nach Inanspruchnahme<br />
individuell kalkuliert werden. Als interessante zusätzliche<br />
Nutzung, die die Wohnanlage stärker im Quartier verankert,<br />
entsteht im Erdgeschoss des Klosters ein Café, das den Bewohnern<br />
für informative oder gesellige Zusammenkünfte zur<br />
Verfügung steht. Es wird im März 2008 fertiggestellt.<br />
Mit der Umnutzung zu einer Seniorenwohnanlage ist es<br />
in Welver gelungen, eine historisch bedeutsame Klosteranlage<br />
nachhaltig zu sichern und dabei der Würde eines Ortes<br />
gerecht zu werden, der für die sehr wechselvolle politische<br />
und damit konfessionelle Geschichte des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen steht.
48<br />
Nach außen präsentiert sich die<br />
denkmalgeschützte Klosteranlage<br />
nahezu unverändert. Erst ein<br />
Blick auf die Grundrisse macht die<br />
baulichen Eingriffe ersichtlich, die<br />
notwendig waren, um seniorengerechte<br />
Wohnungen in das Gebäude<br />
zu integrieren<br />
Obergeschoss<br />
Erdgeschoss
49<br />
Eine landschaftliche Idylle in unmittelbarer<br />
Nähe des Ortskerns<br />
Kirchwelver. Die ehemalige Klosteranlage<br />
ist ein idealer Ort zum<br />
Wohnen. Blick auf den Westflügel.<br />
In den Innenräumen ordnen sich<br />
alle neuen Elemente der denkmalgeschützten<br />
Substanz unter.<br />
Oben links eine der neuen Loggien,<br />
darunter eine Küche auf<br />
historischen Fliesen.<br />
Blick in das weitgehend erhalten<br />
gebliebene Treppenhaus<br />
(oben), ein Wohnraum<br />
in Erdgeschoss (unten)
50<br />
Kreuzkirche Wuppertal-Langerfeld<br />
Adresse: Langerfelder Straße 114d, 42389 Wuppertal-Langerfeld<br />
Fertigstellung: 2002<br />
Bauherr/Träger: Reditus e.V., Wuppertal<br />
Architekten: Archista GmbH, Dipl.-Ing. Frauke Hoppe, Wuppertal (Entwurfsplanung)<br />
GWG Wuppertal (Ausführungsplanung, Bauleitung)<br />
Nur Eingangssituation<br />
und Fensteröffnungen<br />
verraten die neue Nutzung<br />
der Wuppertaler<br />
Kreuzkirche
51<br />
Die Mischung aus historischer<br />
Bausubstanz,<br />
Elementen des Wiederaufbaus<br />
in den 50er<br />
und 60er Jahren und für<br />
die Wohnnutzung neu<br />
hinzugefügten Details<br />
macht den besonderen<br />
architektonischen Reiz<br />
der Kirche aus<br />
Die Kreuzkirche im Wuppertaler Stadtteil Langerfeld entstand<br />
nach einem Entwurf des Architekten Arno Eugen Fritsche<br />
in den Jahren 1910 und 1911. Nach weitgehender Zerstörung<br />
im Zweiten Weltkrieg wurde sie zwischen 1952 und<br />
1966 wiederaufgebaut und erhielt dabei ein Obergeschoss,<br />
das jedoch nie ausgebaut wurde. Für Gottesdienste und andere<br />
Gemeindeveranstaltungen war seither allein das Erdgeschoss<br />
vorbehalten. Im Zusammenhang mit der Fusion<br />
von 2 Langerfelder Kirchengemeinden und um die Kosten<br />
für eine dringend anstehende Sanierung des Gebäudes zu<br />
vermeiden, suchte die Gemeinde Ende der 90er Jahre nach<br />
einem tragfähigen Konzept für eine Umnutzung der Kirche.<br />
Mit ihrem parkähnlichen Garten und dem alten Baumbestand,<br />
der guten Verkehrsanbindung und der Einbettung in<br />
ein insgesamt attraktives Wohnumfeld bot sich die Kreuzkirche<br />
für eine Umnutzung zu Wohnzwecken an. Als Zielgruppe<br />
wurde die auf dem Wohnungsmarkt in der Regel benachteiligte<br />
Gruppe der Alleinerziehenden angesprochen, zumal<br />
der Bedarf an geeigneten Wohnungen für diese Mietergruppe<br />
in Wuppertal bei weitem noch nicht gedeckt war. Im Jahr<br />
2000 erwarb die „Reditus e. V.“, ein Tochterverein der Gefährdetenhilfe<br />
e. V., das Gebäude als Erbbauberechtigte für<br />
99 Jahre. Die aus der Gefährdetenhilfe e.V. heraus im Jahr<br />
1995 gegründete Beschäftigungsgesellschaft GESA gGmbH<br />
erbrachte mit ihrem Handwerkerdienst 20 % der Bauleistung.<br />
Dadurch war es möglich, 40 langzeitarbeitslose Mitarbeiter<br />
in verschiedenen Tätigkeitsbereichen zu qualifizieren,<br />
u. a. Roh- und Trockenbau, Maler- und Lackierarbeiten,<br />
Garten- und Landschaftsbau.<br />
Im Frühjahr 2003 waren die 15 Zwei- bis Vierzimmerwohnungen<br />
mit je 60 bis 90 m 2 Grundfläche bezugsfertig. Sie<br />
wurden ausschließlich an allein erziehende Elternteile mit<br />
ihren Kindern vermietet. Die Wohnungen sind auf vier Ebenen<br />
angeordnet, wobei die 4. Ebene für die Schlafräume<br />
der 4- und 5-Zimmer-Wohnungen des 3. OG vorbehalten<br />
ist. Alle Wohnungen werden von der zentralen, offenen Halle<br />
aus erschlossen und sind über umlaufende Laubengänge<br />
zugänglich. Die Eingangshalle öffnet sich bis zum Dach und<br />
wird durch ein Fensterband im First belichtet. Die Stahlkonstruktion<br />
des Dachstuhls bleibt sichtbar und sorgt zusammen<br />
mit dem bunten Glasfenster für eine ganz besondere<br />
Atmosphäre. Für gemeinschaftliche Zwecke stehen den Mietern<br />
eine Freifläche im 2. Obergeschoss und kleinere Nebenräume<br />
zur Verfügung. Ein ca. 100 m 2 großer Gemeinderaum<br />
mit Teeküche wird weiterhin der Gemeinde kostenfrei<br />
zur Verfügung gestellt. Auf zwei Gewerbeflächen im Erdgeschoss<br />
haben Bewohnerinnen eine berufliche Existenz gegründet,<br />
eine Wellness- und Massagepraxis und ein Schuldnerberatungsbüro.<br />
Die Gesamtkosten für den Umbau betrugen – bedingt<br />
durch den schlechten Erhaltungszustand des Gebäudes<br />
und den erheblichen baulichen Aufwand für die Umnutzung<br />
– rund 2,65 Mio. Euro und wurden neben Eigenleistungen<br />
über Wohnungsbau- und Städtebaufördermittel in Kombination<br />
mit arbeitsmarktpolitischen Förderprogrammen finanziert.<br />
Die Miete liegt bei 4,58 Euro/m 2 .<br />
Die Umnutzung der ehemaligen Kirche entspricht in<br />
vollem Umfang den denkmalpflegerischen Anforderungen.<br />
So konnten Erhalt und dauerhafte Unterhaltung eines wichtigen<br />
Wuppertaler Baudenkmals gesichert werden.<br />
Der großzügige Raumeindruck der inneren Erschließung<br />
trägt zum besonderen Wohngefühl bei, in einer ehemaligen<br />
Kirche zu wohnen
52<br />
Fotonachweis<br />
Titel:<br />
Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Einleitung<br />
Seite 7:<br />
Neusser Bauverein, Neuss<br />
Seite 8 links: Doris Fischer-Pesch, Wetter<br />
Seite 8 rechts: DRK, Herford<br />
Seite 10 links: Mick Amort, Bonn<br />
Seite 10 Mitte: Constantin Meyer, Köln<br />
Seite 10 rechts: Kock/Lohmann, Köln<br />
Seite 11 links: Martin Möller, Gelsenkirchen<br />
Seite 11 Mitte: Veit Landwehr, Köln<br />
Seite 11 rechts: Fischer-von Kietzell Architekten, Bonn<br />
Wohnquartier Widra-Areal Aachen<br />
Seite 14:<br />
Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 15 oben: Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 15 unten: Schleiff Denkmalentwicklung, Erkelenz<br />
Seite 17:<br />
Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Wohnprojekt Denkwerk Bielefeld<br />
Seiten 18-20: Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 20 rechts: Planen + Bauen Michael Kluckhuhn GmbH, Verl<br />
Seite 21 oben: Westfalenblatt, Bielefeld<br />
Servicewohnen im ehemaligen Theodor-Fliedner-Heim Dortmund<br />
Seite 22 oben: Jochem Hanewinkel, Verl<br />
Seite 22 unten: Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 23:<br />
Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 23 oben rechts: Jochem Hanewinkel, Verl<br />
Wohnprojekt Linienstraße Düsseldorf<br />
Seite 24:<br />
Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 25:<br />
isb Ambulante Dienste gGmbH, Düsseldorf<br />
Seite 27 oben/Mitte: Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 27 unten: isb Ambulante Dienste gGmbH, Düsseldorf<br />
Beginen-Wohnprojekt Essen<br />
Seiten 28-29: BKR Wohnungsbau GmbH, Unna<br />
Matthäuskirche Grevenbroich<br />
Seiten 30-31: Bauverein Grevenbroich, Grevenbroich<br />
Alte Schule Werries Hamm<br />
Seiten 32-33: Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 35:<br />
Hammer gemeinnützige Baugesellschaft HGB, Hamm<br />
Seite 35 Mitte links: Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Alte Schirmfabrik Krefeld<br />
Seiten 36-39: Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 38 unten: Schleiff Denkmalentwicklung, Erkelenz<br />
Andreaskirche und Gemeindehaus Recklinghausen<br />
Seiten 40-41: Diakonisches Werk e. V., Recklinghausen<br />
Alfonsushaus Rheine<br />
Seiten 42-45: Cornelia Suhan, Dortmund<br />
Klosteranlage Welver<br />
Seite 46:<br />
Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 47:<br />
Peter Kubath, Werl<br />
Seiten 48-49: Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 49 Mitte links: Ole Nettig, Dortmund<br />
Kreuzkirche Wuppertal-Langerfeld<br />
Seite 50:<br />
Hans Jürgen Landes, Dortmund<br />
Seite 51:<br />
Doris Fischer-Pesch, Wetter<br />
Seite 51 unten links: Hans Jürgen Landes, Dortmund
54<br />
Impressum<br />
Herausgeber und Vertrieb<br />
Ministerium für Bauen und Verkehr<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Jürgensplatz 1<br />
40219 Düsseldorf<br />
broschueren@mbv.nrw.de<br />
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herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder<br />
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politischer Gruppen verstanden werden könnte.<br />
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E-Mail: mbv@gwn-neuss.de<br />
Bearbeitung pp a |s<br />
pesch partner architekten stadtplaner<br />
Zweibrücker Hof 2 · 58313 Herdecke<br />
Autoren Pesch und Partner<br />
Holger Everz<br />
Franz Pesch<br />
Ole Nettig<br />
Autorinnen und Autoren MBV NRW<br />
Rita Tölle<br />
Franz Koch<br />
Frank Martin<br />
Layout<br />
Doris Fischer-Pesch<br />
Druck<br />
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© MBV NRW 2007 1. Auflage 2007<br />
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