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10 Haus.Zeitung | Interview Traude Veran<br />
Interview Traude Veran | Haus.Zeitung 11<br />
Traude Veran bei einer Lesung in der Musikschule in der D’Orsay Gasse ums Eck vom Haus Rossau. Die<br />
SchülerInnen sorgten für die passende musikalische Untermalung für die Gedanken und Geschichten<br />
aus den verschiedenen Wohnorten zwischen Konstanz und Krumau.<br />
Das Leben als Sprache:<br />
Traude Veran im Interview<br />
Im Haus Rossau wohnt eine Schriftstellerin. Doch Traude Veran – ihr Pseudonym,<br />
das auch auf ihrem Tischkärtchen im Gast.Haus steht – hat nicht erst in der<br />
Pension zum Schreiben gefunden.<br />
Ihr ganzes Leben ist der<br />
Sprache gewidmet. Besonders<br />
beeindruckend ist<br />
dabei die Bandbreite, die<br />
sie in ihren Büchern behandelt.<br />
Dabei konzentrierte sie<br />
sich in ihrer aktiven Zeit vor<br />
allem auf Sachbücher in und<br />
rund um ihren Bereich: die<br />
psychologische Arbeit mit<br />
benachteiligten Kindern. In<br />
der Pension verlegte sich<br />
Traude Veran auf Prosa und<br />
Lyrik, die mal zum Schmunzeln,<br />
mal zum Nachdenken,<br />
jedoch immer leichtfüßig<br />
und erst beim zweiten Mal<br />
hinsehen mit einer kräftigen<br />
Portion Ironie daherkommt.<br />
Ihre Betätigungsfelder sind<br />
dabei so breit wie ihre Interessen:<br />
Vom Bestseller über<br />
den jüdischen Friedhof in<br />
Wien-Alsergrund bis hin zu<br />
scharfsinnigen Menschen-<br />
Beobachtungen und freifließenden<br />
Haikus deckt das<br />
literarische Werk von Traude<br />
Veran ein beinahe unglaublich<br />
breites Spektrum ab.<br />
Wer ein wenig hineinlesen<br />
möchte, kann das auf<br />
www.letternfilter.at machen<br />
oder in Wiens Buchhandlungen<br />
nachfragen.<br />
Frau Veran, Sie behandeln<br />
sehr viele Themen. Woher<br />
nehmen Sie die Inspiration?<br />
Traude Veran: Mir fallen<br />
Dinge einfach auf, etwa in<br />
Gesprächen. Ich bin nicht<br />
besonders aufmerksam,<br />
eher traumwandlerisch.<br />
Aber wenn mir etwas auffällt,<br />
bleibe ich dran.<br />
Wie stark war der Einfluss<br />
Ihres Berufes auf Ihr<br />
Schaffen?<br />
Ich war Kinderpsychologin.<br />
Dabei ging es mir<br />
immer um die Integration,<br />
vor allem von Kindern mit<br />
speziellen Bedürfnissen, in<br />
das normale Schulgefüge.<br />
Als kleine Schulpsychologin<br />
im Südburgenland habe<br />
ich es damals mit meinen<br />
KollegInnen geschafft, die<br />
erste Integrationsklasse<br />
über meinem kopf<br />
hin und her schon seit stunden<br />
das klingt nach sorgen<br />
klappern und schlurfen<br />
der nachbar hat besuch<br />
von seiner enkelin<br />
hundespur zum zaun<br />
wen hat er wohl heut begrüßt<br />
in diesem schneematsch?<br />
Österreichs auf die Beine zu<br />
stellen. Heute würde man<br />
das, was wir dafür im Unterrichtsministerium<br />
gemacht<br />
haben, Lobbying nennen.<br />
Damals fuhren wir einfach<br />
nach Wien, um eine Idee zu<br />
präsentieren. Das „Modell<br />
Oberwart“ wird heute österreichweit<br />
erfolgreich umgesetzt,<br />
was mich stolz macht.<br />
Natürlich nimmt man diese<br />
Erfahrungen mit, ich habe<br />
jedoch so viel zum Thema<br />
geschrieben, dass ich mich<br />
heute gern anderen widme.<br />
Wie bleiben Sie geistig so<br />
rege?<br />
Ich habe kein Geheimnis<br />
und trainiere auch nicht. Ich<br />
bin einfach so. Aber mein<br />
tägliches Standard-Kreuzworträtsel<br />
lasse ich mir nicht<br />
nehmen!<br />
Haben Sie Tipps für andere<br />
BewohnerInnen, um ebenfalls<br />
geistig fit zu bleiben?<br />
Das kann ich so nicht beantworten.<br />
Man sollte aber<br />
immer das beachten, was<br />
noch möglich ist und nicht<br />
Traude Veran<br />
über das trauern, was nicht<br />
mehr geht. Ich habe ein Beispiel.<br />
Ich hatte einmal einen<br />
Schüler, der verlor bei einem<br />
„Ich habe kein<br />
Geheimnis und<br />
trainiere auch<br />
nicht. Ich bin<br />
einfach so.“<br />
Traude Veran<br />
schrecklichen Unfall seinen<br />
Arm. Seine Mutter war<br />
fest der Meinung, dass das<br />
Kind jetzt behindert sei. Sie<br />
konzentrierte sich auf den<br />
fehlenden Arm und nicht auf<br />
den, der noch da war. Es<br />
war ein hartes Stück Arbeit,<br />
sie davon zu überzeugen,<br />
dass sie durch diese Einstellung<br />
das Kind zu einem<br />
Behinderten macht. Es ist<br />
eine Einstellungsfrage, wie<br />
alles im Leben.<br />
Wie geht es Ihnen im Haus<br />
Rossau? Sie wurden ja im<br />
9. Bezirk geboren …<br />
Ich lebe gerne hier. Natürlich<br />
kann man sich immer über<br />
etwas beschweren. Was<br />
mich zum Beispiel stört ist,<br />
dass das Personal immer<br />
weniger wird und dadurch<br />
oft überlastet ist. Ich nehme<br />
weniger Service in der<br />
Wäscherei gerne in Kauf,<br />
aber die Standards in der<br />
Pflege müssen so hoch<br />
gehalten werden, wie bisher.<br />
Den BetreuerInnen im<br />
stationären Bereich möchte<br />
ich mein Kompliment aussprechen<br />
– sie sehen jeden<br />
Tag den Verfall, doch sie<br />
tun ihr Bestes, um diesen<br />
Menschen ein würdiges<br />
Leben zu bereiten. Besonders<br />
gern beschwert man<br />
sich natürlich auch über das<br />
Essen, aber das ist Beklagen<br />
auf sehr hohem Niveau.<br />
In Wahrheit ist das nämlich<br />
ganz in Ordnung!<br />
Danke für das Interview!<br />
Das steinerne Archiv<br />
Die Geschichte des jüdischen<br />
Friedhofs in Wien-Alsergrund<br />
ist Traude Verans bekanntestes<br />
Werk. Es erschien 2002<br />
im Mandelbaum-Verlag. Erhältlich<br />
ist es in Antiquariaten<br />
oder auf www.amazon.de<br />
Haus.Zeitung | Ausgabe 0/2013 Haus.Zeitung | Ausgabe 0/2013