«Gott ist gut. Amen.» - Ethos
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Lormen –<br />
das Handalphabet<br />
für Taubblinde<br />
A Punkt auf die Daumenspitze<br />
E Punkt auf die Zeigefingerspitze<br />
I Punkt auf die Mittelfingerspitze<br />
O Punkt auf die Ringfingerspitze<br />
U Punkt auf die Kleinfingerspitze<br />
Ä zwei Punkte auf die Daumenspitze<br />
Ö zwei Punkte auf die Ringfingerspitze<br />
Ü zwei Punkte auf die Kleinfingerspitze<br />
J zwei Punkte auf die Mittelfingerspitze<br />
T kurzer Abstrich auf der Mitte des Daumens<br />
B kurzer Abstrich auf der Mitte des Zeigefingers<br />
D kurzer Abstrich auf der Mitte des Mittelfingers<br />
G kurzer Abstrich auf der Mitte des Ringfingers<br />
H kurzer Abstrich auf der Mitte des Kleinfingers<br />
L langer Abstrich von der Mittelfingerspitze zum Handgelenk<br />
ST langer Aufstrich an der Aussenseite des Daumens<br />
P langer Aufstrich an der Aussenseite des Zeigefingers<br />
Q langer Aufstrich am Aussenrand der Hand (Kleinfingerseite)<br />
X Querstrich über das Handgelenk<br />
Y Querstrich über die Finger in der Mitte<br />
Z Schrägstrich vom Daumenballen zur Kleinfingerwurzel<br />
M Punkt auf die Kleinfingerwurzel<br />
N Punkt auf die Zeigefingerwurzel<br />
V Punkt auf den Daumenballen, etwas von aussen<br />
W zwei Punkte auf den Daumenballen, etwas von aussen<br />
C Punkt auf das Handgelenk<br />
K Punkt mit vier Fingerspitzen auf den Handteller<br />
R leichtes Trommeln der Finger auf den Handteller<br />
S Kreis auf den Handteller<br />
CH schräges Kreuz auf den Handteller<br />
F leichtes Zusammendrücken der Zeige- und Mittelfinger<br />
SCH leichtes Zusammendrücken der vier langen Finger<br />
1 2 3 ... Zahlen werden in der uns bekannten Form in die Hand geschrieben<br />
BEHINDERUNG<br />
Lesen, lernen, studieren<br />
«Möchtest du Johannes’ Büro sehen?<strong>»</strong>,<br />
fragt Joy. Natürlich will ich! Sie lormt es<br />
ihm in die Hand und schon eilt er voraus,<br />
um die Tür aufzuschliessen. In «seinem<br />
Reich<strong>»</strong> gibt es einen Tisch mit einer<br />
Blindenschreibmaschine, Regale mit Büchern<br />
und Ordnern, einen Hometrainer,<br />
vor dem Fenster hängt ein perfekt selbst<br />
entworfenes, geknüpftes Kunstwerk. Auf<br />
einer Reliefkarte führe ich seine Hand an<br />
die Ortschaft, wo ich zu Hause bin. «Säntis!<strong>»</strong><br />
meint er, und bewe<strong>ist</strong> damit, dass er<br />
die Ostschweiz erkannt hat und sogar den<br />
höchsten Berg dieser Gegend kennt. Alles,<br />
was er mir nun zeigt, zeugt von seinem<br />
grossen Wissen, breitem Interesse<br />
und wachem Ge<strong>ist</strong>: Die Bibelbände in<br />
Blindenschrift (falls das elektronische Gerät<br />
einmal aussteigt, kann er darauf zurückgreifen),<br />
die Wörterbücher in hebräischer<br />
Blindenschrift (mit 48 Jahren hat er<br />
noch Hebräisch gelernt, um die Psalmen<br />
in der ursprünglichen Sprache zu lesen),<br />
die äusserst sorgfältig ausgeführte Knüpfarbeit<br />
und die vielen Souvenirs und Geschenke,<br />
die er von seinen Reisen mit<br />
nach Hause brachte.<br />
Inzwischen <strong>ist</strong> es Zeit zum Mittagessen,<br />
zu dem ich ebenfalls eingeladen bin.<br />
Natascha, die dem Ehepaar an diesem besonderen<br />
Tag hilft, hat schon alles bereitgestellt.<br />
Es gibt Reis, mit Schinken umwickelte<br />
Currybananen und Salat. Johannes<br />
betet und konzentriert sich dann ganz<br />
aufs Essen. «Er möchte sich während des<br />
Essens nicht unterhalten<strong>»</strong>, erklärt Joy. Es<br />
erfordere nämlich seine ganze Aufmerksamkeit,<br />
nachzuvollziehen, was wo auf<br />
dem Teller liege. Für Aussenstehende<br />
kann es so wirken, als ob Joy ihn beim<br />
Essen nicht ins Gespräch miteinbeziehen<br />
wolle. Das stimmt aber natürlich nicht.<br />
Unvermittelt meint Joy: «Er führt ein so<br />
reiches Leben ... auch wenn er behindert<br />
<strong>ist</strong>! Wenn man bedenkt, wie oft nach pränatalen<br />
Untersuchungen Abtreibungen<br />
vorgenommen werden, weil angeblich<br />
Behinderungen festgestellt worden sind<br />
...! Es <strong>ist</strong> eine masslose Unterstellung, zu<br />
behaupten, für solche Menschen lohne<br />
sich das Leben nicht!<strong>»</strong> Inzwischen haben<br />
wir die Mahlzeit beendet. Johannes<br />
hat geschickt mit dem Besteck gegessen,<br />
nur die letzten Reiskörner schiebt er mit<br />
dem Finger auf die Gabel. Nun beteiligt<br />
auch er sich wieder am Gespräch. Wir beschliessen,<br />
dass er und Natascha das Geschirr<br />
spülen, während Joy und ich die<br />
restlichen Fragen behandeln.<br />
Gelebter Glaube<br />
«Wie <strong>ist</strong> es für dich, mit einem so aktiven,<br />
vielseitigen Mann verheiratet zu<br />
sein?<strong>»</strong>, will ich von ihr wissen. Joy denkt<br />
nach: «Es <strong>ist</strong> ein grosses Vorrecht, es hat<br />
mein Leben sehr bereichert<strong>»</strong>, meint sie.<br />
Auf die Frage, was sie an Johannes besonders<br />
schätze, erklärt sie: «Seine Liebe zum<br />
Herrn und zu seinem Wort, seine Liebe<br />
zu den Mitmenschen. Dann auch seine<br />
Geduld, und dass er in allem mit Gott<br />
rechnet. Was auch geschieht – in jeder Situation<br />
versucht er, etwas Positives zu sehen.<strong>»</strong><br />
ethos 10 I 2008 59